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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Übernahme des Betriebes der Strecke der Bödelibahn Därligen-Interlaken Bahnhof durch die Thunerseebahngesellschaft.

(Vom 24. November 1893.)

Tit.

Der Verwaltungsrat der Thunerseebahngesellschaft, mit Sitz in Bern, hatte mit Schreiben vom 5. Juni 1893 den mit der Bödelibahngesellsehaft, ebenfalls mit Sitz in Bern, unterm 24. April 1893 · abgeschlossenen Vertrag betreffend die Verpachtung der Station Därligen und der Bahnstrecke Därligen-Interlaken Bahnhof an die Thunerseebahngesellschaft nebst Mitbenutzung des Bahnhofes Interlaken und Zubehör vorgelegt und um Genehmigung im Sinne des Art. 10 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft nachgesucht.

Die Thunerseebahngesellschaft übernimmt auf eigene Kosten die Änderung und Erweiterung der Stationen Därligen und Interlaken, ferner den gesamten Betriebsdienst der Station Därligen und der Bahnstrecke Därligen-Interlaken, umfassend den innern und äußern Stationsdienst in Därligen, den Zugs- und Fahrdienst zwischen den Stationen Därligen und Interlaken, den Bahnunterhalt und die Bahnaufsicht bis zur Einfahrtsweiche des Bahnhofes Interlaken ; sodann die Ausführung der Verstärkungsarbeiten der Bahnlinie zwischen Därligen und Interlaken, wofür das Oberbaumaterial von der Bödelibahn geliefert werden muß. Dieser letztern Gesellschaft liegt im weitern ob der Unterhalt der Hochbauten und der außerordentliche Unterhalt des Unterbaues der fraglichen Bahnstrecke. Die auf Kosten der Thunerseebahn auf dem Gebiete der Bödelibahn erstellten Anlagen und Einrichtungen gehen in das Eigentum der Bödelibahn über.

142 Der Thunerseebahn liegt die Versicherung des Bahn-, Fahrund Zugdienstpersooals, sowie des zwischen Därligen und Interlakeo cirkulierenden Rollmateriales ob, während die Bödelibahn für die Versicherung der Reisenden auf dieser Strecke aufzukommen hat.

Die Haftpflicht, sowohl auf dea Stationen Därligen und Interlaken (ausschließlich der hier der Thunerseebahn allein zudieoenden Depotanlagen), als auch auf der zwischenliegenden Bahnstrecke, fällt der Bödelibahn zu, welche sich aber das Regreßrecht auf die Thunerseebahn für allen durch dieselbe oder ihr Personal verursachten Schaden vorbehalten hat.

Die gesamten Betriebseinnahmen der Strecke Därligen-Interlaken verbleiben, mit Ausnahme eines allfälligen Beitrages der Dampfschiffgesellschaft für Benutzung der Ländte in Därligen, der Bödelibahngesellschaft, welche dagegen auf jeglichen Konkurrenztransport mit den Trajektschiffen auf dem Thunersee verzichtet.

Der Vertrag ist fest abgeschlossen bis Ende 1894 und verbleibt, sofern nicht 6 Monate vor dessen Ablauf eine Kündigung erfolgt, noch für eine weitere Dauer von einem Jahre in Kraft.

Der Regierung des Kantons Bern wurde ia üblicher Weise Gelegenheit gegeben, sich über den Verfrag auszusprechen. Dieselbe hat sich aber laut Schreiben vom 21. Juni 1893 zu keinen Einwendungen veranlaßt gesehen.

Uns gibt der Betriebsvertrag zu folgenden Bemerkungen Veranlassung.

Die oben dargelegten Vertragsverhältnisse zwischen den beiden Gesellschaften könnten zur Folge haben: a. daß die Thunerseebahngesellschaft den Bauconto ihrer eigenen Linie Thun See-Därligen mit allen Verwendungen für die Linie Därligen-Interlaken Bahnhof belasten würde, und b. daß die Betriebseinnahmen der Strecke Därligen-Interlaken als solche in der Betriebsrechnung der Bödelibahn, die Betriebskosten derselben Strecke dagegen in der Betriebsrechnung der Thuüerseebahn erscheinen würden.

Auf Grund des Eisenbahnrechnungsgesetzes und der Rückkaufsbestimmungen der Konzessionen erscheint eine solche Rechnungsstellung als unzulässig, weil es an Hand derselben unmöglich wäre, die Erstellungskosten und den wirklichen Ertrag der beiden Linien auszuscheiden oder eine richtige Statistik derselben zu erstellen.

Die Normen, nach welchen die Erstellung der Rechnungen und der Statistik stattfinden sollte, sind folgende:

143 Da gemäß Art. l des Vertrages die Strecke Därligen-Interlaken von der Bödelibahngesellschaft an die Thunerseebahngesellschaft förmlich verpachtet ist, so muß die Betriebsläüge der genannten Strecke zur Thunerseebahn gerechnet werden. Dementsprechend ist auch der gesamte Verkehr (Leistungen des Rollmaterials, Personen-, Gepäck- und Güterverkehr) auf der Strecke Därligen-Iaterlaken dem Verkehr der Thunerseebahn zuzuzählen. Die Thunerseebahngesellschaft hat alle auf diese Strecke entfallenden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, letztere mit Inbegriff der Auslagen der Bödelibahngesellschaft für Oberbaumaterial und Unterhaltungsarbeiten im Sinne von Art. 3 des Vertrages, in die eigene Betriebsrechnung zu stellen und die der Bödelibahn zufallenden, aber um die vorerwähnten Auslagen der Bödelibahn reduzierten Einnnhmen in den Ausgaben der Betriebsrechnung als Pachtzins zu verrechnen.

Die Bödelibahn hat ihrerseits diese Einnahmen ebenfalls als Pachtzins in Rechnung zu stellen.

Was sodann die Baurechnung der Thunerseebahn anbetrifft, so darf dieselbe mit den Verwendungen auf die ira Eigentum der Bödelibahn verbleibenden Anlagen und Einrichtungen auf den Stationen Därligen und Interlaken und der Strecke Därligen-Interlaken nicht belastet werden.

Wir sehen uns mit ^Rücksicht auf diese Auseinandersetzungen veranlaßt, die Aufnahme eines bezüglichen Vorbehaltes in den Beschlussesentwurf zu beantragen. Da der Vertrag im übrigen nichts mit der Bundesgesetzgebung im Widerspruch Stehendes enthält, so beehren wir uns, Ihnen die Annahme des nachstehenden Beschlussesentwurfes zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 24. November

1893.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

144 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

die Übernahme des Betriebes der Strecke der Bödelibahn Därligen-Interlaken Bahnhof durch die Thunerseebahngesellschaft.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. eines Schreibens des Verwaltungsrates der Thunerseebahngesellschaft vom 5. Juni 1893, nebst zugehörigem Vertrag; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 24. November 1893, beschließt: 1. Dem unterm 24. April 1893 abgeschlossenen Vertrag betreffend die Übernahme des Betriebes der Strecke der Bödelibahn Därligen-Interlaken Bahnhof durch die Thunerseebahngesellschaft wird die Genehmigung unter den folgenden Bedingungen erteilt: a. Filr die Erfüllung der von der Betriebsgesellschaft übernommenen gesetzlichen und konzessionsmäßigen Pflichten im Sinne des Art. 28 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft haftet auch die Gesellschaft der Bödelibahn.

b. Bei Erstellung der Rechnungen und der Statistik der beiden kontrahierenden Gesellschaften sind neben den gesetzlichen Vorschriften die speciellen Verfügungen des Bundesrates zu befolgen.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Übernahme des Betriebes der Strecke der Bödelibahn Därligen-Interlaken Bahnhof durch die Thunerseebahngesellschaft. (Vom 24. November 1893.)

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29.11.1893

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