98.451 Parlamentarische Initiative Altlasten. Untersuchungskosten Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 20. August 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen gemäss Artikel 21quater Absatz 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) den vorliegenden Bericht. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Gesetzesentwurf zuzustimmen.

20. August 2002

Im Namen der Kommission: Der Präsident: Christian Speck

5008

2003-0308

Übersicht Der vorliegende Entwurf zu einer Revision des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetzes [USG]) geht auf eine Parlamentarische Initiative von alt Nationalrat Baumberger zurück, die am 7. Dezember 1998 eingereicht worden ist. Die Initiative verlangt, dass die Kosten für die Untersuchung eines im Kataster der belasteten Standorte eingetragenen oder zum Eintrag vorgesehenen Standorts dem Kanton auferlegt werden, wenn sich der Standort als nicht belastet erweist. 60 Prozent der dadurch anfallenden Kosten sollen den Kantonen aus dem Altlastenfonds des Bundes zurückerstattet werden Die geltende Regelung im Umweltschutzgesetz beruht auf einer Revision des Gesetzes vom 21. Dezember 1995. Damals hatten die Eidgenössischen Räte erstmals Vorschriften über Altlasten in das Umweltschutzgesetz (Art. 32c bis 32e USG) eingefügt. Die Kantone wurden damit verpflichtet, einen öffentlich zugänglichen Kataster der belasteten Standorte zu erstellen und dafür zu sorgen, dass sanierungsbedürftige belastete Standorte (Altlasten) saniert werden. Zudem wurde geregelt, wer die Kosten von Altlastensanierungen zu tragen hat. Die gewählte Regelung stützte sich weitgehend auf die langjährige Bundesgerichtspraxis zur Kostentragung bei Massnahmen der Behörden (Ersatzvornahmen) zum Schutz der Gewässer.

Schliesslich wurde mit der damaligen Revision einem Anliegen der Kantone Rechnung getragen und dem Bundesrat die Kompetenz erteilt, eine Abfallabgabe zur Mitfinanzierung von Altlastensanierungen zu erheben. Der Bundesrat hat die Gesetzesvorgabe in der Folge in zwei Verordnungen umgesetzt.

Das Altlastenrecht hat sich bisher insgesamt bewährt. Die Erfassung der ca. 50 000 belasteten Standorte wird von den Kantonen zügig vorangetrieben. Einige hundert der vermuteten 3000 bis 4000 Altlasten sind bereits saniert worden. Es lässt sich aber kaum vermeiden, dass bei der systematischen Erfassung auch einzelne Standorte im Kataster eingetragen werden, bei denen die spätere Untersuchung zeigt, dass sie nicht belastet sind. Die Kosten für diese Untersuchungen werden heute in der Regel den Inhabern auferlegt. Diese oft als ungerecht empfundene Praxis will die PaIv Baumberger korrigieren. Die Subkommission «Altlasten» der UREK-N hat unter Beizug von Fachleuten zusätzlich festgestellt, dass die Regelung
der Kostenverteilung einige Lücken aufweist, die in der Praxis zu Unsicherheiten geführt haben. In Anbetracht der jeweils hohen auf dem Spiel stehenden Summen erachtet es die Subkommission als sinnvoll, die Lücken durch klärende Bestimmungen zu schliessen.

Die aufgrund einer breiten Vernehmlassung bereinigte Vorlage zur vorliegenden Teilrevision des USG enthält nun folgende Vorschläge: ­

Bei einem belasteten, aber nicht sanierungsbedürftigen Standort (sog.

«Bauherren-Altlast») werden die Kosten in vergleichbarer Weise auf die Verursacher verteilt wie bei der richtigen Altlast (Art. 32bbis USG)

­

Die Kantone können neu von sich aus die Untersuchung, Überwachung und Sanierung eines belasteten Standorts in Auftrag geben (Art. 32c Abs. 3 USG).

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­

Die Regelung über die Kostenverteilung bei der Sanierung von Altlasten wird auf die Kosten der Untersuchungen und der Überwachung (Art. 32d Abs. 1 USG) ausgedehnt.

­

Die Ausnahmeklausel für die unschuldige und nichts ahnende Inhaberin eines belasteten Grundstücks wird präzisiert. Sie soll sich nur dann an den Kosten beteiligen müssen, wenn ihr daraus ein Vorteil erwächst, der über die Beseitigung der unzulässigen Einwirkung hinausgeht (Art. 32d Abs. 2 Bst. c USG).

­

Es wird ausdrücklich festgehalten, dass das Gemeinwesen die Ausfallkosten zu übernehmen hat, wenn kein Verursacher belangt werden kann (Art. 32d Abs. 2bis USG).

­

Beim Entscheid über die Kostenverteilung soll die Behörde im Rahmen des Verwaltungsverfahrens bei klaren Verhältnissen neu auch über die privatrechtlichen Ansprüche der Beteiligten verfügen können (Art. 32d Abs. 3 USG).

­

Die Kosten für die Untersuchung eines im Kataster der belasteten Standorte eingetragenen oder zum Eintrag vorgesehenen Standorts werden dem Kanton auferlegt, wenn sich zeigt, dass der Standort nicht belastet ist (Art. 32d Abs.4).

­

Abgeltungen des Bundes an die Kantone werden auch bei der Untersuchung oder Überwachung von nicht sanierungsbedürftigen belasteten Standorten geleistet (Art. 32e Abs. 3 USG) und generell auf 40 % festgelegt (Art. 32e Abs. 4 USG).

­

Bei Schiessanlagen werden pauschale Abgeltungen von 40 % an die anrechenbaren Sanierungskosten geleistet, wenn auf die Anlage spätestens zwei Jahre nach Inkraftsetzung dieser Gesetzesrevision keine Abfälle mehr gelangt sind (Art. 32e Abs. 3 Bst. b USG). Damit werden die Anliegen der Motionen 00.3702 Heim (Kostenbeteiligung des Bundes an der Sanierung von schadstoffbelasteten Böden bei Schiessanlagen) und 01.3303 Hess (Kostenbeteiligung des VBS bei Sanierungen bzw. Neubauten von Schiessanlagen) im Wesentlichen erfüllt.

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Bericht 1

Allgemeiner Teil: Das parlamentarische Vorverfahren

1.1

Ausgangslage

Grundlage des vorliegenden Entwurfs zur Änderung des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (USG) ist die Parlamentarische Initiative von Nationalrat Baumberger, welcher der Nationalrat am 27. September 1999 Folge gegeben hatte.

Die am 7. Dezember 1998 eingereichte Parlamentarische Initiative hat folgenden Wortlaut: «Gestützt auf Artikel 21bis des Geschäftsverkehrsgesetzes reiche ich folgende Parlamentarische Initiative in der Form des ausgearbeiteten Entwurfes ein, zwecks Ergänzung des Umweltschutzgesetzes mit Vorschriften betreffend die Tragung der Untersuchungskosten für Eintragungen in den Altlastenkataster bzw. Entlassungen aus dem Altlastenkataster: Art. 32d Abs. 4 Die Kantone tragen die Kosten für die Untersuchung eines im Kataster (Art. 32c Abs. 2) eingetragenen oder für den Eintrag vorgesehenen Standortes, wenn die Untersuchung ergibt, dass dieser nicht durch Abfälle belastet ist.

Art. 32e Abs. 1 Der Bund verwendet den Ertrag ausschliesslich für Abgeltungen nach den Absätzen 3 und 3bis. Die Abgeltungen werden den Kantonen nach Massgabe des Aufwandes ausbezahlt.

Art. 32e Abs. 3 Abgeltungen an die Sanierung von Deponien oder anderen durch Abfälle belasteten Standorten betragen höchstens 40 Prozent der anrechenbaren Kosten und werden nur geleistet, wenn ...

Art. 32e Abs. 3bis Abgeltungen an Untersuchungen nach Artikel 32d Absatz 4 betragen 60 Prozent der anrechenbaren Kosten.

Art. 32e Abs. 4 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über das Verfahren der Abgabenerhebung sowie über die Höhe der Abgeltungen des Bundes und die anrechenbaren Kosten.»

Begründung der Initiative «Im Rahmen der am 1. Oktober 1998 in Kraft getretenen Altlasten-Verordnung wurde aus rechtlichen Gründen die Kostentragung unter anderem für Untersuchungsmassnahmen zur Abklärung der Belastung von (möglicherweise in den Altlastenkataster gemäss USG aufzunehmenden) Standorten nicht geregelt.

In vielen Kantonen herrscht die (dem Willen des Gesetzgebers anlässlich der kürzlichen Revision des USG nicht entsprechende) Praxis, die Kosten solcher Abklärungen unabhängig von deren Ergebnis dem Standortinhaber (in der Regel dem Eigentümer des altlastenverdächtigen Grundstückes) aufzuerlegen (vgl. dazu die

5011

Zusammenfassung der Praxis in URP 1997 758 ff.). Dieses Vorgehen widerspricht den üblichen Verfahrensregeln und bedeutet inhaltlich eine unzulässige -Fiktion.

Das USG ist dementsprechend mit Vorschriften zu ergänzen, wonach die Untersuchungskosten im Hinblick auf die Erstellung des Altlastenkatasters oder die Entlassung von Standorten aus diesem Kataster jedenfalls dann zulasten der öffentlichen Hand gehen, wenn sich ergibt, dass der Standort nicht in umweltrelevanter Weise durch Abfälle belastet ist.

Zur Entlastung der Kantone soll ein angemessener Teil der Kosten für (je nach Fall) historische und/oder technische Erstuntersuchungen zulasten der Sanierungsabgaben gemäss Artikel 32e USG gedeckt werden.

Ausführungsvorschriften sind gestützt auf Artikel 32e Absatz 4 USG vom Bundesrat zu erlassen. Bis Mitte 1999 wird eine Arbeitsgruppe der Kantone und des Buwal Kriterien für Katastereintragungen (bzw. -entlassungen) erarbeiten. Es darf erwartet werden, dass dabei den Kriterien von Umweltrelevanz und Verhältnismässigkeit Rechnung getragen wird.»

1.2

Vorprüfung

Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) nahm am 29. März 1999 zur Parlamentarischen Initiative Stellung und orientierte die UREK-N über den Stand der Arbeiten der Verwaltung. Diese bearbeite zwei Bereiche, welche indirekt das Anliegen der Parlamentarischen Initiative betreffen bzw.

von dieser beeinflusst werden könnten: «1. Artikel 32e des revidierten USG gibt dem Bundesrat die Kompetenz, auf der Ablagerung von Abfällen sowie dem Export von Abfällen zur Ablagerung eine Abgabe zu erheben und mit dem Ertrag die Kantone bei der Sanierung von Altlasten zu unterstützen. Basierend auf dieser Bestimmung ist eine Verordnung über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (VASA) verwaltungsintern in Vorbereitung. Es ist vorgesehen, Ende April 1999 dazu ein Vernehmlassungsverfahren bei den Kantonen und den interessierten Organisationen zu eröffnen.

Die Verordnung soll im Wesentlichen folgende Punkte regeln: ­ Das Verfahren zur Erhebung einer Abgabe auf der Ablagerung von Abfällen im Inland und auf der Ausfuhr von Abfällen zur Ablagerung im Ausland; ­ die Abgabesätze zur Bereitstellung von jährlich rund 30 Millionen Franken für Abgeltungen an die Sanierung von Altlasten, bei denen dem Gemeinwesen Kosten erwachsen; ­ die Voraussetzungen und das Verfahren für die Gewährung von Abgeltungen an die Kantone, insbesondere auch die Höhe der Abgeltungen und die anrechenbaren Sanierungskosten.»

Die Verordnung über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (VASA) ist vom Bundesrat am 5. April 2000 erlassen worden; sie ist am 1. Januar 2001 in Kraft getreten.

«2. Die Altlasten-Verordnung (AltlV) enthält in den Artikeln 2, 5 und 6 die wesentlichen Bestimmungen über die Aufnahme und Löschung von Einträgen im Kataster der belasteten Standorte. Es wird aber insbesondere von Wirtschaftsseite befürchtet, dass viele Standorte in den Kataster aufgenommen werden, bei denen die nachfolgende Untersuchung zeigt, dass sie gar nicht mit Abfällen belastet sind. Zurzeit beschäftigt sich deshalb eine interkantonale Arbeitsgruppe unter Mitwirkung des Buwal mit der Erarbeitung von für den Vollzug notwendigen, weitergehenden Kriterien zur Erfassung belasteter Standorte im Kataster. Spezielles Ge-

5012

wicht wird dabei auf die Problematik der Erfassung und Löschung von Betriebsstandorten gelegt. Die Arbeitsgruppe wird noch im Verlaufe dieses Jahres die wesentlichen Erfassungskriterien mit den betroffenen Wirtschaftsverbänden diskutieren.»

Die Vollzugshilfe1 wurde im Sommer 2001 vom Buwal erlassen.

Schliesslich wies das UVEK in seiner Stellungnahme darauf hin, dass «der vorgeschlagene Gesetzeswortlaut die zu ändernden Bestimmungen teilweise missverständlich bezeichne. Ein Vergleich mit dem geltenden Gesetz ergebe, dass neben Artikel 32d Absatz 4 (neu) USG zwei weitere, zu ändernde Bestimmungen richtigerweise wie folgt bezeichnet werden sollten: Artikel 32e Absatz 1 zweiter und dritter Satz, Absatz 3 Einleitungssatz, Absatz 3bis (neu) und Absatz 4.

Am 11. Mai 1999 erläuterte der Initiant seine Initiative vor der UREK-N. Er führte aus, dass beim Erstellen von Katastern der belasteten Standorte und der Entlassung aus einem solchen teils hohe Untersuchungskosten entstünden. Die auf den 1. Oktober 1998 in Kraft gesetzte Altlasten-Verordnung regle die Frage nicht, wer diese Kosten zu tragen habe. Die Gerichte entschieden aber zugunsten des Staates: Wenn bei einer Untersuchung keine Belastung gefunden werde, zahle dennoch der Grundeigentümer. Dies bezeichnete der Initiant als unzulässige Verschuldensvermutung. Wenn keine relevante Belastung vorliege, müsse die öffentliche Hand die Kosten der Abklärungen übernehmen. Das Buwal rechne mit gegen 50 000 belasteten Standorten (z.B. Deponien, Garagen, Malergeschäfte, chemische Reinigungen), die in den Kataster aufzunehmen sind. Der Durchschnitt der Untersuchungskosten liege zwischen 30 000 und 50 000 Franken.

Die UREK-N gab der Parlamentarischen Initiative am 11. Mai 1999 mit 17:1 Stimmen Folge. Der Nationalrat beschloss am 27. September 1999 ohne Diskussion ebenfalls, der Parlamentarischen Initiative Folge zu geben.

1.3

Die Vorarbeiten der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie

Die UREK-N setzte am 24. Januar 2000 für die Arbeiten der zweiten Phase eine Subkommission mit folgenden fünf Mitgliedern ein: Susanne Leutenegger Oberholzer (Präsidentin), Rolf Hegetschweiler, Robert Keller, Rudolf Rechsteiner und Odilo Schmid. Die Subkommission führte zuerst eine Anhörung durch und hielt die weiteren Sitzungen mit folgenden verwaltungsexternen Fachleuten2 ab: Ursula Brunner und Jürg Suter (in der Anfangsphase), Hans Stutz (für Suter), Jürg Hofer und Peter Rosenstock. Von Seiten der Verwaltung nahmen die Fachleute3 Christoph Wenger und Marco Zaugg an den Sitzungen der Subkommission teil. Als Experte wurde Hofer vertraglich beauftragt, einen Gesetzestext einschliesslich eines kurzen Begleit1 2

3

Erstellung des Katasters der belasteten Standorte, Buwal (2001), Vollzug Umwelt.

Ursula Brunner, Dr. iur., Rechtsanwältin, Zürich; Jürg Suter, Dr. phil., damals Leiter Abteilung Abfallwirtschaft und Betriebe, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft, Zürich; Hans W. Stutz, lic. iur., damals juristischer Sekretär Abteilung Abfallwirtschaft und Betriebe im Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft, Zürich; Jürg Hofer, Experte, Dr. iur., Leiter Amt für Umwelt und Energie, Basel-Stadt; Peter Rosenstock, Dr. iur., Rechtsanwalt, Zürich.

Christoph Wenger, Dr. phil. nat., Mineraloge, Chef Sektion Altlasten und Tankanlagen, Buwal, Bern und Marco Zaugg, Fürsprecher, stv. Chef Abteilung Recht, Buwal, Bern.

5013

kommentars betreffend die Tragung der Untersuchungskosten bei Altlasten auszuarbeiten. Dieser Entwurf war die Grundlage für die weiteren Arbeiten der Subkommission.

Am 29. Mai 2001 stimmte die UREK-N dem Vorentwurf der Subkommission einstimmig zu und beauftragte den Bundesrat, ein Vernehmlassungsverfahren durchführen zu lassen.

1.4

Ergebnisse der Vernehmlassung

Insgesamt gingen 62 Stellungnahmen ein (4 politische Parteien, 25 Kantone (ohne OW), 28 Wirtschafts-, Industrie- und Berufsverbände, 5 übrige). Grundsätzlich wird die Absicht der nationalrätlichen Kommission, die unbefriedigenden und lückenhaften Regelungen bezüglich Kostentragung im Umweltschutzgesetz (USG) zu verbessern, von der grossen Mehrheit der Parteien, der Kantone und der Wirtschaftsvertreter begrüsst. Einzig die Kantone BL und JU sehen für eine USG-Revision zurzeit keinen Bedarf. Die Economiesuisse schliesslich möchte eine gründliche Überarbeitung der Vorlage.

Art. 32bbis

Finanzierung bei Aushubmaterial von belasteten Standorten

Die Parteien sind mit den Regelungen grundsätzlich einverstanden, einzig die liberale Partei äussert sich kritisch. Die Kantone lehnen diesen Artikel mit zwei Ausnahmen pauschal ab. Zwei Drittel der Wirtschaftsvertreter befürworten die Einführung des Verursacherprinzips bei der Aushubentsorgung, lehnen aber die «Solidarhaftung» (Abs. 3) entschieden ab.

Art. 32c Abs. 3

Ersatzvornahme

Mit Ausnahme der SP lehnen die Parteien diese Änderung ab. Zwei Drittel der Kantone sowie eine relativ knappe Mehrheit der Wirtschaft können sich hingegen damit einverstanden erklären.

Art. 32d

Tragung der Kosten

Die Ausweitung des Verursacherprinzips auch für die Untersuchung und Überwachung (Abs. 1) wird von den Vernehmlassungsteilnehmern fast ausnahmslos befürwortet. Die Änderungen in Absatz 2 (Exzeptionsklausel für Zustandsstörer) werden von den Parteien, der Wirtschaft und 6 grösseren Kantonen bejaht, von der Mehrheit der Kantone jedoch verworfen. Die SP und die überwiegende Mehrheit der Kantone sowie ca. ein Drittel der Wirtschaft befürworten eine beschränkte Solidarhaftung (Abs. 2bis). Die bürgerlichen Parteien, zwei Drittel der Wirtschaft sowie vier Kantone lehnen diese Neuerung aber zum Teil vehement ab. Absatz 3 (Behördlicher Entscheid über privatrechtliche Ansprüche) findet bei rund drei Vierteln der Wirtschaft, bei den Parteien sowie bei 5 grossen Kantonen Zustimmung, wird von den restlichen Kantonen jedoch abgelehnt. Die eigentliche Initiative Baumberger (Abs. 4) wird von allen Parteien, breiten Kreisen der Wirtschaft sowie den beiden grossen Kantonen Bern und Zürich befürwortet, von den übrigen Kantonen allerdings klar verworfen.

5014

Art. 32e

Abgabe zur Finanzierung von Massnahmen

Die Neuerungen in diesem Artikel werden mit Ausnahme von zwei Kantonen von sämtlichen Vernehmlassungsteilnehmern begrüsst. Die Mehrheit der Stellungnehmer favorisiert dabei den Vorentwurf der Subkommission (Abgeltungssatz 40 %).

Ergänzungsvorschlag Acht Kantone fordern eine Regelung der Kostentragung bei der Sanierung von Schiessanlagen. Zudem verlangen 14 Kantone die Einführung eines gesetzlichen Grundpfandrechts zur Absicherung der Kosten, die das Gemeinwesen bei der Ersatzvornahme zu tragen hat.

1.5

Beratung in der UREK-N

Die Subkommission «Altlasten» der UREK-N hat aufgrund der Resultate der Vernehmlassung insbesondere die beschränkte Solidarhaftung aus der Vorlage gestrichen und einen Vorschlag zur Finanzierung der Altlastenbearbeitung von Schiessanlagen neu in den Vorentwurf aufgenommen. Im Weiteren wurde die Beschränkung des Verursacherprinzips bei der Aushubentsorgung bei nicht sanierungsbedürftigen belasteten Standorten auf 30 Jahre fallengelassen und die Vorlage an verschiedenen Stellen redaktionell nochmals überarbeitet. Auf die Einführung eines gesetzlichen Grundpfandrechts wurde verzichtet. Die UREK-N hat dem Vorentwurf an ihrer Sitzung vom 19./20. August 2002 zugestimmt.

2

Besonderer Teil: Zur Revision des USG

2.1

Einleitung

Mit der Revision des USG vom 21. Dezember 19954 haben die Eidgenössischen Räte Vorschriften über Altlasten (Art. 32c­32e USG) eingefügt5. Die neuen Bestimmungen wurden von Lehre und Praxis einmütig begrüsst. In der Zwischenzeit hat sich gezeigt, dass insbesondere Artikel 32d USG, der die Tragung der Kosten regelt, unklar ist und Auslegungsprobleme bereitet. Es geht hier um heikle Rechtsfragen und oft auch um hohe Kostenfolgen. In der Literatur findet sich denn auch die Ansicht, man könne sich des Eindrucks nicht ganz erwehren, «dass sich der Gesetzgeber der Tragweite der von ihm statuierten Regelung nicht voll bewusst gewesen ist»6.

Die Problematik ist aus der Sicht von Fachleuten vor allem deshalb entstanden, weil der Gesetzgeber eine an sich durchdachte und langjährige Bundesgerichtspraxis aus einem relativ einfach zu regelnden Bereich, der Verteilung der Kosten von Sicherungs- und Behebungsmassnahmen bei Schadenfällen nach Artikel 8 des Gewässerschutzgesetzes (GSchG) von 1971 bzw. nach Artikel 54 des aktuellen GSchG, auf die komplexe Frage der Verteilung der Kosten für die Sanierung von 4 5 6

AS 1997 1155 1174 In der Botschaft des Bundesrates zur USG-Revision waren sie noch nicht vorgesehen.

Budliger, URP 1997, S. 310 f.

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Altlasten überführt hat. Die Sicherungs- und Behebungsmassnahmen bei Schadenfällen im Gewässerschutz lösen praktisch ausschliesslich Kosten bei einer Behörde aus, die diese anteilmässig auf die Verursachenden verteilen muss7. Bei der Sanierung von Altlasten hingegen muss die Behörde über die Verteilung von Kosten entscheiden, die in der Regel bei privaten Personen und Unternehmen anfallen, die wiederum häufig in zivilrechtlichen Beziehungen zu anderen stehen. Damit ergeben sich bei der Kostenverteilung im Altlastenbereich Probleme, die nicht ohne weiteres mit den Gewässerschutz-Kostenverteilungsregeln gelöst werden können.

Zudem spricht das USG bloss von den Kosten der Sanierung. Die Kostenverteilung bei der Untersuchung und Überwachung eines belasteten Standortes wird nicht ausdrücklich geregelt.

2.2

Das geltende Recht der Altlastensanierung

Im Folgenden wird vorab aufgezeigt, aus welchen Teilschritten eine Altlastensanierung besteht, welche Kosten dabei anfallen und wer sie nach dem geltenden USG zu tragen hat.

2.2.1

Erhebung belasteter Standorte; Eintrag in den Kataster (Art. 32c USG, Art. 5 AltlV)

Die Erhebung belasteter Standorte und der Eintrag in den Kataster ist Sache der Kantone. Sie tragen die dafür anfallenden Kosten. Die Kataster werden gemäss Altlasten-Verordnung vom 26. August 1998 (AltlV) aufgrund von «vorhandenen Angaben, wie Karten, Verzeichnisse und Meldungen» erstellt (Art. 5 Abs. 1 AltlV).

Die kantonale Behörde kann von den Inhaberinnen der Standorte oder von Dritten zusätzliche Auskünfte einholen (Art. 5 Abs. 1 zweiter Satz AltlV) oder generell auch Abklärungen verlangen (Art. 46 USG). Die Kostentragung in diesem Fall ist im USG nicht ausdrücklich geregelt. Nur aus dem allgemeinen, in Artikel 2 USG normierten Verursacherprinzip kann geschlossen werden, dass die Inhaberinnen der Standorte die Kosten zu tragen haben. Allenfalls können diese die Kosten zivilrechtlich auf andere überwälzen.

7

Einer der häufigsten Fälle in der Praxis ist die Überfüllung eines Tanks bei der Lieferung von Heizöl. Hier müssen die Kosten der behördlichen Einsätze (z.B. Ölwehr, Gewässerschutzpikett, Ausgraben und Entsorgen verschmutzter Erde) auf den Lieferanten (als Verhaltensstörer) sowie auf den Hauseigentümer (als Verantwortlichen für den Tank und damit Zustandsstörer) verteilt werden.

5016

2.2.2

Voruntersuchung (Art. 7 AltlV)

Sind bei einem belasteten Standort keine schädlichen oder lästigen Einwirkungen zu erwarten, muss ausser dem Eintrag in den Kataster nichts weiter unternommen werden.

In allen anderen Fällen wird eine Voruntersuchung verlangt. Die Voruntersuchung besteht in der Regel aus einer historischen und einer technischen Untersuchung.

Durchgeführt werden muss sie in erster Linie von der Inhaberin des belasteten Standortes (Art. 46 USG bzw. Art. 20 Abs. 1 AltlV). Die Behörde kann allerdings nach Artikel 20 Absatz 2 AltlV Dritte dazu verpflichten, wenn Grund zur Annahme besteht, dass sie die Belastung durch ihr Verhalten verursacht haben8.

Die historische Untersuchung führt in der Praxis kaum zu Problemen. Sie kann von den Betroffenen häufig selbst durchgeführt werden. Mit der technischen Untersuchung hingegen müssen meistens externe Spezialistinnen betraut werden ­ mit Kosten von mehreren zehntausend Franken, manchmal auch über hunderttausend Franken.

Weder Gesetz noch Verordnung regeln die Kostenverteilung für die Voruntersuchung. In Lehre und Praxis wird von folgender Kostenverteilung ausgegangen: ­

Der Standort ist nicht belastet (Art. 6 Abs. 2 Bst. a AltlV).

Nach einem Teil der Lehre9 muss gemäss Artikel 2 USG die Inhaberin des Standorts die Kosten tragen. Eine Verursacherin im Sinne eines Verhaltensstörers10 besteht nicht, weil gar keine Belastung gefunden wurde. Eine andere Lehrmeinung (Cummins11) ist der Ansicht, dass in jenen Fällen der Kanton die Kosten übernehmen muss, in denen er zu Unrecht von einem belasteten Standort ausgegangen ist.

Für das Bundesgericht wiederum «sprechen gute Gründe dafür», auch bei einem bloss altlastenverdächtigen Standort die Untersuchungskosten analog zu Artikel 32d USG auf alle Verursacher zu verteilen. Schliesslich wäre die Voruntersuchung ja nicht erforderlich, wenn niemand durch entsprechende Aktivitäten auf dem Grundstück einen Verdacht begründet hätte12.

8

9 10

11 12

BGE i.S. Z. gegen Baudirektion des Kantons Zürich vom 3. Mai 2000, in: URP 2000, S. 590 ff., Pra 2000, S. 1008 ff. Die Behörde kann nicht einfach nach freiem Ermessen darüber entscheiden, wer die Untersuchung durchzuführen hat: «Es sind Fälle denkbar, in denen nur die Heranziehung des Dritten ermessensfehlerfrei ist und somit aus der Kann-Vorschrift eine Verpflichtung der Behörde zur Heranziehung des Dritten folgt» (Erw. 2h).

Vgl. Brunner, URP 1997, S. 25ff.; Stutz, URP 1997, S. 771.

Zum Störer-Begriff vgl. Kommentar USG N 22 f. zu Art. 32c USG. Vereinfacht gesagt, handelt es sich beim Zustandsstörer um den Inhaber des Grundstücks und beim Verhaltensstörer um die Person, die die Belastung durch ihre Tätigkeit bewirkt hat.

Cummins, Diss. 1999, S. 105 BGE i.S. Z. gegen Baudirektion des Kantons Zürich vom 3. Mai 2000, Erw. 3b, URP 2000, S. 590 ff., Pra 2000, S. 1008 ff. Das Bundesgericht hat die Frage nicht entschieden, da es im konkreten Entscheid nicht um die Kostenverteilung, sondern um die Pflicht zur Durchführung der Untersuchung bei einem belasteten Standort ging. Die Ausführungen des Bundesgerichts lassen sich allerdings auch auf Standorte anwenden, bei denen sich durch die Untersuchungen herausstellt, dass sie gar nicht belastet sind.

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­

Der Standort ist belastet, aber weder sanierungs- noch überwachungsbedürftig (Art. 8 Abs. 2 Bst. c AltlV): In diesem Fall gilt nach der Mehrheit der Lehre allein Artikel 2 USG. Die Kosten zahlt somit die Person, die die Untersuchung auch durchführen muss. Allenfalls kann sie auf dem Zivilweg einen Anspruch gegenüber der Person geltend machen, welche die Belastung durch ihr Verhalten verursacht hat.

Nach Cummins13 ist es «denkbar», dass die Behörde die Kosten gestützt auf Artikel 32d USG verteilt.

­

Der Standort ist belastet und überwachungsbedürftig (Art. 8 Abs. 2 Bst. a AltlV): Es gilt das im vorhergehenden Absatz Gesagte.

­

Der Standort ist belastet und sanierungsbedürftig (Art. 8 Abs. 2 Bst. b AltlV): In der Lehre hat sich die Meinung durchgesetzt, dass bei der Verteilung der Sanierungskosten auch die Kosten der Voruntersuchung mit einzubeziehen sind14. Die Kosten der Voruntersuchung werden nach Artikel 32d USG zusammen mit den Kosten für die Sanierung anteilsmässig auf die verschiedenen Verursachenden verteilt. Sie werden damit als Teil der für die Sanierung notwendigen Kosten betrachtet.

2.2.3

Detailuntersuchung (Art. 14 AltlV)

Eine Detailuntersuchung wird verlangt, wenn der Standort sanierungsbedürftig ist.

Mit der Detailuntersuchung werden alle Angaben erhoben, die zur Beurteilung der Ziele und der Dringlichkeit der Sanierung nötig sind.

Bei der Detailuntersuchung gilt dasselbe wie bei der Voruntersuchung: Nach Artikel 20 Absatz 1 AltlV ist in erster Linie die Inhaberin des Standortes zur Untersuchung verpflichtet. Nach Absatz 2 der gleichen Bestimmung kann die Behörde indessen Dritte verpflichten, wenn Grund zur Annahme besteht, dass sie die Belastung durch ihr Verhalten verursacht haben.

Da die Detailuntersuchung allein der Vorbereitung der Sanierung dient, kann man davon ausgehen, dass die Kosten nach Artikel 32d USG anteilmässig auf alle Verursacherinnen verteilt werden. Für den (eher theoretischen) Fall, dass die Detailuntersuchung zum Schluss kommt, eine Sanierung sei nicht nötig, müsste wie bei der Voruntersuchung eines nicht sanierungsbedürftigen Standortes die Standortinhaberin nach Artikel 2 USG die Kosten tragen.

13 14

Cummins, Diss. 1999, S. 104 Erstmals bei Brunner, URP 1997, S. 27.

5018

2.2.4

Sanierungsprojekt und Sanierung (Art. 32c USG, Art. 17 AltlV)

Das Sanierungsprojekt gibt Aufschluss über die konkreten Sanierungsmassnahmen, deren Auswirkungen auf die Umwelt und die verbleibende Umweltgefährdung. Die Sanierung umfasst die unterschiedlichsten Massnahmen mit Kostenfolgen von mehreren Tausend bis mehreren Millionen Franken.

Für die Durchführung der Sanierung ist in erster Linie wiederum die Inhaberin des Standortes zuständig (Art. 20 Abs. 1 AltlV). Die Behörde kann jedoch ­ mit Zustimmung der Inhaberin ­ Dritte verpflichten, wenn diese die Belastung durch ihr Verhalten verursacht haben.

Die Kosten werden nach Artikel 32d USG anteilmässig auf alle Verursacherinnen verteilt.

2.2.5

Überwachungsmassnahmen (Art. 13 AltlV)

Nach Artikel 13 AltlV gibt es zwei Arten von Überwachungsmassnahmen: 1.

Massnahmen zur Überwachung eines sanierungsbedürftigen Standorts bis zum Abschluss der Sanierung.

2.

Massnahmen bei einem nicht sanierungsbedürftigen Standort zur Feststellung einer konkret drohenden Gefahr.

Im ersten Fall gelten die Überwachungsmassnahmen als Teil der Sanierung und die Kosten werden nach Artikel 32d USG verteilt. Beim zweiten Fall kann man nicht von einer Sanierung sprechen, denn Artikel 16 AltlV zählt bloss die Dekontamination, die Sicherung und die Einschränkung der Bodennutzung zu den Sanierungsmassnahmen. Die Kosten für die Überwachung sind also nicht nach Artikel 32d USG sondern nach Artikel 2 USG zu verteilen15.

2.2.6

Einschränkung der Bodennutzung

Bei Bodenbelastungen kann die Sanierung nach Artikel 16 AltlV auch in einer Nutzungsbeschränkung bestehen. In diesem Fall fallen nicht unbedingt Kosten an.

Anstelle einer Sanierung dürften indessen häufiger Bodenschutzmassnahmen nach Artikel 34 Absatz 2 USG nötig sein, für die keine Kostenverteilung möglich ist.

15

Gleicher Ansicht ist die Abteilung Recht des Buwal; die Verteilung nach Art. 32d hält hingegen Stutz für angebracht, URP 1997, S. 772.

5019

2.2.7

Aushub bei einem belasteten aber nicht sanierungsbedürftigen Standort (so genannte «Bauherren-Altlast»)

Weit verbreitet sind belastete Standorte, die im Rahmen eines Bauvorhabens in Erscheinung treten. Es stellt sich häufig heraus, dass der Standort nicht sanierungsbedürftig ist, dass aber der für einen Neubau nötige Aushub zunächst im Detail untersucht und/oder auf einer speziellen Deponie abgelagert werden muss. Die gegenüber einem «normalen» Aushub anfallenden Mehrkosten können so durchaus mit denjenigen einer Sanierung verglichen werden.

Lehre und Praxis sind sich darüber einig, dass für diesen Fall nicht Altlasten-, sondern reines Abfallrecht gilt. Für die korrekte Behandlung und Entsorgung des anfallenden Aushubs ist nach Artikel 31c USG allein die Inhaberin der Abfälle, das heisst die Inhaberin des belasteten Standorts zuständig. Die Kosten muss sie nach Artikel 32 Absatz 1 tragen. Allenfalls kann sie auf zivilrechtlichem Weg die Kosten auf den Verhaltensstörer überwälzen. Bei zivilrechtlichen Ansprüchen stellen sich indessen zwei Probleme: Die Ansprüche verjähren relativ rasch (in der Regel spätestens nach zehn Jahren), und sie können nur durchgesetzt werden, wenn eine vertragliche Haftung (nach Art. 97 ff. OR) oder eine unerlaubte Handlung (Art. 41 OR) vorliegt.

2.3

Analyse des geltenden Rechts und Vorschläge zur Änderung

2.3.1

Die Verteilung der Kosten

2.3.1.1

Kosten für die Untersuchungen und die Überwachung

Das Umweltschutzgesetz macht in Artikel 32d USG einen Schnitt zwischen den Kosten für die diversen Untersuchungen bzw. für die Überwachung eines Standorts und der eigentlichen Sanierung: Nur die Kosten der Sanierung selbst werden in Artikel 32d USG ausdrücklich geregelt. Alle anderen Kosten bleiben unerwähnt, obwohl von der Natur der Kosten her kaum ein Unterschied zu erkennen ist.

Im Falle einer Sanierung verteilt die Behörde alle Kosten inklusive aller vorausgehenden Untersuchungen auf die verschiedenen Verursacherinnen. Im Falle der Nichtsanierung bzw. der blossen Überwachung ist die Kostenverteilung gesetzlich aber nicht klar geregelt. Das ist rational nicht begründbar und praktisch stossend.

Immerhin sind in der Praxis belastete Standorte, die nicht saniert werden müssen, häufiger als sanierungsbedürftige Standorte16. Zudem fallen auch für die Untersuchung und die Überwachung oft erhebliche Kosten an. Aus diesem Grund sollen in Artikel 32d Absatz 1 USG neu auch die Kosten für die Untersuchungen und die Überwachung geregelt werden.

16

1997 rechnete man damit, dass in der Schweiz ungefähr 50'000 Standorte als belastet gelten und bloss 3000­4000 Altlasten zu sanieren sind (BFS & Buwal: Umwelt in der Schweiz, Daten, Fakten, Perspektiven, S. 153).

5020

Zudem verlangt die Altlasten-Verordnung in Artikel 5 Absatz 1 von der kantonalen Behörde, dass sie einen Standort bereits auf der Basis weniger und nicht sehr konkreter Angaben in den Kataster der belasteten Standorte aufnimmt. Es reicht aus, vorhandene Angaben, wie Karten, Verzeichnisse und Meldungen auszuwerten.

Damit kann die Voruntersuchung zu einem Entlastungsbeweis werden, den die Inhaberin eines Standortes führen muss, um einen blossen Kontaminationsverdacht der Behörden zu entkräften. Dieses Problem wird auch von der Parlamentarischen Initiative Baumberger aufgenommen.

Führt die Voruntersuchung tatsächlich zum Resultat, dass keine Belastung vorliegt, rechtfertigt es sich, die Kosten der Untersuchung dem Kanton zu übertragen. Es liegt im öffentlichen Interesse, belastete Standorte von unbelasteten zu trennen. Die Kostenfolge dürfte die Kantone auch zu einer vorsichtigeren Auswahl der Standorte veranlassen, für die sie eine Voruntersuchung verlangen.

2.3.1.2

Bedeutung der sog. Ausnahmeklausel für den ahnungslosen Zustandsstörer (Art. 32d Abs. 2 dritter Satz USG)

Artikel 32d Absatz 2 dritter Satz USG enthält eine Ausnahmeklausel unter anderem für die Inhaberin eines Standortes, der aus der Sanierung kein Vorteil erwächst: sie trägt keine Kosten. In der Literatur ist umstritten, wie dieser Vorteil zu definieren ist. Gewisse Autoren äussern sich dahingehend, dass ein Vorteil immer dann vorliegt, wenn die Sanierung zu einer erheblichen Wertsteigerung des Grundstücks führt17, oder aus der Sanierung weitere Vorteile ­ wie eine Erweiterung der Nutzung18 oder eine bessere Erschliessung19 ­ resultieren. Andere Autoren vertreten die Ansicht, die Eigentümerin eines Grundstücks profitiere wirtschaftlich immer von der Sanierung, so dass höchstens Mieter oder Pächterinnen unter die Ausnahmeklausel fallen20.

Die Definition des Vorteils soll im Rahmen dieser Revision geklärt werden. Solange die Untersuchung, Überwachung oder Sanierung nur dazu führt, dass ein Grundstück bestimmungsgemäss bebaut werden kann, kann nicht von einem Vorteil gesprochen werden. Erst wenn die getroffenen Massnahmen zu weiteren Vorteilen führen, sollte sich die Inhaberin an den Kosten beteiligen müssen.

2.3.1.3

Ausfallkosten

Das dem Umweltrecht zugrunde liegende Verursacherprinzip bedeutet nach der einschlägigen Literatur bei strikter Auslegung, dass eine Verursacherin nur im Rahmen ihres Verursacher-Anteils die entstandenen Kosten tragen muss. Das Verursacherprinzip steht damit im Gegensatz etwa zur Solidarhaftung, bei der jede einzelne Schuldnerin für die ganze Schuldsumme haftet. Das umweltrechtliche Verursacherprinzip regelt zudem ausschliesslich die Ansprüche des Staates gegenüber Privaten.

17 18 19 20

Budliger, URP 1997, S. 307 Zaugg, URP 1996, S. 492 Nef, Kostenpflicht, S. 398 Vgl. Tschannen, Komm. USG, N. 30 zu Art. 32d; Cummins, Diss., S. 154f.

5021

Beides zusammen kann im Bereich der Altlasten zu Ausfallkosten führen, wie nachfolgendes Beispiel zeigt: Eine Deponie wurde in den fünfziger Jahren von der inzwischen aufgelösten Firma X auf dem Grundstück von Frau Y betrieben. X hat Frau Y damals pro abgelagerte Tonne drei Franken bezahlt. Später hat X die Deponie ordnungsgemäss abgeschlossen und Frau Y verkaufte das Grundstück an Herrn Z. Heute erweist sich die Deponie als sanierungsbedürftige Altlast. Die zuständige Behörde hat die Sanierung nach langen Auseinandersetzungen selbst in Auftrag gegeben. Sie stellt folgende Verursacher-Anteile fest: ­ Die Firma X haftet als Verhaltensstörerin für 60 Prozent der Kosten ­ Frau Y haftet als Verhaltensstörerin für 30 Prozent der Kosten ­ Herr Z haftet als reiner Zustandsstörer für 10 Prozent der Kosten Die Behörde darf nach dem Verursacherprinzip jedem Verursacher nur die Kosten anlasten, die auf seinen Verursacheranteil zurückzuführen sind. Der Anteil der Firma X darf also nicht auf die übrig gebliebenen Verursacher verteilt werden. Diese Kosten gelten als so genannte Ausfallkosten.

Ausfallkosten können entstehen, wenn eine Verursacherin nicht mehr existiert, wenn sie unbekannt oder zahlungsunfähig ist, wenn ihr aus Gründen der Billigkeit nicht der ganze auf sie entfallende Anteil angelastet werden kann und schliesslich, wenn sie sich nach Artikel 32d Absatz 2 dritter Satz USG von der Kostentragungspflicht befreien kann.

Das USG äussert sich nur indirekt zur Frage, wer die Ausfallkosten zu tragen hat.

Geregelt sind in Artikel 32e Absatz 3 Buchstabe c USG nur die Abgeltungen des Bundes an die Kantone für die bei ihnen anfallenden Ausfallkosten. Ob bzw. welchen Teil der Ausfallkosten der Kanton damit übernehmen muss, ist damit aber noch nicht gesagt.

Die Frage, wer die Ausfallkosten zu tragen hat, ist auch in der Literatur umstritten21.

Das Bundesgericht hat bisher (allerdings nicht im Bereich Altlasten) eine nicht ganz kongruente Praxis entwickelt22.

Bei dieser Ausgangslage ist es angebracht, auf Gesetzesstufe festzuhalten, dass die Ausfallkosten vom Gemeinwesen zu tragen sind.

21

22

Für die Tragung durch den Kanton: Bétrix, URP 1995, S. 388/9; Zaugg, URP 1996, S. 492; Hartmann/Eckert, URP 1998, S. 627/8; Tschannen, Komm. zum USG, N. 32 zu Art. 32d; für die ­ zumindest teilweise ­ Verlagerung auf die übrigen Verursacher: Stutz, URP 1997, S. 778ff.; Cummins, Diss. 1999, S. 162 ff.

Vgl. die Hinweise dazu bei Tschannen, Komm. zum USG, N. 32 zu Art. 32d und bei Cummins, Diss. 1999, S. 165.

5022

2.3.1.4

Kosten für die Entsorgung von Aushub bei einem belasteten aber nicht sanierungsbedürftigen Standort (so genannte «Bauherren-Altlast»)

Die Verteilung der Kosten für die Entsorgung von Aushub bei einem belasteten aber nicht sanierungsbedürftigen Standort (so genannte «Bauherren-Altlast») berührt eine weiter gehende Dimension als die bisher erörterten Probleme.

Einerseits geht es hier häufig um weit höhere Kosten als bei der blossen Untersuchung eines belasteten Standortes, da eine beträchtliche Menge Material behandelt und speziell entsorgt werden muss. Zugleich entstehen Abgrenzungsprobleme mit dem Abfallrecht, nach dem die jeweilige Inhaberin für die Entsorgung sorgen bzw.

bezahlen muss23.

Es stellt sich die Frage, ob die Kosten von «Bauherren-Altlasten» nach dem Abfallrecht oder nach dem Altlastenrecht verteilt werden sollen. Für beide Lösungen lassen sich Argumente finden.

23

­

Von der Entstehungsgeschichte und der Definition her ist eine «BauherrenAltlast» nichts anderes als ein belasteter Standort nach Altlastenrecht: Er ist nicht sanierungsbedürftig. Massnahmen und Kosten werden erst ausgelöst, wenn die belastete Gebäudesubstanz abgebrochen und der Untergrund ausgehoben wird.

­

Hier liegt auch der Unterschied zu einer Altlast. Solange der Standort unberührt bleibt, führt er nicht zu Auswirkungen auf die Umwelt und zu Kosten.

Erst mit dem Eingriff in den Untergrund werden auch spezielle Massnahmen nötig.

­

Eine «Bauherren-Altlast» kann dennoch nicht wie gewöhnlicher Abfall behandelt werden. Die Inhaberin von Abfall ist im Normalfall auch dessen Produzentin. Das trifft nicht zu bei der «unschuldigen» Grundstückinhaberin, der reinen Zustandsstörerin. Trotzdem wird sie nach Abfallrecht allein haftbar. Nach Altlastenrecht wäre hingegen noch ein «Abfallproduzent» (d.h. der Verhaltensstörer) vorhanden, der ebenfalls haften müsste.

­

Bei einer echten Altlast besteht ein öffentliches Interesse an der Sanierung.

Sie verhindert schädliche oder lästige Einwirkungen. Bei der «BauherrenAltlast» stehen demgegenüber die Interessen der jeweiligen Bauherrschaft im Vordergrund: Sie entscheidet, ob gebaut wird oder nicht und beeinflusst durch die eigenen Dispositionen die Kosten. Erstellt sie zum Beispiel auf dem besonders verschmutzten Teil des Grundstücks einen oberirdischen Parkplatz statt ein zweigeschossiges unterirdisches Parking, so entstehen kaum zusätzliche Kosten. Deshalb ist es nahe liegender, wenn sie nach Abfallrecht die Kosten trägt.

­

Bleiben wegen der hohen Kosten der «Bauherren-Altlast» Grundstücke in Industrie- und Gewerbezonen unbebaut, widerspricht das dem öffentlichen Interesse an der Umsetzung der raumplanerischen Vorgaben.

Das gilt z.B. auch für den Inhaber eines Grundstücks, auf dem Dritte Abfall rechtmässig ablagern.

5023

Im Rahmen der vorliegenden USG-Revision wird für die «Bauherren-Altlasten» eine Lösung vorgeschlagen, die sich an diejenige für Altlasten anlehnt. Da es sich systematisch allerdings um Abfallrecht handelt, gehören die neuen Bestimmungen nicht in das Kapitel Altlasten sondern zu den Abfällen. Sie werden am Schluss des 3. Abschnitts («Finanzierung der Entsorgung») mit einem neuen Artikel 32bbis USG eingefügt.

Dabei ist grundsätzlich festzuhalten, dass ­ ähnlich wie in Artikel 32d Absatz 1 USG ­ die Verursacherin die Kosten trägt. Bei den Kosten ist zu klären, dass es nur um die Mehrkosten für die Entsorgung von Aushubmaterial geht, das ohne Behandlung nicht deponiert oder verwertet werden darf. Den «normalen» Aufwand für das Entsorgen hat somit die Inhaberin wie bei jeder anderen Baustelle allein zu tragen.

Die zusätzlich anfallenden Kosten sind auf die verschiedenen Verursacherinnen zu verteilen. Dabei stehen die ursprünglichen Verhaltensstörer und die Bauherrschaft im Vordergrund. Der eine hat die Belastung verursacht, die andere hat das grösste Interesse an ihrer Entfernung. Allfällige Ausfallkosten werden aber ­ anders als bei den Altlasten ­ nicht dem Kanton, sondern der Bauherrschaft angelastet, denn der Aushub erfolgt in ihrem Interesse.

2.3.2

Anpassungen bei der Abgeltung des Bundes (Art. 32e USG)

Nach geltendem USG bezahlt der Bund den Kantonen Abgeltungen für die Sanierung von Deponien, auf denen zu einem wesentlichen Teil Siedlungsabfälle abgelagert worden sind, sowie an die Ausfallkosten von Sanierungen. Die am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Verordnung vom 5. April 2000 über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (VASA) sieht zudem Abgeltungen für Untersuchungen und Überwachungen vor, soweit sie im Zusammenhang mit einer Sanierung stehen24.

Die Vorschläge in Ziffer 2.2.1 führen dazu, dass die Kantone in zwei Fällen zusätzliche Kosten übernehmen müssen: 1.

Die Untersuchungskosten, wenn sich ein Standort als nicht belastet erweist (Initiative Baumberger) und

2.

Die Ausfallkosten bei Untersuchungen und Überwachungen, wenn keine Sanierung notwendig ist.

Es entspricht der gesetzlichen Logik des USG, dass die Kantone für diese neuen Belastungen ebenfalls Abgeltungen aus der Deponieabgabe nach Artikel 32e USG erhalten sollen.

Schliesslich drängt sich eine Spezialregelung für die Abgeltungen an Massnahmen bei Schiessanlagen auf. Bei der Festlegung des Stichdatums vom 1. Februar 1996 (Abs. 3 Bst. a.) als Abgeltungsvoraussetzung wurde seinerzeit nicht bedacht, dass bei mehr als 2000 Schiessanlagen auch weiterhin Abfälle in Form von Geschossen eingetragen werden. Die Kosten für die unterdessen bei vielen Schiessanlagen notwendigen Altlastensanierungen müssen daher heute von den Schützenvereinen als 24

Vgl. Art. 10 Abs. 2 der Verordnung vom 5. April 2000 über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (VASA).

5024

hauptsächliche Verhaltensstörer sowie von den Gemeinden und Grundeigentümern als Zustandsstörer getragen werden. In zwei Motionen (00.3702 Mo Heim und 01.3303 Mo Hess) wurde deshalb vom Bundesrat eine Finanzierungslösung für die Altlastenbearbeitung von Schiessanlagen verlangt. Die vorgeschlagene Regelung trägt diesen Anliegen wie auch dem Antrag von 8 Kantonen in der Vernehmlassung Rechnung indem sie das Stichdatum auf zwei Jahre nach Inkrafttreten der USGRevision hinausschiebt. Da sowohl die Kostenaufteilung wie auch die Zahlungsunfähigkeit bei Schiessanlagen oft schwierig zu bestimmen ist wird zudem der Abgeltungssatz analog zu den Siedlungsabfalldeponien generell auf 40 % festgelegt.

2.3.3

Abgrenzung des öffentlichen Rechts vom privaten Recht

Ungeklärt ist im Altlastenrecht weiter die Bedeutung der Verfügung über die Kostenverteilung gemäss Artikel 32d Absatz 3 USG. An einer Tagung der Vereinigung für Umweltrecht zur Revision des Umweltschutzgesetzes formulierte Rausch die Frage wie folgt: «Man scheint nicht gehörig bedacht zu haben, dass die Rechte und Pflichten im Verhältnis zwischen dem Zustandsstörer und dem Verhaltensstörer in vielen Fällen zivilrechtlich geregelt sind. Ob das USG hier wirklich die Verwaltungsbehörden ermächtigen wollte, in das betreffende Privatrechtsverhältnis einzugreifen (und wenn ja: inwieweit), ist unklar.»25 Mittlerweile ist sich die Literatur darüber einig, dass diese Verfügung nur über die öffentlich-rechtlichen Verhältnisse der Beteiligten entscheidet. Die privatrechtlichen Verhältnisse sind auf dem Zivilweg zu entscheiden26. Begründet wird dies vorab mit dem Charakter des öffentlichen Rechts, das im Prinzip die Ansprüche zwischen dem Staat und Privatpersonen regelt. Andererseits können Private nicht mit zivilrechtlichen Verträgen öffentlich-rechtliche Verhältnisse regeln27.

Sehr konkret wurde diese Ansicht zum Beispiel in einer Verfügung der Baudirektion des Kantons Zürich vom 3. Mai 2000 umgesetzt28: Eine Gemeinde hatte auf einem privaten Grundstück eine Deponie betrieben. Das Grundstück ging zunächst an die Frau des ursprünglichen Eigentümers über. Nach deren Tod wurde es an eine Privatperson verkauft, die darauf eine Wohnüberbauung errichten wollte. Im Kaufvertrag stand die Klausel: «allfällige Altlasten-Entsorgungskosten gehen zu Lasten des Verkäufers». Die Baudirektion verteilte in einem ausführlich begründeten Entscheid die angefallenen Sanierungskosten zu zwei Dritteln auf den neuen Eigentümer (Zustandsstörer) und zu einem Drittel auf die Gemeinde, welche die Deponie damals betrieben hatte (Verhaltensstörerin). Die Verkäuferin wurde von der Baudirektion nicht als Verhaltensstörerin 25 26

27 28

Rausch, URP 1996, S. 462 Vgl. dazu u.a. Budliger, URP 1997, S. 304 ff.; Stutz, URP 1997, S. 777; Hartmann/Eckert, URP 1998, S. 624; sehr ausführlich: Cummins, Diss. 1999, S. 171 ff.; Tschannen, Komm. zum USG, N. 48 zu Art. 32d.

Vgl. Hartmann/Eckert, URP 1998, S. 630.

Veröffentlicht in URP 2000, S. 386 ff.

5025

eingestuft und ihre Funktion als Zustandsstörerin (d.h. die rechtliche und tatsächliche Herrschaft über das Grundstück) verlor sie mit dem Verkauf des Grundstücks. Die zwischen ihr und dem Verkäufer vereinbarte interne Haftungsregelung müsse «unbeachtlich bleiben».

Die Literatur ist sich einig darüber, dass diese Rechtslage unbefriedigend ist, weil die Betroffenen nach dem öffentlich-rechtlichen Verfahren zusätzlich in einem separaten Verfahren die zivilrechtlichen Ansprüche klären müssen. Zudem können die Behörden bei ihrem Entscheid die zivilrechtlichen Verhältnisse doch nicht ganz ausser Acht lassen. Stutz29 weist zum Beispiel darauf hin, dass die Behörde bei ihrem Entscheid die privatrechtlichen Verhältnisse als «tatsächliche Umstände» beachten müsse. Sie wende damit nicht Zivilrecht an, sondern berücksichtige die zivilrechtlichen Verhältnisse im Rahmen der Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts. Tschannen30 hält dafür, bei der Bestimmung der Verursacherquoten auch die wirtschaftliche Interessenlage zu berücksichtigen. In diesem Rahmen könne auch das zivilrechtliche Innenverhältnis Bedeutung erlangen.

Cummins31 möchte ­ de lege ferenda ­ deutlich weitergehen. Er schlägt vor, die herkömmliche Trennung von öffentlichem Recht und Privatrecht aufzugeben.

Entweder soll über die beiden Rechtsbereiche in einem materiell und formell koordinierten Verfahren entschieden werden. Weil dabei eine Vielzahl meist heikler rechtlicher Fragen zu entscheiden ist, möchte er den Entscheid nicht einer Verwaltungsbehörde überlassen, sondern direkt ein Verwaltungsgericht damit betrauen. Die Alternative dazu sieht er in einer völlig neuen Konzeption mit einer einheitlichen, rein privatrechtlichen Kostenverteilung nach dem Vorbild des Ausgleichsanspruchs gemäss § 24 des deutschen Bodenschutz-Gesetzes.

Im Rahmen dieser Revision wird eine neue Lösung vorgeschlagen. Auf Antrag eines Beteiligten und bei «klaren Verhältnissen» soll die Behörde gleichzeitig über öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verhältnisse entscheiden können. Ausschlaggebend ist dafür die Prozessökonomie. Gerade weil bei Altlasten immer wieder öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Fragen miteinander vermischt sind, sollen die Beteiligten wenn immer möglich nur ein Verfahren durchlaufen müssen, um Klarheit über die Kostenverteilung
zu schaffen. Ein Gesamtentscheid soll in all jenen Fällen gefällt werden, bei denen «klare Verhältnisse» vorliegen. Dieser Begriff ist im Zivilprozessrecht durchaus verbreitet; er findet auch regelmässig in strafrechtlichen Verfahren Anwendung, wenn es um Entschädigungsforderungen der Opfer gegenüber dem Täter geht.

29 30 31

Stutz, URP 1997, S. 776 Tschannen, Komm. zum USG, N. 31 zu Art. 32d.

Cummins, Diss. 1999, S. 322 ff.

5026

Ein Musterbeispiel dürfte der am Anfang dieser Ziffer aufgeführte Entscheid der Zürcher Baudirektion vom 3. Mai 2000 sein: Da in diesem Fall sowohl die öffentlich-rechtlichen als auch die zivilrechtlichen Verhältnisse als klar bezeichnet werden können, könnte die Baudirektion aufgrund des vorgeschlagenen Textes die privatrechtliche Abmachung zwischen der Verkäuferin und dem Käufer gleich mitberücksichtigen, was dazu führen würde, dass aufgrund der privatrechtlichen Haftungsübernahmeklausel die Verkäuferin denjenigen Anteil der Kosten übernehmen müsste, der aufgrund der öffentlich-rechtlichen Verteilung dem Käufer übertragen worden ist.

Auch bei der Rückerstattung von Abgeltungen des Bundes gemäss VASA ergibt sich ein praktischer Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Regelung: Der Kanton kann die Rückerstattungsbeträge direkt an die materiell Berechtigten auszahlen.

Im oben beschriebenen Beispiel (Entscheid der Zürcher Baudirektion vom 3. Mai 2000) kann der Kanton die vom Bund erhaltene Abgeltung direkt an die Verkäuferin weiterleiten. Damit bleibt der Verkäuferin unter Umständen ein Zivilprozess gegen den Käufer (Zustandsstörer) erspart.

2.3.4

Verfahrensfragen

2.3.4.1

Ersatzhandlungen durch die öffentliche Hand

Bei belasteten Grundstücken ist in der Regel die Inhaberin verpflichtet, verschiedene Untersuchungen bzw. die Sanierung zu veranlassen. In vielen Fällen kommt es indessen zu Verzögerungen, sei es, weil die Handlungspflicht zwischen dem Verhaltens- und dem Zustandsstörer streitig ist, sei es, weil die Inhaber die Kostenfolgen scheuen. Das zwingt die Behörde, das Ende der Auseinandersetzungen bzw.

eines Rekursverfahrens abzuwarten.

Nur wenn konkrete Gefahr im Verzug ist oder der Störer zur Durchführung der nötigen Massnahmen nicht in der Lage ist, hat die Behörde die Möglichkeit der antizipierten Ersatzvornahme. Sie kann die Untersuchungen bzw. andere Handlungen von sich aus in Auftrag geben und die Kosten hinterher von den Verursachern zurückverlangen32. In der Regel kann indessen bei belasteten Standorten ohne Untersuchung kaum konkret beurteilt werden, ob tatsächlich Gefahr im Verzug ist.

Die Behörde sollte deshalb die Möglichkeit haben, von sich aus Untersuchungs-, Überwachungs- und Sanierungshandlungen in Auftrag zu geben bzw.

vorzufinanzieren und die Kosten hinterher auf die Verursacher zu verteilen. Auch das Bundesgericht hat ohne nähere Begründung angemerkt, dass die Behörde die

32

Ebenso kann sie eine ordentliche Ersatzvornahme durchführen, wenn der Sanierungspflichtige die in einer Sanierungsverfügung gesetzte Frist unbenutzt verstreichen lässt.

Das Problem stellt sich zeitlich jedoch vor allem während der Phase der Untersuchungen.

5027

Voruntersuchung (offenbar jederzeit) von sich aus in Auftrag geben kann, um diese zu beschleunigen33.

Die Schwelle für derartige Eingriffe könnte indessen eindeutig gesenkt werden, wenn der Gesetzgeber den kantonalen Behörden formell die Möglichkeit zu derartigen Schritten zugestehen würde. Diese Möglichkeit soll mit einem neuen Absatz 3 von Artikel 32c USG geschaffen werden.

2.3.4.2

Verfügung über die Kostenverteilung: Anspruchsberechtigte

Artikel 32d Absatz 3 USG verpflichtet die Behörden unter anderem zum Erlass einer Verfügung über die Kostenverteilung, «wenn der Sanierungspflichtige dies verlangt».

Nach dem Wortlaut des Gesetzes kann also bloss die zur Sanierung verpflichtete Person die Kostenverteilungsverfügung verlangen. Diese Person ist in der Regel die Inhaberin des Standortes nach Artikel 20 Absatz 1 AltlV. Es kann indessen auch ein Verhaltensstörer sein, dies aber nur, wenn er nach Artikel 20 Absatz 3 AltlV zur Sanierung verpflichtet wird.

In der Literatur wird zum Teil die Ansicht vertreten, dass die gesetzliche Regelung Sinn macht, weil nur die zur Sanierung verpflichtete Person ein Interesse daran haben könne, die sie treffenden Sanierungskosten auf weitere Verursacher zu verteilen34. Ein anderer Teil der Literatur vertritt demgegenüber die Auffassung, dass alle Verursacher das Recht auf Erlass der Verfügung haben sollen, sofern «sie ein schutzwürdiges Interesse daran haben, ihren Kostenanteil früher festsetzen zu lassen als vom Sanierungspflichtigen verlangt»35.

Der Anspruch auf eine Kostenverteilungsverfügung soll im Gesetz klar geregelt werden. Deshalb wird in Artikel 32d Absatz 3 USG der Ausdruck «der Sanierungspflichtige» durch «ein Beteiligter» ersetzt. Mit diesem Ausdruck wird auch eine frühere Grundstückeigentümerin erfasst, die nicht als Verhaltensstörer gilt. Sie ist nämlich keine Verursacherin, sondern allenfalls Beteiligte, sofern sie sich vertraglich z.B. zu Garantieleistungen verpflichtet hat.

2.3.4.3

Geltungsbereich der Verfügung über die Kostenverteilung

Nach dem geltenden Recht besteht nur dann ein Anspruch auf die Kostenverteilungs-Verfügung, wenn es um die Sanierung einer Altlast bzw. um die dabei anfallenden Kosten geht. Die neuen Vorschläge zur Kostenverteilung werfen nun aber die Frage auf, ob diese Verfügung auch dann verlangt werden kann, wenn es «bloss» um die Kosten für Untersuchungs- oder Überwachungsmassnahmen geht. Es ist 33 34 35

E. 2f des BGE i.S. Z. gegen Baudirektion des Kantons Zürich vom 3. Mai 2000, in: URP 2000, S. 590 ff., Pra 2000, S. 1008 ff.

Hartmann/Eckert, URP 1998, S. 622.

Tschannen, Komm. zum USG, N. 46 zu Art. 32d.

5028

folgerichtig und logisch, dass die von den Kosten betroffenen Beteiligten auch eine Verfügung über die Verteilung der Kosten für Untersuchungs- und Überwachungsmassnahmen verlangen können. Auch hier kann es um erhebliche Summen gehen.

Die Formulierung von Artikel 32d Absatz 3 USG berücksichtigt dies.

2.3.4.4

Zeitpunkt des Anspruchs auf die Verfügung über die Kostenverteilung

Weder das USG noch die Altlasten-Verordnung regeln, wann der Anspruch auf Erlass der Verfügung geltend gemacht werden kann. Aus Artikel 17 Buchstabe d AltlV kann zwar geschlossen werden, dass der Anspruch im Prinzip vor der Erarbeitung des Sanierungsprojektes gestellt werden muss, denn sonst könnte das Sanierungsprojekt nicht die hier geforderten Anteile an der Verursachung der Altlast beschreiben. Allerdings hat die Nichteinhaltung dieser Bestimmung keine Verwirkungsfolge, d.h. der Anspruch kann jederzeit auch noch später gestellt werden.

In der Literatur wird einerseits empfohlen, den Antrag auf die Kostenverteilungsverfügung möglichst früh ­ und gleich mehrmals ­ zu stellen36. Andererseits wird darauf hingewiesen, dass die Kosten erst dann gerecht verteilt werden können, wenn die konkreten Kosten tatsächlich feststehen37. Häufig kann auch erst nach der Sanierung abgeschätzt werden, ob und inwieweit die Standortinhaberin von der Sanierung profitiert bzw. ob sie von der Ausnahmebestimmung in Artikel 32d Absatz 2 USG profitieren kann.

Dieses Problem ist in der Rechtsanwendung zu lösen und nicht mit einer Normierung über den «richtigen» Zeitpunkt des Erlasses einer Verfügung.

2.4

Schlussbemerkungen

Die Auseinandersetzung mit der Literatur zur Kostenregelung bei Altlasten zeigt, dass es um ausserordentlich komplexe Verhältnisse geht, deren gesetzliche Erfassung und Regelung zum vornherein schwierig und aufwändig ist. Zudem lässt das Gesetz einige wesentliche Fragen offen. Zwar haben die Lehre und auch die jüngste Rechtsprechung bereits Antworten gefunden, doch bestehen in der Praxis nach wie vor grosse Unsicherheiten.

Vor diesem Hintergrund ist es angezeigt, das Kapitel über die Altlasten im Umweltschutzgesetz umfassender zu überarbeiten, als es die Parlamentarische Initiative Baumberger verlangt. Bei den Revisionsvorschlägen werden in der Regel die in der Literatur am ehesten anerkannten Ansätze gewählt. Für einzelne Probleme (sog.

«Bauherren-Altlast» und Mitberücksichtigung der privatrechtlichen Verhältnisse bei der Kostenverteilung) werden aber auch neuartige Lösungen gewählt.

36

37

So Hartmann/Eckert, URP 1998, S. 617, nach denen der Antrag nicht nur vor der Ausarbeitung des Sanierungsprojektes sondern insbesondere noch einmal vor dem Erlass der Sanierungsverfügung gestellt werden soll.

Vgl. Stutz, URP 1997, S. 781 f.; Cummins, Diss. 1999, S. 73.

5029

2.5 Art. 32bbis

Kommentar zu den vorgeschlagenen Änderungen Finanzierung bei Aushubmaterial von belasteten Standorten

Vorbemerkung Diese Bestimmung regelt ­ in Anlehnung an die Regelung über Altlasten ­ die sog.

«Bauherren-Altlasten». Bei der «Bauherren-Altlast» geht es nicht um eine Sanierung zum Schutz der Umwelt, sondern «nur» um die Entsorgung von Abfällen. Die Bestimmung ist deshalb nicht im 4. Abschnitt des USG («Sanierung von belasteten Standorten») eingefügt, sondern im 3. Abschnitt «Finanzierung der Entsorgung».

Der Begriff «Bauherren-Altlast» wird im Gesetz mit Absicht nicht verwendet, weil er in der Vergangenheit nicht einheitlich benutzt worden ist und zu Verwirrung Anlass geben kann. Er wird mit «verunreinigtem Aushub-, Abraum- und Ausbruchmaterial von einem belasteten aber nicht sanierungsbedürftigen Standort» umschrieben.

Abs. 1 Absatz 1 übernimmt aus Artikel 32d USG den Grundsatz, dass die Verursacherin die Kosten für die Entsorgung einer «Bauherren-Altlast» zu tragen hat. Nach dem geltenden Abfallrecht muss allein die Inhaberin der Abfälle, d.h. die Bauherrschaft, die Kosten tragen. Aufgrund der neuen Bestimmung können neben der Inhaberin des Standortes (als Zustandsstörer) auch diejenigen belangt werden, welche die Belastung ursprünglich verursacht haben, also die Verhaltensstörerinnen.

Die Kostenregelung umfasst alle Kosten für die Entsorgung von verunreinigtem Aushub-, Abraum- und Ausbruchmaterial, das besonders behandelt werden muss, sowie für die damit verbundenen Untersuchungen. Damit werden die Kostenverteilungsverfahren auf die Fälle mit bedeutenden Mehrkosten beschränkt. Wenn nur ein Teil des Aushubs einer besonderen Behandlung bedarf, werden nur die Kosten für diesen Anteil auf die Verursacher verteilt. Die Zuteilung der Kosten für die Untersuchung eines belasteten Standorts im Hinblick auf seine Überwachungs- oder Sanierungsbedürftigkeit hingegen regelt Artikel 32d USG.

Abs. 2 Der erste Satz übernimmt wörtlich die Regelung aus dem neu gefassten Artikel 32d Absatz 2 USG. Im zweiten Satz wird im Gegensatz zur «echten» Altlast neben dem Verhaltensstörer auch die Bauherrschaft erwähnt, denn wer auf einem belasteten Standort baut, löst damit auch ein Abfallentsorgungsproblem aus. Zudem hat es die Bauherrschaft in vielen Fällen ­ z.B. durch die Anordnung der Gebäude auf dem Grundstück ­ in der Hand, die Höhe der Kosten massgeblich zu beeinflussen.

Der dritte Satz regelt die verbliebenen
Ausfallkosten. Diese soll nicht das Gemeinwesen übernehmen müssen, sondern die Inhaberin des Standortes. Hier geht es nicht um eine Sanierung, die im öffentlichen Interesse zum Schutz konkreter Umweltgüter durchgeführt werden muss, sondern um eine private Bautätigkeit, die von der Inhaberin des Standortes aus eigenem Antrieb ausgelöst wird. Logischerweise werden in diesem Fall auch keine Abgeltungen des Bundes nach Artikel 32e USG geleistet.

5030

Abs. 3 Absatz 3 ist im Kern gleich wie Artikel 32d Absatz 3 USG. Die Verursacher sollen auch bei der «Bauherren-Altlast» eine Verfügung über die Kostenverteilung verlangen können. Nicht nötig ist hier allerdings, dass die Behörde von sich aus verfügt, denn sie muss bei den hier zur Diskussion stehenden Fällen keine Untersuchungsoder Entsorgungsmassnahmen selbst vornehmen.

In der Regel dürfte eine Bauherrschaft alles Interesse daran haben, ihre Ansprüche gegenüber anderen Verursachern so bald wie möglich geltend zu machen, weil sie ja sonst die Kosten alleine zu tragen hat. Zum Schutz der übrigen Verursacher soll hier indessen eine Verwirkungsfrist ins Gesetz integriert werden: Wenn die Ansprüche nicht innert 5 Jahren nach Abschluss der Aushubarbeiten geltend gemacht werden, erlöschen sie. Damit kann verhindert werden, dass Beteiligte noch nach Jahren mit Forderungen konfrontiert werden, mit denen sie nach dem ordentlichen Geschäftsgang nicht mehr zu rechnen hatten.

Wie bei Artikel 32d Absatz 3 USG soll die Behörde auch hier auf Antrag eines Beteiligten und bei klaren Verhältnissen über privatrechtliche Ansprüche entscheiden (vgl. Ausführungen zu Art. 32d Abs. 3 USG).

Art. 32c

Pflicht zur Sanierung

Abs. 1 und 2 In diesen beiden Absätzen wird ­ in Anlehnung an die Altlasten-Verordnung ­ eine rein redaktionelle Korrektur vorgenommen: Der Begriff «Deponien und andere durch Abfälle belastete Standorte» wird nur noch bei der ersten Erwähnung in Absatz 1 verwendet und dann durch den Kurzbegriff «belastete Standorte» ersetzt.

Abs. 3 Hier wird festgehalten, in welchen Fällen die Vollzugsbehörde die Untersuchung, Überwachung oder Sanierung selber durchführen bzw. Dritte damit beauftragen kann. Die Regelung nimmt den Bundesgerichtsentscheid vom 3. Mai 2000 in Sachen Z. gegen die Baudirektion des Kantons Zürich38 auf. Aus Gründen der Rechtssicherheit soll die diesem Entscheid zugrunde liegende Praxis auch im Gesetz verankert werden. Die Bestimmung unterscheidet vier Fälle, bei denen behördliche Ersatzmassnahmen möglich sind:

38

1.

Die Umwelt ist durch eine Einwirkung unmittelbar bedroht oder eine bereits bestehende Einwirkung droht, sich noch weiter auszudehnen. Eine Beeinträchtigung der Umwelt könnte jederzeit eintreten, so dass ohne Verzögerungen Massnahmen getroffen werden müssen. Dieser Fall wird in der Praxis als antizipierte Ersatzvornahme bezeichnet.

2.

Der Pflichtige macht keine Anstalten, Massnahmen zu treffen, obwohl die Behörde ihn gemahnt und ihm eine Frist für die Durchführung der Massnahmen gesetzt hat. Die Behörde muss in solchen Fällen die Möglichkeit der Ersatzvornahme haben, um einen rechtsgleichen Vollzug sicherzustellen.

BGE i.S. Z. gegen Baudirektion des Kantons Zürich vom 3. Mai 2000, in: URP 2000, S. 590 ff., Pra 2000, S. 1008 ff.

5031

3.

Bei mehreren Verursachern ist umstritten, wer Massnahmen durchführen oder bezahlen muss. In einem solchen Falle ist es für einen effizienten Vollzug notwendig, dass die Behörde die Massnahmen selber treffen oder in Auftrag geben kann, wenn sie dies als opportun erachtet.

4.

Bei einer Vielzahl von Verursachern sind verschiedene Massnahmen notwendig und diese müssen koordiniert werden. In solchen Fällen ist es oft zum vornherein klar, dass die einzelnen Pflichtigen nicht in der Lage sind, die notwendige Koordination der Massnahmen zu gewährleisten. Auch hier soll es der Behörde im Sinne eines effizienten Vollzugs möglich sein, die Massnahmen selber zu treffen oder in Auftrag zu geben.

Die Behörde muss einen erheblichen Ermessensspielraum haben bei der Entscheidung, ob sie selber handeln, einen Dritten beauftragen oder beim Pflichtigen insistieren will. Nur so ist gewährleistet, dass dem Einzelfall angepasste Lösungen gefunden werden. Selbstverständlich muss die Behörde ihr Ermessen pflichtgemäss ausüben; insbesondere hat sie den Grundsätzen der Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit Rechnung zu tragen.

Art. 32d

Tragung der Kosten

Abs. 1 Die Regelung über die Kostentragung soll entsprechend der geltenden Lehre und der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichts ausgeweitet werden ­ von den reinen Sanierungskosten nach dem bisher geltenden Gesetzestext auf alle Untersuchungs-, Überwachungs- und Sanierungskosten.

Der Text wird zudem präzisiert, um Missverständnissen vorzubeugen: Die Regelung soll (entsprechend der geltenden Praxis) nur für Kosten gelten, die infolge der Anordnung einer Behörde oder einer Vereinbarung mit ihr entstanden sind. Kosten, die ein Standorteigentümer aus eigenem Antrieb (z.B. für eine objektiv nicht notwendige Sanierung) auslöst, können nicht auf die übrigen Verursacher verteilt werden.

Abs. 2 Bst. c Sanierungsmassnahmen bringen für die Inhaberin eines belasteten Standortes praktisch immer einen gewissen Vorteil mit sich. Die heutige Ausnahmeregelung bei der Kostenverteilung nach Artikel 32d Absatz 2 Buchstabe c USG kommt aufgrund ihrer engen Formulierung ­ und ihrer strengen Auslegung in der Literatur ­ nur in ganz wenigen Fällen zum Tragen. Heute kann fast nur eine Standortinhaberin von der Ausnahmeklausel profitieren, die nicht Eigentümerin des Grundstücks ist ­ also eine Pächterin oder Mieterin. Neu soll einschränkend festgehalten werden, dass ein Vorteil im Zusammenhang mit einer Sanierung nur dann kostenrelevant ist, wenn er über die Beseitigung der unzulässigen Einwirkungen hinausgeht.

Mit der Änderung von Artikel 32d Absatz 1 USG soll dessen Geltungsbereich neu auch auf Untersuchungs- und Überwachungskosten von nicht sanierungsbedürftigen belasteten Standorten ausgedehnt werden. Die neue Umschreibung des relevanten Vorteils in Buchstabe c wird wohl dazu führen, dass die schuld- und ahnungslose Inhaberin, die die Voraussetzungen von Artikel 32d Absatz 2 Buchstabe a und b USG erfüllt, faktisch immer von der Kostentragung befreit ist. Zwar können auch 5032

Untersuchungsmassnahmen einer Inhaberin Vorteile bringen, die eine Kostentragung rechtfertigen würden. So kann eine Altlasten-Untersuchung wichtige Informationen für ein zukünftiges Bauvorhaben liefern und Abklärungen ersparen, die die Inhaberin auch bei einem unbelasteten Standort hätte durchführen müssen. Aus Gründen der Verwaltungsökonomie rechtfertigt sich hier aber keine differenzierte Regelung.

Abs. 2bis (neu) In diesem Absatz wird klärend die heutige Lehrmeinung festgehalten, wonach derjenige Kostenanteil, der nicht auf die Verursacher aufgeteilt werden kann, vom zuständigen Gemeinwesen übernommen werden muss. In der Regel ist dies der Kanton ­ entsprechend der allgemeinen Vollzugszuständigkeit der Kantone nach Artikel 36 USG. Unberührt bleiben kantonale Regelungen, die eine Beteiligung der betreffenden Gemeinde vorsehen. In denjenigen Fällen dagegen, in denen eine Vollzugszuständigkeit des Bundes besteht, werden die Ausfallkosten aber vom Bund übernommen. Dies betrifft insbesondere Zuständigkeiten, die sich auf das Militär-, Eisenbahn- oder das Nationalstrassengesetz abstützen.

Abs. 3 Im ersten Satz wird «der Sanierungspflichtige» durch «ein Beteiligter» ersetzt.

Damit sind in erster Linie Verursacher gemeint, die nicht sanierungspflichtig sind.

Da sie ein Interesse an einer Klärung ihrer allfälligen Kostenpflicht haben, sollen auch sie eine behördliche Kostenverteilungsverfügung verlangen können. In zweiter Linie können Beteiligte auch Dritte sein, die mit einem der Verursacher aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung Sanierungskosten übernehmen müssen. Ihre Leistungspflicht hängt direkt davon ab, ob ihr Vertragspartner aufgrund von Artikel 32d USG Kosten übernehmen muss.

Der zweite Satz schlägt eine neue Lösung für das heikle Problem der Abgrenzung des öffentlichen vom privaten Recht vor: Bei «klaren Verhältnissen», was insbesondere bei eindeutigen schriftlichen Vereinbarungen der Fall ist, soll die Behörde auf Antrag eines Beteiligten im gleichen verwaltungsrechtlichen Verfahren sowohl über die aus Artikel 32d USG resultierenden öffentlich-rechtlichen Kostentragungspflichten als auch über privatrechtliche Ansprüche entscheiden, die sich auf die Kostentragung beziehen. Bei klaren Verhältnissen soll über solche konnexe privatrechtliche Ansprüche nicht zusätzlich zum Verwaltungsverfahren ein zivilrechtliches Verfahren durchgeführt werden müssen. Konnexe zivilrechtliche Ansprüche können grundsätzlich in zwei Konstellationen vorkommen: ­

Zwischen einer Verhaltensstörerin und der heutigen Eigentümerin (Zustandsstörer) besteht im Rahmen eines Kaufvertrages eine Vereinbarung, wer allfällige Sanierungskosten ganz oder teilweise übernimmt.

­

Zwischen einer Verursacherin (Verhaltensstörer oder Zustandsstörer) und einem Dritten (dies kann auch ein völlig unbeteiligter Dritter im Rahmen eines speziellen Risikoauslagerungsvertrages oder ein früherer Eigentümer sein) besteht eine privatrechtliche Vereinbarung, wonach der Dritte allfällige Sanierungskosten ganz oder teilweise trägt.

Gemeinsam an diesen Fällen ist, dass das Bestehen einer öffentlich-rechtlichen Forderung zu einer privatrechtlichen Ausgleichsforderung führt. Die vorgeschlagene

5033

Regelung hätte im oben erwähnten Zürcher Entscheid bewirkt, dass die Sanierungskosten ­ aufgrund der klaren privatrechtlichen Abmachung im Kaufvertrag ­ direkt der ursprünglichen Grundeigentümerin bzw. Verkäuferin überbunden worden wären.

Mit der vorgeschlagenen Lösung überschreitet der öffentlich-rechtliche Gesetzgeber bis zu einem gewissen Grad die Grenze zwischen öffentlichem und privatem Recht.

Sie ist in Anbetracht der Verfahrensökonomie sinnvoll ­ dies insbesondere auch, weil die für die öffentlich-rechtliche Kostenverteilung zuständige Behörde über die zivilrechtlichen Ansprüche nur «bei klaren Verhältnissen» entscheidet. Dass in einem öffentlich-rechtlichen Verfahren eng mit den öffentlich-rechtlichen Fragen zusammenhängende privatrechtliche Ansprüche beurteilt werden, ist im Übrigen kein Novum. Es sei auf die im Strafprozessrecht übliche Zuständigkeit des Strafrichters hingewiesen, auch über zivilrechtliche Ansprüche zu entscheiden, die sich aus der Straftat ergeben.

Rechtsmittel gegen den Entscheid über solche zivilrechtlichen Fragen werden von der Rechtsmittelbehörde beurteilt, die für die (öffentlich-rechtliche) Hauptsache zuständig ist. In klaren Fällen wird also für die mit der öffentlich-rechtlichen Kostentragung zusammenhängenden zivilrechtlichen Verhältnisse res iudicata geschaffen. Die Bezeichnung der zuständigen Behörde und des Verfahrens obliegt den Kantonen. Sie können damit auch ein Gericht beauftragen.

Mit der neuen Regelung soll aber materiell kein Vorrang des Privatrechts vor dem öffentlichen Recht statuiert werden. Das Ausfallkostenrisiko des Gemeinwesens soll nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen erhöht werden können. Die Behörde muss deshalb bei der Anwendung von Artikel 32d Absatz 3 USG in einem ersten Schritt die Verursachungsanteile und die sich daraus ergebenden öffentlich-rechtlichen Kostentragungspflichten aufgrund der Absätze 1 und 2 bestimmen. In einem zweiten Schritt soll sie über die sich aus der öffentlich-rechtlichen Kostentragungspflicht ergebenden privatrechtlichen Zahlungspflichten entscheiden. Dabei hat sie durch geeignete Formulierung im Dispositiv sicherzustellen, dass die öffentlichrechtliche Zahlungspflicht nur unter der Bedingung erlischt, dass derjenige, der sie privatrechtlich übernimmt, seine Zahlungspflicht auch tatsächlich erfüllt.
Abs. 4 Dieser Absatz ist inhaltlich identisch mit dem Vorschlag der Parlamentarischen Initiative Baumberger. Der Text wurde allerdings präzisiert. «Das zuständige Gemeinwesen»39 soll nur die Kosten für «notwendige Massnahmen zur Untersuchung» eines im Kataster eingetragenen oder für den Eintrag vorgesehenen Standorts tragen müssen. Damit soll verhindert werden, dass die Gemeinwesen (insbes.

Kantone) sich an rein vorsorglichen Untersuchungen ­ etwa im Rahmen einer «due diligence» (Unternehmensprüfung) beim Kauf eines Grundstücks ­ beteiligen müssen. Die Untersuchungen müssen zudem im Rahmen des von der AltlastenVerordnung vorgegebenen Verfahrens und nach deren Rahmenbedingungen durchgeführt worden sein. Insbesondere muss der geleistete Aufwand auch in einer verhältnismässigen Beziehung zum Ziel der Untersuchungen stehen.

39

Vgl. hiezu auch oben den Kommentar zu Art. 32d Abs. 2bis.

5034

Art. 32e

Abgabe zur Finanzierung der Massnahmen

Titel und Generelles Weil es in diesem Artikel neu nicht mehr nur um die Finanzierung von Sanierungen geht, muss der Titel angepasst werden: «Abgabe zur Finanzierung der Massnahmen».

Generell muss dieser Artikel formell an die Änderungen von Artikel 32d USG angepasst werden. Daraus ergeben sich indirekt auch inhaltliche Änderungen. Die Abgeltungen des Bundes an die Kantone werden neu nicht nur für Sanierungen geleistet, sondern auch für die anderen Massnahmen mit finanziellen Folgen für die Kantone. Konkret gilt das für die beiden folgenden Fälle: ­

Untersuchungen, die ergeben, dass ein Standort nicht belastet ist (Parlamentarische Initiative Baumberger).

­

Untersuchungen und Überwachungen von belasteten Standorten, wenn Ausfallkosten für eine ausgefallene Verursacherin anfallen.

Ausserdem sollen neu auch Abgeltungen an die Untersuchung, Überwachung und Sanierung von belasteten Standorten bei Schiessanlagen ausgerichtet werden, für welche aber spezielle Voraussetzungen gelten.

All diese Anpassungen haben dazu geführt, dass Artikel 32e USG auch systematisch und redaktionell überarbeitet wurde.

Diese doch weitgehenden Änderungen werden auch einen Anpassungsbedarf bei den Abgeltungsvoraussetzungen (Art. 9) der Verordnung vom 5. April 2000 über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (VASA) zur Folge haben.

Abs. 1 In Absatz 1 wird die Kompetenz des Bundesrates eine Abgabe einzuführen festgehalten, und es werden die beiden Abgabetatbestände umschrieben. Materiell wird hier gegenüber dem bestehenden Recht nichts geändert.

Abs. 2 Diese Bestimmung beauftragt den Bundesrat, die Abgabesätze festzulegen. Hier ist gegenüber dem geltenden Gesetzestext im ersten Satz nur ein Wortteil gestrichen: Bei der Festlegung der Abgabesätze soll der Bundesrat alle aufgrund der Änderungen zu erwartenden Kosten berücksichtigen und nicht nur die Sanierungskosten. Im Übrigen sollen die Abgabesätze wie bisher gestaffelt nach den einzelnen Deponietypen (Inertstoff-, Reststoff-, Reaktor-, Untertagedeponie) festgelegt werden und 20 % der jeweiligen durchschnittlichen Preise nicht übersteigen. Da die heutigen Abgabesätze bei 10­13 % liegen, bleibt für die durch die Gesetzesänderung bedingten Mehrkosten genügend Spielraum übrig.

Abs. 3 Im Einleitungssatz wird festgehalten, für welche Tatbestände unter welchen Voraussetzungen Abgeltungen geleistet werden.

In Buchstabe a wird festgelegt, dass die Abgeltungen nicht wie bereits bisher nur für Sanierungen sondern neu auch für Untersuchungen und Überwachungen geleistet

5035

werden. Die Voraussetzungen für die Leistungen sind identisch mit denjenigen des bisherigen Absatzes 3 Buchstaben a und c.

Nach Buchstaben b werden neu auch Abgeltungen an die Kosten von Untersuchung, Überwachung und Sanierung von belasteten Standorten bei Schiessanlagen geleistet.

Die Voraussetzung für die Leistung ist, dass spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Änderung keine Abfälle mehr auf den Standort gelangen. Sei es, dass der Schiessbetrieb eingestellt wird, sei es, dass die Anlage auf künstliche Kugelfänge umgerüstet wird. Es werden pauschal 40 % der anrechenbaren Sanierungskosten abgegolten. Ausgenommen von dieser Regelung sind jedoch Schiessanlagen, die vorwiegend einem gewerblichen Zweck dienen, wie firmeneigene Schiessanlagen oder Testschiessanlagen der waffen- oder munitionsproduzierenden Industrie.

In Buchstabe c ist neu auch der Tatbestand aus der Parlamentarischen Initiative Baumberger aufgenommen werden (Abgeltungen an Untersuchungskosten für Standorte, die sich als nicht belastet erweisen).

Abs. 4 Im ersten Satz werden diejenigen Leistungsvoraussetzungen aufgezählt, die für alle Tatbestände von Absatz 3 gelten. Sie entsprechen denjenigen des bisherigen Absatzes 3 Buchstabe b.

Im zweiten Satz wird die Höhe der Abgeltungen festgelegt. Nach der Parlamentarischen Initiative Baumberger sollen die Abgeltungen des Bundes an die Kosten für die Untersuchung von Standorten, die sich als nicht belastet erweisen, 60 % betragen: Nach dem geltenden Wortlaut des Gesetzes betragen die Abgeltungen für Sanierungen höchstens 40 %. Mit der Revision wird vorgeschlagen, die Abgeltungen für alle Fälle gleich hoch anzusetzen, nämlich auf 40 Prozent.

3

Auswirkungen

3.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

3.1.1

Bund

Für den Bund hat die Umsetzung von Artikel 32bbis USG finanzielle Auswirkungen.

Bei Veräusserungen von Liegenschaften der Armee und der Bahnen muss mit Beteiligungen an den Kosten für die Entsorgung von kontaminiertem Aushub durch die neuen Standortinhaber gerechnet werden. Zuverlässige Kostenschätzungen lassen sich dafür aber nicht angeben.

Die Spezialfinanzierung des Bundes nach Artikel 32e USG wird durch die Abgeltung an die Ausfallkosten bei der Untersuchung und Überwachung von Standorten mit insgesamt ca. 2,5 Millionen Franken/Jahr zusätzlich belastet. Diese Zunahme des Mittelbedarfs um 10 % lässt sich entweder durch die Zurückstellung von Abgeltungsgesuchen auf das folgende Jahr und/oder durch Anhebung der heute bei weitem nicht ausgeschöpften Deponieabgabesätze auffangen.

Die Bearbeitung der jährlich schätzungsweise 300­400 zusätzlichen Abgeltungsgesuche für Ausfallkosten, die bei der Untersuchung und Überwachung von Standorten für die Spezialfinanzierung nach Artikel 32e USG anfallen, erfordert eine zusätzliche Stelle beim BUWAL.

5036

3.1.2

Kantone und Gemeinden

Für die Kantone und Gemeinden ergeben sich zukünftige finanzielle Auswirkungen, wenn sie durch sie selbst verursachte, belastete Standorte (insbes. Deponien) verkaufen und sich an den Kosten für die spätere Entsorgung von Aushubmaterial beteiligen müssen (Art. 32bbis USG), auch wenn der Standort nicht sanierungsbedürftig ist. Zuverlässige Kostenschätzungen sind aber nicht möglich.

Weitere finanzielle Auswirkungen von ca. 4 Millionen Franken/Jahr ergeben sich für Kantone und Gemeinden durch die Ausweitung der Kostentragungspflicht auf die Untersuchung und Überwachung von Standorten, wenn Ausfallkosten anfallen, die vom Gemeinwesen zu tragen sind. Zusätzlich fallen für die Kantone Kosten von ca. 2 Millionen Franken/Jahr an, wenn sie die Kosten für Untersuchungen tragen müssen bei denen sich ergibt, dass der Standort nicht belastet ist. An diese beiden Arten von Ausfallkosten leistet jedoch der Bund Abgeltungen von 40 %. Zudem erhalten die Kantone neu auch Abgeltungen von 40 % an die Sanierung von Schiessanlagen, auf die ab 2 Jahren nach Inkraftsetzung der Gesetzesänderung keine Abfälle mehr gelangt sind. Diese Abgeltungen dürften nach einer vorsichtigen Schätzung in der Grössenordnung von 2 Millionen Franken pro Jahr liegen.

Nach der Vorlage sollen nicht nur wie bisher die Pflichtigen der Altlastensanierungen Anrecht auf eine Kostenverteilung durch den Kanton haben, sondern auch alle anderen direkt Beteiligten. Zudem wird dieses Recht von den heute geschätzten etwa 3000 Sanierungen auf mehrere Tausend Voruntersuchungen und Überwachungen ausgeweitet. Schliesslich soll dieses Recht auch zeitlich beschränkt bei der oft in mehreren Etappen durchgeführten Entsorgung von Aushubmaterial aus den 40 000­ 50 000 belasteten Standorten zum Tragen kommen. Auch wenn nicht damit zu rechnen ist, dass die Beteiligten in allen neu möglichen Fällen eine behördliche Kostenverteilungsverfügung beantragen werden, werden die oft aufwändigen Kostenverteilungsverfahren gegenüber der heutigen Rechtslage deutlich zunehmen.

Deshalb ist insgesamt mit erheblichen personellen Auswirkungen für die Kantone zu rechnen.

3.2

Verfassungsmässigkeit

Eine verfassungsmässig relevante neue Regelung ist in den Artikel 32bbis Absatz 4 USG und 32d Absatz 3 USG enthalten. Danach entscheidet die Behörde, welche über die Verteilung der Kosten nach Verursacherprinzip befindet, auf Antrag eines Beteiligten und bei klaren Verhältnissen im gleichen Verfahren auch über privatrechtliche Ansprüche. Mit dieser Bestimmung greift der Bundesgesetzgeber in die in Artikel 122 Absatz 2 BV verankerte Organisationsautonomie der Kantone ein. Das angefragte Bundesamt für Justiz kam in seiner Stellungnahme vom 9. Februar 2001 zum Schluss, dass diese Bestimmung verfassungsrechtlich zulässig sei, weil sie insbesondere auch dazu diene, die Anwendung des Zivilrechts zu erleichtern.

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Anhang

Literatur Verwendete Literatur Elisabeth Bétrix: Les coûts d'intervention ­ difficultés de mise en oeuvre. In Umweltrecht in der Praxis (URP) 1995, S. 370 ff.

Ursula Brunner: Altlasten und die Auskunftspflicht nach Artikel 46 USG. In Umweltrecht in der Praxis (URP) 1997, S. 5 ff.

Michael Budliger: Zur Kostenverteilung bei Altlastensanierungen mit mehreren Verursachern. Die Regelung im revidierten USG und im Vorentwurf zur neuen Altlasten-Verordnung. In Umweltrecht in der Praxis (URP) 1997, S. 296 ff.

Mark Cummins: Kostenverteilung bei Altlastensanierung, Ausgleich unter Störern und Gemeinwesen im Spannungsverhältnis zwischen öffentlichem und privatem Recht. Zürcher Diss. 1999, Zürich 2000 Peter Ettler, Nicht automatisch kostenpflichtig. In Umwelt Focus 1/2001, S. 24 f.

Jürg Hartmann/Martin K. Eckert: Sanierungspflicht und Kostenverteilung bei der Sanierung von Altlasten-Standorten nach (neuem) Artikel 32d USG und AltlastenVerordnung. In Umweltrecht in der Praxis (URP) 1998, S. 603 ff.

Heribert Rausch: Einführung in die USG-Revision. In Umweltrecht in der Praxis (URP) 1996, S. 455 ff.

Hans W. Stutz: Die Kostentragung der Sanierung ­ Artikel 32d USG. In Umweltrecht in der Praxis (URP) 1997, S. 758 ff.

Andreas Trösch: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, Kommentar zu Artikel 31d Pierre Tschannen: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, Kommentar zu Artikel 32d Beatrice Wagner Pfeifer: Wer zahlt für Bodensanierungen? Rechtliche Aspekte des Schwerpunktprogramms Umwelt/Integriertes Projekt Boden. Aktuelle Juristische Praxis (AJP) 5/2000, S. 592 ff.

Marco Zaugg: Altlasten ­ die neuen Bestimmungen. In Umweltrecht in der Praxis (URP) 1996, S. 481 ff.

Weitere Literaturhinweise Hans Dubs: Wer soll das bezahlen? ­ Die Finanzierung der Sanierung. In Umweltrecht in der Praxis (URP) 1993, S. 289 ff.

Bernhard Hammer: Sünden von gestern kosten heute ein Vermögen. Buwal-Bulletin 1998 Nr. 4 S. 62 ff.

Hans Ulrich Liniger: Bauen im reglementierten Baugrund. Das Problem der Altlasten. In Baurechtstagung Bd. I, hrsg. vom Institut für Schweizerisches und Internationales Baurecht, Freiburg 1999, S. 49 ff.

Urs Ch. Nef: Die Kostenpflicht bei der Sanierung von historischen Altlasten. Bemerkungen zu Artikel 32d Umweltschutzgesetz (USG). In Ruch Alexander/Hertig

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Gérard/ Nef Urs Ch. (Hrsg.), Das Recht in Raum und Zeit, Festschrift für Martin Lendi, Zürich 1998, S. 389 ff.

Hans W. Stutz/Mark Cummins: Die Sanierung von Altlasten. Rechtsfragen der Behandlung kontaminierter Grundstücke unter besonderer Berücksichtigung des zürcherischen Rechts, Zürich 1996.

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