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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer normalspurigen Eisenbahn von Renens nach Lausanne (Gare du Flon).

(Vom 20. März 1893.)

Tit.

Mit Eingabe vom 7. Dezember 1891 stellten die Herren G. B a a t a r d in Renens und C o n s t a n t B o n a r d , Ingenieur in Vevey, das Gesuch um Erteilung der K o n z e s s i o n für eine normalspurige Eisenbahn von R e n e n s nach L a u s a n n e (Gare du Flon) zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft.

In der allgemeinen Begründung dieses Projektes führen die Potenten aus, daß der von Genf, Lyon, Neuenburg, Paris etc. nach Lausanne bestimmte Warentransport bei der Lage des Bahnhofes Lausaune einen sehr kostspieligen Camionnagedienst, beziehungsweise den Zwischentransport der Seilbahn in die Stadt erfordere, welcher sowohl den Preis der Waren in fühlbarer Weise erhöhe, als die Lieferung derselben verlangsame.

Dieser Übelstand könne gehoben werden durch eine Abzweigung, welche von Renens direkt in die Stadt Lausanne führen und dadurch die Beförderung vom Bahnhof zur Stadt Lausanne ersparen würde.

Die projektierte Linie geht vom Bahnhof Renens der JuraSimplon-Bah aus, benutzt auf eine Strecke von 1300 m. die Geleise der letztern, zweigt bei dem Niveauübergang ,,Le Pérelet" ab, kreuzt die Straßen nach Renens und Prilly, wendet sich längs des Rebstückes ,,Baumettaz" in einer Kurve von 300 m. leicht

1051 nach Südosten, durchschneidet hierauf den Park Prélaz, kreuzt die Straße nach Morges und zieht sich über Couchirard, Petit-Prélaz und Boston bis zu der Gare du FJon in Lausanne.

Die Länge der Bahn beträgt total 4,86o km., die bauliche Länge 3,0ïo km., die Spurweite ist normal 1,486 m. (nach dem Bericht 1,444), die Maximalsieigung beträgt 20 °/oo, der Minimalradius 300 m., die Höhendifferenz 58,i m.

Der Kostenvoranschlag berechnet per Kilometer für: Organisation, Verwaltung und Bauzinse Fr. 15,000 Expropriation ,, 75,000 Unterbau ,, 50,000 Oberbau ,, 35,200 Hochbau ,, 28,130 Telegraph, Signale etc ,, 2,000 Einfriedigung 2,000 fl Rollmaterial ,, 65,350 Mobiliar und Gerätschaften ,, 2,000 Unvorhergesehenes ,, 1,500 Total Fr. 276,180 oder für die ganze Baulänge der Bahn Fr. 842,349.

Der Bericht giebl; die auf Grundlage der obigen kilometrischen Totalaumme berechneten Gesamtbaukosten irrtümlich mit Fr. 966,630 an und macht hierzu noch einen Zuschlag von . . ,, 34,000 für vorgesehene Wegverlegungen, so daß nach dem Bericht ein Baukapital von rund" Fr. 1,000,000 erforderlich wäre.

Die mehrfach auf irrigen Voraussetzungen beruhende Rentabilitätsberechnung geht zunächst von der optimistischen Annahme aus, daß 2/s des gesamten über Lausanne gehenden Warenverkehrs auf die neue Linie geleitet würde. Nach dem Geschäftsbericht der Jura-Simplon-Bahn pro 1890 erreiche dieser Gesamtverkehr den Betrag von 124,455 Tonnen, derjenige der Bahn Renens-Lausanne könne somit auf 82,970 Tonnen veranschlagt werden, was bei einem mittleren Preise von Fr. 1. 40 (?) per Tonne für die 3(?) km. .

Fr. 116,158 ergebe. Hiervon kämen in Abzug: Betriebskosten Fr. 6000 per Kilometer Fr. 18,000 Einlage in den Reservefonds und Amortisation Fr. 1000 per Kilometer . . ,, 3,000 so daß ein jährlicher Betriebsüberschuß von . .

oder Fr. 31,719 per Kilometer verbleiben würde.

* 21'000 . Fr. 95,158

1052 Diese Summe würde eine Verzinsung des angenommenen Baukapitals von Fr. 1,000,000 mit 9,5 °/o (der Bericht giebt irrtümlich 10,5 °/o an) gestatten.

Die jährlichen Ersparnisse für den Handel von Lausaune werden von den Konzessionsbewerbern unter Annahme der Kosten "von Camionnage, bezw. Seilbahntransport Bahnhof-Stadt Lausanne mit Fr. 3 per Tonne wie folgt berechoet: 124,455 Tonnen à Fr. 3 geben Fr. 373,365 2 /s dieses Warenverkehrs, durch die neue Linie transportiert, erfordern ,,116,158 Differenz zu gunsten des Handels von Lausanne

.

Fr. 257,207

Das Konzessionsgesuch wurde sowohl der Regierung des Kantons Waadt zur Vernehmlassung, als auch der Jura-Simplon-Bahn und der Drahtseilbahn Lausanne-Ouchy zur Kenntnisnahme und zur Anbringung allfâlliger Bemerkungen mitgeteilt.

Mit Schreiben vom 2. August 1892 teilte die Regierung von Waadt zunächst die Meinungsäußerungen der an dem Projekt interessierten Gemeinden Lausanne, Prilly und Renens mit. Erstere Gemeinde behält sich die Verständigung mit den Konzessionsbewerbern über die definitive Trace betreffend die Führung in dem Thal des Flon und die Kreuzung der auf ihrem Gebiet liegenden öffentlichen Straßen vor. Ebenso behält sieh Renens alle Rechte bezüglich der Wegübergänge vor und wünscht im fernem die Einrichtung einer Haltstelle an der Abzweigungsstolle ,,Le Pérelet", während Prilly dem Projekte vorbehaltlos zustimmt. Die Regierung befürwortet dasselbe unter Empfehlung der seitens der Gemeinden geäußerten Wünsche und Bemerkungen.

Die Direktion der Jura-Simplon-Bahn erklärt ihrerseits, daß sie keinen Grund habe, sich dem Projekte zu widersetzen. Sie betrachte dasselbe jedoch nicht als eine Notwendigkeit für die verschiedenen Interessenten, da diese Linie keinen neuen Verkehr zuleite, keinem neuen Interesse diene und den gegenwärtigen Zustand nicht in fühlbarer Weise zu verbessern vermöge, und zudem als selbständige Unternehmung mit der Schwierigkeit zu rechnen haben werde, in Renens der Jura-Simplon-Bahn und iu der Gare du Flon der Lausanne-Ouchy-Bahn tributpflichtig zu sein. Außerdem werden in beigefügten, ausführlichen ,,Bemerkungen"1 die Voraussetzungen sowohl der Rentabilitäts- als der Ersparnisrechnung einer Kritik unterzogen, welche sowohl die angenommene Quantität der transportierten Waren, als die dafür in Anschlag gebrachten Taxen als zu hoch beanstandet.

1053 Das seitens der Drahtseilbahn Lausanne-Ouchy eingereichte einläßliche Memorial kommt zu den gleichen Schlüssen und führt im weitern aus, daß das gesamte verfügbare Terrain beim Flonbahnhofe für die eigene Unternehmung notwendig sei und deshalb nicht zum Zwecke des Anschlusses der neuen Linie an diese abgetreten werden könnte, weshalb sich die Gesellschaft der LausanneOuchy-Bahn, soviel an ihr, dem neuen Projekte widersetze; auch seien die Baukosten des letztern namentlich im Hinblick auf den hohen Bodenwert des durchzogenen Terrains viel zu niedrig veranschlagt, und es könnten dieselben in Wirklichkeit auf Fr. 2,000,000 im Minimum zu stehen kommen.

Wir glauben davon absehen zu können, auf die seitens der beiden Bahngesellschaften an dem neuen Projekt geübte Kritik des nähern einzutreten, da nach der bestehenden Praxis die finanzielle Grundlage eines Bahnprojektes bei Anlaß der Konzessionsverhandlungen einer materiellen Prüfung nicht zu unterziehen ist, eine solche vielmehr erst bei Vorlage des Finanzausweises erfolgt. Wir gestatten uns deshalb, -bezüglich der nähern Ausführungen der beiden Eingaben lediglich auf dieselben zu verweisen.

Die konferenziellen Verhandlungen fanden unterm 11. März abhin statt und ergaben allseitige Zustimmung zu dem nachstehenden Beschlußentwurf, welchen wir Ihnen hiermit zur Annahme empfehlen.

Derselbe weicht insofern von den normalen Konzessionsbedingungen ab, als mit Rücksicht auf den in erster Linie dem Gütertransport dienenden Zweck der Bahn die Beförderung von Personen und Gepäck nur eventuell, d. h. für den Fall vorgesehen ist, als sich hierfür ein Bedürfnis erzeigen sollte, so daß die auf den Personen- und Gepäcktransport bezüglichen Bestimmungen bloß fakultative Geltung haben. Die Bestimmung der Zahl der allfälligen PersonenzUge und ihrer Fahrgeschwindigkeit ist durch Art. 14 dem Bundesrate vorbehalten worden, damit die Interessen des Personenverkehrs in einer den thatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Weise mit den Anforderungen, welche der Hauptzweck der Bahn, der Gütertransport, an diese stellt, in Einklang gebracht werden können. Um für den Fall des Personentrausportes die Frage der Wageneinrichtung nicht zu präjudizieren, sind in Art. 15 die Taxen für drei Klassen festgesetzt worden, jedoch mit dem Zusätze, daß es dem Bundesrate vorbehalten bleiben solle, die Zahl derselben zu beschränken.

Die übrigen Artikel geben zu keinen besondern Bemerkungen Anlaß.

1054 Genehmigen Sie, Tit., die erneute Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den 20. März 1893.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

1055 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Renens nach (Gare du Flon).

Lausanne

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft;, ' nach Einsicht t. einer Eingabe der Herren G. Baatard in Renens und Constant Bonard, Ingenieur in Vevey, vom 7. Dezember 1891 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 20. März 1893, beschließt: Den Herren G. Baatard in Renens und C o n s t a n t B o n a r d , Ingenieur in Vevey, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau. und Betrieb einer Eisenbahn von R e n e n s nach L a u s a n n e (Gare du Flon) unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle Übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Lausanne.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weiteren Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes un gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

1056 Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 18 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8.

Die Bahn wird normalspurig und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kanton» Waadt und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeumten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Ait. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Punktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Bahn dient in erster Linie dem Gütertransport.

Es bleibt jedoch dem Bundesrate vorbehalten, die Beförderung von Personen und Gepäck zu verlangen, wenn sich hierfür ein Bedürfnis erzeigen sollte.

In diesem Falle kommen die in den folgenden Artikeln auf den Personen- und Gepäcktransport bezüglichen Bestimmungen zur Anwendung.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesratea eingeführt werden.

Art. 14. Die Bestimmung der Zahl der täglichen Personenzüge und ihrer Fahrgeschwindigkeit bleibt dem Bundesrate vorbehalten.

1057 Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 10 Rappen, in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Es bleibt jedoch dem Buadesrate vorbehalten, die Zahl der Wagenklagsen zu beschränken.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren, Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Warenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : Per Stück und per Kilometer für : Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp. ; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 % zu ermäßigen.

1058 Art. 18. Im Tarif für den Transport, von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 2 Rappen, die niedrigste nicht über l Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Franken per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportiert uno am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stuckes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, fiir den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare

1059 Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen besehlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Bisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Buudesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht'der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solehe Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 2p. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht vom 1. Juli 1875 hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

1060 Art. 26. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Waadt, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu gehen.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung des Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittliehen Reinertrages-derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Ruckkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und J . Mai 1945 erfolgt, den 221/2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich voll· zieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- uuter Abzug des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eiseubabnunternehmung mit Ausschluß aller anderò etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Ruckkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

1061 f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 27. Hat der Kanton Waadt den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 definiert worden, jederzeit auszuüben^ und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer normalspurigen Eisenbahn von Renens nach Lausanne (Gare du Flon). (Vom 20. März 1893.)

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