Massnahmen des Bundes zur administrativen Entlastung in den Unternehmen Bericht des Bundesrates vom 16. Juni 2003

2002-2574

5999

Übersicht Administrative Belastung nach der hier verwendeten Begriffsbestimmung misst sich am Zeitaufwand der Unternehmen für vorgeschriebene administrative Arbeiten wie das Erstellen einer Jahresmeldung für die AHV, das Ausfüllen einer Steuererklärung oder das Einholen einer Baubewilligung. Keine administrativen Belastungen sind Zusatzinvestitionen oder erschwerte Betriebsabläufe, die sich aus staatlichen Vorschriften zur zulässigen Produktionsweise ergeben, oder Einschränkungen des unternehmerischen Handlungsspielraumes, die daher kommen, dass das Gesetz Dritten Rechte zu Lasten der Unternehmen einräumt. Ziel der administrativen Entlastung ist, mittels Selbstdeklaration, nachgängiger Kontrolle, insbesondere aber durch den Einsatz der Mittel der modernen Kommunikations- und Informationsgesellschaft, die Bindung von Ressourcen für administrative Arbeiten zu reduzieren und so den Wirtschaftsstandort attraktiv zu halten, und dies möglichst ohne Abstriche am gesellschaftlich gewünschten Schutzniveau vornehmen zu müssen.

Administrative Entlastung, so wie sie in diesem Bericht verstanden wird, kann, braucht folglich aber noch keine Schritte zur Deregulierung zu beinhalten. Um politisch konsensfähig zu sein, sollte mit Massnahmen zur administrativen Entlastung idealerweise gerade nicht in bestehende Rechte eingegriffen werden, ausser vielleicht in gewisse Prärogativen staatlicher Kontrollinstanzen.

Auch wenn zu bezweifeln ist, ob mit solchen Massnahmen den Erwartungen jener Kreise entsprochen werden kann, die mit ihren Anliegen im Kern auf Deregulierung oder eine Reregulierung in ihrem Interesse zielen, besitzen Massnahmen zur administrativen Entlastung gesamtwirtschaftlich gesehen dennoch einen bedeutenden Stellenwert. Es kann davon ausgegangen werden, dass für jene Arbeiten, die wir unter dem vorliegenden Begriff der administrativen Belastungen subsumieren, jährlich wiederkehrend gegen 2 % des Bruttoinlandproduktes oder rund 7 Milliarden Franken pro Jahr aufgewendet werden. Einbezogen in diese grobe Schätzung sind der Stundenaufwand in den Unternehmen zu einem Selbstkostensatz sowie die Kosten bei den von den Unternehmen mit administrativen Arbeiten beauftragten Dritten. Da sich die angestrebten Verbesserungen gegebenenfalls auf alle 300 000 Unternehmen in der Schweiz auswirken, können selbst Massnahmen
eine spürbare gesamtwirtschaftliche Wirkung entfalten, die das einzelne Unternehmen als marginal taxiert. Dies gilt namentlich dann, wenn mittels Reformen periodisch sich wiederholende Aufzeichnungs-, Mitteilungs- und Abrechnungspflichten effizienter gestaltet werden. Auf diesen Reformen liegt denn auch der Akzent im vorliegenden Bericht.

Weniger eingehend wird hier auf die von den Unternehmen meist nur sporadisch einzuholenden Bewilligungen eingetreten. Deren Kostenfolgen für das Unternehmen bemessen sich in der Regel weniger in Kosten in der Administration, denn in Zusatzinvestitionen, erschwerten Betriebsabläufen oder Einschränkungen des unternehmerischen Handlungsspielraumes. Über Massnahmen, die sich mehr in diesen Bereichen auswirken, gibt der Bewilligungsbericht Aufschluss, der in Beantwortung des Postulates (00.3595) der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates noch dieses Jahr vorgelegt werden wird.

6000

Der vorliegende Bericht tritt insbesondere auf Massnahmen in vier Bereichen ein: ­

Das bereits in Auftrag gegebene elektronische Expertensystem für die Bestimmung des AHV-pflichtigen Lohnes soll durch Angebote anderer Bundesstellen ausgebaut werden, so dass es namentlich auch die Abführung der Quellensteuern und die Erstellung der Lohnausweise ermöglicht.

­

Anknüpfend an die vom Parlament bereits verlangte Möglichkeit zur einjährigen Veranlagung der Mehrwertsteuer soll erreicht werden, dass die Schlussabrechnungen mit den Sozialversicherungen sowie die Deklarationen an den Fiskus in einem Zug erledigt werden können, namentlich auch weil eine Arbeitsgruppe für Transparenz bei allfällig divergierender Umschreibung von Spesen, Eigenleistungen, Privatgebrauch u.ä.m. in den verschiedenen Rechtsgebieten sorgt.

­

In einer sich globalisierenden Welt wächst der Umfang von Warenlieferungen und Dienstleistungen, die auch von KMU grenzüberschreitend erbracht werden; um die Nachteile der Sonderstellung der Schweiz im europäischen Binnenmarkt zu lindern, sollen bei grenzüberschreitend erbrachten Serviceleistungen am Kunden die Rückerstattungsverfahren der Mehrwertsteuer überprüft werden.

­

Der föderalistische Staatsaufbau bietet Chancen und Risiken; ausgehend von bestehenden Lösungen in den Kantonen soll eine beste Praxis zur Prüfung von Baugesuchen hinsichtlich der vielfältigen Bundesbestimmungen im Bau- und Umweltrecht gefunden werden.

Verschiedene zusätzliche Massnahmen zu einer rationelleren Gestaltung des Behördenverkehrs ergibt die im Bericht erfolgende Darstellung auch der meisten anderen administrativen Vorgänge in den Unternehmen, welche das Bundesrecht auslöst.

6001

Bericht Teil I: Allgemeiner Teil In diesem Teil geht es um Anlass und Gegenstand dieses Berichtes, um seinen Aufbau und um einen Verweis auf parallele Anstrengungen auf internationaler Ebene.

Anschliessend an eine einlässliche Darlegung, um welche administrative Arbeiten es konkret geht, erfolgt eine ausgedehnte Übersicht über die bisher getroffenen Vorkehren zur administrativen Entlastung.

1

Einleitung

1.1

Gegenstand des vorliegenden Berichtes

Zweck des vorliegenden Berichtes ist die Berichterstattung über die Umsetzung von Massnahmen, die in früheren Berichten des Bundesrates zur Deregulierung und administrativen Entlastung angekündigt worden waren. Mit dem vorliegenden Bericht erfüllt der Bundesrat eine Zusage, die er in der Antwort auf eine Motion des Christlichdemokratischen Volkspartei gemacht hat (M 02.3669 vom 2. Dezember 2002: Abbau von administrativen Belastungen der Unternehmen, Überweisung im Parlament noch hängig).

Gleichzeitig soll der Bericht Hinweise liefern, wo weitere Massnahmen zur administrativen Entlastung ergriffen werden sollen. Namentlich wird dargelegt werden, wieweit die Behörden in der Schweiz den Verkehr zwischen Unternehmen und staatlichen Stellen mit den Mitteln des elektronischen Datenverkehrs unterstützen und welche Entwicklungen in dieser Hinsicht vorgesehen sind.

1.2

Aufbau des vorliegenden Berichtes

Der Bericht beginnt ­ nach einer Darlegung, was zu administrativem Aufwand führt ­ mit einer Darstellung der bisherigen Schritte des Bundesrates in Fragen der administrativen Entlastung, aber auch der Deregulierung.

Im Hauptteil des Berichtes wird auf die wesentlichen Gebiete, die in den Unternehmen administrative Arbeiten auslösen, eingegangen, nämlich: ­

Gründung des Unternehmens

­

Verkehr mit den Sozialversicherungen

­

Verkehr mit den Steuerbehörden

­

Erfüllung handelsrechtlicher Auflagen

­

Verkehr mit den Arbeitsmarktbehörden

­

Meldungen an die amtliche Statistik

­

Einhaltung betrieblicher Auflagen

6002

Abgesehen von der Unternehmensgründung handelt es sich hier um Aufgaben, die periodisch wiederkehrend zu erfüllen sind. Mit administrativem Aufwand verbunden sind in den Unternehmen aber auch Vorgänge, die nur sporadisch auftreten, wie die Realisierung von Innovationsvorhaben, die Realisierung von Investitionsvorhaben, der Schritt auf neue Auslandmärkte, Unternehmensumstrukturierungen oder aber der Verkauf oder die Weitergabe des Unternehmens.

Der Akzent der Darstellung liegt auf den Neuerungen in den administrativen Prozessen in diesen Gebieten. Abgedeckt wird der Zeitraum seit dem Zwischenbericht des Bundesrates zur administrativen Entlastung vom 22. Januar 1997 (vgl. BBl 1997 II 283).

Ein spezielles Kapitel bringt allgemeine Überlegungen zur Nutzung der Möglichkeiten des elektronischen Geschäftsverkehrs im Kontakt mit den Behörden.

Im abschliessenden Kapitel des zweiten Teils werden die vorgesehenen Massnahmen im Überblick dargestellt. Dabei wird unterschieden, was in der Kompetenz des Parlamentes, was in der Kompetenz des Bundesrates und der Verwaltung und was in der Kompetenz anderer staatlicher Ebenen und Institutionen liegt.

1.3

Bestrebungen im Ausland und in den Kantonen

Heute kennen wir einen verstärkten Wettbewerb unter den Staaten mit Bezug auf die Rahmenbedingungen, dank denen sie sich als Wirtschaftsstandort profilieren wollen.

Aber auch ganz direkt, aufgrund der Überlegung, dass behördliche Erleichterungen für initiative Unternehmer neue Arbeitsmöglichkeiten schaffen, geniessen administrative Entlastungen für KMU weitherum einen hohen Stellenwert in der wirtschaftspolitischen Debatte.

In der EU wurde ­ etwa zeitgleich mit Aufnahme der Arbeiten am Zwischenbericht des Bundesrates zur administrativen Entlastung der KMU ­ 1996 die Initiative SLIM («Simpler Legislation in the Internal Market»)1 gestartet. Die Initiative SLIM gilt, wie die Initiative BEST2, heute als ein wichtiger Bestandteil der Gesamtstrategie der Kommission zur Verbesserung der Qualität der Rechtsvorschriften und der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen der Unternehmen. Diese Strategie war vom Europäischen Rat auf seiner Tagung in Lissabon im März 2000 gefordert worden. Die hochrangige Beratergruppe, die im November 2000 von den für den öffentlichen Dienst zuständigen Ministern zur Konkretisierung dieser Aufforderung eingesetzt wurde, ist unter dem Namen ihres Vorsitzenden Mandelkern bekannt geworden. Ihr Bericht3 enthält eine fundierte Analyse optimaler Praktiken, auf die im 1

2

3

Die SLIM-Initiative wurde im Mai 1996 von der Kommission eingeleitet, mit dem Ziel, durch kleine Expertengruppen Möglichkeiten zur Vereinfachung der Binnenmarktvorschriften bei einzelnen Regelungsbereichen zu finden. Als Schwäche von SLIM gilt, dass ein mehrjähriges Vereinfachungsprogramm fehlt und die SLIM-Vorschläge im üblichen, häufig etwas langwierigen Mitentscheidungsverfahren verabschiedet werden.

Für weitere Angaben vgl.

http://europa.eu.int/comm/enterprise/electr_equipment/emc/slim/communic.pdf Für die recht allgemein ausgefallenen Ergebnisse dieser Abklärungen durch von der Kommission unabhängige Dritte vgl.

http://europa.eu.int/comm/enterprise/enterprise_policy/best/doc/best2de.pdf Vgl. http://www.staat-modern.de/infos/daten/mandelkern_de.pdf

6003

Verlauf des gesamten Gesetzgebungsverfahrens zurückgegriffen werden kann, um eine hohe Qualität der Regelungen sicherzustellen. Gemäss dem ihr vom Europäischen Rat in Göteborg erteilten Mandat beabsichtigt die Kommission nun, zu den bereits institutionalisierten Anhörungsverfahren bis 2003 eine kohärente Methode der Erstellung von Folgenabschätzungen zu entwickeln. In deren Rahmen sollen alle wichtigen Vorschläge eine angemessene Bewertung ihrer wirtschafts-, sozial- und umweltbezogenen Auswirkungen erfahren. Dazu wird auch ein Panel von Unternehmen aufgebaut, das zu Richtlinienvorschlägen befragt werden soll. Die Parallelen zur Einführung der Regulierungsfolgenabschätzung und der KMU-Tests in der Schweiz (vgl. unten unter 3.6) sind evident.

Eine sorgfältige Abschätzung der Regulierungsfolgen4 sowie die Reduktion des täglichen Papierkrams («Red Tape»)5 wird vor allem auch von der OECD propagiert.

Innerhalb des Direktorates «Public Governance and Management» nimmt sich die Gruppe «Regulatory Management and Reform» dem Erfahrungsaustausch in diesem Bereich an. Ihr Bericht «Administrative Simplification ­ Practices and Strategies in OECD Countries» (Paris, Oktober 2002) gestattete es, die Anstrengungen der Schweiz mit jenen anderer OECD-Länder zu vergleichen und zu prüfen, welche Massnahmen anderer Länder auch in der Schweiz zur Anwendung gebracht werden könnten.

Nachdem die Zölle in erheblichem Mass abgebaut worden waren, verlagerten sich die Bestrebungen zur Handelsliberalisierung immer stärker auf regulatorische Fragen, konkret auf die Beseitigung der «Non-Tariff-Barriers to Trade (NTBs)». Auch hier kann bis zu einem gewissen Grad zwischen Initiativen unterschieden werden, die dem Abbau und der wechselseitigen Abstimmung von regulatorischen Auflagen dienen, und solchen, welche schlanke administrative Abläufe ins Zentrum rücken.

Zur ersten Kategorie gehört der Abschluss von «Mutual Recognition Agreements», zur zweiten Kategorie alle Erleichterungen bei der Zollabfertigung. Die Schweiz ist zusammen mit andern Staaten bestrebt, das Thema der Handelserleichterungen anlässlich der ersten Folgekonferenz zum Doha-Abkommen im Herbst 2003 in Cancun zu einem Verhandlungsgegenstand im Rahmen der WTO zu machen.

Auch innerhalb der Schweiz, auf der Ebene der Kantone, gibt es verschiedene Bestrebungen zur
Verbesserung des regulatorischen Umfeldes der Unternehmen.

Nicht nur im Ansiedlungswettbewerb, wo es oft um die Handhabung raumordnungsrechtlicher Bestimmungen geht, sondern auch noch in weiteren Bereichen mit Rechtssetzungskompetenzen der Kantone spielt ein gewisser Regulierungswettbewerb, der sich ­ wegen der Organisationsautonomie ­ bis in den Bereich des Vollzugsföderalismus auswirkt. So gibt es kantonale AHV-Ausgleichskassen mit grösserem und solche mit weniger weit gehendem Leistungsangebot. Parallel dazu können jedoch im einen oder andern Rechtsgebiet bereits angesiedelte Unternehmen Jahre unter dem Umstand leiden, dass ihre Standortgemeinde oder ihr Standortkanton sich nicht bewegen, oder Verfahren neu entwickeln, wo andernorts effiziente Lösungen bereits eingeführt sind. Die Vielzahl der Instanzen droht auch das ganze staatliche Regelwerk intransparent zu machen, letztlich sogar für die Kantone und Gemeinden selbst, die nicht wissen, wie hoch die Anforderungen im andern Kanton liegen. Ent4 5

Vgl. OECD (PUMA): L'analyse de l'impact de la réglementation; meilleures pratiques dans les pays de l'OCDE, Paris, 1997.

Vgl. OECD: Business Views on Red tape. Administrative and regulatory burdens on small and medium-sized enterprises, Paris, 2001.

6004

sprechend zurückhaltend sind sie deshalb gegenüber Nachweisen, die ortsfremde Anbieter, die in ihrem Kantonsgebiet auftreten wollen, vorlegen, und lösen so neue administrative Prozesse aus. Administrative Entlastung ist somit auch ein Thema für Kantone und Gemeinden. Die Maxime der «best practice» gilt allgemein für den Behördenverkehr.

2

Quellen für den von Behörden ausgehenden administrativen Aufwand in den Unternehmen

Der Begriff der administrativen Aufwendungen, die vom Staat ausgehen, kann einerseits enumerativ, durch Aufzählung der einzelnen Gebiete mit staatlichen Aufzeichnungs-, Melde- und Bewilligungspflichten erfolgen. Der Begriff der administrativen Belastungen kann anderseits auch deduktiv bestimmt werden, indem man sich fragt, welche Formen und Funktionen jene Bestimmungen haben, die das Unternehmen gegenüber den Behörden verpflichten. In diesem Kapitel werden beide Wege der Begriffsbestimmung genutzt.

2.1

Gebiete mit staatlich vorgeschriebenen Aufzeichnungs-, Melde- und Bewilligungspflichten

Einleitend ist festzuhalten, dass administrative Aufwendungen nur eine von drei Kostenarten sind, die im Zusammenhang mit staatlichen Vorschriften stehen. Staatliche Vorschriften können nämlich sowohl die unternehmerische Handlungsfreiheit einschränken (Beispiel: Wegen einer Bewilligungspflicht bleiben Geschäftsfelder verschlossen oder sind erst nach langen Verfahren erschliessbar) als auch Zusatzinvestitionen oder Erschwerungen im Betriebsablauf auslösen (Beispiel: Auflagen bei der Produktion aus Gründen des Umwelt- oder des Arbeitnehmerschutzes) und sie können schliesslich zusätzlichen Administrativaufwand mit sich bringen (Effekt geht vor allem von Abgabenregelungen aus). Administrative Entlastung zielt vor allem auf den letztgenannten Bereich, während Verschärfungen und Erleichterungen in den beiden erstgenannten Bereichen besser unter dem Begriff Regulierung/Deregulierung diskutiert werden.

Eine systematische Auseinandersetzung mit der Thematik der Belastung der KMU mit administrativen Arbeiten begann in der Schweiz Mitte der 80er Jahre. Damals veröffentlichte der Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrievereins (heute economiesuisse) eine Untersuchung der administrativen Belastungen in der Schweiz, die parallel dazu auch als Dissertation der Hochschule St.Gallen aufgelegt wurde.6 Gut ein Jahrzehnt später liess das Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit diese Untersuchung wiederholen. Für den vorliegenden Bericht ist die 1998 erfolgte Erfassung des Stundenaufwandes für administrative Arbeiten durch das Institut für gewerb-

6

Hunkeler, Urs (1985): Zur Belastung der Klein- und Mittelbetriebe durch staatliche Regelungen ­ Untersuchung der administrativen Auflagen in der Schweiz, Diss. HSG, Bamberg, 1985.

6005

liche Wirtschaft (IGW) der Universität St.Gallen von zentraler Bedeutung.7 Die damals gewonnenen Angaben gestatten es weiterhin, die Quellen des administrativen Aufwandes zumindest in ihrer relativen Bedeutung einzuschätzen.

Abgesichert werden diese Zahlenangaben, die aus einer Fragebogenaktion mit schwachem Rücklauf gewonnen werden mussten, durch die in der Studie des IGW selber reproduzierten Angaben einer Vergleichsgruppe von 18 Unternehmen, die den Stundenaufwand nicht im Rahmen einer Befragung schätzten, sondern durch Erfassung im Betrieb aufzeichneten. Weiter lassen sich die Angaben der parallel vom BWA veranlassten Studie Schönenberger/Mungall8 heranziehen, die sich zwar auf Gastgewerbebetriebe konzentriert, die aber in der Grössenordnung zu durchaus vergleichbaren Resultaten gelangt. Wir halten die Angaben des IGW (im ff. zitiert als Müller [1998]) somit für zuverlässig genug, um mittels der nachstehenden Tabelle und Grafik den Stellenwert der einzelnen administrativen Auflagen anzugeben.

Der Begriff des staatlich bedingten Administrativaufwandes, der dieser Aufstellung zugrunde liegt, ist in Anlehnung an die OECD9 wie folgt definiert: Zeit- und Ressourcenaufwand von Eigentümern, Managern, Mitarbeitern oder hinzugezogenen Experten, der für das Verständnis der Bestimmungen, für die Erhebung, Planung, Verarbeitung und Aufbewahrung von Daten sowie für das Ausfüllen der von den staatlichen Behörden vorgeschriebenen Unterlagen und Formalitäten erforderlich ist.

Die nachstehende Tabelle 1 zeigt, welchen Stundenaufwand pro Monat die antwortenden Firmen gemäss der Erhebung des IGW für die einzelnen Vorgänge, die unter den gewählten Begriff fallen, einsetzten. Es wird auch angegeben, bei welchem Anteil der Firmen diese Vorgänge überhaupt vorkommen. Kumuliert man den Aufwand über alle erfassten Arten administrativer Arbeit, ergeben sich ca.

140 Stunden pro Monat. Da aber nicht alle Vorgänge in allen Firmen vorkommen, reduziert sich der Mittelwert auf 55 Stunden. Dieser Wert ist auf Unternehmen zwischen 10 und 20 Beschäftigte zu beziehen. Statistisch gesehen haben diese Angaben allerdings höchstens einen indikativen Wert, da die Datenbasis schmal ist und die Werte von Unternehmen zu Unternehmen, je nach Organisation des Betriebes, stark streuen.

Ergänzend zu Tabelle 1 ist anzumerken, dass der
Aufwand für Leistungen Dritter vor allem im Bereich des Rechnungsabschlusses und der Steuern anfällt, so dass unter Einbezug dieser Kosten die Teilbereiche «Steuern» und «Handelsrecht» durchaus die Grösse des Teilbereiches «Verkehr mit den Sozialversicherungen» erreichen, da dieser Bereich noch weitgehend betriebsintern bewältigt werden kann.

Diesem Umstand wird in der Kolonne, welche den Anteil der betroffenen Unternehmen aufzeigt, mit der Unterscheidung zwischen «quasi alle» (= wird meist unternehmensintern erledigt) und «sehr viele» (= wird recht häufig mindestens zum Teil Dritten übertragen) Rechnung getragen.

7

8

9

Vgl. Christoph A. Müller: Administrative Belastung von KMU, Strukturberichterstattung (Studienreihe herausgegeben vom Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit [heute seco]), Bern 1998.

Vgl. Alain Schoenenberger, Andrew Mungall: Réglementations: Coûts et effets sur les PME des branches touristiques, Rapports sur les structures économiques, Série d'études editée par l'Office fédéral du développement économique et de l'emploi, Berne 1998.

OECD: Business Views on Red tape. Administrative and regulatory burdens on small and medium-sized enterprises, Paris, 2001.

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Stundenaufwand in der Administration eines KMU nach Müller 1998, auf Monatswerte umgerechnet Tabelle 1 Art des administrativen Vorgangs

Sozialversicherungen, monatlich Sozialversicherungen, Jahresabschluss Sozialversicherungen, Einzelfälle Lohnausweise, Quellensteuern Direkte Steuern Mehrwertsteuer Zoll, Mehrwertsteuerrückerstattung Liegenschaftssteuern andere Abgaben

Mittlerer Stundenaufwand im Betrieb

7,3 9,8 7,8 3,3 4 4,1 20,1 1,1 4,2

Anteil betroffener Unternehmen

quasi alle quasi alle quasi alle quasi alle sehr viele sehr viele sehr viele viele branchenabhängig

Statistik

3,8

gemäss Stichprobe

Rechnungslegungspflicht10 Archivierungsaufwand Handelsregister Betreibungen (Behördenverkehr)

7,8 4,2 1 4,5

Rechtsform wichtig quasi alle sporadisch unternehmensabhängig

Lehrlingsausbildung Ausländische Arbeitskräfte Arbeitssicherheit Militär, Zivilschutz

7,2 3,2 1,7 4

kaum ein Drittel rund die Hälfte neu quasi alle sehr viele

Deklarationsvorschriften Führen eines Motorfahrzeuges Wirtschaftliche Landesversorgung Information über neue Regelungen

2,5 8,8 1,6 2,6

branchenabhängig viele sehr wenige quasi alle

Müll/Sondermüll/Chemikalien Gewässer/Lärm/Luft/Boden

4,3 6,7

v.a. in Industrie v.a. in Industrie

Grafik 1 zeigt die prozentuale Verteilung des Aufwandes, wenn man die Firmen, bei denen ein Vorgang nicht vorkommt (z.T. auch, weil sie ihn an Dritte ausgelagert haben), mit dem Wert Null in die Bestimmung des arithmetischen Mittels eingehen lässt. Es geht also um die Anteile an den genannten 55 Stunden.

10

Der Bericht Müller erfasst die Rechnungslegung als Administrativaufwand. Dabei bleibt aber unberücksichtigt, dass das zivilrechtliche Rechnungslegungsrecht in erster Linie der Abgrenzung der Interessen von Privatpersonen dient. Die Qualifikation als Administrativaufwand ist daher fraglich.

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Prozentuale Aufteilung des staatlich bedingten Administrativaufwandes nach Müller (1998) 4%

Verkehr mit den S ozialvers icherungen

12% 30%

S teuererklärungen, anderer Aufwand für F is kus E rhebungen der amtlichen S tatis tik

10%

E rfüllung handels rechtlicher Auflagen Lehrlinge, Militär, aus l.

Arbeits kräfte, us w.

Adminis tration betriebs bezogener Auflagen

20%

3%

21%

Adminis tration Umweltrecht

Wie vom Bundesrat in der Antwort auf die Motion Loepfe (M 02.3676: Massnahmen zur Bürokratiebefreiung) ausgeführt, lassen sich die Ergebnisse der Studie des IGW dahingehend zusammenfassen, dass sich drei Viertel sowohl des Stundenaufwandes im Betrieb, wie des finanziellen Aufwandes für Leistungen Dritter ziemlich gleichmässig auf die drei Bereiche Abrechnungen mit den Sozialversicherungen, Verkehr mit den Steuern und Erfüllung der handelsrechtlichen Auflagen in Sachen Führung einer Buchhaltung aufteilen. In Unternehmen der Grössenordnung 15 Beschäftigte ist für diese drei Bereiche zusammen mit einem personellen Aufwand im Unternehmen von zwei bis drei Personenmonaten pro Jahr und finanziellen Belastungen (externer Kostenaufwand) von rund zehntausend Franken p.a. zu rechnen, wobei es sich hier allerdings um Durchschnittswerte mit grossem Streubereich handelt. Dieser Streubereich rührt nicht zuletzt auch daher, dass die einzelnen Unternehmen in sehr unterschiedlichem Mass befähigt und motiviert sind, diese Arbeiten im Unternehmen selbst, ohne Beizug Dritter zu erledigen.

2.2

Zu den Rechtsverhältnissen, welche das Unternehmen gegenüber den Behörden verpflichten

2.2.1

Anlass für Vorgaben von Behörden

Eine deduktive Begriffsbestimmung erlaubt ein tieferes Verständnis, warum es zu behördlich vorgeschriebenen administrativen Arbeiten kommt und welche Form sie annehmen können. Ausgangspunkt ist die Frage, wer gegenüber wem verpflichtet ist und wer welche Ansprüche durchsetzt.

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Denkt man beispielsweise an Eigentumsrechte, so legt das Recht zwar für strittige Fälle zahlreiche Kollisionsnormen fest. Typisches Kennzeichen dieser hier nicht näher intressierenden Kategorie von Vorschriften ist jedoch, dass sie in der Regel auf privatrechtlichem Wege durchgesetzt werden, d.h. die Person, die sich in ihren individuellen Rechten beeinträchtigt sieht, muss vor einem Gericht Klage erheben, d.h.

selber aktiv werden.

In zahlreichen Fällen genügt es dem Gesetzgeber allerdings nicht, auf die Rechtsdurchsetzung unter Privaten zu vertrauen und es kommt zu Vorgaben von Behörden.

Entweder erachtet der Staat die Partei, die klagen müsste, als zu schwach, als dass sie auf ihre Rechte pochen könnte. Oder aber es geht um Rechte, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass der einzelne Private zu wenig Anreiz hat, sich für deren Geltung einzusetzen (z.B. Schutz des Ortsbildes), was auch davon abhängig ist, welcher Aufwand bei der Rechtseinforderung auf dem Klageweg für den Einzelnen anfällt. Schliesslich will die Politik auch gestalten, d.h. sie nimmt das Ergebnis, das sich aus spontanen oder privatvertraglichen Regelungen ergibt, nicht hin, sondern sucht es getreu gewisser gesellschaftlicher Leitvorstellungen zu verändern.

Prominentes Beispiel sind hier die Steuern und andere Einkommensumverteilungsmassnahmen inkl. Subventionen. Denkt man mehr an unliebsame Marktergebnisse, stehen zahlenmässige Beschränkungen des Marktzugangs, aber auch der Erlass von Preis- und Mengenvorschriften sowie Gebietszuteilungen inklusive der Abschottung gegenüber dem Ausland im Vordergrund. Der letztgenannte Bereich bezeichnet die typischen Gebiete, in denen heute von Deregulierung (oder Liberalisierung) gesprochen wird.

Einen immer grösseren Anteil des Rechts machen derzeit jedoch Vorschriften aus, die nicht regeln, wer wo und in welchem Umfang welche auf Erwerb ausgerichtete Tätigkeit ergreifen kann, sondern die regeln, wie man etwas zu tun hat. Soll es hier zu Reformen kommen, wird statt von Deregulierung besser von Reregulierung gesprochen, denn der gesellschaftliche Wille, Abstriche an Auflagen vorzunehmen, die dem Schutz des Schwächeren oder unbeteiligter Dritter dienen, ist nicht sehr gross.

Viel eher findet hier ein Ausbau solcher Auflagen statt, gerade was die Umschreibung verantwortungsbewussten
unternehmerischen Handelns durch neue Rechtssätze betrifft. Im Bereich, in dem es um die staatlichen Auflagen geht, die bei einer unternehmerischen Betätigung einzuhalten sind, erscheinen vor allem Bestrebungen als mehrheitsfähig, die ein gegebenes Ziel mittels weniger einschneidender Formen staatlicher Intervention zu erreichen suchen. Die breiteste Unterstützung finden jedoch diejenigen Bestrebungen, welche die Abwicklung der mit staatlichen Vorschriften verbundenen administrativen Vorgänge erleichtern, ohne gross am Bestand dieser Vorschriften zu rühren.

2.2.2

Staatliche Durchsetzungsmechanismen

Bei den staatlichen Durchsetzungsmechanismen lassen sich drei Intensitätsstufen unterscheiden: ­

Staatlich verordneter Administrativaufwand beginnt dort, wo eine einfache mündliche Abrede unter Privaten und das Vertrauen in das Erinnerungsvermögen der Beteiligten dem Staat nicht mehr zu genügen vermögen und er Formvorschriften und Aufzeichnungspflichten erlässt, von denen auch durch 6009

entsprechende Absprache unter den Beteiligten nicht abgewichen werden kann. Man denke an die Mitteilung einer Mietzinserhöhung auf einem genehmigten Formular. Bereits bei dieser Form staatlicher Intervention kann eine Belastung durch behördliche Nachkontrollen hinzukommen, doch ist dies hier sicher noch die Ausnahme.

­

Eine nächste Intensitätsstufe erreicht der Administrativaufwand, wenn den Behörden periodisch Mitteilung über gewisse Sachverhalte gemacht werden muss. Hier kann man an die Angaben denken, die zumindest ausgewählte Unternehmen den Behörden über die Entsorgung der von ihnen produzierten oder eingesammelten Abfälle machen müssen. Insbesondere gehören zu dieser Kategorie jedoch die verschiedenen Steuererklärungen und Abrechnungen mit den Sozialwerken. Kaum ein Fiskus wird nämlich der Auffassung beipflichten wollen, dass die kommentarlose Überweisung des selber errechneten Betrages und das Bereithalten der Unterlagen für die Bemessung der Abgabe im Betrieb genügen könnten. Offen bleibt bei dieser Stufe staatlicher Intervention, wieweit die Behörden gestützt auf die eingereichten Unterlagen selber tätig werden und dabei erneut an den Betrieb gelangen (z.B. mittels Nachkontrollen).

­

Der Administrativaufwand erreicht schliesslich eine dritte Stufe, wenn gewisse wirtschaftliche Aktivitäten erst möglich werden, nachdem man vorgängig die Behörde informiert und von ihr eine formelle Zustimmung zu deren Entfaltung erhalten hat. Dies ist das Feld der staatlichen Bewilligungspflichten. Solche Bewilligungspflichten werden insbesondere dann administrativ aufwändig, wenn nicht eine Produktionsstätte (z.B. ein Labor) als solche zugelassen wird, sondern jeder einzelne wirtschaftliche Vorgang in diesem Unternehmen bewilligt werden muss (behördliche Chargenfreigabe). Auf diese Stufe gehört auch, wenn Abgaben zuerst geleistet werden müssen, obwohl sie später wieder zurückgefordert werden können.

Wesentlich ist nun, dass Bewilligungspflichten nicht deshalb eine schärfere staatliche Intervention sind als handelsrechtliche Aufzeichnungspflichten, weil sie einen höheren Administrativaufwand verursachen. Sehr oft kann das Gegenteil der Fall sein, gerade wenn das Unternehmen oder Institut als solches zugelassen wird (heute die Regel), und nicht Bewilligungen für einzelne Produktionen und einzelne Dienstleistungen einzuholen sind (betrifft nur noch wenige Bewilligungen). Denn die Kostenfolgen einer Vorschrift für das Unternehmen ergeben sich in der Regel weniger aufgrund der Kosten in der Administration, regelmässig weit bedeutender sind die Zusatzinvestitionen, die erschwerten Betriebsabläufe oder Einschränkungen des unternehmerischen Handlungsspielraumes, die sie auslösen. Die Zielsetzung, den Administrativaufwand zu senken, ist in einer liberalen Perspektive denn auch nur eine sehr begrenzte Zielsetzung. Immerhin: Dort, wo mittels Reformen periodisch sich wiederholende Aufzeichnungs-, Abrechnungs- und Mitteilungspflichten effizienter gestaltet werden, summieren sich schon kleine Verbesserungen bei einer entsprechenden Anzahl unterstellter Unternehmen zu gesamtwirtschaftlich bedeutenden Einsparungen. Auf der Erschliessung dieses Effizienzsteigerungspotenzials liegt denn auch der Akzent im vorliegenden Bericht, und nicht auf den andern Kostenarten, die im Bewilligungsbericht eingehender thematisiert werden.

6010

2.2.3

Abgrenzung zum kantonalen Recht

Im vorliegenden Kontext nicht von direktem Interesse sind Rechtsverhältnissen unter staatlichen Ebenen und Organen. Es geht hier um Fragen, die im Rahmen der Föderalismusdiskussion, aktuell im Kontext der Neuregelung des Finanzausgleiches und der Aufgaben unter Bund und Kantonen (NFA) angesprochen werden, aber auch um Kompetenzzuweisungen im Vollzug. Immerhin gilt es hervorzuheben, dass Gegenstand dieses Berichtes nur die vom Bund erlassenen Vorschriften sein können.

Dazu zählen allerdings auch alle Kompetenzzuweisungen in Bundesgesetzen und Verordnungen an die Kantone oder Dritte. Dass Unternehmen unzufrieden sein können, weil sie mit dem Bund, und nicht mit dem Kanton zu verkehren haben, ist somit durchaus ein möglicher Aspekt der vorliegenden Betrachtungen. Der Administrativaufwand stellt sich gegebenenfalls auch anders dar, wenn der Staat die Einhaltung rechtlicher Auflagen nicht selber kontrolliert, sondern bestimmt, dass verantwortliche Personen in den Unternehmen, insbesondere aber auch private Prüfund Zertifizierungsstellen diese Aufgabe übernehmen (vgl. die Module des EU-Rechts bei der technischen Sicherheitsaufsicht). Ein nicht unerheblicher Aspekt bei der Delegation von Kompetenzen an die Kantone, aber auch beim Beizug privater Kontrollinstanzen ist ja, dass so gerade auch für den Vollzug des geltenden Rechts ein Regulierungswettbewerb einsetzen kann, der zu mehr Kundennähe und speditiverer Erfüllung öffentlicher Aufgaben führt. Politischer Druck kann bereits entstehen, wenn ein Nachbarkanton oder eine Nachbargemeinde die Geschäftsleitungen mit weniger Behördenverkehr von ihrer primären unternehmerischen Aufgabe ablenkt.

2.2.4

Ansatzpunkte zur administrativen Entlastung

Administrative Entlastung gemäss der hier verfolgten Zielsetzung soll sich nicht an Veränderungen im Umfang behördlicher Vorschriften messen,11 hat dies nach den vorangehenden Darlegungen doch mehr mit Deregulierung zu tun, sondern an der Senkung des Stundenaufwandes und der Kosten für den Beizug Dritter für administrative Arbeiten des Unternehmens. Bei dieser Entlastung wird idealerweise gerade nicht in bestehende Rechte eingegriffen, ausser vielleicht in gewisse Prärogativen staatlicher Kontrollinstanzen. Administrative Entlastung, so wie sie hier verstanden wird, kann somit, braucht aber noch keine Schritte zur Deregulierung zu beinhalten.

Eigentliche Deregulierungsschritte würden die Absteckung der Grenzen zwischen individuellen Nutzungsansprüchen weniger in Gesetzen vornehmen, sondern stärker spontan oder auf privatvertraglicher Basis ablaufen lassen. Nach einer Deregulierung wären auch weniger oft staatliche Behörden mit der Durchsetzung gesellschaftlicher Leitvorstellungen beauftragt. In einer deregulierten Wirtschaft würde weiter die Schaffung von Rechtsgleichheit unter den verschiedenen Jurisdiktionen innerhalb eines Bundesstaates oder unter verschiedenen Rechtsformen des Privatrechts als nicht zentral eingestuft, im Gegenteil werden der Regulierungswettbewerb 11

Vgl. hierzu das vom Staatssekretariat für Wirtschaft in Auftrag gegebene Projekt, die Veränderung der Regulierungsdichte mittels eines sog. Regulierungsdichteindikators zu messen (Philippe Koch (2003): «Regulierungsdichte: Veränderung und Messung», Strukturberichterstattung Nr. 18, Studienreihe des Staatssekretariates für Wirtschaft, 3003 Bern.

6011

und die Wahlmöglichkeit unter vorstrukturierten rechtlichen Instrumenten positiv gesehen, als Mittel zur Begrenzung der Regulierungstätigkeit von Politikern und Behörden und als Weg zu sachgerechten Lösungen. Es muss hier offen bleiben, ob ohne Deregulierung, d.h. allein mit administrativer Entlastung, die Erwartungen hinsichtlich Abbau der Staatsinterventionismus befriedigt werden können, die Anlass zu den parlamentarischen Vorstössen gaben, welche die nachstehenden Aktivitäten des Bundesrates auslösten.

Im folgenden zweiten Teil des Berichtes wird weniger auf die Absteckung der Grenzen zwischen dem, was weiterhin vom Staat vorgeschrieben wird, und dem, was unter Privaten sollte frei vereinbart werden können, fokussiert. Gefragt wird vor allem nach möglichen anderen Formen der staatlichen Intervention, um ein gegebenes gesellschaftliches Anliegen zu erreichen. Diese Fokussierung auf Alternativen bei gegebenem Ziel gestattet es auch, Fragen nach dem Nutzen staatlicher Auflagen hintanzustellen. Eine prominente Rolle unter den nachstehenden Massnahmen wird die verstärkte Koordination unter Rechtsgebieten, namentlich verschiedenen Abgabenordnungen, spielen. Administrative Entlastung kann aber auch darin bestehen, dass man an die Stelle von Bewilligungspflichten Meldepflichten setzt, dass man statt Meldungen an die Behörden nur das Bereithalten von Aufzeichnungen im Betrieb fordert oder dass man Formvorschriften herabsetzt, respektive an die Weiterentwicklung der Technik anpasst (elektronische Aufzeichnung). Mittels Selbstdeklaration, nachgängiger Kontrolle, insbesondere aber durch den Einsatz der Mittel der modernen Kommunikations- und Informationsgesellschaft hofft man, die Bindung von Ressourcen für administrative Arbeiten zu begrenzen und so den Wirtschaftsstandort attraktiv zu halten, ohne Abstriche am gesellschaftlich gewünschten Schutzniveau vornehmen zu müssen.

3

Bisherige Initiativen zur administrativen Entlastung der KMU

3.1

Überblick

Nach einem kurzen Hinweis auf frühere Bemühungen sollen in diesem Kapitel die wesentlichen Massnahmen aufgelistet werden, die auf bisherige Initiativen des Bundes zur administrativen Entlastung zurückgehen. Ausgewertet werden dabei die folgenden, in quasi jährlicher Folge vorgelegten Grundlagen: ­

Zwischenbericht des Bundesrates zur administrativen Entlastung von 22. Januar 1997 (vgl. BBl 1997 II 283).

­

Ergebnisse des Schwerpunktthemas «Regulierungsdichte und KMU» im Rahmen der Strukturberichterstattung des Bundesamtes für Wirtschaft und Arbeit (vgl. Mitteilungsblatt für Konjunkturfragen, Sonderheft 2/1998, BWA (seco), Bern, Oktober 1998)

­

Inventur und Evaluation der bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren mit Vollzug beim Bund (vgl. BBl 1999 8387).

­

Bericht des Bundesrates zur Deregulierung und administrativen Entlastung vom 3. November 1999 (BBl 2000 994).

6012

­

Arbeiten in Erfüllung der Postulate 00.3595 und 00.3596 der Wirtschaftsund Abgabenkommission des Ständerates (pendent).

­

Inventur und Evaluation der bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren mit Vollzug bei den Kantonen (vgl. BRB vom 10.4.2002) sowie

­

Inventur der durch kantonales Recht geschützten Berufe und Gewerbe (in Ausarbeitung).

3.2

Arbeiten im Vorfeld des Berichtes des Bundesrates vom 22. Januar 1997

Das Revitalisierungsprogramm für die schweizerische Wirtschaft, 1991 gleichfalls von Exponenten des Vororts gefordert und 1992 vom Bundesrat in die Wege geleitet, zielte in grundsätzlicher Weise auf weniger Staatseinfluss in der Wirtschaft. Es enthielt eine Reihe von Massnahmen, die auch den administrativen Aufwand in den Unternehmen senkten. Zu nennen ist namentlich die vollständige Deregulierung des Ausverkaufswesens. Zu Import- und Exporterleichterungen bei Textilien und Schrott kam im Bereich der Pflichtlagerhaltung eine Reduktion der Vorratshaltung in Bäckereien. Mittels einer Teilrevision des Raumplanungsgesetzes wurden die Baubewilligungsverfahren gestrafft (Fristen, Leitbehörde, Rechtsmittelweg) und in der UVP-Verordnung wurde zwecks Beschleunigung ihrer Abwicklung die Stellungnahme des Bundes in die kantonalen Verfahren eingebaut und nicht mehr nachgeschaltet. Kleine Unternehmen sahen sich von der Emissionsabgabe befreit und der Proportionaltarif bei den Ertragssteuern, der in den Buchhaltungen aufwändige Gewinnverschiebungen vom einen Jahr ins andere überflüssig macht, wurde zumindest vom Bund eingeführt. Die Schaffung der Fachhochschulen verbunden mit der Anerkennung ihrer Abschlüsse als europäische Hochschuldiplome erlaubt es heute manchem KMU, die vom Europäischen Recht vom Hersteller geforderten Konformitätsbescheinigungen durch eigenes Personal auszufertigen. Das Binnenmarktgesetz sollte den dynamischen KMU einen einfacheren Marktauftritt in andern Kantonen erlauben (keine zweite Zulassung). Die Beseitigung technischer Handelshemmnisse, die Verschärfung des Kartellrechts und die Liberalisierung in den Infrastruktursektoren stärkten die KMU als Kunden im Einkauf. Schliesslich wird auf die schon 1992 eingeleitete Revision des Arbeitsgesetzes unter 8.1 zurückzukommen sein.

3.3

Der Zwischenbericht des Bundesrates zur administrativen Entlastung von 1997

In der wirtschaftlichen Stagnationsphase der 90er Jahre erblickten Parlament und Bundesrat in der administrativen Entlastung einen Weg zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Diese Entlastung sollte vor allem den KMU zu Gute kommen, die sich im Aufschwung als dynamischer und in der Rezession als resistenter erwiesen hatten, die jedoch beim administrativen Aufwand je Beschäftigten ­ wegen des Fixkostencharakters vieler administrativer Arbeiten ­ grössenbedingte Nachteile kennen. Als auch heute noch gültige Strategien zur administrativen Entlastung wurden genannt: der Abbau von Vorschriften, die Vereinfachung und Verbesserung von Verfahren, die zeitliche Beschleunigung von Verfahren, die Reduktion der Zahl der Stellen, die 6013

innerhalb der Behörden für ein einzelnes Vorhaben angegangen werden müssen, die Anerkennung privater Kontrollen und Zertifikate, damit Unternehmen nicht vom Tätigwerden einer Behörde abhängig sind, schliesslich die Vereinfachung von Formularen und die Senkung von Informationskosten über zu erfüllende Verpflichtungen und über das Angebot an öffentlichen Leistungen.

Diese Strategien wurden in den verschiedenen Bereichen, in denen es zum Kontakt zwischen Unternehmen und Behörden kommt, anschliessend konkret angewandt. Im Bereich der Mehrwertsteuer wurde die Umsatzlimite, unterhalb welcher das vereinfachte Abrechnungsverfahren mit Saldosteuersätzen offen steht, von 0,5 Millionen auf 3 Millionen Franken angehoben und die Formulare wurden einfacher gestaltet.

Im öffentlichen Beschaffungswesen wurden die zuständigen Behörden des Bundes in den Schulungen für die Probleme der KMU sensibilisiert (z.B. unverhältnismässiger Aufwand für die Offertstellung bei der Zulassung zu vieler Bewerber nach der Präqualifikation). Die Öffnungszeiten am Zoll für zugelassene Empfänger und Versender wurden verlängert. Weiter wurden über den Kreis der EU-Staaten hinaus Verhandlungen über den Abschluss von Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Konformitätsbewertungen eingeleitet, was besonders den KMU mit ihren Kleinserien entgegenkommt. Im Jahre 2000 erfolgte zwecks Senkung der Informationskosten die erstmalige Herausgabe eines Ratgebers für KMU im Sozialversicherungsbereich. Die Idee des «one stop shop» wurde durch Konzentration der Exportkontrollen im damaligen Bundsamt für Aussenwirtschaft praktisch zur Anwendung gebracht. Schon damals erwähnt wurde die Problematik der Anerkennung als selbständigerwerbende Person und die Bedeutung von Reformen im Gesellschaftsrecht (u.a. Fusionsgesetz). Von den damals geplanten Massnahmen scheiterten am Widerstand der Kantone resp. der betroffenen Organe die Einsetzung einer Erfahrungsaustauschgruppe unter den Spitzen der kantonalen Baubewilligungsbehörden zwecks Entwicklung einer «best practice» in diesem Bereich sowie eine tiefergreifende Neuzuweisung der Aufgaben unter den Unfallversicherungen und den eidgenössischen sowie kantonalen Arbeitsinspektoraten.

3.4

Schwerpunktthema «Regulierungsdichte und KMU» in Rahmen der Strukturberichterstattung des Bundesamtes für Wirtschaft und Arbeit

Die zahlreichen Vorstösse, die 1996/97 zum Thema der Deregulierung und der administrativen Entlastung eingereicht wurden, waren für das seinerzeitige Bundesamt für Konjunkturfragen Anlass, seine Ressortforschungsmittel im Rahmen der Strukturberichterstattung für das Schwerpunktthema «Regulierungsdichte und KMU» einzusetzen.

6014

Konkret wurden fünf Studien an Forschungsinstitute vergeben:12 Das Institut für gewerbliche Wirtschaft an der Universität St. Gallen (Verfasser: Christoph Müller) wiederholte ­ wie unter 2.1 detailliert ausgeführt ­ die Untersuchung von Hunkeler aus dem Jahr 1985 zum administrativen Aufwand aufgrund staatlicher Auflagen.

Schönenberger/Mungall (Ecodiagnostic/Hotelfachschule Lausanne) suchten am Beispiel des Gastgewerbes über die Messung der administrativen Umtriebe hinauszukommen und in diesem Wirtschaftszweig auch die Erfüllungskosten, die mit staatlichen Vorschriften einhergehen (Zusatzinvestitionen in Filter usw.), zu erfassen. Das Thema der Regulierungsdichte wurde von econcept (U.Ledergerber et al.) mittels Entwicklung eines Regulierungsdichteindikators angegangen. Chr. Muggli et al.

(BASICS) zeigten, am Beispiel energie- und umweltpolitischer Massnahmen die höhere Effizienz marktwirtschaftlicher Instrumente und von freiwilligen (Branchen)Vereinbarungen gegenüber Gebots- und Verbotsregelungen auf. Das Basler Wirtschaftsforschungsinstitut BAK (S.Vaterlaus) schliesslich zeigte eine negative Korrelation zwischen dem Zeitbedarf und den Risiken von Baugesuchen und dem regionalen Wirtschaftswachstum auf. Das Thema der Untersuchungen waren somit Regulierungswirkungen und Regulierungsstrategien generell und nicht nur der administrative Aufwand.13

3.5

Inventur und Evaluation der bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren mit Vollzug beim Bund; Erlass einer Ordnungsfristenverordnung

Wurde 1998 die Messung des Stunden- und Finanzaufwandes im Bereich der administrativen Arbeiten einem Universitätsinstitut übergeben, erfolgte die Inventur der bundesrechtlichen Bewilligungspflichten verwaltungsintern mittels je zwei schriftlichen Umfragen und zwei Diskussionsrunden mit den zuständigen Ämtern. Wie oben ausgeführt, steht ­ wenn der Gesetzgeber zum Instrument der Bewilligungspflicht greift ­ der administrative Aufwand als Kostenfolge in der Regel nicht im Zentrum.

Bei der Evaluation der rund 250 Verfahren, welche Bundesstellen vollziehen, war die Evaluation denn auch breiter angelegt. Getreu den Forderungen im Postulat David (P 96.3607: Administrative Belastungen), das die Ausarbeitung dieses Berichtes auslöste, wurde geprüft:

12

13

a.

auf welche bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren ersatzlos verzichtet werden kann;

b.

welche durch andere Instrumente wie nachgehende Kontrolle, Lenkungsabgaben u. a. ersetzt werden können;

Vgl. Christoph A. Müller (1998): «Administrative Belastung von KMU», Alain Schönenberger/Andrew Mungall: «Réglementations: Coûts et effets sur les PME des branches touristiques.», Urs Ledergerber et al.: «Regulierungsdichte nach Branchen», Christoph Muggli, Walter Baumgartner, Andreas Ruef: «Effizienz energie- und umweltpolitischer Massnahmen», Stephan Vaterlaus, Banu Simmons: «Leistungsfähigkeit von Regionen in der Schweiz». Die Studien sind als Nr. 33 bis 37 in der Reihe Strukturberichterstattung des Bundesamtes für Wirtschaft und Arbeit, Bern, 1998, erschienen.

Für eine Zusammenfassung aller Untersuchungen vgl. Mitteilungsblatt für Konjunkturfragen, Sonderheft Strukturberichterstattung 2/98, Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit, Bern 1998.

6015

c.

welche in andere Verfahren integriert werden können; und

d.

bei welchen Verfahren die Dauer durch konkrete Massnahmen verkürzt werden kann.

Die Breite der Evaluation kommt auch in der Struktur des Berichtes des Bundesrates vom 17. Februar 1999 zum Ausdruck, der die Ergebnisse dieser Abklärungen darstellt. Hierbei werden die einzelnen Bewilligungspflichten nicht in der Reihenfolge des Inventars aufgegriffen. Vielmehr wird gezeigt, welche Verbesserungen bei welchem Verfahren unter welchen der fünf folgenden Obertitel fallen: i) Verfahrensbeschleunigung, ii) Verfahrenskoordination, iii) materielle Deregulierung, iv) weniger interventionistische Durchsetzungsmechanismen und v) vermehrte Kundenorientierung der Verwaltung.

Das Mandat zur Umsetzung der rund 40 Massnahmen, welche die Evaluation zu Tage förderte, war vom Bundesrat bereits am 20. Oktober 1998 erteilt worden. Wieweit sie heute umgesetzt sind, ist Gegenstand des noch in Ausarbeitung stehenden Bewilligungsberichtes. Einzelne Hinweise finden sich auch in den nachfolgenden Kapiteln 4­11 dieses Berichtes.

Hinsichtlich administrativer Belastung ergab der Bericht, dass rund ein Dutzend Verfahren zu mehr als 5000 Bewilligungen pro Jahr Anlass geben und rund zwei Dutzend Verfahren zu mehr als 1000 Bewilligungen. Die Verzollung, die Genehmigung von Handelsregistereinträgen sowie die Erteilung von Ausländerbewilligungen geben Anlass zu mehreren 10 000 Behördenakten pro Jahr und werden uns deshalb nachstehend noch beschäftigen. Die Ein-, Aus- und Durchfuhr für (freilebende) Tiere und tierische Produkte, die Meldepflicht für gewerbliche Produkte gemäss Giftgesetz, die Ausweiskarte für Handelsreisende, die Befreiung von der Typengenehmigung für Motorfahrzeuge, die Bewilligung von Ausnahmefahrzeugen, die Registrierung einer Schutzmarke, die Eintragung in die Saatgutliste sowie der steuerfreie Eigenbedarf bei Alkoholika liegen auch noch über 5000 Bewilligungen, gleich wie die Zulassungen zu den Eidgenössischen Medizinalprüfungen und die Erteilung von Funkkonzessionen sowie die Waffenerwerbsscheine, die in erster Linie Private interessieren. Zu ergänzen wäre hier auch die Ausstellung eines Passes oder einer Identitätskarte. Die meisten dieser Verfahren waren oder sind Gegenstand kürzlich abgeschlossener oder noch laufender Gesetzesrevisionen. Auch unter dem Aspekt der administrativen Belastung wurden somit bei den Revisionsarbeiten die richtigen Akzente gesetzt. Eingehender auf diese Reformen,
sowie auf die Verfahren, welche die Kantone ohne Einbezug einer Bundesstelle im Einzelfall erledigen und wo es z.T. auch zu hohen Fallzahlen kommt, wird im Bewilligungsbericht eingegangen.

Aus der Inventur der bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren resultierte eine umfangreiche Datenbank. Diese ist im Internet zugänglich (vgl. Punkt 3 des den vorliegenden Bericht motivierenden CVP-Vorstosses), um den Gesuchstellern die Information und die Bereitstellung der nötigen Unterlagen zu erleichtern.14 In der Daten14

Aufzufinden unter www.seco.admin.ch, dann «Wirtschaftspolitik- und zahlen», «Analysen und Strukturreformen», Stichwort «Verfahren», oder direkt unter http://www2.kmuinfo.ch/wp/bewilligungsverfahren.nsf/ZeigeNachAmtMitSuche.html?

OpenForm&l=de

6016

bank wird für jedes erfasste Verfahren kurz Zweck und Gegenstand der Bewilligung angegeben. Dann steht ein elektronischer Link zur Rechtsquelle in der Systematischen Rechtssammlung des Bundes zur Verfügung. Elektronische Verknüpfungen bestehen bei vielen Verfahren auch zu den einschlägigen Angeboten der Vollzugsstellen im Internet. In zahlreichen Fällen finden sich dort in elektronischer Form u.a.

die Formulare, welche bei der Einreichung eines Gesuches auszufüllen sind. Die Angabe einer Kontaktperson im federführenden Amt schliesst die Fiche ab.

Eine erste Aufdatierung der Datenbank im Jahr 2001 diente u.a. der Umsetzung von Artikel 3 Absatz 3 der Ordnungsfristenverordnung. Gemäss diesem Artikel hat die Behörde die Ordnungsfristen für die von ihr durchgeführten Verfahren in geeigneter Weise bekannt zu geben. Die Verordnung über Ordnungsfristen für die Behandlung von Gesuchen in erstinstanzlichen wirtschaftsrechtlichen Verfahren vom 17. November 1999 (SR 172.010.14) konkretisiert eingehend den Grundsatz, dass die Behörde jedes Gesuch so rasch als möglich behandelt. Leitender Gedanke bei der Regelung der Rechtsfolgen ist, dass der Gesuchsteller frei sein soll, ob er mit einer allfälligen Beschwerde lieber Richtung vorgesetzte Behörde, Aufsichtsorgane (bspw. des Parlamentes) oder Gerichte (mit Rechtsverzögerungsbeschwerde) gehen will. Dass Fristablauf als Zustimmung gelten soll, wurde nie erwogen, denn gerade auch angesichts der föderativen Kompetenzaufteilung kann nicht in Kauf genommen werden, dass Vollzugsstellen bundesrechtswidrige Gesuche dadurch Rechtskraft erlangen lassen, dass sie sie nicht fristgerecht behandeln. Leider blieb die Verordnung bei den Gesuchstellern zu wenig bekannt, so dass sich noch keine Erwartungshaltung der Gesuchsteller hinsichtlich angemessener Reaktionszeit der Behörde aufgebaut hat. Will man die Verordnung stärken, wäre hier und nicht beim Inhalt der Bestimmungen oder den Rechtsfolgen anzusetzen.

Die Erstellung der Datenbank zu den bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren bildete sicher für manches Amt einen Anreiz, seinen Auftritt im Internet nach dem Vorbild des Bundesamtes für Veterinärwesen auszubauen, das in diesem Bereich schon früh ein umfassendes und gleichzeitig praxisorientiertes Informationsangebot bereitstellte. Heute kann man feststellen, dass in Sachen
Informationsvermittlung auf elektronischem Weg die Bundesämter Punkt 3 im hängigen Vorstoss der CVPFraktion (M 02.3669: Abbau von administrativen Belastungen der Unternehmen) in den letzten Jahren in zunehmendem Mass entsprochen haben.

3.6

Bericht des Bundesrates zur Deregulierung und administrativen Entlastung vom 3. November 1999

Diente der Bericht des Bundesrates vom 17. Februar 1999 der Beantwortung des Postulates David, wurde im Bericht des Bundesrates zur Deregulierung und administrativen Entlastung vom 3. November 1999 dargelegt, wie den andern 1996/97 zum Thema eingereichten parlamentarischen Vorstössen entsprochen werden soll.

Einerseits war vom Bundesrat mit Beschluss vom 15. September 1999 ein Instrument geschaffen worden, das über alle wirtschaftsrelevanten Rechtsbereiche hinweg Leitplanken für eine (gesamt-)wirtschaftlich zweckmässige Rechtssetzung schaffen soll. Getreu der Motion Forster (M.96.3618): «Auswirkungen neuer und bestehender Gesetze und Verordnungen auf Klein- und Mittelbetriebe» wird seit Mai 2000 in einem besonderen Kapitel der Botschaften des Bundesrates ans Parlament über die 6017

erwarteten gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen eines neuen oder zu ändernden Erlasses berichtet, und zwar nach einem 5-Punkte-Schema. Ein Handbuch für diese sog. Regulierungsfolgenabschätzung unterstützt die Fachämter, welche diese Abschätzung vorzunehmen haben. Dass hier nicht die Optik der Unternehmen dominiert, sondern eine gesamtwirtschaftliche Sichtweise eingenommen wird, macht die Tatsache deutlich, dass auch auf die sozialen und ökologischen Auswirkungen eines Rechtssetzungsvorhabens eingetreten werden soll, allerdings nur soweit sich diese Auswirkungen in ökonomischen Kategorien wie Verteilungsmassen (z.B. Gini-Koeffizient) oder Schadstoffmengen fassen lassen. Es soll angesichts der Subjektivität des Gerechtigkeitsbegriffes und der Mehrdimensionalität des Konzeptes der Nachhaltigkeit der Politik vorbehalten bleiben, aus diesen Angaben abzuleiten, was «gerecht» ist und was «nachhaltig».

Mit Blick auf den Gegenstand des vorliegenden Berichtes besonders hervorzuheben ist Prüfpunkt 5: Zweckmässigkeit im Vollzug. Nachstehend sind Prüffragen zu diesem Punkt angeführt.

Checkliste «Regulierungsfolgenabschätzung» Prüfpunkt 5: Zweckmässigkeit im Vollzug. Kontrollfragen: ­

Ist die vorgesehene Regulation im Vollzug handhabbar?

­

Sind Vereinfachungen in Betracht gezogen worden und wenn ja, welche?

­

Ist namentlich dem Prinzip der Verfahrenskoordination Rechnung getragen worden oder gibt es parallele Verfahren im Bund, aber auch in den Kantonen?

­

Könnte die Regulierung vorerst zeitlich limitiert in Kraft gesetzt werden? Ist ein Auslaufen der Regulierung vorgesehen und wenn ja, wann?

­

Findet sich der nicht besonders qualifizierte Rechtsanwender (KMU) in Gesetz und Verordnung zurecht?

­

Sind die für den Vollzug vorgesehenen Instanzen hierfür qualifiziert?

­

Ist die Einführung des neuen Erlasses vorbereitet (Informationsanstrengungen) und zweckmässig geregelt?

­

Ist die im Unternehmen für die Umstellungen auf das neue Recht benötigte Zeit berücksichtigt worden?

Gerade die Ausführungen im Botschaftskapitel zum Prüfpunkt 5 lassen sich auf Erkenntnisse abstützen, die mittels des anderen, damals neu eingeführten Instrumentes gewonnen werden, nämlich der sog. KMU-(Verträglichkeits-)Tests.

KMU-Tests fokussieren auf die Ermittlung der Zusatzinvestitionen und die Erschwerung der betrieblichen Abläufe aufgrund neuer staatlicher Regelungen. Es ergibt sich so eine Komplementarität zur Erfassung des Stundenaufwandes in der Administration, wie sie in der Erhebung des IGW von 1998 geschah (Müller [1998]), und zur Bestimmung der unternehmerischen Handlungsfreiheit, wie in den Studien von Ledergerber (1998) und Koch (2003), welche die Regulierungsdichte messen. Die betrieblichen Konsequenzen sind allerdings sehr vielfältig. Sie lassen sich nicht mittels Zeiterfassung oder durch Kategorisierung von Rechtssätzen messen. Methodologisch ist der Ansatz der KMU-Verträglichkeitstests deshalb jener von Fallstudien,

6018

mit allen Vor- und Nachteilen dieses Ansatzes hinsichtlich Anschaulichkeit einerseits und Repräsentativität anderseits. Verschiedene Hinweise in den Kapiteln 4 bis 11 werden deutlich machen, welche Erkenntnisse bislang mittels KMUVerträglichkeitstests gewonnen werden konnten. Wenn sich Unternehmen finden lassen, welche bereit sind, im Hinblick auf eine Prozessoptimierung detailliert aufzuzeichnen, welche betriebsinternen Anpassungen eine geplante rechtliche Neuregelung nach sich ziehen wird, ist dieses Instrument durchaus noch ausbaufähig, gerade auch mit Bezug auf die Optimierung administrativer Vorgänge (vgl. hierzu die Antwort des Bundesrates auf die Motion Loepfe (M 02.3676): «Massnahmen zur Bürokratiebefreiung»15).

Erkenntnisse aus den KMU-Tests werden vor allem durch das Forum KMU16, einer eidgenössischen Expertenkommission, artikuliert, und zwar im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zu den fraglichen Gesetzes- und Verordnungsrevisionen.

Dieses Gremium beurteilt den Regulierungsrahmen aus einer KMU-Optik jedoch nicht nur «de lege ferenda», sondern auch «de lege lata». Den Kommissionsmitgliedern steht es frei, behördliche Vorschriften zu thematisieren, die sie als unzweckmässig oder verbesserungsfähig erachten. Zwecks Beurteilung der bestehenden Situation im Kontakt zwischen Unternehmen und Behörden wurden auch schon KMU-Tests durchgeführt (z.B. zur Situation der KMU im öffentlichen Beschaffungswesen oder zur Belastung der KMU durch behördliche Kontrollen).

3.7

Arbeiten zur Erfüllung der Postulate 00.3595 und 00.3596 der Wirtschafts- und Abgabenkommission des Ständerates

Bei der Diskussion der beiden Berichte des Bundesrates vom 17. Februar 1999 (bundesrechtliche Bewilligungsverfahren) und 3. November 1999 (Massnahmen zur Deregulierung und administrativen Entlastung) legte die eingesetzte Subkommission der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates den Fokus sowohl auf Bewilligungsverfahren, wie auf periodisch von den Unternehmen zu erstattende Meldungen.

Sie formulierte einerseits das Postulat 00.3595: «Administrative Entlastung von Unternehmen bei den bundesrechtlichen Verfahren». Es fordert neben sechs weiteren Punkten die periodische Erarbeitung eines Regulierungsberichtes an das Parlament mit Angabe jener bundesrechtlichen Bewilligungs-, Konzessions- und Genehmigungspflichten, die beibehalten, vereinfacht, abgeschafft oder durch andere Formen staatlicher Aufsicht abgelöst werden sollen. Diesem Auftrag wird mit dem Bewilligungsbericht des Bundesrates entsprochen, der dem Parlament unmittelbar nach Unterbreitung dieses Berichtes zugeleitet werden soll.

Mit dem zweiten Postulat (P 00.3596: Administrative Entlastung von Unternehmen: Einführung eines vereinfachten Lohnabrechnungsverfahrens) griff die WAK-S einen Vorschlag auf, zu dem das Staatssekretariat für Wirtschaft 1999 ein Rechtsgutachten

15 16

Der Bundesrat hat die Umwandlung der Motion in ein Postulat beantragt.

Vgl. www.forum-kmu.ch

6019

in Auftrag gegeben hatte.17 Gegenstand des Rechtsgutachtens war die Frage, wieweit Hindernisse bestehen, die Abrechnung der einzelnen Arbeitsverhältnisse mit den verschiedenen Sozialversicherungen, aber auch mit dem Fiskus (Quellensteuern, Lohnausweise) so zu optimieren, dass sie mittels einer integrierten Lösung erfüllt werden können, die bis zum Auslösen elektronischer Zahlungsaufträge reicht. Wie diesem Postulat entsprochen werden soll, wird ein Bericht des Bundesrates zur «Administrative Entlastung von Unternehmen durch Einführung eines vereinfachten Lohnabrechnungsverfahrens» erläutern. Er soll gegen Ende 2003 vorgelegt werden (weitere Angaben unten unter Ziffer 5.3).

Auch in diesen Kontext gehört die Motion Lustenberger vom 24. März 2000 (M 00.3154: «Mehrwertsteuer. Jährliche Abrechnung»), welche den Bundesrat beauftragt, Artikel 45 des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer dahingehend zu ändern, dass Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu einer gewissen Höhe, beispielsweise 2 Millionen Franken, wahlweise eine jährliche Abrechnung der Mehrwertsteuer ermöglicht wird. Dabei sollen vierteljährliche Akontozahlungen aufgrund der Vorjahreszahlen der Unternehmung erfolgen. Gedanke ist hier, dass mehrwertsteuerpflichtige Leistungen oft erst beim Jahresabschluss zu Tage treten, welcher der Treuhänder für das KMU erstellt, dass diese Leistungen an sich aber im Quartal, in dem sie erbracht werden, abgerechnet werden müssen (Leistungen für den Eigengebrauch u.a.m.). In einem späteren Ausbauschritt soll der geänderte Abrechnungsrhythmus es gestatten, dass das Unternehmen nach Jahresabschluss in einem Zug Jahresschlussrechnungen für die Sozialversicherungen, den handelsrechtlich vorgeschriebenen Abschluss und die Deklarationen für die Mehrwertsteuer und die direkten Steuern an die Hand nehmen kann, und dies idealerweise unter nur einmaligem Beizug eines Dritten wie namentlich eines Treuhänders.

3.8

Inventur und Evaluation der bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren mit Vollzug bei den Kantonen; Inventur der durch kantonales Recht geschützten Berufe und Gewerbe

Zwecks Erstellung des Bewilligungsberichtes war die 1998 erfolgte Evaluation der bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren mit Vollzug beim Bund durch eine Untersuchung jener Bewilligungsverfahren zu ergänzen, bei denen der Vollzug an die Kantone delegiert ist. Den Bericht über bundesrechtliche Bewilligungsverfahren mit Vollzug bei den Kantonen hiess der Bundesrat am 10. April 2002 gut. Der aus dieser Evaluation hervorgegangene Massnahmenkatalog bildete die Antwort auf eine Anfrage der WAK-N. Der Bericht selbst wird in aufdatierter Form als Teil II des Bewilligungsberichtes publiziert werden.

Es lag auf der Hand, die Untersuchung der bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren mit kantonalem Vollzug durch die Erfassung der Bewilligungspflichten nach kantonalem Recht zu ergänzen. Insbesondere stand hierfür als Datengrundlage auch eine Erhebung des Integrationsbüros zu den geschützten Berufen und Gewerben vor, 17

Vgl. Thomas Gächter: Vereinfachte Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge in Privathaushalten und KMU, erschienen als Nr. 1 in der Studienreihe «Grundlagen der Wirtschaftspolitik» des Leistungsbereichs «Wirtschaftspolitische Grundlagen» des seco, Bern 2000.

6020

welche zwecks Vollzug des Personenfreizügigkeitsabkommens zusammen mit den Kantonen erstellt worden war. Teil III des in Ausarbeitung stehenden Bewilligungsberichts bringt eine Übersicht über diesen Bereich, der das eigentliche Anwendungsgebiet des 1996 in Kraft getretenen Binnenmarktgesetzes (BGBM) ist. Die Abklärungen, die parallel zur Inventur erfolgten, zielten denn auch auf die Klärung der Frage, wie die Wirksamkeit dieses Gesetzes gesteigert werden kann. Der Bericht erweitert und vertieft damit die Untersuchungen, welche die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates und die Verwaltungskontrolle des Parlamentes erstellt hatten und welche zum Auftrag führten, dass der Bundesrat Massnahmen zur besseren Wirksamkeit des BGBM dem Parlament zu unterbreiten hat.

3.9

Zusammenfassung

Die Optimierung des staatlichen Regulierungsrahmens für die Unternehmen kann sich nicht auf die Senkung administrativer Umtriebe beschränken. Unter Kostengesichtspunkten ist auch an Einschränkungen der unternehmerischen Handlungsfreiheit und an Zusatzinvestitionen oder erschwerte Abläufe im Betrieb zu denken. Diese Breite der Aufgabenstellung folgt auch aus der inhaltlichen Vielfalt der parlamentarischen Vorstösse, die 1996/97 sowohl Massnahmen zur Deregulierung, wie zur administrativen Entlastung forderten.

Seit jenem Zeitpunkt wurde durch den Bundesrat und die Bundesverwaltung das Gebiet der staatlichen Rahmenbedingungen in seiner ganzen Breite, wenn auch in unterschiedlicher Tiefe, untersucht. Einerseits wurden Bewilligungspflichten inventarisiert, anderseits der Umfang administrativer Arbeiten in den Unternehmen statistisch erfasst. Weiter wurde ein Instrument zur Messung der Regulierungsdichte entwickelt und konkret auf ausgewählte Gesetzesrevisionen angewandt. Die Erkenntnisse dieser departementsübergreifenden Abklärungen bestätigten die Ausrichtung zahlreicher in Angriff genommener Reformen und lösten neue Massnahmen zur Deregulierung und administrativen Entlastung aus. Ein Ansatz waren Reformen der Gesetze, welche hinter den häufigsten Bewilligungspflichten stehen, ein anderer Ansatz Verbesserungen bei der Abwicklung von periodisch in den Unternehmen vorkommenden Arbeiten. In allen Fällen gilt es allerdings einzuräumen, dass der Zeitraum zwischen der Inangriffnahme der Vorhaben und deren praktischer Realisierung sich in Jahren bemisst. Auf den Realisierungsstand von Vorhaben wie einem elektronischen Expertensystem zur Bestimmung des AHV-pflichtigen Lohnes, auf die Möglichkeit zur einjährigen Abrechnung der MWST oder auf die Schaffung einer zentralen Anmeldestelle für toxische und umweltgefährdende Produkte, um nur drei laufende Projekte zur administrativen Entlastung zu nennen, wird im Folgenden zurückgekommen.

Neben der Prüfung des bestehenden Rechtes und der periodisch zu erledigenden administrativen Arbeiten hat eine den Bedürfnissen der Normadressaten entgegenkommende Ausgestaltung des neu zu schaffenden Rechts erstrangige Bedeutung. Zu diesem Zweck wurden mit der Regulierungsfolgenabschätzung, den KMU-Tests und dem Forum KMU drei Instrumente geschaffen, mit denen nun schon während
vier Jahren praktische Erfahrungen gewonnen werden konnten. Sie sprechen dafür, dass mit einer möglichst frühzeitigen Durchführung der Regulierungsfolgenabschätzung dem Gesetzgebungsprozess wichtige Impulse verliehen werden können. Allein

6021

schon die Tatsache, sich über die Zahl der Normadressaten Rechenschaft geben zu müssen, löst oft schon weiterführende Überlegungen zum Fokus oder zur inhaltlichen Ausgestaltung eines neuen Erlasses aus. Die KMU-Tests gaben rund 200 besuchten Unternehmen die Gelegenheit, die Implikationen von Neuregelungen, die sie signifikant betreffen würden, einem Vertreter des Bundes am Ort und am konkreten Beispiel ihres Betriebes aufzuzeigen. Für die Fachämter wurden so politisch mitgeprägte Wertungen aus Vernehmlassungsverfahren um anschauliche Beispiele aus KMU ergänzt. Das Forum KMU vertiefte und legitimierte mit seinen Diskussionen in Anwesenheit der federführenden Ämter die Forderungen aus den KMUTests. Es ergriff auch verschiedentlich die Gelegenheit, Projekte von Behörden zu thematisieren, die erhebliche Mehrbelastungen für die Unternehmen erwarten liessen.

Heute ist wohl mit den genannten Aktivitäten das ganze Spektrum an staatlichen Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche Betätigung in der einen oder andern Weise einmal geprüft worden. Grundlegende Disfunktionalitäten im Rechtsbestand des Bundes und bei der Intervention der Behörden traten dabei keine zutage, wohl wurden aber an verschiedenen Stellen Verbesserungsmöglichkeiten aufgedeckt.

Mithin bestätigten sich die summarischen Einschätzungen zur Tätigkeit der Behörden in internationalen Unternehmerbefragungen. Hier nimmt die Schweiz immer einen vorderen Platz ein, sie ist aber nicht unbedingt auf Rang 1. Im Sinne eines «benchmarking» gilt es, das unzweifelhaft noch vorhandene Verbesserungspotenzial im Wirken der Behörden zu erkennen und mit geeigneten Massnahmen zu erschliessen. Dieses Ziel verfolgt der zweite Teil dieses Berichtes.

6022

Teil II: Administrative Arbeiten nach Aufgabengebieten In diesem Teil erfolgt eine systematische Prüfung aller Arten von administrativen Arbeiten, die gestützt auf Vorgaben des Rechts und der Behörden in den Unternehmen vorzunehmen sind. Dabei wird auf Situationen eingegangen, die in den Unternehmen einmalig oder nur sporadisch auftreten (Gründung, Inanspruchnahme von Fördermittel, Bauvorhaben, Auslandexpansion, Unternehmensumstrukturierung und Verkauf). Insbesondere werden jedoch jene Arbeiten näher angesehen, die periodisch wiederkehrend in den Unternehmen zu leisten sind, und die deshalb den Hauptanteil der administrativen Aufwendungen ausmachen. Es sind dies der Verkehr mit den Sozialversicherungen und Steuern, die Führung der handelsrechtlich vorgeschriebenen Bücher, die arbeits- und fremdenrechtlichen Bestimmungen, die amtliche Statistik und schliesslich ein weites Feld von oftmals branchenspezifischen Auflagen, die bei der Produktion von Gütern und der Erbringung von Dienstleistungen einzuhalten sind und die Administrativaufwand in Form von Aufzeichnungspflichten, Meldepflichten, Bewilligungspflichten u.ä.m. auslösen. Referenz für die Gewichtung dieser Themen ist die Erhebung des Instituts für gewerbliche Wirtschaft der Universität St.Gallen (Müller [1998]) zu den Stundenaufwendungen der Unternehmen für administrative Arbeiten (vgl. oben Tabelle I und Grafik I). Anders als in Kapitel 3, das über die vorliegenden Untersuchungen berichtet, liegt der Fokus in den nachfolgenden Kapiteln 4­11 bei der Frage, wo eingeleitete Massnahmen stehen und wo sich neue Massnahmen ergreifen lassen.

4

Administrative Arbeiten bei der Gründung eines Unternehmens

4.1

Ergebnisse einer Internet-Umfrage des seco

Umfragen des seco im Frühjahr 200018 und Herbst 200219 zeigen, dass die hauptsächlichen Probleme, welche die Unternehmen in der Gründungsphase kennen, im Verstehen der administrativen Verfahren, in der Zuteilung einer Mehrwertsteuernummer und in der Anerkennung einer selbständigen Erwerbstätigkeit durch die Sozialversicherungen liegen.

Die Durchführung der Umfrage erfolgte schon im Jahr 2000 via Internet. Wie im Punkt 3 des einleitend erwähnten, noch hängigen Vorstosses der CVP-Fraktion (M 02.3669) gefordert, wurden somit schon vor drei Jahren die Mittel der neuen Kommunikationstechnologien für die Informationsbeschaffung und -verarbeitung genutzt.

18

19

Vgl. Beat Schillig, Stefan Hügli: Verloren im Behördendschungel? ­ Internet-Umfrage zur Gründungsadministration bei 278 Jungunternehmen, Die Volkswirtschaft 7/2000, Bern (seco).

Vgl. Dr. Pascal Sieber &Partners AG: Gründerumfrage 2002 bei Jungunternehmen, Bern, 2002.

6023

4.2

Bericht des Bundesrates über die Förderung von Unternehmensgründungen

Abgestützt auf die Ergebnisse der Internetumfrage des seco nahm sich der Bundesrat in seinem Bericht über die Förderung von Unternehmensgründungen (BBl 2000 5547) auch der Formalitäten am Beginn eines unternehmerischen Vorhabens an. Er erteilte im September 2000 den Auftrag, ein Basisformular zur Erfassung von Daten durch Verwaltungsstellen bei der Gründung von Unternehmen sowie eine einheitliche Identifikationsnummer für Unternehmen einzuführen.

­

Bereits realisiert ist ein virtueller Schalter im Internet für die Gründung von Unternehmen. Für diese Arbeiten war im Rahmen der Massnahmen zu E-Government ein entsprechender Kredit gesprochen worden. Der seit Dezember 2001 bestehende virtuelle Schalter www.kmuinfo.ch/ www.pmeinfo.ch/ www.pmiinfo.ch behandelt mittels illustrativer Beispiele Aspekte von der Unternehmensgründung bis zur Unternehmensauflösung und verringert so den Aufwand für Unternehmensgründerinnen und -gründer, sich mit den einschlägigen rechtlichen Auflagen und Möglichkeiten vertraut zu machen, ganz wesentlich.

­

Als nächster Schritt in diesem Projekt ist die Einführung elektronischer Transaktionen geplant. An der Bereitstellung des geplanten Basisformulars für Unternehmensgründungen arbeitet eine interdepartementale Arbeitsgruppe für die Gründungsadministration, in der alle Behörden vertreten sind, die ein neu gegründetes Unternehmen erfassen müssen (BFS; BJ, ESTV, BSV, IGE sowie eine kantonale Steuerverwaltung). Pilotanwendungen werden ab 2003 möglich sein. Für die vollständige elektronische Anmeldung gilt es die Einführung der elektronischen Unterschrift abzuwarten.

­

Was schliesslich die einheitliche Identifikationsnummer für Unternehmen anbetrifft, so hat das Parlament im Rahmen der Beratungen zum Fusionsgesetz der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Handelsregisteridentifikationsnummern bereits zugestimmt und dem Bundesrat die Ausführungskompetenz eingeräumt. Die Frage, ob die Bestimmungen des zukünftigen Fusionsgesetzes genügen oder erweitert werden müssen, und ob noch weitere Erlasse anzupassen sind, ist Gegenstand eines angelaufenen Rechtssetzungsverfahrens unter der Federführung des seco sowie unter Mitwirkung und mit Unterstützung des BJ.

Insgesamt wird mit den geschilderten Massnahmen den Forderungen in den Punkten 2 und 3 des unter 1.1. genannten Vorstosses der CVP-Fraktion vom 2.12.2002 (Unterbreitung der nötigen Gesetzesänderungen, volle Nutzung der Möglichkeiten der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien) im spezifischen Bereich der Unternehmensgründung voll entsprochen.

4.3

Rolle von Gründungszentren, «Business Start Up»-Einrichtungen u.ä.m.

Die Kosten in der Administration kennen mit wachsender Betriebsgrösse einen ausgeprägt degressiven Verlauf. Ist gemäss der Untersuchung des IGW (Müller 1998) im Bereich der Mikrounternehmen mit 1­9 Beschäftigten für behördlich vorge6024

schriebene administrative Arbeiten mit Kosten je Mitarbeiter von 4000 bis 5000 Franken zu rechnen, sinkt dieser Aufwand bei einer Betriebsgrösse von 10­50 Beschäftigten auf 1000 bis 2000 Franken. In noch grösseren Unternehmen sind Werte unter 1000 Franken möglich, soweit nicht die nötig werdende interne Berichterstattung diese Skalenvorteile wieder zum Verschwinden bringt.

Gerade die starke Kostendegression zwischen Kleinst- und Kleinunternehmen zeigt, dass es bereits auf einer rein privatwirtschaftlichen Basis eine Grundlage für den Aufbau von Gründerzentren gibt, welche die Unternehmen im Administrativbereich entlasten. Dabei geht es nicht nur um die rationelle Abwicklung des Verkehrs mit den Behörden. Gründerzentren gehen insofern über das für den Behördenverkehr auch sehr wichtige Angebot der Treuhänder hinaus, als sie auch den Empfang von Kunden, die Besetzung des Telefons während Abwesenheiten, und die gemeinsame Nutzung normalerweise schlecht ausgelasteter Infrastruktur wie Sitzungsräumen u.ä.m. anbieten. Die Möglichkeiten, mittels privater Initiative die administrativen Belastungen tief zu halten, dürfen jedenfalls nicht unterschätzt werden; sie dispensieren den Staat aber nicht davon, seine Auflagen so auszugestalten, dass die Unternehmen sie mit möglichst geringem Aufwand erfüllen können, denn die Breite des Spektrums staatlicher Auflagen ist beeindruckend und fordert die Unternehmensleitungen heute schon in vollem Mass, wie die folgenden Kapitel zeigen.

Sich in diesem weiten Gebiet staatlicher Auflagen zurecht zu finden, ist für ansiedlungswillige ausländische Unternehmen besonders schwierig. Sie finden jedoch in den kantonalen Wirtschaftsförderungsstellen eine Vermittlerin zwischen Unternehmen und Behörden. Unterstützt werden Kantone und ausländische Unternehmen durch die Initiative des Bundes «Standort Schweiz».

5

Erleichterungen im Verkehr mit den Sozialversicherungen

5.1

Herausgabe eines «Ratgeber für KMU»

Wie im Zwischenbericht des Bundesrates zur administrativen Entlastung vom 22. Januar 1997 angekündigt, sollte eine Informationsbroschüre herausgegeben werden, welche simultan über die verschiedenen Sozialversicherungen orientiert.20 Dies geschah im Jahr 2000 zum ersten Mal. Im April 2003 ist die dritte, aktualisierte Auflage dieser Broschüre erschienen, die auch wesentlich den Internetauftritt des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) gestalten half.

Ein wesentlicher Aspekt der Broschüre ist, dass die Präsentation nicht nur nach Institutionen, d.h. den 11 verschiedenen Sozialwerken, gegliedert ist. Es erfolgt auch eine ereignisorientierte Darstellung, d.h. es wird aufgezeigt, was im Rahmen welcher Sozialversicherungen bei Veränderungen im Anstellungsverhältnis mit einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin zu tun. Die Komplexität des Rechts ergibt sich ja gerade durch den Umstand, dass Behörden und Gesetzgeber institutionenbezogen denken und legiferieren. Die rechtlichen Auflagen, die bei der Anstellung eines neu20

Die Aufgaben des an gleicher Stelle angekündigten Sozialversicherungsforums für KMU werden heute durch das Forum KMU wahrgenommen (vgl. oben unter 3.6.), das sich zumindest an einer seiner vier Sitzungen pro Jahr einem Thema aus dem Gebiet der Sozialversicherungen annimmt.

6025

en ausländischen Mitarbeiters einzuhalten sind, ergeben sich so rasch einmal aus einem halben Dutzend verschiedener Gesetze aus unterschiedlichsten Rechtsbereichen (Ausländergesetzgebung, Quellensteuern, private Taggeldversicherung, mehrere bundesstaatliche Sozialversicherungen, kantonale Familienausgleichskassen u.a.m.).

Die Integration der Auflagen nehmen nicht die Behörden vor, sie obliegt dem einzelnen Unternehmen, das nicht immer darauf zählen kann, dabei von einem leistungsfähigen Verband unterstützt zu werden. Lösungen möglichst aus einer Hand anbieten zu können, ist denn auch der Leitgedanke des nachstehend diskutierten Ansatzes zur administrativen Entlastung.

5.2

Schaffung eines Lohngutschriftverfahrens?

Inspiriert von Lösungen, wie sie in Frankreich und (eingeschränkt) in Deutschland entwickelt worden waren, kündigte der Zwischenbericht des Bundesrates zur administrativen Entlastung an, dass eine Abrechnungsmöglichkeit mit den Sozialversicherungen im Rahmen eines sog Lohngutschriftverfahrens geprüft werden sollte.

Zu diesem Zweck wurde einerseits ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben,21 anderseits wurden betriebswirtschaftliche Abklärungen vorgenommen.22 Dabei wurden zwei Lösungen näher geprüft: Einerseits wurde untersucht, ob eine Checklösung nach französischem Vorbild die Barrieren abbauen kann, die bei Arbeitsverhältnissen mit beschränkter Stundenzahl oder Dauer einer korrekten Anmeldung des Arbeitnehmers und Abrechnung des Lohnes mit den Sozialversicherungen entgegenstehen können, mit der Folge, dass sporadische Beschäftigungsmöglichkeiten nicht angeboten werden oder einfach «schwarz» gearbeitet wird. Anderseits wurde geprüft, ob den kleinen und mittleren Unternehmen eine elektronische Abrechnungsmöglichkeit mit den Sozialversicherungen aus einer Hand angeboten werden kann.

Die Realisierung eines vereinfachten Abrechnungsverfahrens analog der französischen Checklösung für Sozialversicherungsbeiträge und Steuern steht im Rahmen der Bestrebungen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Als Nutzer des geplanten Angebotes werden vor allem private Haushalte anvisiert. Aber auch für Unternehmen, die Personen befristet oder mit kleinen Lohnsummen beschäftigen, kann die Lösung interessant sein. Kerngedanke dieses Ansatzes ist, dass der Arbeitgeber seine Angestellten mit einer einzigen Meldung bei den Sozialversicherungen und den Steuern anmeldet. Die Ausgleichskasse erhebt ausser den Unfallversicherungsprämien sämtliche Beiträge und Steuern. Da nur kleinere Tätigkeiten anvisiert werden, bleibt die berufliche Vorsorge dabei ausgeschlossen. In der Botschaft zum Bundesgesetz über die Bekämpfung der Schwarzarbeit vom 16. Januar 2002 werden zwei verschiedene Varianten vorgeschlagen: Eine Checklösung und eine vereinfachte Beitragsabrechnung im Rahmen des bestehenden Systems. Die WAK-N hat sich bereits für die zweite Variante ausgesprochen. Der Nationalrat wird das Schwarzarbeitgesetz als 21

22

Vgl. Thomas Gächter: Vereinfachte Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge in Privathaushalten und KMU: Geltendes Recht und nötige Normanpassungen für ein Beitrags- und Lohngutschriftsverfahren, Rechtsgutachten im Auftrag des Staatssekretariates für Wirtschaft, Nr. 1 in der Studienreihe «Grundlagen der Wirtschaftspolitik» des Leistungsbereichs ,Wirtschaftspolitische Grundlagen', seco, Bern, 2000.

Vgl. Ernst and Young: Consulting AG: Faisbalilité d'un «chèque-service», rapport final, mimeo, Bern (Bundesamt für Sozialversicherungen), 2000.

6026

erste Kammer voraussichtlich im Sommer 2003 beraten. Die praktische Realisierung eine vereinfachten Abrechnungsmöglichkeit für geringfügige Arbeitsverhältnisse kann per 1. Januar 2005 erwartet werden.

Bei der Umsetzung der Idee eines Lohngutschriftverfahrens, d.h. einer Lösung, die alle Lohnzahlungen unterstützen soll, indem den KMU eine elektronische Abrechnungsmöglichkeit im Sozialversicherungsbereich zur Verfügung gestellt wird, bildeten rechtliche Abklärungen den Ausgangspunkt. Grundsätzlich ist es nämlich mindestens so sehr Aufgabe des privaten Sektors, wie des Staates, rationelle administrative Lösungen für die Erfüllung der behördlichen Auflagen zu finden. Das geltende Recht kann allerdings das Rationalisierungspotential unnötig einschränken.

Das Rechtsgutachten klärte deshalb, welche Aufgaben von welchen Sozialversicherungsträgern übernommen werden können und wieweit ein KMU solche Aufgaben unabhängigen Dritten übertragen kann. Aus diesem Rechtsgutachten und weiteren vom seco vorgenommenen Abklärungen resultierten vier Forderungen: Weitere Vereinfachungen beim Lohnbegriff (z.B. möglichst einheitliche Behandlung von Ersatzeinkommen in der AHV), Infragestellung des Monopols der SUVA beim Inkasso von Unfallversicherungsbeiträgen, Ermächtigung der Ausgleichskassen, für die angeschlossenen Unternehmen die Quellensteuerabzüge zu berechnen, Schaffung eines elektronischen Expertensystems zur Bestimmung der AHV-pflichtigen Leistungen und der entsprechenden Lohnabzüge. Das Postulat 00.3596 der WAK-S griff diese Punkte in allgemeiner Form auf.

5.3

Geplanter Bericht des Bundesrates über die Einführung eines vereinfachten Lohnabrechnungsverfahrens

Im Bericht des Bundesrates über die administrative Entlastung von Unternehmen durch Einführung eines vereinfachten Lohnabrechnungsverfahrens werden verschiedene Möglichkeiten zur Optimierung der Durchführung der Sozialversicherungen geprüft werden: ­

Vereinheitlichungen des beitragspflichtigen Einkommens zwischen den Sozialversicherungen bleiben aus administrativen Gründen erstrebenswert.

Wie bereits die Beratungen zum allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts gezeigt haben, kann eine Vereinfachung des gesetzlichen Regelungsgefüges jedoch auf grosse politische Hürden stossen, sobald in spürbarem Ausmass Finanzierungslasten verschoben und Leistungsansprüche tangiert werden.

­

Auf prozeduraler Ebene darf festgehalten werden, dass bereits heute den Unternehmen für die Administration mit den Sozialversicherungen von verschiedenen Verbänden umfassende Dienstleistungen aus einer Hand angeboten werden. Auf dem Weg zu Abrechnungsmöglichkeiten für möglichst alle Sozialversicherungen und die Quellensteuern in den gleichen Perioden, nach den gleichen Regeln und an Hand der gleichen Unterlagen wie für die AHV bestehen allerdings noch vereinzelte rechtliche Hindernisse, die abgebaut werden sollen.

­

Administrativ entlastend kann in der heutigen Ausgangslage vor allem der rasche und einfache Zugang zu präziser Information wirken. Ein elektroni6027

sches Expertensystem sollte die Unternehmen bei der Bestimmung des AHV-pflichtigen Lohnes mit gezielten Fragen leiten und auf abweichende Lohnbegriffe bei den andern Sozialwerken und den Steuern hinweisen. In Verbindung mit betriebseigener Software sollte es im Endausbau die Auslösung elektronischer Zahlungsaufträge gestatten. Seine Installation und sein Betrieb setzen allerdings erhebliche Investitionen voraus. Zur Förderung der Entwicklung eines derartigen Systems müssen die verschiedenen Sozialversicherungen virtuelle Schalter anbieten, welche mit den EDV-Lösungen privater externer Systemanbieter verbunden werden können. Nur so ist es den privaten Anbietern möglich, das Risiko der hohen Investitionen einzugehen.

Im Rahmen seiner Kompetenz auf Grund von Artikel 95 Absatz 1bis AHVG wird der Bundesrat noch dieses Jahr einen Betrag aus den Mitteln des Ausgleichsfonds der AHV festlegen, mit welchem ein virtueller Schalter AHV/IV unterstützt werden kann. Voraussetzung dafür ist ein Detailkonzept mit einer schlüssigen Finanzierungs- und Realisierungsplanung.

Das Postulat 00.3596 der WAK-S wird im vierten Quartal 2003 beantwortet.

Eine Befreiung sehr tiefer Einkommen von der Beitragspflicht wird als Massnahme zur administrativen Entlastung im Rahmen der 11. AHV-Revision realisiert. Gemäss Nationalrat soll die Grenze des Freibetrags im Bereich der maximalen Altersrente der AHV liegen23. Eine weitergehende Befreiung wird vom Bundesrat aus sozialen Gründen abgelehnt.

5.4

Revision der Beitragszahlungen beim Arbeitgeber

Den Gedanken einer besseren Koordination bei der Erhebung von Sozialversicherungsabgaben weiterführend, könnte das Inkasso der SUVA-Prämien bei den unterstellten Betrieben systematisch über die AHV-Ausgleichskassen geschehen, parallel dazu könnte die Revision der AHV-Beitragszahlungen mit den entsprechenden SUVA-Revisionen zusammengelegt und beispielsweise nur noch von den Organen der SUVA vorgenommen werden. Wie vom Bundesrat in seiner Antwort auf die Motion Loepfe (M 02.3676) in Aussicht gestellt, sollen mittels einer Prozessanalyse die Einsparungsmöglichkeiten bei Unternehmen und Behörden sowie andere Vorund Nachteile einer engeren Koordination von AHV und SUVA erhoben werden.

5.5

Informatiklösungen und Angebote der SUVA

Mit Blick auf Punkt 3 der unter 1.1. erwähnten pendenten CVP-Motion ist schliesslich auf bereits vorhandene oder weitere, im Aufbau begriffene Lösungen für den elektronischen Geschäftsverkehr mit den Sozialversicherungen zu verweisen.

Bereits heute können die Betriebe ihre Lohndeklaration und auch die Zahltagsabrechnungen wesentlich vereinfachen, wenn sie durch ein Lohnprogramm unterstützt sind, welches die beitragspflichtigen Löhne für die AHV, die ALV und für die SUVA richtig berechnet. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn das Lohnprogramm SUVA-geprüft ist. Die SUVA berät die Programmhersteller aufgrund ver23

Stand 2001: 2060 Franken monatlich.

6028

bindlicher Richtlinien für die SUVA und AHV und testet das Programm mit den meisten vorkommenden Fällen; bei erfolgreicher Prüfung erhält der Programmhersteller eine schriftliche Bestätigung. Für eine einfache Lohnerfassung stellt die SUVA zudem das Programm Digilohn2 zur Verfügung.

Bereits seit 3 Jahren offeriert die SUVA den Betrieben die Möglichkeit, die Lohnerklärung via Internet zu übermitteln. Auch besteht seit ca. einem Jahr eine Projektgruppe AHV/SUVA (e-AHV), welche Lösungen für ein einheitliches vereinfachtes Lohnmeldeverfahren (ELM) erarbeitet. Der Betrieb sollte insbesondere über sein Lohnprogramm die Lohnsummen via Internet an beide Sozialversicherungen melden können.

Schliesslich bietet die SUVA schon seit mehreren Jahren Softwarelösungen an, welche die Abwicklungen einzelner Versicherungsfälle unterstützen. Gemäss den Erhebungen des IGW (Müller [1998]) nehmen diese Fälle ähnlich viel Zeit in Anspruch wie die laufenden Zahlungen und die Jahresschlussrechnungen. Einschlägige Information für deren Bewältigung soll ­ wie dargelegt ­ der Ratgeber für KMU bereitstellen. Die konkrete Abwicklung wird unterstützt, wenn die Meldung des Versicherungsfalles ­ wie bei der SUVA ­ online eingereicht oder mittels eines gratis abgegebenen Softwareprogrammes erstellt werden kann.

6

Verbesserungen im Verkehr mit den Steuerbehörden

Hauptursache für die administrativen Belastungen im Verkehr mit den Steuerbehörden ist die Vielfalt der Abgaben mit meist sehr differenzierten gesetzlichen Vorschriften. Diese sind in den letzten Jahren meist nicht einfacher, sondern oftmals komplizierter geworden. Hand in Hand hat der Aufwand für die Unternehmen zur Umsetzung dieser Vorschriften zugenommen. Immerhin gab es auch einige Ausnahmen von dieser Grundtendenz. Dazu gehört die Unternehmenssteuerreform 1997, mit welcher die Kapitalsteuer für juristische Personen bei der direkten Bundessteuer entfallen ist. Administrative Entlastung bringt auch der mit dem Änderungsprotokoll zum schweizerisch-deutschen Doppelbesteuerungs-Abkommen in die Wege geleitete Übergang vom Rückerstattungsverfahren zum wesentlich einfacheren Verfahren der Entlastung an der Quelle (von Steuern auf Dividenden und Zinsen).

Wie bereits ausgeführt, setzt sich die Tendenz zur Komplizierung fort, wobei insbesondere die politischen Anliegen für Änderungen im Mehrwertsteuerbereich die Ursache sind. Die vielen, häufig in Form von parlamentarischen Initiativen vorgebrachten Forderungen betreffen bloss punktuelle Fragen. Sie komplizieren aber das Regelwerk und machen in den Betrieben administrativ aufwändige Ausscheidungen nötig. Denn zumeist werden entweder Ausnahmen von der Mehrwertsteuer gewünscht oder dann soll für einzelne Branchen oder Umsätze ein reduzierter Satz eingeführt werden.

Angesichts dieser Entwicklungen sind Vereinfachungen schwierig durchzusetzen.

Die Steuerbehörden der Kantone und des Bundes suchen aber ­ dies schon im eigenen Interesse ­ ständig nach Vereinfachungen. Die Hauptanstrengung geht hauptsächlich dahin, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu unterstützen. So sind vor allem die elektronischen Informationen in den letzten Jahren im Umfang ausgebaut und benutzerfreundlicher ausgestaltet worden. Namentlich sind auch elektronische 6029

Ausfüllhilfen für Formulare geschaffen worden (vgl. die Suche mittels Valorennummer in der im Internet verfügbaren Kursliste für das Vermögenssteuerverzeichnis). Weiter hat die Standardisierung der Formulare Fortschritte gemacht. Wo dies nicht notwendig ist, wird auf die automatische Einforderung von Belegen verzichtet.

Die formelle Steuerharmonisierung erleichtert die Arbeit jener Steuerzahler, die in mehreren Kantonen tätig sind. Die Weiterentwicklung der formellen Steuerharmonisierung kann zusätzliche administrative Entlastungen ermöglichen, und sei dies nur dadurch, dass weitere Formulare einheitlich gestaltet werden können, wie dies bislang schon bei den Lohnausweisen der Fall war.

6.1

Mitwirkung bei der Steuerveranlagung der Mitarbeiter

Durch die Steuergesetzgebung sind die Unternehmen gehalten, auch bei der Veranlagung ihrer Beschäftigten mitzuwirken. Einerseits ist dies bei quellensteuerpflichtigen Ausländern der Fall, anderseits haben sie den Beschäftigten Lohnausweise auszustellen.

In Sachen Quellensteuern haben die Analysen zum Lohngutschriftverfahren gezeigt, dass es sehr wünschenswert wäre, wenn die Unternehmen bei diesen Arbeiten durch ein Expertensystem unterstützt würden. Der Kauf des Zusatzmoduls «Quellensteuern» bei einem sehr weit verbreiteten Lohnbuchhaltungsprogramm ist nämlich auf den einzelnen beschäftigten Ausländer umgelegt sehr teuer und lohnt sich nur für grosse Betriebe. Die durchzuarbeitenden Unterlagen sind auch dann noch umfangreich. Parallel dazu wurde festgestellt, dass die meisten AHV-Ausgleichskassen schon heute in der Lage sind, die Quellensteuerabzüge zu berechnen, weil sie dies bei IV-Rentenzahlungen an Versicherte tun müssen. Nur können sie aus rechtlichen Gründen diese Aufgabe nicht für angeschlossene Unternehmen übernehmen, denn wenn sie es täten, würden sich Fragen bzgl. Haftung und Fakturierung des Aufwandes stellen. Um diesen Problemen zu begegnen, sieht der Bundesrat vor, dem Parlament Antrag zu stellen, die AHV-Ausgleichskassen zu ermächtigen, Quellensteuerabzüge für die angeschlossenen Unternehmen zu berechnen. Parallel dazu wird zu regeln sein, wie sie von den angeschlossenen Unternehmen dafür entschädigt werden, namentlich wenn damit ein Haftungsübergang verbunden sein sollte.

Die Alternative besteht in der Programmierung eines Ergänzungsmoduls «Quellensteuern» zum geplanten Expertensystem für die Bestimmung des AHV-pflichtigen Lohnes. Nicht jede Mutation bei den Quellensteuern löst nämlich eine Mutation beim Lohn aus und ist deshalb bei den Ausgleichskassen festzustellen. Die Abwicklung der Quellensteuern über die Ausgleichskassen soll deshalb nicht vorgeschrieben werden, sondern eine Angebotsmöglichkeit bleiben, mittels der sich Ausgleichskassen bei den Unternehmen profilieren können. Die Ermächtigung der AHV-Ausgleichskassen zur Vornahme von Quellensteuerabzügen und die Realisierung eines Moduls «Quellensteuern» im Expertensystem für die Lohnadministration schliessen sich folglich auch nicht aus.

Eine noch laufende Kontroverse löste das von der Schweizerischen Steuerkonferenz
ausgelöste Projekt eines neuen Lohnausweises aus. Nationalrat Kurrus forderte am 3. Oktober 2002 den Bundesrat in einer Motion (M 02.3584: Mitwirkungspflicht der Arbeitgeber beim Lohnausweis) auf, dem Parlament umgehend eine Präzisierung 6030

des Gesetzes über die direkte Bundessteuer vorzulegen, nach welcher die Mitwirkungspflicht der Arbeitgeber (Art. 127 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer) sich auf die Bekanntgabe des Lohnes für Arbeitsleistungen (Barlohn und Naturallohn) beschränkt. Nach dem Motionär geht es beim Projekt der Steuerkonferenz nicht mehr darum, den Lohn so festzuhalten, wie die AHV und die Pensionskasse dies auch erfordern. Die bisherige Mitwirkungspflicht werde ausgeweitet auf eine eigentliche Mitdeklaration des Arbeitgebers. Dies bedeute eine Abkehr vom bisherigen System und belaste die Arbeitgeber, insbesondere die KMU, mit erheblichem Mehraufwand.

In seiner Antwort hielt der Bundesrat fest, dass bereits nach geltendem Recht bei unselbstständiger Erwerbstätigkeit alle aus dem Arbeitsverhältnis fliessenden Einkünfte steuerbar sind, mit Einschluss der Nebeneinkünfte wie Entschädigungen für Sonderleistungen, Provisionen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke, Gratifikationen, Trinkgelder, Tantiemen und andere geldwerte Vorteile (Art. 17 Abs. 1 DBG) und dass der Lohnausweis sämtliche Leistungen des Arbeitgebers an die Arbeitnehmenden zu enthalten hat, ohne Rücksicht auf die Bezeichnung, unter der sie ausgerichtet werden (insbesondere Lohn; Zulagen; Gratifikation; Gehaltsnebenleistungen, so genannte «fringe benefits»; Spesenvergütungen). Die seit einigen Jahren vermehrt festgestellte Ausrichtung von Naturalleistungen und Lohnnebenleistungen aller Art hätten nun die Steuerbehörden veranlasst, im neuen Lohnausweis im Interesse einer gesetzeskonformen Besteuerung gezielt nach derartigen, im Einzelfall oft gewichtigen Leistungen zu fragen. Die Steuerbehörden seien sich bewusst, dass der Übergang zu einem gesamtschweizerisch einheitlichen Lohnausweis den Arbeitgebern Kosten im EDV-Bereich verursacht. Der von der Eidgenössischen Steuerverwaltung vertriebene so genannte EDV-Lohnausweis sei jedoch seit 1987 unverändert geblieben. Die bei den Wirtschaftsverbänden durchgeführte Vernehmlassung und die anschliessenden Besprechungen hätten die Steuerbehörden veranlasst, am Formularentwurf und den zugehörigen Vorschriften noch einige Vereinfachungen vorzunehmen. Zudem wurde zwischen den Steuerbehörden und den Wirtschaftsverbänden vereinbart, die Detailregelungen im Bereich der Gehaltsnebenleistungen gemeinsam
zu erarbeiten. Ferner wurde die ursprünglich auf den 1. Januar 2003 vorgesehene Einführung des neuen Lohnausweises um ein Jahr verschoben und den Arbeitgebern ausserdem die Möglichkeit eingeräumt, noch die Löhne des Jahres 2004 auf den alten Formularen zu bescheinigen. Zum Vorschlag des Motionärs, im Lohnausweis nur noch den Bar- und Naturallohn anzugeben, führte der Bundesrat aus, dies wäre keine Erleichterung, weil die neu im Lohnausweis nicht mehr aufgeführten Leistungen dann von den Arbeitnehmenden selber zu beziffern wären. Zudem würde eine genaue Definition des Begriffes Naturallohn und dessen Abgrenzung von anderen Naturalleistungen und geldwerten Vorteilen erforderlich.

Der Hinweis in der Begründung der Motion, wonach der Arbeitgeber bereits den AHV-pflichtigen Lohn zu bestimmen habe, verdient allerdings Beachtung, denn Synergiepotenziale zwischen Abgabenregelungen zu nutzen, ist im Interesse der administrativen Belastung wichtig. Da der AHV-pflichtige Lohn im Sozialversicherungsbereich, wo der Arbeitgeber verantwortlich ist, die zentrale Referenzgrösse ist, sollen sich die Steuerbehörden, wenn sie den Arbeitgeber bei der Veranlagung der Mitarbeiter einschalten, an den beim Arbeitgeber bereits vorhandenen Daten orientieren. Es soll folglich am Fiskus liegen, laufend zu dokumentieren, in welcher Weise der Lohnbegriff der Einkommenssteuern vom AHV-pflichtigen Einkommen abweicht, und ob nicht eine Harmonisierung angezeigt wäre. Dies ergibt sich auch, 6031

weil im Zeichen der formellen Steuerharmonisierung kantonal möglicherweise divergierende Bestimmungen relativ zu einer bundesweit geltenden Norm offengelegt werden müssen, und hierfür bietet sich der AHV-pflichtige Lohn aus den genannten Gründen an. Der Bundesrat hat deshalb den Auftrag erteilt, das elektronische Expertensystem, das zur Bestimmung des AHV-pflichtigen Lohnes und der Sozialversicherungsabzüge im Aufbau begriffen ist (vgl. oben Punkt 5.3), um ein Modul zu ergänzen, in dem alle Abweichungen zwischen dem Lohnbegriff der AHV und dem Einkommensbegriff der direkten Steuern dokumentiert sind. Differenzen bestehen etwa wegen der Nicht-Erfassung der Familienzulagen durch die AHV. Gleichzeitig soll dieses Modul die Erstellung des neuen einheitlichen Lohnausweises gestatten.

Auf kantonale Besonderheiten wird ggf. in einem zweiten Schritt einzugehen sein.

6.2

Veranlagung der direkten Steuern von Bund und Kantonen

Bei der Veranlagung der direkten Steuern ­ einer gemeinsamen Domäne von Bund und Kantonen ­ kann positiv hervorgehoben werden, dass nach einem Projekt, das unter wesentlicher Mitarbeit der kantonalen Finanzdirektionen vorangetrieben worden war, dem Parlament mit Datum vom 24. Mai 2000 eine Botschaft zur Koordination und Vereinfachung der Veranlagungsverfahren für die direkten Steuern im interkantonalen Verhältnis (BBl 2000 3898) unterbreitet werden konnte. Die am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Vorlage löste die folgenden Rechtsänderungen aus: Die Neufassung von Artikel 68 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) und von Artikel 30 des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer (VStG) machten es möglich, die Kompetenz zur Erhebung der direkten Steuern des Bundes und der Kantone für eine ganze Steuerperiode einer einzigen kantonalen Behörde zu übertragen; die gleiche Behörde wird auch zuständig sein für die Rückerstattung der in dieser Periode einbehaltenen Verrechnungssteuer. In Fällen, in denen eine steuerpflichtige Person während der Steuerperiode ihren Wohnsitz innerhalb der Schweiz wechselt, werden als Vereinfachungsmassnahme die kantonalen Steuern nur in jenem Kanton erfasst werden, in dem die Person am Ende der Steuerperiode ihren Wohnsitz hat, und zwar nach dem System der einjährigen Postnumerandobesteuerung. Eine bessere Koordination der eidgenössischen und der kantonalen Bestimmungen wird auch bezüglich der direkten Steuern der juristischen Personen sichergestellt, insbesondere für die Fälle einer Sitzverlegung innerhalb der Schweiz, und zwar durch die Revision von Artikel 22 StHG. Bei Steuerpflichtigen, die mehreren kantonalen Steuerhoheiten unterworfen sind, drängen sich Vereinfachungen vor allem dort auf, wo eine natürliche oder juristische Person ein Spezialsteuerdomizil ausserhalb ihres Wohnsitzoder Sitzkantons begründet oder aufhebt. Diesen Bedürfnissen trägt neben einer Änderung des Artikels 22 eine solche des Artikels 68 StHG Rechnung. Die Harmonisierung der direkten Steuern hat auch zum Ziel, die interkantonale Mobilität der Unternehmungen (Personenunternehmungen, einschliesslich der Einzelunternehmungen, wie auch juristische Personen) zu vereinfachen. Eine Änderung der persönlichen Zugehörigkeit (Sitzverlegung des Unternehmens)
soll die interkantonale Übertragung von Verlustvorträgen nicht mehr behindern.

Mit Blick auf Punkt 3 des unter 1.1. erwähnten, noch hängigen CVP-Vorstosses ist weiter positiv hervorzuheben, dass heute in 19 Kantonen die Steuererklärungen mit 6032

den Mitteln der EDV erstellt werden können. Im Kanton Bern nutzte rund ein Drittel der Steuerpflichtigen dieses Angebot. Die meisten Steuerpflichtigen zogen es dabei vor, das Programm herunterzuladen oder über eine CD zu installieren, statt die Erklärung «online» auszufüllen.

In den Erhebungen des IGW zu den administrativen Aufwendungen in den KMU fällt der Archivierungsaufwand mit einer recht hohen Stundenzahl auf. Fragt man sich, wer diese Angaben nutzt, darf man bei der Raschlebigkeit des heutigen Geschäftsverkehrs vermuten, dass dies vor allem der Fiskus ist. Gerade angesichts der nicht immer sehr einfachen Verhältnisse in den Unternehmen geht es immer wieder bis zu einem halben Jahrzehnt, bis eine definitive Veranlagung vorliegt. Will man eine Senkung des Aufwandes in diesem Bereich, liegt der Schlüssel nicht in der Verkürzung der Frist, die das Handelsrecht für die Aufbewahrung der Geschäftsunterlagen vorschreibt. Das Ziel der zuständigen kantonalen Veranlagungsbehörden sollte sein, dass weniger Zeit in die Rekonstruktion vergangener Geschäftsvorfälle gesteckt werden muss, denn nach 3 bis 4 Jahren ist das Erinnerungsvermögen nicht mehr voll da und die Rekonstruktion aufgrund von Unterlagen vergangener Geschäftsjahre oft schwierig.

6.3

Mehrwertsteuer

Relativ lange zurückliegende Geschäftsjahre können auch bei der Mehrwertsteuer Relevanz erlangen. Hier ist die Regel die, dass die Mehrwertsteuerforderungen für das laufende und fünf weitere Geschäftsjahre berücksichtigt werden können. Da es in der Regel nicht möglich ist, die ganze kontrollierte Periode lückenlos zu überprüfen, steht es dem Mehrwertsteuerinspektor grundsätzlich frei, welche Periode er zur genauen Prüfung heranzieht. Werden Fehler festgestellt, die immer wieder vorkommen, kann die Steuerforderung mit der kontrollierten Periode als Basis für die gesamte geprüfte Periode annäherungsweise ermittelt werden (max. 23 Quartale/ohne Verjährungsunterbrechung). Falls der MWST-Veranlagung zu wenig Beachtung geschenkt wurde und/oder die Buchführung Mängel aufweist, können sich erhebliche Nachbelastungen ergeben und die Dauer der Revision kann einen grösseren Umfang annehmen. Um solchen Risiken vorzubeugen, werden heute von Treuhandbüros z..T schon «Testrevisionen» für die MWST angeboten. Denn es ist nicht zu bestreiten, dass die Komplexität des Mehrwertsteuerrechts bis auf kleinste Produktionseinheiten durchschlägt. Dies wurde im Rahmen des KMU-Tests zu den behördlichen Kontrollen am Beispiel der Käsereien mit oftmals nur 3­4 Beschäftigten deutlich. Hier wirken sich folgende Bestimmungen aus: Unechte Befreiungen, Besteuerung der Urproduktion, Kürzung des Vorsteuerabzuges wegen erhaltener Subventionen, aufwändige Steuerausscheidungen wegen Satzdifferenzierungen u.a.m. Der Bundesrat sieht deshalb vor, auf die Verlängerung der Finanzordnung eine Revision des Mehrwertsteuergesetzes folgen zu lassen. In dieser Revision sollen unechte Befreiungen überprüft und andere vom Gesetz herrührende Komplikationen in der Veranlagung auf ihre Berechtigung hin angesehen werden. Parallel dazu wird es gelten, das nachgelagerte Recht (Mehrwertsteuerverordnung, Merkblätter der Steuerverwaltung) hinsichtlich Vereinfachungsmöglichkeiten durchzusehen. Da es sich hier um ein komplexes Vorhaben handelt, ist für das Inkrafttreten des revidierten Erlasses ein Zeitraum bis 2008 oder 2010 vorzusehen.

6033

Die Idee, bei der Mehrwertsteuer die Möglichkeit einzuführen, eine jährliche Schlussabrechnung mit vierteljährlichen Akonto-Zahlungen zu verbinden, geht auf einen KMU-Test zur Mehrwertsteuerverordnung zurück, in dessen Rahmen auch die Veranlagungspraxis in Deutschland in einem Unternehmensbesuch in Erfahrung gebracht wurde. Dort basieren die Quartalszahlungen nicht auf Vorjahreswerten, wie dies die Motion Lustenberger (M 00.3154: Mehrwertsteuer. Jährliche Abrechnung) vorschlägt, sondern auf einem rudimentären Quartalsabschluss, der insbesondere jene Buchungsvorgänge nicht einschliesst, welche in KMU-Verhältnissen regelmässig zum Beizug eines Treuhänders führen (Bezug von Leistungen für den Privatgebrauch, Aktivierung Eigenleistungen u.ä.m.); es genügt, Debitoren und Kreditoren zu saldieren und wenn man mit der Arbeit nicht nach ist, überweist man ohne weitergehende Rechtsfolgen den Wert des Vorjahresquartals.

Mit der Überweisung der Motion Lustenberger durch National- und Ständerat erhielt der Bundesrat den Auftrag, den eidgenössischen Räten Botschaft und Gesetzesentwurf zu unterbreiten, damit im Bundesgesetz vom 2.September 1999 über die Mehrwertsteuer (MWSTG) die Einführung einer jährlichen Abrechnung ermöglicht wird. Im Zuge der Ausarbeitung des Botschaftsentwurfs hat es sich jedoch gezeigt, dass eine jährliche Abrechnungsmethode auf verschiedene Arten gestaltet werden kann. Es ist zudem zu bedenken , dass die Geschäftsbücher ­ um nicht an Glaubwürdigkeit und Beweiskraft einzubüssen ­ auch im Falle der jährlichen Abrechnung weiterhin zeitnah geführt werden müssen. Deshalb stellt sich die Frage, ob die Einführung der jährlichen Abrechnung bei der Mehrwertsteuer eine geeignete Massnahme ist, um den KMU in diesem Bereich eine wirksame Entastung zu bringen.

Um dem ihm mit der Motion Lustenberger erteilten Auftrag nachzukommen, wird der Bundesrat in der nächsten Zeit verschiedene Modelle zur Realisierung dieser Motion in die Vernehmlassung geben und in der Folge, entsprechend den Ergebnisses des Vernehmlassungsverfahrens, den eidgenössischen Räte eine Vorlage unterbreiten. Eine Inkraftsetzung der sich durchsetzenden Variante ist frühestens im Jahr 2006 möglich.

Der Übergang zu jährlichen Schlussabrechnungen bei der Mehrwertsteuer ist ­ wie unter 3.7 bereits ausgeführt ­ durch die Idee motiviert,
dass in einem nächsten Ausbauschritt das Unternehmen nach Jahresende in einem Zug Jahresschlussrechnungen für die Sozialversicherungen, den handelsrechtlich vorgeschriebenen Abschluss und die Deklarationen für die Mehrwertsteuer und die direkten Steuern an die Hand nehmen und idealerweise unter nur einmaligem Beizug eines Dritten wie namentlich eines Treuhänders zum Abschluss bringen kann. Die Abführung der Quellensteuer und die Erstellung der Angaben für die amtliche Statistik u.ä.m. sind in diese Prozesse mit einzuplanen. Damit diese Leitidee ihre volle Wirkung erzielt, ist es allerdings auch nötig, dass die drei Rechtsgebiete Sozialabgaben, direkte und indirekte Steuern sowie Handelsrecht ihre Begriffe aufeinander abstimmen. Wie bereits beim Lohnausweis ausgeführt, hat diejenige Institution oder dasjenige Rechtsgebiet, das von der Norm ­ wie im Salärbereich dem AHV-pflichtigen Lohn ­ abweicht, die Aufgabe, die Abweichungen transparent zu machen und zu kommunizieren. Die Integrationsaufgabe darf nicht den KMU überlassen werden, die dann ­ um bei einer Revision nicht hängen zu bleiben ­ externe Hilfe in Anspruch nehmen müssen, die zudem zu einem ganz anderen Kostensatz arbeitet als bei der internen Verrechnung der Leistung angewendet werden muss. Die Forderung, die auch an den kantonalen Fiskus gerichtet ist, zielt nicht unbedingt auf Harmonisierung, auch wenn dies unter administrativen Gesichtspunkten sicher die einfachste Lösung ist. Denn die Be6034

fürchtung, dass Harmonisierung eine Steigerung der Abgabenlast bedeutet, wird immer bestehen. Insbesondere gibt es aber in vielen Fällen sachliche Erwägungen für differenzierende Lösungen. So ist ­ wie die Beratungen zur 1. BVG-Revision im Parlament gezeigt haben ­ die administrative Einsparung, wenn für die 2. Säule der Koordinationsabzug nicht mehr gemacht werden müsste, in keinem Verhältnis zum administrativen Aufwand, der für die Verwaltung kleinster 2. Säule-Kapitalien anfallen würde. Harmonisierung darf entsprechend nicht unbesehen Schematisierung heissen. Die Forderung zielt darauf, dass Begriffe wie Löhne, Privatgebrauch, Eigenleistungen u.ä.m. von KMU richtig gehandhabt werden können, ohne auf externes Expertenwissen zurückgreifen zu müssen, es sei denn, dieses Expertenwissen wird ihnen kostenlos von der Behörde, welche die Differenzierung verantwortet, auf einfachem, elektronischem Weg zur Verfügung gestellt. Um diese Gedanken zu konkretisieren, soll durch interdepartementale Zusammenarbeit für das Steuerjahr 2005 im Internet eine Anleitung bereitgestellt werden, wie ein Kleinstunternehmen nach Jahresabschluss seinen verschiedenen Abrechnungs- und Abgabepflichten im Rahmen eines strukturierten Prozesses nachkommen kann.

6.4

Abgabenregelungen beim Import und Export von Waren und Dienstleistungen

Zölle waren ursprünglich eine wesentliche Finanzquelle für den Staat. Heute dient der eigentliche Vorgang der Verzollung immer mehr der Durchsetzung verschiedenster Polizeigesetze ­ vom Artenschutz bis zur Geldwäscherei. Dennoch bleibt der fiskalische Aspekt bedeutend und in diesem Zusammenhang auch der damit verbundene Grenzschutz für das Inland (z.B. Erhebung der Schutzzölle für gewisse Agrarerzeugnisse). Veranlagt werden allerdings weniger Zölle, denn für einen Grossteil der Einfuhren kommen Freihandelsabkommen oder Nullzollsätze zur Anwendung, sondern andere Abgaben, allen voran die Mehrwertsteuer, daneben aber auch ein ganzes Spektrum von Akzisen, Lenkungsabgaben, Gebühren u.ä.m. Die Entrichtung und vor allem Rückerstattung der Mehrwertsteuer ­ sowohl im Inland, wie durch den ausländischen Fiskus ­ ist denn auch eine Hauptquelle für den administrativen Aufwand in den Unternehmen, die über die Grenzen hinaus tätig sind.

Selbst wenn weitere Erleichterungen verwirklicht werden können, werden die Schweiz und die EU zwei unterschiedliche Zollgebiete bleiben und weiterhin durch eine Zollgrenze getrennt sein. Firmen in der Schweiz wird so zum Beispiel der Nachteil bleiben, dass sie nicht von der in der EU bei der Mehrwertsteuer geplanten Umstellung vom Bestimmungsland- zum Ursprungsland-Prinzip werden profitieren können. Ohne Zollunion mit der EU werden sie auch weiterhin mit ihren Waren über den ausländischen Warenzoll gehen müssen und zumindest im Ausland für die Mehrwertsteuer in verschiedenst gelagerten Fällen Rückerstattungsanträge zu stellen haben. Der Wegfall der Zollschranken ist einer der wesentlichen Vorteile, über den die Unternehmen in den Ländern verfügen, die als Mitglieder der EU am europäischen Binnenmarkt teilhaben.

Seitens der Schweiz kann nur dafür gesorgt werden, dass die Zollabfertigung diesseits der Grenze möglichst einfach ist und dass eine gute Zusammenarbeit mit den Zollbehörden der umgebenden Staaten besteht. Glücklicherweise sind aufgrund langjähriger gemeinsamer Anstrengungen der Zollbehörden in Europa die Zollver-

6035

fahren in den meisten Ländern des Kontinents vergleichbar. Zu erwähnen sind namentlich das Einheitsdokument, das neue computerisierte Transitsystem (NCTS), das Carnet TIR oder das Carnet ATA.

Analysiert man die Verfahren am Zoll, soweit sie auf schweizerisches Recht zurückgehen, stellt man denn auch fest, dass zahlreiche Verfahren deshalb bestehen, um gegenüber der ordentlichen Verzollung Erleichterungen gewähren zu können. Diese Erleichterungen können fiskalischer Art sein (Zollpräferenzabkommen, Veredelungsverkehr), sie können aber auch administrativer Art sein (Ursprungsnachweis im erleichterten Verfahren, Bewilligung zum Druck von amtlichen Formularen in eigener Kompetenz) oder das fiskalische und administrative Element miteinander verbinden (Zollfreilager).

Die Nutzung der Möglichkeiten für den elektronischen Geschäftsverkehr nimmt auch im Bereich des Zolls eine immer grössere Bedeutung ein. Vorab ist hier auf das Verfahren der Verzollung als zugelassener Empfänger/Versender zu verweisen, das Firmen offen steht, die regelmässig Sendungen durch den Zoll bringen müssen. Teil des Verfahrens ist der elektronische Datenverkehr mit dem zugewiesenen Zollamt.

Der Status des zugelassenen Empfängers/Versenders erlaubt die Benützung der erweiterten Öffnungszeiten am Zoll (vgl. Zwischenbericht des Bundesrates zur administrativen Entlastung von KMU vom 22. Januar 1997, BBl 1997 II 283). Geregelt wird dieser Verkehr u.a. durch die am 1. April 1999 in Kraft getretene Verordnung über die Zollabfertigung mit elektronischer Datenverarbeitung (AS 1999, 1300).

Für Speditionsfirmen hat dieses Angebot dank der Verkoppelung der elektronischen Datenverarbeitung mit dem gemeinsamen Versandverfahren einen entscheidenden Ausbau gefunden. Die Schweiz wurde für das NCTS-Projekt, an dem heute 14 Staaten beteiligt sind, als Pilotland ausgewählt. In dieser Versuchsphase, die am 10. Mai 2000 begann, nehmen auch zahlreiche Speditionshäuser teil. Der Vorteil des Systems besteht darin, dass es die Mehrfacherfassung und Mehrfachübermittlung von Daten verhindert. Die einmal erfasste Sendung steht nicht nur Spediteuren und dem Zoll zur Verfügung, sondern auch den Zollbehörden der Transitländer und des Bestimmungslandes. Im Endausbau werden sämtliche Transite über das EDVSystem abgewickelt. Hervorzuheben ist, dass es 2003
monatlich allein in der Schweiz rund 500 000 Transit-Sendungen (Ein- und Ausfuhren) zu verarbeiten galt.

Die Zollverwaltung unternimmt auch laufend Anstrengungen, um die Kundeninformation zu verbessern. Die Dauer einer Zollabfertigung wird möglichst kurz gehalten. Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass im Bereich der Zollverfahren die Vereinfachungsmöglichkeiten im jetzigen Zeitpunkt ausgeschöpft erscheinen.

Ein Verbesserungspotenzial dürfte dagegen noch bei der Erhebung der Mehrwertsteuer in jenen Fällen bestehen, wo dem Kunden nach getätigtem Verkauf grenzüberschreitend gewisse Leistungen erbracht werden (Garantiearbeiten, Wartungsarbeiten, evtl. Schulung usw.). Wird eine Auswahl von Ersatzteilen ins Ausland geliefert, dann ein Teil wegen Nichtgebrauchs aber wieder ins Inland zurückgenommen, kann bei der Wiedereinfuhr wohl der Zoll vermieden werden, die Mehrwertsteuer wird aber erhoben und muss zurückgefordert werden, wenn der Importeur nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Auch bei Garantiearbeiten, die man im Inland auf Rechnung eines ausländischen Herstellers vornimmt, als dessen Vertreter die Firma agiert, kommt es bei der Mehrwertsteuer zu einem administrativ aufwändigen Rückerstattungsverfahren. Den Unternehmen zu gestatten, allein auf-

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grund der Bücher den Nachweis zu führen, dass solche Leistungen vom Kunden bereits mit dem Kaufpreis abgegolten wurden und hier keine der Mehrwertsteuer unterliegenden Leistungen vorliegen, wird derzeit als zu riskant erachtet. Das Missbrauchpotential könnte wegen der tiefen Periodizität der MWST-Kontrollen zu gross sein.

Trotz solcher berechtigter Einwände sind im Bereich der Serviceleistungen für Kunden namentlich im grenzüberschreitenden Verkehr in Sachen MWST administrative Entlastungen anzustreben. Die anwendbaren Abgabenregelungen sollten rechtlich und administrativ aus einem Guss geregelt sein und in einer Weise kommuniziert werden, dass auch KMU den Zugang finden. Aus diesem Grund ist das EFD vom Bundesrat beauftragt worden, bei allen Vorgängen, die Abgabenrückerstattungen auslösen, zu prüfen, ob nicht ein Meldeverfahren eingeführt oder der Nachweis der fehlenden Mehrwertsteuerpflicht über die Bücher zugelassen werden könnte. Ein Merkblatt über Serviceleistungen im grenzüberschreitenden Verkehr oder auf Rechnung ausländischer Garanten soll begleitend dazu ausgearbeitet werden. Wieweit dabei auch auf die vielfältigen MWST-Regelungen des Auslandes eingegangen werden kann, bliebt zu klären.

6.5

Abgaben und Bewilligungen in Produktion und Verkehr alkoholhaltiger Erzeugnisse

Verschiedene administrative Erleichterungen sind bei den Verfahren der Alkoholverwaltung bereits erfolgt. Die grünen Ausweiskarten, welche die Landwirte anfordern, ausfüllen und den Inspektoren der Eidg. Alkoholverwaltung nach Eintragung der Produktionsmenge, der Lagerbestände und der Verkäufe zustellen mussten, wurden abgeschafft. Der Landwirt füllt bei der Brennerei ein Formular aus und erhält am Ende des Jahres eine Abrechnung, auf der er seine eventuellen Verkäufe eintragen kann. Der Fragebogen zu den betrieblichen Verhältnisses wurde abgeschafft. Diese Angaben werden heute automatisch aus der Datenbank des Bundesamtes für Landwirtschaft abgerufen. Private, die Fürchte aus ihrem Garten brennen möchten, müssen um keine Bewilligung mehr nachsuchen, sondern wenden sich direkt an die Brennerei, wo sie eine Abgabenerklärung ausfüllen. Die Kontrolle der Bauern, welche Brenngefässe besitzen, ist vereinfacht, wurden die nicht im Gebrauch stehenden Gefässe doch plombiert, wie in andern Staaten in Europa. Die Abgabenbelastung im gewerbsmässigen Verkehr mit Alkoholika wurde dank Freilagern, in welchen Spirituosen steuerfrei hergestellt und gelagert werden können, bedeutend gesenkt. Die Unternehmen sind nun frei, selber ihr Buchhaltungsprogramm zu wählen, und für die Lohnbrennereien wurde ein Informatikprogramm bereitgestellt, welches ihnen bei der Erstellung der Abgabenerklärungen und der Erfüllung der Meldepflichten hilft. Die genannten Massnahmen gestatteten es im Übrigen, die Zahl der teilzeitbeschäftigten Inspektoren der Alkoholverwaltung von über 1000 auf weniger als 300 zu reduzieren; auch die Zahl der vollzeitbeschäftigten Inspektoren ging um einen Drittel zurück Im Rahmen des neuen Biersteuergesetzes wird auch das Steueraussetzungsverfahren für Bier (Steuerlager) geprüft. Generell sollten die Waren von den verschiedenen Abgaben zu einem möglichst gleichen Zeitpunkt und nach möglichst einheitlichen Dokumenten und Standards entlastet und wieder belastet werden können. Ein

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Bedürfnis für ein Steueraussetzungsverfahren besteht ohne EU-Beitritt allerdings nicht, wenn man sich an die Abklärungen mit dem Schweizerischen Bierbrauerverein hält.

6.6

Lenkungsabgaben

Zwar dienen die Abgaben auf dem Alkohol vor allem als Finanzquelle des Staates.

Parallel dazu sollen sie allerdings auch eine lenkende Wirkung entfalten. Lenkungsabgaben sind darüber hinaus vor allem auch im Umweltbereich ein prominentes Instrument zur Verhaltensbeeinflussung. Verschiedene solche Abgaben wurden in der letzten Zeit eingeführt, andere könnten folgen (CO2-Abgabe). Der Vorzug von Abgaben gegenüber Geboten und Verboten liegt in einer grösseren Freiheit der Verpflichteten in der Wahl der Mittel, wie sie einem Einsparungsziel gerecht werden wollen. Unter einem rein administrativen Gesichtspunkt brauchen Lenkungsabgaben jedoch nicht besser abzuschneiden als die Gebots- und Verbotsregelungen, welche sie ersetzen sollen. Eher ist das Gegenteil der Fall, weil nicht eine simple Unterscheidung in einen zulässigen und einen unzulässigen Gebrauch erfolgt, sondern möglichst alle Verbrauchsformen an das Einsparungsziel beitragen sollen, nach Massgabe der jeweiligen Grenzkosten. Der Kreis der Unternehmen, die der Abgabe unterworfen sind, geht daher eher über jene Unternehmen hinaus, die bei einer Verbotsregelung ein Ausnahmegesuch stellen würden. Kompliziert wird der Vollzug der Abgabenregelungen zusätzlich durch weit verbreitete Wünsche nach Freistellungen, nach Rückerstattungen bei nicht schädigenden Verbrauchsformen oder nach besonderen Abrechnungsmodalitäten.

Alle diese drei Elemente, d.h Freistellungen, Rückerstattungsmöglichkeiten und besondere Abrechungsmodalitäten, finden sich beispielsweise bei der VOC-Abgabe vereint. Nachdem die KMU trotz Senkung der Zulassungsschwelle für das Verpflichtungsverfahren auf 50 Tonnen weiterhin diskriminiert sind, weil sie die Liquiditätsbindung durch die Abgabe nicht durch die Nutzung dieses Verfahrens tief halten können, muss zumindest sichergestellt werden, dass sie nicht auch noch die Rückerstattungsmöglichkeit nicht nutzen, weil dies für sie zu aufwändig oder zu kompliziert ist. Immerhin konnte z.B. für styrolverarbeitende Betriebe, Essigfabrikanten und Härtereien eine Lösung gefunden werden. Zudem können Betriebe, die einzig für fachgerecht entsorgte Abfälle eine Rückerstattung geltend machen wollen, ab dem Geschäftsjahr 2003 unter gewissen Bedingungen eine vereinfachte VOCBilanz erstellen. Die Fachkommission zur VOC-Abgabe wird die Nutzung der
Rükkerstattungsmöglichkeiten durch KMU beobachten.

Eine andere Abgabe ist die Leistungsabhängige Schwerverkehrabgabe (LSVA). Hier wurde von einzelnen KMU geltend gemacht, dass der Abrechnungsrhythmus für Firmen, die nur wenige Fahrzeuge in Betrieb haben, zu hoch ist. Die Kapazität der Deklarationskarte und die Vollzugssicherheit (Gefahr des Kartenverlustes, Funktionsfähigkeit des Erfassungsgerätes) sprechen allerdings für die monatliche Abgabenperiode. Im Interesse einer vereinfachten Deklaration wurde zwischenzeitlich jedoch die Fahrzeughalter-Software geschaffen. Mit dieser ist es seit dem 1. Oktober 2002 möglich, die Daten via Internet zu deklarieren. Dadurch muss der Fahrzeughalter die Deklarationskarten nicht mehr einsenden. Die Karte selbst ist als elektro-

6038

nisches Aufzeichnungsmittel für die Abgabenbemessung auch ein Schritt zum papierlosen Behördenverkehr.

6.7

Andere staatliche Abgaben

Spezialabgaben finden sich auch ausserhalb des Umweltbereichs. In der Untersuchung des IGW (Müller 1998) erachteten etwa die wenigen Unternehmen, die der Emissionsabgabe unterlagen, diese als kompliziert. Mit der Freistellung eines Aktienkapitals bis 250 000 Franken wurde hier immerhin erreicht, dass die KMU weniger oft mit dieser Spezialabgabe zu tun bekommen. Bei der Beratung des Steuerpaketes 2001 haben sich die Eidgenössischen Räte zudem für eine Erhöhung der Freigrenze bei der Emissionsabgabe auf 1 Million Franken ausgesprochen. Für die grösseren Unternehmen bildete die bei Dividendenzahlungen im Konzern abzuführende Verrechnungssteuer einen oft kritisierten Leerlauf. Hier wurde als Erleichterung ein Meldeverfahren eingeführt. Die Handhabung dieser Sicherungssteuer hat auch bei Firmenverkäufen und Firmenumstrukturierungen ihre Bedeutung.

Bekanntlich soll das Bundesgesetz über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung nicht nur Erleichterungen im Rahmen des Handelsrechts bringen, sondern auch solche im Fiskalrecht (BBl 2000 4574 ff) (vgl. auch Ziff. 11.4).

7

Erleichterungen und mögliche Mehrbelastungen bei der Erfüllung handelsrechtlicher Auflagen

7.1

Handelsregister, Handelsamtsblatt

Wie bereits im Bericht über Deregulierung und administrative Entlastung vom 3. November 1999 ausgeführt (vgl. BBl 1999 1032), ist zwischen den Handelsregisterämtern der Kantone, dem Eidgenössischen Handelsregisteramt und dem Schweizerischen Handelsamtsblatt schon länger ein elektronischer Datenaustausch operationell. Die Unternehmen haben nicht nur den Vorteil einer raschen Veröffentlichung ihrer Eingaben im Handelsregister, sie können via das System www.zefix.ch auf elektronischem Weg auch einfach die Angaben einsehen, die im Handelsregister über Firmen vorliegen, mit denen sie im Geschäftsverkehr stehen.

Ein breiteres Informationsangebot als das Handelsregister enthält das Schweizerische Handelsamtsblatt. All diese Informationen werden in zunehmendem Mass auch auf elektronischem Weg verfügbar. Dies trifft namentlich auch für die öffentliche Ausschreibung von Aufträgen des Bundes, der Kantone, der Gemeinden und der Regiebetriebe zu. Eine Lösung nutzend, die in den Kantonen Waadt und Genf aufgebaut wurde, steht der öffentlichen Hand heute das System www.simap.ch als Mittel zur Verfügung, um Einladungen zur Offertstellung publik zu machen. Über die angebotene sichere Verbindung soll mit der Zeit auch die rechtsverbindliche Einreichung von Offerten auf elektronischem Weg erreicht werden.

Eine nicht unerhebliche administrative Erleichterung wird die im Parlament laufende Reform des GmbH-Rechts bringen (vgl. BBl 2002 3148ff). Künftig wird die Gründung von Einpersonengesellschaften mit beschränkter Haftung sowie Einpersonenaktiengesellschaften zulässig sein. Für die Abtretung von Stammanteilen soll 6039

zudem nicht mehr die öffentliche Beurkundung verlangt werden, sondern ein schriftlicher Vertrag und die Entragung der Abtretung in das Handelsregister genügen. Verzichtet werden soll auch auf die jährliche Meldepflicht für Geschäftsführer an das Handelsregister (Art. 790 Abs. 2 OR).

7.2

Rechnungslegungsrecht

Dass die Rechnungslegung zum administrativen Aufwand zählt, wie in der Untersuchung des IGW (Müller [1998]), wird von Fachkreisen kaum verstanden und kann aus einer zivilrechtlichen Optik heraus auch bestritten werden. Verfolgt werden ja vorab die Interessen von Gesellschaftern. Im Sinne der Ausführungen unter 2.2.1 werden somit Rechtsverhältnisse unter Privaten geregelt. Für diese Auffassung sprechen nicht zuletzt die Durchsetzungsmechanismen. In der Tat üben denn auch vor allem die kreditgebenden Banken im KMU-Bereich Druck auf eine genügende Rechnungsführung und Revision der Bücher aus.

Eingehendere Bestimmungen finden sich für Aktiengesellschaften (OR Art. 727­ 731). Sie wurden zumeist erst mit der Aktienrechtsrevision 1991 ins Privatrecht eingefügt und können als konstitutive Elemente dieses privatrechtlichen Institutes verstanden werden. Soweit in andere Gesellschaftsformen mit weniger einengenden Auflagen ­ beispielsweise hinsichtlich Aktivierungspflichten und ­möglichkeiten ­ ausgewichen werden kann, qualifizieren sich auch diese rechtlichen Vorgaben noch nicht unbedingt als staatlicher Eingriff. Der Staat macht das Leisten dieses Administrativaufwandes im vorgeschriebenen Detaillierungsgrad allerdings deshalb quasi unumgänglich, weil er im Fiskalrecht das Prinzip der Massgeblichkeit des handelsrechtlichen Abschlusses für die direkten Steuern kennt.

Abgestuft nach der Grösse der Unternehmen, wächst international gesehen der Druck, eingehendere Rechnungslegungsvorschriften zu erlassen. Kotierungsreglemente, die dem Schutz von Publikumsanlegern dienen, gehen denn auch wesentlich weiter als die nur schlecht beachteten Publikationspflichten für Kapitalgesellschaften im EU-Recht, mit denen ein Beitrag an die Sicherheit im Geschäftsverkehr erreicht werden soll. Mit ihren heutigen tiefen Anforderungen liegt die Schweiz jedenfalls immer stärker hinter der internationalen Entwicklung zurück und gerät mit diesen Verhältnissen angesichts des sich globalisierenden Geschäftslebens auch zunehmend unter Druck (Dienstleistungsverhandlungen mit der EU).

Vor diesem Hintergrund erging Mitte der 90er Jahre der Auftrag an eine Expertengruppe, ein mit dem europäischen Recht kompatibles Rechnungslegungsgesetz vorzulegen. Die jüngsten Entwicklungen in der Wirtschaft bewogen den Bundesrat, das Gesetzgebungsvorhaben
im Bereich der Rechnungslegung und Revision neu an die Hand zu nehmen. Dabei soll nicht nur den jüngsten internationalen Entwicklungen im Bereich des Rechungslegungsrechts Rechnung getragen werden, sondern auch der Situation der KMU besondere Beachtung geschenkt werden. Transparenz und Steuerneutralität sind die beiden weiteren zentralen Forderungen. Zum heutigen Zeitpunkt ist es allerdings noch zu früh, verbindlichere Ausführungen zu machen, welche Änderungen im Rechtsrahmen hinsichtlich Rechnungslegung und Revision aufgrund dieses Projektes für KMU zu erwarten sind.

6040

7.3

Schuldbetreibung und Konkurs

Das Schuldbetreibungs- und Konkursrecht muss einen Ausgleich zwischen Gläubiger- und Schuldnerinteressen herstellen. KMU treten auf beiden Seiten auf.

Namentlich als Zulieferer von anderen Firmen laufen sie das Risiko, wegen ihrer regelmässig sehr schmalen Eigenkapitalbasis bei Zahlungsunfähigkeit des abnehmenden Unternehmens in einen Kettenkonkurs hineingerissen zu werden. Denn gerade im stark gewachsenen Bereich der unternehmensbezogenen Dienstleistungen bestehen oft sehr einseitige Abhängigkeitsverhältnisse von einem oder wenigen grossen Auftraggebern. Effiziente Durchsetzungsmechanismen für berechtigte, aber auch gegen unberechtigte Forderungen haben jedenfalls einen grossen Stellenwert.

Allgemein wird das Verfahren nach SchKG als sehr rationell empfunden. Einerseits besteht die Möglichkeit der Vollstreckung ohne vorgängigen Zivilprozess. Bestreitet der Schuldner den Anspruch, kann je nach Titel des Gläubigers nur ein kostengünstiges summarisches Gerichtsverfahren stattfinden (sog. Rechtsöffnungsverfahren).

Der bei schlecht dokumentierten strittigen Forderungen zu begehende Weg des Zivilprozesses gilt allerdings als aufwändig und risikobehaftet. Wir stehen hier vor dem im einleitenden Kapitel 2 geschilderten Problem, dass es nicht nur Verfahren zur Feststellung und Abgrenzung von Eigentumsrechten braucht, sondern dass die Nutzung dieser Verfahren auch mit vertretbaren Kosten möglich sein muss, ansonsten jede Forderung rasch an Wert einbüsst. Die vorgesehene Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts kann hier Verbesserungen bringen. Geprüft werden soll u.a. die Vereinfachung des Verkehrs der Betreibungsbehörden mit den Klienten (Schuldnern, Gläubigern, Dritten und Publikum). Namentlich soll die Nutzung des elektronischen Weges ermöglicht werden. Vor dem Hintergrund der allgemein positiven Einschätzungen zum Betreibungsverfahren führen wir den gemäss den Erhebungen des IGW (Müller [1998]) anscheinend hohen Stundenaufwand der Unternehmen für den Behördenverkehr bei Betreibungen in erster Linie auf die Häufigkeit von Forderungen zurück, die auf dem Betreibungsweg, d.h. unter Einschaltung der Behörden, eingetrieben werden müssen.

8

Entlastungen im Verkehr mit den Arbeitsmarktbehörden

8.1

Arbeitszeitbewilligungen

Die Revision des Arbeitsgesetzes zog sich über ein Jahrzehnt hin. Es kam zu einer zweimaligen Referendumsabstimmung. Trotz der langwierigen Entstehungsgeschichte des revidierten Erlasses bringt er den Unternehmen eine erhebliche Erweiterung ihres unternehmerischen Handlungsspielraumes24 und damit verbunden auch spürbare administrative Erleichterungen. Hervorzuheben ist insbesondere die Möglichkeit zur bewilligungsfreien Abendarbeit bis 23 Uhr gemäss Gesetz. Hinzu kommt eine Erweiterung der Zahl der Branchen, die gemäss Verordnung 2 für erweiterte Arbeitszeiten in der Nacht, insbesondere aber am Wochenende keine Bewilligung einholen müssen. Muss der Betrieb individuell gemäss Verordnung 1 um

24

Eine Quantifizierung dieses Effektes erfolgt in Koch (2003). Eine Zusammenfassung der Ergebnisse wird sich im Bewilligungsbericht finden.

6041

die Bewilligung besonderer Arbeitszeiten nachsuchen, hat er zwar ein umfangreiches Formular auszufüllen. Dieses ist jedoch klar gegliedert, entsprechend den Kriterien, die das Gesetz als Bewilligungsvoraussetzungen aufstellt, und verweist Betriebe, die als Begründung allein besondere Kundenbedürfnisse angeben, relativ rasch auf die dann massgebenden hinteren Seiten. Im weiteren hat die Gesetzes- und Verordnungsrevision einfachere Zuständigkeitsregelungen gebracht, indem nur noch Gesuche für dauerhafte Abweichungen von den normalen Arbeitszeiten den Weg bis nach Bern gehen müssen. Gesuche für befristete Abweichungen können bereits im Kanton bewilligt werden.

8.2

Bestimmungen zur Arbeitssicherheit

Am 4. Juli 1995 erliess die Eidgenössische Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS) die Richtlinie Nr. 6508 über den Beizug von Spezialisten der Arbeitssicherheit (ASA-Richtlinie). Der Auflagen, welche mit dieser Richtlinie für den einzelnen Betrieb verbunden sind, wurden sich die meisten Unternehmen erst nach Ablauf der Übergangsfrist per 1. Januar 2000 bewusst; sie gehen auch nicht unbedingt aus der Richtlinie selbst hervor, sondern aus den praktischen Lösungen, die sich seither herausgebildet haben. Wenig überraschend kennt die Durchsetzung dieser verordnungsvertretenden25 Richtlinie denn auch weiterhin bedeutende Lücken26, und dies namentlich dort, wo nicht starke Verbände den kleinen und mittleren Unternehmen zur Seite stehen. Die Unfallprävention dominiert gegenüber Anliegen des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz, welche namentlich in Firmen mit Büroarbeiten im Vordergrund stehen. Eine eingehendere Regulierungsfolgenabschätzung hätte wohl eine etwas andere Akzentsetzung ergeben. So artikulieren gerade die Unternehmen des Dienstleistungssektors weiterhin Kritik und fragen sich angesichts der Dominanz von Nicht-Betriebsunfällen, wieso sie für die Prävention der weit selteneren Unfälle im Betrieb den mit der Richtlinie verbundenen Aufwand betreiben sollen.

Gegenüber dieser kritischen Einschätzung aus Kreisen der Unternehmen kann angemerkt werden, dass die Vorgaben der ASA-Richtlinie im Bereich der Betriebe mit besonderen Gefahren bereits aus einer rein pekuniären Optik für die meisten Unternehmen lohnend sind. Verstärkte Anstrengungen zur Unfallprävention rechtfertigen sich in der Schweiz allerdings allein schon wegen der im internationalen Vergleich eher hohen Unfallzahlen, was auf ein bisher noch unerschlossenes Verbesserungspotential hinweist. Wenn gemäss der nicht allgemein bekannten Praxis der Aufsichtsorgane erst Arbeiten mit besonderen Gefahren bis zum Umfang von 500 Stunden pro Woche den Betrieb in die Kategorie «besondere Gefahren in geringem Umfang» fallen lassen, so ist dies aus einer KMU-Perspektive heraus an sich auch noch massvoll, da die Limite fix und nicht betriebsgrössenabhängig ist. Relativiert wird diese Feststellung allerdings dadurch, dass das «Arbeiten ohne örtlich fe25

26

Art 11a der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten lässt sich noch nicht entnehmen, dass alle Betriebe mit mehr als 5 Beschäftigten und einem Prämiensatz von mehr als 5 Promille zu einem Beizug von Spezialisten der Arbeitssicherheit verpflichtet sind.

Zwar werden nach Schätzungen der EKAS rund 70 % der Arbeitsplätze erreicht. Viele kleine und mittlere Betriebe haben aber noch keinen Anschluss an eine Branchenlösung gefunden.

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sten Arbeitsplatz» (fällt der Aussendienstmitarbeiter darunter?) und das «manuelle Bewegen grosser Lasten» (Kasse im Einkaufsgeschäft) zur Liste der besonderen Gefahren gehören und der Wert somit relativ rasch erreicht werden kann. Zumindest lässt sich im Bereich der Einkaufsgeschäfte mit Rollband und Scanning von unten und hinten ergonomisch dann aber auch viel erreichen. Für Betriebe ohne besondere Gefahren wird an sich keine Beizugspflicht vorgesehen (Ziffer 2.1 der Richtlinie); sie müssen auch nicht festlegen, welche Massnahmen sie Periode für Periode zur weiteren Reduktion der Unfallhäufigkeit treffen wollen. Sie haben allein eine Gefahrenermittlung vorzunehmen und diese regelmässig zu überprüfen, insbesondere bei betrieblichen Veränderungen. Sie müssen jedoch dokumentieren, wie sie die Aufgaben und die Abläufe betreffend der Arbeitssicherheit geregelt haben. Tun sie dies nicht im Rahmen des Anschlusses an eine Branchenlösung (genehmigte Branchenlösungen dürften über die genannten Vorgaben hinausgehen), laufen sie allerdings Gefahr, dass ihre Selbsteinschätzung und Dokumentation bei einer Kontrolle nicht durchkommt und verfügt wird, dass der Betrieb das Subsidiärmodell anwendet. Dies bedeutet bei reinen Bürobetrieben eine Mindesteinsatzzeit eines Arbeitsspezialisten von 0,3 h pro Arbeitnehmer und Jahr (Ziffer 2.3 Anhang Subsidiärmodell), wobei der sich in einem 10­15 Personen-Betrieb ergebende Halbtag pro Jahr für die Organisation der ersten Hilfe und des Brandschutzes sowie zur Behandlung ergonomischer Probleme eingesetzt werden soll (Erläuterung zur Ziffer 2.3 Anhang). Geht es um mehr als reine Bürobetriebe, so steigt allerdings auch bei einem Prämiensatz für Berufsunfälle von unter 5 Promille die Einsatzzeit des beizuziehenden Spezialisten auf 2,25 h pro Arbeitnehmer und Jahr, was bei 10­15 Beschäftigten und einem Stundenansatz des Spezialisten von 100 Franken und mehr immerhin eine Arbeitswoche ausmacht, die zu einem Betrag von über 3000 Franken fakturiert wird. Da dies in den wertschöpfungsschwächsten Wirtschaftszweigen 1 Monatslohn ist, wird wieder ein Anschluss an eine der u.E. ehrgeizigeren Branchenlösungen interessant, selbst wenn zu bedenken ist, dass der Anschluss an die Branchenlösung auch Jahr für Jahr Geld kostet und die gewählte Branchenlösungen noch im Betrieb umgesetzt werden
muss. Bei deren Umsetzung spielt dann eine erhebliche Rolle, ob Kontrollbogen nur am Schreibtisch ausgefüllt werden und ob es den Verantwortlichen der Branchenlösung und/oder den Unternehmen selbst gelungen ist, die Erfordernisse des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz in die Zyklen von Zielsetzung und Überprüfung einzubauen, die sich aus einem betrieblichen Qualitätssicherungssystem wie ISO 9000 heraus ergeben, so ein solches besteht.

Insgesamt ruft das fortbestehende Missbehagen in diesem Bereich nach einer Standortbestimmung durch das verantwortliche Organ. Der Bundesrat hat die EKAS deshalb beauftragt, bis Ende 2004 Nutzen und Kostenfolgen dieser Richtlinie neu einzuschätzen und dem Bundesrat Bericht zu erstatten, wie die Vorgaben anzupassen, resp. wie sie konkret auszulegen sind, und wie deren praktische Umsetzung branchenbezogen erreicht werden soll.

8.3

Beizug ausländischer Arbeitskräfte

Nach Inkrafttreten des Personenfreizügigkeitsabkommens am 1. Juni 2002 wird es beim Beizug ausländischer Arbeitskräfte in den kommenden Jahren schrittweise zu

6043

einem grossen Deregulierungseffekt kommen.27 Verbunden damit sind auch spürbare administrative Erleichterungen. Bei Angehörigen der EU- und EFTA-Staaten beschränken sich die Dokumente, die nach Ablauf der ersten Übergangsperiode am 31. Mai 2004 von einem ausländischen Arbeitnehmer seitens der Behörden noch einverlangt werden können, auf eine Bestätigung des Arbeitgebers über die Beschäftigung dieses EU/EFTA-Staatsangehörigen. Dies unterscheidet sich wesentlich von der heutigen Situation, in welcher Schweizer und bereits in der Schweiz tätige Ausländer den Vorrang geniessen und der Arbeitgeber, welcher einen ausländischen Staatsangehörigen neu in der Schweiz beschäftigen möchte, nachweisen muss, dass er ergebnislos einen Schweizer oder bereits in der Schweiz tätigen Ausländer für die Stelle zu rekrutieren versucht hat. Mit Inkrafttreten des Personenfreizügigkeitsabkommens ist das Saisonnierstatut weggefallen. Es gibt aber weiterhin saisonale Beschäftigung im Rahmen des Kurzaufenthalterstatuts, wobei jetzt der Familiennachzug und die volle berufliche und geografische Mobilität der Arbeitnehmer gewährleistet ist. Früher mussten Kurzaufenthalter zwischen zwei Einsätzen in der Schweiz für eine bestimmte Zeit das Land verlassen, was aufwändige An- und Abmeldungen bei verschiedenen staatlichen Stellen nach sich zog. Selbst Niedergelassene hatten ihre Bewilligung alle drei Jahre zu erneuern. Neu können Kurzaufenthalterbewilligungen für bis zu einem Jahr oder Daueraufenthalterbewilligungen, welche 5 Jahre gültig sind, ausgestellt werden. Weitere Erschwernisse entfallen für EU/EFTA-Staatsangehörige spätestens nach Ablauf der im Personenfreizügigkeitsabkommen ausgehandelten Übergangsfristen am 31. Mai 2004 (Verzicht auf den Inländervorrang und auf die Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen) bzw.

31. Mai 2007 (Wegfall der Kontingentierung, d.h. Wegfall der arbeitsmarktlichen Prüfung und der Arbeitsbewilligung).

Eng verknüpft mit dem bilateralen Abkommen mit der EU ist auch eine Totalrevision des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG). Das neue Bundesgesetz über Ausländerinnen und Ausländer (AuG), welches vom Bundesrat als Entwurf bereits verabschiedet wurde, übernimmt das bisher geltende duale Rekrutierungssystem, d.h. die schrittweise Liberalisierung gegenüber den
EU/EFTA-Staaten und die Begrenzung der Einwanderung aus Drittstaaten auf qualifizierte Arbeitnehmer. Wichtige Anliegen der KMU sind nach Durchführung eines KMU-Tests und einer Regulierungsfolgenabschätzung in die Vernehmlassung zum Gesetz eingeflossen und haben u.a. die Überprüfung der Verfahren für die Behandlung von Bewilligungsgesuchen für Arbeitskräfte beeinflusst. Der Vollzug im Bereich Arbeitsbewilligungen ging mit Inkrafttreten des Personenfreizügigkeitsabkommens ganz an die Kantone über. Beim Bund verbleibt weiterhin die Aufsichtsfunktion über die kantonalen Behörden zur Gewährleistung eines einheitlichen Vollzugs in den Kantonen.

Mit der ebenfalls am 1. Juni 2002 in Kraft getretenen Teilrevision der BVO (Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer) obliegt der Vollzug im Bereich der Arbeitsbewilligungen für Arbeitnehmer aus Drittstaaen ebenfalls neu den Kantonen, welche aber die positiven Entscheide dem Bund zur Zustimmung vorlegen, damit gesamtschweizerisch ein möglichst einheitlicher Vollzug garantiert bleibt. Dieser neue Ablauf sollte sich günstig für KMU auswirken, da ihr Ansprechpartner immer die kantonale Arbeitsmarktbehörde ist, welche dem lokalen Arbeits27

Eine Quantifizierung dieses Effektes erfolgt in Koch (2003). Eine Zusammenfassung der Ergebnisse wird sich im Bewilligungsbericht finden.

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markt nahe steht und die Bedürfnisse der KMU gut kennt. Das neue Ausländergesetz sieht für Arbeitnehmer aus Drittstaaten auch Erleichterungen beim Stellenwechsel oder der beruflichen Mobilität vor, welche für KMU den (administrativen) Aufwand verkleinern werden. Ebenfalls wurden mit Inkrafttreten der Personenfreizügigkeit und der Revision der BVO die Gebühren für Arbeitsbewilligungen wesentlich gesenkt. Weiter bieten die Kantone zunehmend über das Internet Informationen zum Bereich Beizug ausländischer Arbeitskräfte an und stellen die nötigen Formulare, welche für eine Arbeitsbewilligung benötigt werden, «online» zur Verfügung, was die Gesuchsabwicklung vereinfacht und beschleunigt. Die zuständige Bundesbehörde (Bundesamt für Ausländerfragen) hat sich zudem das Ziel gesetzt, bis Mitte des Jahres 2003 die arbeitsmarktlichen Weisungen zur revidierten BVO neu zu erarbeiten, mit dem Ziel, den Arbeitgebern und den für den Vollzug verantwortlichen Mitarbeitenden in den Kantonen ein detailliertes, konkret auf die Praxis Bezug nehmendes und auf dem Internet verfügbares Arbeitsinstrument zur Verfügung zu stellen.

8.4

Berufsbildung

Das neue Berufsbildungsgesetz erhöht die Verantwortlichkeit der Ausbildenden.

Dies soll die berufliche Flexibilität erhöhen und nicht dazu führen, dass wegen gesteigerter Anforderungen weniger Betriebe Lehrlinge ausbilden. Ein KMU-Test zur Lehrmeisterausbildung vermochte aufzuzeigen, dass Betriebe einer Grösse, ab welcher nicht mehr der Unternehmensleiter gleichzeitig auch Lehrmeister ist, für ihre Auszubildenden ein hochwertiges Ausbildungsprogramm zusammenzustellen vermögen. Es wäre allerdings heikel, die geforderte systematische Planung des Einsatzes der Lehrlinge im Betrieb und die Führung entsprechender Dokumentationen auch jenen 88 % der Betriebe zur Auflage zu machen, die nur 1­10 Beschäftigte kennen (und heute 30 % der Lehrlinge ausbilden). Lehrstellen in Kleinunternehmen, die eine intensivere Vertrautheit mit der realen Arbeitswelt schaffen als staatliche Lehrwerkstätten oder spezialisierte Lehrlingsabteilungen in Grossfirmen, könnten andernfalls gefährdet sein. Angesichts der begrenzten Ressourcen in Kleinfirmen müssen Konzepte für den betriebsinternen Einsatz der Lehrlinge den Kleinsten unter den KMU möglichst schon vorkonfiguriert abgegeben werden. In schwach strukturierten Branchen, wo dies nicht ein Verband tun kann, wird die Entwicklung von Einsatzkonzepten unterstützt werden müssen.

8.5

Regelungen von Abwesenheiten wegen Militär und Zivildienst

Mit der Armee XXI wird eine ungünstige Entwicklung aus Unternehmenssicht, die mit der Armee 95 verbunden war, wieder korrigiert, nämlich der zweijährige WK-Rhythmus, der Militärdienstleistungen der Beschäftigten in Altersjahre verschob, in denen die Betroffenen im Betrieb schon weit schwerer abkömmlich sind als zwischen 20 und 25 Jahren. Dennoch bleibt die Beanspruchung der Firmen durch Dienstpflichten erheblich. In administrativer Hinsicht beginnt dies mit Bestätigungen bei Gesuchen um Dienstverschiebungen. Falls junge Mitarbeiter vor der RS stehen, stellt sich die Frage, ob man den Arbeitsvertrag aufrecht erhalten will 6045

und wie man in diesem Fall den Lohn festsetzen und den verschiedenen Lohnfortzahlungspflichten Rechnung tragen will. Wird der Dienst bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis geleistet, geht die Leistung der EO an den Betrieb, was auch ein administrativer Vorgang ist. Als administrativen Aufwand kann man auch betrachten, wenn wegen Wiederholungskursen Arbeitspläne angepasst oder Sitzungen verschoben oder ungünstig gelegt werden müssen. Das Modell der Durchdiener könnte aus Unternehmenssicht deshalb auf erheblichen Anklang stossen. Erst geringe Erfahrungen bestehen im Punkt, ob bei Durchdienern Arbeitsverhältnisse aufrecht erhalten werden oder nicht und wie sich dies auf den Sozialschutz des Arbeitsnehmers auswirkt, resp. auf die administrativen Umtriebe und auch finanziellen Belastungen, die im einen oder andern Fall im Unternehmen, resp. beim Dienstpflichtigen und/oder der Armee anfallen.

In Kontakten mit KMU wurde auch schon der Gedanke geäussert, dass es Einheiten geben sollte, die ihren WK immer in der gleichen Jahreszeit leisten, nämlich dann, wenn im Betrieb eine saisonale Unterauslastung besteht. Dem stehen jedoch verschiedene Gründe entgegen. Bedarf, Eignung und militärische Vorbildung bestimmen vorab die Einteilung. Die Breite möglicher Einsätze bedingt weiter ein Training zu verschiedenen Jahreszeiten. Eine sich wohl ergebende einseitige berufliche Zusammensetzung von Verbänden wäre problematisch. Und die Verfügbarkeit der Ausbildungsplätze und der Ausbildner schränkt die möglichen Zeiträume für Wiederholungskurse verschiedenster Formationen in bedeutendem Mass ein. Die Idee betrieblich-saisonal ausgerichteter WK ist daher nicht erfüllbar.

9

Die Beantwortung statistischer Anfragen

Die Beantwortung statistischer Anfragen wird als typisches Beispiel für eine administrative Belastung von Unternehmern zwar oft genannt, macht rein anteilsmässig am gesamten behördlich vorgeschriebenen Administrativaufwand aber nur einen sehr beschränkten Anteil aus. Der Grund für diese Diskrepanz dürfte darin liegen, dass das Unternehmen keinen Gegenwert für seine Arbeiten sieht, denn aufgrund ausgefüllter Statistiken sind weder seine Beschäftigten besser versichert, noch verfügt es über Angaben aus der Buchhaltung, die ihm die Geschäftssteuerung erleichtern.

Diese Ausgangssituation bedeutet zwei Dinge. Einerseits wird der Umfang der statistischen Erhebungen schon länger hinsichtlich des Aufwandes, den er den Unternehmen verursacht, kritisch verfolgt. Dies geschieht in der Kommission für Bundesstatistik und der Expertengruppe für Wirtschaftsstatistik, in der die Unternehmerseite diesen Punkt systematisch thematisiert. Anderseits zeigt diese Ausgangssituation auch eine Möglichkeit auf, wie man das Interesse der Unternehmen an der Beteiligung an statistischen Erhebungen erhöhen kann. Die Lösung besteht darin, dass man ihnen die Ergebnisse der Umfragen in der nötigen tiefen Gliederung zurückspiegelt, damit sie sich mit andern Betrieben vergleichen können.

Heute erhalten die Unternehmen, die an der Erhebung der Buchhaltungsergebnisse mitwirken, eine Rückmeldung in Form einer Gegenüberstellung ihrer eigenen Meldung mit den durchschnittlichen Resultaten der Gesamtbranche. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Rückmeldungen seitens der Unternehmen sehr geschätzt werden und einen positiven Einfluss auf die Antwortquote haben. Ein ähnliches Vorgehen 6046

wird bei der Lohnerhebung geprüft. Zwar wurde diese im Zusammenhang mit den flankierenden Massnahmen zum Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU ausgebaut. Dafür werden ab dem Berichtsjahr 2002 die den Unternehmen zur Verfügung gestellten Resultate nicht nur Vergleiche innerhalb der Branche erlauben, sondern auch Quervergleiche über die Branchen hinweg innerhalb einer Region, bzw.

eines Kantons.

Das Bestreben, den Administrativaufwand zu senken, hat insbesondere dazu geführt, dass bei den kleinen und mittleren Unternehmen nach Möglichkeit nur noch eine Stichprobenerhebung durchgeführt wird. Eine andere Schiene ist, die Periodizität der Erhebungen zu senken. So wird die vierteljährliche Beschäftigungsstatistik seit 1992 bei den kleinen und mittleren Unternehmen nur noch aufgrund einer Stichprobe durchgeführt. Die Lohndaten, die sich weniger rasch markant ändern, bei denen aber differenzierte sektorielle Entwicklungen von Interesse sind (man denke an die flankierenden Massnahmen zum Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU), werden mittels der nur alle zwei Jahre durchgeführten Lohnstrukturerhebung erfasst.

Entlastungen wurden somit erreicht, die Frage ist allerdings jene nach der Beständigkeit dieser Verbesserung. Denn kritisch im gegenwärtigen Zeitpunkt ist, dass das Statistikabkommen, das im Rahmen der bilateralen Verhandlungen II mit der EU ausgehandelt wird, neue statistische Erhebungen bei den Unternehmen auslösen dürfte. Namentlich handelt es sich dabei um eine moderate Erhöhung der Zahl der Befragten sowie die Ergänzung der bereits heute verwendeten Fragebogen durch eine beschränkte Anzahl zusätzlicher Variablen. Dieser Mehraufwand lässt sich aus der Sicht des belasteten Unternehmens dadurch rechtfertigen, dass die Vergleichbarkeit der so gewonnenen Resultate sich innerhalb der Branchen, aber auch auf internationaler Ebene verbessert, was der Globalisierung des wirtschaftlichen Geschehens Rechnung trägt. Nutzniesser ist aber auch die Wirtschaftspolitik, die verbesserte Grundlagen für Konjunktur- und Strukturanalysen zur Verfügung hat.

Das Bundesamt für Statistik (BFS) wird in einer Regulierungsfolgenabschätzung zum Statistikabkommen mit der EU darlegen, in welcher Grössenordnung sich der aus den EU-Vorgaben herrührende zusätzliche administrative Aufwand für KMU bewegen wird.

Eine andere
Schiene der administrativen Entlastung ist die vermehrte Nutzung von Verwaltungsdaten. Auf diese Möglichkeit weist das BFS im Bericht hin, den es in Erfüllung eines Auftrages aufgrund des Zwischenberichtes des Bundesrates vom 22. Januar 1997 in Sachen administrative Entlastung zu erstatten hatte. Heute fehlt es noch an einer Gesamtübersicht über alle Angaben, welche von Verwaltungsstellen bei Unternehmen erhoben werden. Dabei wäre eine solche Übersicht sehr nützlich für alle, welche betriebliche Informationssysteme aufzubauen haben. Und KMU, die in ihrem internen Informationssystem Kategorisierungen verwenden, die einen Querbezug zu den Klassifikationen der amtlichen Statistik haben, sehen sich sowohl bei der Beantwortung statistischer Angaben bevorteilt, wie bei der Posititionierung ihres Unternehmens relativ zum Gesamtmarkt. Aus diesem Grund wird der Bund ein Handbuch für den Behördenverkehr herausgeben und laufend aktualisieren, das für die KMU, insbesondere aber auch für die Informatikfirmen, die ein betriebliches Informationssystem anbieten wollen, eine Gesamtsicht enthält, was an Informationen welche Behörde wie oft und wie gegliedert aus welchen Unternehmen abruft. Für die im Rahmen der öffentlichen Statistik regelmässig durchgeführten Unternehmensbefragungen steht bereits heute eine detaillierte Zusammenstellung 6047

der Erhebungen des BFS zur Verfügung. Diese wird jährlich den Wirtschaftsverbänden und Sozialpartner abgegeben. Auf Erhebungen nicht-öffentlicher Stellen, die mindestens teilweise Erhebungen der amtlichen Statistik duplizieren, hat der Bund keinen Einfluss. Der Informationsstand über Verwaltungsdaten sowie über ad hoc Befragungen von Fachämtern kann dagegen verbessert werden. Werden für Unternehmensbefragungen Adressen aus dem Betriebs- und Unternehmensregister bestellt, werden die Projektverantwortlichen auf die Problematik der Belastung der Unternehmen aufmerksam gemacht; auf den Umfang der Fragebogen und die Grösse der Stichproben wird Einfluss genommen und auf mögliche alternative Informationsquellen hingewiesen. Im Sinne der Forderung der vollen Nutzung der Möglichkeiten des elektronischen Geschäftsverkehrs in der Motion 02.3669 der CVP wird das BFS voraussichtlich im Jahr 2004 eine Plattform zur Durchführung statistischer Erhebungen per Internet einführen («E-Survey»). Diese Plattform wird in das Internet-Portal des BFS eingebunden. In einer ersten Phase sollen insbesondere die periodischen Erhebungen bei Unternehmen, Betrieben und Institutionen so unterstützt werden.

10

Die Einhaltung verschiedenster Auflagen in der betrieblichen Leistungserstellung

Der vorliegende Bericht konzentriert sich auf Vorgänge, die in der Mehrzahl der Unternehmen periodisch wiederkehrend vorkommen, nämlich die Abrechnung mit den Sozialversicherungen, der Verkehr mit den Steuern, die Einhaltung handelsrechtlicher Auflagen und die Beschäftigung von (ausländischen) Arbeitnehmern, schliesslich die amtliche Statistik.

Daneben besteht ein weites Feld von administrativen Auflagen, die sich aus Gesetzen ergeben, welche nur für ausgewählte Wirtschaftszweige eine grössere Relevanz haben. Dieses weite Feld beleuchtet in erster Linie der in Ausarbeitung stehende Bewilligungsbericht. Im vorliegenden Text sollen jedoch einige grundsätzliche Ansätze zur administrativen Entlastung in diesem heterogenen Bereich dargestellt werden, verbunden mit ausgewählten Beispielen für ihre Umsetzung. Hinzu kommen Feststellungen zu den beiden Bereichen Entsorgung von Abfällen und Führen eines Motorfahrzeuges, da diese zwei Gebiete doch für eine Mehrzahl der Branchen Relevanz haben, namentlich im Industriesektor. Damit in diesem Kapitel auch der immer gewichtigere Dienstleitungssektor ein Thema ist, wird weiter auf die Bestimmungen der Geldwäschereigesetzgebung eingetreten, denn die mit diesem Erlass erhöhten Sorgfaltspflichten bei der Entgegennahme fremder Gelder betreffen auch eine grössere Zahl von Wirtschaftszweigen. Interessanterweise hat die Studie des IGW (Müller [1998]) allerdings keine grossen branchenmässigen Differenzen beim administrativen Aufwand der Unternehmen zu Tage gefördert. Erhebliche Unterschiede nach Wirtschaftszweigen bestehen erst, wenn man betrachtet, welcher Bereich wie stark zum ziemlich einheitlichen Gesamtergebnis beiträgt.

6048

10.1

Bewilligung von Einzelfällen versus Zulassung von Betriebsstätten

Welchen Gewinn die Abkehr von Einzelbewilligungen und die Zulassung des Unternehmens resp. einzelner seiner Betriebsteile bringt, macht die einleitend angeführte Tabelle 1 deutlich. Nach der dort wiedergegebenen Untersuchung (Müller [1998]) wird die höchste Stundenzahl pro Monat auf den Bereich der Erledigung von Import- und Exportformalitäten verwendet, inkl. der Rückerstattung von Mehrwertsteuern. Hier ist in der Regel jede einzelne Lieferung Anlass für Formalitäten.

Anders sieht es aus, wenn ein Produkt oder eine Produktion einmal als solche zugelassen sind. Die Rubriken «Deklarationsvorschriften», «Genehmigungen im Betriebsbereich», «Einhaltung Produktionsvorschriften» sind in den Betrieben, die solchen Bestimmungen überhaupt unterliegen, gemäss dieser Quelle für einen Aufwand von weniger als 2 bis 4 Stunden pro Monat verantwortlich. Der wirtschaftliche Nutzen der in der EU schon weit fortgeschrittenen Bestrebungen, die Kontrollen an der Grenze abzuschaffen und auf die Kontrollen am Domizil abzustellen, wird so deutlich.

Innerhalb der Schweiz wird die zirkulierende Ware schon seit 1848 nicht mehr an den Kantonsgrenzen kontrolliert. Dominant ist die Zulassung von Produkten oder Produktionsanlagen, meist gestützt auf wirtschaftspolizeiliche Bestimmungen im Bundesrecht, so dass das Inverkehrbringen konformer Waren und die Erbringung zugelassener Dienstleistung in der Regel landesweit sichergestellt ist.28 Belegt wird diese Einschätzung durch die 1998 erfolgte Inventur der bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren, liegt bei den meisten Bewilligungstatbeständen nach Bundesrecht die Anzahl neu erteilter Bewilligungen pro Jahr doch unter 100. Solche Fallzahlen sind nur möglich ist, wenn nicht jeder einzelne wirtschaftliche Vorgang zur Intervention der Behörde führt. Bestätigt wird diese Einschätzung, wenn man ansieht, was Gegenstand einer Bewilligung ist. In der überwiegenden Zahl der Fälle geht es um das Sicherstellen genügender Einrichtungen und eines hinreichenden Ausbildungsniveaus, nur noch ausgewählte geschäftliche Vorgänge innerhalb des Unternehmens lösen eine Bewilligungspflicht aus, der Import und Export von Waren ­ wie gesagt ­ ausgenommen.

Die Kontrolle der Betriebsstätten (statt der in den Betriebsstätten erzeugten einzelnen Güter und Dienstleistungen) bedeutet nun nicht das gänzliche
Verschwinden administrativer Aufwendungen. Solche Zulassungen sind oftmals mit Aufzeichnungspflichten (u.a. auch via verlangte Zertifizierungen) und immer wieder auch mit Meldepflichten verbunden. Es hat somit nicht immer mit der Bereitstellung tauglicher Anlagen und mit der Absolvierung der nötigen Ausbildungen sein Bewenden (Investitionsaufwand), es ergeben sich auch im Betrieb Einschränkungen und Auflagen, welche z.T. die Form administrativer Arbeiten annehmen. Allerdings fehlt hier der Raum, auf diese näher einzugehen. Hinweise liefern der Bewilligungsbericht und die Datenbank zu den bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren. Mit Blick auf das hier massgebende Ziel der administrativen Entlastung erscheint immerhin prüfenswert, wieweit namentlich unterjährige Meldepflichten im Rahmen der Aufsicht über bewilligungspflichtige Tätigkeiten nötig sind (z.B. Verkehr mit Sonderabfäl28

Hinweise auf landesinterne Einschränkungen der vier Grundfreiheiten, welche gemäss EU einen Binnenmarkt ausmachen, werden im Sinne einer Grundlage für die angelaufene BGBM-Revision. die Teile II und III des Bewilligungsberichtes bringen.

6049

len). Wie bei den Abrechnungen mit den Steuern soll deshalb auch im Bereich bewilligungspflichtiger Tätigkeiten geprüft werden, ob nicht auf längere Intervalle umgestellt werden kann, soweit eine Meldung nötig ist (z.B. zwecks Erfassung der Stoffflüsse oder wegen verbesserter Sanktionierungsmöglichkeiten), resp. ob nicht überhaupt eine nachgehende Kontrolltätigkeit genügt.

Die Zulassung von Betriebsstätten macht deshalb Sinn, weil die meisten Unternehmen über mehrere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte in einem Geschäftsfeld aktiv bleiben. Bei andern Gesuchstellern ist diese Kontinuität weniger gegeben, was oft auch mit der Absenz grösserer stationärer Einrichtungen verbunden ist (man denke an Vereine als Trägerschaften von jährlich wiederkehrenden bewilligungspflichtigen Veranstaltungen aller Art [Flugschau, Tombola usw.]). Selbst gewerbliche Gesuchsteller brauchen nicht jedes Jahr Interesse an einer Bewilligung zu bekunden oder sie passen das Angebot laufend an, so dass Einrichtungen immer wieder neu abgenommen werden müssen (man denke an die Bewilligung zum Verkauf pyrotechnischer Gegenstände und an die Auflagen hinsichtlich des Ortes des Verkaufsstandes für 1. August-Artikel). Die Abnahme von Betriebseinrichtungen inkl. Auflagen zu den Betriebsabläufen statt der (möglichst stichprobenmässig erfolgenden) Prüfung der Erzeugnisse kann für kleine und mittlere Unternehmen zudem auch zu weit führen. Dafür spricht, dass sie sich nur zu einem kleinen Teil nach ISO 9000 usw. zertifizieren lassen. Schliesslich darf das Abstellen auf die Selbstverantwortung des Unternehmers auch nicht dazu führen, dass dieser Unmengen an Belegen und Belegexemplaren aufbewahren muss und darüber hinaus noch periodisch Nullmeldungen zu erstatten hat. Mit komplexen Zulassungsverfahren auf Ebene Betriebsstätten kann der Gesetzgeber jedenfalls in unerwünschtem Umfang Markteintritte und Marktaustritte unterbinden. Dass eine Kontrolle auch beim Erzeugnis und nicht bei der Produktionsanlage ansetzt, muss deshalb im Grundsatz gewährleistet bleiben. Nach Möglichkeit ist dann aber ein Typus zuzulassen, im Vertrauen darauf, dass der Hersteller diese Norm einhält, was mit stichprobenmässigen Nachkontrollen geprüft werden kann.

Dies vorausgeschickt, wird im folgenden Abschnitt allein geprüft, wo bei wiederholt anfallenden Vorgängen sich die
Bewilligung noch nicht auf einen Typus oder eine Anlage bezieht, und ob in diesen Fällen wiederholt einzuholender Einzelbewilligungen noch Entlastungsmöglichkeiten bestehen.

10.2

Rechtfertigung verbleibender Einzelbewilligungen

Dass Unternehmen im Inland für jede Einheit, die sie produzieren oder abgeben, oder für jede Dienstleistung, die sie erbringen, einzeln um eine Bewilligung nachsuchen müssen, ist, wie bereits aufgezeigt, selten. Die Regel ist, dass Bewilligungen, Zulassungen u.ä.m. für einen Typus oder eine Person gelten oder aber für eine Produktionseinrichtung, und allenfalls nach einigen Jahren erneuert werden müssen. An Bewilligungen, die sich auf die einzelne im Inland für das Inland produzierte Einheit

6050

oder erbrachte Dienstleistung beziehen, und um die von einem Gesuchsteller mehrmals jährlich nachgesucht werden muss, lassen sich nennen:29 ­

Sonderbewilligungen für klinische Versuche

­

die Chargenfreigabe bei immunbiologischen Erzeugnissen

­

die Giftscheine

­

die Erwerbsscheine für Sprengmittel

­

die Fleischkontrolle der Schlachttierkörper

­

die Bewilligungen für den Verkehr in der Nacht und am Sonntag

­

die Bewilligungen für Fahrten mit Spezialfahrzeugen,

­

die Bewilligungs- und Meldepflichten für Tarife im Luftverkehr.

Zu diesen von den betroffenen Unternehmen meist wiederholt einzuholenden Bewilligungen ist zu bemerken: Die Erteilung von Sonderbewilligungen für klinische Versuche bezieht sich auf den Einsatz von Medikamenten, die in der Schweiz (noch) nicht zugelassen sind. Die Fallzahlen liegen bei 6000 p.a. Diese Aufgabe übernahm das Schweizerische Heilmittelinstitut mit seiner Gründung von den Kantonen, so dass derzeit noch genügende Erfahrungen fehlen, um zu beurteilen, ob sich Änderungen an den Regelungen aufdrängen.

Die Chargenfreigabe für immunbiologische Erzeugnisse wurde als Bewilligungspflicht bei der Revision des Heilmittelgesetzes untersucht. Anders als Heilmittel, die nach einer chemischen Formel gefertigt werden, sind immunbiologische Erzeugnisse und verwandte Produkte nicht stabil, da sie aus lebenden Organismen gewonnen werden. Die nötige Sicherheit ist deshalb nur durch Prüfung der einzelnen Charge zu erzielen.

Für den einmaligen Bezug von Chemikalien der Giftklasse 1 und 2 sind aufgrund von Artikel 9 Giftgesetz Giftscheine erforderlich, die von den zuständigen kantonalen Behörden ausgestellt werden. Neben dem Giftschein besteht allerdings auch das Giftbuch, das zum mehrmaligen Bezug berechtigt. Insbesondere werden jedoch mit dem neuen Chemikaliengesetz, das voraussichtlich am 1. Januar 2005 in Kraft tritt, die Giftscheine abgeschafft. An ihre Stelle treten Informationspflichten des Abgebers sowie die EU-konforme Beschränkung, wonach krebserzeugende, erbgutverän-

29

Diese Liste ist nur indikativer Natur, denn die Abgrenzung dieser Klasse von Bewilligungen ist nicht immer einfach: Einerseits haben in vielen Bereichen die Behörden die Möglichkeit, mehrere Gesuche in einem Zug gutzuheissen oder neben Einzelbewilligungen häufigen «Kunden» eine generelle Bewilligung für eine bestimmte Zeit zu erteilen. Anderseits spielt auch eine Rolle, welchen Gesuchsteller man als massgebend erachtet und wieweit man mit der Auffassung geht, dass die einzelnen Vorgänge so weit übereinstimmen, dass man sie als Typus bewilligen kann. So wird ein spezialisiertes Institut mehrmals pro Jahr um die Bewilligung von Tierversuchen nachsuchen, ein Forscherteam dagegen meist nur einmal, doch fragt sich beim spezialisierten Institut, ob gewisse Arten von Tierversuchen so schematisch sind, dass man von der Prüfung des Einzelfalls absehen kann. Bei Baubewilligungen würde man das sicher verneinen, so dass die Tatsache, dass ein Architekt solche Gesuche mehrmals pro Jahr stellt, keine Bedeutung hat; massgebend ist hier die Optik des Bauherren oder des Objektes, für welche dieser Aufwand nur sporadisch anfällt.

6051

dernde und fortpflanzungsgefährdende Chemikalien nicht an die breite Öffentlichkeit abgegeben werden dürfen.

Der Erwerbsschein für Sprengmittel ist ein Jahr gültig, doch schränkt die Verordnung die Gültigkeit bei Kleinverbrauchern auf 3 Monate ein. Der Grund ist, dass Kleinverbraucher die Lagerung nicht an gleich gut gesicherten Orten vornehmen wie die grösseren Firmen. Mit der beschränkten Gültigkeit wird die Lagermenge begrenzt, bezieht sich der Erwerbsschein doch auf eine bestimmte Menge. Im Interesse der allgemeinen Sicherheit ist von einer längeren Gültigkeit der Bewilligungen abzusehen.

Die Kontrolle des Fleisches der einzelnen Schlachttiere gemäss Artikel 26 Lebensmittelgesetz ist unerlässlich zum Erkennen von Tierseuchen und namentlich von Seuchen, die vom Tier auf den Menschen übertragbar sind. Die Delegation der Verantwortung an die Schlachtbetriebe schliesst das bilaterale Abkommen mit der EU aus.

Die Kompetenz zur Gewährung von Ausnahmen vom Nacht- und Sonntagsfahrverbot liegt beim Standortkanton oder beim Kanton, in welchem die Fahrt beginnt und ist schweizweit gültig. Neben Einzelbewilligungen gibt es auch Dauerbewilligungen30. Solche fehlten bislang bei Ausnahmefahrzeugen und Ausnahmetransporten, doch wurde diese Massnahme im Zeichen der Inventur und Evaluation der bundesrechtlichen Bewilligungspflichten per 1. Januar 2001 eingeführt. Bei Dauerbewilligungen dürfen die Fahrzeuge wegen der topographischen Verhältnisse in der Schweiz allerdings gewisse Abmessungen nicht überschreiten.

Die Bewilligungs-/Meldepflicht für Tarife im Luftverkehr wird derzeit überarbeitet, denn das Luftverkehrsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft erlaubt eine weitestgehende Liberalisierung der Tarife im Europaverkehr.

Die Mitgliedstaaten sind frei, eine Tarifunterbreitung zu verlangen. In Anerkennung der Praxis in den meisten Mitgliedstaaten wird das BAZL zukünftig keine generelle Tarifunterbreitung mehr verlangen. Verschiedene bilaterale Luftverkehrsabkommen mit andern Staaten werden dies aber weiterhin erfordern.

Gemäss diesen kurzen Hinweisen erfolgt überall ein Abbau von Einzelbewilligungen, wo nicht unmittelbare Gefährdungen von Leben und Gesundheit dem entgegenstehen. Dies untermauern weitere Einzelbewilligungen, die in der letzten Zeit abgeschafft wurden. Ein Beispiel
ist die Fabrikationseinzelbewilligung nach KMG, die anlässlich der Harmonisierung von KMG, GKG, WafG und SprstG wegfiel. Abgelöst wurden auch die Verkehrsscheine, die vom Viehinspektor auszustellen waren, und zwar durch ein Begleitdokument, das der Tierhalter auszustellen hat, dem auch die Meldung an die Tierverkehrsdatenbank obliegt. Im Ergebnis kann man feststellen, dass Einzelbewilligungen im Inland für das Inland, um die jährlich wiederholt nachgesucht werden muss, die Ausnahme bilden und dass hier nurmehr ein begrenztes Potential für administrative Entlastungen besteht.

Die überwiegende Zahl der innerhalb eines Jahres wiederkehrend einzuholenden Einzelbewilligungen fallen beim Import und Export an. Sie gesellen sich zur an sich häufigsten Einzelbewilligung, nämlich der Zollabfertigung (resp. Personenkontrolle 30

Die Alternative, Nacht- und Sonntagsfahrten für festgelegte Kategorien von Transporten zuzulassen und die Einhaltung dieser generell abstrakten Norm mittels verstärkter Kontrollen durchzusetzen, dürfte ähnlich viele Umtriebe und Probleme auslösen.

6052

bei der Ein- und Ausreise). Spezialgesetzliche Ermächtigungen zur Ein- und Ausfuhr (resp. Ein- und Ausreise) müssen dabei meist schon physisch vorliegen, wenn die Ware (oder die Person) am Zoll eintrifft, an dem die Einfuhr (oder Einreise) erfolgen kann31. Eine denkbare Entlastungsmöglichkeit ist hier, dass nicht das zuständige Amt, sondern der von der Behörde autorisierte Importeur die spezialgesetzliche Einfuhrbewilligung ausstellt. Eine solche Regelung trifft man etwa bei der Inanspruchnahme verschiedener Zolltarifkontingente an, wobei hier als Erschwernis dazukommt, dass der autorisierte Importeur nicht nur für die Art der Ware und ggf. ihre Verwendung gerade stehen muss, sondern auch für die importierte Menge einschliesslich des Zeitpunktes der Einfuhr. Gegenstück zur dieser Ermächtigung mittels einer speziellen Bewilligung ist, dass ­ wie unter 9.1 deutlich gemacht ­ der Importeur eine Dokumentation zu führen und ggf. den Behörden Meldungen zu erstatten hat und zudem mit Inspektionen rechnen muss. Im Agrarbereich traten denn auch in grösserem Umfang Unstimmigkeiten auf32, was zu einer skeptischen Einschätzung dieser Entlastungsmöglichkeit Anlass gibt. Solche Kompetenzübertragungen sollten, wenn überhaupt, denn auch nur auf Antrag hin erfolgen; die Selbstverantwortung des Importeurs oder Exporteurs zur Regel zu erheben ist heikel, jedenfalls wenn das zu vollziehende Recht im Vollzug nicht sehr einfach ist, sondern Interpretationsspielräume lässt.

10.3

Regulierung nach öffentlichen Interessen vs. Regulierung nach Produktbereichen

In der Untersuchung des IGW (Müller [1998]) wurde von den befragten Unternehmen angegeben, dass die Information über neue Regelungen sie monatlich mehrere Stunden Arbeit koste. Dies erscheint hoch, ist angesichts der Vielzahl von Quellen für behördliche Auflagen, auf welche der vorliegende und der Bewilligungsbericht aufgrund der realen Verhältnisse einzutreten haben, jedoch nicht unbedingt unrealistisch. Die praktischen Erfahrungen eines kleinen Chemikalienfabrikanten bestätigen zudem die Einschätzung. Er war vor einigen Jahren durch die Störfallverordnung veranlasst worden war, eine teure Risikoabklärung zu machen. Dann kam die Einführung der EKAS-Richtlinie über den Beizug von Spezialisten der Arbeitssicherheit. Zudem hatte er einen Gefahrgutspezialisten auszubilden. Derzeit kämpft er damit, wie bei der VOC-Abgabe die Rückerstattung zu erreichen ist. Die Verordnung über den Verkehr mit Abfällen macht ihm Schwierigkeiten, weil ein Teil der Kunden die Betriebsnummer nicht kennt. Wenn die neue Chemikaliengesetzgebung in Kraft tritt, werden die Vorgaben für die Klassierung und Beschriftung der Produkte ändern. Ein Konflikt über die Aufnahme des Betriebsgrundstücks in den Kataster der möglichen belasteten Standorte dürfte ihm auch ins Haus stehen.

Dass sich in der geschilderten Art neue Vorgaben häufen, hat seine Quelle darin, dass die staatliche Regulierung nach öffentlichen Interessen erfolgt, und nicht branchenbezogen. D.h. es wird nicht normiert, wie eine bestimmte Produktion geschehen muss, damit sie simultan verschiedenen Schutzinteressen gerecht wird. Vielmehr be31

32

Keine administrative Zusatzbelastung, aber eine Erschwernis im Betriebsablauf ist, dass ausländische Staaten in den letzten Jahren verschiedentlich die Zahl der Zollämter herabgesetzt haben, über welche bestimmte Waren ein- und ausgeführt werden können.

Vgl. http://www.afd.admin.ch/d/firmen/import/landw_erzeugnisse_d.pdf

6053

steht für jedes Schutzanliegen eine eigene ausgebaute Gesetzgebung, und es obliegt den Unternehmen, sich einen Überblick über die Anforderungen aus den verschiedenen Rechtsgebieten zu verschaffen und die einzelnen Auflagen in einer betriebsgerechten Lösung zu integrieren. Idealerweise wird wenigstens der erste Schritt von Verbänden geleistet, doch bestehen entsprechend starke Strukturen lange nicht in allen Wirtschaftszweigen.

Eine Erleichterung hinsichtlich Integration von Auflagen aufgrund verschiedener Schutzanliegen wird das neue Chemikalienrecht bringen. Es anerkennt, dass ein Produkt vermutlich nicht nur die Umwelt belastet oder bei fälschlicher Einnahme eine Vergiftung auslöst. Denn wenn diese Gefahren bestehen, kann das Produkt bereits für die Arbeiter in den Herstellbestreiben und Umschlagsplätzen gefährlich sein. Oder es belastet diejenigen Beschäftigten, die das Fertigprodukt einsetzen, resp. die Konsumenten, über die Restanzen, die nach dem Einsatz des Erzeugnisses beispielsweise auf Lebensmitteln zurückbleiben. Das neue Chemikalienrecht trägt diesen Gegebenheiten im Recht und in den Verfahrensabläufen Rechnung. Einerseits wird die Stoffverordnung, welche die Umwelttoxizität und Biodegradabilität zum Gegenstand hatte, in die Ausführungserlasse zum Chemikaliengesetz integriert.

Anderseits sind Gesuche und Meldungen zu neuen Stoffen und Produkten bei einer einzigen Stelle einzureichen. Sie übernimmt es dann, die Unterlagen an diejenigen Stellen im Bund weiterzuleiten, welche für Umweltfragen, für die Toxizität beim Menschen, für den Arbeitnehmerschutz oder für die Konsumentensicherheit verantwortlich sind. Es geht hier somit um einen Anwendungsfall des Prinzips des «one stop shops», wie im Zwischenbericht des Bundesrates vom 22. Janaur 1997 gefordert. Die zentrale Anmelde- und Verfügungsstelle für Chemikalien (Stoffe, Zubereitungen und Biozidprodukte) wird mit Inkrafttreten des Chemikaliengesetzes und der zugehörigen umfangreichen Verordnungen ihre Funktion aufnehmen. Dies ist voraussichtlich am 1. Januar 2005 der Fall.

Das Beispiel des Chemiefabrikanten am Anfang dieses Unterabschnittes zeigt im Umweltrecht einen ähnlichen Handlungsbedarf wie im Sozialversicherungsrecht.

Sind es dort die Vorsorgebedürfnisse gegenüber Alter, Arbeitslosigkeit, Unfall, Krankheit, Familienlasten, u.a.m.,
die dazu führen, dass ein Vorgang wie die Anstellung eines Mitarbeiters zu parallelen Eingaben und Aufzeichnungen für verschiedene Instanzen führt, sind es im Umweltbereich im weiten Sinn der Schutz der Natur, des Bodens, der Luft, der Gewässer, der Arten, der nicht-erneuerbaren Ressourcen, des Klimas und nicht zuletzt des Menschen selbst, die bei der Konzipierung eines neuen Produktes simultan bedacht werden müssen. Unter dem Stichwort der «Integrierten Produktpolitik» (IPP) wird heute von den Unternehmen eine solche, den gesamten Lebenszyklus eines Produktes übergreifende Konzipierung seiner Güter und Dienstleistungen gefordert. Durch Vorgaben der öffentlichen Beschaffungsstellen und durch die Sensibilisierung der Konsumenten auf Erzeugnisse, die eines der vielen Öko-Labels tragen, soll diese Sichtweise den Unternehmen zur Pflicht gemacht werden. Der Lebenszyklus eines Produktes ist aber lang und kompliziert. Es beginnt mit der Prüfung verschiedener, oft noch unsicherer Produktvarianten, der Auswahl korrekt gewonnener Rohstoffe und dem Übergang zu einer für die Arbeitnehmer sicheren industriellen Fertigung, und setzt sich fort mit dem möglichst risikolosen Transport und einer gleich sicheren Lagerung der gefertigten Produkte sowie deren richtiger Anwendung durch Konsumenten und andere Nutzer, bis dann eine Wiederverwendung oder sichere Entsorgung den Abschluss bildet. Auf all diesen Stufen bestehen heute ausgedehnte Rechtsvorschriften, doch ist es ausneh6054

mend schwierig, sich diesbezüglich einen Überblick zu verschaffen. IPP sollte den Unternehmen von den Behörden nicht nur zur Auflage gemacht werden, die Behörden sollten selbst zunächst darzulegen vermögen, was Gesetze und Verordnungen heute schon fordern. In Analogie zum Ratgeber für KMU im Sozialversicherungsbereich soll deshalb ein Ratgeber für KMU im Umweltbereich erstellt werden, wobei vorerst ein Pilotvorhaben für die Unternehmen einer Branche in Angriff genommen werden soll. Ziel des Ratgebers soll es sein, dem Normadressaten den Weg zu den Bestimmungen zu zeigen, denen er mit seinem Vorhaben allenfalls unterliegt. Nicht immer werden solche Integrationsaufgaben nämlich von einem Verband wahrgenommen, diese sind oftmals zu schwach oder die Branche ist zu heterogen, als dass sie sich organisieren liesse.

Der Vollzug des Umweltrechts obliegt in grossem Umfang den Kantonen, was sicher zweckmässig ist. Föderative Vielfalt zeitigt dabei auch ihre Vorteile, wurde im Kanton St.Gallen doch eine vorbildliche Lösung getroffen. Diese besteht darin, dass jedes Unternehmen einen bezeichneten Ansprechpartner im Umweltamt hat. Diese, im Bankenbereich «key account manager» genannte Lösung entbindet das Unternehmen davon, sich in einem heterogenen Feld mit vielen Spezialisten nach der kompetenten Auskunftsperson durchzufragen. Gleichzeitig ergibt sich beim «key account manager» ein Bild, mit welchen Auflagen sein «Kunde» simultan zurechtkommen muss, was sicher das Auffinden praxisgerechter Lösungen fördert.

10.4

Administrative Aspekte bei der Einhaltung von umweltpolitisch motivierten Auflagen in der industriellen Produktion

Um die Belastung der Umwelt mit schädlichen Stoffen unter Kontrolle zu halten, ist die Erstellung einer Stoffflussrechnung das zentrale Mittel. Sie basiert insbesondere auf den quartalsweisen Meldepflichten der Deponien. Unterstützt wird die Erstellung dieser Statistik durch die Begleitscheine, die bei jedem Transport von Abfällen zu Kontroll- und Sicherheitszwecken mit dabei sein müssen. In der Erstellung der Begleitscheine geschult sind insbesondere die Gefahrgutspezialisten. Einen sog. Gefahrgutbeauftragten muss jedes Unternehmen ernennen, ausbilden und den Behörden melden, welches gefährliche Güter auf der Strasse, auf der Schiene oder auf Gewässern befördert oder sie in diesem Zusammenhang verpackt, einfüllt, versendet, lädt oder entlädt (Art. 2 GGBV SR 741.622). Diese zusätzliche Auflage ergab sich aufgrund des Landverkehrsabkommens mit der EU. Schulungsnachweise aus dem EU-Raum gemäss Richtlinie Nr. 96/35/EG8 werden als gleichwertig anerkannt.

Die Prüfung muss alle fünf Jahre neu abgelegt werden, so dass aus dieser neuen Auflage doch eine nennenswerte Mehrbelastung für die betroffenen Unternehmen entstanden ist.

Ein KMU-Test über die Totalrevision der Verordnung über den Verkehr mit Sonderabfällen (VVS), welchen das seco mit Blick auf die spätere Vernehmlassung33 durchführte, zeigte, dass die administrativen Aufwendungen an sich nicht übertrieben sind, dass aber die Auflagen, die bezüglich Behandlung der Abfälle gelten, die Unternehmen immer mehr kosten. Der Kostenanstieg hat verschiedene Ursachen.

33

Die Vernehmlassung dauerte bis zum 31. März 2003.

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Namentlich wird eine Wiederverwertung oder eine besondere Entsorgung für eine grössere Zahl von Produkten als früher verlangt (Beispiel: Altreifen, Elektroschrott, Altholz). Einheitliche Preise haben die Wettbewerbskommission veranlasst, eine Untersuchung durchzuführen. Die Vollzugspraxis begünstigt eine Entsorgung in der Schweiz. Schliesslich verteuert die LSVA den Transport der Abfälle.

Eine Reihe von Vereinfachungen sind in der diskutierten neuen Verordnung zum Verkehr mit Sonderabfällen bereits vorgesehen, wie die Herausgabe eines Handbuches für die Unternehmen. Für Mengen unter 25kg soll auf das Begleitdokument verzichtet werden. Erleichterungen sollen auch bei der Rücknahme von Waren gelten. Der KMU-Test vermochte aufzuzeigen, dass es über die genannten Erleichterungen hinaus noch weitere Massnahmen zur administrativen Entlastung gibt.34 Namentlich sollten die Kontrollen in den verschiedenen Kantonen harmonisiert werden. Die einheitliche Identifikationsnummer für Unternehmen, welche vom seco derzeit entwickelt wird, sollte auch im Abfallbereich Verwendung finden, und die Zahl der Bewilligung sollte reduziert werden (gegenwärtig gibt es parallel Bewilligungen der Behörden und Lizenzen der Entsorgungsorganisationen). Ein elektronisches Begleitdokument wird derzeit entwickelt, wobei sicherzustellen ist, dass es für die Unternehmen eine Erleichterung mit sich bringt (beispielsweise indem die Abfallstatistik automatisch mittels dieses elektronischen Systems erstellt werden kann).

10.5

Administrative Aspekte bei der Einhaltung von Auflagen der Finanzaufsichtsbehörden im Bereich der Erbringung von Dienstleistungen

Am 1. April 1998 hat der Bundesrat das neue Bundesgesetz zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor (GwG) in Kraft gesetzt. Zu dessen Durchsetzung im Parabankensektor wurde die Kontrollstelle zur Bekämpfung der Geldwäscherei geschaffen, welche eine Abteilung der Eidgenössischen Finanzverwaltung bildet. Eines der Hauptziele des GwG ist, die von internationaler Ebene geforderten strengen Sorgfaltspflichten, wie sie bei den Banken schon lange bestehen, auch für die übrigen Finanzintermediäre der Schweiz wie Wechselstuben, Vermögensverwalter, Treuhandunternehmen u.a. einzuführen. Im Rahmen einer Delegation von aufsichtsrechtlichen Überwachungs- und Kontrollaufgaben an den Privatsektor, insbesondere an die Berufsverbände, können Selbstregulierungsorganisationen (SRO) gebildet werden, welche ihrerseits die z.B. branchenspezifisch oder kantonal organisierten Finanzintermediäre beaufsichtigen. Finanzintermediäre, welche sich keiner SRO anschliessen, sind der direkten Aufsicht der Kontrollstelle unterstellt.

Die Aufsicht wird durch ein strenges Reglementierungs- und Bewilligungsverfahren für SROs und direkt unterstellte Finanzintermediäre, ein ausgebautes Berichts- und Revisionswesen und eine leistungsfähige Datenverwaltung wahrgenommen. In zahlreichen Bereichen, in denen nur in geringem Umfang Geld entgegengenommen wird (Beispiel: Geldwechsel an der Hotel-Réception), erwiesen sich diese Auflagen allerdings als nicht praxisgerecht. Am 27. August 2002 wurde deshalb die Verordnung

34

Der KMU-Test enthält 17 Empfehlungen, dank denen den Unternehmen der Umgang mit Abfällen erleichtert werden sollte. Sie werden hier nicht alle erwähnt.

6056

der Kontrollstelle über die berufsmässige Ausübung der Finanzintermediation im Nichtbankensektor erlassen, die am 15. September 2002 in Kraft trat (VB-GwG; SR 955.20). Die Verordnung konkretisiert die Voraussetzungen, unter denen die Tätigkeit von Finanzintermediären nach Artikel 2 Absatz 3 GwG als berufsmässig gilt. Dabei legt sie fest, dass berufsmässig handelt, wer mit unterstellungspflichtigen Tätigkeiten einen Erlös von mehr als 20 000 Franken im Kalenderjahr erzielt. Als Erlös gelten dabei sämtliche Einnahmen aus Lieferungen und Leistungen nach Obligationenrecht, die mit unterstellungspflichtigen Tätigkeiten erzielt werden (im Beispiel des Hotels also mit Geldwechsel, die Begleichung der Hotelrechnung in Euro wird nicht angerechnet). Massgebend ist der Bruttoerlös ohne Abzug von Erlösminderungen. Daneben bestehen bei der Finanzintermediation noch drei weitere Unterstellungskriterien ähnlicher Bedeutung.

Im Ergebnis hat der Erlass dieser Verordnung die Bagatellklausel eingeführt, deren Fehlen im ursprünglichen Erlass neben verschiedenen Praktiken im Vollzug und den hohen Kosten eines Anschluss an eine SRO zu verbreitetem Missmut bei zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen geführt hatte.

10.6

Führen von Motorfahrzeugen

Über die bundesrechtlichen Auflagen, die bei der Führung eines Motorfahrzeuges einzuhalten sind, gibt Kapitel 7 in Teil II des Bewilligungsberichtes eingehender Auskunft. An dieser Stelle ist nur zu erwähnen, dass im Sinne der administrativen Entlastung folgende zwei Massnahmen in Ausarbeitung begriffen sind: ­

Aufbau eines zentralen Fahrzeugregisters (MOFIS genannt), das die Bearbeitung von Mutationsmeldungen vereinfachen würde.

­

Nachweis des Bestehens einer Haftpflichtversicherung mittels elektronischem Kurier zwischen Versicherungsgesellschaft und Strassenverkehrsamt, das ein aufwändiges Archivierungsverfahren von Unterlagen, die der Motorfahrzeughalter heute auf Papier einzureichen hat, ablösen kann.

Andere Aspekte fallen in die kantonale Organisationsautonomie, so z.B. die Schaffung der Möglichkeit, dass Transportunternehmen ihre Fahrzeuge auf einen bestimmten Termin zur Zustandskontrolle anmelden können und nicht auf das Aufgebot des Strassenverkehrsamtes warten müssen, das dann sicher im ungünstigsten Moment eintrifft. Die Erschwernis, dass neben den Tankfahrzeugen nun alle schweren Motorwagen zum Sachentransport und ihre Anhänger jährlich zu kontrollieren sind, ergab sich aus der Verpflichtung zur Übernahme des europaweit in diesen Fragen zunehmend standardisierten Rechts, das in seiner Gesamtwirkung und angesichts der wachsenden Zahl grenzüberschreitender Transporte sicher einen Gewinn an Sicherheit bringt, der solche Mehrbelastungen mehr als aufwiegt.

Verschiedene Firmen stört es, dass sie sowohl eine Zulassung als Strassentransportunternehmung, wie auch eine Zulassung als Strassentransportunternehmer brauchen, wenn sie mit ihren Lastwagen Transporte für Dritte gegen Rechnung ausführen. Früher war der Zugang zu dieser Erwerbstätigkeit nicht reglementiert.

Dass hier Hürden für den Marktzugang aufgestellt wurden, ist Folge des Landverkehrsabkommens mit der EU. Dieser früher in zahlreichen ausländischen Staaten hochregulierte Markt ist in der EU nur so weit liberalisiert worden, dass von den 6057

Akteuren des Sektors die Solvenz des Betriebes und unternehmerische Fähigkeiten wie Buchhaltungskenntnisse nachgewiesen werden müssen. Die Massnahme richtet sich gegen die «schwarzen Schafe», die es in jeder Branche gibt, bedeutet aber auch ein Marktzutrittshemmnis für Selbstfahrer. Sie zeitigen allerdings die Folge, dass in der Schweiz nun auch in verwandten Branchen (z.B. Bau) Unternehmen einen Eigenkapitalnachweis erbringen müssen und dazu bspw. eine revidierte Bilanz besitzen müssen. Auch die Alternative, die Beibringung einer Bankgarantie, ist unangenehm, weniger wegen des administrativen Aufwandes, der sicher geringer ist als die Buchprüfung, denn wegen des Umstandes, dass diese Garantie gegen die bei KMU meist engen Kreditlimiten angerechnet werden und den unternehmerischen Handlungsspielraum einschränken. Im Ergebnis zeigt diese Abkehr von einem vormals liberalen Regime, dass wirtschaftspolizeiliche Eingriffe und wirtschaftspolitische Eingriffe nicht trennscharf unterschieden werden können. Vielmehr enthält jede mit einem öffentlichen Interesse motivierte Auflage das Potential, die Zahl der Marktteilnehmer und damit den Wettbewerb einzuschränken, was bei ihrem Erlass immer mitbedacht werden sollte.

11

Sporadisch in den Unternehmen auftretende administrative Arbeiten

Nach diesem Überblick über die wesentlichen administrativen Arbeiten, die jährlich wiederkehrenden Aufwand in den Betrieben auslösen, soll in den vier Abschnitten dieses Kapitels auf Vorgänge eingegangen werden, die in den Unternehmen nur sporadisch vorkommen, die aber auch Anlass zu Kritik wegen des ausgelösten administrativen Aufwandes geben können. Es geht dabei um die Inanspruchnahme von Fördermittel, um die Durchführung von Bauvorhaben, um die Expansion ins Ausland sowie um Unternehmensumstrukturierungen inkl. Verkauf.

11.1

Administrative Verbesserungen bei der Unterstützung von Innovationsvorhaben

Ein KMU-Test bezüglich des Zugangs zu den staatlichen Förderinstrumenten hat aufgezeigt, dass von diesen Instrumenten die KMU in hohem Mass Nutzen ziehen und nicht nur die Grossunternehmen, wie dies im Ausland namentlich bei Forschungsgeldern der Tendenz nach der Fall zu sein scheint. Die punktuelle Erhebung zeigte weiter auf, dass ein Innovationsvorhaben durchaus in den Anwendungsbereich verschiedener staatlicher Förderinstrumente fallen kann, dass die zuständigen staatlichen Stellen zumindest in den angetroffenen Situationen aber um diese Möglichkeit wussten und untereinander koordiniert auftraten. Erhebliche Mängel traten allerdings bei der Administration der Gesuche auf, indem der Gesuchseingang recht oft nicht bestätigt wurde und die Gesuchsteller immer wieder viele Wochen im Ungewissen blieben, wie es mit ihrem Gesuch weitergeht. Die in diesem Bereich nötige Massnahme besteht folglich in einer Systematisierung der Gesuchsbearbeitung, wozu die Mittel der Elektronik sehr hilfreich sein können.

Die Elektronik kann allerdings nicht nur den Administrationsaufwand senken, sondern auch die Transparenz fördern. Die Datenbank Aramis (vgl. www.aramisresearch.ch) enthält Angaben über alle vom Bund finanzierten Forschungsvorhaben.

6058

Die mit der Betreuung dieser Projekte betrauten Personen können das System zu deren Steuerung benutzen (Ablage Vertrag, Budgetierung, Kontrolle Mitfinanzierung usw.). Nach Abschluss des Projektes sind in die Datenbank verschiedene Angaben einzutragen (Schlüsselbegriffe, Resultate, Publikationen sw.), um die Transparenz zu fördern. Der Fokus der Datenbank liegt denn auch nicht auf der administrativen Erleichterung, sondern auf der Transparenz. Erleichterungen ergeben sich allerdings im Zeitpunkt, wo die Forschungsstatistik des Bundes erstellt werden muss (dies ist alle 2 Jahre der Fall). Die meisten Daten sind dann bereits in Aramis verfügbar.

11.2

Baubewilligungen als Hemmnis bei der Realisierung von Investitionsvorhaben

11.2.1

Koordinationsgesetz

Ausgangs der 80er und zu Beginn der 90er Jahre waren die Bauverzögerungen wegen Bewilligungspflichten ein wichtiges Thema. Gerade auch unter dem Eindruck der schleppenden Konjunktur wurde es als wichtig erachtet, Grossprojekte wie sie im Eisenbahnbau anstanden, zu deblockieren. Mittels des Bundesgesetzes vom 18. Juni 1999 über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren wurde daher in verschiedensten Erlassen für eine grosse Zahl von Plangenehmigungsverfahren auf Bundesebene ein nach einem einheitlichen Muster strukturierter Ablauf festgelegt. Diese Anpassungen im Bereich des Verfahrensrechts traten am 1. Januar 2000 in Kraft. KMU sind hier allerdings weniger als Bauherren begünstigt, denn als (Unter-)Auftragnehmer bei diesen Projekten. Sie geniessen dadurch mehr Planungssicherheit bei der Planung des Einsatzes ihrer Kapazitäten.

11.2.2

Teilrevision des Raumplanungsgesetzes vom 6. Oktober 1995

Von direkter Relevanz für alle KMU, die Bauvorhaben auslösen wollen, ist dagegen die unter 3.2 erwähnte Teilrevision des Raumplanungsgesetz. Gemäss Zwischenbericht des Bundesrates vom 22. Januar 1997 hätte eine «best practice» in Sachen Umsetzung der Prinzipien der Verfahrenskoordination, der Fristsetzung und des einheitlichen Rechtsweges bestimmt werden sollen. Die Untersuchung der BAK im Rahmen der Strukturberichterstattung (vgl. oben unter 3.3), die einen Konnex zwischen der Schwerfälligkeit der Baugesuchsbearbeitung und dem regionalen Wirtschaftswachstum nachwies, lieferte für diese Initiative die Rechtfertigung. In der Konferenz der kantonalen Baudirektoren fand das Projekt jedoch nicht die nötige Unterstützung.

6059

11.2.3

Optimierung des Vollzugs im Bau- und Baunebenrecht

Das Thema der Optimierung der Baubewilligungsverfahren wurde im Bund bei der Inventur und Evaluation der bundesrechtlichen Bewilligungspflichten mit kantonalem Vollzug wieder aufgegriffen. Das einschlägige Kapitel im Bewilligungsbericht macht deutlich, dass bei der Behandlung eines Baugesuches gemäss dem Koordinationsprinzip hinsichtlich zahlreicher bundesrechtlicher Bewilligungstatbestände geprüft werden muss, ob sie im konkreten Fall erfüllt sind. Hinzu kommen als Bestandteil des umfangreichen baurelevanten Bundesrechts Vorschriften, deren Einhaltung nicht in separaten Bewilligungsverfahren geprüft wird, sowie das Baurecht des Kantons. Dies zusammen macht die Gesuchsformulare, die auf alle Bewilligungen und materiell-rechtlichen Auflagen eingehen, sehr umfangreich. Das Forum KMU hat sich zur Aufgabe gemacht, die Baugesuchsformulare der Kantone unter dem Gesichtspunkt der Benutzergerechtigkeit unter einander zu vergleichen und ist mit diesem Projekt über den Vertreter der VDK im Forum an die Kantone herangetreten. Die Vorlage eines Berichtes zur «best practice» bei der Gestaltung von Baugesuchsformularen ist für Ende 2003 geplant.

Je nach Zahl der einzuholenden spezialgesetzlichen Bewilligungen wird auch der Gang des Dossiers durch die Verwaltung sehr komplex. Im letztgenannten Bereich entwickelte der Kanton Waadt deshalb eine Lösung, die dem Gesuchsteller jederzeit erlaubt, den Stand seines Dossiers in der Verwaltung abzuklären. Einreichung des Baugesuches und Weiterleitung des Baugesuchs und der Beurteilungen der verschiedenen kantonalen Stellen erfolgen auf elektronischem Weg. Punkt 3 des hängigen Vorstosses der CVP-Fraktion (M 02.3669) wird mit dieser EDV-Applikation, die international prämiert wurde, voll entsprochen.

11.3

Unterstützung der KMU beim Schritt ins Ausland (Exporte)

Mit dem neuen Exportförderungsgesetz vom 6. Oktober 2000 wurde das Dispositiv zur Förderung der Exporte grundlegend neu ausgerichtet. Im Zentrum stehen dabei insbesondere die Interessen der schweizerischen Klein- und Mittelbetriebe (KMU).

Einerseits drängte sich diese Neuausrichtung auf, weil die fortschreitende Globalisierung neues Exportpotenzial schafft und seit Anfang der neunziger Jahre neue Märkte zugänglich wurden. Anderseits zwingen die offenen Märkte unsere KMU auch zur Internationalisierung. Dabei zeigen Studien, dass exportorientierte Firmen produktiver sind als rein binnenmarktorientierte Firmen und damit überdurchschnittlich zur Wertschöpfung einer Volkswirtschaft beitragen. Allerdings bindet eine Expansion ins Ausland in KMU überproportional viele Ressourcen und ist auch mit entsprechenden Risiken verbunden, Kosten, die sich über die wirksame Vermittlung geeigneter Information tief halten lassen.

Mit dem neuen Exportförderungsgesetz ist der Auftrag zur Exportförderung an Osec Business Network Switzerland vergeben worden. Der Leistungsauftrag mit Globalbudget sieht dabei eine Konzentration auf die Instrumente der Informationsvermittlung, der Beratung und des Auslandmarketings (insbesondere Messen) vor. Ein weiterer Eckpfeiler ist die engere Einbindung des Aussennetzes und dessen massvolle Konzentration auf die für die KMU relevanten Schlüsselmärkte: Mit der 6060

Errichtung von 13 Swiss Business Hubs (Stand Ende März 2003) ist dieses Ziel bereits zu einem guten Teil umgesetzt worden. Ein drittes Element der neuen Strategie war schliesslich die Auflage an die Osec, sich grundlegend zu restrukturieren, um marktorientiert und flexibel die Bedürfnisse der KMU abdecken zu können. Die Marktanalyse Ende 2002 zeigt denn auch, dass die Kunden der Osec die Qualität des Dienstleistungsangebots und der Leistungserbringung heute besser beurteilen als vor 2 Jahren. Weitere Verbesserungen sind in den nächsten vier Jahren im Bereich des Zielgruppenmarketings, der weiteren Professionalisierung des Aussennetzes und einer verbesserten Koordination der Exportförderungsdienstleistungen zwischen der Osec und anderer, dritter Exportförderer anzustreben.

Im Zielgruppenmarketing sollen die schweizerischen KMU in Zukunft einfacher und direkter Zugang zu den benötigten Dienstleistungen nicht nur der Osec, sondern aller Instrumente des seco in der Aussenwirtschaftsförderung erhalten. Ein ServiceCenter, bestehend aus einer elektronischen Plattform im Internet und einem CallCenter, wird die KMU dabei unterstützen. Ein Querbezug zum Informationsangebot der Zollverwaltung auf dem Internet hinsichtlich moderne Zollverfahren, vorübergehende Verwendung usw. ist anzustreben.

Die weitere Professionalisierung im Aussennetz soll die Sichtbarkeit und die Effektivität nicht nur der Swiss Business Hubs, sondern des gesamten Aussennetzes verbessern. Ziel ist es, den Schweizer KMU einfache und standardisierte Dienstleistungen rund um die Welt zur Verfügung stellen zu können und diese in den Schwerpunktmärkten durch massgeschneiderte und qualitativ hochstehende Informations- und Beratungsleistungen zu ergänzen.

Schliesslich soll durch eine bessere Positionierung der Osec als Koordinatorin in einem Netzwerk von Exportförderungsspezialisten im In- und Ausland den KMU der Zugang zu Dienstleistungen Dritter erleichtert werden.

11.4

Unternehmensumstrukturierung sowie Verkauf/Weitergabe des Unternehmens

Angesichts der Komplexität und der bedeutenden finanziellen Beträge, die bei Unternehmensumstrukturierungen und beim Verkauf sowie der Weitergabe von Unternehmen an die nächste Generation auf dem Spiel stehen, ist der mit diesen Schritten verbundene administrative Aufwand von nachgelagerter Bedeutung. Hervorzuheben ist allerdings, dass die doppelte Besteuerung der Unternehmensgewinne im Unternehmen und beim Aktionär auch zahlreiche Familiengesellschaften dazu geführt hat, komplizierte Holdingstrukturen aufzubauen. Die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung kann wieder zu einfacheren Unternehmensstrukturen führen, was nicht nur eine administrative Entlastung bedeuten würde. Die Unternehmen wären wieder vermehrt nach unternehmerischen und nicht nach fiskalischen Gesichtspunkten strukturiert und die Transparenz im Geschäftsverkehr würde gefördert.

6061

12

Zur Nutzung der Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologien

Die systematische Sichtung aller Rechtsbereiche, welche in den Unternehmen administrative Arbeiten auslösen, hat gezeigt, dass die Mittel der modernen Informationsund Kommunikationstechnologien schon verbreitet genutzt werden. Auf einer ersten Stufe stehen die ausgebauten Informationsangebote der Bundesstellen auf dem Internet. Auf einer zweiten Stufe steht die Abgabe von Gesuchsformularen und andern Vollzugshilfen auf Datenträgern (CD) oder via das Internet. Die on-line Eingabe von Daten wird auch schon vereinzelt angeboten. Dem Ausbau des elektronisch gestützten Dialogs zwischen Unternehmen und Behörden gehört aber sicher die Zukunft. Mit der Einführung eines Rechtsrahmens für die digitale Signatur werden hierfür wesentliche Voraussetzungen geschaffen. Dies gilt gerade im staatlichen Bereich, wo Formerfordernissen in Sachen Authentizität der Unterschrift weitreichende Bedeutung zukommt, von denen nur selten mittels bilateraler Absprache zwischen Unternehmen und Behörde abgewichen werden kann.

Eine wesentliche Bedeutung kommt dem weiteren Ausbau des Internet-Portals des Bundes (www.admin.ch) und der staatlichen Stellen im allgemeinen zu. Denn bisher folgen die Informationsangebote typischerweise den hierarchischen Strukturen der Verwaltung auf den verschiedenen staatlichen Ebenen. Zwar überwinden bis zu einem gewissen Punkt Suchmaschinen das Problem, dass nicht erwartet werden kann, dass der Bürger oder das Unternehmen a priori wissen, wer im Staat wofür zuständig ist. Dennoch bleibt zentral, dass die staatlichen Informationsangebote auch aus der Kundenperspektive heraus aufgebaut und jedenfalls erschlossen werden können.

Bund, Kantone und Gemeinden haben deshalb gemeinsam ein neues Portal unter www.ch.ch geschaffen, welches ausgehend von konkreten Alltagsbegriffen die Benutzerinnen und Benutzer einfach und direkt zu den gesuchten Informationen führt.

Über ein Wegweisersystem wird so das Angebot von Bund, Kantonen und Gemeinden erschlossen. Das Portal befindet sich in einer Testphase und soll gegen Ende des Jahres 2003 der Bevölkerung vorgestellt werden. Speziell auf die wirtschaftlichen Unternehmen als Benutzer ausgerichtet, jedoch dem selben Leitgedanken verpflichtet, ist das Portal www.kmuinfo.ch des Staatssekretariats für Wirtschaft, das eng mit den beiden Portalen www.admin.ch und www.ch.ch
koordiniert und in ein Gesamtkonzept eingebunden ist. Ein Angebot unter der Adresse www.admin.ch ist die Datenbank zu den bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren, die um die Datenbank über die durch kantonales Recht geschützten Berufe ergänzt wird (letztere ist unter http://www.bbt.admin.ch/dossiers/anerkenn/eu/d/reglber.pdf zu finden). Mit solchen Angeboten können Fragen, ob man sich mit einer wirtschaftlichen Aktivität in einem bewilligungspflichtigen Bereich bewegt, einfach geklärt werden.

Grosse Bedeutung kommt dem Einsatz der Kommunikations- und Informationstechnologien auch bei der Qualitätssicherung im Verkehr zwischen Unternehmen und Behörden zu. Die Verwaltung sollte sich gegen aussen nicht mehr als «black box» oder als Senke erweisen, die nur Informationen in sich hineinzeiht, ohne dass klar wird, welchen weiteren Gang die Information nimmt und wann welches Ergebnis dabei herauskommt. Die Abarbeitung der Baugesuche im Kanton Waadt liefert hinsichtlich der Frage, wie man die Arbeit der Verwaltung gegen aussen transparent machen kann und parallel dazu die Qualität der Dienstleistung beispielsweise hinsichtlich Einhaltung von Terminvorgaben überwacht, ein ausgezeichnetes Beispiel.

6062

13

Agenda für die Legislative, die Exekutive, die Verwaltung sowie andere staatliche Institutionen und Ebenen

In diesem abschliessenden Kapitel soll ein Überblick über die Massnahmen vermittelt werden, die zur weiteren administrativen Entlastung der Unternehmen ergriffen werden sollen. Diese Rekapitulation erfolgt dabei gegliedert nach der hierarchischen Ebene, die über die Realisierung der angeführten Massnahmen letztlich zu entscheiden hat.

13.1

Massnahmen, welche den Gesetzgeber involvieren

a. im Rahmen laufender Gesetzesrevisionen: ­

Ausländerbewilligungen: Verfahrensregelung im neuen Ausländergesetz

­

Neufassung des GmbH-Rechts

b. gestützt auf noch vorzulegende Botschaften des Bundesrates: ­

Soweit erforderlich eine zusätzliche Rechtsgrundlage für die Schaffung einer einheitlichen Identifikationsnummer für Unternehmen.

­

Ausgestaltung der Bundesregelungen über die Rechnungslegung und Revision unter Beachtung der Grössenverhältnisse der Unternehmen.

­

Gesetzliche Ermächtigung der Verbandsausgleichskassen, die ihren Gründerverbänden im Bereich der Sozialversicherungen ein umfassendes Dienstleistungspaket anbieten, die SUVA-Prämien zu beziehen und an diese weiterzuleiten.

­

Schaffung rechtlicher Grundlagen, damit die AHV-Ausgleichskassen Quellensteuerabzüge berechnen und für diese Leistung von den angeschlossenen Unternehmen auch entschädigt werden können, namentlich wenn damit ein Haftungsübergang verbunden sein sollte.

­

In der längeren Frist: Revision des Mehrwertsteuergesetzes (Überprüfung unechter Befreiungen und anderer vom Gesetz herrührender Komplikationen in der Veranlagung auf ihre Berechtigung; Durchsicht des nachgelagerten Rechts (Mehrwertsteuerverordnung, Merkblätter der Steuerverwaltung) hinsichtlich Vereinfachungsmöglichkeiten).

13.2 ­

Massnahmen, die vom Bundesrat ergriffen werden Bereitstellung von Mitteln aus dem AHV-Ausgleichsfonds (Art. 95 Abs. 1bis AHVG) zum Aufbau eines AHV-Portals und eines Expertensystems zur Bestimmung des AHV-pflichtigen Lohns und der Sozialversicherungsabzüge.

Ergänzung dieses Expertensystems um ein Modul, in dem alle Abweichungen zwischen dem Lohnbegriff der AHV und dem Einkommensbegriff der direkten Bundessteuer dokumentiert sind und das die Erstellung des neuen einheitlichen Lohnausweises gestattet.

6063

­

Erstellung eines Handbuches für den Behördenverkehr mit einer Gesamtsicht, was welche Behörde wie gegliedert an Informationen aus den Unternehmen abruft.

­

Einforderung eines Berichtes zur Zweckmässigkeit und zur weiteren Umsetzung der Richtlinie über den Beizug von Spezialisten der Arbeitssicherheit (ASA-Richtlinie) bei der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS).

­

Erweiterung des Anwendungsbereichs von Artikel 118 Unfallversicherungsverordnung (Abrechnung mit der UV parallel und nach den AHVUnterlagen).

­

Prüfung der Möglichkeit zur 1-jährigen Veranlagung der Mehrwertsteuer mit vierteljährlichen Akonto-Zahlungen.

­

Regulierungsfolgenabschätzung zum Statistikabkommen im Rahmen der bilateralen Verhandlungen mit der EU bzgl. Auswirkungen auf den Administrativaufwand der KMU.

13.3

Initiativen auf der Ebene der Departemente und Ämter

­

Prozessanalyse Inkasso und Revision SUVA- und AHV-Beiträge.

­

Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien bei der Durchführung statistischer Erhebungen.

­

Optimierung der Abrechnung der Mehrwertsteuer bei Serviceleistungen an Kunden, die grenzüberschreitend oder im Auftrag ausländischer Hersteller erbracht werden, und Herausgabe einer entsprechenden Anleitung.

­

Stärkung der Regulierungsfolgenabschätzung und der KMU-Tests.

­

Ratgeber KMU im Umweltbereich, Untersuchung der Nutzung der Rückerstattungsmöglichkeiten der VOC-Abgabe durch KMU.

­

Überprüfung der Notwendigkeit insbesondere von Meldepflichten mit einem Rhythmus von weniger als einem Jahr im Rahmen der Aufsicht über bewilligungspflichtige Tätigkeiten.

­

Einführung von QS-Systemen für die Bearbeitung von Beitrags- und Bewilligungsgesuchen (siehe auch Punkt 2 des Postulates 00.3595 der Wirtschafts- und Abgabenkommission des Ständerates. «Administrative Entlastung bei bundesrechtlichen Verfahren»).

13.4

Vorkehren durch die Sozialversicherungen und andere Träger bundesstaatlicher Aufgaben

­

Aufbau eines Internet-Portals der AHV mit einem Expertensystem zur Bestimmung des AHV-pflichtigen Lohnes.

­

Jahresschlussmeldungen an AHV und SUVA elektronisch auf einem einheitlchen Formular.

6064

13.5

Mögliche Schritte auf kantonaler und kommunaler Ebene

­

Bestimmung und Einführung einer «best practice» bei der Gestaltung und Bearbeitung von Baugesuchen.

­

Schaffung eines «key account manager» für die Unternehmen im Umweltbereich nach dem Beispiel des Kantons St.Gallen.

­

Generell macht es die Mehrzahl der Kantone möglich, dass sie untereinander das Preis-/Leistungsverhältnis ihrer Dienst vergleichen und so auf eine beste Praxis hinarbeiten.

13.6

Finanzielle und personelle Auswirkungen der Massnahmen auf Bund und Kantone

Die vorgeschlagenen Massnahmen bewegen sich auf einer rechtlichen und organisatorischen Ebene. Es werden keine Arbeiten, die heute von den Unternehmen vorzunehmen sind, in die öffentichen Verwaltungen zurückverlagert. Die Mehrzahl der Massnahmen setzt an Schnittstellen zwischen Abgabenordnungen an. Die verbesserte Führung der Abgabenpflichtigen durch verwandte Rechtsgebiete verspricht auch eine Entlastung der Verwaltung; sie wird weniger Anfragen zu beantworten und Korrekturen vorzunehmen haben.

Voraussetzung sind allerdings gewisse Investitionen in die Informatik. Namentlich der Aufbau von Modulen, mit denen die Lohnadministration unterstützt werden soll, kostet Geld. Diese Aufwendungen werden im Rahmen der allgemeinen Plafonds der einzelnen Departemente Platz finden müssen.

Die vorgesehenen Massnahmen tangieren die Kantone nur in beschränktem Umfang.

Der einheitliche Lohnausweis ist zwar ein Geschäft der Steuerdirektorenkonferenz, doch ist bereits das heute geltende Formular national einheitlich geregelt.

6065

Inhaltverzeichnis Übersicht

6000

Teil I: Allgemeiner Teil

6002

1 Einleitung 1.1 Gegenstand des vorliegenden Berichtes 1.2 Aufbau des vorliegenden Berichtes 1.3 Bestrebungen im Ausland und in den Kantonen

6002 6002 6002 6003

2 Quellen für den von Behörden ausgehenden administrativen Aufwand in den Unternehmen 2.1 Gebiete mit staatlich vorgeschriebenen Aufzeichnungs-, Melde- und Bewilligungspflichten 2.2 Zu den Rechtsverhältnissen, welche das Unternehmen gegenüber den Behörden verpflichten 2.2.1 Anlass für Vorgaben von Behörden 2.2.2 Staatliche Durchsetzungsmechanismen 2.2.3 Abgrenzung zum kantonalen Recht 2.2.4 Ansatzpunkte zur administrativen Entlastung

6005 6005 6008 6008 6009 6011 6011

3 Bisherige Initiativen zur administrativen Entlastung der KMU 6012 3.1 Überblick 6012 3.2 Arbeiten im Vorfeld des Berichtes des Bundesrates vom 22. Januar 1997 6013 3.3 Der Zwischenbericht des Bundesrates zur administrativen Entlastung von 1997 6013 3.4 Schwerpunktthema «Regulierungsdichte und KMU» in Rahmen der Strukturberichterstattung des Bundesamtes für Wirtschaft und Arbeit 6014 3.5 Inventur und Evaluation der bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren mit Vollzug beim Bund; Erlass einer Ordnungsfristenverordnung 6015 3.6 Bericht des Bundesrates zur Deregulierung und administrativen Entlastung vom 3. November 1999 6017 3.7 Arbeiten zur Erfüllung der Postulate 00.3595 und 00.3596 der Wirtschafts- und Abgabenkommission des Ständerates 6019 3.8 Inventur und Evaluation der bundesrechtlichen Bewilligungsverfahren mit Vollzug bei den Kantonen; Inventur der durch kantonales Recht geschützten Berufe und Gewerbe 6020 3.9 Zusammenfassung 6021 Teil II: Administrative Arbeiten nach Aufgabengebieten

6023

4 Administrative Arbeiten bei der Gründung eines Unternehmens 4.1 Ergebnisse einer Internet-Umfrage des seco 4.2 Bericht des Bundesrates über die Förderung von Unternehmensgründungen 4.3 Rolle von Gründungszentren, «Business Start Up»-Einrichtungen u.ä.m.

6023 6023

6066

6024 6024

5 Erleichterungen im Verkehr mit den Sozialversicherungen 5.1 Herausgabe eines «Ratgeber für KMU» 5.2 Schaffung eines Lohngutschriftverfahrens?

5.3 Geplanter Bericht des Bundesrates über die Einführung eines vereinfachten Lohnabrechnungsverfahrens 5.4 Revision der Beitragszahlungen beim Arbeitgeber 5.5 Informatiklösungen und Angebote der SUVA

6025 6025 6026

6 Verbesserungen im Verkehr mit den Steuerbehörden 6.1 Mitwirkung bei der Steuerveranlagung der Mitarbeiter 6.2 Veranlagung der direkten Steuern von Bund und Kantonen 6.3 Mehrwertsteuer 6.4 Abgabenregelungen beim Import und Export von Waren und Dienstleistungen 6.5 Abgaben und Bewilligungen in Produktion und Verkehr alkoholhaltiger Erzeugnisse 6.6 Lenkungsabgaben 6.7 Andere staatliche Abgaben

6029 6030 6032 6033

6027 6028 6028

6035 6037 6038 6039

7 Erleichterungen und mögliche Mehrbelastungen bei der Erfüllung handelsrechtlicher Auflagen 7.1 Handelsregister, Handelsamtsblatt 7.2 Rechnungslegungsrecht 7.3 Schuldbetreibung und Konkurs

6039 6039 6040 6041

8 Entlastungen im Verkehr mit den Arbeitsmarktbehörden 8.1 Arbeitszeitbewilligungen 8.2 Bestimmungen zur Arbeitssicherheit 8.3 Beizug ausländischer Arbeitskräfte 8.4 Berufsbildung 8.5 Regelungen von Abwesenheiten wegen Militär und Zivildienst

6041 6041 6042 6043 6045 6045

9 Die Beantwortung statistischer Anfragen

6046

10

Die Einhaltung verschiedenster Auflagen in der betrieblichen Leistungserstellung 10.1 Bewilligung von Einzelfällen versus Zulassung von Betriebsstätten 10.2 Rechtfertigung verbleibender Einzelbewilligungen 10.3 Regulierung nach öffentlichen Interessen vs. Regulierung nach Produktbereichen 10.4 Administrative Aspekte bei der Einhaltung von umweltpolitisch motivierten Auflagen in der industriellen Produktion 10.5 Administrative Aspekte bei der Einhaltung von Auflagen der Finanzaufsichtsbehörden im Bereich der Erbringung von Dienstleistungen 10.6 Führen von Motorfahrzeugen

6048 6049 6050 6053 6055 6056 6057 6067

11 Sporadisch in den Unternehmen auftretende administrative Arbeiten 11.1 Administrative Verbesserungen bei der Unterstützung von Innovationsvorhaben 11.2 Baubewilligungen als Hemmnis bei der Realisierung von Investitionsvorhaben 11.2.1 Koordinationsgesetz 11.2.2 Teilrevision des Raumplanungsgesetzes vom 6. Oktober 1995 11.2.3 Optimierung des Vollzugs im Bau- und Baunebenrecht 11.3 Unterstützung der KMU beim Schritt ins Ausland (Exporte) 11.4 Unternehmensumstrukturierung sowie Verkauf/Weitergabe des Unternehmens 12

Zur Nutzung der Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologien

Agenda für die Legislative, die Exekutive, die Verwaltung sowie andere staatliche Institutionen und Ebenen 13.1 Massnahmen, welche den Gesetzgeber involvieren 13.2 Massnahmen, die vom Bundesrat ergriffen werden 13.3 Initiativen auf der Ebene der Departemente und Ämter 13.4 Vorkehren durch die Sozialversicherungen und andere Träger bundesstaatlicher Aufgaben 13.5 Mögliche Schritte auf kantonaler und kommunaler Ebene 13.6 Finanzielle und personelle Auswirkungen der Massnahmen auf Bund und Kantone

6058 6058 6059 6059 6059 6060 6060 6061 6062

13

6068

6063 6063 6063 6064 6064 6065 6065