zu 99.3388 Bericht des Bundesrates über Korruptionsprävention (in Erfüllung des Postulats «Korruptionsprävention» der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 30. Juni 1999) vom 16. Juni 2003

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Bericht über Korruptionsprävention mit dem Antrag, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachung.

16. Juni 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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2003-1216

Bericht 1

Einleitung

Anlässlich der Behandlung der Revision des Korruptionsstrafrechts (99.026) formulierte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates am 30. Juni 1999 das Postulat «Korruptionsprävention» (99.3388). Das Postulat wurde vom Nationalrat am 7. Oktober 1999 überwiesen und hat folgenden Wortlaut: «Der Bund erarbeitet unter Mitwirkung der Kantone Musterregelungen zwecks Korruptionsprävention. Folgende Massnahmen sind zu prüfen: ­

eine Regelung für die Annahme von persönlichen Geschenken und Vorteilszuwendungen für Bedienstete der öffentlichen Verwaltung;

­

die Einführung des Vier-Augen-Prinzips in den Bereichen der Verwaltung, in denen Entscheide von bedeutender finanzieller Tragweite gefällt werden ­ insbesondere bei der Vergabe von Aufträgen und im Beschaffungswesen;

­

die Einrichtung von internen Kontroll- und Revisionsstellen in denselben Bereichen;

­

die Vornahme einer periodischen Rotation der verantwortlichen Bediensteten in besonders korruptionsanfälligen Funktionen;

­

eine personelle Aufstockung der Finanzkontrollen;

­

die Thematisierung der Korruption in Führungskursen und Ausbildungsseminaren.»

Der vorliegende Bericht wurde von einer Arbeitsgruppe vorbereitet, die unter der Leitung des Eidgenössischen Personalamts stand und in der folgende Bundesstellen vertreten waren: Eidgenössische Finanzkontrolle, Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, Bundesamt für Justiz, Gruppe Rüstung, Bundesamt für Bauten und Logistik. Die Kantone wurden in der Weise einbezogen, dass die Mitglieder der Schweizerischen Konferenz der Personalleiter/innen öffentlicher Verwaltungen, der die Kantone und grössere Städte angehören, Gelegenheit hatten, Anregungen einzubringen und zu einem Berichtsentwurf Stellung zu nehmen. Ebenfalls konsultiert wurde die Schweizerische Konferenz der Finanzkontrollen.

Neben dem Postulat «Korruptionsprävention» bezog die Arbeitsgruppe auch einen Appell zur Schaffung eines Kompetenzzentrums zur Bekämpfung der Korruption in ihre Überlegungen ein, den die Nichtregierungsorganisation «Transparency Switzerland, Forum gegen Korruption» am 28. August 2002 an den Bundesrat richtete.

Auf die einzelnen Punkte des Postulates geht der Bericht in den folgenden Ziffern ein: ­

Annahme von Geschenken:

Ziffer 3

­

Vier-Augen-Prinzip:

Ziffer 6

­

Interne Kontroll- und Revisionsstellen:

Ziffer 6

­

Rotation von Bediensteten:

Ziffer 6

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­

Aufstockung der Finanzkontrollen:

Ziffer 7

­

Führungskurse und Ausbildungsseminare:

Ziffer 8

Daneben werden weitere, im Postulat nicht ausdrücklich erwähnte Elemente berücksichtigt, die zur Korruptionsprävention beitragen.

2

Ausgangslage

2.1

Allgemeines

Das Postulat «Korruptionsprävention» nimmt ein Thema auf, dem die Bundesverwaltung schon seit längerer Zeit die erforderliche Aufmerksamkeit widmet. Zu erwähnen ist insbesondere die umfassende Untersuchung der ehemaligen Verwaltungskontrolle des Bundesrates (VKB), die ihre Ergebnisse dem Bundesrat im Bericht «Korruptionsgefährdungen und Sicherheitsvorkehrungen in der Bundesverwaltung» vom 26. März 1998 unterbreitet hat. Dieser Untersuchung der VKB war ein Bericht «Sicherheitsprüfungen und Korruption» des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom Oktober 1996 vorausgegangen.

Auf Grund des Berichts der VKB beauftragte der Bundesrat am 20. Mai 1998 die Departemente zu überprüfen, ob Handlungsbedarf bezüglich der Sicherheitsvorkehrungen bei korruptionsgefährdeten Tätigkeiten bestehe, und gegebenenfalls Verbesserungen vorzunehmen. Dieser Auftrag löste verschiedene Aktivitäten aus (vgl.

dazu: Die Nebenbeschäftigungen von Beamten und die beruflichen Aktivitäten ehemaliger Beamter unter dem besonderen Blickwinkel der Interessenkonflikte. Antworten des Bundesrates vom 12. Januar 2000 auf den Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 12. März 1999; BBl 2000 4944 ff., Ziff. 2.6).

Im Beschluss vom 20. Mai 1998 beauftragte der Bundesrat zudem das Eidgenössische Finanzdepartement, einen Verhaltenskodex (Code of Conduct) zur Prävention von Korruptionsgefährdungen zu erarbeiten und diesen den Departementen als Grundlage für die stufengerechte Aus- und Weiterbildung zur Verfügung zu stellen.

Näheres zur Bedeutung dieses Verhaltenskodexes wird unten in Ziffer 2.3 ausgeführt.

2.2

Revision des Korruptionsstrafrechts und Effizienzvorlage

Am 1. Mai 2000 ist das revidierte Korruptionsstrafrecht in Kraft getreten (AS 2000 1121 ff.). Der strafrechtliche Schutz des Vertrauens der Allgemeinheit in eine korrekte Pflichterfüllung der Amtsträger und Amtsträgerinnen ist dadurch in verschiedener Hinsicht verstärkt worden. Im vorliegenden Zusammenhang besonders erwähnenswert ist, dass neben den Tatbeständen der aktiven und der passiven Bestechung die Auffangtatbestände der Vorteilsgewährung und, als spiegelbildlich ausgestaltete passive Begehungsform, der Vorteilsannahme in das Schweizerische Strafgesetzbuch (StGB; SR 311.0) eingefügt worden sind (Art. 322quinquies und 322sexies StGB).

Ein Austauschverhältnis zwischen der Zuwendung und einer bestimmbaren Hand-

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lung ist dabei nicht erforderlich. Es genügt, wenn die Gewährung oder die Annahme eines Vorteils im Hinblick auf die Amtsführung erfolgt. Erfasst werden durch diese Auffangtatbestände namentlich Verhaltensweisen, die als «Anfüttern» oder «Klimapflege» bezeichnet werden.

Neben dieser Verschärfung des materiellen Strafrechts ist auch eine strafprozessuale Neuerung zu erwähnen. Mit der so genannten Effizienzvorlage wurde die Rolle des Bundes bei der Verfolgung von organisiertem Verbrechen und Wirtschaftskriminalität verstärkt. Die in diesem Rahmen mit Artikel 340bis StGB auf den 1. Januar 2002 neu eingeführte Bundesgerichtsbarkeit für grenzüberschreitende Schwerkriminalität umfasst auch die Bestechungstatbestände.

2.3

Verhaltenskodex der allgemeinen Bundesverwaltung

Gemäss dem oben in Ziffer 2.1 erwähnten Auftrag unterbreitete das Eidgenössische Finanzdepartement dem Bundesrat einen «Verhaltenskodex der allgemeinen Bundesverwaltung», den dieser am 19. April 2000 guthiess.

Der Kodex enthält in prägnanter Form Zielvorgaben und Verhaltensregeln, welche die berufsethischen Anforderungen an das Bundespersonal konkretisieren. Einen Beitrag zur Korruptionsprävention leisten insbesondere die Ziffern 3, 4 und 5 des Kodexes: «3. Die Beschäftigten achten bei den beruflichen und persönlichen Handlungen und Bindungen auf Glaubwürdigkeit und Integrität. Sie führen weder gegen Entschädigung noch unentgeltlich Tätigkeiten aus, die mit ihren Aufgaben in der allgemeinen Bundesverwaltung im Widerspruch stehen. Sie nutzen ihre berufliche Stellung in keinem Fall für private Zwecke aus.

4. Die Beschäftigten nehmen weder direkt noch indirekt Geschenke oder andere Vorteile an, die ihre Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit beeinträchtigen könnten. Sie missbrauchen weder Geld, Arbeitsmittel noch Informationen und andere immaterielle Werte gegen die Interessen der Öffentlichkeit oder zum eigenen Nutzen oder dem ihrer Angehörigen.

5. Die Beschäftigten informieren ihre Vorgesetzten über jeden persönlichen Interessenkonflikt im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer Aufgaben. Sie führen keine rechtswidrigen Aufträge aus. Vorgesetzte und Beschäftigte suchen im Gespräch gemeinsam eine Lösung.» Mit verschiedenen Massnahmen wurde sichergestellt, dass der Kodex in der Bundesverwaltung allgemein bekannt wird. So wurde er allen Beschäftigten der Bundesverwaltung per Post nach Hause geschickt, und die Amtsdirektionen wurden aufgefordert, den Kodex allen neu eintretenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Bestandteil des personalpolitischen Leitbilds der Bundesverwaltung abzugeben.

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3

Vorteilsannahme

Das Postulat «Korruptionsprävention» verlangt eine Musterregelung für die Annahme von persönlichen Geschenken und Vorteilszuwendungen für Bedienstete der öffentlichen Verwaltung.

Wie in Ziffer 2.2 bereits erwähnt wurde, gilt seit dem 1. Mai 2000 die neue strafrechtliche Regelung der Vorteilsannahme (Art. 322sexies StGB). Danach wird mit Gefängnis oder Busse bestraft, wer «als Mitglied einer richterlichen oder anderen Behörde, als Beamter, als amtlich bestellter Sachverständiger, Übersetzer oder Dolmetscher oder als Schiedsrichter im Hinblick auf die Amtsführung einen nicht gebührenden Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt». Keine nicht gebührenden Vorteile sind nach Artikel 322octies StGB «dienstrechtlich erlaubte sowie geringfügige, sozial übliche Vorteile».

Für das Personal der Bundesverwaltung regeln Artikel 21 Absatz 3 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1) und Artikel 93 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV; SR 172.220.111.3), was dienstrechtlich erlaubte Vorteile sind, die angenommen werden dürfen. Im Rahmen des Arbeitsverhältnisses dürfen Angestellte der Bundesverwaltung nach diesen Vorschriften nur geringfügige, sozial übliche Vorteile annehmen. Die Departemente können aber die Annahme solcher Vorteile näher regeln oder untersagen.

Mit dieser Regelung verzichtete der Bundesrat bewusst darauf, für das Bundespersonal eine starre Definition der zulässigen Annahme von Vorteilen zu schaffen.

Vielmehr wollte er es den Departementen ermöglichen, eine auf die jeweiligen Umstände abgestimmte Praxis zu entwickeln. Er trug damit der Tatsache Rechnung, dass die Annahme von Vorteilen je nach Situation unterschiedlich beurteilt werden muss. Der Bundesrat sieht keinen Anlass, von dieser Haltung zwei Jahre nach dem Erlass der Bundespersonalverordnung abzuweichen. Eine allzu starre allgemeine Regelung empfiehlt sich auch heute nicht. Hingegen ist es angebracht, dass die Departemente (oder die Ämter, wenn die Departemente ihnen dies überlassen) in potenziell korruptionsgefährdeten Tätigkeitsbereichen die Vorteilsannahme im Sinn von Artikel 93 Absatz 2 BPV näher regeln oder untersagen.

Die Anwendung der beschriebenen Vorschriften kann im Einzelfall Fragen aufwerfen. Im Anhang zum vorliegenden Bericht werden deshalb Hinweise zur Konkretisierung des
geltenden Rechts geboten. Diese Hinweise orientieren sich am Personalrecht der Bundesverwaltung. Sie dürften es aber auch anderen öffentlichen Verwaltungen erleichtern, sachgerechte Lösungen innerhalb des Rahmens zu finden, den das Strafgesetzbuch vorgibt.

4

Nebenbeschäftigungen von Bundesangestellten

In einem Bericht vom 12. März 1999 mit dem Titel «Die Nebenbeschäftigungen von Beamten und die beruflichen Aktivitäten ehemaliger Beamter unter dem besonderen Blickwinkel der Interessenkonflikte» (BBl 1999 9734) hatte die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates verschiedene Aspekte der damals geltenden Regelung von Nebenbeschäftigungen des Bundespersonals kritisiert. In seinen Antworten vom 12. Januar 2000 auf diesen Bericht stellte der Bundesrat in Aussicht, dieser Kritik

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bei der Ausgestaltung des neuen Personalrechts Rechnung zu tragen. Mit Artikel 91 BPV wurde dieses Versprechen eingelöst. Die Bestimmung hat folgenden Wortlaut: «1 Angestellte bedürfen für die Ausübung öffentlicher Ämter und anderer Tätigkeiten ausserhalb ihres Arbeitsverhältnisses mit dem Bund einer Bewilligung, wenn: a.

die Tätigkeit gegen Entgelt ausgeübt wird und sie in einem Umfang beansprucht, der ihre Leistungsfähigkeit im Arbeitsverhältnis mit dem Bund vermindern kann;

b.

auf Grund der Art der Tätigkeit die Gefahr eines Konfliktes mit den dienstlichen Interessen besteht.

2 Wenn nicht im Einzelfall Interessenkonflikte ausgeschlossen werden können, wird die Bewilligung insbesondere für folgende Tätigkeiten verweigert:

a.

Beratung oder Vertretung von Dritten in Angelegenheiten, die zu den Aufgaben der Verwaltungseinheit gehören, bei der die angestellte Person tätig ist;

b.

Tätigkeiten im Zusammenhang mit Aufträgen, die für den Bund ausgeführt werden oder die der Bund in absehbarer Zeit zu vergeben hat.

3

Die Angestellten informieren ihre Vorgesetzten über Tatsachen, welche die Bewilligungspflicht begründen können.» Diese Regelung erlaubt es, die Besonderheiten jedes einzelnen Falles angemessen zu berücksichtigen. Unter dem Gesichtspunkt der Korruptionsprävention ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 91 BPV unabhängig vom Beschäftigungsgrad von Bundesangestellten die Rechtsgrundlage für ein Bewilligungsverfahren bildet, wenn eine Tätigkeit ausserhalb des Arbeitsverhältnisses mit dem Bund zu Konflikten zwischen dienstlichen und privaten (ausserdienstlichen) Interessen führen kann. Im Bewilligungsverfahren ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu entscheiden, ob die Nebenbeschäftigung so ausgestaltet werden kann, dass die potenziellen Interessenkonflikte nicht aktuell werden. Sollte dies nicht möglich sein, so ist die Bewilligung zu verweigern.

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Integritätsklausel im Beschaffungswesen

Die Beschaffungskommission des Bundes genehmigte im September 2000 eine Integritätsklausel zur Vermeidung von Korruption im Beschaffungswesen und stellte sie im November 2000 den Beschaffungsstellen des Bundes und den Dienstleistungsaufträge vergebenden Stellen des Bundes zu. Die Beschaffungskommission empfiehlt, die Klausel in das jeweilige Vertragswerk aufzunehmen. Die Integritätsklausel hat zur Zeit folgenden Wortlaut: «Die Anbieterin und die Auftraggeberin verpflichten sich, alle erforderlichen Massnahmen zur Vermeidung von Korruption zu ergreifen, so dass insbesondere keine Zuwendungen oder andere Vorteile angeboten oder angenommen werden.

Bei Missachtung der Integritätsklausel hat die Anbieterin der Auftraggeberin eine Konventionalstrafe zu bezahlen. Diese beträgt 10 % der Vertragssumme, mindestens 3000 Franken pro Verstoss.

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Die Anbieterin nimmt zur Kenntnis, dass ein Verstoss gegen die Integritätsklausel in der Regel zur Aufhebung des Zuschlags sowie zu einer vorzeitigen Vertragsauflösung aus wichtigen Gründen durch die Auftraggeberin führt.»

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Interne Kontrollsysteme

Nach dem Postulat «Korruptionsprävention» sind unter anderem folgende Massnahmen zu prüfen: Einführung des Vier-Augen-Prinzips in den Bereichen der Verwaltung, in denen Entscheide von bedeutender finanzieller Tragweite gefällt werden ­ insbesondere bei der Vergabe von Aufträgen und im Beschaffungswesen; Einrichtung von internen Kontroll- und Revisionsstellen in denselben Bereichen; Vornahme einer periodischen Rotation der verantwortlichen Bediensteten in besonders korruptionsanfälligen Funktionen.

Diese Massnahmen können als Elemente von umfassenden internen Kontrollsystemen begriffen werden. Nach der Definition der Treuhand-Kammer ist darunter Folgendes zu verstehen (Treuhand-Kammer, Schweizer Handbuch der Wirtschaftprüfung HWP, Band 2: Prüfung, Berichterstattung, Interne Revision, 1. Aufl. 1998, S. 171): «Unter (Synonym: Internes Kontrollsystem) werden alle von Verwaltungsrat, Geschäftsleitung und übrigen Führungsverantwortlichen angeordneten Vorgänge, Methoden und Massnahmen verstanden, die dazu dienen, einen ordnungsgemässen Ablauf des betrieblichen Geschehens sicherzustellen. Die organisatorischen Massnahmen der Internen Kontrolle sind in die betrieblichen Arbeitsabläufe integriert, d.h. sie erfolgen arbeitsbegleitend oder sind dem Arbeitsvollzug unmittelbar vor- oder nachgelagert.» Die EFK hat in ihrem Jahresbericht 2000 auf die Bedeutung solcher Systeme in der Bundesverwaltung hingewiesen (Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle über ihre Tätigkeit im Jahre 2000 an die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte und an den Bundesrat vom 23. März 2001, BBl 2001 2421, Ziff. 2.3): «Wenn die Direktion eines Amtes die Risiken auflistet, denen sie ausgesetzt ist, wenn sie die Kompetenzen für die verschiedenen Bereiche klar regelt oder wenn sie die Geschäfte definiert, die nur mit Zustimmung einer zweiten Person abgewickelt werden dürfen, stärkt sie die internen Kontrollsysteme. Sie kann damit ihre Amtspolitik wirkungsvoller umsetzen und Risiken jeglicher Art verringern.

Die Grundsätze einer ordnungsmässigen Buchhaltung und Rechnungsführung verlangen solche internen Kontrollsysteme. Nach den Vorschriften der Treuhandkammer sind der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung für die Schaffung und Sicherstellung einer wirksamen und nachhaltigen internen Kontrolle verantwortlich. In
der Bundesverwaltung obliegt diese Verantwortung insbesondere dem Bundesrat und den Amtsdirektionen.

Die Frage, ob ein Amt über wirksame interne Kontrollen verfügt, ist für die Planung der Prüfung durch die EFK von zentraler Bedeutung. Die Analyse der Prozesse erlaubt eine Risikobeurteilung sowie eine Standortbestimmung über das Risikomanagement und dessen Wirksamkeit. Sind die Ergebnisse dieser Analyse zufrieden-

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stellend, können die Prozesse als sicher qualifiziert werden. Die Risiken sind entsprechend geringer.» In der Bundesverwaltung werden zunehmend interne Kontrollsysteme im erwähnten Sinn geschaffen und ausgebaut. Diese Entwicklung wird unter anderem durch die EFK gefördert, die mit verschiedenen Massnahmen das oberste Kader der Bundesverwaltung für Fragen der internen Kontrollen sensibilisiert und Unterstützung beim Auf- und Ausbau solcher Systeme bietet. Zu einer erhöhten Sensibilität für die damit zusammenhängenden Fragen dürfte auch die Risikoanalyse beitragen, die in der Bundesverwaltung seit 2001 durchgeführt wird und sich hauptsächlich auf die Risiken im Zusammenhang mit Haftungen und Garantien des Bundes bezieht.

Die vom Postulat «Korruptionsprävention» geforderten Einzelmassnahmen wie das Vier-Augen-Prinzip oder die periodische Rotation der verantwortlichen Bediensteten in besonders korruptionsgefährdeten Funktionen entfalten ihre volle Wirkung nur als Elemente eines umfassenden, auf die Besonderheiten der jeweiligen Verwaltungseinheit abgestimmten internen Kontrollsystems. Die Einordnung von einzelnen Massnahmen in einen grösseren Zusammenhang erlaubt es auch, gegebenenfalls eine Massnahme durch eine andere zu ersetzen, die weniger negative Nebenwirkungen hat. Wenn beispielsweise der mit einer Rotation der Angestellten verbundene Verlust von Kenntnissen in einem bestimmten Bereich gegen die Einführung der Personalrotation spricht, kann Korruptionsgefährdungen oft ebenso wirksam begegnet werden, indem näher zu bezeichnende Geschäfte nur mit Zustimmung einer zweiten Person abgewickelt werden dürfen (Vier-Augen-Prinzip).

Wichtiger als die allgemeine Einführung einzelner Instrumente in der ganzen Verwaltung ist deshalb das Vorhandensein angemessener interner Kontrollsysteme in den einzelnen Verwaltungseinheiten.

Die internen Kontrollsysteme sind auch die Grundlage für die Tätigkeit der internen Kontroll- und Revisionsstellen, deren Einrichtung das Postulat «Korruptionsprävention» für jene Bereiche fordert, in denen Entscheide von bedeutender finanzieller Tragweite gefällt werden. Gute interne Kontrollsysteme erhöhen die Wirksamkeit dieser Stellen.

In der Bundesverwaltung werden Aufgaben der internen Kontroll- und Revisionsstellen durch die Finanzinspektorate wahrgenommen. Solche Inspektorate
sind in den letzten Jahren in verschiedenen Organisationseinheiten neu geschaffen oder personell verstärkt worden. Umfasste der Personalbestand der Finanzinspektorate der Bundesverwaltung (umgerechnet auf Vollzeitstellen) Anfang 1999 erst rund 30 Stellen, so ist er bis Ende 2002 auf rund 50 Stellen gestiegen.

Der Bundesrat begrüsst und unterstützt die Verstärkung der internen Kontrollsysteme und der Finanzinspektorate. Diese Entwicklung trägt wesentlich bei zur Verwirklichung der vom Postulat «Korruptionsprävention» angestrebten Ziele.

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Verstärkung der Finanzkontrollen

Das Postulat «Korruptionsprävention» fordert, dass eine personelle Aufstockung der Finanzkontrollen geprüft wird.

Auf Bundesebene ist der Stellenbestand der Eidgenössischen Finanzkontrolle in den letzten Jahren merklich erhöht worden (von 73 Stellen im Jahr 1999 auf 92 Stellen im Jahr 2002). Gegenüber den für die Bewilligung der Mittel zuständigen Instanzen wurde die Erhöhung des Stellenbestandes unter anderem damit begründet, dass bereits 1996 eine interdepartementale Arbeitsgruppe des Bundes zur Bekämpfung der Korruption eine solche Erhöhung gefordert habe und dass die Forderung nun auch im Postulat «Korruptionsprävention» enthalten sei.

Über die Frage, mit welchem Personalbestand die kantonalen Finanzkontrollen ausgestattet sein sollen, entscheiden die Kantone auf Grund ihrer Organisationsautonomie in eigener Kompetenz und Verantwortung. Die gute Zusammenarbeit zwischen der eidgenössischen und den kantonalen Finanzkontrollen erlaubt einen wirksamen Informationsaustausch bei der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität und trägt so zur Korruptionsprävention bei.

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Führungskurse und Ausbildungsseminare

Das Postulat «Korruptionsprävention» fordert eine Thematisierung der Korruption in Führungskursen und Ausbildungsseminaren.

Die Thematisierung von Korruptionsrisiken und von Präventionsmöglichkeiten bietet sich hauptsächlich für zwei Gruppen von Personen an: einerseits gezielt für Angestellte in Bereichen, die einer erhöhten Korruptionsgefährdung ausgesetzt sind, und andererseits generell für Führungskräfte, um diese für das Thema zu sensibilisieren.

Auf Bundesebene wird gegenwärtig an der Neukonzeption der Aus- und Weiterbildung im öffentlichen Beschaffungswesen gearbeitet. In diesem Rahmen wird geprüft, wie Kenntnisse über die Gefahren der Korruption und über die Möglichkeiten zu deren Bekämpfung am wirksamsten vermittelt werden können. Neben der Information über den rechtlichen Rahmen (z. B. Korruptionsstrafrecht, personalrechtliche Regelungen der Vorteilsannahme und der Nebenbeschäftigungen, Integritätsklausel) dürften Fallstudien im Vordergrund stehen, mit deren Hilfe praxisrelevante Fragen veranschaulicht werden können.

Noch geprüft wird zur Zeit, in welcher Form das Thema Korruptionsprävention in die Führungsausbildung integriert werden kann. Denkbar ist auch hier die Arbeit an Fallstudien, die den Führungskräften zeigen, mit welchen heiklen Fragen sie im Führungsalltag konfrontiert sein können.

Neben der Integration des Themas Korruptionsprävention in Ausbildungen mit einem umfassenderen Lernziel (wie der eben genannten Ausbildung im Beschaffungswesen und der Führungsausbildung) können ergänzend auch Einzelveranstaltungen zur Verstärkung der Korruptionsprävention beitragen. Als Beispiel dafür kann ein im Jahr 2001 von der EFK und dem Eidgenössischen Personalamt durchgeführtes Seminar genannt werden, an dem sich rund vierzig Bundesamtsdirektoren mit der Verhütung von Wirtschaftskriminalität in der Bundesverwaltung befassten.

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Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass ein einzelnes Bundesamt beispielsweise eine Veranstaltung von einem halben Tag durchführen lässt für alle Führungskräfte des Amtes und für Angestellte, die in korruptionsgefährdeten Bereichen arbeiten.

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«Whistleblowing»

Verschiedentlich wird als Massnahme zur Korruptionsprävention die Förderung des so genannten «Whistleblowings» empfohlen. Als «Whistleblowers» können im vorliegenden Zusammenhang Personen bezeichnet werden, die an ihrem Arbeitsplatz Korruptionsfälle wahrnehmen und intern melden oder an die Öffentlichkeit tragen. Einen gesetzlichen Schutz solcher Personen strebt ein parlamentarischer Vorstoss an, der noch nicht behandelt ist (Motion Gysin Remo vom 7. Mai 2003, Gesetzlicher Schutz für Hinweisgeber von Korruption, 03.3212).

In der Bundesverwaltung besteht schon heute die Möglichkeit, Feststellungen, die auf Korruptionsfälle hinweisen, der EFK zu melden. Diese geht solchen Hinweisen im Rahmen der von ihr durchgeführten Revisionen nach und überprüft sie näher, wenn sie plausibel erscheinen. Gegebenenfalls erstattet die EFK Anzeige bei den Strafverfolgungsbehörden. Die Herkunft der Hinweise behandelt sie dabei grundsätzlich vertraulich.

Ein solches Vorgehen hat den Vorteil, dass sich die Frage des Schutzes der Informanten vor Repressalien nicht stellt. Nachteile für die Aufklärung von Korruptionsfällen sollten sich nur selten ergeben, da im Laufe einer näheren Untersuchung in der Regel andere, selbstständige Beweismittel sichergestellt werden können, so dass eine Zeugenaussage der Personen, von denen der erste Hinweis kam, entbehrlich ist. Das gewählte Verfahren entspricht der Praxis einiger anderer Länder und Organisationen, die «Whistleblowing-Hotlines» betreiben (USA, Australien, Grossbritannien, EU-Kommission). Es berücksichtigt, dass das öffentliche Dienstrecht in der Schweiz keine allgemeine Anzeigepflicht für Amtsträger kennt, und schafft ein mitteilungsfreundliches Klima, ohne ein unerwünschtes Denunziantentum zu fördern.

Die EFK wird in nächster Zeit die Stellen in der Bundesverwaltung, welche mit Hinweisen auf Korruptionsfälle konfrontiert werden können, über diese Möglichkeit informieren. Dazu gehören insbesondere die Direktionen der Bundesämter und die Vertrauensstelle des Bundespersonals.

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Schlussbemerkungen

Die öffentlichen Verwaltungen erfüllen politisch definierte Aufgaben und setzen dafür Steuermittel ein. Die Erwartungen an die Integrität des Verwaltungshandelns sind deshalb hoch. Es liegt in der Verantwortung des Verwaltungspersonals, diesen Erwartungen gerecht zu werden. In den letzten Jahren ist in vielen Verwaltungen ein personalrechtlicher und kultureller Wandel in Gang gekommen, der die Führungsverantwortung der Vorgesetzten und die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden stärkt. Diese Entwicklung ist auch unter dem Gesichtspunkt der Korruptionsprävention zu begrüssen.

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Wie der vorliegende Bericht zeigt, wird das Personal bei der Wahrnehmung seiner Verantwortung durch zahlreiche Massnahmen unterstützt. Korruptionsprävention kann Korruption zwar nicht völlig verhindern, sie aber doch auf Einzelfälle reduzieren, in denen dann straf- und personalrechtliche Sanktionen zu ergreifen sind. Um das richtige Mass an Korruptionsprävention zu finden, ist eine Überlegung hilfreich, welche die VKB am 26. März 1998 in ihrem Bericht «Korruptionsgefährdungen und Sicherheitsvorkehrungen in der Bundesverwaltung» wie folgt formuliert hat (Ziffer 424): «Für den gesamten Bereich der Korruptionsbekämpfung sollte schliesslich wie in anderen Bereichen der Verwaltungstätigkeit das Verhältnismässigkeitsprinzip beachtet werden. ... (Es) liegt auf der Hand, dass unverhältnismässige Sicherheitsvorkehrungen und Kontrollen oder gar Bespitzelung zur Beeinträchtigung der Effizienz und des Vertrauensklimas in der Verwaltung führen können. Beides muss vermieden werden.» Der vorliegende Bericht dient zwar in erster Linie der Information des Parlamentes.

Er kann aber gleichzeitig auch als Mittel dienen, um das oberste Kader der Bundesverwaltung über den aktuellen Stand der Korruptionsprävention zu informieren und für die angesprochenen Fragen weiter zu sensibilisieren. Der Bericht wird deshalb zusammen mit dem Anhang allen Amtsdirektionen zugestellt.

Zusammenfassend darf festgehalten werden, dass die Anliegen des Postulates erfüllt sind, wenn auch nicht in jedem Punkt mit genau den Massnahmen, die zur Prüfung vorgeschlagen wurden. So hat es sich insbesondere als zweckmässiger erwiesen, den einzelnen Organisationseinheiten Hinweise zur Konkretisierung des Verbots der Vorteilsannahme zu geben, statt eine einheitliche, starre Musterregelung zu schaffen. Was das von Transparency Switzerland geforderte Kompetenzzentrum zur Bekämpfung der Korruption betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass die Eidgenössische Finanzkontrolle bereits heute viele Funktionen eines solchen Zentrums erfüllt.

Die Schaffung einer besonderen Organisationseinheit drängt sich nicht auf.

Anhang: «Das Verbot der Vorteilsannahme in der Bundesverwaltung: Hinweise zur Anwendung der rechtlichen Vorgaben»

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Anhang

Das Verbot der Vorteilsannahme in der Bundesverwaltung: Hinweise zur Anwendung der rechtlichen Vorgaben 1

Rechtliche Vorgaben

Die Vorteilsannahme durch Angestellte der Bundesverwaltung ist personalrechtlich geregelt in Artikel 21 Absatz 3 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1) und in Artikel 93 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV; SR 172.220.111.3): «Art. 21

Verpflichtungen des Personals

...

3

Das Personal darf weder für sich noch für andere Geschenke oder sonstige Vorteile beanspruchen, annehmen oder sich versprechen lassen, wenn dies im Rahmen des Arbeitsverhältnisses geschieht.» (Art. 21 Abs. 3 BPG) «Art. 93

Vorteilsannahme (Art. 21 Abs. 3 BPG)

1

Nicht als Geschenke oder sonstige Vorteile im Sinne von Artikel 21 Absatz 3 BPG gelten geringfügige, sozial übliche Vorteile.

2

Die Departemente können die Annahme solcher Vorteile näher regeln oder untersagen.

3

In Zweifelsfällen klären die Angestellten die Zulässigkeit der Annahme von Vorteilen zusammen mit ihren Vorgesetzten ab.» (Art. 93 BPV) Diese personalrechtlichen Vorgaben werden ergänzt durch Ziffer 4 Satz 1 des Verhaltenskodexes der allgemeinen Bundesverwaltung vom 19. April 2000: «Die Beschäftigten nehmen weder direkt noch indirekt Geschenke oder andere Vorteile an, die ihre Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit beeinträchtigen können.»

Neben dem personalrechtlichen gibt es ein strafrechtliches Verbot der Vorteilsannahme (Art. 322sexies und 322octies Ziff. 2 des Schweizerischen Strafgesetzbuches, StGB; SR 311.0). Die personalrechtlich erlaubte Annahme von Vorteilen ist nicht strafbar.

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2

Anwendung der rechtlichen Vorgaben

Im Alltag können sich immer wieder Fragen im Zusammenhang mit dem Verbot der Vorteilsannahme ergeben. Im Folgenden werden einige dieser Fragen gestellt und in allgemeiner Form beantwortet.

Frage 1: Dürfen Bundesangestellte im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses Geschenke oder andere Vorteile annehmen?

Grundsätzlich nicht. Erlaubt ist aber die Annahme von geringfügigen und zugleich sozial üblichen Vorteilen. Allerdings nur dann, wenn: a.

in der Verwaltungseinheit, in der die Angestellten arbeiten, die Annahme solcher Vorteile nicht eingeschränkt oder ganz untersagt ist, und

b.

die Annahme solcher Vorteile die Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit der Angestellten nicht beeinträchtigen kann.

Frage 2: Was ist ein «geringfügiger, sozial üblicher Vorteil»?

Vorteile sind nicht nur Sachgeschenke, sondern auch andere unentgeltliche Zuwendungen, wie zum Beispiel Einladungen zum Essen, Angebote zur unentgeltlichen Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen (allenfalls ergänzt mit einem Freizeitprogramm) oder Rabatte auf Waren und Dienstleistungen.

Wann solche Vorteile «geringfügig» und «sozial üblich» sind, ist je nach Umständen verschieden. Das Bundespersonalrecht und das Strafrecht bestimmen keine fixe Grenze, etwa einen konkreten Frankenbetrag.

Die Obergrenze für die Geringfügigkeit dürfte bei wenigen hundert Franken anzusetzen sein. Die Obergrenze des sozial Üblichen liegt allerdings meist deutlich tiefer. Entscheidend sind die Umstände im Einzelfall.

Als Leitlinie für den Entscheid über die Annahme von Vorteilen kann der in Ziffer 1 zitierte Satz aus dem Verhaltenskodex dienen: Es soll nichts angenommen werden, was die Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit der Angestellten beeinträchtigen könnte. Grundsätzlich empfiehlt es sich, die direkt vorgesetzte Person über die Annahme von Vorteilen zu informieren. Auf diese Weise kann auch eine Person, die kein eigenes Interesse an der Annahme des Vorteils hat, prüfen, ob die Unabhängigkeit oder die Handlungsfähigkeit allenfalls beeinträchtigt würde. Bleiben nach einer solchen Prüfung noch Zweifel, so ist es besser, «Nein» zu sagen.

Frage 3: Wer ist verantwortlich für die Anwendung der rechtlichen Vorgaben?

Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob in einer bestimmten Verwaltungseinheit neben den Vorschriften des Bundespersonalgesetzes und der Bundespersonalverordnung auch besondere Regelungen oder Verbote dieser Verwaltungseinheit bestehen oder nicht.

a.

Antwort, wenn die Vorteilsannahme nicht nach Artikel 93 Absatz 2 BPV näher geregelt oder untersagt ist: Verantwortlich für die Anwendung der Vorschriften des Bundespersonalgesetzes und der Bundespersonalverordnung sind in diesem Fall direkt die einzelnen Angestellten. Es empfiehlt sich, die Vorgesetzten über die Annahme von Vorteilen zu informieren. In Zweifelsfällen ist mit ihnen zu-

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sammen die Zulässigkeit der Vorteilsannahme abzuklären (Art. 93 Abs. 3 BPV).

b.

Antwort, wenn die Vorteilsannahme nach Artikel 93 Absatz 2 BPV näher geregelt oder untersagt ist: In diesem Fall haben die Departemente (oder die Ämter, wenn die Departemente ihnen dies überlassen) die Vorteilsannahme näher geregelt oder sie ganz untersagt. Die einzelnen Angestellten (und ihre Vorgesetzten) sind für die Einhaltung der näheren Vorschriften oder des Annahmeverbots verantwortlich.

Frage 4: Wann ist es sinnvoll, die Annahme von geringfügigen, sozial üblichen Vorteilen näher zu regeln oder ganz zu untersagen?

Für die Departemente (oder ihnen unterstellte Organisationseinheiten) empfiehlt sich eine nähere Regelung in jenen Bereichen, die einer erhöhten Korruptionsgefährdung ausgesetzt sind. Dazu gehört neben dem Beschaffungswesen vor allem ein breites Spektrum von weiteren Verwaltungstätigkeiten, die direkte ökonomische Auswirkungen auf Dritte haben, wie insbesondere der Umgang mit wertvollen Informationen, das Erteilen von Bewilligungen, die Vorbereitung von Steuerveranlagungen sowie staatliche Überprüfungen des Rechtsvollzugs.

Frage 5: Wie kann die Annahme von geringfügigen, sozial üblichen Vorteilen näher geregelt werden?

Neben dem gänzlichen Verbot sind verschiedene Abstufungen einer näheren Regelung der Vorteilsannahme möglich. Dazu gehören insbesondere: Meldepflicht für die Annahme aller oder bestimmter Vorteile; Pflicht, eine vorgängige Bewilligung oder eine nachträgliche Genehmigung für die Annahme von Vorteilen einzuholen; Pflicht zur Ablieferung von Vorteilen an den Arbeitgeber.

Zur Veranschaulichung dieser Möglichkeiten werden im Folgenden drei Beispiele für mögliche Regelungen wiedergegeben.

1. Beispiel: Auszug aus «Verhalten bei Indiskretions- und Bestechungsgefahr.

Weisungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des GS EJPD vom 6. September 1999» «Bevor die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des GS EJPD ein Geschenk von geringem Wert annehmen, müssen sie sich vergewissern, dass dadurch weder ihre Unabhängigkeit, noch ihr Handlungsspielraum eingeschränkt wird. Verboten ist deshalb jede Geschenkannahme durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Verfügungen oder Beschwerdeentscheide ausarbeiten, an denen die schenkende Person interessiert ist.

Um Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Wert solcher Aufmerksamkeiten auszuschliessen, gilt im GS EJPD die folgende Regelung für die Annahme eines Geschenkes von geringem Wert: ­

Geschenke im Wert von über 100 Franken müssen abgelehnt werden. Wenn aus Höflichkeit die Geschenke nicht zurückgeschickt werden können, müssen sie der Bereichsleitung unter gleichzeitiger Benachrichtigung der schenkenden Person übergeben werden.

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Geschenke im Wert von 20 bis 100 Franken dürfen zum Eigengebrauch angenommen werden, sofern keine dienstlichen Sonderanordnungen die Annahme im konkreten Fall verbieten. Die Bereichsleitung muss schriftlich oder per E-Mail benachrichtigt werden.

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Geschenke im Wert unter 20 Franken dürfen zum Eigengebrauch ohne weitere Formalität angenommen werden, sofern keine dienstlichen Sonderanordnungen die Annahme im konkreten Fall verbieten.

Geschenke oder Gagen, die an Referentinnen oder Teilnehmer von Veranstaltungen, Radio- und Fernsehsendungen usw. abgegeben werden, unterstehen den gleichen Regelungen, wenn ihr Betrag tiefer ist als 100 Franken. Übersteigt die Gage 100 Franken, wird die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung gleich behandelt wie die Ausübung einer Nebenbeschäftigung ...» 2. Beispiel: Auszug aus «Annahme und Vergabe von Geschenken», Weisung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Vollzugsunterstützung des Bundesamtes für Flüchtlinge vom 1. Juni 2002 «3.

3.1

In welchen Fällen dürfen Geschenke angenommen werden?

Geschenkannahme von Personen im Vollzug Verboten ist jede Geschenkannahme von einer Person, die im Vollzugsprozess steht. Unter Personen im Vollzugsprozess werden auch jene Personen betrachtet, welche die zur Rückkehr verpflichtete Person mittelbar oder unmittelbar unterstützen. Bei diesen Personen kann es sich beispielsweise um Anwälte, Verwandte, Unterstützungskomitees handeln.

3.2

Geschenkannahme von anderen Personen Bevor die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Geschenk von geringem Wert annehmen, müssen sie sich vergewissern, dass dadurch weder ihre Unabhängigkeit, noch ihr Handlungsspielraum eingeschränkt wird.

Geschenke im Wert von unter 100 Franken gelten als geringfügig. Geschenke im Werte von über 100 Franken müssen abgelehnt werden. Wenn sie aus Höflichkeit nicht zurückgeschickt werden können, müssen sie der Abteilungsleitung unter Namensangabe der schenkenden Person übergeben werden. Die Abteilungsleitung informiert die Finanzverwaltung über die Annahme und Weiterverwendung des Geschenkes.

Geldschenkungen dürfen nicht angenommen werden. Ist der Absender der Geldsendung nicht feststellbar, so wird das Geld mit einem Aktenvermerk dem Personalchef übergeben, der über die Weiterverwendung entscheidet.

Sonstige Einnahmen müssen der Finanzverwaltung übergeben werden.

3.3

Geschenkannahme von Fluggesellschaften Gratismeilen, Freiflüge, bezahlte Übernachtungen und andere Vergünstigungen dürfen zu persönlichen Zwecken nicht angenommen werden. Es ist stets darauf zu achten, dass Vergünstigungen nur zugunsten des Bundes gewährt werden. Derartige Vergünstigungen (z.B. Rabatte) sind aktenkundig zu vermerken und der vorgesetzten Stelle zu melden.»

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3. Beispiel: Regelung der Geschenkannahme im Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) vom 1. September 2000 «1

Geschenkannahme

1.1

Die Annahme von Geschenken ist verboten. Dies gilt auch für die Zustellung an die Privatadresse.

1.2

Ausnahmsweise ist die Annahme von Geschenken in folgenden Fällen erlaubt: a. Einladung zu einem Café/Apéro an einer Fachveranstaltung/ausnahmsweise zu einem Arbeitsessen; b. Werbegeschenke mit Firmenaufdruck; c. Wein, sofern er innerhalb des Amtes verteilt wird; d. Natural-Präsente als Dank für das Halten eines Vortrags; finanzielle Entschädigungen bedürfen der Bewilligung des Personalchefs.

2

Vergünstigungen

2.1

Die Annahme von Vergünstigungen ist verboten.

2.2

Ausnahmsweise ist die Annahme von Vergünstigungen erlaubt, wenn sie nachweislich allen Mitarbeitenden der Bundesverwaltung offensteht.

3

Einladung zu Veranstaltungen von Anbietern

3.1

Die Annahme von Einladungen von Firmen zu Anlässen (Besichtigungen, Unterhaltungsveranstaltungen) und Gratisreisen ist verboten.

3.2

Die Annahme von Einladungen von Firmen zu Fachanlässen bedarf der Bewilligung des zuständigen Abteilungschefs.

4

Information bei Ablehnung unzulässiger Zuwendungen Über die Gründe einer Ablehnung ist die Person oder Firma, welche die unzulässige Zuwendung angeboten hat, mittels eines Standardschreibens BBL zu informieren. Dabei ist der Person oder Firma, welche die unzulässige Zuwendung angeboten hat, in jedem Fall auch schriftlich mitzuteilen, dass die Zustellung einer Zuwendung an die Privatadresse nicht erlaubt ist.»

Frage 6: Wie kann das Bewusstsein der Angestellten für die Problematik der Vorteilsannahme gestärkt werden?

Dafür gibt es verschiedene Ansätze, nach zunehmender Intensität geordnet beispielsweise folgende: ­

Abgabe der massgebenden Vorschriften und allfälliger näherer Regelungen,

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Thematisierung in Amtskonferenzen oder anderen Informations- und Ausbildungsveranstaltungen,

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Information im Rahmen von Einführungsprogrammen für neue Angestellte,

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Thematisierung in Mitarbeitergesprächen und allenfalls Vereinbarung entsprechender Verhaltensziele mit besonders exponierten Mitarbeitenden,

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Unterzeichnung einer «Anti-Korruptions-Erklärung» durch die Angestellten (zusammen mit dem Arbeitsvertrag oder später).

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