03.019 Botschaft betreffend die Einführung einer Sondersteuer auf Alcopops vom 26. Februar 2003

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit der vorliegenden Botschaft einen Gesetzesentwurf, der die Einführung einer Sondersteuer auf den so genannten Alcopops in das Alkoholgesetz vorsieht. Wir beantragen Ihnen den Entwurf zur Annahme.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

26. Februar 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2170

2002-2447

Überblick Die Spirituosenindustrie, immer auf der Suche nach neuen Produkten, hat im letzten Jahr neue Alcopops auf den Markt gebracht. Eine moderne Präsentation, massive Werbung und tiefe Preise haben den Erfolg dieser neuen Produkte bei Jungen ausgemacht. Sie werden vor allem von Jugendlichen und sogar von Kindern konsumiert. 28 Millionen Flaschen wurden im Jahr 2001 verkauft, gegenüber weniger als 2 Millionen im Jahr zuvor. 2002 sind es fast 40 Millionen. Diese Produkte können gefährlich sein, denn sie löschen den Durst, ohne dass man den Alkohol wirklich spürt, den sie enthalten. Sie sind vor allem dazu bestimmt, neue Konsumentinnen und Konsumenten zum Trinken von Alkohol zu verleiten. Viele Junge, die den Geschmack von Alkohol in seiner traditionellen Form (Wein, Bier oder Spirituosen) kaum schätzen, gewöhnen sich so daran, Alkohol zu trinken. Je früher aber der Alkoholkonsum beginnt, desto grösser ist das Risiko, später Alkoholprobleme zu haben oder sogar eine Abhängigkeit zu entwickeln. Dies ist im Übrigen auch der Grund für das Verbot, Wein oder Bier an Jugendliche unter 16 Jahren zu verkaufen oder zu verabreichen. Für Spirituosen gilt die Grenze von 18 Jahren.

Es muss jedoch festgehalten werden, dass dieses Verbot viele Jugendliche und sogar Kinder nicht davon abhalten kann, sich Alcopops zu beschaffen und zu trinken.

Insbesondere hindert nichts ein Kind daran, solche Getränke durch eine ältere Drittperson kaufen zu lassen. Verschiedene wissenschaftliche Studien zeigen demgegenüber, dass eine Besteuerung der alkoholischen Getränke das wirksamste Mittel ist, um den Konsum zu bremsen, ganz besonders bei den Jugendlichen.

Aus diesem Grund schlagen wir eine Änderung des Alkoholgesetzes und die Einführung einer Sondersteuer auf Alcopops vor.

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Botschaft 1

Allgemeines

1.1

Der Konsum von Alcopops nimmt rasch zu

Rund 40 Millionen Flaschen Süssgetränke mit Alkoholzusatz sind im Jahr 2002 in unserem Land verkauft worden. Das sind mehr als 10 Millionen Liter mit einem durchschnittlichen Alkoholgehalt von 5,6 Volumenprozenten. Die handlichen Fläschchen, die Etiketten und die Werbung haben aus diesen Alcopops ein günstiges Modeprodukt gemacht, das mit guten Margen verkauft werden kann. Doch für die internationalen Grosskonzerne, die den Weltmarkt der Spirituosen beherrschen, geht es auch um weit mehr: Wie kann man in einer immer umkämpfteren Weltwirtschaft neue Märkte erschliessen und neue Konsumentinnen und Konsumenten finden? In einem Süssgetränk ist der Alkohol fast nicht spürbar. Erstes Zielpublikum sind deshalb Jugendliche und insbesondere junge Frauen, die häufig den Geschmack von Wein und Bier nicht schätzen, und all jene, die Abwechslung und Neues lieben sowie mit der Mode und den neuesten Trends gehen. Die Strategie zahlt sich aus, hat aber unerwünschte Wirkungen. Wo diese Produkte im Angebot sind, werden sie von vielen Jugendlichen im Pubertätsalter und sogar von Kindern zwischen 10 und 12 Jahren konsumiert. Tiefe Preise und der fehlende Alkoholgeschmack machen sie bei Partys und Veranstaltungen zu begehrten Getränken. Die Mischung mit Zucker und Kohlensäure lässt den Alkohol rascher ins Blut übergehen und verstärkt so den Rausch.

1.2

Alcopops und öffentliche Gesundheit

80 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner unseres Landes haben keine besonderen Probleme mit dem Alkohol. Doch 20 Prozent, also mehr als eine Million Personen, sind davon betroffen. Der Rausch am Wochenende wird immer häufiger. Der Konsum von alkoholischen Getränken, der in der Schweiz im vergangenen Jahrzehnt zurückgegangen war, nimmt wieder zu. Gemäss einer von der Eidgenössischen Alkoholverwaltung1 in Auftrag gegebenen Stichprobenerhebung über die Wirkung der Einführung des Einheitssteuersatzes hat der Konsum von Spirituosen nach der Senkung der Steuern auf den importierten Spirituosen und namentlich der Halbierung der Steuern auf Whisky und Cognac um mehr als 30 Prozent zugenommen. Mengenmässig ist der Konsum von Alcopops relativ gering. Er spielt jedoch eine wesentliche Rolle bei der Gewöhnung von neuen Konsumentinnen und Konsumenten an alkoholische Getränke und an das Rauschgefühl. Er kann ausserdem verhältnismässig schnell zu einer Alkoholabhängigkeit führen. Wie zahlreiche wissenschaftliche Studien zeigen, steigt das Risiko, später grosse Probleme mit einer Alkoholabhängigkeit zu haben, je früher man zu trinken anfängt. Die Spezialisten und Spezialistinnen sind sich darin einig.

1

Begleitforschung zur Einführung eines Einheitssteuersatzes für Spirituosen in der Schweiz am 1. Juli 1999, Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme, Lausanne, erscheint demnächst.

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Lehrkräfte und Eltern sind besonders besorgt wegen den Alcopops, die den Kindern schmecken und die sie manchmal bis zur Betrunkenheit konsumieren, ohne dass sie es merken. Die Presse hat in den letzten Monaten häufig von Fällen betrunkener Kinder in der Schule oder auf dem Heimweg oder gar von Alkoholkomas junger Personen berichtet.

1.3

Bereits getroffene Massnahmen zur Verhinderung des übermässigen Konsums und zum Schutz von Jugendlichen und Kindern

Es ist verboten, alkoholische Getränke an Jugendliche unter 16 Jahren zu verkaufen oder in Café-Restaurants auszuschenken. Wein, Bier und Obstwein sind ab 16 Jahren erlaubt, die übrigen alkoholischen Getränke, darunter auch Alcopops, dürfen nur an Erwachsene ab 18 Jahren abgegeben werden. Die Information wurde verbessert: Die Verkaufsverbote an unter 16-Jährige bzw. unter 18-Jährige müssen jetzt an den Verkaufsstellen ausgehängt werden. Süssgetränke mit Alkohol werden auf der Etikette folgende Aufschrift tragen müssen: «Alkoholhaltiges Süssgetränk».

Bund und Kantone setzen sich gegenwärtig dafür ein, dass die Jugendlichen über die Gefahren des Alkohols informiert werden und dass das Verkaufs- und Ausschankverbot von alkoholischen Getränken an Kinder besser eingehalten wird. Die Anstrengungen dürfen nicht nachlassen. Nach Artikel 136 des Strafgesetzbuches2 wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer einem Kind unter 16 Jahren alkoholische Getränke oder andere Stoffe in einer Menge, welche die Gesundheit gefährden kann, verabreicht oder zum Konsum zur Verfügung stellt.

Es muss jedoch festgehalten werden, dass diese verschiedenen Massnahmen nicht genügen, um die unter 16-jährigen Kinder bzw. unter 18-jährigen Jugendlichen vom Alkoholkonsum fernzuhalten, schon nur, weil nichts ein Kind daran hindert, einen älteren Freund zu bitten, das Getränk an seiner Stelle zu kaufen.

1.4

Steuer und Konsum

Steuern auf alkoholischen Getränken sind das wirksamste Instrument, um den Alkoholmissbrauch zu bekämpfen; dies zeigen zahlreiche Studien.3 Die Schweiz hat wie fast alle Länder der Welt seit dem Ende des 19. Jahrhunderts Gesetze erlassen, um die Produktion von Spirituosen zu kontrollieren und zur Eindämmung des Konsums den Preis zu erhöhen. Die erwähnte Stichprobenerhebung zeigt einmal mehr den engen Zusammenhang zwischen Steuersatz und Konsum.

Bereits einmal gab es in der Schweiz eine massive Zunahme des Konsums von Alcopops, nämlich mit dem «Hooper's Hooch». Der Entscheid der Alkoholverwaltung vom 1. Dezember 1997, die Alcopops der Monopolgebühr zu unterstellen, hat den Importeur dazu bewogen, den offensichtlich nicht mehr rentablen Verkauf sofort einzustellen. Die Steuer hatte ungefähr drei Franken pro Flasche ausgemacht.

2 3

SR 311.0 Siehe insbesondere das Standardwerk von Griffith Edwards et al., Oxford, New York, Tokyo, 1994, S. 109­124.

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Heute beträgt die Alkoholsteuer 29 Franken je Liter reinem Alkohol. Sie verteuert die Alcopops nur noch um rund 50 Rappen pro Fläschchen. Das ermöglicht es den Anbietenden, die Produkte zu verhältnismässig günstigen Preisen und gleichzeitig mit guten Margen auf den Markt zu bringen. Ein grosser Werbeaufwand und die Vielzahl der Produkte, die auf den Markt kommen, beweisen die Attraktivität der Alcopops.

Die französische Regierung hat 1996 mit Erfolg eine zusätzliche Steuer auf Alcopops von 1.10 Schweizer Franken pro 3-dl-Flasche eingeführt; heute liegt die Steuer bei 5.55 Euro pro Deziliter reinem Alkohol, was ungefähr 1.40 Schweizer Franken pro Fläschchen entspricht.

1.5

Ergebnis des Konsultationsverfahrens

Angesichts der doch eher begrenzten politischen Tragweite und der Dringlichkeit der Vorlage wurde auf eine Vernehmlassung nach Artikel 147 der Bundesverfassung verzichtet. Hingegen führte die Eidgenössische Alkoholverwaltung eine Konsultation der Beteiligten nach Artikel 22 des Alkoholgesetzes durch. Die Konsultationsfrist war kurz, was auch kritisiert wurde. Die Positionen der Konsultierten sind klar.

Eine Vernehmlassung hätte kaum weitere Erkenntnisse zur Sache und zur politischen Einschätzung gebracht: Das Alkoholgewerbe, so weit es die Importeure vertritt, lehnt eine Sondersteuer ab. Sie sei diskriminierend gegenüber den anderen Alkoholika. Andere Präventivmassnahmen seien wirkungsvoller. Zu den Ablehnenden gehören auch die Dachverbände der Wirtschaft. Diese sprechen sich aus ordnungspolitischen Gründen grundsätzlich gegen jede neue Steuer aus. Differenzierter nimmt das inländische Alkoholgewerbe Stellung. Es befürwortet die Sondersteuer, allerdings unter der Voraussetzung, dass die alkoholischen Süssgetränke auf der Basis von Wein und Obstwein nicht unterstellt werden. Die Gesundheitsorganisationen hingegen unterstützen die Sondersteuer und betonen die Gefährlichkeit der Alcopops für Kinder und Jugendliche.

2

Änderung des Alkoholgesetzes

Die Alcopops sind unbestreitbar besonders beliebte Getränke bei Kindern, jüngeren und älteren Jugendlichen, die Frische und Geschmack des Getränkes schätzen. Das verleitet sie dazu, mehr und vor allem in noch jüngerem Alter zu trinken. Zahlreiche Studien zeigen, dass es insbesondere bei Jugendlichen einen engen Zusammenhang zwischen Konsum und Preis der verschiedenen alkoholischen Getränke gibt. Die tiefen Selbstkostenpreise und damit auch Verkaufspreise rechtfertigen ebenfalls die Einführung einer Sondersteuer auf dieser Art von Produkten.

Wir schlagen deshalb entsprechend dem französischen Modell vor, eine Sondersteuer auf Alcopops ins Alkoholgesetz aufzunehmen. Sie unterliegen heute einer Alkoholsteuer von 45 bis 50 Rappen, je nach Grösse des Fläschchens bzw. der Dose und je nach Alkoholgehalt. Auf Grund der französischen Erfahrungen und jenen der Eidgenössischen Alkoholverwaltung schlagen wir Ihnen eine Steuer von 1.80 bis 2 Franken pro Fläschchen zu 2,75 bzw. 3 Deziliter bei einem Alkoholgehalt von 5 bis 6 Volumenprozenten vor. Um dies zu erreichen, sehen wir im Gesetzesentwurf 2174

einen Steuersatz vor, der vier Mal dem Einheitssteuersatz für Spirituosen entspricht.

Die Fiskalbelastung inklusive Mehrwertsteuer wäre demnach geringer als in Frankreich.

Nach Artikel 2 des Alkoholgesetzes4 gilt der Ethylalkohol in jeder Form und ohne Rücksicht auf die Art seiner Herstellung als gebranntes Wasser. Lediglich die ausschliesslich durch Vergärung gewonnenen alkoholischen Getränke wie z.B. die als Wein, Obstwein oder Bier definierten Erzeugnisse unterstehen nicht der Alkoholgesetzgebung.5 Dies gilt auch für die in der Lebensmittelverordnung definierten weinhaltigen Getränke sowie Getränke aus Obst- und Fruchtwein ohne Zugabe von Spirituosen sowie für Getränke aus Bier. Damit soll verhindert werden, dass die Produzenten, die ihre Alcopops bisher mit Spirituosen herstellen, auf reinen Gäralkohol ausweichen, um die Sondersteuer zu umgehen. Aus denselben Überlegungen unterstellte der Gesetzgeber bereits Ende des 19. Jahrhunderts die hochgradigen Naturweine ebenfalls dem Alkoholgesetz, bestand doch die Gefahr, dass die der Besteuerung unterliegenden gebrannten Wasser durch diese unbesteuerten Weine substituiert würden. Die rechtliche Abgrenzung, ob ein bestimmtes Getränk dem Alkoholgesetz untersteht oder nicht, bleibt damit ein Vollzugsproblem.

Der neue Artikel 23bis Absatz 2bis sieht eine Steuer von 400 Prozent des Einheitssteuersatzes für Spirituosen vor. Betroffen sind süsse gebrannte Wasser mit einem Alkoholgehalt von weniger als 15 Volumenprozenten. Sie enthalten mindestens 50 Gramm Zucker pro Liter und gelangen konsumfertig gemischt in Flaschen oder anderen Behältnissen in den Handel. Diese Getränke setzen sich zusammen aus einem Gemisch von gebrannten Wassern und Limonaden, Fruchtsäften oder anderen gesüssten Getränken. Sie sind im Markt bekannt unter den Bezeichnungen «Premix» und «Alcopops». Sie werden ohne Rücksicht auf die Art ihrer Herstellung der Sondersteuer unterstellt.

Die ausschliesslich durch Vergärung gewonnenen alkoholischen Erzeugnisse fallen nicht unter diese Sondersteuer. Dabei handelt es sich um die in der Lebensmittelverordnung als Wein, Obstwein, verdünnter Obstwein, Bier, Frucht- und Beerenwein definierten Erzeugnisse.6 Ausgenommen von der Sondersteuer sind auch die im 39. Kapitel der Lebensmittelverordnung definierten Spirituosen wie z.B. Kirsch, Pflümli,
Kernobstbrände, Whisky, Wodka, Cognac, Gin, aber auch Liköre, Aperitifs und Bitter, die bekanntlich einen Mindestalkoholgehalt von 15 Volumenprozenten aufweisen müssen. Mischungen solcher Spirituosen mit andern zuckerhaltigen Getränken sowie weiteren Zutaten wie Aroma- und Farbstoffen unterliegen der Sondersteuer. Schliesslich werden Erzeugnisse mit einem Alkoholgehalt bis 1,2 Volumenprozenten fiskalisch nicht belastet. Der Getränkeindustrie steht somit auch in Zukunft die Möglichkeit offen, trendige Mixgetränke mit einem niedrigen Alkoholgehalt zu kreieren.

4 5 6

SR 680 Art. 2 Bst. c der Alkoholverordnung vom 12. Mai 1999, SR 680.11 Lebensmittelverordnung vom 1. März 1995, SR 817.02

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3

Auswirkungen

3.1

Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen

Die Sondersteuer wird die Attraktivität der Alcopops sowohl für die Hersteller und Herstellerinnen als auch für die Konsumenten und Konsumentinnen vermindern. Sie könnte auch dazu führen, dass neue, ähnliche Konkurrenzprodukte, die zurzeit in der Entwicklung sind, nicht auf den Markt kommen. Im Gegensatz zu einer Erhöhung des Einheitssteuersatzes auf Spirituosen trifft die Sondersteuer die schweizerischen Brenner und Brennerinnen nicht. Niemand bestreitet, dass jungen Erwachsenen und Kindern der Zugang zum Alkohol nicht erleichtert werden darf. Die Jugendschutzvorschriften im Alkoholgesetz und in der Lebensmittelverordnung verbieten den Verkauf von alkoholischen Getränken an Kinder und Jugendliche. Und dennoch: Diese Altersgruppen kommen zu alkoholischen Getränken. Während im traditionellen Gastgewerbe und in Verkaufsgeschäften grosse Fortschritte bei der Durchsetzung der Jugendschutzvorschriften erzielt wurden, ist an Jugendveranstaltungen die Kontrolle durch die Behörden erschwert. An sogenannten Jugendfeten, Waldfesten und Openairs sind die Alcopops besondere Reisser. Erwiesen ist, dass es gerade die fiskalischen Mittel sind, die den Konsum beeinflussen. Eine Vielzahl von Studien beweist dies und die weltweit führenden Wissenschafter und Wissenschafterinnen sind sich in dieser Frage einig.

Auch die vorgeschlagene Massnahme wird nicht alle alkoholbedingten Probleme lösen. Sie verhindert auch nicht völlig die Wochenend-Trinkereien mit traditionellen Spirituosen und namentlich mit Bier, dem billigsten und gleichzeitig am meisten konsumierten alkoholischen Getränk. Die besondere Gefährlichkeit der Alcopops besteht jedoch darin, dass sie ein junges Publikum ansprechen, das an süsse Getränke gewohnt ist und den Geschmack traditioneller alkoholischer Getränke kaum liebt.7 Die vorgesehene Sondersteuer zielt somit nicht darauf ab, die Erwachsenen am Alkohol- und Alcopopkonsum zu hindern, sondern sie will die Attraktivität für die jungen Leute und besonders für die Kinder vermindern. Es gibt keinen Grund, den Süssgetränken, welche diese gerne trinken, Alkohol beizumischen. Indem die Steuer die Margen senkt, sollte sie dazu führen, dass der Handel andere Produkte mit Zugpferd-Wirkung entwickelt, die weniger gesundheitsgefährdend sind. Dabei ist nicht zu verschweigen, dass mit einer Sondersteuer auch ein Anreiz entsteht, Substitutionsprodukte zu entwickeln, die auch ein Gefahrenpotenzial beinhalten.

7

«Geschmacklich an Fruchtsäfte oder Softdrinks wie Coca Cola angelehnt, passen die neuen Kult-Drinks ausserdem ideal zur aktuellen Lebensform des jungen Zielpublikums ab 18 Jahren. Genossen wird direkt aus der Flasche, die durch das originelle Outfit auffällt.» «Die Erfolgsgeschichte nimmt kein Ende: Zuletzt erreichte der Gesamtmarkt der alkoholischen -Getränke weltweit einen Handelsumsatz von bis fünf Milliarden US Dollar. Dies entspricht einer Steigerung von rund 33 Prozent.» Germaine Hiltbrunner, in: «Schweizerische Weinzeitung», 22. November 2002, S. 25.

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3.2

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Beim heutigen Konsum (40 Millionen Flaschen) würde der Fiskalbetrag der Sondersteuer theoretisch mehr als 50 Millionen Franken betragen. Wenn hingegen der Konsum um die Hälfte zurückgeht, was das anvisierte Ziel ist, ohne durch den Konsum anderer Spirituosen ersetzt zu werden, würden sich die zusätzlichen Einnahmen nur auf rund 25 Millionen Franken belaufen. In Frankreich liegt der Konsum von Alcopops sogar fast bei null, sicher in erster Linie wegen der seit einigen Jahren erhobenen Sondersteuer.8 Die gesundheitlich positiven Auswirkungen einer höheren Steuer auf Alcopops sind, besonders langfristig, schwer zu beziffern, aber grundsätzlich unbestritten.

Da die Sondersteuer auf den gleichen Bemessungsgrundlagen wie die Alkoholsteuer erhoben wird (Alkoholmenge und Gradstärke), erfordert ihre Erhebung durch die Zollverwaltung und die Eidgenössische Alkoholverwaltung kein zusätzliches Personal.

4

Legislaturplanung

Das Projekt zur Revision des Alkoholgesetzes ist im Bericht über die Legislaturplanung 1999­20039 nicht aufgeführt. Weil die erwähnten neuen Produkte während der Legislatur aufgetaucht sind und weil sie besonders junge Personen und Kinder ansprechen, unterbreiten wir Ihnen diese Vorlage trotzdem.

5

Konformität mit EU- und internationalem Recht

Frankreich hat seit 1997 eine zusätzliche Steuer auf alkoholhaltigen Süssgetränken.

Sie trägt in ihrer heutigen Form den von der Europäischen Kommission geforderten Anpassungen Rechnung. Die Sondersteuer, wie wir sie Ihnen beantragen, lehnt sich an die Lösung Frankreichs an. Was das europäische Gemeinschaftsrecht betrifft, so legt die Richtlinie des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholischen Getränken nur einen Minimalsteuersatz fest (Richtlinien 92/83/EWG und 92/84/EWG). Somit ist die Erhöhung der Steuer vereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht. Sie ist auch kompatibel mit dem Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der EG von 197210, konkret mit Artikel 1811.

8

9 10 11

Der Hersteller von Bacardi Breezer, dem meistverkauften Premix-Getränk nach Smirnoff Ice, erklärt auf seiner Homepage, dass er nicht die Absicht hätte, seine Produkte auf den französischen Markt zu bringen. Grund: Die prohibitiven Steuern auf Premix.

(Schweiz. Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme, Standpunkte 6/02, Lausanne, 20 Dezember 2002, S. 10.)

BBl 2000 2276 Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (SR 0.632.401).

Absatz 1 dieses Artikels lautet wie folgt: «Die Vertragsparteien wenden keine Massnahmen oder Praktiken interner steuerlicher Art an, die unmittelbar oder mittelbar eine diskriminierende Behandlung der Erzeugnisse einer Vertragspartei und gleichartiger Ursprungserzeugnisse der anderen Vertragspartei bewirken.»

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Weil die Sondersteuer inländische und ausländische Produkte gleichermassen betrifft, ist sie auch mit den WTO-Verträgen vereinbar.

6

Verfassungsmässigkeit

Die vorliegende Änderung des Alkoholgesetzes beruht auf den Artikeln 105 und 131 Absatz 1 Buchstabe b der Bundesverfassung, die dem Bund die Kompetenz geben, unter besonderer Berücksichtigung der schädlichen Wirkungen des Alkoholkonsums zu legiferieren und eine Steuer auf den gebrannten Wassern zu erheben.

Die Vorlage konkretisiert im Weiteren den Schutz von Kindern und Jugendlichen, wie er in Artikel 11 der Bundesverfassung vorgesehen ist.

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