01.453 Parlamentarische Initiative Steuerbefreiung für Beiträge zur Unterstützung der wissenschaftlichen Forschung (Stump) Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 18. Februar 2003

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen gemäss Artikel 21quater Absatz 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) den vorliegenden Bericht. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, der beiliegenden Gesetzesänderung zuzustimmen.

18. Februar 2003

Im Namen der Kommission Der Präsident: Jean-Philippe Maître

2003-0746

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Nationalrätin Doris Stump reichte am 5. Oktober 2001 eine Parlamentarische Initiative ein, die für die Verteilung von Forschungsgeldern auf im Rahmen eines Projektes beteiligte Partner im universitären und ausseruniversitären Bereich sowie für die zwischen den Forschungsbeteiligten erbrachten Leistungen die Befreiung von der Mehrwertsteuer verlangt. Am 26. September 2002 gab der Nationalrat der Parlamentarischen Initiative auf Antrag ihrer Kommission einstimmig Folge1. Die Parlamentarische Initiative wurde der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates zur Ausarbeitung einer Vorlage zugeteilt. Die Kommission beriet einen entsprechenden Entwurf unter Beizug der Eidgenössischen Steuerverwaltung an ihrer Sitzung vom 18. Februar 2003. Sie verabschiedete den Bericht und den Gesetzesentwurf mit 19 zu 0 Stimmen ohne Enthaltungen.

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Grundzüge der Vorlage

2.1

Handlungsbedarf

2.1.1

Handlungsbedarf bei der Verteilung von Forschungsgeldern

Nach geltendem Recht und Praxis ist gemäss Artikel 33 Absatz 6 Buchstabe c des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer2 eine Befreiung von der Mehrwertsteuer für Beiträge zur Unterstützung der wissenschaftlichen Forschung von Forschungsgemeinschaften grundsätzlich nur für den unmittelbar ersten Beitragsempfänger vorgesehen. Werden diese Beiträge vollumfänglich oder teilweise an Beteiligte der Forschungsgemeinschaft weitergeleitet, so werden die Forschungsgelder bei den Empfängern besteuert. Dies führt zu einer Reduktion der zur Verfügung stehenden Forschungsbeiträge. Oftmals werden Forschungs- und Entwicklungsprojekte aber über ein Kompetenzzentrum (Leading House) abgewickelt, das einem verbundenen Netz von Partnern und Partnerinstitutionen die Aufgaben zuweist und Aufträge erteilt. Dies ist z.B. bei den Nationalen Forschungsschwerpunkten (NFS) der Fall.

Werden Beiträge von einem Kompetenzzentrum an die Beteiligten der Forschungsgemeinschaft überwiesen, so unterliegen diese beim Empfänger nach geltendem Recht der Mehrwertsteuer. Für Subventionsgeber wie z.B. den Schweizerischen Nationalfonds hat die Eidgenössische Steuerverwaltung die Steuerbefreiung in der Praxis erweitert. Wie der von ihr herausgegebenen Branchenbroschüre Nr. 19 «Bildung und Forschung» zu entnehmen ist, unterliegt die Zahlung bei den Mitgesuchstellern dann nicht der Steuer, wenn im Gesuch für Beiträge zur Unterstützung der wissenschaftlichen Forschung sowohl der Haupt- als auch die Mitgesuchsteller und die ihnen zustehenden Beiträge genannt werden, die Zahlung des gesamten Betrages jedoch an den Hauptgesuchsteller erfolgt und dieser genau die im Beitragsgesuch festgehaltenen Beiträge weiterleitet. Diese Praxis gilt nur für Programmforschung 1 2

AB 2002 N 1466 SR 641.20

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mit ihren so genannten Schwerpunktprogrammen (SPP), die nun durch die NFS abgelöst werden. Diese Handhabung ist damit in ihrem Anwendungsbereich eng begrenzt, was nach einer neuen gesetzlichen Regelung verlangt. Die zur Verfügung stehenden Forschungsgelder sollen nicht mehr durch die Besteuerung des Weiterleitens reduziert werden.

2.1.2

Handlungsbedarf bei zwischen Forschungsbeteiligten erbrachten Leistungen

Entschädigungen, die für gegenseitig erbrachte Leistungen innerhalb des gleichen Forschungsvorhabens erbracht werden, werden nach geltendem Recht unter den Begriff des Entgelts subsumiert und sind somit steuerpflichtig. Es handelt sich dabei um Geldleistungen, personelle Leistungen und Sachleistungen, die von den Beteiligten von Forschungsgemeinschaften an die Gemeinschaft erbracht werden.

Auch die von den Partnern innerhalb eines subventionierten Forschungsprojektes für dieses Projekt erbrachten und für die Zusprechung der Subvention verlangten Eigenleistungen werden folglich besteuert. Durch die Besteuerung werden die Leistungen und damit auch die zur Verfügung stehenden Mittel verringert. Damit wird eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Institutionen innerhalb eines Projekts gehemmt. Die Vergabe von Aufgaben an autonome Einheiten wird dadurch unattraktiv. Die über ein Forschungszentrum organisierten Projektbeteiligten werden anderen gegenüber steuerrechtlich benachteiligt, welche die Entwicklungs- oder Forschungstätigkeit selbst erfüllen können.

2.2

Gesetzesentwurf

Die Vorlage beinhaltet einerseits die Mehrwertsteuerbefreiung für die Verteilung der Forschungsgelder auf die an einem Forschungsprojekt Beteiligten und andererseits die Mehrwertsteuerbefreiung für die zwischen den Forschungsbeteiligten erbrachten Leistungen, soweit sie Beiträge zur Unterstützung der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung erhalten.

2.2.1

Mehrwertsteuerbefreiung für die Verteilung der Forschungsgelder auf die am Forschungsprojekt Beteiligten

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung des Artikels 33 Absatz 6 Buchstabe c des Mehrwertsteuergesetzes würden die Beiträge zur Unterstützung der wissenschaftlichen Forschung auf allen Stufen von der Mehrwertsteuer befreit. Diese Steuerbefreiung umfasst dabei sowohl öffentliche als auch private Forschungsgelder. Das Weiterleiten von Unterstützungsbeiträgen von der Empfängerin oder dem Enpfänger an Beteiligte würde dann die Forschungsgelder nicht mehr unnötig reduzieren.

Dadurch würden der Forschungsplatz Schweiz gestärkt und hochschulpolitische Ziele unterstützt.

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2.2.2

Mehrwertsteuerbefreiung für die zwischen den Forschungsbeteiligten erbrachten Leistungen

Durch die Einfügung der Ziffer 11bis in Artikel 18 des Mehrwertsteuergesetzes werden Leistungen, namentlich personelle Leistungen und Sachleistungen, die von den Beteiligten von Forschungsgemeinschaften an die Gemeinschaft erbracht werden, von der Steuerpflicht ausgenommen, sofern die Institution oder Person Beiträge nach Artikel 33 Absatz 6 Buchstabe c des Mehrwertsteuergesetzes erhält. Die von den Partnern innerhalb eines subventionierten Forschungsprojektes für dieses Projekt erbrachten und für die Zusprechung der Subvention verlangten Eigenleistungen sollen nicht mehr mit der Steuer belastet werden. Damit werden Einzelforscher und Forschungsgemeinschaften steuerrechtlich gleichgestellt. Eine solche Gesetzesänderung beeinträchtigt auch die Wettbewerbsneutralität nicht, da öffentliche und private Organisationen gleich behandelt werden.

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Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

Die mit der vorliegenden Parlamentarischen Initiative verfolgte Gesetzesrevision sieht vor, den Artikel 33 Absatz 6 Buchstabe c des Mehrwertsteuergesetzes zu ergänzen und in Artikel 18 des Mehrwertsteuergesetzes eine neue Ziffer 11bis einzufügen.

3.1

Mehrwertsteuerbefreiung für die Verteilung der Forschungsgelder auf die am Forschungsprojekt Beteiligten

Die Ergänzung des Artikels 33 Absatz 6 Buchstabe c des Mehrwertsteuergesetzes besteht darin, dass auch diejenigen Beträge, die eine Forschungsgemeinschaft erhält und an Personen und Institutionen weiterleitet, welche am gleichen Forschungsoder Entwicklungsprojekt beteiligt sind, nicht zum Entgelt gehörende Beiträge darstellen, falls es sich beim Beitragsempfänger um eine Forschungsgemeinschaft handelt. Die Nationalen Forschungsschwerpunkte (NFS) beispielsweise bestehen aus einem Kompetenzzentrum (Leading House) und einem damit verbundenen Netz von Partnern und Partnerinstitutionen aus dem Hochschulbereich oder ausserhalb des Hochschulbereichs. Das Leading House eines NFS leitet die Beiträge, welche es vom Schweizerischen Nationalfonds erhält, an seine Partner weiter, welche die einzelnen Teilprojekte realisieren. Es handelt sich dabei um ein Weiterleiten von Subventionen und das gilt auch für die im Zusammenhang mit den budgetierten Reserven gesprochenen Subventionen, die nicht von vornherein einem Teilprojekt zugeordnet werden, sondern deren Verteilung in die Kompetenz des Leading House fällt. Dieses Weiterleiten von Subventionen unterliegt gemäss der neuen Ergänzung des Artikels 33 Absatz 6 Buchstabe c des Mehrwertsteuergesetzes nicht mehr der Mehrwertsteuer. Da sich dieser Vorgang nicht nur bei den NFS so abspielt, sondern auch bei Beiträgen der Schweizerischen Universitätskonferenz (SUK) und bei EU- und weiteren internationalen Forschungsprojekten, wird diese Regelung für alle entsprechenden Fälle gelten.

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3.2

Mehrwertsteuerbefreiung für die zwischen den Forschungsbeteiligten erbrachten Leistungen

Mit der neuen Ziffer 11bis in Artikel 18 des Mehrwertsteuergesetzes sollen die Leistungen von Institutionen und Personen, die im Rahmen einer Gemeinschaft am gleichen Forschungs- oder Entwicklungsprojekt beteiligt sind, von der Steuer ausgenommen sein, sofern die Gemeinschaft Beiträge nach Artikel 33 Absatz 6 Buchstabe c des Mehrwertsteuergesetzes erhält. Die Ausnahme gilt dabei nur für Leistungen, die sich die Institutionen und Personen zwecks Ausführung eines solchen Forschungs- oder Entwicklungsprojekts gegenseitig erbringen. Es handelt sich dabei um Geldleistungen, personelle Leistungen und Sachleistungen, die von den Beteiligten der Forschungsgemeinschaften an die Gemeinschaft erbracht werden, entsprechend den Leistungen von Gesellschaftern an die einfache Gesellschaft. Auf Grund der rechtlichen Ausgestaltung namentlich der NFS haben die Beteiligten, wenn sie vom Schweizerischen Nationalfonds Forschungsbeiträge erhalten wollen, im Sinne von Auflagen bestimmte Eigenleistungen zu erbringen. Es geht dabei namentlich um die Einrichtung eines Kompetenzzentrums (Leading House) durch eine universitäre Hochschule als Heiminstitution und um die Zurverfügungstellung von Personal und Infrastruktur durch die am Forschungsprojekt mitbeteiligten Forschungsinstitutionen (Mitgesuchsteller). Sinn der neuen Ziffer 11bis ist es, die von den Partnern innerhalb eines subventionierten Forschungsprojekts für dieses Projekt erbrachten und für die Zusprechung der Subvention verlangten Eigenleistungen nicht noch mit der Steuer zu belasten. Diese neue Ausnahmebestimmung ist jedoch ausdrücklich mit der korrespondierenden Bestimmung des Artikels 33 Absatz 6 Buchstabe c des Mehrwertsteuergesetzes verknüpft. Mit einer derart umschriebenen Ergänzung des Mehrwertsteuergesetzes ist sichergestellt, dass der Austausch von Leistungen innerhalb von einfachen Gesellschaften in allen andern Fällen, die also nicht die Realisierung von subventionierten Forschungs- und Entwicklungsprojekten zum Zweck haben, weiterhin steuerbar bleibt.

4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle Auswirkungen

Wird das Weiterleiten von Forschungsgeldern von der Mehrwertsteuer befreit, so entfällt eine Steuerbelastung in schwer abschätzbarer Höhe. Die Initiantin geht von ca. 8 Millionen Franken bei den NFS und 3,8 Millionen Franken bei der Schweizerischen Universitätskonferenz aus. Wie in Ziffer 2.1.1 hievor erklärt, wendet die Eidgenössische Steuerverwaltung seit dem Inkrafttreten des Mehrwertsteuergesetzes am 1. Januar 2001 in Bezug auf die Weiterleitung von Beiträgen im Sinne des Artikels 33 Absatz 6 Buchstabe c des Mehrwertsteuergesetzes eine Praxis an, die als restriktiv erscheinen mag. Würden indessen sämtliche Fälle von solchen Beiträgen, die ein «Leading House» erhält und anteilsmässig an die Partner des Forschungsprojekts weiterleitet, dem Artikel 33 Absatz 6 Buchstabe c des Mehrwertsteuergesetzes unterstellt, entfiele eine Steuerbelastung auf den betreffenden weitergeleiteten Geldern. Von einem Steuerausfall könnte mithin in diesem Umfang nicht mehr gesprochen werden. Der Wortlaut des Artikels 33 Absatz 6 Buchstabe c des Mehrwertsteuergesetzes liesse an sich eine solche (weitergehende) Auslegung zu. Im 3197

Hinblick auf eine solcherart erweiterte Anwendung des Artikels 33 Absatz 6 Buchstabe c des Mehrwertsteuergesetzes verzichtet die Eidgenössische Steuerverwaltung jedoch darauf, die betreffenden Beiträge als Steuerausfälle zu qualifizieren.

Die Steuerbefreiung der Leistungen, die sich die Partner eines Forschungs- oder Entwicklungsprojekts, das durch wissenschaftliche Forschungs- oder Entwicklungsbeiträge unterstützt wird, gegenseitig erbringen, verursacht voraussichtlich einen Steuerausfall von jährlich gegen einer Million Franken.

4.2

Vollzugstauglichkeit

Mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung wird die Mehrwertsteuerpflicht betreffend Forschungs- und Entwicklungsgelder durch eindeutige Kriterien geregelt. Dies soll einen mühelosen Vollzug ermöglichen.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die EG-Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern kennt keine entsprechende Steuerbefreiung. Im deutschen Umsatzsteuergesetz (UStG 1999) ist allerdings unter § 4 Ziffer 21a eine derartige Steuerbefreiung enthalten. Die Bestimmung lautet folgendermassen: «Von den unter § 1 Absatz 1 Nummer 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei: die Umsätze der staatlichen Hochschulen aus Forschungstätigkeit. Nicht zur Forschungstätigkeit gehören Tätigkeiten, die sich auf die Anwendung gesicherter Erkenntnisse beschränken, die Übernahme von Projektträgerschaften sowie Tätigkeiten ohne Forschungsbezug.»

6

Verfassungsmässigkeit

Artikel 130 der Bundesverfassung ermächtigt den Bund zur Ausgestaltung und Erhebung der Mehrwertsteuer.

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