01.454 Parlamentarische Initiative MWSt und Parkplätze (Vaudroz) Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 18. Februar 2003

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen gemäss Artikel 21quater Absatz 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes vom 23. März 1962 (GVG) den vorliegenden Bericht. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, der beiliegenden Gesetzesänderung zuzustimmen.

18. Februar 2003

Im Namen der Kommission Der Präsident: Jean-Philippe Maître

2003-0503

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Nationalrat Jean-Claude Vaudroz reichte am 5. Oktober 2001 eine Parlamentarische Initiative ein, die für nicht im Gemeingebrauch stehende Parkplätze, die während länger als drei Monate vermietet werden, die Befreiung von der Mehrwertsteuer verlangt. Am 26. September 2002 gab der Nationalrat der Parlamentarischen Initiative auf Antrag ihrer Kommission Folge1. Die Parlamentarische Initiative wurde der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-NR) zur Ausarbeitung einer Vorlage zugeteilt. Die Kommission beriet einen entsprechenden Entwurf, der die Besteuerung von bis zu 12 Monaten dauernde Vermietungen vorsieht, unter Beizug der Verwaltung an ihrer Stitzung vom 18. Februar 2003. Die Kommission verabschiedete den Bericht und den Gesetzeswurf mit 18 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen.

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Grundzüge der Vorlage

2.1

Handlungsbedarf

Gemäss der vor dem 1. Januar 2001 geltenden Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV) wurde die Mehrwertsteuer auf die bis zu drei Monaten dauernde Vermietung von nicht im Gemeingebrauch stehenden Plätzen2 für das Abstellen von Fahrzeugen erhoben. Die länger als drei Monate dauernde Vermietung von Parkplätzen war also von der Steuer ausgenommen.

Heute wird dagegen aufgrund des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG)3 vom 2. September 1999 die Vermietung von Parkplätzen prinzipiell besteuert, ausser es handelt sich dabei um eine unselbstständige Nebenleistung zu einer von der Steuer ausgenommenen Immobilienvermietung. Um eine solche unselbständige Nebenleistung handelt es sich dann, wenn ein Gebäude oder ein Gebäudeteil (z.B. eine Wohnung) gemeinsam mit einem Parkplatz oder mehreren Parkplätzen vermietet wird.

Dabei muss es sich beim Mieter und dem Vermieter beider Objekte um die gleiche Rechtsperson handeln und der oder die Parkplätze dem Mieter zur alleinigen, zeitlich uneingeschränkten Benützung während der ganzen Mietdauer zur Verfügung stehen.

Dieser Systemwechsel hat in der Praxis erhebliche Probleme verursacht. In zahlreichen Fällen war es auch trotz den Weisungen4 der Eidgenössischen Steuerverwaltung für die Immobilienverwaltungen nur schwer möglich, zu beurteilen, ob die Vermietung eines Parkplatzes mehrwertsteuerpflichtig ist oder nicht. Dadurch, dass 1 2

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AB 2002 N 1466 Nicht im Gemeingebrauch stehende Parkplätze sind all diejenigen mit einem beschränkten Benutzerkreis. Im Gemeingebrauch stehen ausschliesslich Parkplätze am Strassenrand oder auf öffentlichen Plätzen ohne Zugangsperre. Dabei spielt es keine Rolle ob die Parkgebühr mittels Parkingmetern, Ticketautomaten oder durch Abgabe von Parkkarten erhoben wird.

SR 641.20 Merkblatt Nr. 18 der Eidg. Steuerverwaltung / 610.545-18.

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für jeden Parkplatz festgelegt werden muss, ob dessen Vermietung eine unselbständige Nebenleistung darstellt oder nicht, entsteht ein erheblicher Aufwand, der gegenüber den eher geringen Steuererträgen bei der Parkplatzvermietung unverhältnismässig hoch ist. Es wäre auch nicht praktikabel, wenn Immobilienverwaltungen in jedem Fall zuerst die Meinung der Steuerverwaltung einholen müssten. Dies würde einen viel zu grossen Aufwand verursachen.

Das geltende Abgrenzungskriterium der unselbständigen Nebenleistung führt auch teilweise zu als ungerecht empfundenen Resultaten. So ist es für betroffene Vermieter zum Beispiel schwer nachvollziehbar, warum sie bei einem Mieter für die Parkplatzvermietung Mehrwertsteuer bezahlen müssen und für die Vermietung an ihren Wohnungsmieter nicht.

2.2

Gesetzesentwurf

Mit dem vorliegenden Entwurf beantragt die Kommission zum alten System zurück zu kehren und die vom seinerzeit in Artikel 14 Ziffer 17 Buchstabe c der Verordnung vom 22. Juni 1994 über die Mehrwertsteuer gewählte Fassung zu übernehmen, wobei die steuerpflichtige Vermietungsdauer aber von drei auf zwölf Monate erhöht wurde. Damit würde die bis zu zwölf Monaten dauernde Vermietung von nicht im Gemeingebrauch stehenden Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen der Mehrwertsteuer unterstellt.

Der vorliegende Revisionsentwurf möchte in erster Linie das administrative System und damit das Mehrwertsteuerrecht vereinfachen. Die Mehrwertsteuerpflicht für die Vermietung von nicht im Gemeingebrauch stehenden Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen soll nicht mehr danach beurteilt werden, ob die Leistung als unselbständige Nebenleistung zu einer von der Steuer ausgenommenen Immobilienvermietung zu qualifizieren ist. Dem gegenüber eignet sich das Kriterium der Mietdauer besser als Grundlage für die Mehrwertsteuerpflicht.

Die geltende Regelung wurde insbesondere aus zwei Gründen eingeführt. Einerseits weil das Kriterium der Vermietungsdauer nicht mit dem europäischen Recht im Einklang steht (vgl. hinten 5) und andererseits da es weder sozial-, kultur- noch wirtschaftspolitische Gründe gibt, um die Nichtbesteuerung der mehr als drei Monate dauernden Vermietung von Parkplätzen zu erklären. Die Nebenleistung sollte im Sinne der in Artikel 36 Absatz 4 Satz 2 MWSTG enthaltenen Regelung umsatzsteuerrechlich das Schicksal der Haupleistung teilen.5 Auch die geltende Regelung nimmt aber keine sozial-, kultur- oder wirtschaftspolitische Differenzierung vor. Die vorgeschlagene Differenzierung zwischen einer Dauer von bis zu zwölf Monaten und mehr als zwölf Monaten kann zwar auch als sachlich nicht begründet erscheinen, lässt sich aber aufgrund der administrativen Vereinfachung rechtfertigen. Was die Kompatibilität mit dem europäischen Recht betrifft, so soll dieses zwar eine Richtschnur sein, ist aber für die Schweiz als Nichtmitglied der EU nicht verpflichtend.

5

AB 1999 N 319/326

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Die WAK-NR besprach auch die Möglichkeit der Besteuerung der bis zu drei, sechs und neun Monaten dauerndern Vermietungen. Die Kommission entschied sich aber für die Variante mit zwölf Monaten, da die Steuerausfälle bei dieser Variante am geringsten sind (vgl. unten 4.1).

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.1

Mehrwertsteuergesetz

Der Vorschlag der Kommission sieht vor, anstelle des heute geltenden Artikels 18 Ziffer 21 Buchstabe c MWSTG wieder die Regelung einzuführen, welche der Bundesrat in Artikel 14 Ziffer 17 Buchstabe c MWSTV angeordnet hatte. Allerdings wird dabei die steuerpflichtige Vermietungsdauer von damals drei neu auf zwölf Monate erhöht. Damit wird die bis zu zwölf Monaten dauernde Vermietung von nicht im Gemeingebrauch stehenden Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen der Mehrwertsteuer unterstellt. Eine von der Steuer ausgenommene Vermietung liegt nur dann vor, wenn der Mietvertrag zum voraus auf mehr als zwölf Monate oder auf unbeschränkte Zeit abgeschlossen ist und tatsächlich mehr als zwölf Monate dauert und wenn dem Mieter im Vertrag ein genau bezeichneter Platz für dessen alleinige Verfügung während der gesamten Vertragsdauer zugewiesen wird. Dies entspricht der früher geltenden Regelung in der MWSTV.

4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle Auswirkungen

Bei der Annahme der vorgeschlagenen Revision des Mehrwertsteuergesetzes ist mit einem Steuerausfall von zwischen 6 und 7,5 Millionen Franken zu rechnen. Auch Varianten, die die Besteuerung der bis zu drei, sechs und neun Monaten dauernden Vermietung von nicht im Gemeingebrauch stehenden Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen vorsehen, wurden in der Kommission besprochen. Laut Angaben der Eidgenössischen Steuerverwaltung würde bei einer mehrwertsteuerpflichtigen Vermietung von Parkplätzen bis zu drei Monaten der Steuerausfall zwischen 7 und 8 Millionen Franken betragen. Bei einer Besteuerung der Vermietung von Parkplätzen bis sechs bzw. neun Monaten würde sich der Steuerausfall von 7­8 Millionen um jährlich einige 100 000 Franken reduzieren. Diese geringen Differenzen der prognostizierten Steuerausfälle sind darauf zurück zu führen, dass meist sehr lang- oder unbefristete Mietverträge abgeschlossen werden.

4.2

Vollzugstauglichkeit

Mit der Wiedereinführung der Differenzierung nach der Mietdauer würde ein leichter überprüfbares Kriterium zur Anwendung gelangen. Damit soll der administrative Aufwand bei den Immobilienverwaltungen wie auch bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung verringert werden.

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5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Vorlage entspricht dem europäischen Recht nicht. Die Differenzierung zwischen einer kurzfristigen und einer langfristigen Vermietung von Parkplätzen steht nicht mit der 6. EG-Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern im Einklang.

Gemäss Artikel 13 Abschnitt B Buchstabe b Ziffer 2 ist die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen generell steuerbar ­ gleichgültig wie lange das Mietverhältnis dauert. Da die Schweiz aber nicht Mitglied der EU ist, ergeben sich für sie aus dem Richtlinienrecht der EU auch keine Verpflichtungen.

6

Verfassungsmässigkeit

Artikel 130 der Bundesverfassung ermächtigt den Bund zur Ausgestaltung und Erhebung der Mehrwertsteuer.

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