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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession 1. schmalspuriger Eisenbahnen von Langenthal über Önsingen nach Balsthal, von Balstahl einesteils nach Mümliswil und über Langenbruck nach Waldenburg, andernteils über Hammer nach Gänsbrunnen, eventuell nach Münster (Schmalspurbahnen der Balsthaler Klus) ; 2. normalspuriger Eisenbahnen von Langenthal nach Önsingen und von Önsingen nach Balsthal.

(Vom 23. März 1893.)

Tit.

Unterm 24. April 1891 reichte Herr Ingenieur A. B e y e l e r in Bern ein K o u z e s s i o n s g e s u c h ein für den Bau und Betrieb von S c h m a l s p u r b a h n e n der B a l s t h a l e r K l u s , zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft.

Wir entnehmen der in dem allgemeinen Berichte enthaltenen ausführlichen Begründung folgende Einzelheiten : Die schon mehrfach versuchte Lösung des Problems einer Schienenverbindung von Langenthal durch die Klus nach Münster sei bisher einerseits an dem Umstände, daß die Anlagekosten in keinem richtigen Verhältnisse zu der zu erhoffenden Rendite standen, andernteils an ungünstigen allgemeinen Verhältnissen gescheitert.

Das Bedürfnis nach besserer Verbindung sei in diesen Thälern des Jura unstreitig vorhanden, es frage sich nur, ob man demselben

120 vermittelst Anlage vou Schmalspurbahnen genügen könne, oder ol> es eine Normal bahn erfordere. Letztere wäre für die Linie Langenthal-Önsingen-Münster bei ihrer Bedeutung für den Transitverkehr vorzuziehen. Da aber in dieser Beziehung das Konkurrenzprojekt der Weißensteinbahn im Vordergrund stände, so habe sich Petent für eine Schmalspuranlage entschlossen, welche dem Lokal verkehr genügen, den Touristenverkehr fördern und dabei lebensfähig sein werde, um so mehr, als damit im Zusammenhang auch an eine Verbindung mit dem Baselland gedacht und ein größeres einheitliches Schmalspurbahnnetz erstrebt werden könne, welches rund 77 Kilometer umfassen und von der Balsthaler Klus nach Münster, Liestal und Langenthal reichen würde.

Von diesem Netz sei bereits die Linie Liestal-Waldenburg von '14 km. Länge erstellt, weshalb auch für das übrige Netz das gleiche System angenommen worden sei.

Am Zustandekommen der neuen Bahnen seien im Umkreis von 3--5 Kilometer von der Linie im ganzen 51 Gemeinden mit total 40,179 Anwohnern interessiert, wovon allerdings die Hälfte dem ersten Teil, d. h. dem offenen Gelände, angehöre. Als wichtige Verkehrsmomente werden hervorgehoben der Langenthaler Markt, der Umstand, daß Aarwangen der Sitz der Bezirksbehörden sei, die verschiedenen Industrien in der Balsthaler Klus, Baisthal, Mümliswil u. s. w., die Bedeutung Münsters für Industrie und Handel und diejenige Langenbrucks als Kurort.

Ebenso könnte durch das neue Netz die Jura-Eisenindustrie neu belebt und der Touristenverkehr gehoben werden, welch letzterer bei der landschaftlichen Schönheit der ganzen Gegend und den vielen Anziehungspunkten derselben im Sommer eine Hauptquelle der Einnahmen bilden und für eine sichere Rendite des Anlagekapitals bürgen werde, um so mehr, ala zu dessen Bewältigung eine Schmalspurbahn vollständig genüge.

Das projektierte Schmalspurbahnnetz umfaßt die Sektionen Langenthal-Önsingen, Önsingen-ßalsthal, Balsthal-Waldenburg, Balsthal-Mümliswil, Baisthal-Hammer, Hammer-Gänsbrunnen und Gänsbrunnen-Munster. Bei Erstellung der Normalbahn Münster-Solothurn würde letztgenannter Abschnitt jedoch nicht zur Ausführung ge.langen.

Die Bahn beginnt bei der Centralbahnstation Langenthal, wendet sich der Kantonsstraße folgend nordwestlich und erreicht mittelst zweier Schleifen Aarwangen, wo die Aare unter Mitbenutzung der neuen Straßenbrücke überschritten wird. Der Höhenrücken des Längwaldes wird mittelst Schleifenentwicklung überschritten, worauf

. . . . . . . . . .

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die Linie bei Ziegelhütte die Hauptstraße wieder erreicht, ihr^bis Niederbipp folgt und von hier bis Önsingen den Unterbau und die Schwellen der S. C. B. mit eigenem Geleise benutzt.

Eine Variante zweigt jenseits der Aure vom Haiiptprojekte ab und führt die Linie längs der Straße über Kestenholz bis zum Dorfe Önsingen und von hier unter Mitbenutzung des Planums zur Centralbahnstation gleichen Namens.

In der zweiten Sektion wendet sich das Trace zunächst wieder dem Dorfe zu, gewinnt dann nach Überbrüekung der Dünnem die Kantonsstraße und erreicht auf dieser durch die Klus Balsthal. Eine kleine Variante führt am Anfang dieser Sektion von der Station Önsingen direkt nach der äußern Klus.

In der dritten Sektion benutzt die Linie die Poststraße über Holderbank nach Langenbruck und Waldenburg und verläßt dieselbe nur l>ei ungünstigen Gefällsverhältnissen.

In der vierten Sektion folgt die Linie zuerst derjenigen der dritten Sektion, zweigt außerhalb des Dorfes ab, folgt der Poststraße nach Mümliswil, überbrückt bei St. Wolfgang den Mümliswilbach und erreicht, stets der Straße folgend, die Bndstation Mümliswil.

Die fünfte Sektion Balsthal-Hammer zweigt bei Km. 3,8 von der zweiten Sektion Önsingen-Balsthal ab, überschreitet den Augstbaeh und folgt der großen Kantonsstraße thalaufwärts über Laupersdorf, Matzendorf, Ädermannsdorf, Herbetswil nach Hammer, welche Station den Ausgangspunkt für die sechste Sektion bildet. Bei dieser folgt die Linie wieder der großen Poststraße, überschreitet zweimal den Dünnernbach und erreicht über Welschenrohr die Endstation Gänsbrunnen, welche auf der Wasserscheide des Thaies liegt. Von hier führt die letzte Sektion, die aber bei Zustandekommen der Weißensteinbahn hinfällig würde, der Poststraße entlang, welche nur bei Km. 0,6 und 8,4 behufs besserer Entwicklung verlassen wird, über Cremine, Grandval, Eschert zur Station Münster der Jura-Simplon-Bahn.

Die Länge der Bahn beträgt total 63 Km., beziehungsweise bei Wegfall der Strecke Gänsbrunnen-Münster 54 km., die Spurweite 0,75 m., die Maximalsteigung auf den Thalstreuken (Sekt. I, II, IV und V) 35,5 %o, auf den Bergstrecken (Sekt. III, VI und VII) 57,5 °/oo, der Minimalradius 50 m. An Zwischenatationen sind 23 Stationen und 15 Haltstellen vorgesehen. Als Betriebssystem ist gewöhnlicher Dampfbetrieb in Aussicht genommen.

Der summarische Kosten Voranschlag berechnet im ganzen für:

122 I. Bahnanlage und feste Einrichtungen : a. Organisation und Verwaltungskosten Fr. 129,500 b. Verzinsung des Baukapitals ,, 61,000 c. Expropriation . . . . ,, 135,000 d. Bahnbau ,, 1,221,000 -- II. Rollmateria] III. Mobiliar und Gerätschaften IV. Unvorhergesehenes

Fr. 1,546,500 ,, 637,000 ,, 30,500 ,, 66,000

Total Fr. 2,280,000 oder cirka Fr. 36,000 per km.

Von der Gesamtsumme der Fr. 2,280.,000 entfallen auf die Sektion Langenthal-Önsingen Fr. 540,000 ,, Önsingen-Balsthal ,, 340,000 ,, Balsthal-Waldenburg ,, 420,000 ,, ,, -Mümliswyl ,, 100,000 ,, ,, -Hammer ,, 240,000 ,, Hammer-Gänsbrunnen ,, 310,000 ,, Gänsbrunnen-MüQster ,, 330,000 Fr. 2,280,000 Der technische Bericht nimmt an, daß bei der Finanzierung von dieser Summe ein Betrag von total Fr. 790,000 iu 4 °/o-Obligationen aufgebracht werden müßte. Die mutmaßlichen Betriebsüberschüsse veranschlagt er für alle Sektionen zusammen auf cirka Fr. 119,000, und den Reinertrag nach Verzinsung des Obligationenkapitals auf Fr. 88,000, so daß auf dem Aktienkapital von Fr. 1,490,000 zur Reserve und Dividende cirka 6 % verblieben.

Infolge der Einreichung dieses Konzessionsgesuches bildete sich in Baisthal ein Initiativkomitee für Erstellung einer Normalspurbahn Ö n s i n g e n - B a l s t h a l , in dessen Namen die Herren A l b e r t J ä g g i , R o b e r t M e i e r und J. B l o c h in Balsthal unterm 13. Oktober 1891 ein bezugliches Konzessionsgesuch einreichten.

Zur Begründung dieses selbständigen Konkurrenzprojektes führen die Petenten an, daß die industriellen Ortschaften Balsthal und Mümliswil bereits anfangs der siebziger Jahre Aussicht gehabt hätten, eine Bahnverbindung zwischen Luzern und Basel durch die der Centralbahn konzedierte und von ihr in Angriff genommene, aber nicht zur Vollendung gelangte sogenannte Wasserfallenbahn zu erhalten. Für das später aufgetauchte Projekt einer Verbindung Bals-

123 thaïs mit Önsingen durch eine Straßenbahn habe sich die Gemeinde Baisthal nicht zu erwärmen vermocht, da sie der Überzeugung sei, daß an eine neue Verkehrsanstalt die Anforderung gestellt werden müsse, dem Personen- und dem Gütertransport in jeder Hinsicht genügen zu können. Nun habe der Güterverkehr der v. Rollschen Eisenwerke in der Klus mit der Station Önsingen 1890 10,800 Tonnen, wovon über 7200 Tonnen in ganzen Wagenladungen, derjenige der Cellulose- und Papierfabrik Balsthttl 4800 Tonnen, wovon 3400 Tonnen in ganzen Wagenladungen, betragen. Der Gesaintgüterverkehr ßalsthal-Önsingeu könne auf 25,000 Tonnen, wovon 12,000 Tonnen in ganzen Wagenladungen, geschätzt werden, weshalb diese Strecke, wenn sie den Verkehrsinteressen vollkommen entsprechen solle, mit normaler Spur erstellt werden müsse. Dies sei auch der Gruud, warum sich die interessierten Ortschaften mit dem Beyelerschen Projekt nicht in seinem ganzen Umfange befreunden könnten.

Der Personenverkehr könne auf 80,000 Personen, das Vierfache des jetzigen Postverkehrs, veranschlagt werden, wenn die Bahn hillige Abonnementsbillete ausgebe und vorteilhafte Fahrpläne aufstelle.

Die projektierte Bahn zweigt von der S. C. B.-Station Önsingen ab und erreicht nach Überschreitung der Straße Dürrmühle-Öosingen und nach Überbrückung der Dünnern die äußere Klus. Von hier an lehnt sich die Linie an die Straße Önsingen-Balsthal und biegt, immer zwischen Straße und Dünnern verbleibend, über die Schmelzt und innere Klus gegen Baisthal ab, in welche Endstation sie nach Kreuzung der Straße Balsthal-Klus ausmündet.

Die Länge beträgt 4,3 km., die Maximalsteigung 17 °/oo, die Höhendifferenz 32,80 m., der Minimalradius 250 m.

An Zwischenstationen sind die Station Schmelz! und Haltstellen bei der äußern und innern Klus vorgesehen.

Der Kostenvoranschlag berechnet für: I. Bahnanlage und feste Einrichtungen : a. Allgemeine Verwaltung und technisches Personal . . . F r . 18,000 6. Verzinsung des Baukapitals. ,, 7,000 c. Expropriation ,, 48,000 d. Bahnbau ,, 326,000 Fr. 399,000 II. Rollmaterial ,, 92,000 III. Mobiliar und Gerätschaften ,, 7,000 Total oder rund Fr. 116,000 per km.

Fr. 498,000

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Der Zuschlag für Verschiedenes uud Unvorhergesehenes sei m den einzelnen Posten Inbegriffen. Zudem werde vorausgesetzt, daß die interessierten Gemeinden für Fr. 150,000 bis Fr. 200,000 Stammaktien übernehmen und während der Bauzeit keine Zinsen verlangen.

Eine Rentabilitätsberechnung ist nicht aufgestellt.

Auch für die Strecke Langenthal-Önsingen erwuchs dem Projekte Beyeler eine Konkurrenz, indem die Herren Dr. J a k o b K u m m e r und A l f r e d E g g e r in Aarwangen unterm 20. November 1891 ein Konzessionsgesnch einreichten für eine normalspurige Eisenbahn von L a n g e n t h a ï nach Ö n s i n g e n .

Die Petenten führen zur Begründung ihres Begehrens an, daß der Bezirkshauptort Aarwangen gänzlich abseits des Eisenbahnnetzes liegen geblieben sei und von Jahr zu Jahr die Folgen davon immer härter spüre. Das frühere Jura-Gotthard-Projekt, das Aarwangen mit in das schweizerische Haupt-Eisenbahnnetz einbezogen haben würde, sei durch die Ungunst der Zeiten wieder von der Bildfläche verwischt worden, dagegen hätten aich die Aussichten insofern wieder gebessert, als man neuerdings einer Verbindung des Jura mit dem Gotthard das Wort rede und diese Verbindung rationellerweise nur über Aarwangen stattfinden könne, nämlich von Delsberg aus über Mervelier, mit einer 7 km. langen Tunnelunterfahrung der Jurakette über Hammer, Herbetswil, Balsthal, Önsingen, Aarwangen, Langenthal nach Luzern.

Das Streben der Petenten sei deshalb darauf gerichtet, ihre Mittel schon jetzt für den teilweisen Bau der künftigen internationalen Bahnlinie zu verwenden und diese den Lokalinteressen soweit möglich sofort dienstbar zu machen.

Allerdings reichten ihre Mittel zunächst nur für die Strecke Langenthal-Aarwangen, womit vorläufig der Anschluß an das bestehende Bahnnetz erreicht werde. Das Gesuch werde jedoch für die ganze Strecke Langenthal-Önsingen gestellt in der Meinung, daß ihnen gestattet werde, in oben bezeichneter Weise Teilstücke zur Ausführung herauszugreifen.

Schließlieh bemerken die Petenten, daß die Bemühungen Balsthals für eine normalspurige Bahn von Önsingen nach Balsthal vollkommen ihrem Zwecke entsprächen und sie deshalb mit den Bestrebungen Baisthals und der Ansicht des dort bestellten Eisenbahnkomitees einig gingen.

Nach dem technischen Bericht verläßt die projektierte Linie den Bahuhof Langenthal
auf der östlichen Seite, wendet sich in einem Bogen gegen Norden und verfolgt nachher die Richtung der bestehenden Landstraße bis zur sogenannten Vorstadt von Aar-

125 wangen, der ersten Station. Von hier wird mittelst einer westliehen Entwicklung am rechten Aarufer die Aare senkrecht überschritten und die zweite Station Aarwangen erreicht, worauf das Trace das Hochufer der Aare und die Wasserscheide gegen das Dünnernthal ersteigt und, nach Westen umbiegend, dem Jörisrain entlang fällt, auf dem Waldkirchenfeld sich wieder gegen Norden kehrt und von Westen her in die Station Önsingen einmündet.

Die Betriebslänge der ganzen Bahn beträgt 12,660 m., die Baulänge 12,410 m., die Maximalsteigung 14 °/oo, die Höhendifferenz 44 m., der Minimalradius 350 m.; Zwischenstationen sind zwei (Aarwangen rechts und links der Aare) vorgesehen.

Der K o s t e n v o r a n s c h l a g berechnet für Beschaffung des Anlagekapitals Fr. 178,000 Zinsen während der Bauzeit ,, 78,000 Allgemeine Verwaltung ,, 6,000 Eigentliche Baukosten ,, 2,818,000 Unvorhergesehenes ,, 220,000 Total Fr. 3,300,000 wovon auf die einzelnen Teilstrecken entfallen würden : Langen thaï-Aar wangen Fr. 180,000 Aarwangen-Önsingen ,, 640,000 Aareübergang ,, 2,480,000 Total Fr. 3,300,000 oder cirka Fr. 266,000 per km. der Baulänge.

Auch hier ist eine Rentabilitätsberechnung nicht aufgestellt worden.

Sämtliche Projekte wurden gemäß Artikel 2 des Eisenbahngesetzes den Regierungen derjenigen Kantone, deren Gebiet für die Bahnanlage beansprucht wird, zur Vernehmlassung mitgeteilt, nämlich das Konzessionsgesuch des Herrn Beyeler den Kantonen Bern, Öolothurn und Baselland, dasjenige der Herren Jäggi und Konsorten an Solothurn und dasjenige der Herren Dr. Kummer und Egger an Bern und Solothurn.

Die Regierung von Bern antwortete zunächst, unterm 10. Dezember 1891, daß sie gegen die Erteilung der Konzession für eine Eisenbahn von Langenthal nach Önsingen nichts einzuwenden habe, und mit Schreiben vom 12. März 1892 sprach sie sich betreffend das Projekt Beyeler dahin aus, daß die interessierten Gemeinden dasselbe lebhaft begrüßten und dessen baldige Ausführung unter Vorbehalt einiger Abänderungen, wie teilweise Verschiebung des Trace, Verlegung von Stationen und Einschaltung einer weitern

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Station, bei Schwarzhäusern, wünschten. Die Regierung empfiehlt das Projekt im allgemeinen ebenfalls, hält aber die Begehren der Gemeinden für gerechtfertigt und macht ihrerseits den Vorbehalt, da.ß von der Benutzung der Aarebrücke in Aarwangen Umgang genommen werden müsse, da dieselbe für solche Lasten zu schwach und überdies zu wenig breit sei.

Was die Benutzung der Staatsstraßen überhaupt anbelange, so sei die Regierung geneigt, die Bewilligung zur Benutzung zu erteilen, jedoch unter verschiedeneu Bedingungen, bezüglich welcher wir auf das Schreiben selbst zu verweisen uns gestatten.

Nach Kenntnisnahme der beiden Schreiben ersuchte unser Eisenbahndepartement die bernische Regierung noch um ihre Meinuugsäußeruüg über das Verhältnis der beiden Konkurrenzprojekte zu einander. Wenn auch das eine als Normalspurbahn projektiert und in seiner Beschränkung auf die Strecke Langenthal Öusingen als Teilstück einer zukünftigen internationalen Transitlinie gedacht sei, während das andere Projekt ein vollständiges Schmalspurbahnnetz anstrebe und als solches den ausgesprochenen Charakter einer Lokalbahn erhalte, so seieü doch beide für die Strecke LangenthalÖusingen als reine Konkurrenzprqjekte zu betrachten, die nicht wohl nebeneinander bestehen könnten, da hierzu die natürlichen Bedingungen fehlten. Es dürfte deshalb das eine das andere ausschließen und die dabei in Betracht fallende Frage der großem Interessen und der rationellem Lösung schon bei der Konzessionierung gestellt und anläßlich der allfälligen Konzessionierung gelöst werden.

Die Regierung von Bern sprach sich hierauf unterm 22. April 1892 zu gunsten des Gesuches Beyeler aus, da dieses ein vollständiges Schmalspurbahnnetz vorsehe, das mit verhältnismäßig geringen Mitteln ausgeführt werden könoe und der beteiligten Landesgegend in vorzüglicher Weise dienen werde. Die Noi-malspurbahn Langenthal-Önsingen dagegen würde bei beträchtlichen Erstellungakosten nur eine kleine Interessenzone befriedigen und in ihrer weitern Ausdehnung, als Linie Langenthal-Delsberg, eine Konkurrenzroute bilden für die Strecke Münster-Solothurn, die von der Regierung als subventionswürdig bereits anerkannt worden sei.

Die Regierung von Solothurn teilte zuerst, mit Schreiben vom 20. Oktober 1891, mit, daß sie g^gen das Konzessionsgesuch für eine Normalspurbaho
Önsingen-Balsthal keine Einwendungen erhebe, vielmehr die darin angestrebte Bahoanlage als im richtigen Interesse der beteiligten Kreise, namentlich der dortigen Industrien, erachte. Betreffend das Schmalspurprojekt Beyeler sei die Präliminarbedingung der abschließlichen Verständigung über Benutzung der Kantonsstraße noch nicht erfüllt, da sich die Regierung nicht

127 habe entschließen können, auf ein generelles Projekt hin die Benutzung ohne weiteres zu bewilligen. Die verlangten Aufschlüsse seien bis zur Stunde ausgeblieben, wweshalb auch aus formellenGründen dem Normalbahnprojekte die Priorität zufalle, um so mehr, als die Linie Önsingen-Balsthal eine Benutzung der Kantonsstraße ohnehin ausgeschlossen haben wurde.

Unterm 1. April 1892 teilte die Solothurner Regierung in Ergänzung und teilweiser Modifikation dieser ersten Vernehmlassung m i t , daß nunmehr mit Herrn Beyeler auf Grund der inzwischen eingereichten Normalien für Anlage der Bahn auf Straßengebiet und seitheriger mündlicher Verhandlungen eine vorläufige Vereinbarung erzielt worden sei, wonach die Konzessionserteilung für das Schmalspurbahnprojekt unter verschiedenen Vorbehalten, bezüglich deren Einzelheiten hier auf das betreffende Schreiben verwiesen wird, empfohlen werden könne.

Bezüglich des Trace zwischen Aarwangen-Önsingen spricht sich die Regierung für die Variante über Kestenholz aus.

Im fernem teilte sie unterm 11. Dezember 1891 mit, daß sie gegen das Normalspurbahnprojekt Langenthal-Önsingen an und für sich ebenfalls keine Einwendungen erhebe, es falle ihr aber auf, daß dasselbe, statt in ebenso günstigem Trace die Gemeinden Wolfwil und Kestenholz zu streifen, sich durch ganz einsame Gegenden ziehe. Überdies scheine es sich im Ernste nur um das Teilstück Langenthal-Aarwangen zu handeln, weshalb sie nicht recht einzusehen vermöchte, warum die Konzession jetzt schon in einer Ausdehnung verlangt werde, deren Ausführung voraussichtlich in absehbarer Zeit nicht zu stände kommen werde.

Die Regierung von Baselland, welche sich nur über das Projekt Beyeler auszusprechen hatte, verlangte zunächst von dem Konzessionspetenten Abänderung der Pläne zur Umgehung der Ortschaften Waldenburg und Langenbruck und schloß, als über diesen Punkt eine Verständigung erzielt war, nach längeren Unterhandlungen mit Herrn Beyeler eine Übereinkunft betreffend die Straßenbenutzung ab, welche vom Landrat durch Beschluß vom 27. Februar d. J.

genehmigt und uns mit Schreiben vom 1. März abhin zur Kenntnis gebracht wurde, womit die zur Einleitung der vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen erforderlichen Akten zur Vollständigkeit gelangt waren.

Seitens unseres Eisenbahndepartementes wurde anfänglich nur
die Weiterbehandlung des Projektes Beyeler in Aussicht genommen und deshalb der auf den 10. März d. J. zu diesem Zwecke einberufenen Konferenz ein Konzessionsentwurf im Sinne der Konzessionierung der Schmalspurbahnen und des Nichteintretens auf die

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beiden Konkurrenzprojekte vorgelegt, jedoch unter Abgabe der ausdrücklichen Erklärung, daß damit die Entscheidung der Konkui-renzfrage keineswegs präjudiziert sein solle. Das beabsichtigte Nichteintreten auf die Normalspurprojekte wurde bezüglich der Bahn Langenthal-Önsingen mit der bereits in dem Schreiben an die Regierung von Bern ausgesprochenen, hier vor erwähnten Auffassung des Konkurrenzverhältnisses, welche durch die in zustimmendem Sinne gehaltene Antwort nur bestärkt werden konnte, motiviert, betreffend das Projekt Önsingen-Balsthal ebenfalls mit der Konkurrenzfrage und dem Hinweis auf den umfassenderen, weitere Interessen befriedigenden Charakter des Sehmaispurprojektes, dann aber auch mit Rücksicht auf die schriftliche Mitteilung des Herrn Beyeler begründet, wonach sich dieser zur Eingehung der Verpflichtung bereit erklärte, den von den Industriellen Balsthals als notwendig bezeichneten Transport normalspuriger Güterwagen zu der Centralbahnstation Önsingen mittelst Legung einer dritten Schiene zu ermöglichen und zu übernehmen.

Da Herr Beyeler die zu kuii£e=sionierende Linie in Sektionen einteilte und bezüglich dieser das Gesuch stellte, daß der Gesellschaft der successive Bau freigestellt werde in dem Sinne, daß die Nichteinhaltung der Fristen für die eine Sektion nicht den Hinfall der Konzession für die andern zur Folge haben solle, so wurde in dem Entwurf diesem Gesuche zwar grundsätzlich, gestützt auf mehrfache Präcedenzfälle, entsprochen, aber, mit Rücksicht auf den für die Bevorzugung seines Projektes angeführten Grund, daß dasselbe vermöge seiner'Ausdehnung weiteren Interessen diene, die fcwei ersten Sektionen Langenthal-Önsingen und Önsingen-Balsthal in eine Sektion zusammengefaßt, um der Möglichkeit vorzubeugen, daß schließlieh trotz des eventuellen Ausschlusses beider.Konkurrenzprojekte doch nur eine der konkurrenzierten Strecken effektiv gebaut würde.

An der Konferenz nahmen nun aber die Vertreter der Regierungen von Bern und Solothurn eine von ihren ursprünglichen Vernehmlassungen abweichende Stellung ein. Seitens der Regierung von Solothurn wurde bemerkt, daß ihre Vernehmlassung über das Schmalspurbahnprojekt nicht in dem Sinne abgegeben worden sei, daß dadurch die Eisenbahn von Önsingen nach Balsthal von der Konzessionierung ausgeschlossen sein solle. Letztere Linie sei
für die dortige Industrie eine Notwendigkeit, das bezügliche Projekt sei nach der technischen wie finanziellen Seite hin sorgfältig vorbereitet, während die Grundlagen des Beyelerschen Projektes in diesen beiden Richtungen nicht zuverlässig seien; dasselbe entspreche auch den dortigen Lokalinteressen nicht, es sei unpopulär und scheine überhaupt mehr spekulativen als ernsthaften Zwecken zu dienen. Letzterer

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Ansicht schloß sich der Vertreter der Regierung von Bern an und verlangte deshalb die Ansetzung kürzerer Fristen für Einreichuug der technischen und finanziellen Vorlagen, um die unzulässige spekulative Ausbeutung der Konzession, gegen deren Erteilung im übrigen keine Einwendung erhoben werde, zu verhindern. Von beiden Seiten wurde zudem ausdrücklich betont, daß die Straßenbenutzung auf der Grundlage einer Spurweite von 75 cm. bewilligt worden sei, daß diese Bewilligung somit hinfällig werden würde, wenn seitens des Konzessionärs infolge allfälliger Nichtgenehmigung dieser Spurweite durch die Bundesbehörden wegen technischer Bedenken die Meterspur angenommen werden sollte.

Es schien uns angezeigt, dieses ausdrücklichen Vorbehaltes Erwähnung zu thun. Präjudiziert ist die Frage nicht, indem Artikel 8 des Entwurfes nur bestimmt, daß die Bahn schmalspurig erstellt werden solle, und es wurde deshalb, da im übrigen von keiner Seite Nichteintreten beantragt wurde, der Konzessionsentwurf durchberaten. Wir sehen uns nur mit Bezug auf die Taxen veranlaßt, einen von dem Resultat dieser Beratung abweichenden Standpunkt einzunehmen. Der Vertreter der Regierung von Bern beantragte die Annahme der Normaltaxen für die Thalstrecken unter Berufung auf den eingeschalteten Artikel 18 a, welcher für die Bergstrecken die Erhöhung der Thaltaxen um 100 °/o vorsehe, so daß damit den Steigungsverhältnissen bereits in genügender Weise Rechnung getragen sei. Gegenüber der Befürchtung des Petenten, daß bei einer derartigen Normierung der Taxen die Bahn weder finanzierungs- noch existenzfähig sein würde, könne auf Artikel 24, Alinea 2, verwiesen werden, wonach dem Bundesrate im Falle ungenügender Betriebsergebnisse eine angemessene Erhöhung der Tarifansätze vorbehalten sei; auch stehe nichts entgegen, diese Tariferhöhung durch Streichung des letzten Satzes, wonach derartige Beschlüsse der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen wären, in die ausschließliche Kompetenz des Bundesrates zu stellen, so daß dieser einem allfällig sich erzeigenden Bedürfnisse von sich aus durch eine angemessene Erhöhung der Ansätze entsprechen könnte.

Wenn wir trotzdem an den höhern Taxen festhalten und folgerichtig auch die Wiederaufnahme des letzten Satzes von Artikel 24 empfehlen, so leiten uns dabei folgende Erwägungen: Der Konzessionspetent
verlangte in seinem Konzessionsgesuch folgende Taxen: für Personen 12, bezw. 8 Rappen, für Gepäck 8 Rappen, für Vieh (Kälber, Schweine etc.) 7 Rappen, für Waren 6, bezw. 3 Rappen auf den Thalstrecken und das Doppelte auf dea Bergstrecken. Diese Taxen wurden in dem ursprunglichen KonBundesblatt. 45. Jahrg. Bd. IL 9

130 Zessionsentwurf bereits dahin modifiziert, daß für Personen 10,5, bezw. 7 Rappen, für Gepäck 6 und für Waren 4, bezw. 3 Rappen festgesetzt wurden. Eine weitere Reduktion dieser an und für sich allerdings immer noch hohen Taxen könnte hierseits mit Rücksicht auf den Umstand, daß dieselben sich nach den in der Botschaft vom 11. September 1873 für die Majoration aufgestellten Grundsätzen innert den zulässigen Grenzen bewegen und auch andern Projekten unter gleichen Verhältnissen zugestanden worden sind, und in Berücksichtigung der spärlichen Bevölkerung der von der Bahn durchzogenen Gegenden und der aus diesem Grunde vorauszusehenden geringen Frequenz auf der Mehrzahl der Sektionen nicht befürwortet werden, wenn das Zustandekommen der Bahn nicht von vornherein thatsächlich verhindert werden soll. Diese Eventualität, welcher durch Streichung des Satzes in Artikel 24 vorgebeugt werden will, wird nun aber in Wirklichkeit nicht beseitigt, denn Artikel 24 räumt dem Bundesrat die Kompetenz zur Erhöhung der Tarifansätze nur für den Fall ein, daß der Ertrag des Unternehmens nicht hinreiche, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken. Die Tariferhöhung gemäß diesem Artikel ist deshalb nur mit Bezug auf eine mit Betriebsdeficiten arbeitende Bahn zulässig, so daß die ausschließliche Ermächtigung des Bundesrates zur Anwendung dieser Bestimmung keineswegs genügt, einem Projekte, dessen Rentabilität durch zu niedrige Tarifansätze von vornherein in Frage gestellt ist, eine sichere finanzielle Grundlage zu geben.

Wenn deshalb die Erstellung der Bahn wirklich ernsthaft ins Auge gefaßt werden sollte, so würde schon anläßlieh der Finanzierung eine auf Erhöhung der Taxen abzielende Konzessionsänderung zu gewärtigen sein, deren 'Berechtigung aus den hiervor entwickelten Gründen kaum in Zweifel gezogen werden könnte, weshalb wir vorziehen, die hierseits als zulässig erachteten Ansätze zur Aufnahme zu empfehlen und dafür Art. 24 in seiner stereotypen Form zu belassen.

Im übrigen geben uns die Bestimmungen des Entwurfes nur zu wenigen Bemerkungen Anlaß.

Die Gründe zur Ansetzung der relativ kurzen Fristen in den Art. 5 und 6, ebenso wie diejenigen, welche zu der in Artikel 6« aufgestellten Einteilung der Linie in sechs Sektionen geführt haben, wurden bereits erwähnt. Betreffend
die sechste Sektion GänsbrunnenMünster ist der Bau überdies nur für den Fall vorgesehen, als die konzessionierte Bahn Solothurn-Münster nicht zur Ausführung kommen sollte, was in der Bezeichnung der zu konzessionierenden Linie in Text und Titel zum Ausdruck gebracht worden ist. Bei Art. 17

131 hatte der Konzessionsbewerber um Enthebung von der Verpflichtung zum Großviehtransport ersucht; die betreffenden Taxen wurden jedoch gleichwohl festgesetzt, in der Meinung, daß es dem Bundesrate zustehen solle, von dieser Verpflichtung zu dispensieren, wenn die Wageneinrichtung und das Betriebssystem diesen Transport nicht gestatten sollten. In Art. 26 ist die bei Straßenbahnen übliche Bestimmung aufgenommen worden, wonach bezüglich der Benutzung der öffentlichen Straßen für die Anlage und den Betrieb der Bahn die aufgestellten kantonalen Vorschriften gelten, immerhin unter Vorbehalt der Bestimmungen der Bundeskonzession und der Bundesgesetzgebung.

Da nach dem Verlauf dieser Konferenz es keinem Zweifel unterlag, daß von Seiten der beteiligten Kantonsregierungen auch Verhandlungen mit den Bewerbern um die Konzessionen der Konkurrenzprojekte Langenthal-Önsingen und Baisthal und Behandlung und Vorlage der drei Projekte im Zusammenhang gewünscht werden, so fanden unterm 16. März die konferenziellen Verhandlungen über die beiden Projekte Laugenthal-Önsingea und Önsingen-Balsthal gemeinsam statt.

Dieselben ergaben allseitige Zustimmung zu den nachstehenden bezüglichen Beschlußentwilrfen. Dieselben weichen materiell nur in der Bestimmung des Gesellschaftssitzes (Art. 3), der Baufrist (Art. 6) und der Zahl der täglichen Züge (Art. 12) voneinander ab, und in den Art. 26 und 27 wird, der Lage der beiden projektierten Bahnen gemäß, das Rückkaufsrecht bei Langenthal-Önsingen neben demjenigen des Bundes für die Kantone Bern und Solothurn bei Önsingen-Balsthal einzig für Solothurn gewahrt. Im übrigen entsprechen die Bestimmungen denjenigen der Normalkonzession, mit Ausnahme des in dem Entwurf für die Eisenbahn LangenthalÖasingen eingeschalteten Artikels 6 a, wonach in teilweiser Entsprechung des irn Konzessionsbegehren gestellten Gesuches und in Übereinstimmung mit der auch dem Schmalspurbahnprojekte eingeräumten Vergünstigung, die Linie in Sektionen geteilt und deren successiver Bau gestattet wird.

Zu weiteren Bemerkungen über die beiden Entwürfe sehen wir uns nicht veranlaßt.

Wenn wir Ihnen nunmehr die Konzessionierung sämtlicher drei Projekte durch Annahme nachstehender Beschlußontwürfe beantragen, so bedarf dieser Antrag mit Bezug auf das Verhältnis der beiden Normal bahnen Langenthal-Önsingen und
Önsingen-Balsthal unter sich keiner weiteren Begründung, da dieselben eine für beide Teile wünschenswerte gegenseitige Ergänzung bilden, und betreffend das Verhältnis dieser beiden zu den Schmalspurbahnen der Balsthaler-

132 klus, welche auf der Strecke Langenthal-Balsthal in Konkurrenz treten, glauben wir uns einfach auf die von uns vertretene und von Ihnen schon mehrfach gebilligte Praxis beziehen zu können, wonach weder die Konkurrenzierung bereits bestehender Eisenbahnen, noch die Konkurrenz in der Erschließung neuer Landesteile für den Eisenbahnverkehr gehindert werden soll, wenn diese Konkurrenz die auf thatsächliche Erstellung der konzessionierten Bahnen gerichteten Bestrebungen günstig zu beeinflussen vermag und wenn die thatsächlichen Verhältnisse die Annahme gestatten, daß bei Konkurrenzkonzessionen dasjenige Projekt, mit dem die größere Summe wirtschaftlicher Interessen verknüpft ist, vermöge seiner größern natürlichen Lebenskraft in erster Linie zur Ausführung gelangen werde, ohne daß dabei von vornherein die Möglichkeit ausgeschlossen wird, daß auch das Konkurrenzprojekt wirklich konkurrenzfähig und damit auch existenzberechtigt werden könne, welche Erwägungen uns denn auch im vorliegenden Falle sämtlich zuzutreffen scheinen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 23. März 1893.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

ßingier.

133 (Entwurf.)

I.

Bundesbeschluß betreffend

Konzession schmalspuriger Eisenbahnen von Langenthal über Önsingen nach Balsthal, von Balsthal einesteils nach Müraliswil und über Langenbruck nach Waldenburg, andernteils über Hammer nach Gänsbrunnen, eventuell nach Münster (Schmalspurbahnen der Balsthalerklus).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn Ingenieur A. Beyeler in Bern, vom 24. April 1891 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 23. März 1893, beschließt: I. Herrn Ingenieur A. B e y e l e r in Bern wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb schmalspuriger Eisenbahnen von L a n g e n t h a l über Ö n s i n g e n nach B a l s t h a l , von B a l s t h a l einesteils nach M ü m l i s w i l und über L a n g e n b r u c k uach W a l d e n b u r g , andernteils über H a m m e r nach G ä n s b r u n n e n eventuell nach Münster ( S c h m a l s p u r b a h n e n der B a l s t h a l e r k l u s ) unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen crteilt:

134 Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Langenthal.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 3 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 6 a. Die konzessionierte Linie zerfällt in folgende Sektionen : I. Langenthal-Balsthal, II. Baisthal-Waldenburg, III. Balsthal-Mümliswil, IV. Balsthal-Hammer, V. Hammer-Gränsbrunnen, VI. Gänsbrunnen-Münster.

Die Nichteinhaltung der in den Art. 5 und 6 festgesetzten Fristen für die eine Sektion hat nur den Hinfall der Konzession für diese, nicht aber für die übrigen Sektionen zur Folge.

Art. 7. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist..

Art. 8.

Die Bahn wird schmalspurig und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum desjenigen Kantons, in dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

135 Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. l)er Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens dreimal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit bleibt dem Bundesrate vorbehalten.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Buudesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der zweiten Wagenklasse 10,5 Rappen, in der dritten Wagenklasse 7 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

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Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 6 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die .Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens zwölfmaligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Warenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden: Per Stück und per Kilometer für: Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen 20 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 15 Rp.; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 7 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 % zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 4 Rappen, die niedrigste nicht über 3 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

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Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 18 a. Die in den Art. 15, 17 und 18 enthaltenen Taxangaben beziehen sich auf die Thalstrecken, nämlich : Langenthal-Balsthal, Balsthal-Mümliswil, Balsthal-Hammer.

Für die Bergstrecken: Balsthal-Waldenburg, Hammer-Münster können die Taxen um 100 °/o erhöht werden.

Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Artikeln 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen besehlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stations-

138

ladeplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, bezw.

des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem' Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 26. In Bezug auf die Benutzung der öffentlichen Straßen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die von den Regierungen der Kantone Bern, Solothurn und Baselland aufgestellten Vorschriften, soweit sie mit den Bestimmungen der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung nicht im Widerspruch stehen.

139 Art. 27. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechfes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Bern, Solothurn und Basellland, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben dieDrittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung des Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22 1 /zfachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Ruckkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

140 f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 28. Haben die Kantone Bern, Solothurn und Baselland den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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(Entwurf.)

II.

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Önsingen nach Balsthal.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Herren A l b e r t Jäggi und K o n s o r t e n in B a i s t h a l , namens eines Initiativkomitees, vom 13. Oktober 1891; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 23. März 1893, beschließt: Den Herren A l b e r t J ä g g i , R o b e r t M e i e r und J. B l o c h in Balsthal, namens eines Initiativkomitees und zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Önsingen nach Balsthal unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Balsthal.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

142 Art. 5. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 12 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

» Art. 7. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird normalspurig und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen , Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Solothurn und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens sechsmal nach beiden Richtungen, von einem Bndpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Personenzüge, einschließlich der sogenannten gemischten Züge, haben mit einer mittleren Geschwindigkeit von mindestens 30 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren. Eine geringere Fahrgeschwindigkeit darf nur infolge besonderer Bewilligung des Bundesrates zur Anwendung gelangen.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen.

143 Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der ßegel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugebeu; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern. In diesem Falle findet die Vorschrift von Art. 12, Absatz 2, keine Anwendung.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Warenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 % niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonaementsbillets zu einer mindestens l'2maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Warenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden :

144

Per Stück und per Kilometer für : Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp. ; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Für die Ladung ganzer Transport wagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

r.jjV.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 2 Rappen, die niedrigste nicht über l Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u.-s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transportiaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hulsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Speeialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

145 Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung ·der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Reglements und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämtlichen Reglements und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kanu diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung
vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Bnndesblatt. 45. Jahrg. Bd. II.

10

146 Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht vom 1. Juli 1875 hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondera Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 26. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechts de» Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Solothurn, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören..

Immerhin bleiben die Dritttnannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und. sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds, dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag; von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert desdurchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, diedem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22 J /afachen Wert; wenn der Ruckkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds, einverleibt wurden.

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e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 27. Hat der Kanton Solothurn den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

148

(Entwurf.)

III.

Bundesbeschlnß betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Langenthal nach Önsingen.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht 1. einer Eingabe der Herren Dr. Jakob Kummer und Alfred Egger in Aarwangen, vom 20. November 1891 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 23. März 1893, beschließt: Den Herren Dr. J a k o b K u m m e r und A l f r e d E g g e r in Aarwangen wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von L a n g e n t h a l nach Ö n s i n g e n unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Aarwangen.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

149 Art. 5. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen l Va Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 6 a.

Die konzessionierte Linie zerfällt in die Sektionen Langenthal-Aarwangen und Aarwangen-Önsingen.

Die Nichteinhaltung der in den Art. 5 und 6 festgesetzten Fristen für die eine Sektion hat nur den Hinfall der Konzession für diese, nicht aber für die andere Sektion zur Folge.

Art. 7. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8.

Die Bahn wird normalspurig und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen , Münzen, Medaillen u. s. w.. sind Eigentum desjenigen Kantons, in dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbenmten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

150 Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Peraonenzüge, einschließlich der sogenannten gemischten Züge, haben mit einer mittleren Geschwindigkeit von mindestens 30 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren. Eine geringere Fahrgeschwindigkeit darf nur infolge besonderer Bewilligung des Bundesrates zur Anwendung gelangen.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Per-

151 sonentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind .auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu ·spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Warenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden: Per Stück und per Kilometer für: Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp.; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und k-leine Fohlen 8 Rp.; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 2 Rappen, die niedrigste nicht über l Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Dungungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

152 Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensrnittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Speeialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Artikeln 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Reglements und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämtlichen Reglements und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

153 Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuflhung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht vom 1. Juli 1875 hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 26. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Bern und Solothurn, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß dea Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen Ubrigea Zugehftren. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25faehen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 221/2fachen Wert; -- wenn der Ruckkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Erneuerungs- und Reservefonds.

154

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

·d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

«e. Im Falle des Ruckkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Ruckkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 27. Haben die Kantone Bern und Solothurn den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 definiert worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

--ose»--

155

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Übertragung der Konzession einer Drahtseilbahn vom Untergrund in Luzern auf den Gütsch.

(Vom 23. März 1893.)

Tit.

Unterm 22. Dezember 1892 teilte uns das Komitee der Drahtseilbahn Gütsch mit, daß mit dem 31. Dezember 1892 sämtliche Obligationen des Gütschbahnanleihens zur Rückzahlung gelangen und mit diesem Tage auch die Funktionen der Kommission für diese Unternehmung erlöschen, weshalb das Komitee der Gütschbahn auf genannten Zeitpunkt zurücktrete und die Bahn der Konzessionsinhaberin, F r a u W i t w e B u s i n g e r , als Rechtsnachfolgerin des ursprünglichen Konzessionsinhabers zur freien Verfügung stelle.

Nun ist nach Art. 10 des Bisenbahngesetzes für jede Übertragung einer Konzession die ausdrückliche Genehmigung des Bundes erforderlich, welche in vorliegendem Falle nicht erfolgt ist, so daß von seilen der Bundesbehörden Frau Witwe Businger als Konzessionsinhaberin nicht ohne weiteres anerkannt werden konnte.

Da der Zeitpunkt, in welchem derselben thatsächlich das volle Verfügungsrecht über die Unternehmung zufällt, es als angezeigt erscheinen läßt, die Angelegenheit auch in formell rechtlicher Beziehung zu ordnen, so luden wir Frau Witwe Businger ein, um Übertragung der Konzession auf ihren Namen einzukommen, welcher Aufforderung dieselbe mit Schreiben vom 23. Februar ab hin entsprach.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession 1.

schmalspuriger Eisenbahnen von Langenthal über Önsingen nach Balsthal, von Balstahl einesteils nach Mümliswil und über Langenbruck nach Waldenburg, andernteils über Hammer na...

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Jahr

1893

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

14

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

29.03.1893

Date Data Seite

119-155

Page Pagina Ref. No

10 016 103

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