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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Massnahmen zum Schütze der Währung (Vom 16. August 1972)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Gemäss Artikel 6 des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1971 (AS 1971 1449) über den Schutz der Währung hat der Bundesrat über Massnahmen, die er gestützt auf diesen Beschluss getroffen hat, sowie über deren Auswirkungen der Bundesversammlung unverzüglich Bericht za erstatten.

Wir beehren uns, Ihnen nachstehend von den Ende Juni/Anfang Juli dieses Jahres beschlossenen Erlassen Kenntnis zu geben.

Übersicht Im vorliegenden Bericht wird zunächst zur internationalen Währungsordnung und zur Vorgeschichte der jüngsten Währungsunruhe, im besondern zur letzten Pfundkrise Stellung genommen. Wir skizzieren sodann die Konjunkturlage, um anschliessend die sechs zur Abwehr ausländischer Geldzuflüsse getroffenen Erlasse zu begründen.

I. Internationale Währungslage 1. Zur Vorgeschichte der jüngsten Währungskrise Zum besseren Verständnis seien die vom Bundesrat verfügten Massnahmen in einen etwas grösseren Zusammenhang gestellt.

Der internationale Handels- und Zahlungsverkehr hat dank einer weitgehenden Liberalisierung der zwischenstaatlichen Wirtschaftsbeziehungen seit dem Zweiten Weltkrieg eine gewaltige Ausdehnung erfahren. Dadurch ist zwischen den wichtigeren Industriestaaten eine enge wirtschaftliche und finanzielle Verflechtung entstanden. Veränderungen in den ökonomischen, sozialen oder politischen Verhältnissen der einzelnen Länder machen sich deshalb auf dem

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Wege über den Handels- und Zahlungsverkehr rasch auch in anderen Ländern bemerkbar. Insbesondere schlagen sie sich in Geld- und Kapitalbewegungen über die Landesgrenzen nieder.

Letztlich liegt die tiefere Ursache der Währungsunruhen, welche das in der Nachkriegszeit geschaffene internationale Währungssystem in den letzten Jahren periodisch erschüttert haben, in der Tatsache, dass die Angleichung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhaltnisse zwischen den Industrieländern nicht mit der weitgehenden faktischen Integration im Bereiche des zwischenstaatlichen Handels- und namentlich des Zahlungsverkehrs Schritt gehalten hat. Unruhen, die im einen oder anderen Lande ausbrechen, grössere Unterschiede in der konjunkturellen Entwicklung und in der wirtschaftspolitischen Beeinflussung der Wirtschaftstätigkeit, namentlich der Lohn- und Preisentwicklung, zwischen den einzelnen Volkswirtschaften sind geeignet, das internationale Zahlungsbilanzgleichgewicht zu stören, zusätzlich dazu destabilisierende Kapitalbewegungen auszulösen und damit eigentliche Währungskrisen hervorzurufen.

Das internationale Währungssystem, das nach dem Zweiten Weltkrieg entstand, beruhte einerseits auf den Spielregeln, die an der Konferenz von Bretton Woods 1944 in den Statuten des Internationalen Währungsfonds niedergelegt worden sind, und anderseits auf dem Gold-Dollar-Standard, der sich als Folge der dominierenden wirtschaftlichen Stellung der Vereinigten Staaten und des amerikanischen Dollars im internationalen Zahlungsverkehr der Nachkriegszeit entwickelte. Das System von Bretton Woods sieht grundsätzlich feste Wechselkurse zwischen den Landeswährungen vor, die nur geändert werden sollen, wenn ein tiefgreifendes Zahlungsbilanz-Ungleichgewicht entstanden ist. Dieser Grundsatz ist unter dem Eindruck der überaus negativen Erfahrungen aufgestellt worden, die in den dreissiger Jahren mit dem Wettstreit verschiedener Länder gemacht worden waren, sich durch gegenseitige Abwertungen Vorteile für die eigene Exportentwicklung und Beschâftigungslage auf Kosten der ausländischen Konkurrenten zu verschaffen. Die Satzungen von Bretton Woods enthalten ferner die Verpflichtung, von einseitigen protektionistischen Massnahmen im laufenden Zahlungsverkehr abzusehen. Analoge Verpflichtungen wurden auch in der Handelsvereinbarung GATT
niedergelegt.

Um den Ländern zu ermöglichen, Zahlungsbilanz-Ungleichgewichte ohne restriktive handelspolitische Massnahmen zu überwinden, wurde der Internationale Währungsfonds geschaffen, der Währungskredite zur Überbrückung der Zeitspanne zur Verfügung stellt, bis das Gleichgewicht durch konforme wirtschaftspolitische Vorkehren wieder hergestellt worden ist. Im übrigen aber sollte gemäss den Verhaltensregeln von Bretton Woods ein Zahlungsbilanzdefizit durch Hingabe von Währungsreserven, d. h. im wesentlichen von Gold, ausgeglichen werden. Die Verminderung der Währungsreserven im Defizitland' sollte ferner nach den klassischen Spielregeln des Goldwährungsmechanismus von einer Verknappung der inländischen Geldmenge und damit einer Bremsung der Nachfrage, insbesondere der Importnachfrage, begleitet sein, der

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Reservezuwachs im Überschussland von einer analogen Ausweitung von Geldumlauf und Güternachfrage. Durch diesen Anpassungsprozess würde die Rückkehr zum Gleichgewicht der zwischenstaatlichen Wirtschaftsbeziehungen zum mindesten erleichtert.

In der ersten Nachkriegszeit wurde die Anwendung dieser Währungsgrundsätze zunächst dadurch erschwert und verzögert, dass zwischen den Vereinigten Staaten und den meisten Industrieländern Europas sowie Japan ein fundamentales wirtschaftliches Ungleichgewicht bestand. Während die Industrie Amerikas durch die Kriegsanstrengungen auf Höchstleistungen gebracht worden war, lagen die Produktionsstàtten in weiten Teilen Europas und in Japan zerstört darnieder. Die Nachfrage nach amerikanischen Erzeugnissen war beinahe unbegrenzt, während das Warenangebot, das dafür als Gegenleistung geboten werden konnte, bescheiden war. Zugleich hatten die nicht-amerikanischen Industrieländer ihre Währungsreserven fast völlig verloren. Die Vereinigten Staaten dagegen verfügten über mehr als 70 Prozent der damaligen Währungsgoldreserven der westlichen Welt.

In weitsichtiger Erkenntnis dieser Lage und der damit verbundenen politischen Konsequenzen entschlossen sich die Vereinigten Staaten zu einer Politik, die neben überaus grosszügigen Hilfeleistungen im Rahmen des Marshall-Planes und anderen Programmen eine bewusste Passivierung der amerikanischen Zahlungsbilanz anstrebte. Das Defizit der amerikanischen Zahlungsbilanz sollte es den kriegsversehrten Ländern ermöglichen, wieder angemessene Währungsreserven zu bilden. Dies war denn auch in grossem Ausmasse der Fall.

Die europäischen Industrieländer und Japan erwarben indessen mit ihren Zahlungsbilanzüberschüssen von den Vereinigten Staaten nicht in erster Linie Gold. Sie behielten vielmehr die erworbenen Dollars in ihren Reserven. Die Dollarguthaben galten als so gut wie Gold, konnten sie doch auf Wunsch jederzeit in Gold umgewandelt werden. Darüber hinaus stellten sie ein praktischeres Zahlungsmittel als Gold dar, konnten zinstragend angelegt und zur Stabilisierung des Wechselkurses an den Devisenmarkt abgegeben werden. So entwickelte sich im Laufe der Jahre der Gold-Dollar-Standard zum Währungsmechanismus der westlichen Welt. Der Aufbau von Dollarreserven auf der Grundlage der amerikanischen Goldreserven ermöglichte eine Ausweitung
der internationalen Währungsreserven, die weit über die natürliche Zunahme der Goldreserven hinausging. Die Möglichkeit der Partnerländer der Vereinigten Staaten, dank des amerikanischen Defizits kontinuierlich Zahlungsbilanzüberschüsse zu erzielen und damit zusätzliche Währungsreserven zu verdienen, förderte den internationalen Handel und das wirtschaftliche Wachstum.

Bereits Anfang der sechziger Jahre wurde erkannt, dass diese Entwicklung der internationalen Zahlungsbilanz- und Währungsverhältnisse nicht unbegrenzt weitergehen konnte. Für die Vereinigten Staaten war es nicht möglich, auf unbeschränkte Zeit eine defizitäre Zahlungsbilanz hinzunehmen und dieses Defizit mit einem Anwachsenlassen ihrer Dollarverbindlichkeiten, bzw. der Dollarreserven der anderen Länder, zu begleichen. Denn die ausländischen

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Dollarguthaben verkörperten zugleich einen Anspruch auf die amerikanischen Goldreserven, und mit der Zunahme dieser Guthaben musste der Zeitpunkt näher rücken, da die Goldkonvertibilität des Dollars - ein Grundpfeiler des Währungsmechanismus der Nachkriegszeit - nicht mehr aufrechterhalten werden konnte.

Anderseits bildete das amerikanische Zahlungsbilanzdefizit und das Anwachsen der Dollarverbindlichkeiten die wichtigste Quelle für die Schaffung zusätzlicher Währungsreserven. Ein kontinuierliches Anwachsen der Weltwährungsreserven, der sogenannten internationalen Liquidität, galt nach vorherrschender Auffassung als eine entscheidende Voraussetzung für eine fortschreitende Ausweitung des internationalen Wirtschaftsverkehrs und damit auch für die Aufrechterhaltung raschen wirtschaftlichen Wachstums. Mit dem Ausgleich der amerikanischen Zahlungsbilanz wäre die Reserveversorgung in Frage gestellt worden. Die Aufmerksamkeit der zuständigen internationalen Gremien richtete sich daher in den sechziger Jahren zunächst auf das Problem der Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung mit zusätzlichen Währungsreserven. Die Bemühungen führten 1969 zu einer Vereinbarung über die Schaffung eines neuen internationalen Reservemediums, nämlich der Sonderziehungsrechte, die durch eine Statutenänderung in das System des Internationalen Währungsfonds eingebaut wurden. In der Folge wurden in den Jahren 1970 bis 1972 derartige Sonderziehungsrechte im Wert von 9,4 Milliarden (alten) Dollar geschaffen.

Das Problem des Zahlungsbilanz-Ungleichgewichts zwischen den Vereinigten Staaten und seinen wichtigsten Handelspartnern blieb indessen ungelöst. Das von Jahr zu Jahr anwachsende Volumen der Dollarguthaben in nicht-amerikanischen Ländern führte Anfang der sechziger Jahre zur Entstehung eines DollarGeldmarktes ausserhalb der Vereinigten Staaten, des sogenannten EurodollarMarktes. In immer grösseren Beträgen wurden Dollars -in kleinerem Ausmasse auch andere Währungen - ausserhalb der Vereinigten Staaten geborgt und ausgeliehen. Als Hauptumschlagsplatz des Eurodollar- und Eurodevisen-Marktes entwickelte sich insbesondere London. Ein wesentlicher Teil des Geschäftes wurde von Filialen amerikanischer Banken getätigt. Das Dollar-Geschäft ausserhalb der Vereinigten Staaten erwies sich als interessant, weil es den gesetzlichen
Vorschriften Amerikas über Höchstzinssätze und Mindestreservenhaltung nicht unterlag und auch in London von gesetzlichen Vorschriften weitgehend befreit war.

Mit dem Eurodollar-Markt, dessen Volumen derzeit auf über 60 Milliarden Dollar geschätzt wird, entstand - dem Einfluss der nationalen Währungsbehörden weitgehend entzogen - ein enormes Geld- und Kreditreservoir. Beides machte Kapitalbewegungen grössten Ausmasses von einem Land zum ändern innert kürzester Zeit möglich. In der gleichen Richtung wirkte sich auch die Entfaltung grosser Unternehmen mit Niederlassungen in vielen Ländern, sogenannter multinationaler Gesellschaften, aus. Bestrebungen der Notenbanken, durch Zusammenarbeit eine gewisse Kontrolle über diese internationalen Geld- und Kapitalbewegungen zu erlangen, haben bisher zu keinen nennenswerten Ergebnissen geführt.

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Als die Vereinigten Staaten in den Jahren 1969/70 zur Eindämmung der inflatorischen Konjunkturüberhitzung eine restriktive Geld- und Kreditpolitik führten, zogen die in Amerika herrschende Geldknappheit und die hohen Zinssätze Dollars in Milliardenbeträgen aus Europa, insbesondere vom EurodollarMarkt, an. Mit der Lockerung dieser Politik in den Vereinigten Staaten Ende 1970 und im vergangenen Jahr kehrten diese Gelder wieder nach Europa zurück und durchkreuzten hier in mehreren Ländern die Anstrengungen der Behörden, die herrschenden Überhitzungs- und Inflationstendenzen mit monetären Dämpfungsmassnahmen zu bekämpfen. Die zunächst durch relative Kreditknappheit und Zinsgefälle ausgelösten Kapitalzuflüsse wurden schliesslich durch spekulative Geldströme noch verstärkt. Dies veranlasste Anfang Mai 1971 die Bundesrepublik Deutschland und die Niederlande, den Mittelzufluss aus dem Ausland durch Freigabe des Wechselkurses abzuwehren. Die Schweiz und Österreich werteten ihre Währungen auf.

Die Lage blieb indessen wegen des anhaltenden Zahlungsbilanzdefizites der Vereinigten Staaten weiterhin labil. Die Neigung zu unerwünschten Dollarzuflüssen in einer Reihe von europäischen Ländern und in Japan blieb latent bestehen.

Die Krise brach Anfang August 1971 erneut offen aus. Die Verschlechterung der amerikanischen Handels- und Ertragsbilanz veranlasste den amerikanischen Präsidenten bekanntlich, am 15. August 1971 ein drastisches Sanierungsprogramm einzuleiten. In Anbetracht des angewachsenen Zahlungsbilanzdefizits und des Missverhältnisses zwischen Goldreserven und Dollarverbindlichkeiten wurde als bedeutsamste währungspolitische Massnahme die Konvertibilität des Dollars in Gold auch gegenüber ausländischen Notenbanken eingestellt.

In der Folge wurden unter den wichtigsten Industrieländern im Rahmen der sogenannten Zehner-Gruppe Verhandlungen über eine Anpassung der Wechselkurse eingeleitet. Sie führten am 18. Dezember 1971 zu einer Verständigung über eine Abwertung des Dollars um 7,89 Prozent durch eine entsprechende Erhöhung des offiziellen Goldpreises. Japan, die Schweiz, die Bundesrepublik Deutschland, die Niederlande und Belgien werteten, verglichen mit dem Stand am l. Mai 1971, zusätzlich zur Dollarabwertung auf, während Grossbritannien und Frankreich die Dollarabwertung voll und Italien sowie die
skandinavischen Länder mit einer geringen Kürzung um rund l Prozent hinnahmen. Gemessen am Aussenhandel der Vereinigten Staaten mit den wichtigsten Handelspartnern erreichte die Abwertung des Dollars im Verhältnis zu den Währungen dieser Länder ein Ausmass von rund 10 Prozent. Dies war nach Schätzungen des Währungsfonds eine Wechselkurskorrektur, die zur Wiederherstellung einer ausgeglichenen Zahlungsbilanz ausreichen sollte.

Beim Abschluss der Washingtoner Vereinbarung über das Realignment der Wechselkurse war man sich bewusst, dass es einige Zeit dauern würde, bis sich die Dollarabwertung im gewünschten Sinne auf die Zahlungsbilanz zwischen den Vereinigten Staaten'und deren wichtigsten Handelspartner auswirken würde.

Auf Grund der Erfahrungen mit früheren Wechselkurskorrekturen, etwa Grossbritanniens und Frankreichs, war bekannt, dass sich eine Abwertung zunächst

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eher ungünstig auf die Handelsbilanz auswirkt, weil sich zuerst die Importpreise erhöhen, und dass es mindestens ein bis zwei Jahre dauert, bis der Korrektureffekt über eine Bremsung der Importe und eine Steigerung der Exporte in Erscheinung tritt. Es wurde daher mit einer Übergangsphase von ähnlicher Dauer für die Erholung der amerikanischen Zahlungsbilanz gerechnet, während der die Währungslage noch labil bleiben dürfte.

Die zehn Industrieländer, die neben den Vereinigten Staaten an der Washingtoner Vereinbarung beteiligt waren, erklärten sich bereit, die vereinbarten neuen Wechselkurse aufrechtzuerhalten. Nachdem in der Zeit von Mitte August bis zum 18. Dezember 1971 flottierende Wechselkurse zur Anwendung gelangt waren, bestand Einhelligkeit über die Wünschbarkeit einer Wiederherstellung stabiler Kursverhältnisse, trotz gewisser Mängel dieses Systems. Um nach der Wahl eines neuen Mittelkurses eine etwas grössere Bewegungsfreiheit für kleinere Anpassungen zu haben und unerwünschten Mittelzuflüssen etwas besser ausweichen zu können, wurden die bisherigen Kursmargen, die in der Regel + 3/4 Prozent betrugen, auf +2VÌ Prozent erweitert. Dabei musste in der Übergangsphase bis zum Wirksamwerden der Dollarabwertung allerdings mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass das Festhalten an den neu vereinbarten Mittelkursen zu weiteren Dollarzuflüssen führen könnte. Dies stellte insofern besondere Probleme, als der Dollar vorerst weiterhin unkonvertibel blieb.

2. Entwicklung der Währungsverhältnisse seit der Washingtoner Vereinbarung vom 18. Dezember 1971 ; neue Währungskrise Man war sich allgemein bewusst, dass das Realignment von Washington lediglich einen ersten Schritt auf dem Wege zur notwendigen Reform des internationalen Währungssystems darstellte. An der Washingtoner Konferenz wurde daher in Aussicht genommen, darüber unverzüglich Verhandlungen im Rahmen des Internationalen Währungsfonds aufzunehmen. Im Mittelpunkt dieser Verhandlungen sollen die Wiederherstellung der Konvertierbarkeit des Dollars und eine wirksame Kontrolle über störende, kurzfristige internationale Kapitalbewegungen stehen. Die Bestrebungen um eine Reform blieben bisher auf die Wahl eines geeigneten Verhandlungsforums beschränkt. Die 20 Mitglieder des Direktoriums des Internationalen Währungsfonds, welche die wichtigsten Länder
oder Ländergruppen vertreten, verfügen - so wurde überlegt - nicht über genügend politische Entscheidungsbefugnis, um mit der nötigen Kompetenz die erforderlichen Reformen aushandeln zu können. Es wurde daher nach längeren Beratungen in den vergangenen Monaten in Aussicht genommen, dem Direktorium des Währungsfonds ein besonderes Gremium vorzuordnen, das sich aus Vertretern der gleichen 20 Länder und Ländergruppen zusammensetzen würde, jedoch im Range von Ministern und Notenbankleitern. Diese neue sogenannte Zwanziger-Gruppe soll ihre Arbeiten nach der Jahresversammlung von Währungsfonds und Weltbank im September dieses Jahres aufnehmen.

371 Noch bevor indessen die Verhandlungen über eine Reform im angedeuteten Sinne aufgenommen werden konnten, trat in der Zweiten Hälfte Juni dieses Jahres eine neue Währungskrise ein, welche die Labilität der jetzigen, in einer Übergangsphase befindlichen internationalen Währungssituation wie auch erneut die Gefahren destabilisierender Kapitalbewegungen mit aller Eindrücklichkeit zeigte. Den unmittelbaren Anstoss dazu gab eine durch die gegenwärtige Ertragsbilanzposition nicht gerechtfertigte rapide Umkehr der britischen Währungslage. Grossbritannien war es nach jahrelangem chronischen Zahlungsbilanzdefizit mit Hilfe der Abwertung von 1967 gelungen, in den Jahren 1969 und insbesondere 1970 einen beträchtlichen Einnahmenüberschuss in seiner Handels- und Ertragsbilanz zu erzielen. Der Rückstrom von Geldern nach Europa im Zusammenhang mit den amerikanischen Rückzahlungen von Eurodollar-Krediten wandte sich damals auch Grossbritannien zu. Dank relativ hoher Zinssätze flössen bedeutende Betrage nach Grossbritannien, so dass zusammen mit dem Aktivsaldo der Ertragsbilanz ein ungewöhnlich hoher Zahlungsbilanzüberschuss entstand. Dieser erlaubte, nicht nur alle Währungsschulden aus den früheren Jahren voll zurückzuzahlen, sondern zugleich einen hohen Bestand an Währungsreserven zu akkumulieren.

An der Washingtoner Konferenz vom vergangenen Dezember hatte Grossbritannien, wie bereits erwähnt, die volle Abwertung des Dollars im Verhältnis zum Pfund akzeptiert, d. h. die bisherige Goldparität des Pfundes beibehalten. Im Hinblick auf den auf den 1. Januar 1973 geplanten Beitritt Grossbritanniens zu den Europäischen Gemeinschaften, der die britische Wirtschaft einer verschärften Konkurrenz seitens der kontinentaleuropäischen Länder aussetzen wird, war bereits damals die Frage aufgeworfen worden, ob sich Grossbritannien eine solche Aufwertung gegenüber dem Dollar leisten könne.

Allerdings war damit gegenüber der Sechsergemeinschaft keine Aufwertung, sondern mehrheitlich eine relative Abwertung verbunden. Zweifel an der Stabilität des Pfundes verstärkten sich, nachdem die britische Handelsbilanz während der ersten fünf Monate dieses Jahres regelmässig einen Passivsaldo aufwies, der immerhin durch Einnahmen aus anderen Leistungen mehr als aufgewogen wurde. Angesichts dieser Entwicklung und der weit verbreiteten
Erwartung einer Wechselkursänderung noch vor dem Beitritt zu den Europäischen Gemeinschaften genügten Äusserungen massgebender Politiker, das Pfund müsse im Verlaufe der nächsten Monate abgewertet werden, um Mitte Juni einen massiven Abfluss von Geldern aus Grossbritannien auszulösen. Innerhalb von wenigen Tagen verlor die Bank of England Währungsreserven im Umfange von rund 2,5 Milliarden Dollar oder rund einen Drittel ihres Bestandes. Die britische Regierung entschloss sich in Anbetracht dieser Entwicklung am Morgen des 23. Juni, die Interventionen der Notenbank zur Stützung des Dollarkurses unverzüglich einzustellen und den Pfundkurs bis auf weiteres flottieren zu lassen.

Die Freigabe des Pfundkurses wirkte sich bei der ausserordentlich labilen Währungssituation auch auf die übrigen Währungen aus. An den Devisenmärk-

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ten entstanden Zweifel, ob sich die übrigen Länder an die in Washington vereinbarten neuen Wechselkurse halten werden. Würden die Notenbanken der Länder mit starken Währungen in Anbetracht grösserer auf sie zukommender Dollarzuflüsse die Kurse halten und ihre Stützungskäufe fortsetzen ? Die Kenntnis, dass in massgebenden Kreisen von Ländern, die den Europäischen Gemeinschaften angehören, die Idee eines gemeinsamen «Floatens» ihrer Währungen gegenüber dem Dollar zur Abwehr erneuter unerwünschter Dollarzuflüsse erwogen wurde, verstärkte diese Zweifel und damit die Geldverlagerungen in jene Länder, von denen eine Aufwärtskorrektur ihres Wechselkurses am ehesten erwartet werden konnte.

Der Gedanke an ein solches gemeinsames Vorgehen der EG-Länder konnte sich auf die Tatsache stützen, dass diese Länder Ende April 1972 eine Verengung der Wechselkursmargen unter sich und ein besonderes Interventionssystem zu deren Verwirklichung eingeführt hatten. Dieser Vereinbarung schlössen sich Anfang Mai auch Grossbritannien und die übrigen drei Beitrittskandidaten an.

Durch das Washingtoner Abkommen wurden die zulässigen Schwankungsbreiten einer Währung gegenüber dem Dollar auf ± 214 Prozent erweitert. Damit stand für die Währungen der EG-Länder unter sich eine theoretische Schwankungsbreite von ± 4yz Prozent zur Verfügung. Die Staaten der erweiterten Gemeinschaft haben jedoch diesen Spielraum auf die Hälfte, d. h. ± 2*4 Prozent vermindert. Zu diesem Zwecke intervenieren ihre Notenbanken mit Währungen der betreffenden Länder, sobald das verengte Band gesprengt zu werden droht.

Mit US-Dollars soll im allgemeinen nur noch dann interveniert werden, wenn eine Währung ihren oberen bzw. unteren Interventionspunkt gegenüber dem Dollar erreicht.

Um nicht ein automatisches System von Währungskrediten innerhalb der Europäischen Gemeinschaften zu schaff en, beschlossen die Notenbanken ferner, dass die sich aus den Interventionen ergebenden Salden innerhalb eines Monats auszugleichen sind, unter Berücksichtung der Zusammensetzung der Währungsreserven des Schuldnerlandes (Devisen, Sonderziehungsrechte, Gold). Es sei schliesslich noch daran erinnert, dass diese Bandbreitenverengung als Bestandteil der ersten Stufe des Planes der Europäischen Gemeinschaften zur Schaffung einer Wirtschafts- und Währungsunion zu betrachten ist.
Dieses System wurde im Falle Grossbritanniens bis zu jenem Zeitpunkt angewandt, in dem die Freigabe des Pfundkurses beschlossen wurde. Italien, das zu dieser Zeit ebenfalls unter Druck geriet, wurde auf seinen Wunsch hin vorübergehend von der Verpflichtung in Mitgliederwährungen zu intervenieren und damit auch Gold und Sonderziehungsrechte einzusetzen, befreit.

Auf das Flottieren des Pfundes reagierten die einzelnen Länder mit verschiedenen zusätzlichen Massnahmen zur Abwehr neuer unerwünschter Kapitalzuflüsse.

In Deutschland wurde die Bardepotpflicht bei Geldaufnahmen deutscher Unternehmer im Ausland von 40 auf 50 Prozent erhöht und die Freigrenze für die

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Depotpflicht von bisher 2 Millionen DM auf 500 000 DM ermässigt. Die Mindestreservesätze der Kreditinstitute wurden sowohl auf dem Bestand als auch auf dem Zuwachs in zwei Phasen verschärft und gleichzeitig deren Rediskontierungsquoten bei der Bundesbank ermässigt. Diese zur Abwehr ausländischer Gelder und zur Verminderung der Liquidität getroffenen Massnahmen wurden auf dem Anlagesektor durch eine weitere Verfügung ergänzt, indem der Erwerb von inländischen Inhaber- und Orderschuldverschreibungen durch Gebietsfremde von Gebietsansässigen der Genehmigungspflicht unterstellt wurde.

Frankreich, das seit nahezu einem Jahr einen gespaltenen Devisenmarkt hat, sah sich zusätzlich genötigt, die Mindestreserven auf denBeständen seiner In- und Ausländerguthaben um durchweg 2 Prozent zu erhöhen, um die übermässige Bankenliquidität als Folge des Geldzuflusses abzuschöpfen.

Während die Niederlande gegen den Zufluss von spekulativen Geldern verschiedene Vorkehren 'zur Einschränkung der Kreditaufnahme im Ausland getroffen haben, ist die belgische Notenbank mit den Handelsbanken übereingekommen, einen Teil der aus der Konvertierung von Auslandsgeldern entstandenen Guthaben bei ihr zu sterilisieren. Beide Länder haben doppelte Devisenkurse.

Zur Entlastung der Zahlungsbilanz haben die italienischen Währungsbehörden die Gutschrift italienischer Banknoten, die aus dem Ausland nach Italien zurückgesandt werden, auf transferierbare Ausländer-Kapitalkonten verboten.

Seither ist die Kursbildung der Lire-Noten dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen. Damit soll der ständigen Kapitalflucht aus Italien Einhalt geboten werden.

Dänemark hat unmittelbar nach der Bekanntgabe des englischen «Floatings» das EG-System der verringerten Bandbreiten aufgegeben und ist zu der in der Washingtoner Abmachung vom Dezember 1971 vorgesehenen Bandbreite von 4 % Prozent zurückgekehrt.

Japan hat seinerseits die Mindestreservepflicht für konvertierbare freie YenKonten von Devisenausländern von 25 auf 50 Prozent erhöht. Weitere Devisenkontrollmassnahmen betreffen die Vorauszahlung für japanische Exporte und den Erwerb japanischer Wertpapiere durch Ausländer.

Schliesslich ist erwähnenswert, dass die Finanzminister der zehn Staaten der erweiterten Europäischen Gemeinschaften an einer am 17. und 18. Juli 1972 in London abgehaltenen
Konferenz die Entschlossenheit ihrer Länder bekräftigten, an der in Washington getroffenen Vereinbarung über die Neufestsetzung der Währungsrelationen grundsätzlich festzuhalten.

Endlich bekundeten die Vereinigten Staaten ihre Solidarität und ihre Bereitschaft zum Festhalten an dieser Vereinbarung, indem das amerikanische Federal-Reserve-System in der zweiten Julihälfte erstmals zur Stützung des Dollarkurses Devisen aus seinem Reservebestand am Markte zu verkaufen begann.

Dies stellte eine bedeutsame Abkehr von seinem bisherigen passiven Verhalten Bundesblatt. 124.Jahrg. Bd.II

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an den internationalen Devisenmärkten dar und damit eine wertvolle Geste im Sinne der Mitarbeit an der Stabilisierung der internationalen Währungsverhältnisse.

II. Konjunkturlage und -aussiebten Die Währungspolitik lässt sich von den konjunkturpolitischen Problemen nicht trennen. Aus diesem Grunde werden im folgenden Konjunkturlage und Konjunkturaussichten kurz dargelegt.

Die Weltwirtschaft durchlief in den letzten Jahren eine Phase mehr oder weniger starker Verlangsamung des Wirtschaftswachstums, wobei in den Vereinigten Staaten die Rezession bereits 1969/70, in Europa und Japan hingegen mit einer ein- bis zweijährigen Verzögerung und in einzelnen Ländern kaum spürbar begann. In den USA setzte eine langsame Konjunkturbelebung schon 1971 ein. Seit diesem Frühjahr zeichnet sich auch im übrigen OECD-Raum immer deutlicher eine Erholung der Nachfrage und des Wirtschaftswachstums ab, bei gleichzeitiger Verminderung der Arbeitslosigkeit. Nach jüngsten Schätzungen der OECD könnte sich der weltweite Konjunkturaufschwung in der zweiten Jahreshälfte und vor allem im Jahr 1973 noch beschleunigen, wobei er in den Vereinigten Staaten, Kanada und Japan stärker sein dürfte als in Europa. Die Sterlingkrise und die Freigabe des Pfundkurses im Juni dieses Jahres haben zwar einige Unsicherheitsmomente in die weltwirtschaftlichen Perspektiven gebracht, doch werden die voraussichtlichen Rückwirkungen dieser Massnahmen auf den Handel und die Produktion der übrigen Länder eher bescheiden sein, umso mehr als die resultierende Pfundabwertung auf dem Handelsgebiet zur Hauptsache nur die bereits eingetretene und erwartete Verminderung der Konkurrenzfähigkeit der britischen Exportindustrie ausgleicht.

Auch die direkten Auswirkungen der in verschiedenen Ländern eingeführten Beschränkungen der Kapitaltransaktionen über die Grenze auf die Gesamtnachfrage des betreffenden Landes dürften gering bleiben, weil der kommerzielle Zahlungsverkehr davon nicht berührt wird.

1971 und im ersten Halbjahr 1972 standen in der Schweiz die meisten inlandorientierten Branchen unter starker konjunktureller Anspannung, so vor allem das Baugewerbe und Teile des Dienstleistungssektors. Demgegenüber erfuhren die Zuwachsraten der Industrieproduktion eine massige Verflachung.

Die Auftragsbestände einiger wichtiger Industrien, wie der Maschinen-
und Uhrenindustrie, sind im l. Quartal leicht gesunken. Nahezu unvermindert hält seit bald zwei Jahren der Preis- und Kostenauftrieb an. Die Überwälzung der steigenden Kosten scheint in gewissen Branchen, zumal im Auslandgeschäft, auf etwelche Schwierigkeiten zu stossen und die Gewinnmargen zu schmälern.

Im ersten Halbjahr 1972 stieg der Exportwert gegenüber der gleichen Vorjahresperiode um 10,3 Prozent (Vorjahr 6,9 %). Dieses Wachstum war indessen zu einem erheblichen Teil preisbedingt. Die Zuwachssätze der wichtigsten

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Zweige der Exportindustrie betrugen 6,7 Prozent bei der Maschinen- und Apparateindustrie, 14,3 Prozent bei der chemischen, 10,5 Prozent bei der Textil- und Bekleidungsindustrie. Bei der Uhrenindustrie stagnierte der Auslandabsatz auf dem Vorjahresstand und bei den Nahrungs- und Genussmitteln waren die Ausfuhren rückläufig.

Die konjunkturelle Erholung im Ausland, namentlich in den Vereinigten Staaten, Deutschland und Frankreich, verbessert die Absatzaussichten in wichtigen Zweigen unserer Exportindustrie. Die künftige Entwicklung wird heute von den Unternehmern optimistischer beurteilt als um die Jahreswende. In der Industrie wird mehrheitlich ein steigender Auftragseingang erwartet. Die Währungskrise hat die günstige Beurteilung kaum beeinträchtigt, trotzdem das Auslandgeschäft für die Unternehmer mit einigen zusatzlichen Unsicherheiten belastet worden ist. Auch die Schwierigkeiten verschiedener Branchen, die in jüngster Zeit zu einigen Betriebsstillegungen führten, vermögen den Konjunkturoptimismus nicht zu gefährden, weil sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass es sich hierbei weniger um eine Folge konjunktureller Absatzschrumpfung als um die Auswirkung des sich beschleunigenden Strukturwandels handelt.

Gemessen an den Detailhandelsumsätzen erhöhten sich die privaten Konsumgüterverkäufe in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres mit 9,1 Prozent praktisch gleich schnell wie vor Jahresfrist. Andere Indikatoren wie die starke Zunahme der Konsumgüterimporte ( + 20 % gegenüber dem Vorjahr) und die Entwicklung im Dienstleistungssektor deuten dagegen auf eine lebhafte Konsumausweitung hin. Die Budgetzahlen der öffentlichen Haushalte lassen erkennen, dass von der öffentlichen Nachfrage ebenfalls gewichtige expansive Impulse ausgehen.

Im Bereiche der Investitionen zeichnet sich deutlich eine nochmalige Verstärkung der Auftriebskräfte beim Bau und den damit zusammenhängenden Gewerbezweigen ab. Dies gilt insbesondere für den Wohnungsbau. Die Bautätigkeit der öffentlichen Hand und die industriell-gewerblichen Bauvorhaben weisen ebenfalls namhafte Zuwachssätze auf.

Nach den Erhebungen des Delegierten für Konjunkturfragen sind für 1972 Bauvorhaben von insgesamt 24,6 Milliarden Franken gemeldet worden, was gegenüber dem Vorjahr mit 20,7 Milliarden eine Erhöhung um 19 Prozent ausmacht. Die Zuwachsrate
beträgt im Wohnungsbau 22 Prozent, für industrielle Projekte 16 Prozent und für Bauprojekte der öffentlichen Hand ebenfalls 16 Prozent. 1971 sind bei starker Beschäftigungszunahme im Baugewerbe, aussergewöhnlich günstigen Witterungsverhältnissen und langer Bauzeit insgesamt Bauten im Betrage von i!9,7 Milliarden Franken ausgeführt worden. Selbst wenn neuerdings mit günstigen Verhältnissen im Herbst und Anfang Winter gerechnet werden könnte und eine kräftige Baukostenteuerung in Rechnung gestellt wird, verbleibt im laufenden Jahr ein massiver Nachfrageüberhang, der der Baukostenteuerung neuen Auftrieb geben dürfte.

Die von den Banken neu erteilten Baukreditzusagen, die früher oder später eingelöst werden müssen, weisen ein ausserordentliches Ausmass auf. Die Kredit-

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ausweitung kompensiert weitgehend die teilweise durch Kostensteigerung geschmälerte Selbstfinanzierungskraft der Unternehmen. Wegen der neuerlichen Ausweitung der Notenbankgeldmenge im Zusammenhang mit der Pfundkrise vom Juni dieses Jahres und dem hohen Repatriierungspotential der Banken und der übrigen Wirtschaft dürfte vorläufig keine Tendenzumkehr an den Finanzmärkten zu erwarten sein.

Da sich Einfuhren und Ausfuhren wertmässig in ungefähr gleichem Ausmass ausweiteten, fiel das Defizit unserer Handelsbilanz mit 3,3 Milliarden Franken im l. Semester 1972 praktisch gleich hoch aus wie in der gleichen Periode des Vorjahres. Wesentliche Verschiebungen in den übrigen Posten der Ertragsbilanz sind ebenfalls nicht eingetreten, so dass von dieser Seite aus bisher keine Verschlechterung der Ertragsbilanzsituation und damit auch kein Abbau des Liquiditätsüberhanges eingetreten ist.

Auch am Arbeitsmarkt scheint sich die Lage nach den verfügbaren, allerdings unvollständigen Zahlen wenig verändert zu haben. Der Produktionsrhythmus (Zuwachs der industriellen Produktion im 1. Quartal 3 %) wird weitgehend durch die Verfügbarkeit an Arbeitskräften und den Produktivitätsfortschritt bestimmt. Der Kampf um die Arbeitskräfte wird namentlich in Bereichen besonderer Anspannung mit starkem Einsatz geführt. Dies gilt offenbar insbesondere für das Baugewerbe, wo der Beschäftigungsindex im l. Quartal 1972 um 2,7 Prozent über dem entsprechenden Vorjahresstand lag (Gesamtbeschäftigung dagegen + 0,6%).

Der anhaltende Preisauftrieb lässt den Schluss zu, dass die letzte Konjunkturüberhitzung noch keineswegs bewältigt ist. Die Schweiz liegt hinsichtlich der Verteuerung der Lebenshaltung heute leider in der Spitzengruppe der 15 führenden Industrieländer. Ein Anschwellen der Binnen- oder der Auslandsnachfrage müsste zu einer gefährlichen Kumulierung der expansiven Kräfte führen; dies zu einer Zeit, da die Produktionskapazitäten noch voll ausgelastet sind und nach wie vor ein akuter Mangel an Arbeitskräften herrscht. Aus einer solchen Überforderung müsste sich fast zwangsläufig eine neue, noch höhere Teuerungswelle ergeben. Mit einer Entlastung durch Einfuhren kann nicht gerechnet werden, da das Preisniveau auf den Weltmärkten ebenfalls steigende Tendenz aufweist.

Die Mehrzahl der verfügbaren Konjunkturdaten deutet somit darauf
hin, dass unsere Volkswirtschaft noch im zweiten Semester 1972 und besonders 1973 in den Sog einer übermässigen Nachfragebelebung geraten könnte. Ziel der für die Konjunkturpolitik verantwortlichen Behörden muss es daher sein, das gefährliche Inflationspotential abzubauen und die schweizerische Wirtschaft vor neuen Störungen aus dem Ausland im monetären Bereich abzuschirmen. Hand in Hand damit sollte im Inland der besonders virulente Inflationsherd im Bausektor eingedämmt und die öffentliche Nachfrage sowohl nach Bauleistung als auch nach Gütern und Arbeitskräften beschränkt werden.

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IQ. Schweizerische Massnahmen 1. Massnahmen ausserhalb des Bundesbeschlusses über den Schutz der Währung

Nachdem sich die Konjunktur seit der Jahreswende 1971/72 wieder zu beleben begonnen hatte, erhöhte sich die von der Überliquidität des schweizerischen Bankensystems ausgehende Gefahr für die Stabilität der Wirtschaft zusehends. Die Geldzuflüsse aus dem Ausland im Zusammenhang mit der Währungskrise vom August 1971 führten nämlich zu einer ausserordentlichen Liquidität der Kreditinstitute. Die Giroguthaben der Wirtschaft bei der Nationalbank, die hauptsächlich von Banken gehalten werden, waren Mitte Januar 1972 mit 11,7 Milliarden Franken noch um 7,4 Milliarden höher als sechs Monate zuvor.

Um den Mittelabfluss ins Ausland zu fördern und damit zu einer Reduktion der inländischen Liquidität beizutragen, bewilligte die Nationalbank schon seit 1971 in grosszügiger Weise den Kapitalexport in Form von Emissionen ausländischer Schuldner auf dem schweizerischen Kapitalmarkt sowie in Form von Bankkrediten an das Ausland. Seit dem 16. August 1971 mussten die bewilligungspflichtigen Kapitalexporte unverzüglich in der Schweiz in ausländische Währung konvertiert werden.

Trotz der ausserordentlich hohen Kapitalexporte - seit Dezember 1971 rund l Milliarde Franken im Monat -, ergab sich aber keine Verminderung der Währungsreserven der Nationalbank und damit auch keine Reduktion der Bankenliquidität. Dies deutet darauf hin, dass dem Kapitalexport ein ebenso grosser neuer Kapitalimport gegenüberstand.

Die Nationalbank knüpfte daher seit Mitte Februar 1972 ihre Bewilligung für Kapitalexporte an die Bedingung, dass mindestens 25 Prozent der bewilligten Beträge beim Noteninstitut in Dollars zu konvertieren seien. Seit 1. Mai müssen mindestens 40 Prozent bei der Nationalbank konvertiert werden.

Durch diese Konversionen konnte das Noteninstitut ab Mitte Februar bis Mitte Juni Dollars im Werte von etwa 900 Millionen Franken abgeben, was zu einer entsprechenden Verminderung der Bankenliquidität führte.

Für einen raschen Abbau des enormen Liquiditätsüberhanges reichte die Konversionsverpflichtung indessen nicht aus. Die Nationalbank verschärfte daher im Einvernehmen mit der Bankiervereinigung die Bestimmungen für die Berechnung der seit Mitte August 1971 zu entrichtenden Mindestguthaben auf dem Zuwachs der Auslandsverbindlichkeiten der Banken. Auf Grund des ursprünglichen Berechnungsmodus war die Abschöpfung durch
diese Mindestguthaben auf einen mehr symbolischen Betrag zurückgegangen. Die Verschärfung der Bestimmungen ergab eine Abschöpfung von 1,7 Milliarden Franken, die auf ein Sonderkonto bei der Nationalbank einbezahlt werden mussten.

Nationalbank und Bankiervereinigung griffen ausserdem erstmals auf die im Rahmenabkommen von 1969 vorgesehene Erhebung von Mindestguthaben

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auf dem Zuwachs an Inlandverbindlichkeiten zurück, wobei die angewendeten Prozentsätze der Hälfte der im Rahmenabkommen vorgesehenen Maximalansätze entsprachen. Durch diese Massnahme wurden flüssige Mittel der Banken im Betrage von 1,2 Milliarden Franken gebunden.

Die genannten Vorkehren führten zusammen mit einigen weiteren Faktoren (Zunahme des Notenumlaufs, laufender Devisenbedarf der Bundesverwaltung) bis Mitte Juni zu einem Rückgang der Giroguthaben der Wirtschaft auf 6,1 Milliarden Franken, gegenüber 12 Milliarden Mitte Februar 1972 und 13 Milliarden Mitte August 1971. Unter Berücksichtigung der um rund l Milliarde vergrösserten Kassenhaltung war damit der Liquiditätsüberhang von gegen 9 Milliarden Franken auf etwa 1-1,5 Milliarden reduziert worden. Es war vorgesehen, diesen Restbetrag durch eine leichte Erhöhung der Mindestguthabensätze und durch die Zwangskonversion in relativ kurzer Zeit abzubauen.

Dann aber folgten die oben geschilderten Ereignisse mit der Freigabe des Pfundkurses. Wieder setzten kurzfristige Kapitalströme aus den als weniger stabil angesehenen in die als sicherer geltenden Währungen, darunter auch den Schweizerfranken, ein. Die Nationalbank reagierte auf die britische Massnahme im Einvernehmen mit dem Bundesrat unverzüglich, zunächst mit dem Verzicht auf Interventionen am Devisenmarkt vom 23. bis 30. Juni 1972.

Neben diesen rein monetären Massnahmen zur Abwehr der von aussen kommenden Inflationsimpulse gingen auch die Bemühungen zur Bekämpfung der internen Inflationsquellen weiter.

Die restriktive Geldpolitik muss ergänzt werden durch eine entsprechende Budgetpolitik des Bundes und der Kantone. Nach den vom Bundesrat erlassenen Richtlinien zum Finanzvoranschlag des Bundes für 1973 soll der Ausgabenzuwachs soweit gedrosselt werden, dass der Nachfrageüberhang der Wirtschaft durch den Bundeshaushalt möglichst nicht noch vergrössert wird. Einschränkungen sollen insbesondere im Personalsektor, bei der Ausführung von Bauten und bei der Materialbeschaffung vorgenommen werden. Im Interesse einer vermehrten Flexibilität ist der Zahlungsbedarf für Ausgaben, die nicht erste Priorität beanspruchen können, in einem als Konjunkturrücklage zu behandelnden Eventualhaushalt zusammenzufassen. Ein ständiger Ausschuss für Budgetierangsfragen, dem Vertreter des Bundes und der kantonalen
Finanzdirektoren angehören, erliess analoge Empfehlungen für die Aufstellung der kantonalen Voranschläge.

Auf etwas weitere Sicht erfordert das konjunkturpolitische Ziel sodann die Ausschöpfung der in der Finanzordnung 1971 bis 1982 eingebauten Flexibilität bei der direkten Bundessteuer und bei der Warenumsatzsteuer. Eine entsprechende Vorlage wird Ihnen noch im laufenden Jahr unterbreitet werden.

Auch der erwähnte ständige Ausschuss für Budgetierangsfragen empfiehlt den Kantonen, allfällige Steuerreserven auszuschöpfen, Kostenbeiträge sowie Gebühren anzupassen und allenfalls die Ausführung bestimmter Vorhaben von der Erschliessung zweckgebundener laufender Einnahmen abhängig zu machen,

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Um die übermässige und inflationsfördernde Übernachfrage am Baumarkt zu dämpfen, wird eine regionale Erweiterung der Ausführungssperre für die seit Juni 1971 dem Baubeschluss unterstellten Baukategorien in Aussicht genommen.

2. Massnahmen gestützt auf den Bundesbeschluss über den Schutz der Währung

Bei der oben dargelegten Währungslage bestand die akute Gefahr eines massiven Zustromes von Auslandsgeldern in unser Land. Die damit verbundene zusätzliche Aufblähung unseres Geldvolumens hätte in Anbetracht der herrschenden Hochkonjunktur den inflatorischen Auftrieb verstärken müssen.

Angesichts dieses Risikos drängten sich Abwehrmassnahmen auf.

Eine längere Freigabe des Wechselkurses des Frankens liess sich bei der gegebenen Sachlage nicht rechtfertigen. Angesichts der auf den Devisenmärkten herrschenden Unsicherheit und der grossen Attraktivität des Frankens hätte bei einer Kursfreigabe mit einem erheblichen Anstieg des Frankenkurses gerechnet werden müssen, was mit unseren realen Austauschverhaltnissen mit dem Ausland nicht in Einklang gestanden hätte. Schliesslich war zu berücksichtigen, dass andere Länder - Grossbritannien vorübergehend ausgenommen - nach einem Unterbruch von einigen Tagen zu festen Wechselkursen gemäss dem Abkommen von Washington zurückkehrten. Der Bundesrat erachtete daher diesen Weg als nicht angezeigt und entschied sich für gezielte Massnahmen zur Abwehr von Auslandsgeldern.

Die vom Bundesrat zwischen dem 26. Juni und dem 5. Juli in enger Zusammenarbeit mit der Nationalbank getroffenen Vorkehren stützen sich auf den Bundesbeschluss über den Schutz der Währung. Es handelt sich dabei um währungspolitische Massnahmen, die gegen die im Zusammenhang mit den Währungsunruhen eingetretenen und drohenden Geldzuflüsse in unser Land gerichtet sind. Diese Geldzuflüsse sollen ferngehalten oder rückgängig gemacht oder zumindest neutralisiert werden, um einem neuen Konjunktur- und Preisauftrieb entgegenzuwirken. Den Massnahmen kommt also auch konjunkturpolitische Bedeutung zu.

a. Die Verordnung vom 26. Juni 1972 über die Anlage ausländischer Gelder verbietet den Personen und Gesellschaften, welche sich mit der Vermögensanlage für andere befassen (Effektenhändler, Vermögensverwalter, Treuhandgesellschaften, Sachwalter, Rechtsanwälte und Notare usw.), für Ausländer Anlagen in inländischen Wertpapieren und in Hypotheken auf inländischen Grundstükken vorzunehmen lOder dabei behilflich zu sein. Eine ähnliche Verordnung wurde schon 1964, gestützt auf den Bundesbeschluss vom 13. März 1964 über die Bekämpfung der Teuerung durch Massnahmen auf dem Gebiete des Geldund Kapitalmarktes und des Kreditwesens, erlassen.

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Im Unterschied zu damals fallen unter das Anlageverbot auch die von einem Ausländer ausgegebenen Wertpapiere, wenn sie auf Schweizerfranken lauten. Die Gründung neuer Aktiengesellschaften durch Ausländer hat die Anlage ausländischer Gelder in inländischen Aktien zur Folge und fällt deshalb, wie schon 1964, grundsätzlich unter die Verordnung. Ist so das Objekt der Anlageverordnung weit umschrieben, so sieht Artikel 5 doch einige wesentliche Ausnahmen vor. So können Ausländer in dem von der Nationalbank zugelassenen Ausmass Anleihen zeichnen, deren Erlös nachweisbar in ausländische Währung konvertiert und im Ausland verwendet wird. Ebenso können sie mit Zustimmung der Nationalbank inländische Betriebsstätten errichten oder erweitern. Dagegen ist die Errichtung blosser Domizil- oder Vermögensverwaltungsgesellschaften nicht zulässig. Um trotz der Abschirmung gegen neue Kapitalzuflüsse den normalen Effektenhandel möglichst wenig zu beeinträchtigen, kann überdies nach Artikel 6 jeder Effektenhändler in dem Umfange inländische Wertpapiere an Ausländer verkaufen, als er solche von Ausländern gekauft hat.

Die Verordnung über die Anlage ausländischer Gelder will verhindern, dass das schon vorhandene Überangebot an Kapital in der Schweiz noch mehr anschwillt und die Finanzierung eines noch grösseren Umfanges an Investitionen ermöglicht, als die schweizerische Wirtschaft mit ihrem Produktionsapparat bewältigen kann.

b. Der Bundesratsbeschluss vom 26. Juni 1972 betreffend Verbot der Anlage ausländischer Gelder in inländischen Grundstücken untersagt, abgesehen von gewissen Sonderfällen, generell den Abschluss von Rechtsgeschäften zum Erwerb von Grundstücken in der Schweiz durch Personen mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland. Nach Erlass von Vorschriften zur Beschränkung des Erwerbs von mobilen Anlagen musste damit gerechnet werden, dass ausländische Investoren in grösserem Masse auf den Erwerb von schweizerischen Immobilien ausweichen würden, was ein zusätzliches inländisches Geldvolumen geschaffen hätte. Ausländische Fluchtgelder wären in knapper werdende inländische Liegenschaften investiert worden und hätten den inflatorischen Auftrieb von Bodenpreisen und Baukosten weiter verstärkt. Dazu kommt, dass schon seit Monaten in Erwartung einer schärferen Fassung des Bundesbeschlusses vom 23. März 1961/24. Juni 1970
eine sehr deutliche Zunahme der ausländischen Nachfrage auf dem inländischen Grundstückmarkt festzustellen war. Dies äusserte sich u. a. darin, dass in letzter Zeit die von den Kantonen erteilten Bewilligungen an ausländische Erwerber von Grundstücken sprunghaft zunahmen.

Die Massnahme, welche dazu beiträgt, den Zufluss ausländischer Gelder abzuwehren, ist währungspolitisch begründet. Zwar ist nicht zu verhindern, dass neben den spekulativen auch nichtspekulative Investitionen davon betroffen werden. Angesichts der drohenden Gefahren mussten jedoch Rücksichten hierauf vor den Gesamtinteressen zurückstehen.

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Der Bundesratsbeschluss sieht immerhin gewisse Ausnahmen vom Verbot vor, nämlich dann, wenn ein berechtigtes Interesse im Sinne des Bundesbeschlusses über die Bewilligungspflicht für den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland anzunehmen ist und überdies eine besondere Härte vorliegt. Darüber können jedoch keine allgemeinen Angaben gemacht werden, da jeder Härtefall für sich geprüft werden muss, was mit aller Sorgfalt geschieht.

Es liegt in der Natur der Sache, dass es nicht möglich ist, auf dem Wege des Härtefalles ganze Kategorien oder Landesgegenden von diesen im Gesamtinteresse des ganzen Landes ergriffenen Massnahmen auszunehtnen.

c. Die Verordnung vom 5. Juli 1972 über die Bewilligungspflicht für die Aufnahme von Geldern im Ausland unterstellt die Aufnahme von Krediten im Ausland durch Personen und Gesellschaften im Inland einer Bewilligung der Nationalbank. Diese hat bei der Prüfung des Gesuches insbesondere die Wirkung der Kreditaufnahme auf den inländischen Geldumlauf in Betracht zu ziehen. Die Kreditaufnahme ist grundsätzlich zu verweigern, wenn sie die inländische Geldmenge erhöhen würde. Kredite bis zu einer Million Franken im Jahr und Kredite, die in direktem Zusammenhang mit Waren- und Dienstleistungsgeschäften in Form von handelsüblichen Zahlungsfristen oder Vorauszahlungen vereinbart werden, unterliegen der Bewilligungspflicht nicht.

Die Verordnung ist nicht anwendbar auf Firmen, die dem Bankengesetz voll unterstehen (Banken, Sparkassen, gewisse Finanzgesellschaften), denn diese Firmen werden durch die Verordnungen über die Fremdwährungspositionen, die Verzinsung ausländischer Gelder und die Mindestguthaben auf ausländischen Geldern erfasst. Die Beschränkungen, die dem inländischen Bankensystem zur Verhinderung einer Aufblähung der inländischen Geldmenge auferlegt werden, sollen jedoch nicht mit Hilfe namentlich ausländischer Banken durch andere Unternehmen durchkreuzt werden können. Die Verordnung stellt überdies eine logische Ergänzung des Verbotes der Anlage ausländischer Gelder in inländischen Wertpapieren und Grundstücken dar.

d. Die Verordnung vom 5. Juli 1972 über die Fremdwährungspositionen der Banken gebietet jeder Bank, bei Geschäftsschluss täglich mindestens so hohe Fremdwährungsforderungen wie -Verbindlichkeiten (einschliesslich Terminpositionen) zu halten. Es
soll dadurch vermieden werden, dass die Banken durch eine Nettoverschuldung gegenüber dem Ausland Devisen erwerben und diese bei der Nationalbank in Franken konvertieren.

e. Die Verordnung vom 4. Juli 1972 über die Verzinsung ausländischer Gelder knüpft an die Vereinbarung über die ausserordentlichen Mindestguthaben und die Verzinsung ausländischer Gelder zwischen der Nationalbank und zahlreichen Banken vom August 1971 an. Auf Grund dieser Vereinbarung waren die daran beteiligten Banken gehalten, ausländische, auf Schweizerfranken lautende Gelder, die ihnen seit dem 31. Juli 1971 zugeflossen waren, nicht zu verzinsen. Die Verordnung dehnt das Verzinsungsverbot auf alle dem Bankenge-

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setz unterstellten Kreditinstitute aus. Zusätzlich schreibt sie vor, auf dem seit dem 30. Juni 1972 eingetretenen Zuwachs eines ausländischen Guthabens eine Kommission von 2 Prozent pro Quartal zu erheben. Diese Kommission ist von den Banken an die Nationalbank zu überweisen. Der Bundesrat entscheidet über ihre Verwendung.

Die Nationalbank regelt die Berechnung des für die Erhebung der Kommission massgebenden Nettozuwachses der ausländischen Guthaben. Sie hat in Zusammenarbeit mit den Banken einen Berechnungsmodus aufgestellt, der den normalen Zahlungsverkehr möglichst wenig beeinträchtigt (Durchschnittsberechnung des Kontostandes, Freigrenze von 100000 Franken). Durch die Einführung eines kommissionsfreien Sonderkontos für Wertschriftenverkäufe, über das die Verkäufe inländischer Wertpapiere wie auch deren Käufe verbucht werden können, wurde die Vermögensverwaltung für ausländische Rechnung, ein altes und wichtiges Geschäft vieler Banken, erleichtert.

Die Kommission soll die Äufnung von Schweizerfranken-Bankguthaben durch Ausländer unattraktiv und die Spekulation kostspielig machen. Die Nationalbank hat sich nötigenfalls eine Verschärfung der eher largen Kommissionsberechnung vorbehalten.

/. Die Verordnung vom 5. Juli 1972 über die Mindestguthaben auf ausländischen Geldern ersetzt die im vorigen Absatz erwähnte Vereinbarung. Da das Verzinsungsverbot als Folge der zusätzlichen Einführung einer Kommissionsbelastung aus der Vereinbarung herausgenommen werden musste, drängte sich eine Regelung auch der Mindestguthaben auf ausländischen Geldern auf dem Verordnungswege auf. Die Verordnung erlaubt der Nationalbank, von den Banken auf Grund des seit dem 31. Juli 1971 verzeichneten Zuwachses an Auslandsgeldern zinslose Mindestguthaben einzufordern. Durch sie ist die Wirksamkeit dieses bisher auf vertraglicher Grundlage beruhenden Instrumentes der Geldpolitik wesentlich verstärkt worden : Die Nationalbank kann den Prozentsatz der Mindestguthaben in eigener Kompetenz festsetzen. Sie bestimmt auch, ob und in welchem Umfange der Zuwachs der Auslandsanlagen einer Bank vom Zuwachs der Auslandverbindlichkeiten abgezogen werden kann.

Schliesslich ist der Kreis der unterstellten Banken erweitert worden.

Die verschiedenen Verordnungen ergänzen sich gegenseitig. Sie wurden nicht gleichzeitig erlassen, teils weil
die Notwendigkeit zu raschem Handeln es nahelegte, die vordringlichsten Beschränkungen zuerst zu erlassen, teils weil weitere Vorkehren, wie insbesondere die Belastung mit einer Kommission, erst getroffen wurden, als sich dies als erforderlich erwies. Die Massnahmen sind nicht so umfassend, dass sie jeden Zufluss von Mitteln aus dem Ausland völlig unterbinden würden. Insbesondere sind Inländer frei, Guthaben und andere Anlagen im Ausland zu liquidieren und in die Schweiz zu transferieren. Auslandschweizer sind von den Einschränkungen ausgenommen. Auch durch Verschiebungen der Zahlungstermine im kommerziellen Verkehr mit dem Ausland («leads and lags») können sich nach wie vor erhebliche Geldbewegungen erge-

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ben. Man hat sich darüber klar zu sein, dass auf diesen Wegen sehr grosse Mittelzuflüsse erfolgen können.

3. Seitherige währungspolitische Entwicklung und neueste Massnahmen der Nationalbank Die von der Schweiz getroffenen Massnahmen haben ohne Zweifel dazu beigetragen, der Spekulation relativ rasch den Wind aus den Segeln zu nehmen. Allerdings wurde die beabsichtigte abschreckende Wirkung durch eine systematische Nachrichtenkampagne beeinträchtigt. Zuerst wurde der Wille und die Möglichkeit der Behörden, die erlassenen Verordnung konsequent anzuwenden, in Zweifel gezogen. Sodann fand in der kritischen Zeit die Falschmeldung weltweite Verbreitung, dass der Übergang zu einem frei schwankenden Frankenkurs unmittelbar bevorstehe. Diese Gerüchte waren geeignet, die Marktdispositionen in einem für uns ungünstigen Sinne zu beeinflussen. In der Tat hatte die Nationalbank seit der Wiederaufnahme ihrer Interventionstätigkeit am 3. Juli 1972 Dollars im Gegenwert von rund 5 Milliarden Franken zu übernehmen. Daraus auf eine Unwirksamkeit der Eingriffe zu schliessen, wäre allerdings schon deshalb unzulässig, weil der Umfang der Repatriierungen schweizerischer Gelder, die von den Massnahmen nicht betroffen werden, noch nicht bekannt ist.

Die getroffenen Massnahmen haben nicht nur den Zweck, einen unerwünschten Zufluss ausländischer Gelder zu verhindern; sie sollen auch einen Anreiz zum Wiederabfluss von Geldern schaffen. Ein diesbezüglicher Einfluss ist von der kombinierten Wirkung des Verzinsungsverbots, der Kommissionsbelastung und der Beschränkung der Anlagemöglichkeiten zu erwarten.

Ob, wann und in welchem Umfang es tatsächlich zu einem Mittelabfluss kommen wird, hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Grundsätzlich ist zu beachten, dass dies erst dann der Fall sein wird, wenn eine genügend grosse Zahl von Disponenten davon überzeugt ist, dass die Investition in einer anderen Währung der Anlage in Schweizerfranken alles in allem genommen vorzuziehen sei. Bei den,entsprechenden Überlegungen spielen sowohl Ertrags- als auch Sicherheitskriterien eine Rolle.

Mit einer ins Gewicht fallenden Neuorientierung der Geld- und Kapitalströme darf wohl erst dann gerechnet werden, wenn sich das Vertrauen in die internationale Währungslage - und das heisst vor allem in die massgebende amerikanische Währung - gefestigt
haben wird. Ausschlaggebend für die Beurteilung des Dollars ist die amerikanische Wirtschaftslage, insbesondere die Aussenwirtschaftslage. Alle massgebenden Instanzen rechnen damit, dass in dieser Beziehung im Anschluss an die Ende letzten Jahres getroffenen währungspolitischen Entscheide mit einer Besserung zu rechnen sei. Man ist sich jedoch auch darüber einig, dass dafür - wie bereits erwähnt - mindestens ein bis zwei Jahre Zeit benötigt werden. Auf kurze Sicht geht es demnach darum, diese Zeit zu überbrücken. Die in den Vereinigten Staaten

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sichtbar werdenden Ergebnisse der Inflationsbekämpfung sowie die Tatsache, dass sich die amerikanischen Währungsbehörden in jüngster Zeit entschlossen haben, sich aktiver an der Verteidigung der bestehenden Ordnung zu beteiligen, berechtigen zu gewissen Hoffnungen. Nicht zuletzt darf damit gerechnet werden, dass die heute in den massgebenden Ländern bestehenden Anlagebeschränkungen dazu führen werden, dass kurz- oder längerfristige Eurogelder in vermehrtem Masse in den Vereinigten Staaten angelegt werden.

Zur Neutralisierung des im Zusammenhang mit dem Devisenzufluss geschaffenen Notenbankgeldes wurden in Ergänzung der bisherigen Bemühungen zusätzliche Massnahmen getroffen: - Auf Grund der Verordnung über die Mindestguthaben auf ausländischen Geldern bzw. der mit den Banken bestehenden Vereinbarung wurden die Mindestguthaben auf dem Zuwachs der Inland- und Ausland Verbindlichkeiten der Banken erhöht. Gegenüber dem Stand von Ende Mai 1972 wurde damit rund l Milliarde Franken zusätzlich stillgelegt.

Die mit dem jüngsten Dollarzufluss in der Grössenordnung von 5 Milliarden Franken verbundene Schaffung von Notenbankgeld wird zusätzliche Abschöpfungsmassnahmen notwendig machen. Ihre Art kann jedoch erst präzisiert werden, wenn nähere Angaben über die Geldbewegungen im Juli vorliegen.

- Eine grosszügige Bewilligung von Kapitalexporten soll weiterhin zur Förderung des Mittelabflusses beitragen. Um insbesondere den Abfluss repatriierter Kapitalien zu fördern, wurden die bisherigen Bestimmungen insofern geändert, als der zulässige Anteil der Ausländerzeichnungen für Anleihen bis auf weiteres auf 40 Prozent reduziert wurde. Gleichzeitig wurde der Kurs für die Pflichtkonversion bei der Nationalbank auf 3.80 Franken reduziert.

Eine zusätzliche Entlastung der Marktliquidität darf im Zusammenhang mit dem Devisenbedarf des Bundes erwartet werden.

Schliesslich ist der Erlass von Kreditrichtlinien für das Jahr 1972 zu erwähnen, der im Hinblick auf die Tatsache erfolgte, dass die seit drei Jahren in Kraft stehende Kreditzuwachsbegrenzung Ende Juli ausläuft. In den Richtlinien wird den Kreditinstituten insbesondere dringend empfohlen, den Zuwachs der gesamten Kreditgewährung an das Inland im Rahmen der bisherigen Expansion zu halten und sich nicht durch die momentane Geldschwemme zu einer übermässigen Kreditgewährung
verleiten zu lassen.

4. Mutniassliche Auswirkungen der Massnahmen Am schweizerischen Konjunkturverlauf dürften die Massnahmen zum Schütze der Währung zunächst wenig ändern. Sie üben vor allem einen Einfluss auf das Volumen der nicht aus Zinsmotiven zufliessenden ausländischen Gelder aus und dämpfen den zusätzlichen Impuls, der von solchen Geldern auf

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die schweizerische Wirtschaft ausgehen könnte. Sie beziehen sich jedoch nicht auf den kommerziellen Bereich, so dass im Prinzip die Wettbewerbsverhältnisse nicht berührt werden.

Immerhin könnten sich die Vorkehren in einigen Regionen und speziellen Branchen vorübergehend dämpfend auswirken. Dies betrifft vor allem das Bauwesen und die damit verbundenen Dienstleistungsgewerbe, im besondern den Bau und die Vermittlung von Ferienhäusern und Eigentumswohnungen sowie den Liegenschaftenhandel in einigen Fremdenverkehrsgebieten, wo in wesentlichem Umfange für ausländische Kundschaft gebaut wird. Angesichts des akuten Arbeitskräftemangels gerade im Baugewerbe dürften die Dämpfungserscheinungen jedoch eng begrenzt bleiben, obwohl an sich eine gewisse Entspannung aus gesamtwirtschaftlicher Sicht positiv zu beurteilen wäre.

Zu den am meisten betroffenen Wirtschaftskreisen gehören zweifellos die stark international ausgerichteten Institute im Bankgewerbe, die allerdings seit Jahren durch die Entwicklung besonders begünstigt waren. Den Banken obliegt eine besondere Verantwortung für die Verteidigung der Stabilität der Wahrung, an der sie besonders interessiert sein sollten. Vier der sechs Erlasse richten sich ausschliesslich oder hauptsächlich an die Banken, die damit in ihrer internationalen Geschäftstätigkeit im Gesamtinteresse nicht unwesentlich eingeengt werden.

Neben den mit dem Rückgang des in den letzten Jahren allzugrossen Zuwachses an Auslandsgeldern verbundenen Konsequenzen ist die Durchführung der Verordnungen des Bundesrates für die Kreditinstitute mit zusätzlichem Arbeitsaufwand verbunden. Besonders in den ersten Wochen ergaben sich naturgemäss zahlreiche Schwierigkeiten sowohl bei der Interpretation der Beschlüsse als auch bei ihrer praktischen Anwendung. Da die Verordnungen notwendigerweise allgemein gehalten sind, aber für eine Vielzahl verschiedener Transaktionen gelten, war und ist es nicht immer leicht, zwischen zulässigen und verbotenen Geschäften zu unterscheiden. Die Anwendung der neuen Vorschriften erforderte auch erhebliche organisatorische Vorkehren, die besonders in Grossbetrieben der Kreditwirtschaft mit weitgehend automatisiertem Arbeitsablauf Schwierigkeiten verursachten.

Bei der Konzeption der Beschlüsse wurde darauf geachtet, die geschäftlichen Interessen des Bankgewerbes und
die Funktionsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz so weit wie möglich zu wahren. Daher wurde z. B. nicht ein allgemeines Anlageverbot für Ausländer erlassen, sondern der Kauf von schweizerischen Wertschriften durch Ausländer in dem Umfange zugelassen, in dem Titel von Ausländern verkauft werden. Auch in bezug auf die auf neu zufliessenden Auslandsgeldern zu entrichtende Kommission wurden Ausnahmen gemacht, die zum Ziele haben, wohlerworbene Rechte der Ausländer zu wahren. Dass solche Ausnahmen die Anwendung der Massnahmen komplizieren, ist unvermeidlich; dadurch wird die Arbeit der mit der Kontrolle betrauten Stellen ebenso wie jene der Banken selbst erschwert. Trotz den Ausnahmen zugunsten der Banken und ihrer Kunden lässt sich eine Beeinträchtigung gewisser Sparten des Bankgeschäftes mit dem Ausland nicht vermeiden. Im Hinblick auf die ausserordentlich

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grosse Auslandsverflechtung unseres Bankensystems, die zu einem nicht unwesentlichen Teil gerade durch die unsicheren Währungsverhältnisse gefördert wurde, kann eine Verlangsamung dieser Entwicklung aber auf längere Frist sogar im Gesamtinteresse unseres Landes liegen. Ebenfalls betroffen werden die übrigen Vermögensverwalter und die Rechtsanwälte, die ihre Kunden bei der Gründung von Firmen beraten. Solche Gründungen durch Ausländer gelten als Erwerb schweizerischer Anlagen und sind nur zulässig, soweit sie der Errichtung oder Erweiterung einer inländischen Betriebsstätte dienen. Dazu bedarf es der Zustimmung durch die Nationalbank. Mit der Einholung dieser Zustimmung sind Umtriebe und Verzögerungen verbunden, die als Preis für die Möglichkeit, währungspolitisch unerwünschte Gründungen und andere Geschäfte zu unterbinden, hinzunehmen sind.

Schliesslich dürften die Vorkehren des Bundesrates auch gewisse Auswirkungen auf die Bundeseinnahmen, im besondern auf die Stempelabgaben und die Verrechnungssteuer, zeitigen. Während der teilweise verminderte Zuwachs des Emissionsstempels auf Aktien, Obligationen und ausländischen Wertpapieren mehr auf den allgemeinen Liquiditätsüberftuss und folglich auf die weniger grosse Notwendigkeit der Wirtschaft, sich am Kapitalmarkt zu verschulden, zurückzuführen sein wird, dürften auch die Stempelabgaben auf dem Umsatz in- und ausländischer Wertpapiere etwas weniger ergiebig ausfallen. Die Auswirkungen des Anlageverbots und des Verzinsungsverbots auf die Einnahmen aus der Verrechnungssteuer sind schwer abzuschätzen. Ein massgebender Teil des Ertrages der Verrechnungssteuer stammt von ausländischen Besitzern schweizerischer Aktien, Obligationen und Bankguthaben. Im Ausmass eines allfälligen Rückganges der Börsenumsätze sowie der Kapitalerträge als Folge des Anlageverbotes bzw. des Verzinsungsverbotes muss somit mit einer Minderung der Verrechnungssteuereinnahmen gerechnet werden. Im weitern ist nicht auszuschliessen, dass auch die Kantone und Gemeinden vor allem als Folge des weniger aktiven Liegenschaftenhandels in bestimmten Gebieten Einnahmeeinbussen zu verzeichnen haben werden.

Wir bedauern, dass es notwendig war, die dargelegten restriktiven Massnahmen zu treffen. Neben den zusätzlichen internen Aufwendungen wirken sie auf internationaler Ebene den jahrelangen
Bemühungen zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs entgegen. Der Bundesrat war indessen durch die ausserordentlichen Verhältnisse gezwungen, Einschränkungen in Kauf zu nehmen, obwohl sie unserer traditionellen Auffassung vom freien internationalen Handels- und Zahlungsverkehr widersprechen. Die internationale Währungssituation war derart unsicher, und die Gefahr der Überschwemmung unseres Geldkreislaufes mit enormen Beträgen von Auslandsgeldern so gross, dass sich die sofortige Inkraftsetzung eines Abwehrdispositivs gebieterisch aufdrängte, wollten die Landesregierung und die Notenbank ihrem Auftrag, die Währung zu schützen, nachkommen.

Wir betrachten die verfügten Beschränkungen als vorübergehende Notmassnahmen, die nicht länger als erforderlich aufrechterhalten werden sollen. Dies gilt

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um so mehr, als sie nicht im Einklang stehen mit den Regeln des auch von der Schweiz anerkannten Liberalisierungskodexes der OECD. Anderseits wird der Bundesrat nicht zögern, wenn sich dies als notwendig erweisen sollte, auch in Zukunft die gebotenen Abwehrmassnahmen zu ergreifen.

IV. Schlussbemerkungen Mit Botschaft vom 8. September 1971 hatten wir Ihnen im Einvernehmen mit der Nationalbank den Erlass eines dringlichen Bundesbeschlusses über den Schutz der Währung beantragt. Wir begründeten unser Vorhaben damit, dass es die ungewöhnlichen Umstände an der Währungsfront rechtfertigen würden, präventiv ausserordentliche Vollmachten zu verlangen. Sie haben in der Folge unserem Begehren zugestimmt; Volk und Stände haben den Beschluss Anfang Juni dieses Jahres gutgeheissen.

Nur wenige Wochen spater erwies es sich angesichts einer neuen schwerwiegenden Störung der internationalen Währungslage als notwendig, vorübergehend Abwehrmassnahmen gegen den unerwünschten Zustrom von Auslandsgeldern zu erlassen, die wegen der Krise sofort in Kraft gesetzt werden mussten. Es darf festgestellt werden, dass die uns erteilten Kompetenzen es ermöglicht haben, das Erforderliche unverzüglich vorzukehren und damit die Landesinteressen so gut wie möglich zu wahren. Insbesondere mit Rücksicht auf die überhitzte Konjunktur und die starke Teuerung musste die sich aus währungspolitischen Gründen aufdrängende Abschirmung gegen eine unerwünschte Vermehrung der inländischen Geldmenge durch Kapitalzuflüsse über die Grenze relativ umfassend sein.

Da andere Länder auf die Währungsunruhe und ihre Folgen zum Teil bereits vor uns mit ähnlichen Massnahmen reagierten, wurden die vordem mühsam abgebauten Schranken im internationalen Zahlungsverkehr - allerdings unter veränderten Voraussetzungen - wieder errichtet. Dies bedeutet an sich einen Rückschritt. Um so dringlicher ist die Suche nach einer neuen internationalen Währungsordnung und die bessere Anpassung der nationalen Zahlungsbilanzpolitik der einzelnen Länder an die Erfordernisse einer Liberalisierung des Handels- und Dienstleistungsverkehrs. Der Bundesrat ist bereit, die Bestrebungen zu einer vermehrten Stabilität und Kooperation nach Kräften zu unterstützen und insbesondere an den Gesprächen über die Reform des Währungssystems mitzuwirken.

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Wir beantragen Ihnen, vom vorliegenden Bericht über die Massnahmen zum Schütze der Währung Kenntnis zu nehmen.

Genehmigen Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 16. August 1972 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident : Celio Der Bundeskanzler: Huber 2585

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Massnahmen zum Schütze der Währung (Vom 16. August 1972)

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15.09.1972

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365-388

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