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Schweizerisches

ndesblatt.

Band III.

Nro.

68.

Samstag, den 29. Dezember 1849.

Man abonnirt ausschließlich beim nächstgelegenen Postamt. Preis für

das Iahr 1849 im ganzen Umfange der Schweiz portofrei Frkn. 3.

Inserate sind frankirt an die Expedition einznfenden. Gebühr 1 Batzer.

per Zeile oder deren Ranm.

Verhandlungen der Bundesversammlung, des National- und Ständerathes.

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über die

Dauer und die Kosten der Niederlassungs-

bewilligung.

(Vom 10. Dezember 1849.)

Die Bundesv erfammlung der fchweizerifchen Eidgenofsenschast, nach Einficht des Art. 41 der Bundesverfassung, dahin lautend :

"Art. 41. Der Bund gewährleistet allen Schweizern, ,,welche einer der christlichen Konsessionen angehören, "das Recht der sreien Niederlassung im ganzen Umsange "der Eidgenossenschast, nach sollenden nähern Bestim"mungen : Bundesblatt I. Bd. III.

3I

368 "1) Keinem Schweizer, der einer der christlichen ,,Konfessionen angehört, kann die Niederlassung in ir,,gend einem Kanton verweigert werden, wenn er folgende "Ausweisschriften befitzt : "a. einen Heimathschein oder eine andere gleichbedeu"tende Ausweisschrist;

,,b. ein Zeugniß sittlicher Aufführung, ,,c. eine Bescheinigung, daß er in bürgerlichen Rechten "und Ehren stehe..

"und wenn er auf Verlangen fich ausweisen kann, "daß er durch Vermögen, Beruf oder Gewerbe "fich und seine Familie zu ernähren im Stande sei.

"Naturalisée Schweizer müssen überdies die Be-

"scheinignng beihringen, daß sie wenigstens süns "Iahre lang im Besitze eines Kantonsbürger"rechtes fich befinden.

"2) Der Niedergelassene darf von Seite des die "Niederlassung gestattenden Kantons mit keiner Bürg"schaft und mit keinen andern besondern Lasten behufs "der Niederlassung belegt werden.

,,3) Ein Bundesgesetz wird die Dauer der Nieder"lassungsbewilligung, so wie das Maximum der zu Er"langung derselben an den Kanton zu entrichtenden "Kanzleigebühren bestimmen.

,,4) Der Niedergelassene genießt alle Rechte der Büx"ger des Kantons, in welchem er fich niedergelassen hat, "mit Ausnahme des Stimmrechts in Gemeindeängele"genheiten und des Mitantheiles an Gemeinde- und "Korporationsgütern. Insbesondere wird ihm freie ,,Gewerbsansübung und das Recht der Erwerbung und "Veräußerung von Liegenschaften zugesichert, nach Maß"gabe der Gesetze und Verordnungen des Kantons, die

^ ,,in allen diesen Beziehungen den Niedergelassenen .dem ,,eigenen Bürger gleich halten sollen.

,,5) Den Niedergelassenen anderer Kantone können .,,von Seite der Gemeinden keine größern Leistungen an ,,Gemeindelasten auferlegt werden, als den Niedergelas,,senen des eigenen Kantons.

"6) Der Niedergelassene kann aus dem Kanton, in ,,welchem er niedergelassen ist, weggewiesen werden: "a. durch gerichtliches Strafurtheil; "b. durch Verfügung der Polizeibehörden, wenn er "die bürgerlichen Rechte und Ehren verloren hat, "oder fich eines unsittlichen .Lebenswandels schuldig "macht oder durch Verarmung zur .Last fällt, oder "fchon oft wegen Uebertretung polizeilicher Vor"fchriften bestraft werden mußte."

Nach Einficht des Berichts und Antrags des Bundesrathes; In der Abficht , die Dauer und die Kosten der an Schweizerbürger ertheilten Niederlassungsbewilligungen feftzufetzen, verordnet: Art. 1. Die Niederlassungsbewillignngen werden an Schweizerbürger für die Dauer von wenigstens v i e r Iahren ertheilt.

Wenn jedoch die Ausweisschriften (Bundesverfassung

Art. 41, Ziffer 1, Litt. a.) früher ihre Gültigkeit verlieren, und nicht rechtzeitig erneuert, oder durch andere ersetzt werden, so erlöscht auch die Niederlassungsbewil-

ligung.

Art. 2. Die Kanzleigebühren, welche ein Schweizer für die Bewilligung zu entrichten hat, dürfen den Betrag von 4 Franken nicht übersteigen. Sofern aber der Nie-

.

.

^

dergelassene seinen Wohnfitz in eine andere Gemeinde desselben Kantons verlegt, so ^kann die Hälfte der Gebühr von Neuem bezogen werden.

Art. 3. In dieser Summe find alle Gebühren enthalten, welche für die Bewilligung an den Staat, an Bezirksbeamte, oder an die Gemeinden zu entrichten find.

Art. 4. Die jährlichen Leistungen der Niedergelassenen an die Gemeinde werden, nach Art. 41, Ziffer 5, der Bundesverfassung, durch die Gesetzgebung der Kantone bestimmt, mit der Beschränkung jedoch, daß die Niedergelassenen anderer Kantone denjenigen des eigenen Kantons gleichzustellen find.

Art. 5. Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1850 in Kraft; dasselbe findet jedoch auf früher ertheilte Nieder-

lassungsbewilligungen bis zu deren Ablauf keine Anwendung.

Art. 6. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung

des gegenwärtigen Gesetzes beauftragt.

Der schweizerische Bundesrath, Nachdem der Nationalrath unterm 8. Dezember, der Ständerath unterm 10. Dezember 1849, obenstehendes Gesetz über die Dauer und die Kosten der Niedexlassungsbewilligung erlassen hat, dasselbe also zum Bundesgesetze geworden ist; verordnet: . Art. 1. Obenstehendes Gesetz tritt mit dem 1. Ia.^ nuar 1850 in Kraft.

^ Art. 2. Es foll in das Bundesblatt ausgenommen und zu seiner Promulgation den Kantonen mitgetheilt werden.

Bern, den 12. Dezember 1849.

(Folgen die Unterschristen).

371 Geschäftsreglement .

.

des

.

Schweizerischen Ständerathes.

.(Beschlossen den 7. Christmonat 1849).

Titel I.

Einberufung und Konfiituirung des Ständerathes.

Art. 1. Der Ständerath versammeltsich.jährlich einmal zur ordentlichen Sitzung an dem durch das Gesetz über den Geschäftsverkehr zwifchen dem Nationalrath, Ständerath und Bundesrath , festgesetzten Tage.

Außerordentlicherweise wird er in den durch den Art. 75 (2. Alinea) der Bundesverfassung vorgesehenen Fällen einberufen.

Art. 2. Die Mitglieder des Ständerathes werden zu jeder Versammlung .durch Einladungsschreiben . des Bundesrathes einberufen. Diefe Einladungsschreiben bezeichnen .den Tag und die Stunde der Eröffnung der ersten Sitzung, und soweit möglich die während der Sitzungsperiode zu behandelnden Gegenstände.

Art. 3. Der Ständerath prüst die Ernennungsakte der neuernannten Abgeordneten. Die Mitglieder, deren Ernennungsakte in Ordnung befunden worden sind , fchwören folgenden Eid : ,,Ich schwöre vor Gott, dem Allmächtigen, die Verfassung und Gesetze des Bundes treu und wahr zu halten,

^

die Einheit, Kraft und Chre der schweizerischen Nation zu wahren, die Unabhängigkeit des Vaterlandes, die Freiheit und die Rechte des Volkes und seiner Bürger zn schützen und zu schirmen, und überhaupt alle mir it.bertrageneu Pflichten gewissenhaft zu erfüllen, fo wahr

mir Gott helfe .^ Art. 4. Die Mitglieder find verpflichtet, den Sitzungen des Rathes regelmäßig beizuwohnen.

Art. 5. Wenn ein Mitglied aus mehr als zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen wegzubleiben gedenkt, so ist es gehalten, den Präfidenten hievon in Kenntniß zu setzen.

Art. 6. Zur Fassung gültiger Beschlüsse ist die Anwesenheit von mindestens 23 Mitgliedern des Ständerathes erforderlich.

Art. 7. Eine Viertelstunde nach dem für den Zusammentritt der Versammlung festgefetzten Zeitpunkte findet der Namensaufruf statt.

Die Namen der Abwesenden werden im Protokoll vorgemerkt.

Art. 8. So ost die Zahl der Anwesenden unter die beschlußfähige Anzahl herabfinkt, wird der Namensaufruf Wiederholt.

Art. 9. Die Mitglieder wohnen den Sitzungen in schwarzer Kleidung bei.

Art. 10. Die Mitglieder des Bundesrathes haben

bei den Verhandlungen des Ständerathes berathende Stimme und auch das Recht, über einen in Berathung liegenden Gegenstand Anträge zu stellen (Art. 89 der Bundesverfassung).

373.

Titel II.

Büreau.

Art. 11. Der Ständerath wählt aus seiner Mitte für jede ordentliche oder außerordentliche Sitzung einen Präfidenten, einen Vizepräfidenten und zwei Stimmen-.

zähler.

Aus den Gesandten desjenigen Kantons, aus welchen für eine ordentliche Sitzung der Präfident gewählt worden ist, kann für die nächstfolgende Sitzung weder der Präfident noch der Vizepräfident gewählt werden.

Gesandte des gleichen Kantons können nicht während zwei unmittelbar aus einander folgenden ordentlichen

Sitzungen die Stelle des Vizepräfidenten bekleiden (Art.

71 der Bundesverfassung).

Art. 12. Der Präsident und die zwei Stimmen-

zähler bilden das Büreau.

Art. 13. Der Präsident wacht über die Handhabung der Rechte des Ständeraths,. über genaue Befolgung des Regimentes, und über die Ordnung und den Anstand in der Versammlung.

Art. 14. Er ösfnet sämmtliche an den Ständerath gerichtete Schreiben und Eingaben, und gibt von denselben der Versammlung im Laufe der Sitzung oder spätestens in der ersten Sitzung nach deren Empfang, Kenntniß.

Art. 15. Der Präsident bestimmt die Ordnung, nach welcher die Geschäfte behandelt werden sollen. Der Versammlung bleibt indessen unbenommen, die vom Präfidenten bezeichnete Geschäftsordnnng, sofern sie es angemessen findet, abzuändern.

Art. 16. Am Schlusse jeder Sitzung zeigt der Präsident die Tagesordnung der folgenden an.

.^74 Art. 17. Der Vizepräsident übt die Verrichtungen des Präsidenten aus, fo oft diefer letztere hieran verhindert ist.

Art. 18. Die Stimmenzähler zeigen das Refultat jeder Abstimmung an. Sofern die Majorität zweifelhaft ist, oder wenn es sonst verlangt wird, müssen die Stimmen gezählt werden.

Art. 19. Das Büreau ernennt die Kommissionen, deren Bestellung ihm durch die Versammlung übertragen wird.

Titel

III.

Kanzlei.

Art. 20. Die Bundeskanzlei besorgt das Sekretariat bei dem Ständerathe. Der eidgenössische Kanzler oder dessen Stellvertreter führt das Protokoll.

Art. 21. Das Protokoll foll alle Verhandlungen der Sitzung erwähnen; die Berathungsgegenftände, alle in Abstimmung gefallenen Vorfchläge, die gefaßten Entfcheidungen, und, fofern Zählung stattgefunden hat, auch die Stimmenzahl enthalten. Es wird vom Präfidenten und dem Protokollführer unterzeichnet.

Art. 22. Ueber jede Sitzung wird ein besonderes Protokoll abgefaßt, felbst dann, wenn mehrere Sitzungen an einem Tage gehalten würden.

Art. 23. Das Protokoll der Sitzung wird in der nachfolgenden, unmittelbar nach dent Namensausruf, verlefen. Der Rath genehmigt oder berichtigt es.

375^ Art. 24. Die Protokollsberichtigungen können nur aus die Redaktion, auf Irrthümer oder Auslassungen.

fich beziehen. Niemals kann unter dem Titel einer ^rotokollsberichtigung eine Schlußnahme des Ständeraths geändert werden.

Art. 25. Dem Protokollführer wird ein Ueberfetzer

beigegeben.

Art. 26. Der Protokollführer oder der Uebersetzer verliest alle Vorschläge, Bittschriften und anderweitige Aktenstücke, die gelesen werden müssen.

Einzig die Gutachten und Berichte der Kommisfionen werden von den Berichterstattern vorgetragen.

Art. 27. Alle in einer der drei Nationalsprachen gemachten Vorschläge werden der Versammlung in deutscher und franzöfischer Sprache mitgetheilt.

Titel I^.

Kommiffionen.

Art. 28. Die Kommiffionen begutachten diejenigen.

Gegenstände, welche von der Verfammlung zur ^Vorberathung an sie gewiesen werden.

Art. 29. Die Versammlung wählt die Kommissionen.

entweder selbst in geheimer Abstimmung oder durch Hand-.

mehr, oder überläßt dem Bureau die Bezeichnung der

Mitglieder. Der Erstgewählte ist Präsident der Kom^ mission und beruft sie zusammen.

Art. 30. Die infolge .des Petitionsrechts an den^ Ständerath gelangten Bittschriften werden zur Prüfung.

376 an eine wenigstens aus fünf Mitgliedern bestehende Kommission gewiesen.

Titel ^.

Weibel.

Art. 31. Während der Dauer der Sitzungen des

Ständerathes find zwei Weibel zur Bedienung des Raths, seines Präfidenten, der Kommissionen und des

Sekretariats bestellt.

Titel ^I.

Oeffentlichkeit der Verhandlungen.

Art. 32. Die Sitzungen des Ständerathes sind in der Regel öffentlich.

Art. 33. Den Zuhörern wird ein abgesonderter Raum angewiesen. Zuhörer, welche sich nicht stille verhalten oder sich Aeußerungen von Beisall oder Tadel erlauben, sollen auf Befehl des Präfidenten, wenn ein Ruf zur Ordnung fruchtlos geblieben ist, entfernt werden.

Art. 34. Entsteht Unordnung oder Lärm aus der Tribüne, so läßt fie der Präsident räumen und schließen, und die Sitzung wird unterbrochen, bis der Befehl vollzogen ist.

Art. 35. Iedes Mitglied des Ständerathes oder des Bundesrathes kann über einen oder mehrere Gegenstände eine geheime Berathung verlangen. Dieses Begehren wird in Berathung gezogen, sofern fünf Mitglieder des Ständeraths dasselbe unterstützen.

377 Geht das Begehren vom Bundesrathe aus, so muß dasselbe in Berathung. gezogen werden.

. Art. 36. Vor der Berathung über die Frage, ob eine geheime Sitzung zu halten sei, ist die Tribune zu räumen.

Titel VI.

Gegenstände und Form der Berathung.

. Art. 37. Der Ständerath behandelt die Gegenstände, die in seinen Geschäftskreis einfchlagen, infolge : 1) eines Antrags , Gesetzesvorschlags oder überhaupt eines Berichts des Bundesrathes;

2) einer Mittheilung des Nationalraths; 3) des Vortrags einer Kommisfion aus seiner Mitte; 4) der Anregung eines seiner Mitglieder ; 5) einer Bittschrift, oder einer anderweitigen Eingabe.

Art. 38. Wenn einer der im Art. 37 erwähnten Gegenstände zur Vorberathung an eine Kommisfion gewiesen wird, so ernennt dieselbe zur Begründung ihrer Vorschläge einen oder mehrere Berichterstatter.

Art. 39. Beim Beginne der Verhandlungen werden

die sachbezüglichen Aktenstücke angezeigt, hierauf fämmtlich und vollständig verlefen, insofern drei Mitglieder der Versammlung es verlangen und sodann auf den

.Kanzleitisch gelegt.

Der

oder die Rapporteure erstatten schriftlich oder

.mündlich Bericht; die Mitglieder der Kommiffion find .berechtigt, die Berichte zu ergänzen.

Diskusfion eröffnet.

Hierauf wird die

Art. 40. Kein Mitglied darf das Wort ergreifen, ohne dasfelbe vorher vom .Präfidenten begehrt zu haben, und bevor der Präfident ihm dasselbe ertheilt hat.

.^78 Art.. 41. Der Präsident hat die Namen der MitBieder, welche das Wort verlangen, in der Reihenfolge aufzuzeichnen, in der sie es verlangt haben, und ihnen dasselbe nach der gleichen Reihenfolge zu ertheilen.

Indessen steht einem Mitgliede, das noch nicht gesprochen hat, die Priorität vor denjenigen zu, welche über den Gegenstand bereits gesprochen haben. Erst nach Eröffnnng der Diskussion kann das Wortbegehren nnd die Einschreibung beginnen.

Art. 42. ^Wünscht der Präsident als Mitglied der .Versammlung zu sprechen, so hat er die gleichen soeben bezeichneten Förmlichkeiten zu beobachten. Während er

spricht, führt der Vizepräsident den Vorfitz.

Art. 43. Alle Vorfchläge müssen dem Präfidenten schriftlich eingegeben werden.

Art. 44. Wenn ein Redner vom Gegenstand der Berathnng abschweift, soll ihn der Präsident ermahnen, auf denselben zurückzukommen.

.Art. 45. Wenn ein Redner den parlamentarischen Anstand verletzt, namentlich wenn er sich beleidigende Aeußerungen gegen die Versammlung oder deren Mitglieder erlaubt, so hat ihn der Präfident zur Ordnung

zu rufen. Erhebt das Mitglied Einsprache gegen den Ordnungsruf, so entscheidet die Versammlung.

Art. 46. Wird im Laufe der Berathung eine Ordnungsmotion gestellt, so bleibt die Berathung in der Hauptsache bis zur Erledigung der Ordnungsmotion unterbrochen.

Art 47. Wenn Niemand mehr das Wort begehrt, so erklärt der Präfident die Berathung sür geschlossen.

Nach dem Schluß der Berathung hat Niemand mehr das Recht das Wort zu verlangen.

37.).

Titel VIII.

Form der Abstimmung.

Art. 48. Vor der Abstimmung gibt der Präsident eine Ueberficht über die während der Berathnng gemachten Vorschläge. Er bezeichnet die Reihenfolge der Fragen für die Abstimmung. Ueber erhobene Einwendungen entscheidet die Versammlung. Die Reihenfolge, sowie die Stellung der Fragen werden in deutfcher und fran-

zöfischer Sprache angezeigt.

Art. 49. Ordnungsmotionen fallen vor den Berathungsgegenständen in Abstimmung. Ueber die auf den

Berathungsgegenstand bezüglichen Anträge wird in folgender Ordnung abgestimmt: Art. 50. Die Unterabänderungsanträge find vor den Abänderungsanträgen; diese letztern vor dem Hanptantrage in Abstimmung zu bringen.

Art. 51. Die Zustimmung zu einem Unterabänderungsantrag verpflichtet nicht zum Abänderungsantrag,.

und ebensowenig die Zustimmung zum Abänderungsantrag auch sür den Hauptantrag zu stimmen.

Art. 52. Ist eine Abstimmungsfrage theilbar , so kann jedes Mitglied Trennung verlangen.

Art. 53. Die Stimmgebung geschieht durch Handaufheben. Der Beschluß wird durch die absolute Mehrheit der Stimmgebenden gefaßt.

Art. 54. Nach jeder Abstimmung ist, wenn es verlangt wird, das Gegenmehr aufzunehmen.

Art. 55. Sobald wenigstens zehn Mitglieder es verlangen , findet die Abstimmung mit Namensaufruf statt.

In solchen fallen sind die Namen der Stimmgebenden am Protokoll vorzumerken.

380 Art. 56. Bei gleichgetheilter Stimmenzahl hat der Präfident den Stichentfcheid. In diesem Fall kann er den Stichentscheid vom Präfidentenstuhl aus begründen.

Art. 57. Nach der artikelweisen Berathung findet die Abstimmung über einen Gesetzes- oder Beschlussesentwurf im Allgemeinen statt. Diese Abstimmung ist definitiv. Die Versammlung entscheidet, ob vor dieser Abstimmung über einen Entwurf noch eine allgemeine Berathung stattfinden folle.

.^itel IX.

A n z ü g e und Interpellationen.

Art. 58. Anzüge von Mitgliedern des Ständerathes oder Vorfchläge, welche neue von dem Berathungsgegenstand unabhängige Fragen , welche einer abgesonderten Berathnng unterliegen müssen, aufwerfen, find dem Präfidenten fchriftlich zuzustellen. .Wenn die Versammlung sich nicht für die sofortige Berathung ausspricht, so werden dieselben nicht schon in derjenigen Sitzung berathen, in welcher fie der Versammlung zur Kenntniß gebracht wurden.

Art. 59. Bei der ersten Berathung wird nur über die Erheblichkeit abgestimmt. Ist die Erheblichkeit be-.

schlossen, so entscheidet die Versammlung, ob sie über den Anzug oder Vorschlag vorerst das Gutachten des Bundesraths oder einer Kommission einholen, oder ohne eine solche Vorberathung sogleich selbst definitiv entscheiden

will.

Art. 60. Jedes Mitglied des Ständeraths hat das Recht, Interpellationen an den Bundesrath zu stellen.

Wer von diesem Recht Gebrauch machen will, ist jedoch

381 gehalten, diefe feine Abficht, sowie den Gegenstand, aus den die Interpellation sich bezieht, dem Präfidenten der Versammlung schriftlich zur Kenntniß zu bringen. Der Präfident macht der Verfammlung hievon Mittheilung, welche über die Festfetzung der Tagesordnung für die Interpellation entfcheidet. Der Bundesrath kann sofort in Beantwortung eintreten oder Verschiebung auf eine der nächsten Sitzungen verlangen.

Titel X.

Wahlen.

Art. 61. Die Wahlen des Präfidenten, des Vizepräfidenten und der zwei Stimmenzähler, werden in geheimer Abstimmung mit absolutem Stimmenmehr vorgenommen.

Art. 62. Bei jedem Wahlgang einer geheimen Wahl werden besondere Stimmzeddel ausgetheilt , deren Zahl am Protokoll vorgemerkt wird. Die Stimmenzähler zeigen der Versammlung die Zahl der ausgefeilten und wieder eingelangten Stimmzeddel an. Uebersteigt die Zahl der letztern diejenige der erstern , so ist der Wahlgang nichtig und es muß zu einem neuen geschritten werden.

Ist dagegen die Zahl der eingelangten Stimmzeddel gleich oder geringer als die Zahl der ausgefeilten , so nimmt die Wahlverhandlung ihren Fortgang.

Art. 63.

Die beiden ersten Wahlgänge sind ganz-

lich frei. Im dritten und den folgenden Wahlgängen fallen der oder die Kandidaten aus der Wahl, welche die wenigsten Stimmen auf sich vereinigt haben. Wenn mehrere Kandidaten gleich wenig Stimmen erhalten haben,

382 so fallen sie aus einmal sämmtlich aus der Wahl. Hätte jedoch ein Kandidat die relative Mehrheit der Stimmen, alle übrigen eine gleiche Stimmenzahl erhalten , so entscheidet eine eigene Stimmgebnng darüber, welcher von den letztern nicht mehr in der Wahl bleiben soll. Die Stimmzeddel werden alsdann denjenigen Kandidaten mit Namen bezeichnen, welcher nicht mehr in die Wahl kommen soll.

Art. 64. Vertheilen fich in zwei auf einanderfol-

genden Wahlgängen die Stimmen gleichmäßig auf mehr

als zwei Kandidaten , so wird das Loos denjenigen bezeichnen, welcher aufhören soll, in der Wahl zu bleiben.

Art. 65. Bleiben nur zwei Kandidaten in der Wahl, und erhalten fie in zwei auf einander folgenden Wahlgängen die gleiche Stimmenzahl, fo wird nach dem zweiten Skrutinium das Loos entscheiden, welcher von beiden

gewählt ist.

Art. 66. Bei der offenen Wahlart werden vorerst die anwesenden Mitglieder gezählt, und sodann wird in bereits bezeichneter Weise verfahren.

Also gegeben, Bern, den 7. Dezember 1849.

Im Namen des schweizerischen Ständerathes : (Folgen die Unterschriften).

^

3 8 3

Behandlung des Gesuches des Kantons Schwyz, um Nachlaß seiner 1. Januar 1850 verfallenden Rate von der SonderbundsKriegsschuld, behnfs Verwendung derselben zn seinen Stras.enbauten.

Mit Schreiben vom 17. v. Mts. hatte die Regie.rung des Kantons Schwyz nachstehendes dringendes Ersuchen an die Bundesversammlung gerichtet: "Es wolle dem Kanton Schwyz gestattet werden, die auf 1. Januar 1850 verfallende Rate an der Sonderbundskriegsschuld für die Ausführung des mit dem Straßennetze befchlossenen Hauptstraßenzuges im Kanton Schwyz zu verwenden, mit welcher Verwendung dann jene Rate als getilgt erklärt sei."

Dieses Gesuch wurde von dem h. Ständerathe unterm 17. desselben Monats an den Bundesrath zur Begutachtung gewiesen, welcher unterm 3. Ehristmonat folgenden Bericht an die Bundesversammlung erstattete :

"Tit.

"Die Regierung des Kantons Schwyz wandte sich mit Schreiben vom 17. d. an die schweizerische Bundesversammlung mit dem Gesuch, es möchte dem Kanton erlaubt sein, die auf den 1. Januar 1850 fällige Rate

der Sonderbundskriegsfchuld (Antheil von Schwyz) zum Straßenbau zu verwenden. Dieß Gesuch wurde vom Ständerathe dem Bundesrathe zur Begutachtung überwiesen, welcher nun die Ehre hat, Ihnen sachbezüglich folgenden Bericht zu erstatten: Bundesblatt I. Bd. III.

32

384 "Die Regierung von Schwyz sucht in ihrem Schreiben das erwähnte Gesuch sowohl aus ökonomischen als aus politischen Gründen zu rechtfertigen.

"Was die erstern Gründe betrifft, so führt fie hanptsächlich an , daß der Kanton zu solchen Anstrengungen genöthigt worden sei, die das Maß seiner Kräfte weit übersteigen. Der Kanton habe seit dem Sonderbundkriege große Energie entwickelt, um aus dem frühern Zustand herauszukommen und eine Regeneration durchzuführen. Die Regierung habe nicht gerastet, bis fie den Haushalt wenigstens zum Nöthigsten gefichert hatte, so daß sie selbst die Impopularität neuer und erschwerender Steuergesetze wagte und überwand, um dem Volke den Weg zu zeigen, auf dem ein entsprechenderes Verhältniß zu den übrigen Ständen und zu dem Bunde für immer gegründet werden könne, in welchem Versahren die Regierung durch die Bürger des Kantons treulich unterstützt worden sei. Unter den wichtigsten Veränderungen, welche die neuen Landesbeschlüsse bezwecken, stehe der Straßenbau obenan, durch welchen anf einen Schlag eine ganz neue Kommunikation geschaffen werden solle. Dieses Projekt beschränke sich nicht auf einige Linien, sondern umfasse ein ganzes Straßennetz, ein

vollständiges System, welches alle daherigen Verhältnisse zu Bezirken und Gemeinden ordne, selbst ohne Rückficht auf die Lokalinteressen wichtiger Ortschaften. Dieser Straßenbau erfordere aber wenigstens eine halbe Million Schweizerfranken (auf 40,650 Einwohner).

,,Diesem Unternehmen setzen fich nun große Schwierigkeiten entgegen, die einerseits durch das Terrain, anderseits durch den ökonomischen Zustand des Kantons bedingt seien; indem diesem Kantone die Hülfsmtttel abgehen, welche in andern Kantonen der öffentliche Ver-

.^.^

385 kehr enthalte , da der Kanton ausschließlich auf .Landwirthschaft und Viehzucht angewiesen sei. Der Kanton sei daher nicht im Falle, das Unternehmen zum Gegenstande spekulirender Aktienpläne zu machen, wie dieß in Kantonen möglich sei, wo durch Handelsstraßen weithin reichende kommerzielle Interessen begünstigt werden sollen. Deßwegen biete auch der Bau seine Zahlungsmittel nicht in fich selber dar, indem, wenn auch durch den erleichterten Verkehr den Einzelnen Vortheile verschafft werden, der Nutzen im Ganzen doch nicht so groß sei, wie in Kantonen, deren Industrie einen großen Zusluß von Menschen und starken Vertrieb von Waaren herbeiführe.

"Dazu trete noch der gewichtige Umstand, daß keine Hülfsquellen mehr aus den Zöllen gezogen werden können, während früher große Straßenunternehmungen ^fich ganz oder theilweife aus folchen Gebühren bezahlten.

ferner sei zu beachten, daß die andern Kantone für die früher bestandenen Zölle entschädigt werden, was eine alljährliche reiche Rente ausmache, während die Ent-

schädigung des Kantons Schwyz fich auf ein Minimum belaufe; die Anforderungen der Straßentechnik außerordentlich gestiegen feien, und der Kanton ein vollständiges Straßennetz von dreizehn neuen Straßen durchführen wolle.

"Daß es aber dem Kanton Schwyz mit der Durchführung dieses Projektes Ernst sei, werde hinlänglich dadurch bewiesen, daß der administrative und polizeiliche Theil des Straßenwesens durch die besondere Verordnung vom 27. April 1849 geregelt, das nöthige Personal ausgestellt und mit den erforderlichen fachgemäßen .Instruktionen versehen sei, daß man Verbindungen mit bewährten Ingenieurs eingegangen habe , welche die

^ Straßenpläne ausgemittelt, bezeichnet und entworfen haben; daß verschiedene der vrojektirten Bauten bereits angefangen seien und ununterbrochen sortgesetzt werden, welche Bauten den Erfordernissen der Straßentechnik und den Erleichterungen des Verkehrs vollkommen entsprechen , und ohne Rückficht auf bisher bestandene Linien, sogar mit gänzlichem Beiseitelassen von ansehnlichen Ortschaften durchgeführt werden; - daß endlich zur Sicherung der Ausführung bereits ein Anleihen von 100,000 Schweizerfranken abgeschlossen worden sei. Als Beweismittel legt die Regierung von Schwyz die bezüglichen gesetzlichen Verordnungen und Instruktionen bei , und bemerkt im Fernern, daß durch Art. 35 der BundesVerfassung der Zweck der erwähnten Verwendung fchon zum Voraus gefichert fei, daß der Bundesrath seine Aufficht walten lasse , die ihm übrigens durch den eige-

nen Eifer der Regierung von Schwyz möglichst leicht gemacht werden solle.

"Ueber den ökonomischen Zustand gibt nun das mehrerwähnte Schreiben folgende Auffchlüsse : "Nach der Umgestaltung des Kantons ergab fich ein unbeschwerter Aktivbestand von fl. 22,000 (Louisd'or à 13 fl.), indem, was an verschiedenen Ausständen verzeigt werden konnte, einen äquivalenten Theil der Pas-

siven deckte. Dabei blieb im Inni 1848 eine Schulden-

last von fl. 300,000 (251,000 fl. in runder Zahl verzinslich), wodurch sich ein jährlicher Zuwachs von mehr als 12,000 fl. ergibt. Dazu kommen neue fl. 33,625,

so daß sich die Gesammtfchuld auf mehr als 400,000 Schweizerfranken beläuft. Die Einnahmen des Kantons find aber höchst unbedeutend, und bestehen in dem Salzregal (mit Fr. 40,000) , welches jetzt als Kaution für

387 das Anlehen von Fr. 100,000 eingefetzt ist, it den Zollund Pofi-Cntschädigungen (Fr. 16,000 und Fr. 2000) und in den üblichen indirekten Gebühren fü. Stempel, Kanzleilegalisationen und Strafgeldern. Die großen Ausgaben verursachten daher bei Abschluß des ersten Rechnungsjahres ein Defizit von 100,000 Fr , während

im Rechnungsabschlüsse nichts Erhebliches fü. Straßen, keine namhaften Leistungen in Schulsachen, k ine bedeu-

tenden Ausgaben für Militär, keine Geldkont ngente für die Bundeskasse in Anschlag gebracht wurden, für welche der Kanton in neuester Zeit schon zum dritten Male in Anspruch genommen wurde. Die Regierung ward nun durch die Umstände zur Vorlage eines neuen St.uergefetzes genöthigt, durch welches zu den schon bestehenden Lasten eine neue direkte Steuer von allem Grundeigentum, vom Kapitalvermögen, vom Einkommen und ..om Kopfe geschaffen ward. Der Ertrag dieser Steuer. lag in gewohnlichem Ansatz nebst den ordentlichen Einkünften zur Bestreitung der laufenden Ausgaben, keineswegs aber zur Deckung außerordentlicher Bedürfnisse ger ügen.

"Zu Allem diefem komme nun der fchwere . ruck, mit welchem die Sonderbundskriegssteuer die ökonomische Entwicklung zu erdrücken drohe und die vorerst . er raschen Ausführung des Straßenprojekts durchaus hemmend entgegentrete. Diese an die Eidgenossenschaft zu entrichtende Schuld bewegt die Regierung von S chwyz dazu, ihr Gesuch noch weiter aus politischen G .ünden zu rechtfertigen, die sich an die Erscheinung des Sonderbundskrieges, der Ursache der Steuer, knüpfen. Der eigentliche Inhalt der von der Regierung vo.. Schwyz aufgestellten Gründe geht dahin, daß dem Son Verbundskriege eine tiefere Bedeutung zu Grunde liege. als die

bloße Widerspenstigkeit gegen einen Tagsatzun gsbeschluß

388 in Folge eines einzelnen Streitpunktes. Es habe sich nämlich um die Frage über das Verhältniß der Kantone zum Bunde gehandelt, um die Frage, ob dieKantonalsouveränetät, in der Vollberechtigung welche fie bis gegen das Ende des achtzehnten Iahrhunderts behauptet hatte, fortgelten, oder ob und in welcher Ansdehnnng fie beschränkt werden solle. Die Regierung von

Schwyz stützt fich somit auf die bundesrechtliche Bedeutung des Konfliktes und bringt, mit Beziehung dar-

aus, daß die neuen Staatsanfichten durch eine lange .Kette von geschichtlichen Erscheinungen fich zu der jetzigen Form ausgeprägt haben, den Sonderbundskrieg als das letzte Glied dieser Kette zur Sprache. Von diesem Standpunkte ausgehend, behauptet fie daher, daß in Folge des

fünfzigjährigen Prineipienkampfes , aus dem die Eidgenossenfchaft fich zu der jetzigen Staatsform herausgearbeitet habe, dieselbe in ihrer Gesammtheit ebensowohl als Sieger, wie als Besiegte zu betrachten sei; Sieger, in wie fern fie eine alte Lage der Dinge durch eine neue ersetzte; Befiegte, in wie fern fie ebenfalls in ihrer Gesammtheit die Ergebnisse jener außerordentlichen Krise zu übernehmen habe, wozu auch die finanziellen Folgen gehören, gleichsam die Kosten dieses historischen Prozesses. Zudem feien hier nicht zwei streitige Partheien anzunehmen, sondern ein Gefammtkörper, der eine neue Gestalt angestrebt habe. Der Sonderbnndskrieg sei als ein Kampf zweier verschiedenen Ansichten über die Bundesverhältnisse anzusehen, ber welchem Kampfe die Kantone, welche den frühern Zustand vertraten, durch unsere jetzige Bundesverfassung, welche die Kantonalfouveränetät von Neuem als Regel feststellt, nicht gerade gerechtfertigt, ihr Auftreten aber doch auf eine

389 solche Weise erklärt werden könne, daß es reicht als ein durch harte Strafen abzubüßendes Vergehen erscheine.

"Was nun die jetzigen Bundesverhältn sse betrifft, so beruft fich die Regierung von Schwyz daraus, daß der Kanton in guten Treuen der Einführung der Bundesverfassung fich unterzogen habe, daß seine Gesinnungen die eines redlichen Bundesgenossen seiet und daß er immer weit davon entfernt gewesen sei, systematische Opposition gegen die neuen Verhältnisse zu machen.

Die Bundesversammlung habe es zudem m .t dem neu konfiituirten Kanton zu thun, d.h. einem Bu .tdesgliede, das fich in allen Beziehungen mit den neu .n Einrichtungen der Schweiz identifizirt und jede Sonderstellung aufgegeben habe. Um so schwerer müsse es drücken, wenn bei Beurtheilung der mit dem gelösten Konflikt zusammenhängenden Geldsrage ein Maßstab angesetzt werden sollte, der im ungünstigsten Falle n... r auf den gewesenen Kanton Schwyz Anwendung finden dürfte.

"Die Regierung von Schwyz bemerkt endlie., daß die den neuen Zustand der Dinge begründenden K.ntone den nächsten Vortheil von der Bundesverfassung laben, der in den Entfchädigungen liege die fie von dem Bunde erhalten. Außerdem seien die Sonderbundskantone darin im Nachtheil, daß fie großer Anstrengungen bedürfen, bis sie fich auf die Stufe erhoben haben um ..ie Wohlthaten des Bundes voll mitgenießen zu kön len. Um ihres frühern Znstandes willen, könnten fie z.var keine Entfchädigungen verlangen, fie follten aber luch nicht für einen Prinzipienkampf allein belastet we.den, besonders wenn, wie dieß beim Kanton Schwyz der Fall, neue Einrichtungen getroffen werden, die wi.der dem Bunde zu gut kommen und diesen Kanton dauernd an die neue Ordnung der Dinge ketten. Eine derartige

390 Aufmunterung wie die angesuchte sei um so mehr am Platz, da die Hebung der ökonomischeu Verhältnisse solcher Kantone auch für die Eidgenossenfchaft von hoher Bedeutung sei. Sollte diese Hülfe verweigert und die Sonderbundsfieuer unnachfichtlich eingetrieben werden, so werde dieser Umstand vorerst der Ausführung des Straßenprojektes durchaus hemmend entgegentreten. Bei Eingehen auf das Gefuch rechnet aber die Regierung von Schwvz das ganze Projekt in 5 (mit jährlichen

Fr. 100,000) oder 6 Iahren (mit jährlichen Fr. 83,000)

auszuführen, während ohne Unterstützung des Bundes der Bau wenigstens 12 Iahre Zeit erfordere.

,,Gestützt auf diese Gründe stellt nun die Regierung von Schwyz das Gesuch : "es wolle dem Kanton Schwyz gestattet werden, die auf den 1. Ianuar 1850 verfallene Rate der Sonderbundskriegsschuld (im Be-

trag von Fr. 60,638. 56 Rp.) für die Ausführung des mit dem Straßennetz befchlossenen Hauptstraßenzugs zwifchen dem Vierwaldstätter- und Zürcher-See zu verwenden, mit welcher Verwendung dann jene Rate als

getilgt erklärt sei."

"Indem wir nun auf die Beurtheilung des Gesuches übergehen, wollen wir vor allem aus gerne aussprechen, daß die Thätigkeit, welche der Kanton Schwyz entwickelt, um seine innern Zustände in mehrfachen Richtungen zu heben und zu vervollkommnen , alle Anerkennung verdient, und daß dieses namentlich von den Anstrengungen gilt, welche diefer Kanton im Straßenbau an den Tag legt und zwar unter ziemlich ungünstigen finanziellen Verhältnissen. Es darf indeß, um diesen Gegenstand im rechten Lichte zu betrachten, zweierlei nicht übersehen werden: einerseits ist die Mehrzahl der projektirten Straßen vorzugsweise für den innern Ver-

391 kehr des Kantons bestimmt, während auch die übrigen

gleichzeitig zur Hebung des Verkehrs und des Wohl-

Bandes dienen ; anderseits waren die wenigen ogenannten .Hauptstraßen bisanhin in einem so trostlosen Zustande, daß der Kanton genöthigt war, Hand ans Werk zu legen, wenn auch nicht in diesem Umfang. und daß derselbe daher nur eine bundesgemäße Verpachtung er.füllt, wenn er eine Verbesserung der Hauptstraßen vor.nimmt.

,,Das Gesuch des Standes Schwyz um Erlassung der nächstfälligen Rata der Kriegsfchuld beruht theils aus dem Anerbieten der Verwendung desselben für den Straßenbau, theils auf allgemeinen, politische... Gründen.

Wir glauben nun vor allem aus , daß die V erwendung der Summe zu nützlichen, öffentlichen Zwecket kein hinreichender Grund sei, um eine Schenkung aufzusprechen.

Denn es läge hierin eine auffallende Verätzung der Rückfichten, welche die Eidgenossenfchaft den a rdern sechs

Ständen schuldig ist. Es läßt sich wohl nicht bezweiseln, daß alle fieben Stände, welche gegenwärtig al.. Debitoren der Eidgenossenschaft erscheinen, erbötig find, . ie Schuldsumme ganz oder theilweise zu gemeinnützige .r Zwecken z. B. Erziehungsanstalten, Straßen u. dgl. zu . erwenden; und es ist daher vorauszusehen, daß, wenn dem Begehren von Schwyz . entsprochen würde, .ie andern Stände mit ähnlichen Anträgen aufträten, urd die Eidgenossenschaft müßte im Interesse der Gerech igkeit alle gleich behandeln. Es ist daher von dem speziellen Gesuch des Standes Schwyz ganz zu abstrahlen und die Frage allgemein dahin zu stellen: Soll die E dgenossenschaft den fämmtlichen fieben Ständen die irt nächsten Iahr fällige Rata der Schuld (nach dem Bidget zirka 812,000 Fr.) erlassen unter der Bedingung der VerBnndesblatt I. Bd. III.

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392 wendung dieser Summe zu gemeinnützigen Zwecken?So stehen wir wieder ganz auf dem schon früher erörterten allgemeinen Standpunkt. Denn die Bedingung der Verwendung einer allfälligen Schenkung im öffentlichen Interesse der Kantone ist infofern etwas untergeordnetes oder gar illuforifches, als wohl präsumirt werden darf, daß jeder Kanton auch ohne eine solche Bedingung sein Vermögen zu nützlichen Zwecken verwenden würde. Wir haben daher wieder einsach die Frage vor nns : Soll den fieben Ständen ein Theil der Kriegsschuld erlassen werdend - Diese Frage haben wir

nnlängst bei Anlaß eines ähnlichen Gesuchs des Standes

Freiburg in verneinendem Sinne begutachtet. Inzwischen haben sich die Verhältnisse nicht geändert, jedensalls in finanzieller Hinficht nicht verbessert, sondern in Folge der außerordentlichen Ausgaben dieses Iahres verschlimmert. Wir müssen daher auf unfer früheres Gutachten zurückkommen, ohne neuerdings den Inhalt desselben auseinanderzusetzen; es enthält die allgemeinen, politischen und finanziellen Motive, und wir beschränken uns bloß darauf, noch einen Blick auf's Budget und die jetzigen Finanzverhältnisse zu werfen. Es ergibt sich daraus, daß, abgefehen von der f. g. Sonderbundsfchuld, die zinstragenden Kapitalien kleiner sind, als die Kapitalfchuld der Eidgenossenschaft, daß die letzte in dem Maaße, in welchem sie einen Nachlaß bewilligt, sich ihres

einzig noch übrigen zinstragenden Kapitals begibt und nahe an den Punkt gelangt, nichts zu befitzen, die gewohnlichen Ausgaben durch die gewöhnlichen Einnahmen zu decken und für alles Außerordentliche Schulden zu machen oder Geldkontingente einzuziehen. Wenn wir überdieß noch in Betracht ziehen, daß die Rechnung dieses Iahres wegen den Truppenaufstellungen und der

393 Flüchtlingskosten nur darum nicht sehr unerfreulich aussallen wird, weil die Kantone mit zwei Geldkontingenten

belästigt worden sind, daß der künftige Ertrag der Zolleinnahmen noch sehr unbestimmt ist und im nächsten Jahr jedenfalls bedeutend unter dem Ansatz bleiben wird und daß endlich die Bundesverfassung einen Vermögensbestand beabsichtigt, welcher die Eidgenossenschaft zu nationalen, gemeinnützigen Unternehmungen befähigt ; - fassen wir alles diefes ins Auge, so können wir auch jetzt nicht darauf antragen, daß ein Theil der Kriegskosten den betreffenden Ständen erlassen werde, und da wir dafür halten, daß alle Stände gleich zu behandeln seien, so können wir auch nicht dafür stimmen, daß dem Stande Schwyz entsprochen werde.

"Auf den Fall der Abweifung stellt die Regierung

von Schwyz in Ausficht, daß ihre beabsichtigten Straßenbauten wenigstens 12 Jahre lang sich hinfchleppen würden, während sie diefelben fonst in 5 bis 6 Iahren zu vollenden gedenke, mit einem jährlichen Aufwand von

83,000 bis 100,000 Fr. Wir haben hierauf nur zu bemerken, daß wir nicht einfehen können, wie bei folchen Verhältnissen die Verweigerung eines Beitrags von zirka 60,000 Fr., wosür der Stand Schwyz nachsucht, die Aussührung dieser Straßenbauten um wenigstens fechs Jahre verzögern könne.

"Schließlich haben wir die Ehre u. f. w."

(folgen die Unterschriften.)

Die in diefem Berichte entwickelten Ansichten theilend, hat der Nationalrath unterm 8. Dezember, r.nd der Ständerath unterm 11. d. gl. Mts. beschlossen, es fei in das Gesuch des Standes Schwyz nicht einzutreten.

394 Wahlverhandlungen.

Den 17. Dezember ist die Bundesversammlung zur Ernennung der Präfidenten und Vizepräsidenten des Bundesrathes und Bundesgerichtes geschritten und hat folgende Wahlen getroffen : Zum Präfidenten des Bundesrathes: Hrn. Heinrich Drüey, bisherigen Vizepräfidenten.

Zum Vizepräfidenten des Bundesrathes : Hrn. Joseph Munzinger.

Zum Präfidenten des Bundesgerichts: Hrn. Dr.

Konrad Kern, bisherigen Präfidenten.

Zum Vizepräfidenten des Bundesgerichts: Hrn. I)r.

Kafimir Pfyffer, bisherigen Vizepräsidenten.

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Bundesgesetz, über die Dauer und die Kosten der Niederlassungsbewilligung. (Vom 10.

Dezember 1849.)

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