03.023 Botschaft betreffend das Abkommen mit Deutschland über Bau und Erhaltung einer Autobahnbrücke über den Rhein zwischen Rheinfelden (Aargau) und Rheinfelden (Baden-Württemberg) vom 7. März 2003

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses zum Abkommen mit Deutschland über Bau und Erhaltung einer Autobahnbrücke über den Rhein zwischen Rheinfelden (Aargau) und Rheinfelden (Baden-Württemberg) mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

7. März 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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2003-0104

Übersicht Der Bundesrat hat am 22. August 1984 das generelle Projekt des Zubringers Nationalstrasse N3 ­ Landesgrenze CH/D bei Rheinfelden als Ergänzung des am 28. November 1961 durch den Bundesrat genehmigten generellen Projektes der Teilstrecke N3 Kaiseraugst ­ Hornussen genehmigt. Das Projekt beinhaltet eine neue Grenzbrücke über den Rhein. Auf deutschem Gebiet wird die Autobahnverbindung mit der deutschen A98 zusammengeschlossen. Das vorliegende Abkommen vom 29. Januar 2003 bildet die Grundlage für den Bau dieser neuen Rheinbrücke.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Der Bundesrat hat am 22. August 1984 das generelle Projekt des Zubringers Nationalstrasse N3 ­ Landesgrenze CH/D bei Rheinfelden als Ergänzung des am 28. November 1961 durch den Bundesrat genehmigten generellen Projektes der Teilstrecke N3 Kaiseraugst ­ Hornussen, die seit 1966 in Betrieb steht, genehmigt.

Das Projekt beinhaltet eine vierspurige Strassenstrecke von knapp einem Kilometer Länge, ausgehend von einem Verzweigungsbauwerk der N3 im Gebiet Hardhof ­ Anschluss an die Kantonsstrasse Kaiseraugst-Rheinfelden (K292) ­ Zollanlage ­ schweizerischer Teil der Grenzbrücke über den Rhein. Auf deutschem Gebiet wird die Autobahnverbindung mit der projektierten deutschen Autobahn A98 über die ebenfalls neu zu erstellende Verbindungsstrasse A861 zusammengeschlossen. Die A98 ist von Weil am Rhein bis Lörrach in Betrieb, im Abschnitt Lörrach bis Karsau ist sie einschliesslich der Verbindungsstrasse A861 zur schweizerischen Grenze im Bau.

Die «Querspange N3/A98» wurde von der Besonderen Gruppe Deutschland/Schweiz der Europäischen Verkehrsministerkonferenz (CEMT) bereits in den 60er-Jahren konzipiert. Sie entspricht im Weiteren einer Empfehlung der deutsch/schweizerischen Raumordnungs-/Raumplanungskommission im gemeinsamen Grenzraum. Das Projekt hat vor allem regionalen Charakter; durch die Strassenverbindung sollen namentlich die beiden Rheinfelden, Kaiseraugst und Augst vom störenden grossen Durchgangsverkehr entlastet werden. Nach Eröffnung der neuen Autobahnbrücke wird die bestehende Rheinbrücke in der Altstadt Rheinfelden für den motorisierten Individualverkehr geschlossen.

Das Ausführungsprojekt N3 ­ A98 wurde 1987 ein erstes Mal von den zuständigen Behörden des Kantons Aargau öffentlich aufgelegt. In der Folge wurde das eröffnete Einspracheverfahren sistiert, ein Umweltverträglichkeitsbericht erstellt und das Projekt grundlegend überarbeitet. Die zweite öffentliche Auflage des überarbeiteten Projekts erfolgte 1996. Der Regierungsrat des Kantons Aargau genehmigte das Ausführungsprojekt mit zahlreichen Ergänzungen und Änderungen am 13. Oktober 1999. Dieser Beschluss erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Das Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation hat am 21. Juni 2000 dem Ausführungsprojekt die Genehmigung erteilt.

1.2

Verlauf der Verhandlungen

Auf Grundlage eines deutschen Entwurfes von 1998 wurde in zwei Verhandlungsrunden 2001 und 2002 das vorliegende Abkommen ausgearbeitet. Während die Delegationen sich über die wesentlichen Bestimmungen (Projekt, Bauausführung, Kostentragung, Betrieb und Unterhalt) rasch einigen konnten, nahm die Formulierung der ausländerrechtlichen Regelungen wider Erwarten wesentlich mehr Zeit in Anspruch.

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An den Verhandlungen mit Deutschland über das Abkommen war neben dem Bund auch der Kanton Aargau beteiligt.

2

Besonderer Teil

2.1

Kommentar zum Abkommen

2.1.1

Beurteilung des Abkommens

Das Abkommen betrifft eine Autobahnbrücke über den Rhein, die einen Teil der Verbindungstrecke zwischen der schweizerischen Nationalstrasse N3 und der deutschen A98 darstellt. Das Abkommen bringt eine ausgewogene Lösung, die den Interessen beider Staaten Rechnung trägt, insbesondere auch bezüglich der Möglichkeit zur Beteiligung an den Arbeiten.

2.1.2

Kommentar zu den einzelnen Bestimmungen

Artikel 1 regelt den Gegenstand des Abkommens, nämlich den Bau einer Autobahnbrücke über den Rhein auf schweizerischem und deutschem Hoheitsgebiet zur Verbindung der schweizerischen Nationalstrasse N3 und der deutschen Bundesautobahn A861 zwischen Rheinfelden (Aargau) und Rheinfelden (Baden-Württemberg) bei Strom-km 151,71. Zudem wird auf eine spezielle Vereinbarung hingewiesen, wonach nach der Eröffnung der neuen Autobahnbrücke die bestehende Rheinbrücke in der Altstadt Rheinfelden für den motorisierten Individualverkehr geschlossen wird.

Artikel 2 umschreibt das Bauwerk, das aus drei Brückenfeldern mit einer Gesamtlänge von 211 m besteht und eine Gesamtbreite von 22,63 m aufweist; es trägt zwei voneinander getrennte Überbauten mit jeweils einer Richtungsfahrbahn in einer Breite von 8 m. Es kann entlang der Ostseite der Brücke ein Rad-/Gehweg erstellt werden, was einem Anliegen der beiden Städte Rheinfelden entspricht.

Artikel 3 stellt fest, dass die Brücke eine gemeinsame Aufgabe der Vertragsparteien ist, wobei die Bundesrepublik Deutschland die Bauausführung übernimmt. Damit ist sichergestellt, dass den Anliegen der Schweiz gebührend Rechung getragen wird.

Die Brücke wird nach den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden bautechnischen Normen und Vorschriften des Bauwesens geplant, ausgeführt und abgenommen. Schweizerische Firmen werden in die Ausschreibung gleichberechtigt miteinbezogen. Weil gemäss bisheriger Praxis die Zuständigkeit für die Bauausführung bei jedem neuen gemeinsamen Bauwerk jeweils wieder wechselt, ist im vorliegenden Fall Deutschland für die Bauausführung zuständig.

Nach Artikel 4 erwirbt jede Vertragspartei auf ihre Kosten die zum Bau nötigen Grundstücke und Rechte auf ihrem Gebiet. Der Erwerb erfolgt durch den Kanton Aargau. Die Kosten gehen zu Lasten der Nationalstrassenrechnung.

Artikel 5 regelt die Abnahme des Bauwerks.

Nach Artikel 6 trägt jede Vertragspartei die Hälfte der Kosten für den Bau der Brücke. Die Schweiz übernimmt Verwaltungskosten in Höhe von 10 Prozent der auf sie entfallenden Kosten. Es wird zudem festgehalten, dass die für den Bau und die

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Erhaltung des Geh- und Radweges anfallenden Mehrkosten die beiden Städte Rheinfelden (Aargau) und Rheinfelden (Baden-Württemberg) tragen.

Artikel 7 enthält Bestimmungen über die Zahlungsmodalitäten.

Nach Artikel 8 übernimmt die bauausführende Vertragspartei Betrieb und Unterhalt der Brücke. Die Kosten werden hälftig geteilt.

Nach Artikel 9 benötigen die mit dem Bau, dem Unterhalt und der Erneuerung der Brücke beschäftigten Personen keine Arbeitsgenehmigung des anderen Vertragsstaates. Diese Bestimmung soll auf Gegenseitigkeit auch für zukünftige Grenzbrückenbauten gelten.

Artikel 10 befreit Waren, die zum Bau und zur Erhaltung der Brücke und der dazugehörigen Grenzabfertigungsanlagen im Rahmen dieses Abkommens verwendet werden, von Einfuhrabgaben. Diese Bestimmung ist Ausfluss des Briefwechsels vom 9. Juni 1978 über Befreiungen und Erleichterungen bezüglich Eingangsabgaben beim Bau, bei der Unterhaltung, bei der Änderung und beim Betrieb anderer Grenzübergänge und Grenzbrücken (SR 0.725.121.1) zum Vertrag vom 9. Juni 1978 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über den Autobahnzusammenschluss im Raum Basel und Weil am Rhein (SR 0.725.121).

Artikel 11 verweist auf die noch abzuschliessende Vereinbarung für die Grenzabfertigungsstellen.

Artikel 12 und der Anhang enthalten Schutzbestimmungen für den Fall, dass grenzüberschreitend Personendaten ausgetauscht werden müssen. Beim Kreis der Betroffenen handelt es sich insbesondere um die auf der Baustelle beschäftigten Personen; die Daten dürfen nur in diesem Zusammenhang verwendet werden.

Nach Artikel 13 wird für die Durchführung des Abkommens eine Gemischte Kommission eingesetzt.

Artikel 14 regelt das Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten.

Nach Artikel 15 wird das Abkommen auf unbestimmte Zeit geschlossen und ist unkündbar; es kann nur in gegenseitigem Einvernehmen geändert, ergänzt oder aufgehoben werden.

Artikel 16 regelt das Inkrafttreten und die vorläufige Anwendbarkeit des Vertrages.

Es wird insbesondere festgehalten, dass zum Zwecke einer frühestmöglichen Verkehrsfreigabe der Brücke die Bestimmungen dieses Abkommens bereits ab dem Datum seiner Unterzeichnung vorläufig angewendet werden sollen. Die Aufnahme dieser Bestimmung erfolgte auf deutschen Wunsch und war vor allem als «Absicherungsklausel»
gedacht, die eigentlich nicht zum Zuge kommen sollte. Der Abschluss der Verhandlungen über das Abkommen hat sich indessen völlig unerwartet um fast ein Jahr verzögert, weil die Fragen der ausländerrechtlichen Regelungen zunächst nicht zur Zufriedenheit beider Seiten gelöst werden konnten. Zu bedenken ist, dass das Interesse am Baubeginn in der Schweiz und Deutschland gross ist, damit das unbestrittene, jahrzehnte alte Vorhaben zur Entlastung des betroffenen Gebietes zügig ausgeführt werden kann. Die planungsrechtlichen Genehmigungen liegen vor und ­ was wesentlich erscheint ­ es sind die notwendigen Kredite eingestellt. Der Baubeginn der Brücke soll voraussichtlich im Sommer 2003 erfolgen.

Nach Artikel 17 wird das Abkommen bei den Vereinten Nationen registriert.

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2.1.3

Notenaustausch

Im Rahmen dieses Abkommens wurde ein Notenaustausch vereinbart, der für das vorliegende wie für zukünftige Abkommen dieser Art gelten soll (AS 2003 676).

Danach liegt keine Einreise in das Hoheitsgebiet der jeweils anderen Vertragspartei vor, solange den Grenzbehörden der anderen Vertragspartei eine Kontrolle des Aufenthalts möglich bleibt, nachdem das nur vorübergehende Passieren der Grenzübergangsstelle zur Durchführung der an den Grenzbauwerken notwendigen Arbeiten zugelassen wurde.

Auf deutschen Wunsch tritt der Notenaustausch am Tag seines Vollzuges, d. h. am Tag der Unterzeichnung des Abkommens bereits in Kraft, weil das Abkommen vorläufig angewendet wird. Beides ist nötig, damit sofort mit dem Bau begonnen werden kann.

3

Auswirkungen

3.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

3.1.1

Auswirkungen auf den Bund

Die Autobahnbrücke auf schweizerischem Gebiet gehört zum schweizerischen Nationalstrassenprogramm und dessen Finanzierung. Das Abkommen bringt somit keine besonderen Aufwendungen mit sich. Die Querspange auf Schweizer Seite wird rund 94 Mio. Franken (Kostenschätzung Ende 2002, ohne Zollanlagen) kosten, die zu 84 Prozent vom Bund finanziert werden. Die Kosten des Brückenanteils betragen rund 6,9 Mio. Franken. Das Abkommen hat keine personellen Auswirkungen auf den Bund.

3.1.2

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

Der Anteil des Kantons Aargau beträgt nach dem Kostenteiler für den Nationalstrassenbau 16 Prozent.

Das Abkommen hat keine personellen Auswirkungen für den Kanton Aargau und die Stadt Rheinfelden.

Auf Wunsch der beiden Städte Rheinfelden kann entlang der Ostseite der Brücke ein Geh-/Radweg erstellt werden; die Mehrkosten tragen die beiden Städte.

3.2

Auswirkungen auf die Informatik

Die Vorlage zeitigt keine Auswirkungen auf die Informatik.

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3.3

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen sind schwierig abzuschätzen, sie dürften insgesamt aber gering ausfallen. Das Abkommen sieht vor, dass sich schweizerische Anbieter bei der Ausschreibung, die von Deutschland durchgeführt wird, gleichberechtigt wie die EU-Staaten um die Aufträge bewerben können. Davon können die ansässigen KMU-Betriebe profitieren. Im Weiteren wird die Altstadt von Rheinfelden vom unerwünschten Durchgangsverkehr befreit (die alte Rheinbrücke in der Altstadt wird für den motorisierten Individualverkehr gesperrt), was unzweifelhaft zu einer erheblichen touristischen Aufwertung führen wird.

3.4

Andere Auswirkungen

Durch die Entlastung der beiden Städte Rheinfelden vom Durchgangsverkehr verbessert sich die Immissionsbelastung in der Altstadt stark.

Obschon der Bau der Autobahnbrücke grundsätzlich einem regionalen Bedürfnis entspricht und die Zollanlagen dementsprechend konzipiert worden sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Grenzübergang als grossräumige Umfahrung für den Grenzübergang Basel-Weil benützt wird. In diesem Zusammenhang haben die betroffenen Behörden in einer Vereinbarung vom 22. April 1999 über den Betrieb des Autobahnnetzes und der Zollanlagen im Raume Basel, Augst, Rheinfelden, Lörrach und Weil am Rhein beschlossen, dass auf Massnahmen, die den neuen Grenzübergang bei Rheinfelden als grossräumige Umfahrung von Basel fördern könnten, zu verzichten sei.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage ist im Bericht über die Legislaturplanung 1999­2003 angekündigt (BBl 2000 2335, Ziff. 2.4).

5

Verfassungsmässigkeit

Die Verfassungsgrundlage für den Abschluss des Abkommens bildet Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung, nach welchem dem Bund das Recht zusteht, Staatsverträge mit dem Ausland abzuschliessen. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung beruht auf Artikel 166 Absatz 2 der Bundesverfassung. Da das Abkommen unbefristet und unkündbar ist, untersteht der Bundesbeschluss über dessen Genehmigung dem fakultativen Staatsvertragsreferendum gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 1 der Bundesverfassung.

Dagegen hat der Bundesrat die Vereinbarung betreffend das Betreten des Hoheitsgebiets der jeweils anderen Vertragspartei in Form eines Notenaustausches in eigener Zuständigkeit abgeschlossen. Diese ergibt sich aus Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG, SR 142.20) in Verbindung mit Artikel 47bisb des Geschäftsverkehrsgesetzes (SR 171.11).

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