zu 00.405 Parlamentarische Initiative SchKG. Schutz gutgläubiger Erwerber Bericht vom 23. Juni 2003 der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 3. September 2003

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, gestützt auf Artikel 21quater Absatz 4 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) unterbreiten wir Ihnen nachfolgend unsere Stellungnahme zum Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 23. Juni 2003 mit Antrag auf eine Revision von Artikel 176 Absatz 2 und Artikel 296 des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes (SchKG).

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

3. September 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2003-1538

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 23. März 2000 reichte Nationalrat Jean-Michel Cina eine parlamentarische Initiative ein, wonach der gutgläubige Erwerber zu schützen sei, der von einem Konkursiten zwischen Konkurseröffnung und deren Publikation beziehungsweise Anmerkung im Grundbuch ein Grundstück erwirbt. Die Artikel 204 Absatz 1 und 298 Absatz 2 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)1 seien entsprechend zu revidieren.

Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates beantragte am 23. Januar 2001 mit 9 zu 8 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben. Entgegen dem Antrag seiner Kommission gab der Nationalrat am 15. März 2001 der Initiative Folge.

Anschliessend arbeitete die Kommission den vorliegenden Entwurf für eine Gesetzesänderung aus, wobei die Initiative inhaltlich geändert wurde: Anstatt ­ wie es die Initiative noch vorsah ­ den immobiliarsachenrechtlichen Gutglaubensschutz dem Konkursbeschlag vorgehen zu lassen, sollte die Frist zwischen Konkurseröffnung und deren Anmerkung im Grundbuch so kurz wie möglich gehalten werden; am Vorrang des Konkursbeschlages sollte dagegen nichts geändert werden. Über den entsprechenden Gesetzesentwurf wurde keine Vernehmlassung durchgeführt.

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Ablehnung des ursprünglichen Anliegens der Initiative

Die Initiative beabsichtigte ursprünglich einen Systemwechsel: Der grundsätzliche Vorrang des Konkursbeschlages (Art. 204 Abs. 1 SchKG) sollte zu Gunsten des immobiliarsachenrechtlichen Gutglaubensschutzes (Art. 973 Abs. 1 ZGB2) durchbrochen werden. Zu Recht verfolgte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates diese Idee nicht weiter. So würde die Initiative das Problem nicht lösen, sondern das Risiko der Veräusserung eines dinglichen Rechts an einer Immobilie nach Konkursbeschlag lediglich auf die Konkursgläubiger verschieben. Deren Schutz und somit der umfassende Konkursbeschlag sind aber ein wesentliches Prinzip des schweizerischen Betreibungsrechts, welches nicht ohne Not durchbrochen werden sollte. Zudem ist der gutgläubige Erwerber einer Immobilie dem Vorrang des Konkursbeschlages nicht schutzlos ausgesetzt. Vielmehr enthält das geltende Recht besondere Schutzmechanismen, von welchen insbesondere die in Artikel 176 SchKG vorgesehene unverzügliche Mitteilung der Konkurseröffnung durch das Konkursgericht an das Grundbuchamt zu nennen ist.

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SR 281.1 SR 210

2.2

Zustimmung zum Entwurf

Die erwähnte unverzügliche Mitteilung (Art. 176 SchKG) würde die Interessen des Dritten an sich genügend schützen, sofern sie tatsächlich unverzüglich erfolgen und auch die entsprechende Anmerkung im Grundbuch sofort vorgenommen würde. In der Praxis zeigt sich aber, dass zwischen Konkurseröffnung und deren Anmerkung oft mehrere Wochen verstreichen. Dieser Umstand wird der geforderten Unverzüglichkeit nicht gerecht und gefährdet die Drittinteressen in nicht zumutbarem Ausmass. Der Bundesrat kann sich daher dem Anliegen der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates, diesen Missstand zu beheben, anschliessen.

Anstatt das Risiko lediglich zu verschieben, wie das beim ursprünglichen Inhalt der Initiative der Fall gewesen wäre, packt der Gesetzesentwurf das Problem an der Wurzel an: Er will die unverzügliche Mitteilung und die rasche Anmerkung gewährleisten, indem er für die Anmerkung der Konkurseröffnung im Grundbuch eine Maximalfrist von 2 Tagen ab Konkurseröffnung vorsieht. Diese Frist ist sehr kurz bemessen: Sie gewährt beiden Instanzen, dem Konkursgericht und dem Grundbuchamt, lediglich je einen Tag zur Vornahme ihrer Handlung. Eine Missachtung würde zwar grundsätzlich die Staatshaftung nach Artikel 5 SchKG begründen. Doch ist dieses Risiko für den Kanton nicht überzubewerten, weil unberechtigte Verfügungen des Konkursiten über Grundstücke in der Praxis eindeutig Ausnahmefälle sind. Eine längere Frist würde den Schutz des gutgläubigen Dritten nicht gleichermassen gewährleisten. Zudem ist heute dank den gängigen technischen Hilfsmitteln wie Telefon, Fax und E-Mail eine rasche Kommunikation zwischen den Behörden ohne weiteres möglich. Der Bundesrat kann daher dem vorliegenden Gesetzesentwurf zustimmen.

Die gleiche Problematik stellt sich in der Nachlassstundung. Nach Gewährung derselben ist es dem Schuldner verwehrt, über sein Anlagevermögen zu verfügen (Art. 298 Abs. 2 SchKG). Zum Schutz allfälliger Dritterwerber ist daher die Bewilligung der Stundung im Grundbuch anzumerken (Art. 296 SchKG). Auch für diese Konstellation ist eine Maximalfrist von 2 Tagen vorzusehen. Der Bundesrat schlägt daher folgende Änderung vor: Art. 296 zweiter Satz ... Die Nachlassstundung ist spätestens zwei Tage nach Bewilligung im Grundbuch anzumerken.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen sowie Verfassungsmässigkeit

In Bezug auf die Darstellung der finanziellen und personellen Auswirkungen sowie der Verfassungsmässigkeit schliesst sich der Bundesrat den Ausführungen im Kommissionsbericht an.

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