03.042 Botschaft über den Bundesbeschluss über die Bundesbeiträge in der Krankenversicherung vom 28. Mai 2003

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Bundesbeiträge in der Krankenversicherung mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

28. Mai 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2003­0990

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Übersicht Das Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (Krankenversicherungsgesetz, KVG) sieht vor, dass Bund und Kantone Mittel bereitstellen zur Verbilligung der Prämien der Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen. Die jährlichen Beiträge des Bundes an die Kantone werden durch einfachen Bundesbeschluss für jeweils vier Jahre festgesetzt; letztmals erfolgte dies im Jahre 1999 für die Jahre 2000 bis 2003.

Als Bestandteil der zweiten Teilrevision des Krankenversicherungsgesetzes berät das Parlament eine Systemänderung bei den Prämienverbilligungen, welche eine einmalige Erhöhung des Bundesbeitrags mit sich bringen würde. Weil die Beratungen noch nicht abgeschlossen sind, ist nicht damit zu rechnen, dass das teilrevidierte Gesetz Anfang 2004 in Kraft treten kann. Damit keine Lücke zwischen aktueller Regelung und Inkrafttreten der Gesetzesrevision entsteht, ist es erforderlich, dass ein Bundesbeschluss die Beiträge des Bundes für die Jahre 2004 bis 2007 regelt. Mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung kann der Bundesbeschluss angepasst bzw. aufgehoben werden.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG, SR 832.10; Botschaft des Bundesrates in BBl 1992 I 93) wurde an der Finanzierung durch individuelle Kopfprämien, aber auch an der Finanzierung durch Kostenbeteiligungen der versicherten Personen und durch Beiträge der öffentlichen Hand festgehalten. Die Beiträge der öffentlichen Hand sollen für individuelle Prämienverbilligungen verwendet werden. Mit dieser individuellen Prämienverbilligung für Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen soll die notwendige Solidarität zwischen Personen mit unterschiedlichen Einkommen sichergestellt werden. Nach Artikel 65 KVG können die Kantone die Prämienverbilligung in eigener Kompetenz und Verantwortung durchführen; der Bund stellt jährlich einen Beitrag zur Verfügung. Die Kantone haben die Möglichkeit, den von ihnen zu übernehmenden Beitrag um maximal 50 Prozent zu kürzen, wenn im jeweiligen Kanton die Prämienverbilligung für Versicherte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen trotzdem sichergestellt ist. Die Beiträge des Bundes an diese Kantone werden sodann im gleichen Verhältnis gekürzt (Art. 66 Abs. 5 KVG). Für die Jahre 2000 bis 2003 wurden die zur Prämienverbilligung bestimmten Bundesbeiträge sowie der minimale Betrag, den die Kantone gesamthaft zu erbringen haben, mit einfachem Bundesbeschluss vom 31. Mai 1999 (BBl 1999 5179) festgelegt. In Anwendung von Artikel 66 Absatz 2 KVG sind die Bundesbeiträge für die Jahre 2004 bis 2007 unter Berücksichtigung der Kostenentwicklung in der obligatorischen Krankenversicherung und der Finanzlage des Bundes wiederum durch einfachen Bundesbeschluss festzusetzen. Der Bundesrat legt diesen Bundesbeschluss hiermit vor.

1.2

Zusammenhang mit der Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung

Im Rahmen der ersten Lesung der zweiten Teilrevision des KVG (Botschaft des Bundesrates vom 18. September 2000 in BBl 2001 741) verabschiedete der Ständerat in der Wintersession 2001 eine Neudefinition der Anspruchsberechtigung in der Prämienverbilligung: Neu sollte die Prämienverbilligung so zu bemessen sein, dass die Prämie der versicherten Personen zusammen mit den Prämien von Familienangehörigen, für die sie unterhaltspflichtig ist, 8 Prozent des um einen Vermögensfaktor bereinigten Einkommens nicht übersteigt. Dieses «Sozialziel» war konzipiert als eine Art Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Gesundheit muss bezahlbar bleiben» der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz. Die Erreichung dieses Zieles in allen Kantonen hätte die Bereitstellung von zusätzlichen 300 Millionen Franken an Bundesmitteln bedingt. Entsprechend bestimmte der Ständerat, dass für die Jahre 2004 bis 2007 ein Bundesbeschluss erlassen werden soll, mit welchem die Bundesmittel, ausgehend von dem im Jahr 2003 bereitgestellten Bundesbeitrag, um 300 Millionen Franken und jährlich 3 Prozent erhöht werden.

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Wegen des erheblichen finanziellen Mehrbedarfs und der undifferenzierten Anspruchsgrenze für die Prämienverbilligung stiess das vom Ständerat beschlossene Modell auf Widerstand. In der Folge haben im Auftrag des Bundesrates das Bundesamt für Sozialversicherung, die Eidgenössische Finanzverwaltung, die Eidgenössische Steuerverwaltung und die Konferenzen der kantonalen Finanz- und Sanitätsdirektoren in einer Arbeitsgruppe verschiedene Modelle erarbeitet, wobei es explizit galt, Modelle mit «Giesskannencharakter» auszuschliessen. Der Bundesrat schlug daraufhin ein differenzierteres Modell vor, gemäss welchem die Kantone die Versicherten in vier Einkommenskategorien einteilen und für die Versicherten, welche durch die Prämien stark belastet sind und für die Haushalte mit Kindern Prämienverbilligungen gewähren, so dass der abgestufte Eigenanteil der Versicherten für Krankenversicherungsprämien zwischen 2 und höchstens 12 Prozent des Einkommens beträgt. Der Bundesrat sah vor, zusätzliche 100 Millionen Franken an Bundesmitteln bereitzustellen. Der Nationalrat sprach sich in der Wintersession 2002 zu Gunsten dieses Modells aus, beschloss Nichteintreten auf einen neuen Bundesbeschluss und setzte den Beitrag des Bundes an die Prämienverbilligung für das Jahr 2004 in Artikel 66 Absatz 1bis KVG fest; gemäss Absatz 2 sollten die jährlichen Beiträge ab dem Jahr 2005 der jährlichen Kostenentwicklung in der Krankenversicherung angepasst werden. Der Nationalrat verwarf die Vorlage jedoch in der Gesamtabstimmung.

In der Frühjahrssession 2003 hat sich der Ständerat dem vom Nationalrat in der Detailberatung befürworteten Modell angeschlossen. Angesichts des Andauerns der parlamentarischen Beratungen ist es jedoch ausgeschlossen, dass ein Inkrafttreten des revidierten Gesetzes und der in diesem Zusammenhang beschlossenen Regelung des Bundesbeitrags an die Prämienverbilligung am 1. Januar 2004 möglich sein wird. Damit keine Lücke zwischen aktueller Regelung und Inkrafttreten der Gesetzesrevision entsteht, hat die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit den Bundesrat gebeten, einen Bundesbeschluss, welcher den Betrag des Bundes an die Prämienverbilligung für die Jahre 2004 bis 2007 regelt, zu unterbreiten. Mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung kann dieser Beschluss dann angepasst bzw. aufgehoben werden.

1.3

Verhältnis zum Finanzausgleich zwischen Bund und Kantonen

Mit dem neuen Finanzausgleich sollen Aufgaben, Kompetenzen und Finanzströme zwischen Bund und Kantonen entflochten und die Verantwortlichkeiten der beiden Staatsebenen geklärt werden. Im Rahmen der Arbeiten zu einer Neuordnung des Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen wird auch im Bereich der Sozialversicherung eine Aufgabenentflechtung geprüft. Da der vorliegende Entwurf des Bundesbeschlusses über die Bundesbeiträge in der Krankenversicherung den neuen Finanzausgleich nicht behindert, ist es nicht notwendig, dass die Ergebnisse des neuen Finanzausgleiches abgewartet werden.

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2

Grundzüge der Vorlage

Gemäss Artikel 66 Absatz 2 KVG werden die jährlichen Beiträge des Bundes an die Kantone unter Berücksichtigung der Kostenentwicklung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und der Finanzlage des Bundes durch einfachen Bundesbeschluss für jeweils vier Jahre festgesetzt. Damit wollte der Gesetzgeber erreichen, dass die Beiträge des Bundes an die Krankenversicherung einmal pro Legislaturperiode dem Parlament unterbreitet werden.

In Artikel 1 des Bundesbeschlusses werden die Bundesbeiträge für die Periode 2004 bis 2007 festgehalten. Falls die zur Zeit im Parlament beratene Teilrevision des Krankenversicherungsgesetzes vor Ablauf des vorliegenden Bundesbeschlusses verabschiedet wird, wird letzterer aufgehoben.

Bei der Festsetzung der Bundesbeiträge wird ­ wie dies schon heute der Fall ist ­ von einer jährlichen Erhöhung von 1,5 Prozent ausgegangen. Weil der vorgeschlagene Bundesbeschluss wahrscheinlich nur den Übergang bis zum Inkrafttreten der Gesetzesrevision bildet, erscheint die Weiterführung des geltenden Anpassungsmechanismus sinnvoll.

Zur Gewährleistung der Kontinuität im Prämienverbilligungsprozess gilt es, als Ausgangspunkt für die künftigen Bundesbeiträge auf den für das Jahr 2003 gültigen Betrag abzustellen (2314 Mio. Fr.). Davon ausgehend und mit einer jährlichen Erhöhung von 1,5 Prozent belaufen sich die maximalen Beiträge des Bundes und der Kantone für die Jahre 2004 bis 2007 auf: Jahr

Bund

Kantone

Bund und Kantone

2004

2 349 Mio. Fr.

1 174,5 Mio. Fr.

3 523,5 Mio. Fr.

2005

2 384 Mio. Fr.

1 192

Mio. Fr.

3 576

Mio. Fr.

2006

2 420 Mio. Fr.

1 210

Mio. Fr.

3 630

Mio. Fr.

2007

2 456 Mio. Fr.

1 228

Mio. Fr.

3 684

Mio. Fr.

Total

9 609 Mio. Fr.

4 804,5 Mio. Fr.

14 413,5 Mio. Fr.

Die vorgeschlagene Lösung erlaubt es den Kantonen, die Prämienverbilligungen für den heutigen Bezügerkreis weiterhin sicherzustellen. Von besonderer Wichtigkeit ist diese Lösung für diejenigen Kantone, welche die Bundesbeiträge vollständig abrufen. Eine Plafonierung der Bundesbeiträge in diesen Kantonen könnte nämlich dazu führen, dass die zur Verfügung stehenden Beträge an einen kleineren Bezügerkreis ausgerichtet werden, wenn die Prämien weiterhin ansteigen. Folglich steigt entweder die Belastung der Versicherten angesichts der unveränderten Subventionsbeiträge oder der Kanton muss einen höheren Beitrag an die Prämienverbilligung leisten.

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3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

3.1

Auswirkungen für den Bund

Die finanziellen Auswirkungen für den Bund ergeben sich aus Artikel 1 des Bundesbeschlusses. Sie betragen für die Jahre 2004 bis 2007 insgesamt 9609 Millionen Franken. Bei diesem Betrag handelt es sich um die maximale Belastung für den Bund. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen ist wohl auch in Zukunft davon auszugehen, dass es Kantone geben wird, die von der Möglichkeit der Kürzung der Kantonsbeiträge Gebrauch machen werden, womit sich auch eine entsprechende Entlastung beim Bund bemerkbar machen wird, da die von den Kantonen nicht beanspruchten Bundesbeiträge in der Bundeskasse verbleiben.

Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung sieht zum Zweck der Ausgabenbegrenzung vor, dass Zahlungsrahmen, die neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, in jedem der beiden Räte der Zustimmung der Mehrheit aller Mitglieder bedürfen.

3.2

Auswirkungen für die Kantone

Gemäss Artikel 66 Absatz 4 KVG muss der Gesamtbeitrag, den die Kantone zu leisten haben, mindestens der Hälfte des gesamten Bundesbeitrages entsprechen.

Auf Grund dieser Regelung betragen die finanziellen Auswirkungen für die Kantone für die Jahre 2004 bis 2007 insgesamt 4804,5 Millionen Franken. Auch dieser Betrag stellt die maximale Belastung der Kantone für diese Zeitspanne dar und kann auf Grund der Möglichkeit zur Kürzung des Kantonsbeitrages gemäss Artikel 66 Absatz 5 KVG verringert werden.

4

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Die Festsetzung der Bundesbeiträge an die Prämienverbilligung im Abstand von vier Jahren erfolgt in Ausführung von Artikel 66 KVG und seit Inkrafttreten des Gesetzes. Mit dem vorliegenden Bundesbeschluss wird somit eine seit 1996 bestehende Ordnung fortgeführt. Von der jährlichen Erhöhung der maximalen Bundesbeiträge um 1,5 Prozent, welche die bereits geltende Regelung weiterführt, sind keine massiven volkswirtschaftlichen Auswirkungen zu erwarten. Grundsätzlich führt die zusätzliche Belastung der öffentlichen Hand zwar zu einem negativen Wachstumseffekt. Weil die betreffenden Mittel jedoch, zwar mit einer gewissen Verzögerung, Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen zugeleitet werden und deren Budget erhöhen, sollte deren zusätzliche Konsumneigung dem erwähnten negativen Wachstumseffekt entgegenwirken. Auch dieser Aspekt lässt erwarten, dass mit dem Bundesbeschluss keine massiven volkswirtschaftlichen Auswirkungen eintreten werden.

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5

Legislaturplanung

Die Festlegung der Bundesbeiträge in der Krankenversicherung für die Jahre 2004 bis 2007 bildet Bestandteil der Legislaturplanung 1999­2003 (BBl 2000 2337).

6

Rechtliche Grundlagen

Der Bundesbeschluss über die Bundesbeiträge in der Krankenversicherung ist ein einfacher, nicht dem Referendum unterstehender Bundesbeschluss, dessen Rechtsgrundlage in Artikel 66 Absatz 2 KVG besteht.

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