02.082 Botschaft betreffend das Abkommen zwischen der Schweiz und den Philippinen über Soziale Sicherheit vom 13. November 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über das am 17. September 2001 unterzeichnete Abkommen zwischen der Schweiz und den Philippinen über Soziale Sicherheit mit dem Antrag auf Genehmigung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

13. November 2002

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Kaspar Villiger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2002-1834

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Übersicht Dieses Abkommen betrifft auf Seiten der Schweiz wie der Philippinen die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung. Die Koordination in diesen Versicherungszweigen folgt dem Muster der anderen von der Schweiz unterzeichneten Abkommen.

Die wesentlichen Grundsätze und die wichtigsten Regelungen des Abkommens sind die folgenden: Gleichbehandlung der Vertragsstaatsangehörigen; Rentenexport; Bestimmungen über die Unterstellung von Erwerbstätigen; Bestimmung über philippinische Renten, insbesondere Anrechnung der schweizerischen Versicherungszeiten, wenn die in den Philippinen zurückgelegten Versicherungszeiten nicht ausreichen, um einen Rentenanspruch zu begründen; Bestimmungen über die Leistungen der schweizerischen AHV/IV, insbesondere über den Erwerb des Anspruchs auf Eingliederungsmassnahmen und Renten der IV, über die Abfindung von Kleinstrenten und über die Beitragsvergütung.

Zunächst befasst sich die Botschaft mit der Entstehung des Abkommens; sie beschreibt dann das philippinische Sozialversicherungssystem und geht schliesslich auf die Bestimmungen des Abkommens näher ein.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Die Republik der Philippinen ist der erste asiatische Staat, mit dem die Schweiz Verhandlungen über den Abschluss eines Abkommens über Soziale Sicherheit geführt hat. Schon seit einiger Zeit wünschten die Philippinen einen Vertrag, mit dem die sozialversicherungsrechtliche Stellung der zahlreichen in der Schweiz erwerbstätigen philippinischen Staatsangehörigen geregelt würde. Da die Philippinen von einer starken Abwanderung betroffen sind und die im Ausland erwerbstätigen Staatsangehörigen von grosser Bedeutung für die Wirtschaft des Landes sind, hat dieses Land in letzter Zeit mit verschiedenen europäischen Ländern Abkommen im Bereich der Sozialen Sicherheit abgeschlossen oder diesbezügliche Verhandlungen geführt (Österreich, Spanien, Vereinigtes Königreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Niederlande, Schweden).

Auch auf anderen Gebieten erfolgt derzeit ein Ausbau der philippinisch-schweizerischen Beziehungen. So wurden kürzlich Abkommen im Bereich der Rechtshilfe, der Rückübernahme und des Austauschs von Praktikantinnen und Praktikanten abgeschlossen.

1.2

Bedeutung des Abkommens

Im Versichertenregister der AHV/IV waren im Juni 2002 über 10 000 philippinische Staatsangehörige registriert; rund 3600 philippinische Staatsangehörige leben zurzeit in der Schweiz (Stand 30. April 2002). Staatsangehörige von Nichtvertragsstaaten unterliegen hinsichtlich ihrer Ansprüche gegenüber der schweizerischen AHV/IV gewissen Einschränkungen. So haben sie insbesondere nur so lange Anspruch auf eine Rente, als sie in der Schweiz Wohnsitz haben.

1900 Schweizer Staatsangehörige leben auf den Philippinen, wovon 808 nur die Schweizer Staatsangehörigkeit haben (Stand 30. Juni 2002). Ein Abkommen erleichtert ihnen die Inanspruchnahme von philippinischen Leistungen.

1.3

Ergebnisse des Vorverfahrens

Im Dezember 1999 fanden erste Gespräche zwischen schweizerischen und philippinischen Experten in Bern statt. Im Verlauf der Gespräche wurden die beiden Systeme der Sozialen Sicherheit erläutert und ein erster Abkommensentwurf geprüft.

Die beiden Delegationen trafen sich im Dezember 2000 erneut und verabschiedeten einen definitiven Vertragstext. Am 17. September 2001 wurde das Abkommen unterzeichnet.

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Besonderer Teil

2.1

Die Soziale Sicherheit der Philippinen

2.1.1

Allgemeines

Das philippinische Gesetz über Soziale Sicherheit (Social Security Act) wurde 1957 in Kraft gesetzt. Es handelt sich um ein Sozialversicherungssystem, das zunächst Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des privaten Sektors abdeckte und später schrittweise auf andere Personenkategorien ausgeweitet wurde. Das System sieht Leistungen bei Invalidität, Alter, Tod, Krankheit und Mutterschaft vor. Eine wichtige Änderung, die 1997 in Kraft trat, brachte klare Verbesserungen bei den Leistungen, eine Ausweitung der obligatorischen Versicherungsdeckung sowie die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung und härtere Strafmassnahmen bei Gesetzesverstössen.

Die Angestellten des öffentlichen Sektors sind einem anderen System unterstellt.

2.1.2

Rentenversicherungen

2.1.2.1

Erfasste Personen und Finanzierung

Die Versicherung ist für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter 60 Jahren, die einer dauernden oder vorübergehenden Beschäftigung nachgehen, obligatorisch.

Hausangestellte mit einem Lohn von mindestens 1000 philippinischen Pesos (PHP; 1 PHP entspricht etwa 0,03 CHF) sind ebenfalls der obligatorischen Versicherung unterstellt. Gleiches gilt für Seeleute mit philippinischer Staatsangehörigkeit, auch wenn sie auf einem ausländischen Schiff tätig sind. Die Eltern, der Ehegatte und die Kinder unter 21 Jahren einer Person, die eine eigene Firma betreibt, sind zu versichern. Philippinisches Personal im Dienste ausländischer Regierungen oder internationaler Organisationen kann der obligatorischen Versicherung unterstellt werden, wenn dies zwischen dem Arbeitgeber und der philippinischen Verwaltung für Soziale Sicherheit vereinbart wurde. Kinder unter 15 Jahren, die über eine Arbeitsbewilligung verfügen, sind ebenfalls obligatorisch versichert.

Personen, welche gegen Entlöhnung die Dienste einer anderen Person beanspruchen, sind verpflichtet, sich bei der Verwaltung für Soziale Sicherheit als Arbeitgeber einzutragen.

Selbständigerwerbende unter 60 Jahren mit einem Einkommen von mindestens 1000 PHP, einschliesslich derjenigen des informellen Sektors, z. B. Strassenhändler, haben sich bei der Verwaltung für Soziale Sicherheit einzutragen.

Personen, die der obligatorischen Versicherung nicht mehr unterstellt sind, können sich freiwillig weiter versichern lassen. Die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung besteht unter anderem für philippinische Staatsangehörige, die im Ausland für einen ausländischen Arbeitgeber tätig sind. Der nichterwerbstätige Ehegatte einer versicherten Person kann sich ebenfalls freiwillig versichern.

Die Beiträge betragen 8,4 % des Monatslohns. Der Arbeitgeber übernimmt 5,07 %.

Das beitragspflichtige Mindesteinkommen beträgt 1000 PHP, das Höchsteinkommen 15 000 PHP.

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2.1.2.2

Leistungen bei Invalidität

Bei Voll- oder Teilinvalidität haben die versicherten Personen Anspruch auf Leistungen, sofern sie vor Eintritt des Versicherungsfalls mindestens einen Beitrag entrichtet haben.

Personen mit einer Beitragsdauer von 36 Monaten haben Anspruch auf eine Monatsrente, die auf Grund der Beitragsjahre berechnet wird. Die Mindestrente beträgt 1000 PHP für Personen mit einer Beitragsdauer von weniger als 10 Jahren, 1200 PHP für Personen mit einer Beitragsdauer zwischen 10 und 20 Jahren und 2400 PHP für Personen mit einer Beitragsdauer von mehr als 20 Jahren. Bei Teilinvalidität werden die Renten nach dem Invaliditätsgrad abgestuft und nur für eine begrenzte Zeit gewährt. Zusätzlich zur Rente erhält die invalide Person eine Entschädigung von 500 PHP als Ausgleich für invaliditätsbedingte Zusatzkosten.

Bezügerinnen und Bezüger einer Rente wegen Vollinvalidität haben Anspruch auf eine Rente für jedes unterhaltsberechtigte Kind unter 21 Jahren. Diese beträgt 10 % der Invalidenrente oder mindestens 250 PHP. Es werden höchstens fünf Zusatzrenten ausgerichtet.

Personen, die während weniger als 36 Monaten Beiträge entrichtet haben, erhalten eine Pauschalabfindung. Bei Vollinvalidität entspricht die Entschädigung der Monatsrente multipliziert mit der Anzahl Beitragsmonate, mindestens jedoch multipliziert mit 12. Die Entschädigung wird bei Teilinvalidität entsprechend dem Invaliditätsgrad gekürzt.

2.1.2.3

Altersleistungen

Eine versicherte Person kann ab dem 60. Altersjahr eine Rente beziehen, wenn sie keine Erwerbstätigkeit mehr ausübt und mindestens 120 Beitragsmonate aufweist.

Alle Versicherten erhalten ab dem 65. Altersjahr eine Rente, wenn sie über mindestens 120 Beitragsmonate verfügen, wobei sie weiterhin einer Erwerbstätigkeit nachgehen können. Personen, welche die Mindestbeitragszeit nicht erfüllen, erhalten eine Pauschalabfindung in der Höhe der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zuzüglich Zinsen.

Die Rente entspricht dem höchsten der nachfolgenden Beträge: ­

300 PHP plus 20 % des durchschnittlichen gutgeschriebenen Monatslohns, plus 2 % dieses Lohns für jedes auf das 10. Beitragsjahr folgende Jahr;

­

40 % des durchschnittlichen gutgeschriebenen Monatslohns.

Die Rente beträgt mindestens 1200 PHP für Versicherte mit 120 Beitragsmonaten und 2400 PHP für solche mit 20 Beitragsjahren.

Im Dezember wird allen Rentenbezügerinnen und -bezügern eine 13. Monatsrente ausbezahlt.

Sie haben ferner Anspruch auf eine Rente für jedes unterhaltsberechtigte Kind unter 21 Jahren. Diese entspricht 10 % der Rente oder mindestens 250 PHP. Es werden Zusatzrenten für höchstens fünf Kinder ausgerichtet.

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2.1.2.4

Hinterlassenenleistungen

Anspruch auf Hinterlassenenrenten haben Ehegatte und unterhaltsberechtigte Kinder einer versicherten Person, die während mindestens 36 Monaten Beiträge entrichtet hat. Hat die versicherte Person weder einen Ehegatten noch Kinder, so gehen die Leistungen an die Eltern. Liegen die Beitragszeiten der verstorbenen Person unter dem vorgeschriebenen Minimum, so haben die Hinterbliebenen Anspruch auf eine Pauschalabfindung in Höhe der Monatsrente, multipliziert mit der Anzahl Beitragsmonate, mindestens jedoch multipliziert mit 12.

Hinterbliebene einer Person mit einer Beitragsdauer von 36 Monaten haben Anspruch auf eine Monatsrente, die auf Grund der Beitragsjahre errechnet wird. Die Mindestrente beträgt 1000 PHP für Personen mit einer Beitragsdauer von unter 10 Jahren, 1200 PHP für Personen mit einer Beitragsdauer zwischen 10 und 20 Jahren und 2400 PHP für Personen mit einer Beitragsdauer von über 20 Jahren.

Jede Rentenbezügerin und jeder Rentenbezüger hat Anspruch auf eine 13. Monatsrente.

Die Hinterbliebenen von Bezügerinnen oder Bezügern einer Invaliden- oder Altersrente erhalten die betreffende Rente und die Zusatzrenten für Kinder weiterhin.

2.2

Inhalt des Abkommens

Das Abkommen bezieht sich auf Seiten der Schweiz wie der Philippinen auf die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung. Die in diesen Versicherungszweigen vorgesehene Koordination richtet sich nach dem Muster der anderen von der Schweiz abgeschlossenen Abkommen. Die Bestimmungen des Abkommens entsprechen den mit anderen aussereuropäischen Ländern in jüngster Zeit ausgehandelten Abkommenstexten.

2.2.1

Allgemeine Bestimmungen

Der sachliche Geltungsbereich (Art. 2) bezieht sich schweizerischerseits auf die AHV/IV und seitens der Philippinen auf die Bestimmungen des Gesetzes über Soziale Sicherheit für die Bereiche Alter, Invalidität und Tod.

Artikel 3 umschreibt den persönlichen Geltungsbereich: Das Abkommen ist anwendbar auf Vertragsstaatsangehörige sowie auf ihre Familienangehörigen und Hinterlassenen, ferner auf Flüchtlinge und Staatenlose, soweit diese Personen im Gebiet eines Vertragsstaats wohnen. Hinsichtlich einzelner Bestimmungen gelten sie auch für Staatsangehörige von Drittstaaten. Es handelt sich um die Unterstellungsregeln der Artikel 6­9, 10 Absätze 2­4 sowie 12 und 13.

In Übereinstimmung mit den allgemeinen internationalen Grundsätzen bringt das Abkommen eine weitgehende Gleichbehandlung der Staatsangehörigen beider Vertragsstaaten in den vom Abkommen erfassten Versicherungszweigen (Art. 4 Abs. 1).

Auf Grund der Besonderheiten ihrer Gesetzgebung hat die Schweiz dennoch gewisse Vorbehalte in Bezug auf die Gleichbehandlung angebracht. Diese betreffen 94

die freiwillige AHV/IV sowie die AHV/IV von schweizerischen Staatsangehörigen, die im Ausland im Dienste der Eidgenossenschaft oder gewisser Institutionen tätig sind (Art. 4 Abs. 2).

Die Gleichbehandlung bezieht sich auch auf die Zahlung von Leistungen an Versicherte mit Wohnsitz im Ausland. Artikel 5 garantiert die Zahlung von Leistungen unabhängig vom Wohnort, vorbehaltlich abweichender Bestimmungen dieses Abkommens. Die Schweiz hat zu einigen Leistungen Vorbehalte angebracht: so werden Invalidenrenten für Personen, deren Invaliditätsgrad unter 50 % liegt, ausserordentliche Renten und Hilflosenentschädigungen der AHV/IV nur in der Schweiz ausbezahlt.

2.2.2

Anwendbare Gesetzgebung

Ein wesentlicher Punkt, der in den Abkommen über Soziale Sicherheit geregelt wird, ist die versicherungsrechtliche Unterstellung von Staatsangehörigen des einen Vertragsstaats, die im Gebiet des anderen Staates beschäftigt werden. Im vorliegenden Vertrag gilt, wie in allen anderen Abkommen, der Grundsatz der Unterstellung am Erwerbsort (Art. 6).

Die Artikel 7­12 enthalten besondere Vorschriften, die vom Grundsatz der Unterstellung am Erwerbsort abweichen. Personen, die im Gebiet der einen Vertragspartei wohnen und im Gebiet der anderen Vertragspartei eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, unterstehen nur den Rechtsvorschriften des Wohnlandes (Art. 7).

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vorübergehend zur Arbeitsleistung in das Gebiet der anderen Vertragspartei entsandt werden, unterstehen weiterhin den Rechtsvorschriften der ersten Vertragspartei. Im Herkunftsland unterstellt bleiben auch die Personen, die im öffentlichen Dienst des einen Staates stehen und in den andern Staat entsandt werden (Art. 8). Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bei einem Transportunternehmen mit Sitz in einem Staat angestellt sind, ihre Tätigkeit aber in beiden Ländern ausüben, unterstehen den Rechtsvorschriften des Landes, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat (Art. 9 Abs. 1). Die Mitglieder der Besatzung eines Seeschiffes, das die Flagge einer Vertragspartei führt, sind nach den Rechtsvorschriften des Wohnlandes versichert, wenn sie in einem Vertragstaat wohnen (Art. 9 Abs. 4). Dabei handelt es sich nicht um die üblicherweise in diesen Abkommen enthaltene Vorschrift (Unterstellung der Besatzung unter die Gesetzgebung des Staates, dessen Flagge das Schiff führt). Man hat sich für diese Lösung entschieden, weil die schweizerische und die philippinische Gesetzgebung es erlauben, solche Personen nach dem Wohnortsprinzip zu versichern, was der beruflichen Situation von Seeleuten entgegenkommt. Diese wechseln verhältnismässig häufig das Schiff und nehmen auch vorübergehende Beschäftigungen an Land an, was mit einem Wechsel des Arbeitgebers verbunden ist. Es kommt hinzu, dass vielfach zwischen den Verschiffungen Ruheperioden bestehen. Würden Seeleute dem Staat, dessen Flagge das Schiff führt, zugeordnet, so könnte dies zahlreiche Unterbrechungen in ihrer Versicherungskarriere zur Folge haben und damit zur Kürzung der Leistungen im Versicherungsfall führen.

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Für das Personal der diplomatischen Missionen, ständigen Missionen und konsularischen Posten gelten die Grundsätze der Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen; der Vertrag regelt deren Anwendung. Nach Artikel 10 unterstehen Staatsangehörige des einen Vertragsstaates, die dem versetzungspflichtigen Karrierepersonal angehören und von diesem Staat als Mitglieder einer diplomatischen Mission oder eines konsularischen Postens in das Gebiet des anderen Vertragsstaates entsandt werden, der Gesetzgebung des ersten Vertragsstaates.

Die von einem Vertragsstaat im anderen Vertragsstaat oder in einem Drittstaat eingestellten Personen, die nicht zum versetzungspflichtigen Karrierepersonal gehören und die in einer diplomatischen Mission oder einem konsularischen Posten des ersten Vertragsstaates im anderen Vertragsstaat oder in persönlichen Diensten eines Mitgliedes einer solchen Vertretung beschäftigt werden, sind unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit grundsätzlich im Land, in dem sie ihre Beschäftigung ausüben, versichert. Sie haben aber die Möglichkeit, sich stattdessen im ersten Vertragsstaat zu versichern. Artikel 11 regelt die Rechtsstellung der Staatsangehörigen der Vertragsstaaten, die im Dienst von Botschaften und Konsulaten von Drittstaaten stehen, sowie ihrer Familienangehörigen. Es handelt sich hier zumeist um Verwaltungs- und technisches Personal sowie um Dienstpersonal. In der Schweiz sind die betroffenen Personen im Besitz einer vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten in Anwendung der Wiener Übereinkommen ausgestellten «Legitimationskarte», die ihnen diplomatische oder steuerliche Vorrechte verleiht. Nach der AHV/IV-Gesetzgebung sind die Personen im Besitz von diplomatischen und/oder steuerlichen Vorrechten von der Versicherungspflicht ausgenommen. Wenn somit weder ihr Herkunftsland noch das akkreditierende Land ihnen die Möglichkeit bietet, sich zu versichern, erleiden sie eine Versicherungslücke. Dank diesem Artikel können solche Lücken vermieden werden. Er garantiert nämlich, dass die betreffenden Personen im Beschäftigungsland obligatorisch versichert werden. Der die Person beschäftigende Drittstaat kann allerdings nicht der Arbeitgeberbeitragspflicht unterstellt werden.

Die Bestimmungen über die anwendbare Gesetzgebung werden durch
Artikel 12 ergänzt, die so genannte Ausweichklausel. Sie erlaubt den zuständigen Behörden der beiden Vertragsparteien, in besonderen Fällen im Interesse der betroffenen Personen Sonderregelungen zu vereinbaren.

Artikel 13 regelt die Rechtsstellung des Ehegatten und der Kinder einer Person, die vom einen in den andern Vertragsstaat entsandt wird. Die Familienmitglieder, die den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin begleiten, bleiben mit ihm bzw. ihr während der vorübergehenden Tätigkeit im Ausland im Herkunftsland versichert, sofern sie im Ausland nicht selber eine Erwerbstätigkeit ausüben.

2.2.3

Besondere Bestimmungen

Die philippinische Gesetzgebung verlangt für den Erwerb des Leistungsanspruchs bei Alter, Tod oder Invalidität eine Mindestbeitragszeit in der philippinischen Versicherung. Damit diese Voraussetzung erfüllt werden kann, werden die in der schweizerischen AHV/IV zurückgelegten Versicherungszeiten, wenn nötig, berücksichtigt, sofern die versicherte Person eine philippinische Mindestbeitragszeit von einem Jahr vorweisen kann. Reichen die in den beiden Staaten zurückgelegten Versicherungs-

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zeiten nicht aus, so werden auch diejenigen berücksichtigt, die in einem Staat zurückgelegt wurden, mit dem die Philippinen ein Abkommen über Soziale Sicherheit abgeschlossen haben. Die Höhe der Leistungen wird aber auf Grund der in den Philippinen zurückgelegten Versicherungszeiten berechnet. Das Berechnungssystem wird in Artikel 17 beschrieben.

Dank der Gleichbehandlung haben die philippinischen Staatsangehörigen in unserer AHV/IV im Wesentlichen die gleichen Rechte, wie sie die beiden Gesetzeswerke für schweizerische Staatsangehörige vorsehen. Die Artikel 18­22 bestätigen dies, sehen aber für einzelne Leistungen Besonderheiten vor.

Philippinische Staatsangehörige, die der AHV/IV-Beitragspflicht unterstehen (Personen, die in der Schweiz arbeiten oder wohnen), haben zu den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Versicherte Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, solange sie sich in der Schweiz aufhalten (Art. 18). Philippinische Staatsangehörige, die in der AHV/IV versichert, aber nicht beitragspflichtig sind (nichterwerbstätige Personen zwischen 18 und 20 Jahren sowie minderjährige Kinder), haben erst nach einer einjährigen Wohndauer in der Schweiz Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen. Für minderjährige invalide Kinder gelten gewisse Erleichterungen.

Die Bestimmung des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)1, nach der eine Person beim Eintritt der Invalidität der schweizerischen IV unterstellt sein musste, um einen Leistungsanspruch zu begründen, wurde mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 aufgehoben. Seither reicht beim Eintritt der Invalidität ein Beitragsjahr, um Anspruch auf eine Rente zu erwerben. Eine Bestimmung über die Weiterführung der Versicherung, wie sie in die Abkommen über Soziale Sicherheit bislang aufgenommen werden musste, ist somit hinfällig. Die Invalidität im Sinne des schweizerischen Rechts fällt in der Regel nicht mit der Arbeitsunterbrechung zusammen, sondern tritt meist erst ein Jahr später ein. Artikel 19 sorgt dafür, dass ein philippinischer Staatsangehöriger, der seine Erwerbstätigkeit in der Schweiz infolge Unfall oder Krankheit aufgeben muss und die Schweiz verlassen möchte, für die Dauer eines Jahres vom Zeitpunkt der Arbeitsunterbrechung an weiterhin versichert bleiben kann. Da für ihn die Beitragspflicht für die Dauer des Jahres,
in dem er weiter versichert ist, bestehen bleibt, ist es ihm möglich, das für eine ordentliche Invalidenrente geforderte Mindestbeitragsjahr zu erwerben. Die Invalidität muss indessen in der Schweiz festgestellt und anerkannt werden; dies könnte bedingen, dass die betroffene Person gegebenenfalls in die Schweiz zurückkehren muss, damit die erforderlichen Prüfungen und Kontrollen nach den schweizerischen Versicherungsbestimmungen durchgeführt werden können.

Die Auslandzahlung einer ordentlichen Altersrente, die nicht mehr als 20 % der Vollrente ausmacht, wird durch eine einmalige Abfindung abgegolten; diese entspricht dem Barwert der im Versicherungsfall nach der schweizerischen Gesetzgebung geschuldeten Rente (Art. 20). Beträgt der Anspruch auf die schweizerische Rente mehr als 20, aber nicht mehr als 30 % der entsprechenden ordentlichen Vollrente, so kann der oder die philippinische Staatsangehörige zwischen der Rente und der einmaligen Abfindung wählen.

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SR 831.20

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Philippinische Staatsangehörige haben unter den gleichen Voraussetzungen wie Staatsangehörige der anderen Staaten, mit denen die Schweiz ein Abkommen über Soziale Sicherheit abgeschlossen hat, Anspruch auf ausserordentliche Renten der AHV/IV: Bedingung ist, dass sie für die Altersrente seit mindestens zehn Jahren, für Invaliden- oder Hinterlassenenrenten oder eine diese beiden Leistungen ablösende Altersrente seit mindestens fünf Jahren in der Schweiz wohnen (Art. 21). Seit der 10. Revision des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die AHV2 (AHVG) gibt es nur noch die ausserordentlichen Renten ohne Einkommensgrenze (Art. 42 AHVG). Diese werden indessen nur selten gewährt. Hingegen haben ausländische Staatsangehörige, wenn sie die in einem Abkommen über Soziale Sicherheit vorgesehenen Voraussetzungen für eine ausserordentliche Rente erfüllen, Anspruch auf Ergänzungsleistungen der AHV/IV (vgl. Art. 2bis des Bundesgesetzes vom 19. März 19653 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung in der Fassung der 10. AHV-Revision). Auch deshalb rechtfertigt sich diese Bestimmung im Abkommen.

Mit der 10. AHV-Revision wurde die Beitragsrückvergütung für Staatsangehörige von Staaten ausgeweitet, mit denen die Schweiz kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat; wenn sie die Schweiz definitiv verlassen, können sie die Rückvergütung der Beiträge verlangen, die sie und ihr Arbeitgeber entrichtet haben, ohne dass vom Heimatstaat der betroffenen Person Gegenrecht gefordert wird. Die von der Schweiz bislang abgeschlossenen Abkommen schliessen die Möglichkeit der Beitragsrückvergütung aus. Eine Ausnahme bildet das Abkommen mit Chile. Die Untersuchung der Interessenlage der von Abkommen mit weiter entfernten Staaten ­ wie den Philippinen ­ erfassten Personen hat gezeigt, dass die Beitragsrückvergütung den Bedürfnissen der Betroffenen manchmal besser entspricht. Philippinische Staatsangehörige, welche die Schweiz, oft noch lange bevor sie das Rentenalter erreichen, definitiv verlassen und in ihr Heimatland zurückkehren, können angesichts der dortigen wirtschaftlichen Lage ein kleines Kapital gut gebrauchen. Die philippinischen Unterhändler haben sich dafür eingesetzt, dass ihren Landsleuten diese Möglichkeit offen steht. Für die Schweizerische Ausgleichskasse, die Leistungen
an Personen im Ausland ausrichtet, bedeutet dieses Verfahren eine administrative Vereinfachung. Artikel 22 sieht daher die Möglichkeit der Beitragsrückvergütung als Optionsrecht vor. Philippinische Staatsangehörige, welche die Schweiz verlassen, können somit zwischen einer Rente oder der Rückvergütung ihrer AHVBeiträge wählen.

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SR 831.10 SR 831.30

2.2.4

Bestimmungen über die Durchführung und das Inkrafttreten des Abkommens

Abschnitt IV des Abkommens enthält unter dem Titel «Verwaltungsmässige und verschiedene Bestimmungen» (Art. 23­30) Vorschriften, die sich auch in allen anderen Sozialversicherungsabkommen finden. Diese Bestimmungen sehen unter anderem den Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung vor (Art. 23), verpflichten die Behörden der Vertragsstaaten zur gegenseitigen Unterstützung bei der Durchführung des Abkommens (Art. 24) und zur Anerkennung der in einer Amtssprache der beiden Vertragsstaaten abgefassten Schriftstücke (Art. 27). Zudem enthalten sie Vorschriften über die Einreichung von Anträgen oder Beschwerden und die Wahrung der entsprechenden gesetzlichen Fristen (Art. 28). Ferner wird die Überweisung von Geldbeträgen im Zusammenhang mit der Durchführung des Abkommens und zwar auch im Falle von Einschränkungen des Devisenverkehrs seitens eines der Vertragsstaaten gewährleistet (Art. 29). Sie sehen ferner die Einsetzung eines Schiedsgerichts für die Beilegung von Streitigkeiten vor (Art. 30). Im Bereich des Datenschutzes wurde Artikel 24 Absatz 3 durch eine gleichzeitig mit dem Abkommen unterzeichnete gemeinsame Erklärung der beiden Delegationen ergänzt. Sie umschreibt das genaue Verfahren und die für die Übermittlung von Personendaten geltenden Regelungen.

Die Übergangsbestimmungen (Art. 31) halten fest, dass dieses Abkommen auch für Versicherungsfälle gilt, die vor seinem Inkrafttreten eingetreten sind, und dass auch Versicherungszeiten berücksichtigt werden, die vor dem Inkrafttreten des Abkommens zurückgelegt wurden. Die daraus hervorgehenden Leistungen werden hingegen erst ab dem Inkrafttreten des Abkommens ausgerichtet. Zudem wird die Neubearbeitung von Ansprüchen, über die vor Inkrafttreten des Abkommens entschieden wurde, ermöglicht. Schliesslich hält Artikel 32 fest, dass das Abkommen am ersten Tag des vierten Monats nach dem Monat in Kraft tritt, in dem die Vertragsparteien einander über den Abschluss der erforderlichen Verfahren unterrichtet haben. Das Abkommen gilt auf unbestimmte Zeit, kann aber unter Einhaltung einer zwölfmonatigen Frist jederzeit gekündigt werden.

3

Auswirkungen

3.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die finanziellen Auswirkungen hängen weitgehend davon ab, wie viele Personen vom Abkommen begünstigt sind. Wie bereits erwähnt, leben zurzeit ungefähr 3600 philippinische Staatsangehörige in der Schweiz und rund 10 000 sind im AHV/IV-Versichertenregister eingetragen. Wir verfügen nicht über ausreichende Berechnungsgrundlagen, um die finanziellen Auswirkungen eines bestimmten Abkommens genau beziffern zu können. Die für die gesamte ausländische Arbeitnehmerschaft in der Schweiz erstellten Berechnungsmodelle zeigen jedoch, dass die individuelle Gleichwertigkeit der Beiträge und entsprechenden Renten praktisch zu einem kollektiven finanziellen Gleichgewicht in der AHV führt. Diese Feststellung kann auch auf das Abkommen mit den Philippinen übertragen werden. Der Betrag der ins Ausland bezahlten AHV/IV-Leistungen zugunsten von Staatsangehörigen von Staaten, mit denen die Schweiz ein Abkommen über Soziale Sicherheit abge-

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schlossen hat, und die hinsichtlich der im AHV/IV-Versichertenregister eingetragenen Versichertenzahl mit den Philippinen ungefähr vergleichbar sind, bewegte sich in den Jahren 2000 und 2001, je nach Staat, zwischen 80 000 und 800 000 CHF.

Die Rentenhöhe hängt indessen von der Beitragsdauer in der Schweiz ab. Hinzu kommt, dass philippinische Staatsangehörige, welche die Schweiz verlassen, ihre AHV-Beiträge zurückfordern können ­ eine Möglichkeit, die nach den Erfahrungen mit Chile häufig genutzt werden könnte. Dadurch reduziert sich nicht nur die Zahl der Rentenauszahlungen, auch die administrativen Abläufe werden vereinfacht. Der Umstand, dass anstelle geringfügiger AHV/IV-Renten einmalige Abfindungen gewährt werden können, trägt ebenfalls dazu bei.

Die Schweizerische Ausgleichskasse, die für die Ausrichtung der Renten ins Ausland und als Verbindungsstelle auch für gewisse administrative Aufgaben bei der Durchführung des Abkommens zuständig ist, braucht für die Durchführung dieses Abkommens kein zusätzliches Personal.

3.2

Auswirkungen wirtschaftlicher Art

Das Abkommen hat keine Auswirkungen wirtschaftlicher Art.

3.3

Auswirkungen im Bereich der Informatik

Das Abkommen hat keine Auswirkungen auf den Informatikbereich.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage ist im Bericht über die Legislaturplanung 1999­2003 nicht angekündigt, da ihr in der Geschäftsliste des Bundesrates kein Vorrang zukommt und weil es sich im Hinblick auf die anderen von der Schweiz abgeschlossenen Sozialversicherungsabkommen um ein Geschäft mit Wiederholungscharakter handelt.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Das Abkommen wurde nach dem Muster anderer von der Schweiz in jüngster Zeit abgeschlossener bilateraler Abkommen ausgearbeitet. Es handelt sich um eine Regelung, die den Bedürfnissen beider Staaten angemessen Rechnung trägt und die auch im Einklang mit den Grundsätzen der Sozialen Sicherheit der Internationalen Arbeitsorganisation und des Europarates steht.

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6

Verfassungsmässigkeit

Nach den Artikeln 111 und 112 der Bundesverfassung (BV)4 ist der Bund zur Gesetzgebung im Bereich der AHV/IV ermächtigt. Artikel 54 Absatz 1 BV gibt ihm ferner das Recht, Staatsverträge mit dem Ausland abzuschliessen. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, internationale Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung solcher Verträge ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV.

Dieses Abkommen wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann unter Einhaltung einer zwölfmonatigen Frist gekündigt werden. Es sieht weder den Beitritt zu einer internationalen Organisation vor noch führt es eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung herbei. Es unterliegt deshalb nicht dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV.

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SR 101

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