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Buudesblatt.

Jahrgang VII. Band II.

N*o- 42.

Samstag, den 8. September 1855.

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Botschaft des

Bundesrathes an die b. Bundesversammlung, betreffend die Gewährleistung der revidirten Verfassung des Kantons Tessin.

(Vom 29. Juni 1855.)

Tit.

Der Staatsrath des Kantons Tessin sandte uns unterm 8. April abhin, zum Zweke der bundesmäßigen Gewährleistung, die revidirten Verfassungsartikel ein, welche durch die Volksabstimmung vom 4. März l. I.

angenommen wurden.

Die Abänderungen, welche durch diefe partielle Revifion an der Verfassung des Kantons Teffin vom Iahre 1830 stattgefunden haben, find die folgenden: "l. Der Staatsrath wird auf sieben Mitglieder redu.-.

zirt, wovon eines als Staatsschreiber funktionirt."

..Bundesblatt. Iahra. VII. Bd. II.

39

448 Bisher bestand die Behörde aus 9 Mitgliedern, den Staatsschreiber nicht inbegriffen.

,,Der Präfident des Staatsrathes wird von dieser Behörde selbst, aus ihrer Mitte, für eine Amtsdauer von 6 Monaten erwählt. Nachdem einer zwei Mal hierzu ernannt worden, ist er das nächste Mal nicht wieder wählbar." Bisher wechselte das Präsidium bei den Mitgliedern im Kehr von Monat zu Monat.

"Für jede Berathung des Staatsrathes ist die An* wesenheit von wenigstens 4 Mitgliedern erforderlich, und ohne die Beistimmung von wenigstens 5 Mitgliedern fann fein Beschluß widerrufen werden." Bisher waren diese Zahlen 5 resp. 6.

,,II. Der Große Rath hält jährlich zwei ordentliche Sizungen, wovon die eine am ersten Montag im Mai und die andere am dritten Montag im November beginnt. Die Sizungen können nicht geschlossen werden, bevor alle »orliegenden Geschäfte erledigt find." -..Bisher bestimmte die Verfassung nur e i n e ordentliche Sizung, je auf den ersten Montag im Mai, deren Dauer aus einen Monat bestimmt war, jedoch vorn Staatdrathe verlängert werden konnte.

,,Die Mitglieder des Großen Rathcs erhalten eine Entschädigung von 5 Franken für jeden Sizungstag, an welchem sie den Sizungen wirklich beiwohnen." -.Bisher war die Entschädigung aversal auf jährlich gr. 100 für jedes Mitglied sestgesezt.

,,Dem Großen Rathe steht auch das Recht der Initiative inGesezgebungsfachen zu." Bisher hatte dieses Recht nur der Staatsrath.

,,IH. Es wird ein Obergericht von 9 Mitgliedern be# Itellt, welches für die Beurtheilung in Eivil... und Straf-

449 fachen in Sektionen eingetheilt werden kann." Bisher bestand ein Appellationsgericht aus 13 Mitgliedern.

"In jedem Bezirke besteht ein Bezirksgericht aus 5 Mitgliedern. In den Bezirken L u g a n o und L o e a r n o find zwei Bezirksgerichte, je eines für Eivilfachen und das andere für Straffälle." Bisher hießen diefe Gerichte ,,Tribunale erster Instanz."

,,Für den Wahrspruch bei fchwrnn Kriminalverbrechen ist das S c h w u r g e r i c h t eingeführt." Bisher kam diese Inrisdiktion den -îribunalen erster Instanz und dem Appellationsgerichte zu.

,,IV. Dem geistlichen Stande angehörende Bürger, seien fie Welt* und Drdensgeistliche, können nicht wählen, noch zu verfassungsmäßigen Aemtern gewählt werden." Bisher durften die Geistlichen bloß keine Stellen der ereeutiven uno richterlichen Gewalt bekleiden.

,,v. ..Das Recht zur Ausübung des Aktivbürgerrechts beginnt mit dem znrükgelegten 20. Altersjohre." Bisher war das vollendete 25. Altfrsjahr erforderlich.

,,.Die Mitglieder des Großen Rathes, der Bezirksgerichte,'der grie&ensrichterämter und der ©emcinderäthe find vorn zurükgelegten 25. Altersjahre an wählbar." Bisher war das vollendete dreißigste Altersjahr erforderlich.

Nur je ein Mitglied des Großen Rathes auf 3, welche jeder Kreis zu wählen hatte, war vom 25. Altersjahre an wählbar; auch mußten die Mitglieder des Großen Rathes in dem Kreise domieilirt sein, wo sie gewählt wurden. Künftig ist die Wahl im ganzen Kanton frei.

,,VI. Die mit Obigem nicht im Einklang stehenden Bestimmungen der Verfassung vom 4. Juli 1830 find aufgehoben und werden hier fpeziell angeführt:

450 Art. 5.

,, 16, Lut. b.

,, 2i und 22.

,, 23, erstes Dispositi», so wie die§§. 10, 13, 14

und 15.

,, 24, zweiter und dritter Saz, §. 6, im §. 7 die Worte: "Staatsschreiber und die Mitglieder und Aktuare der Gerichte erster Instanz," statt ,,Appellationsgericht" wird gesezt : ,,Obergericht;" §. 10 die Worte: "Gerichte erster Instanz."

,,

25.

,, 27 und 28 die Worte: ,,nach zurükgelegtem 30.

Iahre."

,,

29.

,, 30, das Wort: ,,Appellationsgericht."

,, 32, die Worte: ,,unter den Aktivbürgern des nämlichen Kreises."

,, 45, die Worte: ,,Gerichte erster Instanz" und ,,Appellationsgericht," an deren Stelle die entsprechenden neuen -.Benennungen treten."

Endlich werden alle Verfügungen der Verfassung vom 4. Iuli 1830, welche mit der Bundesverfassung nicht Übereinstimmen, als aufgehoben erklärt.

Als Übergangsbestimmung wurde den Revifionsartikeln angehängt, daß, sobald der Entwurf von dem Volke angenommen fei, die Urverfammlungen einberufen werden follen, um die Wahl der Abgeordneten in den Großen Rath und der Kandidaten der Bezirksgerichte und griedensrichterämter vorzunehmen. Der neue Große Rath wird zur Erneuerung des Staatsrathes und der Gerichte, so wie zur Erlassung der Geseze über die Vollziehung der Verfassungsreform schreiten.

451 In Beziehung auf den Inhalt dieser reöidirten Verfassnngsbestimmungen liegt ein Hinderniß ihrer Gewähr.leistung durch den Bund nicht v o r , indem dieselben den Grundsäzen der Bundesserfassung in keiner Weife wider* fprechen. Es fragt sich alfo nur, ob auch das bei der Revision beobachtete Verfahren den verfassungsmäßigen Forderungen entspreche.

Zur Prüfung diefer Frage heben wir zunächst die Befchwerden hervor, die aus verschiedenen Kreisen des Kantons Xeffin bei uns eingelangt find. Diese Be# schwerden find bauptfächlich gegen die Nationalraths- und die kantonalen Wahlen »om 11. März gerichtet, und nur wenige derfelben gehen zugleich gegen die Versassungsrevifion und die am 4. März darüber stattgefun«.

dene Volksabstimmung. So weit die Befchwerden die Nationalrathswahlen berühren, liegt es nicht in unserer Stellung, dieselben unferer Prüfung zu unterwerfen, da hiezu einzig der Nationalrath berufen ist. Nur fo weit fie gegen die kantonalen Wahlen und gegen die Versassungsrevifion gerichtet sind, ziehen wir dieselben in den -..Bereich unserer Begutachtung, wobei wir jedoch die beiden Fragen vollständig aus einander halten und in erster Linie diejenige über die Verfassungsrevision behandeln.

Die Beschwerden, welche gegen die Verfassungsre* vifion geltend gemacht werden und die speziellen Erwi-

derungen darauf, welche die Regierung von Tesfin über* machte, find folgende: 1) 66 Bürger ans dem Kreise S t a b b i o verbinden

mit ihrer Eingabe, d. d. 14. März 1855, gegen die Nationalraths-- und die kantonalen Wahlen, eine Protestation gegen die Gültigkeit der Verfassnngsreform, indem leztere erst nach Genehmigung durch die Bundegbehordm in Kraft treten konnte, und also

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auch die Wahlen noch nach der alten Verfassung vorzunehmen waren.

Die Mitglieder des Bureau der Wahlversammlung bemerken über diese Befchwerde unter Anderm, daß mehr als die Hälfte der Unterschriften durch falsche Vorspieglungen erfchlichen worden fei. Bei der Abstimmung über die Verfassungsreform waren 281 für und 180 gegen diefelbe.

2) .Eine Beichwerde von 23 Bürgern aus Bal er n a · lautet ganz wie diejenige von S t a b b i o .

Laut den durch denRegierungsftatthaltervonMcnd r i s i o aufgenommenen Verhören find verschiedene UnterfchrifEen falsch und ein großer Theil der Petenten hat die Petition unterzeichnet, ohne zu wissen, was sie enthält. Auf die Mlttheilung des Inhaltes derselben ziehen fie ihre Unterschriften zurük.

3) Eine dritte Befchwerde von 7l Petente« aus dem Kreise M e « d r i s i o , d. d. 14. März, lautet ebenfalls wie die vorigen.

Der Regisrungsfiatthalter von M e n d r i s i o bemerkt darüber unter Anderm, daß der MitunterZeichner Sldsokat Pietro R o g g i a nicht zu diesem Kreis gehöre, und Giacomo B e r n as c o n i erfläre keinerlei Protestation unterschrieben zu haben. Weitere Bemerkungen halte er für überflüssig, da bei einer fo bedeutenden Mehrheit, wie fie der Kreis M e n drisio hatte, die wenigen Reklamanten kaum in Betracht kommen können.

4) Eine Beschwerde mit 36 Unterschriften von Eanegg i o , Kreis Sabbio, d. d. 14. März, lautet ebenfalls wie die vorigen.

Der Regierungsstatthalter von M e n d r i s i o er* klärt, daß er hierüber keine Bemerkungen ju machen habe.

453 5) G. g. G i u d i c i , von Gionnilo, richtet linterm 7. April von Bern aus ein Schreiben an den Na* tionalrath, worin er Kassation der Nationalrathswahlen verlangt und dabei bemerkt, daß er über die Verfassungsangelegenheit eine befondere Eingabe machen werde. Eine folche Eingabe ist uns jedoch bis jezt nicht zugekommen.

6) Advokat Bianchi in Oltoone protesti« in einem Memorial vom 23. April gegen die Gewährleistung der Verfassungsreform. Der in aller Eile zufammen berufene Große Rath habe die Verfassungsreform über Hals und Kopf beschlossen. Eben fo übereilt sei diese vom Volke unter dem Druke der Waffen in den Versammlungen vom 4. März, welchen ein großer Theil der Stimmberechtigten nicht beigewohnt habe, angenommen worden.

Stanchi reichte unterm 26. dieß eine zweite, im Wesentlichen gleichlautende Beschwerde ein.

7) Mehrere Beschwerden, deren Gesuche nur auf Kasfutiou der Wahlen gerichtet find, ergehen fich im Allgemeinen gegen die Vorgänge im Kanton Tesfin vom Februar und März; am ausführlichsten ge* schiebt dieß in einer 28 Seiten starken Protestation »on 29 Bürgern aus dem Bezirke L u g a n o . Die Befchwerdepunkte betreffen vorzüglich die Einfezung des sogenannten liberalen Sicherheitsausschusses, der sich diktatorische Gewalt angemaßt habe. Die Organisation und Bewaffnung von Freikorps, die Verhaftung von politischen Führern und die Zerstörung, der Pressen der Opposition, das Zwangsanleiheu u. s. w., durch welche Mittel der stärkste Terrori....* mus im Kanton geherrscht habe und die Opposition erdrükt worden fei.

454 Der Staatsrath des Kantons Teffin, dem wir sämmtliche Beschwerden zur Untersuchung und Berichterstattung übersandten, übermittelte uns die darüber aufgenommenen Verhöre und Aktenstüke, auf welche, fo weit fie die hier in grage stehenden Beschwerden beruhren, oben bereits Bezug genommen ward, und gibt in einem einläßlichen Berichte über den Gang der Verhältnisse im Kanton Tesfin im Allgemeinen, fo wie über die Verfassungsrevifion im Besondern folgende Aufschlüsse und Erklärungen. Wir lassen den Staatsrath wörtlich reden : ,,Die Reklamationen,- obfchon auf verschiedene Gegen,,stände sich beziehend, gehen von einer gemeinsamen ,,Grundlage aus, daß nämlich alles, was infolge des ,, P r o n u n z i a m e n t o geschah, als null und nichtig an,,gesehen werde.

,,Wir folgen den Beschwerdeführern auf ihrem Boden; ,,wir beginnen mit der allgemeinen Frage und werden ,,nachher auf die Einjelnheiten eintreten.

,,Die Beschwerdeführer stellen die Ereignisse in den ,,Monaten Hornnng und März, welche dem Kantone ,,eine neue Ordnung der Dinge brachten, als das Er,,gebniß einer gouvernementalen Verfchwörung, als einen ,,Staatsstreich dar, zum Zweke, die schwankende Regie* ,,rung wieder zu befestigen.

,,Keine Regierung toar aber persönlich weniger in,,trnsfirt, als die beiden, deren eine infolge des Pro?

,,nunziamento abtrat und die andere an ihre Stelle ge* ,,langte. Von den 9 Mitgliedern, welche der abgetre" ,,tenen Regierung angehörten, horten 7 auf, Regierungs.,,mitglieder zu sein, und von den vier Neugewählten ,,erklärten drei im gleiche..; Augenblike, als man fie zur

455 ,,Annahme drängte, daß fie die Stelle nicht länger als ,,zwei Monate zu bekleiden versprechen können.

,,Wenn die abgetretene Regierung sich unöerzüglich ,,mit dem liberalen Comité verständigte, so geschah dieß, ,,weil dasfelbe aus empfehlungswürdigen Namen zusam* ,,men gesezt war; weil die Wünsche, die es mittheilte, ,,keine andern waren, als das Programm, welches die ,,Regierung selbst fich vorgefezt und seit vielen Iahren ,,mit Beharrlichkeit verfolgt hat, und weil endlich darin ,,sie das Mittel sah, die Krise zu entscheiden, welche ,,auf dem Lande lastete.

,,War es nicht gerade die R e g i e r u n g , welche ,,1842, 1849, 18.31 und 1854 die Verfassungsrevifion "anstrebte und beantragte, zu dem Zweke vorzüglich, um ,,die Gerichtsverwaltung zu verbessern, und die kanto,,nalen und eidgenösfischen Institutionen mit einander ,,in Ucbereinfiimmung zu bringen? War sie es nicht, ,,welche 1848 und 1854 die Notwendigkeit energischer ,,Mittel gegen die Finanzdefizite erkannte und die Ein,,sührung der direkten Steuern vorschlug./ War nicht ,,fie es, welche 1852 vorschlug, die Rechte zwischen Staat ,,und Kirche zu regnliren?

,,Warum hätte sie demnach nicht an die Begehren ,,fich anschließen sollen, welche ihren eigenen Anfichteti ,,entsprachen und den dringendsten Bedürfnissen des ,,Landes ein Genüge leisteten?

,,Sie zögerte demnach nicht, der Volkspetition vom ,,24. Februar, welche die Einberufung des Großen Rathes ,,verlangte, zu entsprfchen, eine Einberufung, die übri,,gens bereits durch einen Beschluß des Großen Rathes ,,vom Monat Ianuar vorgefehen und überdieß durch die ,,Nothwendigkeit geboten war, unfer Gesez über die

456 ,,Wahlen in den Nationalrath ju revidiren, welche vor# ,,zunehmen Sie uns drängten. (Vergl. Ihre Zuschrift ,,vom 14. Februar.)

,,Die Regierung wußte, daß unter den außerordent* ,,lichen Verhältnissen, in denen sie sich befand, außer ,,der gewöhnlichen eine moralische Autorität nöthig war, ,,in welche das Volk, indem es. darin seinen eigenen ,,Willen repräsentirt sah, alles Vertrauen sqen konnte, ,,Die Erwartung der Regierung und des Landes ,,wurde nicht getäuscht. Wir werden uns nicht damit

,,abgeben, die Details von Indisziplin und Unord-

,,nungen jurük zn weisen, welche so viele unbegrün,,dete Gerüchte hervorgerufen haben;, es wäre kindisch ,,zu glauben und sich zu rühmen, daß in einer Zeit, wo ,,6000 Bürger in Folge politischer Gährung auf den ,,Beinen waren, alles wie an einer Prozession fich zu,,getragen habe; allein d a s versichern wir auf's bestimm,,teste, daß diese Bewegung im Ganzen und in ihrem ,,Zweke fowol wie in ihren Ergebnissen m o r a l i s c h war; ,,und was *>ie Unordnungen betrifft, die man ihr vor,,wirft, so erlauben wir uns p fragen, wo unter ahn,,lichen Umständen (ohne selbst den sehr regelmäßigen ,,Krieg gegen den Sonderbund auszunehmen) deren ,,weniger statt hatten.

,,<2s ist demna* nicht nothig, die .-Bewea,Cjrün...e b<.-s ,,Verfahrens der Regierung am 24. gcbruar in einer ,,Verschwörung oder in einem Staatsstreiche ju suchen.

,,Als sie im November lezthin im Zweifel war, die, ,,Mehrheit des Volkes ferner für fich zu haben, beeilte ,,fie sich, der Situation dadurch ein Ende zu machen, ,,daß sie den Vertretern des Volkes ihre Entlassung an,,erbot. -.Dieses Anerbieten, statt das Gewitter ju be,,schwören, verstärkte dasselbe. Daß die große Mehr-

457 ,,heit des Großen Rathes fich gegen das Anerbieten er* ,,klärte, war zugleich ein Entschluß, der weit entfernt ,,war, ein Abstehen vom Kampfe anzudeuten.

,,Die --Bewegung vom 24. Februar ist eine eben so un?

,,vorhergesehene Thatfache gewefen, als das Ereigniß vom ,,20., welches sie zufällig herbeiführte; allein es war leicht ' ,,einzufchen, daß dieß eine glükliche Lösung der Situa,,tion war. Darum schloß fich die Regierung ohne Zau* ,,dern an und ergriff sofort die Initiative zu einer Ver« ,,fassungsreform, welche mit Nothwendigkeit zu der Er* ,,neueriing ihres eigenen Personals führen sollte.

,,Wenn es uns ein Seichtes war, von der Regie,,runa., die uns »orangieng, die Beschuldigung abzu,,wenden, als habe sie aus persönlichem Interesse ge,,handelt, so ist es nicht weniger leicht, ihre .-pûndlungen ,,auch objekti.) zu rechtfertigen.

,,yian wirft ihr Uebcrstürzung vor. Hätte man die ,,Krifis nach Belieben verlängern follen? Weil eine ,,Krip da war, mußte sie nicht so schnell als möglich ,,gelöst werden? Welcher verständige Menfch hätte eine ,,.andere Anficht haben können?

,,Ist es nicht der ehrenwerthe eidg. Kommissär, mit ,,welchem die Regierung in dieser Angelegenheit im beßten ,,Einverständnisse handelte? Er, welcher zu wiederholten ,,Malen in den Hanptort kam, um fie zu drängen, die ,,Operationen zu befördern, zum Zweke, die baldige Lö,,sung der Krise herbeizuführen; er, der seine volle ,,Genehmigung der ........ußnahmen aussprach, welche die ,,Regierung bei dem Vorgehen der Ereignisse ergriff.

,,Es »ar am 24. Hornung, als der Staatsrath den ,,Großen Rath zu einer außerordentlichen Sizung auf "den 28. gebtuar einberief. Das Einberufungsfchreiben

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,,wurde noch in der gleichen Nacht abgesandt, so daß die .,,Mitglieder, mit Ausnahme einiger, die in abgelegenen ,,Ortschaften wohnen, fie bereits am folgenden Tage in ,,..pänden hatten.

,,Der Große Rath versammelte fich am bezeichneten ,,Tage in der Zahl von 64 Mitgliedern. Die Kommif,,fion für die Revifion der Verfassung, welche bereits ,,seit Montag den 26. Hornung versammelt war, um ,,diejenigen Projekte wieder in Berathung zu ziehen, ,,über welche die Diskussion im Mai 1854 im Schooge ,,des Großen Rathes begonnen hatte, erstattete in der ,,Morgenfizung ihren Bericht.

,,Der Große Rath behandelte und genehmigte den ,,Entwurf in der Nachmittagsfizung. Der Staatsrath, ,,der ihn in Berathung gezogen hatte, genehmigte ihn eben,,falls und gab dem Großen Rathe am nämlichen Tage ,,davon Kenntniß.

,,Der Große Rath beschäftigte fich damit am foi,,genden Tage (1. März) in zweiter Berathung, nach ,,welcher der Entwurf definitiv mit 67 gegen l Stimm.; ,,angenommen wurde. (Ein Geistlicher enthielt fich der ,,Abstimmung.)

,,Zu gleicher Zeit ward das Dekret genehmigt, welches ,,die 38 Kreise auf den 4. März zusammen berief, um "über den Entwurf abzustimmen. Keine Bestimmung ,,der Verfassung stellte fich diesem Verfahren entgegen; ,,im Gegentheil war dasfelbe ganz in Übereinstimmung "mit dem Art. 46 der Verfassung von 1830, und es ist ,,zu bemerken, daß fofort der Telegraph benuzt ward, ,,damit die Regierungsstatthalter die Friedensrichter aver,,tiren, daß ferner in der gleichen Nacht noch die gedruk» ,,ten Einberufungsfchreiben und Entwürfe oerfanfct und

459 ,,der Entwurf dem Volke durch eine Proklamation vom ,,2. März angekündigt wurde, und weil er einfach war ,,und aus wenigen Artikeln bestand, vom Volke leicht ,,aufgefaßt werden konnte, und daß endlich der Ent,,wurf, obschon in der Berathung modifizirt, schon seit ,,dem 15. April 1854 in den Händen des Volkes war; ,,wenn man dieses alles erwägt, so wird man die ein,,geräumte Frist für hinreichend finden.

,,Was die Stimmregister anbetrifft, so waren die,,felben in Folge des Gemeindsgefezes vom 13. Iuni ,,1854, Art. 77, bereits seit dem Monat Iänner auf«fl«lefl-"Die Versammlungen fanden am 4. März statt; fie ,,liefen im Allgemeinen sehr ruhig ab ; 31 von 39 Kreisen ,,nahmen an, 6 verwarfen und 1 kam zu keinem Resul* ,,tate. 9,412 Bürger nahmen an der Abstimmung Theil, ,,wo»on 7,731 für Annahme, 1681 tür Verwerfung ,,stimmten.

,,Der Große Rath, wieder einberufen auf den 7. März, ,,nahm die Verifikation der Protokolle vor, welche das ,,oben bezeichnete Resultat ergaben. Dieses Resultat ,,war entscheidend; auch fand keine Reklamation statt.

,,Die Verfassungsänderung lag im Wunfche Aller, der ,,Opposition fowol, als der liberalen Partei; der Modus ,,allein ward zum Gegenstand einer Diskuffion. Noch ,,mehr, die Oppofition fah mit Vergnügen ein Ereigniß ,,fich zutragen, welches die Erneuerung der Gewalten ,,J«r Solo« hatte,,Erst hintendrein reklamirte man gegen den 4. März, ,,als der 11. März die Hoffnungen der Partei vereitelt ,,hatte.

,,Nichts kann aber die Nullität des Souveränetäts*

,,aktes vom 4. März darthun.

Kein Gesez schreibt

460 ,,die unter solchen Umständen zu beobachtenden FormeK ,,vor. Alle Antezedentien zeigen uns, daß jedesmal ein ,,Gesez ad hoc erlassen ward. Dieß und nichts anderes ,,that der Große Raih am 1. März.

,,Das Volk erklärte seinen Willen frei. Da, wo ,,die Mehrheit gegen die Veränderung war, wie in der ,, L e v e n t i n e und im Thal V e r z a s e a , verhinderte ,,nichts ihren Ausdruk. Wenn im Kreise R i v i e r a ,,Störungen stattfanden, so ist es konstatirt, daß die ,,Oppofition die Schuld daran trägt. Wenn das Volk ,,die Veränderung annahm, so geschah es darum, weil es ,,fie wollte. Zu sagen: die Vorgänge vom Hornung ,,und März haben keinen gesezlichen Werth, weil das ,,Vo(k auf deu Füßen und unter den Waffen war, ist ,,so viel, wie sagen: der Wille des Volkes hat keine ,,Bedeutung, weil er auf die evidenteste und energifchte ,,Weise sich aussprach, -- heißt so viel, wie sagen: ,,gewisse Regierungen der Schweiz sind illegitim, weil ,,fie sich aus den Ruinen des Sonderbunds erhoben, als ,,die Führer die glucht ergrissen und die eidg. Truppen ,,das Land besczten.

,,Ia die Vergleichung fällt ganz zu Gunsten von ,,Xesfin aus, weil die Bewaffneten nur Bürger des ,,Kantons waren und die Waffen an den Abstimmungstagen ,,niedergelegt wurden und weil, wenn eine Regierungs,,veränderung statt fand, dieß mit Zustimmung geschah, ,,und ohne daß die abgetretene Regierung der Gewalt ,,hätte weichen müssen, bot fie im Gegentheile ihre Hand ,,Dazu.

,,Wir denken auch nicht, daß Iemand die Idee haben ,,werde, die 6000 bewaffneten Männer seien F r e m d e ,,gewefen. Eine Fremdenlegion von 6000 Mann ist keine ,,so leichte Sache, und die Mächte, welche den jezigen

46t ,,großen Kampf bestehen, wissen, was eine folche Schö.--

,,pfung kostet."

Der Staatsrath »on Tefsin führt hierauf den mate.« riellen Inhalt der Verfassungsänderung auf, und fährt dann fort: ,,Gewiß hat das Volk des Kantons Teffin geglaubt, ,,indem es diese Bestimmungen fanktionirte, nicht bloß ,,von feinem Rechte Gebrauch zu machen, fondern einen ,,erheblichen gortfchritt zum Bessern zu thun und sich ,,feinen Miteidgenossen mehr anzunähern.

,,Wenn es nöthig wäre, die Ausfchließung der Geist,,lichen von der Politik speziell ju rechtfertigen, so wür.-.

,,den wir aufmerkfam machen, daß ihre Abhängigkeit ,,von einer fremden Gewalt sie unsähig macht, ihrem ,,eigenen Gewissen und ihrer Bürgerpflicht zu folgen.

,,Im Iahre 1852 wurden vier Mitglieder des Großen ,,Rathes durch den Bischof von C o m o wegen ihrer ,,Stimmgebung bestraft, was die Regierung in die Noth,,wendigfeit versezte, durch Verfügung vom 15. Iun{ ,,den Bischof des Amtsmißbrauchs schuldig zu erklären, ,,und unsere Mitglieder des Großen Rathes, welche dem ,,geistlichen Stande angeboren, gegen seine Angriffe in ,,6chuz zu nehmen.

,,Wir Iahen später den Bischof in rein geistlichen ,,Angelegenheiten von Oesterreich die Intervention ver* ,,langen, un-d als die Gränzspern und die Ausweisung ,,der Tefsiner vollzogen wurde, waren es wiederum der ,,Bifchof und die Par ter der ihm ergebenen Geistlichen, ,,welche diefe Maßregeln billigten.

,,Was während der Jahre 1853 und 1854 vorfiel..

,,waren nur P er ori s m en:, allein das frühere Verhak ,,ten der Geistlichkeit hatte das nämliche Streben, Bande

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,,zu schmieden, welche den Kanton ...lesfin mit dem Aus,,lande vereinigen, und dagegen diejenigen zu brechen, ,,welche ihn mit der Schweiz verbinden. .

,,Wenn wir diese Thatsachen anführen, so erzählen ,,wir fie nur getreu und ruhig, und machen daraus ,,keine große Anschuldigung. Denn wie sollten Indivi,,duen anders handeln können, die von ihrem zarten ,,Alter an in kantonsfeindlichen Gefühlen erzogen wer,,den, und deren Existenz »on Obern abhängt, welche ,,in keiner Abhängigkeit zu unserm Staate stehen.

,,So lange dieser Zustand dauert, können unsere ,,Geistlichen, wollten fie es auch, nicht gute Schweizer ,,sein. Ihre Stellung verbietet ihnen dieß. Was ist ,,also natürlicher, als fie »on den Geschäften des Lan* ,,des auszuschließen?

,,Uebrigens schließt fie auch die Bundesverfassung ,,vom National- und Ständerathe aus (Art. 64 und 83); ,,und wenn wir recht unterrichtet find, so haben andere ,,Kantone ähnliche Bestimmungen, wie die im Kanton ,,ïesfin angenommenen.

,,Nichts also, weder in der Form noch im Wesen, ,,liegt vor, um die von den Reklamanten verlangte Nich,,tigkeitserklärung zu rechtfertigen."

So lautet der Bericht der Regierung, in so weit er auf die Veranlassung und den Gang der Ereignisse und auf die Verfassungsrevifion im Besondern Bezug hat.

Wir fügen nur noch folgende Ergänzungen bei : Die am 26. Februar zusammen getretene Revifionskommiffion des Großen Rathes bestand seit dem vorigen Iahre, indem damals schon vom Großen Rathe die Revifion berathen wurde. Die Verfassung von 1830 enthält in Beziehung «uf die Revifion einzig den nachstehenden Artikel:

463 ,,Art. 46. Vor Ablauf von wenigstens 12 Jahren .nach Jnkrafttretung der gegenwärtigen Verfassung kann lünftighin keine Veränderung an derselben Gültigkeit erhalten, und auch späterhin nur unter stetem Vorbehalt

der Bestätigung von Seiten des Volkes durch die ab#

solute Mehrheit der Kreise."

©ollen wir auf diese Darstellung und auf die fämmtlichen darauf bezüglichen Aktenftüke hin die Frage beant«..orten, ob auch in Beziehung auf das bei der Revision beobachtete Verfahren den revidirten Artikeln die bundesmäßige ©ewährleistung ertheilt werden könne, fo stehen wir nicht an, auch diese Frage zu bejahen. Es war freilich dieses Verfahren ein außergewöhnliches und kann nach dem Maßstabe einer unter normalen Verhältnissen stattfindenden Reform und Entwiklung mehrfachem Tadel ausgefezt werden. Die Termine für den Zusammentritt -Dee. Großen Rathes und für die daraufhin angeordnete Volksabstimmung waren nach gewöhnlichen Verhältnissen kurz nrigesezt; die ganze Reform fond in einem Augen* .blike der höchsten politifchen Aufregung und des offen ausgebrochenen Parteikampfes statt, und in diesem Kampfe fielen zugestandenermaßen einzelne Handlungen vor, die mit dem Begriffe eines freien, geordneten Rechtszuftandes Nichts weniger als verträglich sind. Allein diese Kritik verschwindet bei der Betrachtung der außerordentlichen Lage, in welcher sich der Kanton Tefsin befand. Die bekannten Maßnahmen Oesterreichs veranlaßten Noth und Unzufriedenheit im Lande ; eine Partei benuzte diese zu einer lebhaften Opposition gegen die Regierung.

Bereits auf die Dftoberwahlen war der leidenschaftliche Parteikampf ansgebrochen. das Ergebniß diefer Wahlen und die darauf erfolgte Kassation vermehrte noch die Unbehaglichkeit des Zuftandes. Beide Parteien schienen Bunnesblatt. Jahrg. VII. .Bd. II.

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fich an Zahl fast gleich stark ; die Autorität der Regierung war gelähmt; einen beklagenswerthen UnglüksfaU benuSte die eine Partei zu dem Entschlüsse, dem Zustande ein Ende zu machen und »cn den verfassungsmäßigen Behörden die Reorganisation des Staates zu »erlangen.

Der Regierung stand die Alternative offen, der Bewegung fich anzuschließen und dieselbe zu leiten , oder jurükzutreten und das Land der Anarchie und dem Susall der Ereignisse preiszugeben. Ein drittes gab es für fie nicht.

Wer nicht von politischen Sympathien oder Antipathien befangen ist, wirb zugestehen müssen, daß, wollte sie ihren Pflichten gegen das Land getreu sein, fie allein den ersten Weg betreten konnte, und wjr glauben es als ein glükliches Ereigniß für die Stellung des Kantons Tesfin zur Eidgenossenschaft bezeichnen zu dürfen, daß fte wirklich diesen -.ffieg betrat. Die ganze Reform und Rekonstituirung des Kantons ging von den verfassungsmäßigen Behörden aus und erhielt die verfassungsmäßige Sanktion des Volkes. Wenn nun auch die Reform unter dem Eintruke politischer Aufregung und mit einjelnen politischen Erpssen begleitet stattfand, so überschritt fie doch im Ganzen genommen die Schranken der Verfassnngs* und Gesezmäßigkeit nicht. Man mag die angesezten Fristen kurz finden; ober Niemand kann be* haupten, daß fie ungesezlich waren, weil eben kein Gesez fie anders bestimmte. Selbst die Petente« machten auch nicht geltend, daß ihnen der Entwurf und der Abstimmungstag nicht zur rechten Zeit bekannt geworden sei; so wie denn überhaupt aus dem ganzen Inhalt der Beschwerden und aus der Art des Auftretens der Beschwerde?

sührer hervorgeht, daß fie eigentlich weniger über die Verfassungsänderung als über den Ausgang der Wahlen

465 vom 11. März unzufrieden find. Die Behauptungen über obgewalteten Xerrorismus lauten zu allgemein und werden durch keine der gemachten Erhebungen unterstüzt; im Gegentheil behaupten in den aufgenoinmenen Ver# hören viele der Petenten selbst-, daß fie in der Freiheit d*r Abstimmung in keiner Weise beeinträchtigt waren. Das Gleiche ergibt sich überdieß aus der Vergleichung der Zahlenverhältnisse selbst. Ueber 9000 Bürger nahmen an der Abstimmung ....theil ; in fast allen Kreisen erzeigte fich eine Minderheit gegen die Reform, in mehreren Kreifen sogar eine Mehrheit. Hätte nicht im Allgemeinen Freiheit der Abstimmung bestanden, fo würde eine Opposition fich in diesem Verhältnisse nicht geltend gemacht haben.

Wir erachten demnach dafür, es entspreche die vorstehence VerfassnngSreforrn den Anforderungen, welche der Art. 6 der Bundesverfassung ftellt, und beehren uns. Ihnen den beiliegenden Beschiu§n.tawrf (Nr. I auf Seite 468 hiernach) zur Annahme vorzulegen.

Was die Befchwerdcpunkte gegen die kantonalen Wahlen vom 11. März betrifft, so bestehen dieselben im Allgemeinen in denjenigen Vorwürfen, welche in den bereits hievor aufgezählten Beschwerden gegen die Verfassungsrevifion hervorgehoben wurden. Insbesondere wird geltend gemacht, daß die Wahlen gültig nicht angeordnet werden konnten, bevor die revidirten Verfassungsartikel die bundesmäßige Gewährleistung erhalten hatten, und daß die Anordnung der kantonalen und der eidg. Wahlen auf den gleichen Xag Einzelt-e am Stimmen verhindert habe, weil für die erstern das Stimmrecht in dem Heimathskreise, für die leztern im Kreise des Do-

mizils anszuüb..-« sei.

Der Staatsrath des Kantons Tesfin läßt fich auch über diefen Theil der Befchwerde einläßlich vernehmen,,

466 und aus feinem Berichte geht hervor, daß bei dem Großen Rathe des dortigen Kantons nur gegen die Wahlen von vier Kreisen Kassationsbeschwerde erhoben worden ist, nämlich gegen die Wahlen von S o n v i e o , Sessa, M a g l i a s i n a und G i u b i a s e o , welche sämmtlich als gültig erklärt wurden. In R i v i ' e r a stritten fich zwei Versammlungen über ihre Gefezmäßigke.t. (2 Mitglieder ans 3 wurden von jeder Verfammlnng erwählt.)

Das Gleiche hatte in M a l v a g lia stattgefunden, wo von jeder Versammlung ein Mitglied gewählt ward. Der Große Rath kasfirte eine Versammlung in jedem Kreise und erklärte die andere als gültig. Endlich hatte eine persönliche Reklamation gegen das Rathsmitglied B ag a z z i , von Vira, wegen Bestechung statt, welcher der Große Rath keine .Folge zu geben beschloß.

Wir finden nun, die Entscheidung über Wahlbe?

schwerden gegen kantonale Wahlen stehe einzig und allein den betreffenden kantonalen Behörden zu. Deßhallj hatten die Beschwerdeführer, so weit sie in dieser Bezichnng fich zu beklagen hatten, fich an die kompetenten kantonalen Behörden und speziell an den dortigen Großen Rath zu »enden. Nur wenn ihnen die Berufung an die Behörden verweigert, oder durch die Entfcheidungen der leztern verfassungsmäßig garantirte Rechte ossenbarverlejt worden wäre, würde ein Rekurs an die Bnndesbehörden begründet gewesen sein. Weder die eine noch die andere Voraussezung ist aber vorhanden, und die Beschwerde* führer selbst berufen fich auch nicht darauf. Ohne deßhalb in das Materielle der Beschwerden und in die Er# widerungen des Staatsrathes von Teffin einläßlicher einzutreten, erachten wir ein Eingehen auf die Beschwerde nicht in der Kompetenz des Bundes.

Die Behauptung, daß die kantonalen Wahlen nicht vorgenommen werden durften, bevor die neuen Verfassungsartikel die bundesmäßige Gewährleistung erhalten hätten, ist unbegründet. Die Gewährleistung einer kautonalen Verfassung durch den Bund enthält in Beziehung auf die Frage der Gültigkeit dieser Verfassung nur die Beglaubigung, daß fie mit den Rechten des Bundes und den Bestimmungen der Bundesverfassung nicht im Widersprüche stehe. Erfolgt diese Beglaubigung auch erst nachträglich, so thut dieß ihrer Inkrafttretung und Anwendung im Kantone selbst, vom Tage ihrer Annahme oder Proklamation an, keinen Eintrag. So herrfchte bis jezt auch die Praris in dieser Frage.

Hierauf gestüzt, beantragen wir die Annahme des folgenden weitern Beschlusses (Nr. H auf Seite 46!} hienach), und benuzen diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu verfichern.

Bern, den 29. Iuni 1855.

Im Namen des schweiz. Bundesrathes,.

Der Bundespräsident:

Dr. Furrer Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schieß.

468 Beschlußentwurf.

Nr. I.

D i e B und e s v er fa mml ung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einficht der revidirten Verfassungsartikel des Kantons X e f s i n , vom 1. März 1855, von der Mehrheit des Volkes genehmigt den 4. März 1855, und der darauf bezüglichen Botschaft des Bundesrathes ; in Erwägung, daß diese Verfassungsrevifion den Vorschriften des Art. 6 der Bundesverfassung entspricht,

b e s c h l i e ß t: 1. Den revidirten Verfassungsartikeln des Kantons Tesfin, vom 1. März 1855, vom Volke genehmigt den 4. März 1855, ist die Gewährleistung des Bundes ertheilt.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

Alfo den gefezgebenden vorzulegen beschlossen,

Räthen der Eidgenossenschaf.,

B e r n , den 29. Iuni 1855.

Im Namen des schweiz Bundesrathes, Der Bunde spräsident :

Dr. Furrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

<§chie$.

469 aseschlußentwurf.

Nr. II.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einficht mehrerer Beschwerden aus dem Kanton ..tefsin gegen die dortigen kantonalen Wahlen, vom 11.

März 1855, und der daraus bezüglichen Botschaft des Bundesrathes ; in Erwägung, daß die Entfcheidung über Beschwerden gegen kantonale Wahlen Sache der betreffenden kompetenten Behörden der Kantone ist, und ein Rekurs an die Bundesbehörden nur begründet erscheint, wenn die Berufung an die kantonalen Behörden verweigert oder -- durch die Entfcheidung dieser leztern -- Rechte, welche durch die Bundesverfassung gewährleistet sind, »erlezt wurden; daß bei den vorliegenden Beschwerden weder die eine noch die andere dieser Voraussezungen vorhanden ist,

beschließt: Es wird in die Beschwerden gegen die kantonalen Wahlen des Kantons Xeffin vom 1l. März 1855 nicht eingetreten.

Also den gefezgebenden Räthen der Eidgenossenschaft vorzulegen befchlossen, B e r n , den 29. Iuni 1855.

Im Namen Des schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Dr. Dürrer.

,

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: @chie&.

9l o te. Die beiden vorstehenden Befchtnßentwürfe wurden von der Butts desverfammlung angenommen. (S. eidg. Gesezfammluna, B», V, S. 133 und 135.)

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Botschaft des Bundesrathes an die b. Bundesversammlung, betreffend die Gewährleistung der revidirten Verfassung des Kantons Tessin. (Vom 29. Juni 1855.)

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1855

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42

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08.09.1855

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