03.421 Parlamentarische Initiative Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) des Kantons Tessin Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) des Ständerates vom 4. September 2003

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen gemäss Artikel 21quater Absatz 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) den vorliegenden Bericht. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen.

4. September 2003

Im Namen der Kommission Der Präsident: Christoffel Brändli

2003-1930

8025

Übersicht Der Kanton Tessin hatte sich für das Abfallentsorgungssystem Thermoselect entschieden, eine Baubewilligung erhalten, den Vertrag jedoch wieder gekündet, weil der Prototyp dieses Systems in Karlsruhe die geforderte technische Zuverlässigkeit nicht rechtzeitig nachweisen konnte. In der Zwischenzeit war die in Artikel 62 des Gewässerschutzgesetzes festgelegte Frist abgelaufen und damit der in Aussicht gestellte Bundesbeitrag verwirkt. Mit der Initiative soll das Gewässerschutzgesetz mit einer Bestimmung ergänzt werden, welche die Frist für Regionen bis zum 31. Oktober 2005 verlängert, welche die frühere Frist zwar eingehalten haben, aber aus technischen Gründen, die nicht dem Kanton angelastet werden können, erneut eine Baubewilligung einholen müssen.

8026

Bericht 1

Ausgangslage

Am 4. Oktober 2002 reichte der Tessiner Ständerat Filippo Lombardi die Parlamentarische Initiative 02.462 Gewässerschutzgesetz. Entschädigung für Abfallentsorgungsinstallationen ein. Die vorgeschlagene Änderung bezweckt, dass die geplante Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) des Kantons Tessin vom Bund subventioniert werden kann.

1.1

Text und Begründung der Parlamentarischen Initiative 02.462 Gewässerschutzgesetz.

Entschädigung für Abfallentsorgungsinstallationen (Lombardi)

Gestützt auf Artikel 160 Absatz 1 der Bundesverfassung und Artikel 21bis des Geschäftsverkehrsgesetzes reiche ich eine Parlamentarische Initiative in der Form des ausgearbeiteten Entwurfes ein. Im Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (GSchG) wird Artikel 62 Absatz 2 wie folgt ergänzt: Art. 62 Abs. 2 ... Für Regionen, welche die Frist vom 31. Oktober 1999 zwar eingehalten haben, aber aus Gründen höherer Gewalt erneut eine Baubewilligung beantragen müssen, wird die Frist bis spätestens 31. Oktober 2005 verlängert.

2

Begründung Der Kanton Tessin hatte sich im Rahmen seiner Abfallentsorgungsstrategie, die vom Tessiner Stimmvolk in zwei Volksabstimmungen gutgeheissen wurde, und im Einverständnis mit dem Buwal, das für die Entwicklung einer innovativen Technologie Interesse bekundete, für das neue Abfallentsorgungssystem Thermoselect entschieden. Die Bewilligung für den Bau einer solchen Anlage in Giubiasco wurde innerhalb der von Artikel 62 Absatz 2 GSchG festgelegten Fristen erteilt, womit sich der Bund verpflichtete, die in diesem Artikel vorgesehenen Abgeltungen in der Höhe von ungefähr 50 Millionen Franken zu leisten.

Weil der Prototyp dieses Systems in Karlsruhe viel später als geplant in Betrieb genommen und von den deutschen Behörden zertifiziert wurde ­ die Conditio sine qua non des Vertrages zwischen dem Kanton Tessin und dem Konsortium Thermoselect AG/Energie Baden-Württemberg AG ­, sah sich der Kanton gezwungen, am 19. September 2000 von diesem Vertrag zurückzutreten. Gegenwärtig wird der Grossteil der Siedlungsabfälle des Tessins in die Kantone Zürich und Thurgau transportiert und dort verbrannt.

Da ein starker Rückgang der freien Kapazitäten dieser Kantone zu verzeichnen ist und der Bund darauf hingewiesen hat, dass bald neue Abfallentsorgungsinstallationen benötigt werden, hat der Kanton Tessin das Dossier wieder in die Hand genommen, mit dem Ziel, den Auftrag für den Bau einer Abfallentsorgungsanlage südlich 8027

der Alpen erneut öffentlich auszuschreiben. Für eine solche Anlage wird jedoch eine neue Baubewilligung benötigt, die natürlich nicht mehr innerhalb der von Artikel 62 Absatz 2 GSchG festgelegten Frist eingereicht werden kann. So wird die Tessiner Anlage die einzige Abfallentsorgungsinstallation sein, welche die Planung des Bundes zwar vorsieht, für die der Kanton aber keine Abgeltungen des Bundes erhält.

Wie auch immer sich das Tessin letzten Endes entscheiden mag, es ist wichtig, den Kanton nicht zu bestrafen, indem die Entschädigungen des Bundes an ein Bauprojekt oder eine bestimmte Technologie geknüpft werden. Eine Änderung von Artikel 62 Absatz 2 GschG ist also notwendig, um jene Regionen, die aus Gründen höherer Gewalt erneut eine Baubewilligung beantragen müssen, nicht zu bestrafen.

1.2

Vorprüfung der Parlamentarischen Initiative 02.462 Gewässerschutzgesetz. Entschädigung für Abfallentsorgungsinstallationen (Lombardi)

In der Diskussion zur Vorprüfung wurde dargestellt, dass der Kanton Tessin seine Abfälle heute in der Ostschweiz verbrennen lässt, was ­ nach Angaben des Kantons Tessin ­ Transportkosten von rund 70 Franken pro Tonne verursacht. Bei 140 000 Tonnen pro Jahr sind das 10 Millionen Franken, und über 20 Jahre gerechnet 200 Millionen Franken ­ d.h. 80 % der Investitionskosten der neuen vorgesehenen Anlage im Kanton Tessin. Es ist deshalb unbestritten, dass eine KVA im Kanton Tessin Kosten spart und Sinn macht. Für das Projekt der Thermoselect-Anlage wurde vom Bund keine formelle Subventions-Zusicherung gegeben, weil die Realisierung der Anlage auf Grund technischer Probleme noch nicht feststand, aber die Anlage wäre subventionsberechtigt gewesen.

Nach dem Vertragsabschluss des Kantons Tessin mit der Thermoselect AG wurde wohl eine Baubewilligung innerhalb der von Artikel 62 Absatz 2 des Gewässerschutzgesetzes festgelegten Frist erteilt, das deutsche Konsortium war jedoch nicht in der Lage, den Vertrag zu erfüllen. Der Kanton Tessin trat in der Folge vom Vertrag zurück und machte eine neue Ausschreibung. Die Wahl einer neuen Anlage wird demnächst erfolgen. Es wird eine neue Baubewilligung nötig sein, die nicht mehr innerhalb der verlängerten, bis zum 31. Oktober 1999 festgelegten Frist eingereicht werden kann.

In der Diskussion wurde Wert gelegt auf offene Fragen: a.

rechtlicher Art: Ist eine Gesetzesänderung sinnvoll, die nur für den Kanton Tessin gültig ist?

b.

finanzieller Art: Wie wirkt das Subventionsbegehren auf die Finanzplanung in Zeiten mit Sparbeschlüssen?

c.

technischer Art: Wie sieht die schweizweite Kapazitätsplanung der Kehrichtverbrennung aus?

d.

staatspolitischer Art: Kann die UREK-S beim Kanton Tessin Nein sagen, nachdem die Räte mit einem Antrag Respini die Verlängerung im Gewässerschutzgesetz bis zum 31. Oktober 1999 eingefügt hatten?

e.

verfahrensmässiger Art: Soll der Initiative Lombardi Folge gegeben oder eine Kommissions-Initiative eingereicht werden?

8028

Die UREK-S wollte einen Entscheid erst nach Prüfung dieser Fragen fällen und beauftragte an ihrer Sitzung vom 9. Januar 2003 das BUWAL, einen Bericht über die Bedeutung der KVA des Kantons Tessin, über die finanziellen, rechtlichen und technischen Aspekte einer allfälligen Subventionierung sowie über mögliche Lösungsvarianten zu erstellen.

Der Bericht des BUWAL «Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) des Kantons Tessin: Subventionierung durch den Bund» vom 3. März 2003 wurde von der UREK-S am 1. Mai 2003 diskutiert. Dieser Bericht findet sich wieder in den Kapiteln 2­5 der vorliegenden Kommissionsinitiative.

Ständerat Lombardi legte Wert auf die Feststellung, dass die Subventionsgelder nicht vor 2007 gebraucht würden und es deshalb keine Rolle spielt, wenn die Gelder nicht in der Finanzplanung 2004­2006 vorgesehen sind. Er wies ferner darauf hin, dass keine andere Kehrichtverbrennungsanlage zur Diskussion steht und dementsprechend keine Diskriminierung stattfindet. Die Verwaltung hat bei der Subventionierung das Prinzip der Gleichbehandlung aller Teilnehmer zu beachten. Weil die massgeblichen Bestimmungen des Gewässerschutzgesetzes verschiedene Male geändert wurden, muss für die Festlegung der Subventionsberechtigung und des Subventionssatzes bei jedem Projekt sorgfältig abgeklärt werden, welche Fassung dieses Gesetzes zur Anwendung gelangt. Im vorliegenden Fall ist entscheidend, ob eine erstinstanzliche Bewilligung zum Bau der Anlage rechtzeitig vorliegt. Ist dies nicht der Fall, bietet das anwendbare Recht keine Rechtsgrundlage zur Subventionierung. Projektänderungen verändern in der Regel auch die Subventionsvoraussetzungen.

Die Kommission zeigte sich einverstanden mit dem Vorschlag des Berichts, eine Kommissionsinitiative auszuarbeiten und die Parlamentarische Initiative 02.462 anschliessend zurückziehen zu lassen. Mit 10 zu 0 Stimmen beschloss sie zuerst, der Parlamentarischen Initiative Folge zu geben, und ebenfalls mit 10 zu 0 Stimmen, eine Kommissionsinitiative einzureichen.

2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Handlungsbedarf

2.1.1

Ausgangslage

Abfallpolitik des Bundes Der Bund verfolgt seit der Veröffentlichung des Leitbildes für die schweizerische Abfallwirtschaft im Jahre 1986 das Ziel, die nicht verwertbaren, brennbaren Abfälle in geeigneten Anlagen zu verbrennen. Dies, weil die direkte Ablagerung von Siedlungsabfällen auf Deponien über Jahrzehnte zur Emission von Gasen führt und das Deponiesickerwasser über Jahrhunderte belastet. Mit der Technischen Verordnung über Abfälle (TVA) wurden 1990 die Grundsätze des Leitbildes konkretisiert und die Verbrennungspflicht eingeführt. Seit dem 1. Januar 2000 ist die Deponierung der nicht verwerteten, brennbaren Abfälle verboten.

Um das Ablagerungsverbot für brennbare Abfälle umsetzen zu können, sind ausreichende Verbrennungskapazitäten in Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) notwendig. Überkapazitäten sind jedoch zu vermeiden, da diese letztlich von den Ab8029

fallproduzenten mit höheren Verbrennungsgebühren bezahlt werden müssten. Bund und Kantone haben daher seit Beginn der 90er Jahre die Koordination der KVAPlanung verstärkt. Nicht zuletzt dank dieser kantonsüberschreitenden Zusammenarbeit gelang es, auf sechs ursprünglich vorgesehene KVA zu verzichten.

Planung einer KVA im Kanton Tessin Seit Ende der achtziger Jahre plant der Kanton Tessin die Realisierung einer neuen KVA als Ersatz zweier alter, nicht mehr vorschriftskonformer und deshalb geschlossener Anlagen. Der Bedarf für diese Anlage wurde damals vom Bund anerkannt und seither immer wieder bestätigt, um die angestrebte regionale Entsorgungsautonomie zu verwirklichen. Nachdem mit einer Volksabstimmung im Jahre 1993 der Bau einer neuartigen Abfallanlage gefordert wurde, hat sich der Kanton Tessin bemüht, eine Anlage der Firma Thermoselect zu realisieren, welche verglaste Rückstände liefert. Weil die technische Zuverlässigkeit dieses Verfahrens nicht nachgewiesen werden konnte, hat der Kanton Tessin im September 2000 entschieden, den Konzessionsvertrag mit der Firma Thermoselect zu kündigen. Im Dezember 2002 hat ein Schiedsgericht den diesbezüglichen Entscheid des Kantons als gerechtfertigt und zulässig beurteilt.

Der Kanton Tessin hat seit September 2000 die Planung einer KVA mit konventioneller Rostofen-Technologie an die Hand genommen, mit dem ehrgeizigen Ziel, diese 2006 in Betrieb zu setzen. Die allfällige Erteilung von Bundessubventionen an diese neue Anlage ist ein wichtiges Element bei der Realisierung des Projekts. Bis zur Inbetriebnahme der eigenen KVA hat sich der Kanton verpflichtet, seine brennbaren Abfälle in die KVA der Ostschweiz zu liefern.

2.1.2

Bedeutung der KVA des Kantons Tessin in der Planung des Bundes

Ziel der KVA-Planung des Bundes ist es, wie bereits dargestellt, genügend Kapazität zur Verbrennung der brennbaren, nicht verwertbaren Abfälle bereitzustellen, ohne dabei Überkapazitäten zu schaffen. Im Weiteren wird eine regional ausgewogene Verteilung der Anlagen angestrebt, um Abfalltransporte zu vermeiden. Zu den brennbaren Abfallmengen und zu den KVA-Kapazitäten ist folgendes festzuhalten:

2.1.2.1

Brennbare Abfallmengen

Gesamtschweizerische Betrachtung Die Abfallerhebung 2002 weist insgesamt 3,12 Millionen Tonnen brennbare Abfälle aus, was einer pro Kopf-Menge von 430 Kilogramm entspricht.

8030

Brennbare Abfälle 1992 bis 2001 Tabelle 1

Total brennbare Abfälle Veränderung gegenüber Vorjahr Entsorgung in KVA in Deponien

1993 [Mio t/a]

1994 [Mio t/a]

1995 [Mio t/a]

1996 [Mio t/a]

1997 [Mio t/a]

1998 [Mio t/a]

1999 [Mio t/a]

2000 [Mio t/a]

2001 [Mio t/a]

2002 [Mio t/a]

3.25

3.03

2.96

2.88

2.92

3.00

3.17

3.19

3.14

3.12

­2,7% ­6,8% ­2,3% ­2,7% +1,4% +2,7% +5,8% +0,5% ­1,5% ­0.6% 2.31 0.94

2.25 0.78

2.27 0.69

2.29 0.59

2.34 0.58

2.42 0.58

2.59 0.59

2.80 0.39

2.92 0.22

3.03 0.09

Wegen fehlender Kapazitäten mussten auch nach dem Ablagerungsverbot vom 1. Januar 2000 noch brennbare Abfälle deponiert werden.

Die Gesamtmenge der in KVA und auf Deponien angelieferten brennbaren Abfälle ist seit 1999 ziemlich stabil. Der starke Anstieg von 1996 auf 1999 (+10 %) hat sich glücklicherweise nicht fortgesetzt. Im Jahre 2002 gelangten 97 Prozent aller brennbaren Abfälle zur Verbrennung in eine KVA. Der Rest wurde auf den Reaktordeponien abgelagert. Seit Beginn der regelmässigen Erhebungen vor 10 Jahren ist der thermisch entsorgte Anteil damit um 18 Prozent gestiegen.

Entsorgung der brennbaren Abfälle in den Regionen Abbildung 1 M itte lla n d / P la te a u

T e s s in

1' 200' 000

150' 000

1' 000' 000 800' 000

100' 000 Deponie / Décharge

600' 000

Deponie / Décharge

KVA / UIOM

400' 000

KVA / UIOM 50' 000

200' 000 -

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

1996

1997

O s ts c h w e iz / S u is s e o r ie n ta le

1998

1999

2000

2001

2002

R o m a n d ie

1' 400' 000

1' 000' 000

1' 200' 000

800' 000

1' 000' 000 800' 000

Deponie / Décharge

600' 000

KVA / UIOM

600' 000

Deponie / Décharge KVA / UIOM

400' 000

400' 000 200' 000

200' 000 -

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

Verbrennung und Ablagerung der brennbaren Abfälle in den 4 Schweizer Entsorgungsregionen ­ Mittelland: AG, BE, BL, BS, LU, NW, OW, SO ­ Ostschweiz (inkl. FL): AI, AR, GL, GR, SG, SH, SZ, TG, UR, ZG, ZH ­ Romandie: FR, GE, JU, NE, VD, VS ­ Tessin: TI

8031

Trotz dem seit Beginn des Jahres 2000 geltenden Ablagerungsverbot konnten nicht alle brennbaren Abfälle verbrannt werden. Die starke Mengenzunahme Ende der neunziger Jahre hat zu Kapazitätsengpässen geführt, die in einigen Regionen noch die direkte Ablagerung von brennbaren Abfälle nötig machte (s. Abb. 1). Im Jahr 2000 mussten noch 390 000 Tonnen brennbare Abfälle abgelagert werden; 2001 waren es 220 000 Tonnen und 2002 nur noch etwas mehr als 90 000 Tonnen. Sobald genügend Verbrennungskapazität zur Verfügung steht, sollen keine brennbaren Abfälle mehr abgelagert werden.

Künftige Entwicklungen der brennbaren Abfallmengen Sämtliche konsumierte Güter enden irgendwann als Abfall und müssen dann verwertet oder verbrannt und abgelagert werden. Es besteht deshalb eine enge Beziehung zwischen Konjunkturentwicklung und Abfallmenge, die darüber hinaus mit der Bevölkerungszunahme korreliert. Angesichts der gegenwärtigen mittelmässigen Konjunkturaussichten ist nicht mit einer wesentlichen Zunahme des Konsums zu rechnen.

Seit 1990 konnten trotz Zunahme des Konsums und damit der totalen Abfallmenge, die zu verbrennenden Abfälle konstant gehalten oder sogar reduziert werden, weil es gelang, mehr Abfälle zu verwerten. Bei den mengenmässig bedeutsamen Separatsammlungen Altglas und Altpapier hat die Schweiz aber inzwischen Recyclingraten erreicht, die keine deutlichen Steigerungen mehr erwarten lassen. Ein gewisses Potenzial besteht noch im Bereich der Grüngutsammlungen. Die bestehenden Grüngut-Verwertungssysteme sind zu optimieren, wo dies mit verhältnismässigen Kosten möglich ist. Eine solche Optimierung wäre beispielsweise die intensivierte Sammlung von Küchen- und Gartenabfällen in verschiedenen städtischen Agglomerationen. Eine interne Studie des Bundesamtes für Energie hat zudem gezeigt, dass auch im Kanton Tessin noch ein erhebliches Potenzial an Grüngut für eine Verwertung vorhanden wäre.

In Bezug auf die KVA-Planung muss indes betont werden, dass eine verstärkte Verwertung des Grüngutes mittels Vergärung oder Kompostierung den Bedarf an Verbrennungskapazität kaum reduziert. Biogene Abfälle haben einen tiefen Heizwert und liefern nur wenig Energie in KVA. Weil aber die Kapazität der KVA primär durch den Energieinhalt der Abfälle bestimmt wird, hat die zunehmende Verwertung von pflanzlichen und tierischen
Abfällen keinen grossen Einfluss auf die benötigte KVA-Kapazität.

Das BUWAL rechnet für die nächsten Jahre mit einer gleich bleibenden Menge an brennbaren Abfällen. Die Bevölkerungszunahme dürfte Verbesserungen beim Recycling zum Teil kompensieren. Mit einem Anstieg um mehrere zehntausend Tonnen ist hingegen aufgrund vermehrter Anlieferungen von Kehricht aus dem grenznahen Ausland (D, F) zu rechnen. Die entsprechenden Vereinbarungen zur regionalen Zusammenarbeit sind teilweise bereits unterzeichnet.

8032

2.1.2.2

KVA-Kapazitätsplanung in der Schweiz bis 2010

Gesamtschweizerische Betrachtung Angesichts der weiterhin zu erwartenden rund 3,2 Millionen Tonnen brennbarer Abfälle pro Jahr fehlen der Schweiz aktuell noch rund 100 000 Jahrestonnen Verbrennungskapazität. Wie die untenstehende Abbildung zeigt, werden die voraussichtlich bis 2006 realisierten Erweiterungen und Neubauten ermöglichen, die gesamten brennbaren Abfälle der Schweiz in nächster Zeit zu verbrennen.

Prognose von Abfallmenge und KVA-Kapazität bis 2008 Kapazität und Abfallmenge (1000 t) Abbildung 2 4000

4000

3000

3000

2000

1000

Jahr

Kapazität [Mio. t/a]

2000

2.83

2001

3.02

2002

3.09

2003

3.15

2004

3.16

2005

3.27

2006

3.51

2007

3.49

2008

3.49

2000

1000

0 2000

0 2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

Mengenentwicklung minimal: Die Abfallmenge bleibt Konstant

Maximale Kapazitätsentwicklung

maximal: Die Abfallmenge nimmt um 1% jährlich zu

8033

Annahmen für Szenario «maximal mögliche Kapazität» Jahr

KVA

Annahmen

Auswirkung auf Kapazität

Mitte 2001 Mitte 2001

Freiburg

Volllastbetrieb der neuen KVA

neue Kapazität von 88 000 t/a

Josefstrasse, ZH

2. alte Ofenlinie revidiert

Mitte 2001 2002

Hinwil

2. alte Ofenlinie revidiert

zusätzlich 30 000 t/a (techn.

möglich wären 100 000 t/a, aber Beschränkung aus politischen Gründen) zusätzlich 20 000 t/a

Volllastbetrieb

zusätzlich 46 000 t/a

2002

Les Cheneviers Hinwil

zusätzlich 20 000 t/a

2002 Ab 2003 Ab 2003 Ab 2005 Ab 2005

Zermatt Zuchwil Monthey Thun Trimmis

Vollbetrieb der revidierten Ofenlinie Schliessung der KVA Neue 4. Ofenlinie als Reserve Ersatz der alten Ofenlinie Volllastbetrieb der neuen KVA Ersatz der alten Ofenlinie

Ab 2006 Ab 2006 Ab 2006

Tessin Lausanne Lausanne

Volllastbetrieb der neuen KVA Schliessung der alten KVA Volllastbetrieb der neuen KVA

Kapazitätsverlust von 9000 t/a Kapazität bleibt unverändert zusätzlich 50 000 t/a neue Kapazität von 100 000 t/a zusätzliche Kapazität von 20 000 t/a neue Kapazität von 160 000 t/a Kapazitätsverlust von 40 000 t/a neue Kapazität von 130 000 t/a

Abbildung 2 zeigt aber auch, dass neue KVA-Projekte mit Bedacht angegangen werden müssen. Ohne gesamtschweizerische Koordination könnten sonst ab 2006 neue Überkapazitäten geschaffen werden. BUWAL, kantonale Abfallfachstellen sowie die Anlagebetreiber stellen regelmässig Abfallmengen, bestehende und geplante Kapazitäten gegenüber. Das USG verpflichtet die Kantone zur Zusammenarbeit und zum Vermeiden von Überkapazitäten. Bei regelmässigen Treffen mit den Vertretern der verschiedenen Hauptregionen «Romandie», «Mittelland» und «Ostschweiz/Tessin» weist das BUWAL auf die sich abzeichnende Entwicklung hin und drängt die Kantone und Abfallverbände zur Zurückhaltung bei nicht eingeplanten Kapazitätserweiterungen. Bewilligungsinstanz für den Ausbau und Neubau von KVA bleiben jedoch, je nach kantonalem Recht, die Kantone oder auch die Gemeinden.

Eine gute Möglichkeit, Bedarf und Kapazität in den Regionen aufeinander abzustimmen, ergibt sich beim Ersatz älterer Anlagen. Die mittlere technische Lebensdauer einer KVA beträgt 20 bis 25 Jahre. Von den 57 derzeit in Betrieb stehenden Ofenlinien in der Schweiz sind 12 Linien mit einer Kapazität von insgesamt 440 000 Tonnen älter als 20 Jahre. Diese Linien müssen in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich ersetzt oder zumindest total revidiert werden. Je nachdem, wie sich die Abfallmenge entwickelt, und je nach Zeitpunkt der Inbetriebnahme der im Kanton Tessin geplanten Anlage kann durch den Ersatz oder allenfalls die Stilllegung alter Ofenlinien die KVA-Kapazität den jeweiligen Bedürfnissen angepasst werden.

8034

Stellung der KVA Tessin in der gesamtschweizerischen KVA-Planung Bereits in der ersten Runde zur Koordination der KVA-Kapazitäten in der Schweiz, die das BUWAL mit den Kantonen zwischen 1992 und 1994 durchgeführt hat, wurde festgehalten, dass eine KVA im Kanton Tessin aufgrund der angestrebten regionalen Autonomie notwendig ist. Später bestätigte das BUWAL verschiedentlich den Bedarf für die Errichtung einer Verbrennungsanlage im Kanton Tessin.

Aufgrund seiner Grösse, der geographischen Lage und der zu erwartenden Transportkosten empfiehlt sich für das Tessin eine eigenständige Lösung. Der Transport sämtlicher brennbarer Abfälle des Kantons Tessin über den Gotthard in die Ostschweiz macht nur in einer Übergangsphase Sinn.

Das Parlament hat auch 1997 grundsätzlich zur Frage einer neuen KVA im Kanton Tessin Stellung genommen. Bei der Änderung des Gewässerschutzgesetzes hat das Parlament dem Bundesrat nämlich die Kompetenz gegeben, die für Subventionen an KVA massgebliche Frist unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 31. Oktober 1999 zu verlängern. Im Dezember 1999 hat der Bundesrat die Frist für die geplanten Anlagen im Berner Oberland und im Kanton Tessin verlängert. Er hat dabei anerkannt, dass der Kanton Tessin nicht über die notwendigen Kapazitäten zur Verbrennung der anfallenden Abfälle verfügt, dass der Bau einer Anlage im Tessin einer vom Bund und den Kantonen seit längerem verfolgten Strategie zur besseren regionalen Verteilung der Anlagen entspricht und dass es längerfristig keinen Sinn macht, Abfälle über weite Distanzen zu transportieren.

2.2

Gesetzentwurf

Am 4. September 2003 stimmte die UREK-S dem Vorentwurf der Kommissionsinitiative zu. Gleichzeitig zog Ständerat Lombardi seine Initiative 02.462 zurück.

«Artikel 62 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer wird wie folgt ergänzt: Art. 62 Abs. 2 ... Der Anspruch auf Bundesbeiträge bleibt erhalten, wenn der erstinstanzliche Entscheid über die Erstellung einer Anlage innerhalb der verlängerten Frist getroffen wurde, aus technischen Gründen, die nicht dem Kanton angelastet werden können, eine neue Anlage bewilligt werden muss, der neue erstinstanzliche Entscheid vor dem 1. November 2005 getroffen wird und mit dem Bau vor dem 1. November 2006 begonnen wird.»

2

3

Erläuterung zur neuen Bestimmung

Die Ergänzung in Artikel 62 Absatz 2 vermeidet, dass ein neuer rein formeller Bundesratsentscheid für die KVA Tessin, die als einzige alle aufgezählten Bedingungen erfüllt, notwendig wird. Ausserdem wird das in diesem Zusammenhang nicht ganz klare Kriterium der höheren Gewalt nicht mehr verwendet.

8035

4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle Aspekte

4.1.1

Subventionen des Bundes an Abfallanlagen

Seit Einführung der Subventionierung von Abfallanlagen im Jahre 1973 hat der Bund bis Ende 2002 Beiträge in Höhe von 995 Millionen Franken ausgerichtet. Dies entspricht 138 Franken pro Einwohner. Der weitaus grösste Teilbetrag wurde für KVA aufgewendet. Bei der Subventionierung gibt es grosse kantonale Unterschiede, da erstens nur Kantone mit subventionsberechtigten Anlagen unterstützt werden, zweitens die Finanzkraft der einzelnen Kantone für die Höhe der Subventionen bestimmend ist. Die Beiträge schwanken deshalb zwischen 0 bis über 480 Franken pro Einwohner.

Bundessubventionen an Abfallbehandlungsanlagen Abbildung 3

80

B u n d e s b e itr ä g e [in M io . Fr ]

G es am t

70

KVA D e p o n ie n D ive rs e A n la g e n

60

50

40

30

20

10

0 19 7 3

19 7 4

19 7 5

19 7 6

19 7 7

19 7 8

19 7 9

19 8 0

19 8 1

19 8 2

19 8 3

19 8 4

19 8 5

19 8 6

19 8 7

19 8 8

19 8 9

19 9 0

19 9 1

19 9 2

19 9 3

19 9 4

19 9 5

19 9 6

19 9 7

19 9 8

19 9 9

2000

2001

2002

Bis Ende 2002 hat der Kanton Tessin 38 Millionen Franken Subventionen für Abfallanlagen (v.a. Deponien) bekommen, oder 123 Franken pro Einwohner. Er liegt somit etwas unter dem schweizerischen Durchschnitt. Mit der Erteilung einer Subvention an die neue KVA Tessin in der Höhe von 50 Millionen Franken, würde sich dieser Betrag mehr als verdoppeln.

4.1.2

Finanzielle Auswirkungen für den Bund und für den Kanton Tessin

Subventionierung durch den Bund Bei der Berechnung der Investitionskosten für ein neues KVA-Projekt muss in Abhängigkeit der Marktlage und der geplanten Kapazität der Anlage mit durchschnittlichen Investitionskosten von 1500 bis 2000 Franken pro Tonne Verbrennungskapazität gerechnet werden. In diesem Bereich liegt auch das KVA-Projekt des Kantons Tessin, bei dem bei einer Kapazität von 160 000 Tonnen pro Jahr Gesamtkosten von ca. 250 Millionen Franken (exkl. MWSt.) veranschlagt sind.

8036

Der Subventionssatz für Abfallanlagen beträgt nach Gewässerschutzgesetz 25 %.

Somit lägen die erwarteten Subventionen für die geplante KVA Tessin, basierend auf den beitragsberechtigten Kosten und nach Abzug der bereits an die ehemaligen Tessiner KVA Bioggio und Riazzino entrichteten Subventionen (ca. 4,8 Mio. Fr.), bei ca. 50 Millionen Franken. Der Kanton Tessin wird voraussichtlich die KVA auch mit eigenen Subventionen unterstützen Stellungnahme der Eidgenössischen Finanzverwaltung Der Bundeshaushalt präsentiert sich in einem dramatisch verschlechterten Licht. Das Rechnungsjahr 2002 schloss mit einem Defizit von 3,3 Milliarden ab. In den nächsten Jahren sind Einnahmenausfälle in der Höhe von 4 bis 5,5 Milliarden zu erwarten, welche den massiven Einbruch von Börse und Wirtschaft widerspiegeln.

Der in seinem Ausmass überraschende Einnahmeneinbruch führte zusammen mit den in der Zwischenzeit eingetretenen Ausgabenänderungen zu einer markanten Verschlechterung der Haushaltperspektiven. Aufgrund der Einnahmen 2002, der neusten Einnahmenschätzungen sowie der revidierten Wirtschaftsprognosen muss in Zukunft mit Defiziten im Bundeshaushalt in Milliardenhöhe (4 bis 5,5 Mia.)

gerechnet werden. Fügt man diesen unerfreulichen Zahlen die möglichen, sich in der Warteschlange befindenden Mehrbelastungen (Bundesanteile an den Mehrwertsteuerprozenten für AHV/IV, Sozialziel Krankenversicherung, weitergehende Forderungen im Steuerpaket bei der Gewinnbesteuerung juristischer Personen, bilaterale Verhandlungen II mit der EU) hinzu, so kann sich die Schere zwischen Bundeseinnahmen und -ausgaben bis über 7 Milliarden öffnen.

Vor diesem Hintergrund beschloss der Bundesrat in seiner Sitzung vom 29. Januar 2003 eine umfassende Sanierungsstrategie. Kernpunkt ist das Entlastungsprogramm 2003, das ab 2005 zu greifen beginnt und bis 2006 Verbesserungen von rund 2 Milliarden bringen soll. Die zweite Stufe bildet der zeitliche Aufschub der Ehepaarund Familienbesteuerung, der allerdings durch die Beschlüsse der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) vorerst in Frage gestellt scheint. Als dritte Stufe sind notfalls auch kompensatorische Steuererhöhungen ins Auge zu fassen.

Die Subventionierung der KVA Tessin durch den Bund in der Höhe von rund 50 Millionen ist weder budgetiert noch im Finanzplan 2004­2006 eingestellt. Zudem
ist aufgrund der dargelegten Zahlenbasis der Bau der KVA Tessin auch ohne Bundessubvention für den Kanton Tessin kostengünstiger als das Verbleiben beim Status quo. Vor dem Hintergrund der beschriebenen massiven Verschlechterung der Finanzperspektiven und der anstehenden, einschneidenden Sanierungsbemühungen kann die Eidgenössische Finanzverwaltung der geplanten Subventionierung der KVA Tessin bzw. der dafür erforderlichen Änderung von Artikel 62 GschG nicht zustimmen.

Einfluss der Subventionierung auf den Verbrennungspreis Die Höhe der Verbrennungspreise wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Hierbei spielen sowohl der Auslastungsgrad der Anlage, als auch die Abschreibungspolitik, die Kosten des Fremdkapitals, die Bildung von Finanzreserven für Sanierungen und Ersatz der Anlage, sowie die Höhe der Subventionen eine Rolle. Im Falle der KVA Tessin lässt sich der Einfluss von Bundessubventionen auf den Verbrennungspreis wie folgt abschätzen:

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Sollte die geplante KVA ohne Subventionen von Bund und Kanton realisiert werden, so läge der Verbrennungspreis nach heutigen Abschätzungen des Kantons Tessins zwischen 210 und 230 Franken pro Tonne. Demgegenüber reduziert sich dieser Preis um max. 30 Franken auf 180 bis 200 Franken pro Tonne, wenn die Anlage durch den Bund subventioniert wird.

Finanzielle Folgen für den Kanton Tessin im Falle eines Verzichts auf die eigene KVA Im Falle eines Verzichts auf eine eigene KVA müsste der Kanton Tessin seine Abfälle in Zukunft gesamthaft in die Ostschweizer KVA exportieren. Der dabei anfallende Entsorgungspreis setzt sich aus den Transportkosten (z.Z. Fr. 73.­/t gemäss Angaben des Kantons Tessin) und dem Verbrennungspreis in den KVA (z.Z. Fr. 185.­/t) zusammen. Somit beträgt er gegenwärtig insgesamt 258 Franken pro Tonne (exkl. MWSt.). Die Annahmepreise für Siedlungsabfälle der Schweizer KVA liegen zwischen ca. 150 und ca. 300 Franken pro Tonne. Die langfristigen finanziellen Auswirkungen des Exports im Vergleich zu einer eigenen Tessiner KVA lassen sich wie folgt darstellen: a) Kostenvergleich: Abfallexport des Kantons Tessin gegenüber einer eigenen KVA mit Bundessubventionen Falls die geplante Tessiner KVA vom Bund subventioniert wird, ist der Exportpreis 68 Franken höher als der durchschnittliche Verbrennungspreis der eigenen Anlage. Bezogen auf eine mittlere jährliche Abfallmenge des Kantons Tessin von 140 000 Tonnen wird der Abfallexport rund 9,5 Millionen Franken pro Jahr teurer als die Entsorgung in einer eigenen KVA. Auf eine angenommene Lebensdauer der KVA von 20 Jahren berechnet, wirkt sich diese Preisdifferenz mit ca. 190 Millionen Franken aus.

b) Kostenvergleich: Abfallexport des Kantons Tessin gegenüber einer eigenen KVA ohne Bundessubventionen Der Preis für den Abfallexport in die Ostschweiz liegt um 38 Franken höher als der durchschnittliche Verbrennungspreis der geplanten KVA Tessin, falls diese keine Subventionen erhält. Bei einer mittleren jährlichen Abfallmenge des Kantons Tessin von 140 000 Tonnen ist somit der Export 5,3 Millionen Franken teurer als die Entsorgung in einer eigenen KVA. Auf 20 Jahre berechnet, beträgt diese Preisdifferenz rund 106 Millionen Franken.

Differenz Exportpreis ­ Verbrennungspreis TI pro Tonne Jährliche Kosteneinsparungen bei Entsorgung in eigener KVA.

(140 000 Tonnen Abfall/Jahr) Kosteneinsparungen bei einer KVA-Lebensdauer von 20 Jahren

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Mit Bundessubventionen

Ohne Bundessubventionen

68 Franken

38 Franken

9,5 Millionen Franken

5,3 Millionen Franken

190 Millionen Franken

106 Millionen Franken

c) Transportkosten beim Export der Abfälle des Kantons Tessin Die durch den Export der Tessiner Abfälle in die Ostschweiz entstehenden Kosten sind bedeutend: Mit dem aktuellen Transportpreis von 73 Franken pro Tonne ergeben sich bei einer jährlichen Abfallmenge des Kantons Tessin von 140 000 Tonnen Kosten von 10,2 Millionen Franken pro Jahr. Auf 20 Jahre berechnet betragen die Transportkosten somit gesamthaft über 200 Millionen Franken, d.h. 80 % der Investitionskosten für eine neue Anlage. Dazu kommt, dass die Abfalltransporte ökologisch nachteilig sind.

4.1.3

Personelle Auswirkungen

Die Vorlage hat weder für den Bund noch den Kanton nennenswerte personelle Auswirkungen.

4.2

Vollzugstauglichkeit

Die Vorlage bietet im Vollzug keine Probleme.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Gewährung von Bundesbeiträgen an den Bau einer Kehrichtverbrennungsanlage im Kanton Tessin ist in Bezug auf das europäische Recht nicht von Bedeutung.

6

Rechtliche Grundlagen

6.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

6.1.1

Subventionierung

Gestützt auf das Gewässerschutzgesetz (GSchG) hat der Bund in der Vergangenheit die Kantone bei der erstmaligen Erstellung von Abfallanlagen, d.h. von KVA, Deponien und Kompostierwerken, mit Subventionen unterstützt. Im Rahmen der verschiedenen Revisionen des GSchG wurden die entsprechenden Bestimmungen immer restriktiver ausgestaltet. Nach dem geltenden GSchG (Fassung vom 20. Juni 1997) leistet der Bund den finanziell schwachen und mittelstarken Kantonen Abgeltungen an Abfallanlagen, wenn der erstinstanzliche Entscheid über die Erstellung der Anlage vor dem 1. November 1997 getroffen wurde. Bei der parlamentarischen Beratung fügte der Ständerat in Artikel 62 Absatz 2 GSchG eine Ergänzung ein, wonach der Bundesrat diese Frist für Regionen, die noch nicht über die notwendigen Kapazitäten verfügen, bis zum 31. Oktober 1999 verlängern kann, wenn es die Umstände erfordern.

Für die beiden geplanten KVA im Tessin und im Berner Oberland lagen am 1. November 1997 keine Baubewilligungen vor. Der Bundesrat hat deshalb von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht und die Frist bis 31. Oktober 1999 verlängert.

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Sowohl für die Anlage im Berner Oberland als auch für die Anlage im Kanton Tessin wurden in der Folge die erstinstanzlichen Baubewilligungen vor dem 1. November 1999 erteilt. Für die Anlage im Tessin wurde im Oktober 1999 ein Subventionsgesuch beim BUWAL eingereicht. Weil die Realisierung der Anlage auf Grund technischer Probleme noch nicht feststand, hat das BUWAL aber keine formelle Verfügung, d.h. weder Grundsatzentscheid noch Zusicherung erstellt.

Aus den bekannten Gründen konnte die im Kanton Tessin rechtzeitig bewilligte Thermoselect-Anlage nicht gebaut werden. Es soll nun eine neue, auf einer konventionellen Technologie beruhende Anlage geplant, bewilligt und gebaut werden.

Diese Anlage weist andere Eigenschaften und Abmessungen auf und braucht deshalb unbestrittenermassen eine neue Baubewilligung. Die vom Gesetzgeber für die Gewährung eines Bundesbeitrags verlangte Voraussetzung, wonach die Baubewilligung vor dem 1. November 1999 erteilt sein muss, ist für diese Anlage somit nicht mehr gegeben.

Zu argumentieren, mit der alten Baubewilligung sei die Voraussetzung für Bundesbeiträge für die neue Anlage erfüllt, würde nicht nur dem klaren Wortlaut des Artikels 62 Absatz 2 GSchG, sondern auch der bisherigen konstanten Subventionspraxis des BUWAL widersprechen. Das BUWAL hat in den vergangenen Jahren in Verlaufe eines Subventionsverfahrens wesentlich geänderte Gesuche als Gesuche für eine neue Anlage entsprechend dem neuen Recht beurteilt. Weil die Subventionsbestimmungen des GSchG in den letzten Jahren schrittweise abgebaut wurden, fiel eine Neubeurteilung nach dem neuen Recht regelmässig zu Ungunsten des Gesuchstellers und zu Gunsten der Bundeskasse aus. Wenn hier für den Kanton Tessin anders entschieden würde, wäre dies eine klare Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes und würde von all jenen, die in einer ähnlichen Situation Subventionsverluste in Kauf nehmen mussten, nicht verstanden.

6.2

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Es werden keine neuen Rechtsetzungsbefugnisse delegiert.

6.3

Erlassform

Weil die zu verlängernde Frist auf Gesetzesstufe festgelegt ist, muss auch deren Änderung auf Gesetzesstufe erfolgen.

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