03.073 Botschaft zur Änderung des Fernmeldegesetzes (FMG) vom 12. November 2003

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Entwurf und die Botschaft zur Änderung des Fernmeldegesetzes (FMG) und beantragen Ihre Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2001 M

00.3393

Elektronische Massenwerbesendungen. «Spamming» (N 6.10.00, Sommaruga; E 15.3.01)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. November 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2003-1375

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Übersicht Der Schweizer Fernmeldemarkt wurde am 1. Januar 1998 liberalisiert. Dank der Marktöffnung haben die Konsumentinnen und Konsumenten eine grössere Auswahl an Dienstleistungen, und die Preise sind insbesondere im Bereich der Festnetztelefonie merklich gesunken. Die Mobilfunktelefonie hat einen deutlichen Aufschwung erlebt, gefolgt von den Breitbanddiensten, die einen schnellen Internetzugang ermöglichen. Alle Landesteile haben von der Öffnung des Marktes für den Wettbewerb profitiert, wobei die Grundversorgung immer gewährleistet war.

Der Liberalisierungsprozess, der diese positiven Entwicklungen bewirkt hat, verliert aber allmählich an Dynamik, da die ehemalige Monopolistin die Infrastruktur für den direkten Zugang der Kundschaft (Anschlussnetz) besitzt. Deshalb soll den Marktneulingen ein gerechter Zugang zur Infrastruktur und zu den Diensten der beherrschenden Anbieterin gegeben und ihnen ermöglicht werden, in die Technologien zu investieren, die am meisten versprechen. Dadurch können sie ihren Kundinnen und Kunden eigene, massgeschneiderte Dienste anbieten. Der Bundesrat hat bereits auf dem Verordnungsweg die letzte Meile für den Wettbewerb geöffnet (Entbündelung des Teilnehmeranschlusses). Er beantragt zudem dem Parlament, alle Fragen, die mit dem Zugang zu den Einrichtungen und Diensten der marktbeherrschenden Anbieterin zusammenhängen, generell zu regeln.

Der vorliegende Änderungsentwurf des Fernmeldegesetzes (FMG) orientiert sich weitgehend am neuen Rechtsrahmen der Europäischen Union. Er übernimmt jedoch nicht alle Instrumente. Insbesondere verzichtet der Bundesrat auf die Einführung von Ex-ante-Bestimmungen, die es dem Regulator ermöglichen, von Amtes wegen die relevanten Märkte zu definieren, die Anbieterinnen zu bezeichnen, die auf diesen Märkten eine beherrschende Stellung einnehmen, und diesen Anbieterinnen bestimmte Pflichten aufzuerlegen. Wie bisher werden die Beziehungen zwischen den Fernmeldedienstanbieterinnen von den Parteien selbst geregelt. Nur wenn eine davon die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) darum ersucht, kann diese ­ auf der Basis des Gutachtens der Wettbewerbskommission zur Marktbeherrschung ­ intervenieren und der marktbeherrschenden Anbieterin die im Gesetz vorgesehenen Pflichten auferlegen.

Vom neuen europäischen Recht wird im Entwurf
hingegen das System der Allgemeingenehmigung übernommen; die Fernmeldedienstkonzessionen werden abgeschafft und die Meldepflicht entsprechend ausgeweitet. Konzessionen werden weiterhin nötig sein für die Pflicht, die Grundversorgung sicherzustellen, und für die Nutzung des Funkfrequenzspektrums.

Ein Teil des Entwurfs befasst sich mit dem Konsumentenschutz und dem Schutz der persönlichen Daten. Der Bundesrat beantragt die Schaffung einer Schlichtungsstelle für Streitigkeiten zwischen Kundinnen oder Kunden und Anbieterinnen von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten. Das BAKOM kann die Schaffung einer solchen Stelle der Fernmeldebranche überlassen. Ferner soll das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ergänzt werden durch ein Verbot unverlangt gesendeter Massenwerbung.

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Die vorgeschlagenen Massnahmen zielen darauf, den Wettbewerb auf dem Fernmeldemarkt zu fördern und die Transparenz für die Konsumentinnen und Konsumenten zu erhöhen. Dies sollte sich gleichzeitig positiv auf die gesamte Wirtschaft und letztlich auf die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz auswirken. Die vorliegende Änderung ist mit der Stellung unseres Landes innerhalb internationaler Organisationen (WTO, OECD) vereinbar und sollte seine Beziehungen zur Europäischen Union (bilaterale Verhandlungen II) verbessern.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Hintergrund

1.1.1

Die Entwicklung des Schweizer Fernmeldemarktes seit 1998

Die Öffnung des Marktes am 1. Januar 1998 hat die Telekommunikationslandschaft in unserem Land beträchtlich verändert. So sind nach Jahrzehnten des staatlichen Monopols heute über 300 Fernmeldedienstanbieterinnen auf dem Schweizer Markt tätig1. Diese neuen Akteure, die unterschiedlich gross und auf verschiedenen Märkten tätig sind, haben mit ihrem Angebot die Vielfalt der Dienste, die den Konsumentinnen und Konsumenten sowie den Unternehmen zur Verfügung stehen, stark erweitert. Offensichtlich schätzte die Kundschaft die neuen Wahlmöglichkeiten, und die alternativen Anbieterinnen konnten schrittweise ihr Vertrauen gewinnen. So betrug der geschätzte Marktanteil der neuen Anbieterinnen auf dem Festnetzmarkt ungefähr 28 Prozent der lokalen Verbindungen, 32 Prozent der nationalen Verbindungen, 46 Prozent der Auslandgespräche und 36 Prozent der Verbindungen vom Fest- aufs Mobilfunknetz2. Auf dem Mobilfunkmarkt betrug der Marktanteil der neuen Anbieterinnen Ende 2002 etwas weniger als 40 Prozent3.

Insgesamt hat sich die Entwicklung des Wettbewerbs auch positiv auf das Preisniveau ausgewirkt. Betrachtet man die Entwicklung des Indexes für Konsumentenpreise für Fernmeldedienste, so stellt man fest, dass dieser zwischen Januar 1998 und März 2003 um 31,2 Prozent zurückgegangen ist. Die Entwicklung verlief in der betrachteten Zeitspanne allerdings sehr unterschiedlich. War der Preisrückgang im ersten Jahr noch bescheiden (ca. ­2,6 %), so beschleunigte er sich 1999 (ca. ­15 %) und 2000 (­16 %) stark. Seither stagnierten die Preise4.

Ob dank oder trotz der Liberalisierung ­ die Unternehmen dieser Branche haben weiterhin in die Infrastrukturen investiert. Als Folge der Installation von ISDNAnschlüssen5 ist die Zahl der Zugangskanäle seit dem Anfang der Liberalisierung

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Quelle: BAKOM, Fernmeldestatistik, Entwicklung bis zum 31. Dezember 2002 für bestimmte Indikatoren, Sammlung aus diversen Quellen, Biel, Mai 2003, S. 49. Dieses Dokument ist auf der Website des BAKOM verfügbar: http://www.bakom.ch/de/telekommunikation/statistik/publikationen/index.html.

Diese Informationen stammen aus einer auf der Swisscom-Website veröffentlichten Publikation vom 21. November 2002 mit dem Titel «Simply Steady, Simply Solid, Simply Swisscom».

Genauer: 37,1 %. Quelle: BAKOM, Fernmeldestatistik, Entwicklung bis zum 31. Dezember 2002 für bestimmte Indikatoren, Sammlung aus diversen Quellen, Biel, Mai 2003, S. 18.

Dieser Index wird vom Bundesamt für Statistik berechnet und umfasst die Festnetz- und die Mobilfunktelefonie sowie den Internetzugang. Quelle: BAKOM, Fernmeldestatistik, Entwicklung bis zum 31. Dezember 2002 für bestimmte Indikatoren, Sammlung aus diversen Quellen, Biel, Mai 2003, S. 21.

ISDN bedeutet Integrated Services Digital Network (dienstintegrierendes digitales Fernmeldenetz).

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stark gestiegen6. Bei der Mobilfunktelefonie hat sich der Abdeckungsgrad, der in Prozent der Oberfläche des Landesgebiets ausgedrückt wird, ebenfalls verbessert.

Ende 2001 waren 80 Prozent des Landesgebiets, gegenüber 70 Prozent Ende 1998, durch Mobilfunknetze (GSM-Netze) abgedeckt. Zudem hat heute praktisch die ganze Bevölkerung (99 %) Zugang zu den Diensten, die über solche Netze angeboten werden7. Im internationalen Vergleich verfügt die Schweiz über sehr gute Infrastrukturen. So lag sie im Jahr 2001 in Bezug auf die Anzahl Fernmeldekanäle (Kanäle des Fest- und des Mobilfunknetzes) pro 100 Einwohner gleich nach Luxemburg und Schweden auf Rang drei aller OECD-Länder8.

Die Öffnung des Schweizer Fernmeldemarktes hat auch dazu beigetragen, ein günstiges Umfeld für den Aufschwung der Informationsgesellschaft zu schaffen. Ein Beleg dafür ist der grosse Erfolg des Internets, hat doch ein Drittel der Bevölkerung zurzeit ein Abonnement bei einer Internetzugangsanbieterin, während es Ende 1997 erst 1 Prozent war9. War der Internetzugang ursprünglich nur für sehr wenige verfügbar, so ist er heute weit verbreitet. Mittlerweile stehen für die Nutzerinnen und Nutzer immer höhere Übertragungsgeschwindigkeiten im Vordergrund. So ist die Zahl der Breitbandanschlüsse (ADSL-Zugang und Zugang via Kabelmodem) in den Jahren 2001 und 2002 stark gewachsen10.

Die günstigeren Bedingungen, die durch die Liberalisierung entstanden sind, und der Wettbewerb, den sie ermöglicht hat, haben die Verhaltensweisen verändert und den Konsum von Fernmeldediensten angeregt; das auffallendste Beispiel dafür ist die Mobilfunktelefonie. Von Ende 1997 bis Ende 2002 hat sich die Durchdringungsrate der Mobilfunkanschlüsse mehr als verfünffacht und stieg von 14,7 auf 79,1 Prozent (Schätzung)11. Bei den SMS, die im Grunde nur ein Folgeprodukt sind, hat es in den letzten Jahren einen regelrechten Boom gegeben (2001 wurden über 3 Milliarden SMS verschickt12). Bei den Einnahmen aus den öffentlichen Fernmeldediensten pro Einwohner oder Einwohnerin stand die Schweiz im Jahr 2001 an der Spitze der OECD-Länder13. Dieser Indikator illustriert gesamthaft, wie stimulierend sich die Verbreiterung des Angebots und der Rückgang der Konsumentenpreise ausgewirkt haben.

Die Einführung und Entwicklung des Wettbewerbs hat ausserdem die Zahl der Stellen in der Branche positiv beeinflusst. Diese stieg von 22 145 im Jahr 1997 auf 6

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8 9 10

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Die Zahl der Zugangskanäle ist in der Tat von 4 688 000 Ende 1997 auf ca. 5 419 000 Ende 2002 gestiegen. Quelle: BAKOM, Fernmeldestatistik, Entwicklung bis zum 31. Dezember 2002 für bestimmte Indikatoren, Sammlung aus diversen Quellen, Biel, Mai 2003, S. 10.

Quelle: BAKOM, Amtliche Fernmeldestatistik 2001, Biel, Mai 2003, S. 26. Dieses Dokument ist auf der Website des BAKOM verfügbar: http://www.bakom.ch/de/telekommunikation/statistik/publikationen/index.html.

Quelle: OECD, Perspectives des communications de l'OCDE 2003, Paris, Mai 2003, S. 88.

Quelle: BAKOM, Fernmeldestatistik, Entwicklung bis zum 31. Dezember 2002 für bestimmte Indikatoren, Sammlung aus diversen Quellen, Biel, Mai 2003, S. 43.

Ende 2000 zählte man 48 466 Anschlüsse dieser Art; Ende 2002 waren es bereits 455 220. Quelle: BAKOM, Fernmeldestatistik, Entwicklung bis zum 31. Dezember 2002 für bestimmte Indikatoren, Sammlung aus diversen Quellen, Biel, Mai 2003, S. 12.

Quelle: BAKOM, Fernmeldestatistik, Entwicklung bis zum 31. Dezember 2002 für bestimmte Indikatoren, Sammlung aus diversen Quellen, Biel, Mai 2003, S. 16.

Quelle: BAKOM, Amtliche Fernmeldestatistik 2001, Biel, Mai 2003, S. 29.

Quelle: OECD, Perspectives des communications de l'OCDE 2003, Paris, Mai 2003, S. 66.

7955

24 772 Ende 200114. Angesichts der konjunkturellen Lage kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass es im Jahr 2002 und in der ersten Hälfte des Jahres 2003 einen Rückgang gegeben hat. Insgesamt aber sind die auf dem Schweizer Fernmeldemarkt tätigen Unternehmen sehr konkurrenzfähig. Gemäss einem von der OECD berechneten Produktivitätsindikator lag die Schweiz in Bezug auf den Umsatz pro Mitarbeiter im Jahr 2001 an dritter Stelle aller OECD-Länder15. Was das Unternehmen Swisscom betrifft, hat dieses seit der Marktöffnung keine Federn gelassen.

Trotz der allgemeinen Wirtschaftsflaute hat das Unternehmen im Vergleich zu den meisten ehemaligen Monopolistinnen im Ausland äusserst gesunde Finanzen vorzuweisen.

Wie bereits erläutert, haben die Liberalisierung des Fernmeldemarktes und der dadurch entstandene Wettbewerb zahlreiche positive Auswirkungen gehabt. Die Diversifizierung des Angebots, die Vergrösserung der Dienstepalette sowie der Rückgang der Preise sind allen Konsumentinnen und Konsumenten unseres Landes zugute gekommen, und zwar unabhängig von ihrem Standort innerhalb des Landes.

Dieser Punkt ist hervorzuheben, da man befürchtet hatte, die Situation bestimmter Kategorien von Nutzerinnen und Nutzern, z.B. derjenigen mit bescheidenem Einkommen oder in Randregionen, verschlechtere sich durch die Liberalisierung.

Trotz dieser positiven Entwicklungen gibt es Anlass zur Sorge. In der Tat ist die ehemalige Monopolistin Swisscom über fünf Jahre nach der Marktöffnung auf vielen Märkten, die mit der Erbringung von Festnetzdiensten zu tun haben, immer noch dominierend; der Wettbewerb neigt zum Stillstand16. Sorgen bereitet vor allem die Situation auf dem Anschlussmarkt und auf dem Markt für Ortsgespräche. Ende 2002 lieferte nämlich das Unternehmen Swisscom immer noch fast alle Schmalbandanschlüsse in unserem Land. Bei den Ortsgesprächen ist der Marktanteilverlust von 2001 auf 2002 (Rückgang von 82 % auf ungefähr 72 %) weniger auf eine erneute Wettbewerbsverschärfung als vielmehr auf neue Rahmenbedingungen zurückzuführen. Seit der Einführung des neuen Nummerierungsplans Ende März 200217 nehmen nämlich die meisten Kundinnen und Kunden, die eine Vorwahl für eine alternative Anbieterin gewählt hatten, nur noch deren Dienste in Anspruch und gehen für ihre Ortsgespräche nicht mehr über die Swisscom. Schliesslich
ist zu erwähnen, dass die Abschaffung des Ortstarifs mit Inkrafttreten des neuen Nummerierungsplans eine Erhöhung des Preises für Ortsgespräche nach sich gezogen hat.

Auf dem seit kurzem bestehenden Markt für Breitband-Internetanschlüsse scheint die Situation weniger Besorgnis erregend zu sein, da die Zahl der ADSL-Anschlüsse in letzter Zeit erfreulich zugenommen hat (195 220 Abonnemente Ende 2002 gegen14 15 16

17

Quelle: OECD, Perspectives des communications de l'OCDE 2003, Paris, Mai 2003, S. 222.

Quelle: OECD, Perspectives des communications de l'OCDE 2003, Paris, Mai 2003, S. 217.

Am Ende des dritten Quartals des Jahres 2002 betrug der Marktanteil der Swisscom bei den lokalen Verbindungen schätzungsweise 72 % (gegenüber 84 % zwei Jahre früher und 82 % im Vorjahr), 68 % bei den nationalen Verbindungen (69 % im Jahr 2000 und 68 % im Jahr 2001), 54 % bei den Auslandgesprächen (57 % in den Jahren 2000 und 2001) und 64 % bei den Anrufen vom Fest- aufs Mobilfunknetz (68 % im Jahr 2000 und 65 % im Jahr 2001). Diese Informationen stammen aus zwei Präsentationen, die auf der Swisscom-Website veröffentlicht sind: a) Company Presentation, «Solid as a Rock», 11. Januar 2002; b) «Simply Steady, Simply Solid, Simply Swisscom», 21. November 2002.

Der neue Nummerierungsplan hatte namentlich zur Folge, dass die Vorwahl auch bei Ortsgesprächen gewählt werden muss.

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über 33 379 Ende 200118). Dennoch ist das auf dem Markt verfügbare xDSLAngebot relativ einheitlich. Dies liegt daran, dass die alternativen Anbieterinnen von den Grosshandelsdiensten der Swisscom abhängen. Ihr Handlungsspielraum ist deshalb stark eingeschränkt, und es ist zu befürchten, dass dies langfristig einen hemmenden Einfluss auf die Entwicklung des Marktes hat, besonders in Bezug auf die technologische und geschäftliche Innovation. Damit die Entwicklung des Wettbewerbs nicht ins Stocken gerät und die Konsumentinnen und Konsumenten sowie die Unternehmen langfristig nicht auf ihre positiven Auswirkungen verzichten müssen, ist es sinnvoll, Massnahmen zur Kompensation gewisser Mängel in der Gesetzgebung zu ergreifen.

1.1.2

Die Lücken der heutigen Regelung

1.1.2.1

Stand des Wettbewerbs

Es ist also anzuerkennen, dass auf dem Schweizer Fernmeldemarkt nicht alles zum Besten steht und dass der Wettbewerb in einigen Marktsegmenten Mühe hat, sich durchzusetzen und seine positive Wirkung zu entfalten. Diese Schwierigkeiten sind in erster Linie auf den fehlenden direkten Zugang der alternativen Anbieterinnen zu den Nutzerinnen und Nutzern zurückzuführen. Solange die ehemalige Monopolistin bei Teilnehmeranschlüssen und Mietleitungen eine beherrschende Stellung einnimmt, bleibt dieser Engpass bestehen.

Auf Grund der sehr hohen Kosten für die Errichtung der Infrastruktur ist es für neue Anbieterinnen in der Tat schwierig, wenn nicht gar unmöglich, der ehemaligen Monopolistin mit gleich langen Spiessen gegenüberzutreten. Diese konnte ihr Netz über einen sehr langen Zeitraum hinweg unter dem Schutz ausschliesslicher Rechte und durch Finanzierung über ihre Monopolrente aufbauen. Da die Hürden für den Markteinstieg relativ schwer zu überwinden sind, sind die alternativen Anbieterinnen weitgehend von den Diensten der ehemaligen Monopolistin abhängig, um ihre eigenen Dienste den Teilnehmerinnen und Teilnehmern anbieten zu können.

Dieses Abhängigkeitsverhältnis gilt nicht nur im Bereich der Telefonie, sondern auch bei den Breitband-Datendiensten für den schnellen Internetzugang, die dank neuer Technologien für die verbesserte Ausnutzung der Teilnehmerleitungen (xDSL) oder über Mietleitungen bereitgestellt werden.

Die Hürden für den Markteinstieg werden noch dadurch erhöht, dass mögliche Ersatztechnologien wie die Kabelnetze (CATV), die drahtlosen Teilnehmeranschlüsse (Wireless Local Loop) oder das Stromnetz (Power Line Communication), dank denen die Dienste im Einzelhandel ebenfalls direkt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern angeboten werden könnten, die anfänglich in sie gesetzten Erwartungen noch nicht erfüllen und im Moment keine echte Alternative zum Anschlussnetz der ehemaligen Monopolistin darstellen19. Zwar hat die Cablecom am 18. Februar 2003 einen neuen Dienst mit der Bezeichnung «cablecom digital phone» 18 19

Quelle: Swisscom, Geschäftsbericht 2002, Wichtiges in Kürze.

Die Leserinnen und Leser, die sich einen Überblick über die verschiedenen BreitbandZugangstechnologien und ihre Verwendungsmöglichkeiten verschaffen möchten, werden auf folgendem Dokument interessante Angaben finden: BAKOM, Breitbandkommunikation in der Schweiz: Eine Standort-Bestimmung zu Infrastruktur und Nutzung, Biel, Juli 2002, http://www.bakom.ch/imperia/md/content/deutsch/medieninformationen/ mediengesprch02/breitbandbericht_d.pdf.

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lanciert, der das Telefonieren via Kabelmodem erlaubt. Wenn auch diese Premiere grosse Hoffnungen weckt, sollte man nicht vergessen, dass dieses Produkt noch in den Kinderschuhen steckt20 und dass das Cablecom-Netz im Gegensatz zum Swisscom-Netz bei weitem nicht alle Landesteile erreicht21. Es ist deshalb schwierig, sich die künftige Entwicklung dieses Dienstes und erst recht die Auswirkungen, die er letztlich auf den Markt der Festnetztelefonie haben wird, vorzustellen. Gleichzeitig bieten die Kabelbetreiber schon seit einiger Zeit mit Erfolg Internetanschlüsse über das Kabelmodem an22. Der Wettbewerbsdruck, den sie auf dem Breitbandmarkt ausüben, ist erfreulich und hat sich schon positiv ausgewirkt. Es ist zu vermuten, dass dieser Druck, gepaart mit der Tatsache, dass die Pflicht zur Entbündelung des Teilnehmeranschlusses wahrscheinlich eingeführt wird, das Unternehmen Swisscom massgeblich dazu bewogen hat, die nötigen Investitionen zur Erhöhung des ADSLAbdeckungsgrads zu tätigen. Im Übrigen waren im Frühjahr 2002 beträchtliche Preissenkungen auf dem Einzelhandelsmarkt zu verzeichnen. Trotz dieser zufrieden stellenden Entwicklung sollte man im Auge behalten, dass in bestimmten Landesteilen kein Kabelnetz vorhanden ist, das bidirektionale Verbindungen und somit einen schnellen Internetanschluss ermöglicht, während andere Landesteile überhaupt kein Kabelnetz haben. Schliesslich ist die Gefahr einer Überlastung des Kabelnetzes relativ hoch, denn je mehr Kundschaft hinzukommt, desto höhere Investitionen zur Vergrösserung der Bandbreite sind nötig, was nicht unbedingt selbstverständlich ist23. Unter diesen Umständen scheint es berechtigt, Massnahmen zur Durchsetzung eines gesunden und dauerhaften Wettbewerbs im ganzen Land zu befürworten.

Zu diesen Massnahmen gehören die Entbündelung des Teilnehmeranschlusses und die Interkonnektion der Mietleitungen. Davon betroffen ist nur die marktbeherrschende Anbieterin. Was den zweiten Fall betrifft, hat das Bundesgericht entschieden, dass nach damals geltendem Recht im Bereich der Interkonnektion die Swisscom nicht dazu verpflichtet werden konnte, den anderen Anbieterinnen Mietleitungen zu kostenorientierten Preisen anzubieten (Commcare-Entscheid). Mit Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Bundesgerichts konnte die ComCom nur ihre Machtlosigkeit bedauern
und war gezwungen, das Interkonnektionsgesuch von TDC (Sunrise) um Entbündelung des Teilnehmeranschlusses abzulehnen.

Der Wille zur Einführung solcher Massnahmen entspringt einer fundierten Situationsanalyse. Im Vergleich zu den ausländischen Regulierungsbehörden verfügt der Schweizer Regulator über weniger Instrumente, um die Entstehung eines wirksamen Wettbewerbs auf allen Ebenen zu begünstigen. Der mangelnde Wettbewerb im Bereich der letzten Meile wurde im Übrigen vom Internationalen Währungsfonds als beunruhigend genug erachtet, um in der Bilanz des Jahres 2002 über die Wirt-

20 21

22 23

Im April 2003 war dieses Angebot auf etwa hundert Nutzerinnen und Nutzer im Rahmen eines «consumer test launch» beschränkt.

Gemäss Schätzungen sind etwa 40 % der Schweizer Haushalte an das Cablecom-Netz angeschlossen. Dieses Netz ist im Übrigen noch nicht ausgerüstet, um überall bidirektionale Verbindungen zu ermöglichen.

Ende Dezember 2002 zählten die Kabelbetreiber 260 000 Internetanschlüsse (vgl. www.swisscable.ch).

Einer der grossen Unterschiede zwischen dem leitergebundenen Netz der Swisscom und dem Netz der Kabelbetreiber besteht darin, dass bei Ersterem jeder Kunde oder jede Kundin eine Anschlussleitung für sich alleine hat, während sie sich bei Letzterem die Leitung teilen müssen.

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schafts- und Finanzlage der Schweiz erwähnt zu werden24. Auch die OEDC empfiehlt in ihrer Untersuchung der Wirtschaftslage in der Schweiz im Jahr 2002, die Entbündelung des Teilnehmeranschlusses einzuführen25.

Die deutsche WIK Consult GmbH des Wissenschaftlichen Instituts für Kommunikationsdienste (WIK), die eine Studie über den Stand des Schweizer Telekommunikationsmarktes durchgeführt hat26, kommt zum Schluss, dass ohne neue Regulierungsmassnahmen die bisher festgestellten positiven Auswirkungen des Wettbewerbs auf den Mobiltelefoniemarkt nachlassen werden und der Wettbewerb auf den Breitbandmärkten behindert wird. Konkret empfiehlt die Studie bei Marktbeherrschung eine Regulierung auf der Vorleistungsebene, d.h. insbesondere die Einführung einer Entbündelungsregelung bei der Teilnehmeranschlussleitung sowie die Regulierung des Mietleitungsmarktes. Ferner sollte auch der Wiederverkauf von Diensten gefördert werden. Gleichermassen müsste im Mobilfunkbereich der Anspruch auf Netzzugang für den Wiederverkauf von Diensten oder für das Betreiben von virtuellen Netzen (MVNO) garantiert werden. Handlungsbedarf besteht auch hinsichtlich der Terminierungsentgelte, die in der Schweiz nur unter sehr geringem Wettbewerbsdruck stehen.

Angesichts dieser Sachlage hat der Bundesrat bereits die Entscheidung getroffen, über eine Änderung der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV; SR 784.101.1, AS 2003 544), die am 1. April 2003 in Kraft getreten ist, die Mietleitungen sowie die Entbündelung des Teilnehmeranschlusses (vollständig entbündelter Zugang und gemeinsamer Zugang zum Teilnehmeranschluss) und den schnellen Bitstromzugang (Bitstream Access) dem Interkonnektionssystem zu unterstellen. Um die Transparenz des Gesetzes zu erhöhen, sollen diese Instrumente ausdrücklich im Gesetz verankert werden. Die vorgeschlagenen Änderungen ermöglichen es, die Fragen im Zusammenhang mit dem Zugang zu den Ressourcen und den Diensten der marktbeherrschenden Anbieterin generell zu regeln.

1.1.2.2

Konsumentenschutz

Eine weitere Lücke im geltenden Gesetz betrifft den Konsumentenschutz. Mit der Vervielfachung der Angebote und Tarife ist die bewusste Auswahl von Dienstleistungen für die Konsumentinnen und Konsumenten teilweise schwierig geworden.

Dies ist ein Preis, der für vielfältige Fernmeldedienste in einem liberalisierten Markt zu bezahlen ist. Aber auch die Gefahr von Missbräuchen ist gross. Zudem befinden sich Verbraucherinnen und Verbraucher häufig in einer schwierigen Lage, wenn sie merken, dass sie Opfer eines solchen Missbrauchs geworden sind. Sie haben kaum Chancen, ihre Telefonrechnung vor einem Zivilrichter erfolgreich anzufechten. 1997 hatte der Gesetzgeber auf die Einführung eines aussergerichtlichen Verfahrens für die Streitbeilegung verzichtet. Er war damals der Ansicht gewesen, dass die Anbie24

25 26

Diese Überprüfung wurde vom 22. Februar bis 4. März 2002 durchgeführt. Das «Concluding Statement» ist auf dem Server des Eidgenössischen Finanzdepartements verfügbar: http://www.efd.admin.ch/d/dok/medien/medienmitteilungen/2002/03/iwf2.htm.

Vgl. OECD, Etudes économiques de l'OCDE, Suisse, Paris, 2002, S. 17 und 113.

Vgl. die Studie «Stand des Schweizer Telekommunikationsmarktes im internationalen Vergleich»., deren erste Ergebnisse im Mai 2002 erschienen sind. Die vollständige Studie (Deutsch) und eine Zusammenfassung (Deutsch und Französisch) können auf der Website des BAKOM unter folgender Adresse eingesehen werden: http://www.bakom.ch/de/telekommunikation/marktanalysen/index.html.

7959

terinnen selbst am besten in der Lage wären, von sich aus eine Schlichtungsstelle einzurichten. Diese haben aber bisher keine solche Stelle eingerichtet, und das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) erhält immer mehr «Beschwerden» unzufriedener Kundinnen und Kunden.

Zudem haben sich in jüngster Zeit verschiedene Dienstleistungen und Praktiken etabliert, welche Massnahmen zum Schutze der Konsumentinnen und Konsumenten nötig machen. Zu denken ist dabei etwa an den fernmeldetechnischen Versand unerwünschter Massenwerbung (Spamming), die Verwendung von Standortdaten in der Mobilkommunikation oder das Bearbeiten von Daten auf fremden Geräten (Cookies).

1.1.3

Der neue europäische Rechtsrahmen

Am 1. Januar 1998 wurde der Fernmeldemarkt in der Schweiz und in der Europäischen Union für den freien Wettbewerb geöffnet. Seither verzeichnet er vor allem wegen der Konvergenz von Telekommunikation, Rundfunk und Informationstechnologien ein rasches Wachstum. Darum begann die Europäische Kommission 1999 eine vollständige Überarbeitung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens für die Telekommunikation, der ursprünglich für den Übergang vom Monopol zum Wettbewerb entwickelt worden war.

Zweck der Überarbeitung durch die Europäische Union war die Systematisierung des Rechtsrahmens durch die Neuordnung der zahlreichen bestehenden Bestimmungen in sechs Richtlinien, einer Verordnung und einer Entscheidung:

27 28 29 30 31

­

Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss27;

­

Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie)28;

­

Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie)29;

­

Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie)30;

­

Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie)31;

Abl. L 336 vom 30.12.2000, S. 4.

Abl. L 108 vom 24.04.2002, S. 7.

Abl. L 108 vom 24.04.2002, S. 21.

Abl. L 108 vom 24.04.2002, S. 33.

Abl. L 108 vom 24.04.2002, S. 51.

7960

­

Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation)32;

­

Entscheidung Nr. 676/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen Rechtsrahmen für die Funkfrequenzpolitik in der Europäischen Gemeinschaft (Frequenzentscheidung)33;

­

Richtlinie 2002/77/EG der Kommission vom 16. September 2002 über den Wettbewerb auf den Märkten für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste34.

Basierend auf der Rahmenrichtlinie hat die Europäische Kommission zudem Leitlinien zur Marktanalyse und zur Ermittlung beträchtlicher Marktmacht35 und eine Empfehlung über relevante Produkt- und Dienstemärkte, die für eine Vorabregulierung in Betracht kommen36, verabschiedet.

Auch wenn der schrittweise Übergang zum Wettbewerb bisher erfolgreich war, soll der neue europäische Rechtsrahmen der Liberalisierung und Harmonisierung des Binnenmarkts neuen Antrieb verleihen. So wurde das Gewicht auf die Öffnung der letzten Meile für den Wettbewerb (Entbündelung des Teilnehmeranschlusses) sowie die Definition und Analyse der Märkte gelegt. Ziel ist hierbei, den Unternehmen, die auf diesen Märkten eine beherrschende Stellung einnehmen, spezifische Verpflichtungen aufzuerlegen (Ex-ante-Regulierung). Daneben wurden die Befugnisse der Kommission zur Kontrolle der Entscheide von nationalen Regulatoren verstärkt (Vetorecht der Kommission bei bestimmten nationalen Beschlüssen). Schliesslich wurde das System der individuellen Lizenzen abgeschafft und durch das Regime der Allgemeingenehmigung ersetzt, was den Anbieterinnen den Zugang zu den elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten stark erleichtert. Die Verwendung von Funkfrequenzen und Nummern bleibt jedoch der Erteilung von Sonderrechten unterworfen.

Während die Verordnung zur Entbündelung des Teilnehmeranschlusses, die in den Mitgliedstaaten direkt anwendbar ist, schon am 2. Januar 2001 in Kraft getreten ist, mussten die Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates bis zum 24. Juli 2003 in das innerstaatliche Recht der Mitgliedsstaaten umgesetzt werden (die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation bis zum 31. Oktober 2003). Obwohl die Schweiz weder in der Europäischen Union noch im Europäischen Wirtschaftsraum Mitglied ist, hat sie ein klares Interesse daran, ihre Fernmeldegesetzgebung an jene der Nachbarländer anzupassen. Das Anbieten von Fernmeldediensten erfordert nämlich meistens besondere Kompetenzen sowie einen hohen Kapitaleinsatz, über die nur grosse, auf internationaler Ebene tätige Anbieterinnen 32 33 34 35

36

Abl. L 201 vom 31.07.2002, S. 37.

Abl. L 108 vom 24.04.2002, S. 1.

Abl. L 249 vom 17.09.2002, S. 21.

Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (2002/C 165/03; Abl. C 165 vom 11.07.2002, S.6).

Empfehlung der Kommission vom 11.02.2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -Dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (2003/311/EG; Abl. L 114 vom 08.05.2003, S. 45).

7961

(«global players») verfügen. Damit solche Investoren angezogen und gebunden werden, darf unsere Regelung nicht zu stark von denjenigen unserer Nachbarländer abweichen, denn zu viele spezifische Rechtsvorschriften können die Entfaltung der Tätigkeiten ernsthaft behindern. Der Wille, eine Kluft zwischen der Schweiz und ihren Nachbarländern zu vermeiden, stand schon bei der Totalrevision des Fernmeldegesetzes im Jahr 1997 im Vordergrund. Die Kompatibilität unserer Gesetzgebung mit derjenigen der Europäischen Union muss in einem Bereich, der mehr als alle anderen der zunehmenden Globalisierung der Wirtschaft unterworfen ist, weiterhin Priorität haben. Die Fernmeldedienste sind ausserdem Gegenstand der bilateralen Verhandlungen II, die 2002 aufgenommen wurden. In diesem Zusammenhang besteht die Europäische Kommission auf der Übernahme des gesamten Acquis communautaire und lehnt allfällige Abweichungen im Schweizer Recht ab (siehe dazu v.a. die Frage der Ex-ante-Regulierung in den Kapiteln 1.2.3 und 5).

1.2

Ergebnisse des Vorverfahrens

1.2.1

Vernehmlassungsentwurf

Am 15. Juli 2002 hat das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation den Vorentwurf für eine Änderung des Fernmeldegesetzes in die Vernehmlassung gegeben. Da der Bundesrat zudem beschlossen hatte, innerhalb einer kürzeren Frist auf Verordnungsebene die notwendigen Rechtsgrundlagen zu schaffen, um die Entbündelung des Teilnehmeranschlusses und die Mietleitungen dem Interkonnektionsregime zu unterstellen, war der Gesetzesvorentwurf von einem Entwurf zur Änderung der Verordnung über Fernmeldedienste begleitet. Weitere Änderungsanträge betrafen die Verordnung über die Adressierungselemente im Fernmeldebereich (AEFV).

Die interessierten Kreise wurden eingeladen, bis zum 15. Oktober 2002 zu diesen Entwürfen Stellung zu nehmen. An der Vernehmlassung nahmen 25 Kantone, das Bundesgericht, das Eidgenössische Versicherungsgericht, 7 politische Parteien, 7 Spitzenverbände, 48 Organisationen und Verbände, 14 im Fernmeldebereich tätige Unternehmen sowie 3 Privatpersonen teil, insgesamt also 106 Teilnehmer37.

1.2.2

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Der Revisionsvorschlag wird vom grössten Teil der Vernehmlassungsteilnehmer insgesamt klar positiv aufgenommen. So streichen zahlreiche Stellungnahmen hervor, dass der wirksame Wettbewerb durch die Neuregelung gestärkt und die Versorgung der Konsumentinnen und Konsumenten grundsätzlich verbessert werde.

Hervorgehoben wird häufig, dass eine Schwächung der Grundversorgung (insbesondere in Randregionen) auch in Zukunft verhindert werden müsse. Was die Europakompatibilität betrifft, so wird diese mehrheitlich begrüsst, teilweise aber auch als überbewertet erachtet. Ferner dürften bezüglich des Konsumentenschutzes und des 37

Die in die Vernehmlassung gegebenen Dokumente, die Zusammenfassung der Vernehmlassungsergebnisse und alle Stellungnahmen können unter folgender Internetadresse konsultiert werden: http:// www.bakom.ch/de/telekommunikation/grundlagen/gesetzesaenderungen/index.html.

7962

Arbeitsmarktes die positiven Auswirkungen aus Sicht der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer überwiegen. In einigen Stellungnahmen (insbesondere Swisscom, Gewerkschaften, einzelne Kantone und Parteien) kommt Skepsis betreffend des Handlungsbedarfs oder des Reformtempos zum Ausdruck. Schliesslich weisen einzelne Vernehmlassungsteilnehmer darauf hin, dass Bau, Unterhalt und Betrieb der Fernmeldeinfrastruktur (wieder) einem oder mehreren staatlichen Unternehmen übertragen werden könnten (Netzgesellschaft), dass der Koordination zwischen RTVG- und FMG-Revision grössere Beachtung geschenkt werden müsse und dass den technischen Unterschieden zwischen Kabelfernseh- und Telefonnetzen in der Ausgestaltung der Bestimmungen besser Rechnung zu tragen sei.

1.2.3

Weiteres Vorgehen

Der Bundesrat hat die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens am 19. Februar 2003 zur Kenntnis genommen. Er hat insgesamt die Richtung des Vorentwurfs bestätigt und die nötigen Massnahmen zur sofortigen Einführung der Entbündelung des Teilnehmeranschlusses und zur Unterstellung der Mietleitungen unter das Interkonnektionsregime durch eine Änderung der FDV vom 7. März 2003, die am 1. April 2003 in Kraft getreten ist, selbst ergriffen.

Zur Einführung einer Ex-ante-Regulierung, wie sie im Vorentwurf nach dem Beispiel der Europäischen Union vorgeschlagen worden war38, hat der Bundesrat festgestellt, dass die Meinungen geteilt sind. Während die einen der Ansicht waren, dass eine solche Regulierung zu mehr Transparenz und zur Chancengleichheit auf dem Markt beitragen würde, argumentierten die anderen mit der Gefahr der Einführung einer sektoriellen Regelung in einem Bereich, in dem die Regeln des allgemeinen Wettbewerbsrechts zur Bekämpfung von Missbräuchen reichen würden. Von Letzteren vertraten zudem manche die Ansicht, dass es sinnvoller sei, dem Regulator die notwendigen Ressourcen für eine raschere Beilegung von Streitfällen zuzusprechen.

Angesichts der bisher gesammelten Erfahrungen hält der Bundesrat eine Verbesserung des geltenden Systems, nicht aber eine radikale Umstellung für notwendig.

Abgesehen davon, dass ein systematisches Eingreifen des Regulators in die relevanten Märkte beträchtliche Kosten nach sich ziehen würde, ist ein solches Vorgehen auch nicht nötig. Die Instrumente des Wettbewerbsrechts haben sich in den meisten Fällen bewährt. Es ist sinnvoll, den Marktakteuren die Vereinbarung der Bedingungen ihrer Beziehungen zu überlassen; dadurch werden die Gefahren eines übertriebenen Interventionismus vermieden (Verhandlungsprimat). Deshalb verzichtet der Bundesrat darauf, die Einführung von Ex-ante-Vorschriften vorzuschlagen.

38

Während heute die ComCom bei Streitfällen zwischen Fernmeldedienstanbieterinnen nur auf Gesuch einer Partei nach Ablauf einer Verhandlungsfrist von drei Monaten eingreifen darf (vgl. Art. 11 Abs. 3 FMG), hätte sie den Auftrag erhalten, periodisch die Fernmeldedienstanbieterinnen, die auf den relevanten Märkten eine beherrschende Stellung einnehmen, zu bezeichnen und ihre Standardangebote zu genehmigen (vgl. Art. 10a und Art. 11 Abs. 1bis des Vorentwurfs).

7963

1.3

Grundzüge des Entwurfs

1.3.1

Aufhebung der Konzessionen für Fernmeldedienste

Das System der Konzessionen für Fernmeldedienste (Art. 4 ff.) bildet ein Hemmnis für den Markteintritt neuer Anbieterinnen von Fernmeldediensten. Zudem ist die Abgrenzung zu den meldepflichtigen Fernmeldediensten unklar, was zu Rechtsunsicherheit führt. Ein solches System hat heute, nach der erfolgreichen Einführung des Marktregimes, keine Berechtigung mehr. Die Anbieterinnen von Fernmeldediensten sollten in den Markt eintreten können, ohne zuvor eine Genehmigung für Fernmeldedienste beantragen zu müssen. Sie sollen einzig dazu verpflichtet werden, ihre geplante Tätigkeit zu melden. Damit wird das heute bereits für nicht konzessionspflichtige Anbieterinnen von Fernmeldediensten bestehende System der Meldungen erweitert. Künftig gibt es also nur noch eine Kategorie von Fernmeldedienstanbieterinnen, was zur Folge hat, dass die unterschiedliche Behandlung von Konzessionärinnen und meldepflichtigen Anbieterinnen aufgehoben wird. Die neue Regelung hebt sämtliche Beschränkungen des Zugangs zum Schweizer Telekommunikationsmarkt auf und erfüllt somit die Anforderungen des in der EU geltenden Regimes der Allgemeingenehmigungen. Der Staat gibt im neuen System die Allgemeingenehmigung zum Anbieten von Fernmeldediensten im Fernmeldegesetz selbst. Damit gestaltet er das ihm nach Artikel 92 der Bundesverfassung zustehende Fernmelderegal neu aus. Die neue Regelung entspricht auch dem Ansatz, der im Rahmen der Revision des RTVG gewählt wurde.

Mit dem System der allgemeinen Meldepflicht verschwinden weder die Grundversorgungskonzession (Art. 14 ff.) noch die Funkkonzessionen (Art. 22 ff.). Die Grundversorgungskonzession ist ein unerlässliches Instrument, um ein Basisangebot von preiswerten und qualitativ hoch stehenden Fernmeldediensten für alle Bevölkerungskreise in allen Landesteilen zu garantieren. Sie betrifft nicht den Marktzugang ­ dieser bleibt frei ­, sondern bezweckt, eine oder mehrere Anbieterinnen zur Bereitstellung bestimmter Dienste zu vorgegebenen Bedingungen zu verpflichten. Die Funkkonzessionen erlauben die Benutzung des Frequenzspektrums. Dabei handelt es sich um ein knappes Gut, das nach den Grundsätzen der Frequenzökonomie genutzt werden soll. Das heutige System der Funkkonzessionen wird sowohl im Bereich der Erbringung von Fernmeldediensten (WLL-, GSM-, UMTS-Konzessionen usw.) als auch für den
eigenen Bedarf der Konzessionärin (Betriebsfunk-, Amateurfunkkonzessionen usw.) beibehalten. Als weiteres knappes Gut werden die Adressierungselemente (Art. 28 ff.), wie etwa Telefonnummern, weiterhin über Einzelfallentscheidungen zugeteilt. Werden für Fernmeldedienste Grundversorgungs- und Funkkonzessionen erteilt oder Adressierungselemente zugeteilt, so entfällt die Meldepflicht für die angebotenen Fernmeldedienste deswegen nicht.

Trotz der Vereinfachung der Regeln für den Markteintritt werden die (gesetzlichen) Pflichten der Anbieterinnen von Fernmeldediensten nicht gelockert. Da die Kontrolle beim Markteintritt entfällt, wird die vom BAKOM und von der ComCom ausgeübte Aufsicht wichtiger. Damit muss auch das System der Sanktionen, welche die beiden Behörden aussprechen können, effizienter gestaltet werden (siehe Art. 58 und 60).

7964

1.3.2

Verstärkung und Präzisierung der Pflichten der marktbeherrschenden Anbieterinnen

In Anlehnung an die EU-Terminologie wird der neue allgemeine Begriff des Zugangs eingeführt, wobei die Interkonnektion ein Sonderfall des Zugangs ist (Art. 3 und 11). Die marktbeherrschende Anbieterin ist verpflichtet, anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Art und Weise sowie zu kostenorientierten Preisen einen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten anzubieten. Neben der Interkonnektion nennt das Gesetz als Beispiele die Entbündelung des Teilnehmeranschlusses (vollständig entbündelter Zugang und gemeinsamer Zugang), den schnellen Bitstromzugang sowie die Mietleitungen. Zudem delegiert es die Kompetenz, per Verordnung die Verpflichtungen zu bestimmen, die den marktbeherrschenden Anbieterinnen effektiv auferlegt werden, an die ComCom. Besondere Verpflichtungen hinsichtlich der Bündelung von Diensten (Art. 11a) vervollständigen die neue Regelung für die marktbeherrschenden Anbieterinnen von Fernmeldediensten.

1.3.3

Neuerungen in der Grundversorgung

In seinen Grundzügen wird das System der Grundversorgung (Art. 14 ff.) kaum verändert. Das Instrument der Konzession ist in diesem Bereich beizubehalten, um wenigstens eine Fernmeldedienstanbieterin zur Gewährleistung eines bestimmten Basisangebots an Diensten für die gesamte Bevölkerung der Schweiz zu verpflichten. Die wichtigste Neuerung besteht darin, dass die ComCom die Bereitstellung der Dienste der Grundversorgung in einem Konzessionsgebiet auf mehrere Konzessionärinnen aufteilen kann (Art. 14 Abs. 2 und Art. 16 Abs. 1). Im Übrigen hat die ComCom die Möglichkeit, auf eine öffentliche Ausschreibung zu verzichten und eine oder mehrere Anbieterinnen zur Gewährleistung der Grundversorgung zu verpflichten, wenn sich zeigt, dass die Ausschreibung nicht unter Wettbewerbsbedingungen stattfinden kann (Art. 14 Abs. 4). Was den Umfang der Dienste der Grundversorgung anbelangt, so kann der Bundesrat neben der bereits bestehenden Verpflichtung, den Zugang zu den schweizerischen Verzeichnissen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am öffentlichen Telefondienst bereitzustellen, neu verlangen, dass die Grundversorgungskonzessionärin ein Universalverzeichnis führt (Art. 16 Abs. 1 Bst. d).

Gemäss heutiger Regelung beteiligen sich nur die Konzessionärinnen von Fernmeldediensten, nicht aber die gemeldeten Anbieterinnen, via Konzessionsgebühren an der Finanzierung der ungedeckten Kosten der Grundversorgung. Mit dem Wegfall der Konzessionen für Fernmeldedienste ist auch das System der Finanzierung neu zu regeln. Der Grundsatz der Eigenfinanzierung durch den Sektor ohne Inanspruchnahme öffentlicher Gelder wird beibehalten. Neu aber haben im Sinne einer grösseren Gerechtigkeit alle Anbieterinnen von Fernmeldediensten eine Gebühr zu entrichten (Art. 38).

7965

1.3.4

Verbesserung des Konsumenten- und des Datenschutzes

Die neuen Bestimmungen berücksichtigen die Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten besser. Neben der Festlegung von Qualitätskriterien für Dienste der Grundversorgung (Art. 17 Abs. 1) erhält der Bundesrat auch die Möglichkeit, die Veröffentlichung von Informationen über die Qualität der Fernmeldedienste zu verlangen (Art. 12a). Um flexibler auf Missbräuche im Bereich der Mehrwertdienste reagieren zu können, soll der Bundesrat die Kompetenz erhalten, diese Dienste z.B.

durch die Einführung von Preisobergrenzen, Preisbekanntgabeverpflichtungen oder durch Sitz- oder Niederlassungsvorschriften zu regeln (Art. 12b). Die bei der Gesamtrevision des FMG im Jahr 1997 bereits in Betracht gezogene Schaffung einer Schlichtungsstelle wird nun realisiert (Art. 12c).

Der Fortschritt in der Datenverarbeitung und -übertragung erweitert laufend die Möglichkeiten zur Nutzung von Daten ­ auch im Bereich der Telekommunikation.

Dieser Datennutzung muss der Gesetzgeber einen Rahmen geben, um die Privatsphäre der Konsumentinnen und Konsumenten von Fernmeldediensten zu schützen.

Durch eine Änderung des UWG (vgl. Anhang) werden die Kundinnen und Kunden besser vor fernmeldetechnisch gesendeter Massenwerbung (Spamming) geschützt.

Neu müssen die Absender solcher Massenwerbung vor dem Versand die Einwilligung der Kundinnen und Kunden einholen («Opt-in-Modell»). Die Anbieterinnen von Fernmeldediensten sind verpflichtet, die unlautere Massenwerbung zu bekämpfen (Art. 45a). Die vorgeschlagene Bestimmung leistet der Motion Sommaruga (00.3393: Elektronische Massenwerbesendungen. «Spamming») Folge, die dem Bundesrat vom Parlament überwiesen worden war39. Die Nutzung von Standortdaten mobiler Teilnehmer wird in Artikel 45b geregelt, die Bearbeitung von Daten auf fremden Geräten in Artikel 45c.

1.3.5

Aufnahme von bereits in der RTVG-Revision geplanten Änderungen

Der Bundesrat schlägt neben der vorliegenden Teilrevision auch in der Botschaft zur Totalrevision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG; SR 784.40)40 Anpassungen des FMG vor.

Die bereits in der RTVG-Revision und in der Totalrevision der Bundesrechtspflege geplante Beschleunigung des Rechtswegs (Art. 11 und 61) wird nur in diesem Rahmen weiter verfolgt, also in der FMG-Revision nicht aufgegriffen.

Verschiedene Änderungen sind in beiden Revisionen enthalten. Diese betreffen die Artikel 13 (Auskunft), 13a (Datenbearbeitung), 13b (Amtshilfe), 24 (Konzessionserteilung), 39 Absatz 3 (Konzessionsgebühren), 58 (Aufsicht) und 60 (Verwaltungssanktionen). Diese Parallelbehandlung ist aus verschiedenen Gründen unabdingbar.

Es können die folgenden Kategorien unterschieden werden:

39 40

Vgl. AB 2000 N 1196 und AB 2001 E 109.

Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) vom 18. Dezember 2002 (BBl 2003 1569­1831).

7966

­

Die Aufgabe der Konzessionspflicht zugunsten einer reinen Meldepflicht für Fernmeldedienstanbieterinnen hat zur Folge, dass verschiedene Bestimmungen, die bisher nur die konzessionspflichtigen Fernmeldedienstanbieterinnen betrafen, auf alle neu meldepflichtigen Fernmeldedienstanbieterinnen ausgeweitet werden müssen (Art. 58 und 60).

­

Verschiedene Bestimmungen wurden in beiden Vorlagen aufgenommen, weil sie dringend sind und in derjenigen Vorlage behandelt werden sollten, die zuerst verabschiedet wird (Art. 13, 13a, 13b, 24).

­

Verschiedene Bestimmungen sind in den beiden Vorlagen nicht deckungsgleich oder müssten nachträglich noch angepasst werden, weil mit der RTVG-Revision eine neue Organisationsstruktur vorgeschlagen wird. So soll das BAKOM mit der RTVG-Revision in ein Sekretariat für die neu konzipierte Kommission überführt werden. Die im Gesetz dem BAKOM zustehenden Kompetenzen müssten in diesem Fall entweder dem Sekretariat oder der Kommission übertragen werden (so z.B. die Art. 4, 11, 12a, 12c, 13a, 19a, 24a, 24f, 31, 34, 38, 40, 58 und 59).

Da die beiden Gesetze von den vorbereitenden Kommissionen und danach vom Parlament eventuell gleichzeitig oder kurz nacheinander behandelt werden dürften und mit Verabschiedung der Botschaft dem Einflussbereich der Verwaltung entzogen sind, ist der inhaltlichen Koordination der Vorlagen in diesen Punkten vom Parlament unbedingt die nötige Beachtung zu schenken.

1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die Motion Sommaruga (00.3393), die dem Bundesrat am 15. März 2001 überwiesen worden ist, verlangt das Ergreifen von wirksamen Massnahmen zum Schutz vor unverlangten elektronischen Massenwerbesendungen. Die vorgeschlagene Änderung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb sowie der neue Artikel 45a FMG erlauben es, das Ziel der Motion zu erreichen, so dass diese abgeschrieben werden kann.

2

Besonderer Teil

2.1

Fernmeldegesetz

2.1.1

Allgemeine Bestimmungen

Art. 3 Obwohl die Konzepte und Begriffe im Entwurf des FMG denjenigen der Europäischen Union angenähert wurden, wird von der neuen europäischen Terminologie der Ausdruck «elektronische Kommunikationsdienste» nicht übernommen, sondern weiterhin von «Fernmeldediensten» gesprochen. Faktisch jedoch wird mit der RTVG-Revision der Geltungsbereich des FMG mit jenem des neuen europäischen Rechtsrahmens übereinstimmen und das Phänomen der Konvergenz berücksichtigt.

Die Einführung des Begriffs des Zugangs (vgl. Art. 11) hingegen macht neue Definitionen erforderlich. Die Begriffsbestimmung in Buchstabe dbis wurde aus der 7967

EU-Zugangsrichtlinie (Art. 2 Abs. 2 Bst. a) übernommen. Unter den Begriff des Zugangs fallen gemäss dieser Richtlinie insbesondere der Zugang zu Netzkomponenten und zugehörigen Einrichtungen, wozu auch der feste oder nicht feste Anschluss von Einrichtungen gehören kann (dies beinhaltet namentlich den Zugang zum Teilnehmeranschluss sowie zu Einrichtungen und Diensten, die erforderlich sind, um Dienste über den Teilnehmeranschluss zu erbringen), Zugang zu physischen Infrastrukturen wie Gebäuden, Leitungen und Masten, Zugang zu einschlägigen Softwaresystemen, einschliesslich Systemen für die Betriebsunterstützung, sowie Zugang zu Fest- und Mobilfunknetzen, insbesondere um ein Roaming zu ermöglichen.

Zudem werden die in Artikel 11 genannten Sonderfälle des Zugangs definiert, namentlich die Entbündelung des Teilnehmeranschlusses (vollständig entbündelter Zugang oder gemeinsamer Zugang zum Teilnehmeranschluss; Bst. dter, dquater und dquinquies), der schnelle Bitstromzugang (Bst. dsexies) und die Mietleitungen (Bst. ebis).

Anders als bei der Verordnung vom 31. Oktober 2001 über Fernmeldedienste (FDV; SR 784.101.1) ist die Definition des vollständig entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss nach dem Vorbild der Europäischen Union nicht technologisch neutral, sondern bezieht sich wie der gemeinsame Zugang zum Teilnehmeranschluss auf die Doppelader-Metallleitung. Der entbündelte Zugang zum Teilnehmeranschluss ist in Artikel 11 Absatz 1 nämlich als konkretes Beispiel aufgeführt. Dies schliesst aber nicht aus, dass die ComCom, gestützt auf Artikel 11 Absatz 2, Verpflichtungen zur Bereitstellung des Zugangs auch auf anderen Infrastrukturen als der Doppelader-Metallleitung auferlegen kann.

Buchstabe e wird geändert, um den Zusammenhang zwischen dem allgemeinen Begriff des Zugangs und dem Sonderfall der Interkonnektion zu präzisieren. Mit dem Begriff der Interkonnektion werden neu nur noch diejenigen Fälle bezeichnet, in denen zwei Netze von zwei verschiedenen Anbieterinnen zusammengeschaltet sind und bleiben (gemäss Definition in Art. 2 Abs. 2 Bst. b der Zugangsrichtlinie).

Der Fall der Entbündelung des Teilnehmeranschlusses, der zur Integration eines Teils des Netzes der beherrschenden Betreiberin in das Netz der konkurrierenden Anbieterin führt, fällt gemäss dem geltenden Gesetz und der geltenden Verordnung (vgl. Änderung der FDV vom 7. März 2003; AS 2003 544) unter den Begriff der Interkonnektion; neu fällt er unter den allgemeinen Begriff des Zugangs.

2.1.2

Fernmeldedienste

2.1.2.1

Gemeinsame Bestimmungen

Art. 4­10 Durch die Einführung einer dem europäischen System der Allgemeingenehmigung entsprechenden Regelung entfallen die Fernmeldedienstkonzessionen; sie werden von einer allgemeinen Meldepflicht abgelöst (Art. 4 Abs. 1). Das neue System der Meldungen entbindet die Anbieterinnen von Fernmeldediensten nicht von der Pflicht, eine Konzession für die Nutzung des Funkfrequenzspektrums zu erlangen oder die Zuteilung von Adressierungselementen zu beantragen.

Nach Artikel 4 Absatz 3 wird der Bundesrat namentlich eine Streichung der Anbieterinnen, die ihre Geschäftstätigkeit eingestellt haben, von der Liste der Fernmelde7968

dienstanbieterinnen vorsehen können. Um festzustellen, dass eine Fernmeldedienstanbieterin ihre Geschäftstätigkeit eingestellt hat, kann das BAKOM die Daten verwenden, die ihm zu statistischen Zwecken gemäss dem neuen Artikel 59 Absatz 2bis Buchstabe d eingereicht werden. Artikel 5 definiert nicht mehr die Konzessionsbehörde, sondern übernimmt an dieser Stelle den angepassten Wortlaut des heutigen Artikels 6 Absatz 2.

Nach Streichung der Absätze 2 und 3 umfasst Artikel 6 noch die von den Voraussetzungen für den Erwerb einer Fernmeldedienstkonzession übrig gebliebenen Bestimmungen, die in Anforderungen an die Anbieterinnen von Fernmeldediensten umgewandelt werden. Die Artikel 7­10 über die besonderen Konzessionsbestimmungen sowie die Dauer, Übertragung und Änderung der Fernmeldedienstkonzession müssen selbstverständlich aufgehoben werden.

Art. 11 Auch wenn der Interkonnektionsbegriff nach geltendem Recht bereits eine Unterstellung der Zugangsformen Entbündelung des Teilnehmeranschlusses, Mietleitungen und schneller Bitstromzugang erlaubt hätte, bringt der Wechsel zum «Zugangssystem» verschiedene Vorteile. Neben der EU-Kompatibilität bringt der Ersatz des Begriffs Interkonnektion durch den umfassenderen und allgemeinen Begriff «Zugang» (vgl. Art. 3 Bst. dbis) vor allem mehr Flexibilität und ermöglicht es, den technischen Entwicklungen rascher und angemessener Rechnung tragen zu können.

So deckt Artikel 11 von nun an eindeutig alle Fragen des Zugangs zu den Einrichtungen und Diensten der marktbeherrschenden Anbieterinnen ab. Im Gesetz selbst werden mehrere Zugangsfälle als Beispiele aufgeführt (Abs. 1): der entbündelte Zugang zum Teilnehmeranschluss (vollständig entbündelter Zugang oder gemeinsamer Zugang), der schnelle Bitstromzugang, die Interkonnektion und die Mietleitungen. Während der Bundesrat wie bisher verantwortlich dafür ist, die Grundsätze für den Zugang zu präzisieren, ist die ComCom als dem Fernmeldemarkt nahe stehende unabhängige Behörde dafür zuständig, auf dem Verordnungsweg die Verpflichtungen für die Bereitstellung des Zugangs festzulegen, die effektiv für die marktbeherrschenden Fernmeldedienstanbieterinnen gelten (Abs. 2). Neben dem im Gesetz definierten entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss könnte sie bei Bedarf und soweit dies technisch machbar ist auch den vollständig
entbündelten Zugang und den gemeinsamen Zugang zum Teilnehmeranschluss auf anderen Infrastrukturen als der Doppelader-Metallleitung auferlegen, zum Beispiel auf Kabelnetzen, Glasfaserkabeln oder Funkverbindungen wie dem WLL (Wireless Local Loop).

Im Sinne einer weniger starken Beherrschung der konkurrierenden Anbieterinnen in der Wertschöpfungskette könnte die ComCom ebenfalls den schnellen Bitstromzugang auferlegen (Bitstream Access). Noch weniger einengend wäre die Pflicht zur Gewährleistung des Zugangs zu den Diensten, die garantieren würde, dass die Konkurrentinnen einer beherrschenden Anbieterin zumindest von Grosshandelsangeboten profitieren können, um ihre eigenen Dienste zu offerieren (Wiederverkauf von Diensten). Auf dieser Grundlage könnte die ComCom zum Beispiel ein Grosshandelsangebot für Dienste im Zusammenhang mit dem Anschluss (Wiederverkauf des Abonnements) ergänzend zur Entbündelung des Teilnehmeranschlusses und des schnellen Bitstromzugangs vorsehen. Je nach Ausdehnung des eigenen Netzes hätten dadurch die konkurrierenden Anbieterinnen die Wahl, von der beherrschenden Anbieterin diejenigen Dienste zu verlangen, die sie für eine direkte Beziehung zu ihrer Kundschaft effektiv brauchen.

7969

Auf der Basis der heutigen gesetzlichen Bestimmungen hat der Bundesrat auf dem Verordnungsweg die Verpflichtungen für den schnellen Bitstromzugang (Bitstream Access), den gemeinsamen Zugang (Shared Line Access) und den vollständig entbündelten Zugang (Full Access) zum Teilnehmeranschluss eingeführt (Art. 43 Abs. 1 Bst. ater­aquinquies FDV). Diese Zugangsformen erlauben den alternativen Anbieterinnen, sich von der einseitigen Abhängigkeit vom Grosshandelsangebot der beherrschenden Anbieterin zu befreien, Investitionen in die aus ihrer Sicht besten Technologien zu tätigen und einen direkten Kontakt zu den Kundinnen und Kunden zu pflegen, indem sie ihnen eine eigene Dienstepalette anbieten. Sie sollten das Aufkommen von vielfältigen, neuartigen und vorteilhaften Angeboten im Breitbandbereich fördern, die für die spezifischen Bedürfnisse der Kundschaft massgeschneidert sind. Die stärkere Konkurrenz auf der Ebene des Anschlussnetzes wird sich für die privaten und geschäftlichen Nutzerinnen und Nutzer positiv auswirken und die Verwendung von Breitbanddiensten durch einen grossen Teil der Bevölkerung ankurbeln. Die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz sollte dadurch erheblich verbessert werden. Die marktbeherrschende Anbieterin wird nicht etwa dem Wettbewerb geopfert, sondern sollte ebenfalls von dieser Dynamik profitieren, wie das die Öffnung des Mobilfunkmarktes gezeigt hat. Ihr Aufwand wird im Übrigen durch die Deckung ihrer Kosten und die Entschädigung ihres Investitionskapitals zu branchenüblichen Bedingungen abgegolten.

Die Verpflichtung der Anbieterinnen von Grundversorgungsdiensten, die Interkonnektion zur Gewährleistung der Interoperabilität anzubieten, besteht unabhängig von einer beherrschenden Stellung. Sie wurde während der parlamentarischen Debatten hinzugefügt und entspringt eher dem Bedürfnis nach einer Grundversorgung als der Wettbewerbspolitik. Diese Verpflichtung ist nun sinnvollerweise Gegenstand einer separaten und vervollständigten Bestimmung innerhalb des Abschnitts, der die Pflichten im Zusammenhang mit der Erbringung von bestimmten Diensten (vgl.

Art. 21a) behandelt.

Absatz 3 übernimmt im Wesentlichen den Wortlaut des geltenden Absatzes 5.

Absatz 4 regelt wie der geltende Absatz 3 das Verfahren, das der ComCom die Beilegung von Streitfällen der Fernmeldedienstanbieterinnen
betreffend Vertragsabschlüsse im Bereich des Zugangs ermöglicht. Er wird durch einen neuen Absatz 5 ergänzt, der die Rechnungslegungs- und Finanzinformationen betrifft, welche die beherrschenden Anbieterinnen im Rahmen eines solchen Verfahrens vorlegen müssen. Diese Anforderungen werden vom Grundsatz der Transparenz hergeleitet und sollen die Arbeit der ComCom bei der Überprüfung der Kostenorientiertheit der Preise und der Nichtdiskriminierung von Drittanbieterinnen gegenüber den Geschäftseinheiten, Tochterfirmen und Partnerinnen der beherrschenden Anbieterin erleichtern.

Im Rahmen der öffentlichen Vernehmlassung haben die interessierten Kreise gefordert, dass der ComCom eine maximale Frist für die Lösung von Streitfällen im Bereich des Zugangs gesetzt wird (z.B. 4 Monate). Eine solche Beschränkung erscheint als zu weit gehend und schenkt den Rechten, die das Verwaltungsverfahren den Parteien garantiert, zu wenig Beachtung. Absatz 5 sollte allerdings zur Bekämpfung der Probleme beitragen, die heute bei der Festlegung der relevanten Kosten der marktbeherrschenden Anbieterin auftreten und Hauptursache für die Verlängerung der Verfahrensdauer sind. Zudem wird es Aufgabe des BAKOM als Instruktionsbehörde sein, geeignete Fristen für die Einreichung der verlangten Rechnungslegungs- und Finanzinformationen festzulegen und Sanktionen für den 7970

Fall, dass diese Fristen nicht eingehalten werden, zu definieren. Insbesondere könnte das BAKOM, sollten die fristgerecht vorgelegten Informationen nicht genügend genau sein, der ComCom beantragen, auf Grund von vergleichbaren Werten, die markt- oder branchenüblich sind (benchmarks), zu entscheiden.

Der neue Absatz 6 übernimmt den Grundsatz des früheren Absatzes 4, gemäss dem Streitigkeiten aus Vereinbarungen oder aus Verfügungen im Bereich des Zugangs in den Zuständigkeitsbereich der Zivilgerichte, und nicht der ComCom, fallen.

Art. 11a Die Bündelung von Diensten ist grundsätzlich erlaubt, da die Anbieterinnen dadurch Verbundvorteile (tiefere Kosten) realisieren können, was die Bereitstellung attraktiver Paket-Angebote für die Kundinnen und Kunden erlaubt. Der Bezug verschiedener Dienste «aus einer Hand» entspricht einem Kundenbedürfnis, da diese sowohl von tieferen Preisen profitieren als auch ihre Informations- und Transaktionskosten senken können.

Um gleichzeitig auch die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden zu berücksichtigen, welche ihre Dienste lieber «à la carte» beziehen, wird verlangt, dass die in Bündeln enthaltenen Dienste auch einzeln angeboten werden. Die Marktmacht der Nachfrageseite gegenüber marktbeherrschenden Anbieterinnen wird durch diese Verpflichtung gestärkt. Dies ist insbesondere notwendig, weil dominante Anbieterinnen einen grossen Anreiz haben, ihre Marktmacht von der Ebene des Grosshandels auf die des Einzelhandels zu übertragen, und dies auch können (LeverageEffekt). Absatz 2 stellt deshalb sicher, dass marktbeherrschende Anbieterinnen die Vertragsfreiheit der Kundinnen und Kunden nur dann beschränken dürfen, wenn technische oder ökonomische Gründe für eine Bündelung sprechen oder die Sicherheit des Betriebs bzw. die Leistungserbringung in einer bestimmten Qualität eine Bündelung zwingend erfordern.

Auf Grund dieser Regelung müssten zum Beispiel marktbeherrschende Anbieterinnen und deren Tochterfirmen den ADSL-Internetzugang auch für PreselectionKundinnen und -Kunden anderer Anbieterinnen bereitstellen. Die Nutzung eines ADSL-Internetzugangs von Bluewin ist heute mit der Verpflichtung verbunden, keine Carrier-Preselection (CPS) für Sprachtelefoniedienste bei einer Konkurrentin der Swisscom Fixnet einrichten zu lassen. Diese Beschränkung lässt sich weder technisch
noch ökonomisch begründen und dient allein der Stärkung der Kundenbindung an die bündelnden Anbieterinnen.

Die im Mobilfunk übliche Bündelung von netzspezifischen41 Diensten mit dem Erwerb eines Abonnements wäre hingegen weiterhin erlaubt. Diese Dienste müssten nicht auch einzeln den Kundinnen und Kunden anderer Mobilfunkanbieterinnen angeboten werden, da dies weder technisch noch ökonomisch effizient zu realisieren ist und somit durch Absatz 2 abgedeckt wird. Auch die vergünstigte Abgabe von Endgeräten bei Vertragsverlängerungen und -neuabschlüssen wäre weiterhin möglich: Sowohl die Endgeräte, als auch die Mobilfunkabonnemente werden auch einzeln angeboten, was der Verpflichtung in Absatz 1 entspricht.

41

Zum Beispiel die Synchronisation von E-Mails, Adressbuch und Kalender zwischen einem Mobiltelefon und dem Server der Anbieterin, der Zugang zu exklusiven Mehrwertdiensten über Kurznummern etc.

7971

Die Pflicht, gebündelte Dienste auch einzeln anzubieten, gilt nur, wenn die Anbieterin mit mindestens einem der gebündelten Dienste marktbeherrschend ist. Die Marktbeherrschung ist nicht eine Eigenschaft des Unternehmens an sich, sondern bezieht sich auf dessen Marktmacht in einem bestimmten Dienste-Markt. Sie ist deshalb zweckmässigerweise durch die Wettbewerbskommission zu beurteilen (analog zu Art. 11 Abs. 4). Auf die Feststellung eines Missbrauchs von Marktmacht (vgl. Art. 7 des Kartellgesetztes) wird hingegen bewusst verzichtet, was die Eingriffsschwelle verglichen mit dem allgemeinen Wettbewerbsrecht herabsetzt.

Die Einhaltung der in Artikel 11a aufgeführten Bestimmungen wird im Rahmen der Aufsicht über die Fernmeldedienstanbieterinnen sichergestellt (vgl. Art. 58 und 60).

Art. 12 Aus systematischen Gründen wird Artikel 12 in den neuen Abschnitt 3 über aus der Erbringung bestimmter Dienste abgeleitete Pflichten verschoben (siehe Art. 21b).

Art. 12a Artikel 12a unterstützt die Kundinnen und Kunden bei der Auswahl der gewünschten Fernmeldedienste. Für diese Auswahl spielt, insbesondere für Unternehmen, nicht nur der Preis, sondern auch die Qualität der Dienstleistung eine wichtige Rolle.

Um die Auswahl zu unterstützen und damit die Versorgung mit qualitativ hoch stehenden Fernmeldediensten zu fördern, kann der Bundesrat die Anbieterinnen zur Veröffentlichung von Qualitätsinformationen verpflichten.

Damit die eventuell veröffentlichten Qualitätsinformationen vergleichbar sind, sollte der Bundesrat bestimmte Regeln in Bezug auf den Inhalt (Indikatoren) und die Form (Präsentation) der Publikation festlegen. Sinnvolle Qualitätskriterien wären zum Beispiel die Kriterien nach Artikel 25 FDV, welche die Grundversorgungskonzessionärin einhalten muss.

Absatz 2 erlaubt dem BAKOM, die Markttransparenz in Bezug auf Preise und Tarife zu fördern. Das geschieht sinnvollerweise durch Hinweis auf die bestehenden privaten Leistungsvergleiche. Nur wenn es derartige private Informationsangebote nicht gäbe, müsste das BAKOM die Bereitstellung eigener Informationen prüfen.

Absatz 1 entspricht Artikel 22 und Absatz 2 entspricht Artikel 21 der EU-Universaldienstrichtlinie.

Art. 12b Mehrwertdienste sind keine Fernmeldedienste im Sinne von Artikel 3 Buchstabe b FMG. Sie stehen aber mit Fernmeldediensten in engem
Zusammenhang: In der Regel werden sie mittels fernmeldetechnischer Übertragung abgerufen und per Telefonrechnung bezahlt. Sie werden darum im Artikel 12b ebenfalls fernmelderechtlich geregelt.

Heute ist es zulässig, Mehrwertdienste zu unbeschränkt hohen Preisen anzubieten.

Gemäss geltender Praxis der Anbieterinnen von Fernmeldediensten können z.B.

einfache Informationsdienste zu einem Preis von bis zu 10 Franken pro Minute, d.h.

600 Franken pro Stunde, berechnet werden. Diese Tarife können zu Telefonrechnungen in Höhe von mehreren tausend Franken führen. Solche Rechnungen haben für einzelne Kundinnen und Kunden zu grossen sozialen Schwierigkeiten geführt.

7972

Die abstrakte und wenig fassbare Zahlungspflicht per Telefonrechnung verführt einzelne Kundinnen und Kunden dazu, die Mehrwertdienste in zu grossem Ausmass in Anspruch zu nehmen. Es treten aber auch ständig neue Betrügereien mit Mehrwertdiensten auf. Die per Telefon erbrachten Leistungen haben teilweise keinen auch nur annähernd dem Rechnungsbetrag vergleichbaren Wert. Sie dienen Anbieterinnen von Mehrwertdiensten nur als Vorwand, um durch Täuschung erlangte hohe Forderungen geltend zu machen. So wurden Kundinnen und Kunden von Mehrwertdienstanbieterinnen durch Täuschung dazu verleitet, Internetverbindungen per WebDialer über teure Mehrwertdienstenummern aufzubauen. In anderen Fällen werden Mobilfunkkundinnen und -kunden nach Anmeldung bei kostenpflichtigen SMSMehrwertdiensten mit Nachrichten überschwemmt.

Da die Rechnungsbeträge für Mehrwertdienste in der Regel von der Fernmeldedienstanbieterin eingezogen und an die Anbieterin von Mehrwertdiensten weitergegeben werden, laufen die Kundinnen und Kunden Gefahr, allein auf Grund der Mehrwertdienste mit ihren Fernmeldedienstanbieterinnen in Streit über ihre Telefonrechnung zu geraten. Bei Telefonanschlüssen, die nicht durch die Grundversorgungskonzessionärin betrieben werden, kann dieser Streit zur Sperrung des Anschlusses führen.

Der zweite Satz bezweckt unter anderem den Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten vor missbräuchlichen Preisen für Mehrwertdienste und erlaubt daher dem Bundesrat, Preisobergrenzen für diese Dienste zu bestimmen. Voraussichtlich müssen zur Bekämpfung der immer neuen Missbräuche auch weitere Aspekte der Mehrwertdienste geregelt werden. Dies gilt zum Beispiel für detaillierte Preisbekanntgabepflichten (diese sind gegenwärtig in der Preisbekanntgabeverordnung vom 11. Dezember 197842 geregelt). Denkbar ist auch ein Erfordernis von Sitz oder Niederlassung in der Schweiz (unter Beachtung der internationalen Verpflichtungen), da sich die Beteiligten (Anbieterinnen von Mehrwertdiensten, Inhaber von für Mehrwertdienste genutzten Adressierungselementen) verärgerten Kunden entziehen, indem sie ihren Sitz im Ausland nehmen. Ebenfalls denkbar wäre die Regelung der Rechnungsstellung und der Abrechnungsmechanismen zwischen den beteiligten Parteien.

Art. 12c Diese Bestimmung entspricht Artikel 34 der EU-Universaldienstrichtlinie. Kundinnen
und Kunden erhalten die Möglichkeit, Streitigkeiten mit den Anbieterinnen von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten vor eine Schlichtungsstelle zu bringen, bevor ein Zivilrichter angerufen wird. Im Schlichtungsverfahren können sie sachgerechte Einigungen auch dann erreichen, wenn sich der Gang zum Richter angesichts des Streitwerts nicht lohnt. Die Zahl der Kundinnen und Kunden, die sich mangels Alternative an das BAKOM wenden, nimmt stetig zu. Momentan gehen beim BAKOM in diesem Bereich monatlich allein 150­200 schriftliche Beschwerden ein.

Dies zeigt einen ausgewiesenen Bedarf nach einer Schlichtungsmöglichkeit.

Der Aufbau einer Schlichtungsstelle durch die Branche der Fernmeldedienstanbieterinnen, die den Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten und der Anbieterinnen gerecht wird, wäre der Schlichtung durch das BAKOM vorzuziehen. 1997 verzichtete der Gesetzgeber darum auf ihre Einführung. Die Anbieterinnen haben 42

SR 942.211

7973

aber bisher keine solche Schlichtungsstelle eingerichtet. Falls sie dies in Zukunft tun, kann das BAKOM diese Stelle mit der Schlichtung beauftragen43. Anbieterinnen von Fernmeldediensten haben bei Streitigkeiten untereinander keinen Zugang zum Schlichtungsverfahren (Abs. 1 Satz 2). Ihnen stehen andere Möglichkeiten zur Konfliktlösung offen.

Um einen Missbrauch der Schlichtung zu verhindern, ist sie für den Antragsteller nicht kostenlos (Abs. 2 erster Satz). Die Behandlungsgebühr soll aber niedrig genug sein, damit die Anrufung der Schlichtungsstelle auch bei geringen Streitwerten sinnvoll ist. Die Schlichtungsstelle soll vor allem durch die Fernmelde- und Mehrwertdienstanbieterinnen finanziert werden (Abs. 2 zweiter Satz). Die Finanzierung durch Verfahrenskosten ist verursachergerecht, denn nur Unternehmen, die es zum Streit mit Kundinnen oder Kunden kommen lassen, finanzieren die Schlichtungsstelle. Ausserdem werden alle Anbieterinnen durch die Verfahrenskostenregelung dazu motiviert, einvernehmliche Lösungen mit ihren Kunden zu suchen.

Die Parteien können nach Absatz 3 frei entscheiden, ob sie sich auf der Basis des Schlichtungsentscheids einigen wollen.

Im Rahmen von Absatz 4 sind insbesondere folgende Regeln denkbar: Anträge auf Schlichtung sind schriftlich zu stellen und nur zulässig, nachdem die Parteien erfolglos eine Einigung versucht haben und solange kein gerichtliches Urteil in derselben Sache vorliegt. Das Schlichtungsverfahren ruht, solange ein Gericht mit derselben Sache beschäftigt ist. Es endet durch Rücknahme der Beschwerde, Scheitern der Schlichtung oder Einigung der Parteien. Nach Abschluss des Verfahrens erhalten die Parteien auf Antrag einen Bericht über das Ergebnis der Schlichtung. Zudem ist die Höhe der Behandlungsgebühr zu regeln. Bei einer durch die Anbieterinnen eingerichteten Schlichtungsstelle sind wegen ihrer Nähe zu diesen Anbieterinnen Regeln zur Sicherung der Neutralität der Schlichtungsstelle erforderlich.

Art. 12d Absatz 1 übernimmt Artikel 21 Absätze 1 und 3. Aus systematischen Gründen werden diese Bestimmungen im Abschnitt über die gemeinsamen Bestimmungen platziert: Sie betreffen sämtliche Fernmeldedienste und nicht nur die Dienste der Grundversorgung. Absatz 2 erteilt dem Bundesrat ausdrücklich den Auftrag, den Mindestinhalt eines Verzeichniseintrags zu
definieren, so wie dies heute bereits in Artikel 29 Absatz 2 FDV der Fall ist.

Art. 13 Die Auskunft durch das BAKOM beschränkte sich bisher auf Namen und Adresse von Konzessionärinnen, den Konzessionsgegenstand sowie Rechte und Pflichten aus der Konzession. Nicht erfasst wurden die nicht konzessionspflichtigen Fernmeldedienstanbieterinnen und die Mehrwertdienstanbieterinnen. Mit der vorgeschlagenen Änderung soll nun für alle Interessierten, insbesondere für Kundinnen und Kunden, Transparenz über sämtliche Anbieterinnen von Fernmelde- und Mehrwertdiensten in der Schweiz erreicht werden. Das ist umso wichtiger, als die Konzessionspflicht in Zukunft für weniger Anbieterinnen gelten soll als bisher. Die Ausdehnung der 43

Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Anbieterinnen hierzu bereit sind, wenn Artikel 12c in Kraft tritt.

7974

Auskunft auf die Mehrwertdienstanbieterinnen wird Missbräuche eindämmen und flankiert damit die in Artikel 12b geplanten Vorschriften gegen die aufgetretenen Missbräuche bei Mehrwertdiensten.

Zudem wird die aus datenschutzrechtlichen Gründen notwendige gesetzliche Grundlage für derartige Auskünfte geschaffen. Absatz 2 erlaubt insbesondere, bei ausreichendem öffentlichem Interesse die gegen die Fernmeldedienstanbieterinnen verfügten Aufsichtsmassnahmen im Internet zu veröffentlichen. Dies erfolgt in Übereinstimmung mit Artikel 3 Buchstabe c Ziffer 4 und Artikel 19 Absatz 3 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199244 über den Datenschutzgesetz (Anforderung eines formellen Gesetzes, das den Zugang zu den besonders schützenswerten Personendaten durch ein Abrufverfahren vorsieht).

Absatz 3 regelt die Auskunft und die Veröffentlichung bei laufenden Aufsichts- oder Strafverfahren. Die Gründe für eine Auskunft oder Veröffentlichung müssen die (besonders im Verwaltungsstrafverfahren) schwerer wiegen als die gewichtigen und schutzbedürftigen Geheimhaltungsinteressen der Verfahrensbeteiligten. Das ist zum Beispiel denkbar, wenn das BAKOM den Personen, die das zu untersuchende Verhalten angezeigt haben, Auskunft über die Verfahrenseröffnung gibt. Denkbar ist auch die Veröffentlichung der Verfahrenseröffnung in Fällen, die im Zentrum des öffentlichen Interesses stehen.

Art. 13a Durch den neuen Artikel 13a wird eine umfassende gesetzliche Grundlage für die Datenbearbeitung im Bereich des Fernmeldewesens geschaffen.45 Artikel 13a ist die formelle gesetzliche Grundlage für die Bearbeitung von Personendaten (einschliesslich der Persönlichkeitsprofile und der Daten über administrative oder strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen) durch die im jeweiligen Fall für die Datenbearbeitung zuständige Behörde (ComCom oder BAKOM), damit diese die ihr durch die Fernmeldegesetzgebung auferlegten Aufgaben erfüllen kann.

Solche Personendaten können z.B. Daten über angebotene Fernmeldedienste oder über Antennenstandorte sein. Die ausführliche Regelung trägt den Anliegen des Datenschutzes in angemessener Weise Rechnung. Eine weitergehende, insbesondere detailliertere Regelung der zu erhebenden Daten auf Gesetzesstufe ist in einem 44 45

SR 235.1 Gemäss dem Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) sind die Bundesorgane nur dann zur Bearbeitung von Personendaten berechtigt, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage besteht. Die gesetzlichen Anforderungen sind noch höher, wenn es sich um besonders schützenswerte Personendaten nach Artikel 3 Buchstabe c DSG oder um Persönlichkeitsprofile handelt. Nach Artikel 17 Absatz 2 dürfen solche Daten nur bearbeitet werden, wenn ein formelles Gesetz es ausdrücklich vorsieht. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird insbesondere gemacht, wenn die Bearbeitung solcher Daten für eine in einem formellen Gesetz klar umschriebene Aufgabe unentbehrlich ist (Art. 17 Abs. 2 Bst. a DSG). Im Rahmen der Botschaft über die Schaffung und die Anpassung gesetzlicher Grundlagen für die Bearbeitung von Personendaten vom 25. August 1999 (BBl 1999 S. 9005 ff.), hat der Bundesrat einen Entwurf zum Bundesgesetz über die Schaffung und die Anpassung gesetzlicher Grundlagen für die Bearbeitung von Personendaten unterbreitet. Die datenschutzrechtlichen Grundlagen im Bereich des Fernmeldewesens waren jedoch von dieser Vorlage ausgenommen, da die Neuorganisation seit dem 1. Januar 1998 auf Grund der Liberalisierung im Fernmeldebereich erhebliche Auswirkungen auf die Aufgaben im Datenschutz hatte. Dem BAKOM wurde daher bewilligt, erst später die Grundlagen, die für die Anpassungen der gesetzlichen Bestimmungen erforderlich sind, zu erarbeiten (BBl 1999 9038).

7975

derart dynamischen Bereich wie der Telekommunikation nicht sinnvoll. Sie wäre letztlich der ComCom und dem BAKOM bei der Erfüllung ihrer Aufgaben hinderlich und für die Entwicklung des Fernmeldemarktes in der Schweiz kontraproduktiv.

Der Bundesrat kann der laufenden Entwicklung in Ausführungsbestimmungen Rechnung tragen (Abs. 3).

Art. 13b Artikel 13b umschreibt die Voraussetzungen, unter denen die im jeweiligen Fall zur Datenbearbeitung zuständige Behörde (ComCom oder BAKOM) im Rahmen der Amtshilfe Daten an andere Behörden in der Schweiz oder im Ausland übermitteln darf.

Das allgemein geltende Prinzip, dass die Amtshilfe nur im begründeten Einzelfall erfolgt, muss nicht ausdrücklich erwähnt werden.

Die Weitergabe von statistischen Daten an öffentliche oder private Statistikdienste wird bereits in Artikel 76 Absatz 2 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV; SR 784.101.1) geregelt.

Unter «Durchsetzung der Fernmeldegesetzgebung» fällt auch die Vollstreckung der auf Grund dieses Gesetzes ausgesprochenen Strafen.

2.1.2.2

Grundversorgungskonzession

Art. 14­19b Aus Gründen der Klarheit enthält der zweite Abschnitt neu nur noch die Verpflichtungen der Grundversorgungskonzessionärin. Die Verpflichtungen der Gesamtheit der Anbieterinnen von Diensten der Grundversorgung oder der Anbieterinnen von anderen spezifischen Diensten sind im neuen Abschnitt 3 geregelt. Auch wenn die Fernmeldedienstkonzessionen aufgehoben werden, existiert die Grundversorgungskonzession weiterhin. Neben der Neueinordnung einiger Bestimmungen zur Verbesserung der Systematik des Abschnitts gibt es auch einige materielle Neuerungen. So kann die Bereitstellung der Dienste der Grundversorgung in einem Konzessionsgebiet künftig unter mehreren Konzessionärinnen aufgeteilt werden (Art. 14 Abs. 2 und Art. 16 Abs. 1). Wegen der Aufhebung der Fernmeldedienstkonzessionen wurde der Mechanismus für die Finanzierung der ungedeckten Kosten der Grundversorgung angepasst (vgl. Art. 38).

Gestützt auf Artikel 14 Absatz 4 kann die ComCom künftig auf eine öffentliche Ausschreibung verzichten, wenn eine Marktstudie zeigt, dass die Ausschreibung mangels Bewerberinnen nicht unter Wettbewerbsbedingungen durchgeführt werden kann.

Der heute verwendete unklare Begriff des Investitionsbeitrags (Art. 15 Bst. b und Art. 19) wird durch die allgemeinere Bezeichnung «finanzielle Abgeltung» abgelöst.

Dabei geht es um die Finanzierung der ungedeckten Kosten der Grundversorgung, die den Nettogesamtkosten für die Erbringung der Grundversorgung entsprechen.

Es erscheint wichtig, im Gesetz zu präzisieren, dass der öffentliche Telefondienst den Anschluss und die vom Bundesrat festgelegten Zusatzdienste umfasst (Art. 16 Abs. 1 Bst. a). Die Definition des öffentlichen Telefondienstes bleibt jedoch unver7976

ändert. Sie umfasst auch weiterhin z.B. so genannte Prepaid-Angebote. Der Bundesrat kann zudem verlangen, dass zusätzlich zur Pflicht der Bereitstellung des Zugangs zu den Verzeichnisdaten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Universalverzeichnis geführt wird (Art. 16 Abs. 1 Bst. d). Dadurch könnte die Zentralisierung der Verzeichnisdaten, die das Erbringen von umfassenden Auskunftsdiensten erlaubt, garantiert werden, falls der Markt nicht selbst dafür sorgt46. Einer der grössten Nachteile des heutigen Systems besteht nämlich darin, dass lediglich ein virtuelles globales Verzeichnis vorgesehen ist, das auf dem Grundsatz des gegenseitigen Zugangs zu den Verzeichnisdaten beruht (vgl. Art. 21). Im französischen Text wurde im Übrigen der Terminus «cabine publique» («öffentliche Sprechstelle») durch den Ausdruck «poste téléphonique payant public» ersetzt (Art. 16 Abs. 1 Bst. c), der auch im europäischen Recht verwendet wird (vgl. Art. 6 der Universaldienstrichtlinie). Im deutschen Text ist keine entsprechende Anpassung erforderlich.

Das Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG, BBl 2002 8223) ändert im Übrigen Artikel 16 FMG (Aufhebung von Abs. 1 Bst. e und Einfügung von Abs. 1bis), der die Frage der im Rahmen der Grundversorgung garantierten Fernmeldedienste für Behinderte, namentlich auch für Sehbehinderte, allgemein regelt.

Artikel 19a betrifft die Übertragung und Änderung der Grundversorgungskonzession und wurde an Stelle der aufgehobenen Artikel 9 und 10 eingefügt. Artikel 19b entspricht Artikel 13. Da die Grundversorgungskonzession definitionsgemäss von öffentlichem Interesse ist, drängt sich die Veröffentlichung der Informationen von Amtes wegen auf.

2.1.2.3

Aus der Erbringung bestimmter Dienste abgeleitete Pflichten

Art. 20­21b Mit der Einordnung von Artikel 20 (Zugang zum Notruf) und 21 (Bereitstellung von Verzeichnissen) unter einen gesonderten Abschnitt, der auch einen neuen Artikel über die Interoperabilität (Art. 21a) umfasst, soll verdeutlicht werden, dass diese Bestimmungen für alle Anbieterinnen von Diensten der Grundversorgung und nicht nur für die Grundversorgungskonzessionärinnen gelten. Im Übrigen sehen die Artikel 21a und 21b auch die Möglichkeit vor, den Anbieterinnen von anderen spezifischen Diensten bestimmte Pflichten aufzuerlegen.

Die Terminologie der Artikel 20 und 21 wurde angepasst, damit einheitlich von Grundversorgungsdiensten gemäss dem bisherigen Artikel 11 Absatz 2, der im Rahmen von Artikel 21a übernommen wird, gesprochen wird. Die allgemeiner gefassten Absätze 1 und 3 des bisherigen Artikels 21 bilden den neuen Artikel 12d.

Die Ergänzungen in Artikel 21 Absatz 3 sollten zur Lösung der zahlreichen Probleme im Bereich des Zugangs zu den Verzeichnisdaten beitragen. Für die Anbieterinnen, die Verzeichnisdienste oder andere auf Verzeichnisdaten basierende Dienste 46

Heute führt Swisscom Directories ein zentrales Verzeichnis, das die Daten aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer am öffentlichen Telefondienst umfasst.

7977

bereitstellen möchten, ist der Zugang zu diesen Daten oft schwierig. Auf Verzeichnisdaten basierende Dienste sind Dienste, für welche die Verwendung von Daten über die Teilnehmerinnen und Teilnehmer absolut unerlässlich ist. Dies ist heute bei immer mehr Diensten oder Leistungen verschiedenster Art der Fall (Überwachung des Fernmeldeverkehrs, Standortidentifikation der Notrufe, Validierungsdienste47).

Der Begriff der auf den Verzeichnissen basierenden Dienste schliesst hingegen die Verwendung von Verzeichnisdaten für direkte Werbung aus.

Die Anwendung der Grundsätze der Transparenz, Nichtdiskriminierung und Kostenorientiertheit der Preise rechtfertigt sich dadurch, dass die Fernmeldedienstanbieterinnen exklusiv Zugang zu den Daten ihrer Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben. Damit der Wettbewerb uneingeschränkt funktionieren und seine positiven Wirkungen entfalten kann, ist die Information der Nutzerinnen und Nutzer von Fernmeldediensten von höchster Bedeutung. Die Verzeichnisdaten stellen insofern eine Schlüsselressource dar. Die Gefahr, dass die Inhaberinnen der Teilnehmerdaten ihre Bekanntgabe an Dritte auf missbräuchliche Art einschränken, ist deshalb zu vermeiden. Zudem gehören die Verzeichnisdaten in erster Linie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern selbst. Die Anbieterinnen von Fernmeldediensten, die solche Daten sammeln, müssen zwar angemessen entschädigt werden, dürfen aber keinen wesentlichen Geschäftsvorteil daraus ziehen. Diese Regelung entspricht übrigens dem neuen europäischen Recht (vgl. Art. 25 Abs. 2 der Universaldienstrichtlinie).

Bei Streitigkeiten kann künftig wie bei Konflikten um den Zugang die ComCom angerufen werden.

Mit der wachsenden Bedeutung der Teilnehmerdaten im Zusammenhang mit der Erbringung von Fernmeldediensten oder -dienstleistungen stellt sich die Frage, ob eine zentrale und neutrale Verwaltung dieser Daten nicht eine vorteilhafte Lösung, insbesondere in Bezug auf die Qualität, für die Branche darstellen würde. Mit dieser Frage befasste sich eine Arbeitsgruppe, in der die interessierten Kreise vertreten waren. Obwohl diese Lösung in vielen europäischen Ländern angewandt wird, wurde der Vorschlag einer zentralen Datenbank abgelehnt, unter anderem mit dem Hinweis auf die fehlende Rechtsgrundlage. Auch wenn diese Alternative im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens
nicht vorgeschlagen wurde, könnte sie doch eine geeignete Lösung der genannten Probleme darstellen.

Bisher war die Interoperabilität in Artikel 11 Absatz 2 festgelegt. Zweck der Interoperabilität ist nicht die Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen, sondern die Gewährleistung der End-zu-End-Kommunikation zwischen den Nutzerinnen und Nutzern von bestimmten Fernmeldediensten. Deshalb gehört sie systematisch gesehen eher in einen Abschnitt, der die Verpflichtungen der Anbieterinnen spezifischer Dienste behandelt (Art. 21a), selbst wenn sie eine Interkonnektionspflicht nach sich zieht (Abs. 3). Diese geht allerdings weniger weit als diejenige der marktbeherrschenden Anbieterinnen, da die Interkonnektion indirekt gewährt werden kann und der Grundsatz der Kostenorientiertheit nicht zur Anwendung kommt (vgl. Art. 48 FDV). Ansonsten bleiben die verwaltungs- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen von Artikel 11 anwendbar. Im Übrigen wird dem Bundesrat die Kompetenz erteilt, den Anbieterinnen, welche die Interoperabilität gewährleisten müssen, andere 47

Die Validierungsdienste erlauben die Herstellung einer Verbindung zwischen einer Telefonnummer und einer Person. Sie sind deshalb für die Leistungserbringung durch Dritte, die nicht unbedingt eine privilegierte Beziehung zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern haben, von Bedeutung. Dies gilt zum Beispiel für die vorbestimmte Wahl der Anbieterin, die Nummernportabilität oder den SMS-Versand via Internet.

7978

Verpflichtungen aufzuerlegen, um sicherzustellen, dass bestimmte Dienstleistungen für alle Nutzerinnen und Nutzer, unabhängig von ihrer Anbieterin, erbracht werden.

Dies ist heute insbesondere bei den Diensten für Hör- und Sehbehinderte (vgl.

Art. 30 FDV), bei der Sperrung abgehender Verbindungen zu Diensten mit erotischem oder pornografischem Inhalt (vgl. Art. 31 FDV) und beim Gebührennachweis (vgl. Art. 32 FDV) der Fall. Schliesslich kann der Bundesrat den Geltungsbereich von Artikel 21a auch auf Dienste ausdehnen, die nicht zur Grundversorgung gehören (vgl. Abs. 2). Dies kann namentlich bei Diensten eintreten, die eine ausreichende wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung erlangt haben, um als nützlich für die Gesamtheit der Nutzerinnen und Nutzer betrachtet zu werden, ohne aber so unerlässlich zu sein, dass man sie zu den Diensten der Grundversorgung zählen müsste. Solche Dienste könnten heute die Kurzmitteilungen via Telefonnetz (SMS) oder künftig die Datendienste im Rahmen der Mobilfunktelefonie der dritten Generation (UMTS) sein.

Artikel 21b übernimmt den Wortlaut des bisherigen Artikels 12, passt ihn aber an das neue Regime für die Erbringung von Fernmeldediensten an (Aufhebung der Konzessionen). Zudem sieht er vor, dass die ComCom, falls sie von den Fernmeldedienstanbieterinnen ein Einzelhandelsangebot für Mietleitungen verlangt, ihre diesbezüglichen Entscheidungen veröffentlichen muss. Es liegt nämlich eindeutig im öffentlichen Interesse, dass die Nutzerinnen und Nutzer, allen voran die kleinen und mittleren Unternehmen in den Randregionen, die Anbieterinnen kennen, von denen sie Mietleitungen zu kostenorientierten Preisen beziehen können.

2.1.3

Funk

Art. 24 Die Erteilung einer Funkkonzession durch öffentliche Ausschreibung (Kriterienwettbewerb oder Auktion) ist eine besondere Form der Konzessionsvergabe. Für dieses spezielle Verfahren sind die im Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) geregelten Verfahrensbestimmungen nicht immer angemessen. Im Rahmen einer Konzessionserteilung mittels öffentlicher Ausschreibung muss die Behörde meist eine Evaluation der verschiedenen Eingaben vornehmen. Dabei geht es nicht um eine Feststellung des Sachverhalts im herkömmlichen Sinne (Art. 12 VwVG), sondern darum zu beurteilen, ob die einzelnen Konzessionsbewerberinnen in der Lage wären, ihre Verpflichtungen zu erfüllen.

Bei diesem Verfahren werden die Bewerberinnen viel stärker involviert als durch die im Rahmen eines ordentlichen Verwaltungsverfahrens geforderte Mitwirkung der Bewerberinnen (Art. 13 VwVG), denn sie sind allein dafür zuständig, ihr Bewerbungsdossier im Detail auszuarbeiten und auf Verlangen der Behörde zu ergänzen.

Da an einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren mehrere Bewerberinnen teilnehmen, ist der Schutz von Geschäftsgeheimnissen von zentraler Bedeutung. Aus diesen Gründen können in den Bereichen Akteneinsicht (Art. 26 ff. VwVG), rechtliches Gehör (Art. 30 und 31 VwVG) sowie Eröffnung und Begründung der Verfügungen (Art. 34 und 35 VwVG) spezifische Regeln notwendig werden. Dem Bundesrat soll deshalb nach Absatz 2 die Kompetenz gegeben werden, beim erstinstanzlichen Verfahren und beim Beschwerdeverfahren von den Regeln des VwVG abweichen zu können. Das Verfahren muss aber immer den Grundsätzen der Objektivität, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz folgen und garantiert insbe7979

sondere, dass die von den Gesuchstellerinnen gemachten Angaben vertraulich bleiben können. Die anwendbaren Regeln lehnen sich eng an die im Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.1) vorgesehene Ordnung an.

Ausschreibungen sollen nicht durch die Einlegung von Rechtsmitteln ungerechtfertigt verzögert oder sogar verhindert werden. Diese Gefahr besteht insbesondere dort, wo mögliche Gesuchstellerinnen eine Ausschreibung von Funkfrequenzen aus finanziellen oder technischen Gründen lieber erst zu einem späteren Zeitpunkt sehen würden. Im Falle von Verzögerungen oder Verschiebungen müssten die sich bewerbenden Fernmeldedienstanbieterinnen ihre Business- und Finanzierungspläne vollständig überarbeiten und ihre Bankgarantien, die sich bei Auktionen auf Dutzende von Millionen Franken belaufen können, erneuern. Dies wäre für die Bewerberinnen eine unzumutbare Belastung. Verzögerungen würden sich aber auch negativ auf die Entwicklung des Schweizer Fernmeldemarktes und damit auf den Wirtschaftsstandort Schweiz auswirken. Deshalb sollen nach Absatz 3 verfahrensleitende und andere Zwischenverfügungen nicht selbstständig durch Beschwerde anfechtbar sein. Dies gilt nicht für die Endverfügungen.

Art. 24a­24f und 27 Die Artikel 24a­24f enthalten die Bestimmungen der bisherigen Artikel 5, 7­10 und 13, auf die der bisherige Artikel 27 verweist.

Im Vergleich zu den derzeitigen Bestimmungen präzisiert Artikel 24d den wirtschaftlichen Übergang der Konzession mit Bezugnahme auf die wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen (vgl. Art. 4 Abs. 3 Bst. b des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen48 sowie die Verordnung vom 17. Juni 1996 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen49).

Die ausdrückliche Erwähnung der Kompetenz der Konzessionsbehörde, Funkkonzessionen nicht nur zu ändern, sondern auch zu widerrufen (Art. 24e), schafft Rechtssicherheit für die mit der Verwaltung des Frequenzspektrums betraute Behörde. Da die Industrie in immer kürzeren Abständen neue Typen von Funkanlagen entwickelt, erfordert eine effiziente Verwaltung des Frequenzspektrums, dass dieses nach dem Widerruf von in einem bestimmten Frequenzband erteilten Funkkonzessionen neu aufgeteilt werden kann. Mit Hilfe der heute für die Neuaufteilung von
Frequenzbändern verwendeten Instrumente wird es künftig nicht mehr möglich sein, den Zugang zum Frequenzspektrum zu einem Zeitpunkt sicherzustellen, der für die neue Technologie und für die Wirtschaft im Allgemeinen optimal ist. Der Widerruf ist grundsätzlich der letzte Ausweg. Wird er beschlossen, so hat die Konzessionärin Anrecht auf eine Entschädigung, ebenso im Fall einer wesentlichen Änderung.

Die Frequenzzuweisung stellt ein wichtiges Element des Konzessionsgegenstands dar. Es ist deshalb gerechtfertigt, das BAKOM der Pflicht zur Erteilung von Auskünften zu diesem Thema zu unterstellen (Art. 24f). Die Veröffentlichung der

48 49

SR 251 SR 251.4

7980

Informationen betreffend die Sendestandorte kann im öffentlichen Interesse im Sinne von Absatz 2 liegen50.

Der neue Wortlaut von Artikel 27 präzisiert, dass die Bestimmungen der Artikel 13a und 13b über die Datenbearbeitung und die Amtshilfe auch im Funkbereich gültig sind.

2.1.4

Adressierungselemente

Art. 28 Zwingende alternative Streitbeilegungsmechanismen (Alternative Dispute Resolution [ADR]) sind mit Ausnahme des Schiedsverfahrens alle aussergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren, die von einer neutralen Drittpartei geführt werden. Zurzeit erleben die ADR in ganz Europa eine Phase der Verbreitung, des Experimentierens und der Innovation. Sie sind für die EU zu einer politischen Priorität im Zusammenhang mit dem elektronischen Handel geworden (vgl. Grünbuch über alternative Verfahren zur Streitbeilegung im Zivil- und Handelsrecht [COM (2002)196]). Das Aufkommen von ADR ist auf den schwierigen Zugang zur Justiz zurückzuführen (Dauer, Komplexität und Kosten der Verfahren, insbesondere bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten mit Gesetzes- und Gesetzgebungskonflikten).

Diese Schwierigkeiten haben sich in der immateriellen Welt, in der die Grenzen fallen und das Internet sich rasch entwickelt, noch verschärft.

Die ADR haben sich zur Bewältigung der Fälle von Registrierungen von DomainNamen, die absichtlich die Rechte von Dritten im Bereich des geistigen Eigentums verletzen («Cybersquatting» oder «Domain Name Grabbing»), weitgehend durchgesetzt. Die ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) hat am 24. Oktober 1999 namentlich das UDRP-Verfahren (Uniform Dispute Resolution Policy) angenommen und vier Streitbeilegungszentren für die allgemeinen Domains (gTLD wie «.com», «org.» oder «.info») akkreditiert. In ihrer Resolution 102, welche die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten 2002 in Marrakesch angenommen hat, erklärt die Internationale Fernmeldeunion (ITU) es für im öffentlichen Interesse, dass das System zur Verwaltung der Domain-Namen und Internetadressen Streitbeilegungsverfahren umfasst. In Bezug auf die nach Artikel 28 Absatz 1 FMG von der Schweiz verwaltete Domain, die ccTLD (Country Code Top Level Domain) «ch», sieht Artikel 14g der Verordnung vom 6. Oktober 1997 über die Adressierungselemente im Fernmeldebereich (AEFV; SR 784.104) schon die Einrichtung eines Streitbeilegungsdienstes durch die Stiftung Switch vor.

Angesichts der Bedeutung, welche die ADR erlangen, sollte im Gesetz die Möglichkeit verankert werden, je nach Bedarf bei allen Adressierungselementen diesen Weg für die Streitbeilegung zu wählen. Der Bundesrat sollte beauftragt werden, wenn nötig Regeln
vorzusehen, welche die Organisation, das Verfahren, die Streitbeilegung und die Ernennung von Experten betreffen. Es ist hingegen nicht Zweck der ADR, Fragen zu allfälligen Schäden und Interessen oder zur Gültigkeit allfälliger Rechte von Dritten im Bereich des geistigen Eigentums zu behandeln.

50

Vgl. heute bereits die auf der Website des BAKOM unter der Adresse: http://www.ofcom.ch/fr/funk/freq_nutzung/standorte/index.html verfügbaren Informationen.

7981

ADR sind nur dann eine glaubwürdige Ergänzung zu einem Gerichtsverfahren, wenn sie Vorteile in Bezug auf Schnelligkeit, Effizienz und Kosten bieten und dennoch bestimmte Grundrechte der Parteien achten. Ihre Effizienz hängt sehr von der Verpflichtung für die betroffenen Inhaber von Adressierungselementen ab, sich von «geschädigten Dritten» anklagen zu lassen und auf Grund einer solchen Klage Rechtsnachteile zu erfahren. Sie hängt auch von der Fähigkeit der neutralen Drittpartei ab, zu entscheiden und ihre Lösung (Widerruf, Übertragung) dem BAKOM oder den beauftragten Dritten aufzuerlegen, welche die betreffenden Adressierungselemente verwalten. Dies unterscheidet ADR von der Schlichtungsstelle, wie sie in Artikel 12c dieses Entwurfs vorgesehen ist. Zu den minimalen Verfahrensgarantien, die ADR bieten müssen, gehören die Grundsätze der Unparteilichkeit des «Dritten» gegenüber den Parteien sowie diejenigen der Transparenz, der Effizienz, der Billigkeit und der Vertraulichkeit. Die Konkretisierung dieser Grundsätze hängt von den ADR-Arten und den betroffenen Streitfällen ab. Die Einrichtung von ADR impliziert keinerlei Einschränkung des Grundrechts auf Zugang zur Justiz, da der Zivilweg immer vorbehalten bleibt.

Wie das Grünbuch der EU erläutert, sind die Verfahrensbeziehungen zwischen den ADR-Systemen und den Gerichtsverfahren sehr komplex und müssen noch vertieft werden. Insbesondere die Frage, ob die ADR von einem Regime des Stillstands der Verjährungsfristen, welches das Erlöschen der Ansprüche verhindern könnte, begleitet werden sollte, wurde noch nicht angeschnitten. Die Tatsache, dass die Entscheidungen der ADR für die Rechtssubjekte, welche die Adressierungselemente verwalten, verbindlich sein können, kann zudem bewirken, dass die Rolle und die Rechtsstellung der Parteien bei einem solchen Prozess völlig verändert wird. Der Inhaber, dem ein Adressierungselement entzogen wird, muss sein Interesse an gerichtlicher Hilfe beweisen, wenn er ein Verfahren zur Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses einleiten will. Zudem trägt er die objektive Beweislast (Art. 8 ZGB), während er ursprünglich Inhaber eines Nutzungsrechts an einem Adressierungselement war. Zivilklagen der Inhaber von Adressierungselementen sind vorbehalten. Bei derartigen Zivilklagen müssen diese aber in jedem Fall
ihr Rechtsschutzinteresse nachweisen. Angesichts der derzeitigen rechtlichen Ungewissheiten und der Tatsache, dass die Beziehungen zwischen dem Zivilverfahren und der ADR in starkem Masse von deren Merkmalen abhängen, empfiehlt es sich, die Lösung der anderen Fragen bezüglich der Verfahrensbeziehungen zwischen ADR und Gerichtsverfahren an den Bundesrat zu delegieren.

2.1.5

Fernmeldeanlagen

Art. 31­34a Artikel 31 wurde vor allem in formeller Hinsicht überarbeitet, um die einzelnen Absätze besser aufeinander abzustimmen.

Zu den wichtigsten Vorschriften, die der Bundesrat festlegen können muss, gehören die neu in Absatz 1 erwähnten grundlegenden Anforderungen. Es sind sehr allgemein formulierte Anforderungen, welche die Fernmeldeanlagen erfüllen müssen, um angeboten, in Verkehr gebracht, erstellt und betrieben zu werden. Diese grundlegenden Anforderungen, die sich von der anwendbaren europäischen Regelung ableiten, werden vom BAKOM mit den beiden nach Absatz 2 vorgesehenen Mitteln konkreti7982

siert. Grundlegende Anforderungen gelten auch für Fernmeldeanlagen, für die es möglicherweise noch keine Normen gibt. In diesem Fall kann das BAKOM keine Normen bezeichnen oder für verbindlich erklären. Aus diesem Grund muss für die Verpflichtung des BAKOM nach Absatz 2 ein Vorbehalt vorgesehen werden. Falls es keine Norm bezeichnet oder für verbindlich erklärt hat, müssen die Anlagen, die noch nicht genormte Technologien nutzen, nach Absatz 4 den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, um angeboten und in Verkehr gebracht zu werden. In diesem Absatz wurde der Begriff Vorschriften aus folgenden beiden Gründen durch grundlegende Anforderungen ersetzt. Erstens sind die Normen, Spezifikationen usw., um die es in diesem Absatz geht, mit den grundlegenden Anforderungen und nicht mit anderen Vorschriften, z.B. der Kennzeichnung, verbunden. Zweitens könnte der Bundesrat, ohne grundlegende Anforderungen festgelegt zu haben, Vorschriften über die Anmeldung, die Benutzerinformationen usw. erlassen.

Die Anpassung in Absatz 3 ist auf die Umwandlung des Bundesamtes für Aussenwirtschaft in das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) zurückzuführen.

Wenn Gründe der fernmeldetechnischen Sicherheit vorliegen, dürfen nach Absatz 5 bestimmte Fernmeldeanlagen nur an besonders befähigte Personen abgegeben werden. Damit diese Einschränkung durchgesetzt werden kann und vermieden wird, dass solche Anlagen an unbefugte Personen abgegeben werden, muss das BAKOM die Möglichkeit haben, auch die Einzelheiten der Abgabe der Anlagen festzulegen (z.B. gegen Vorlage eines Belegs).

Artikel 32 wurde dahingehend ergänzt, dass der Bundesrat Ausnahmen von dem in diesem Artikel definierten Grundsatz festlegen kann. So ist beispielsweise kein Vorbehalt vorgesehen für den Fall, dass eine Änderung der Frequenzzuweisung dazu führen würde, dass die sich in Betrieb befindlichen Funkanlagen gestört werden und den neu eingeführten Funkdienst stören könnten.

Die «Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität» (R&TTE)51, die vom schweizerischen Gesetzgeber grundsätzlich übernommen wurde, sieht für Geräte, welche ausschliesslich für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der öffentlichen Sicherheit oder für
Tätigkeiten des Staates im strafrechtlichen Bereich benutzt werden, einen Vorbehalt vor (Art. 1 R&TTE). Im Interesse der Verbrechensverhütung und Verbrechensbekämpfung schafft Artikel 32a eine solche formelle Grundlage, um Fernmeldeanlagen (z.B. Stör- und Peilsender oder Minispione) von den allgemein geltenden Vorschriften über das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme, das Erstellen und das Betreiben auszunehmen, soweit sie von Behörden (insbesondere Strafvollzugs- und Polizeibehörden) im Interesse der öffentlichen Sicherheit betrieben werden müssen.

Nach Artikel 34 Absatz 1ter regelt der Bundesrat, unter welchen Voraussetzungen Polizei- und Strafvollzugsbehörden im Interesse der öffentlichen Sicherheit eine störende Fernmeldeanlage erstellen, in Betrieb nehmen oder betreiben dürfen, ohne gegen Artikel 51 zu verstossen. Kommt es durch den Einsatz von solchen störenden Fernmeldeanlagen zu übermässigen Beeinträchtigungen Dritter oder anderer öffentlicher Interessen, so muss das BAKOM deren Betreiberinnen ebenso in die Pflicht

51

Abl. L vom 07.04.1999, S. 10.

7983

nehmen können wie jede andere Betreiberin einer Fernmeldeanlage auch (zweiter Satz).

Die Einführung von Artikel 34 Absatz 1bis ist auf die neuen Verfahren für das Inverkehrbringen zurückzuführen, die aus der Richtlinie 99/5/EG über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (R&TTE) in die schweizerische Gesetzgebung übernommen wurden. Da die Verantwortung bei diesen neuen Verfahren beim Hersteller liegt und vor dem Inverkehrbringen der Anlagen keine staatliche Kontrolle vorgesehen ist, kann es lange dauern, bis die Nichtkonformität von störenden Fernmeldeanlagen nachgewiesen ist. In der Zwischenzeit muss das BAKOM Massnahmen ergreifen können, um weitere Störungen zu verhindern. Artikel 33 findet in diesem Fall keine Anwendung, da sich seine Bestimmungen nur auf nichtkonforme Anlagen beziehen.

Der neue Artikel 34a präzisiert, dass die Bestimmungen der Artikel 13a und 13b über die Datenbearbeitung und die Amtshilfe auch im Bereich der Fernmeldeanlagen gelten.

Art. 35­37 In Artikel 35 wurden nur terminologische Anpassungen vorgenommen. Infolge der Aufhebung der Fernmeldedienstkonzessionen betrifft das Recht zur Nutzung von Boden im Gemeingebrauch zurzeit alle Fernmeldedienstanbieterinnen. Dies sollte aber nicht zur Folge haben, dass mehr Boden im Gemeingebrauch als bisher zur Verfügung gestellt werden muss, da die Anbieterinnen, welche die Fernmeldeanlagen auf Boden im Gemeingebrauch erstellen, im Prinzip gemäss heutigem Recht (Art. 4 Abs. 1 FMG) der Konzessionspflicht unterstellt sind. Die Aufhebung des Konzessionsregimes wird also nicht eine Erhöhung der Zahl der Anbieterinnen, die Boden im Gemeingebrauch in Anspruch nehmen, nach sich ziehen. Im französischen Text wurde im Übrigen der Terminus «cabine publique» («öffentliche Sprechstelle») durch den Ausdruck «poste téléphonique payant public» ersetzt (vgl. Art. 16 Abs. 1 Bst. c), der auch im europäischen Recht verwendet wird (vgl. Art. 6 der Universaldienstrichtlinie).

In Artikel 36 Absatz 2 wird präzisiert, dass nicht nur die gemeinsame Nutzung von Fernmeldeanlagen, sondern auch von anderen Anlagen, z.B. von Kabelkanälen oder Sendestandorten (Antennenmasten), vorgeschrieben werden kann. Ferner soll das BAKOM mehrere Anbieterinnen von Fernmeldediensten zur gemeinsamen Nutzung ihrer Anlagen verpflichten können, bevor diese errichtet worden
sind (Abs. 3). Der Verweis auf die Interkonnektionsregeln im bisherigen Absatz 2 zweiter Satz erübrigt sich, da sowohl der Umfang der Entschädigung als auch das Verfahren in Artikel 36 Absatz 2 ausreichend bestimmt sind. Insbesondere wird dort präzisiert, dass das BAKOM nur auf Antrag eingreifen kann.

Zur Enteignungsregelung in Artikel 36 Absatz 1, die im Entwurf nicht verändert wird, hatte der Bundesrat in seiner Botschaft vom 10. Juni 199652 ausgeführt, dass ein öffentliches Interesse für die Konzessionärinnen von Fernmeldediensten angenommen werde. Mit der Abschaffung der Dienstekonzessionen sollte dies für den Bau von Netzen für öffentliche Fernmeldedienste weiterhin der Fall sein.

52

s. BBl 1996 III 1397

7984

In Artikel 37 sind es vor allem die Kabelkanäle und weniger die Leitungen, die vom Akzessionsprinzip (Art. 667 Abs. 1 ZGB) ausgenommen werden sollen. Aus den bereits in Artikel 35 erwähnten Gründen sollte die Aufhebung der Fernmeldekonzessionen und die Ausdehnung der Eigentumsrechte an den Leitungen auf alle Fernmeldedienstanbieterinnen in der Praxis keine Auswirkungen haben.

2.1.6

Abgaben

Art. 38 Im neuen System der allgemeinen Meldepflicht müssen alle Fernmeldedienstanbieterinnen, nicht wie heute nur die Fernmeldedienstkonzessionärinnen, zur Finanzierung der Grundversorgung beitragen. Dies erscheint gerechter und verhindert Marktverzerrungen. Allerdings kann der Bundesrat Anbieterinnen mit einem sehr geringen Umsatz von der Abgabe befreien.

Es handelt sich dabei um eine Ausgleichsabgabe mit besonderem Verwendungszweck, weil sie als Ausgleich für die öffentlich-rechtlichen Lasten der Grundversorgungskonzessionärin zum Zweck der Finanzierung der Grundversorgung dient. Sie dient damit der Einrichtung eines fairen Wettbewerbs zwischen der Grundversorgungskonzessionärin und den übrigen Fernmeldedienstanbieterinnen sowie der Sicherstellung einer ausreichenden Grundversorgung in allen Landesgegenden.

Damit leitet sie sich direkt aus Artikel 92 BV ab.

Der Verweis auf die mehrwertsteuerpflichtigen Umsätze wird gestrichen. Zum einen werden die Telekommunikationsdienstleistungen im Mehrwertsteuergesetz (SR 641.20) und im FMG nicht auf dieselbe Weise definiert. Zum anderen verfügt die Mehrwertsteuerverwaltung nur über globale Umsatzzahlen. Viele Anbieterinnen von Fernmeldediensten sind aber noch in weiteren Geschäftsfeldern aktiv, so dass es schwierig ist, den Umsatz aus der Erbringung von Fernmeldediensten vom Umsatz aus anderen Diensten zu unterscheiden. Der Bundesrat wird deshalb die nötigen Vorkehrungen treffen, um denjenigen Umsatz der Fernmeldedienstanbieterinnen festzulegen, auf dessen Basis die Abgabe für die Grundversorgung ermittelt wird.

Art. 39 Die Kriterien für die Berechnung der Funkkonzessionsgebühren (Abs. 2), die hauptsächlich technischer Natur sind, haben sich in der Vergangenheit als zu einschränkend erwiesen. Das wirtschaftliche Kriterium des «Werts der Frequenzen» soll sie ergänzen. So haben zum Beispiel die Frequenzen, die gemäss den Funkkonzessionen nur in städtischen Gebieten genutzt werden dürfen, mehr Wert als diejenigen, deren Nutzung ausschliesslich in ländlichen Gebieten erlaubt ist. Dies hat damit zu tun, dass das Spektrum in städtischen Gebieten stärker genutzt wird als in ländlichen Gegenden. Die für die Verwaltung des Spektrums zuständige Behörde kann deshalb Konzessionsgesuchen für Frequenzen, die in städtischen Gebieten genutzt werden können, nicht ebenso
leicht entsprechen wie Gesuchen für die Nutzung in ländlichen Gebieten. Das neue Kriterium erlaubt darum, die Höhe der Gebühren entsprechend der Nachfrage nach diesen Frequenzen festzulegen.

Gemäss dem geltenden Absatz 3 entspricht die Konzessionsgebühr dem Steigerungserlös abzüglich der Gebühr. Im neuen Absatz 3 wird präzisiert, dass mit der 7985

Gebühr nur diejenigen Kosten gemeint sind, welche für die Ausschreibung, die Versteigerung und die Erteilung der Funkkonzession geschuldet sind. Sie umfasst also nicht die Kosten, die aus der Verwaltung der Frequenzen, der Aufsicht, den Änderungen oder den Anpassungen der Konzessionen entstehen. Diese Kosten werden den Konzessionärinnen als Verwaltungsgebühren separat in Rechnung gestellt. Dies entspricht der bisherigen Praxis (vgl. Art. 7 der Verordnung des UVEK vom 22. Dezember 199753 über Verwaltungsgebühren im Fernmeldebereich).

Art. 40 Die Änderungen in Absatz 1 sind Ergänzungen oder Anpassungen an die durch die neuen Bestimmungen entstandenen zusätzlichen Aufgaben der zuständigen Behörden.

Absatz 1 Buchstabe c bezieht sich auf Artikel 12c. Es ist an eine aufwandsabhängige Gebühr entsprechend der Verordnung des UVEK über Verwaltungsgebühren im Fernmeldebereich gedacht.

Wird eine Tätigkeit an einen Dritten übertragen (Abs. 2), so muss dieser den Preis für seine Dienste frei festsetzen können. Das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip finden hier keine Anwendung. Allerdings sind Instrumente zur Verhinderung von Missbräuchen vorzusehen, namentlich bei ungenügendem Wettbewerb.

Art. 41 Die Höhe der Abgabe für die Finanzierung der Grundversorgung kann vom Bundesrat nicht im Voraus festgelegt werden. Er kann lediglich Bestimmungen über die Berechnungsgrundlagen erlassen.

2.1.7

Fernmeldegeheimnis und Datenschutz

Art. 45a Fernmeldetechnisch gesendete Massenwerbung wird durch den neuen Artikel 3 Buchstabe o des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geregelt (vgl.

Anhang). Der Versand unlauterer Massenwerbung wird den Absendern zu leicht gemacht, wenn nicht ausnahmslos alle Anbieterinnen von Fernmeldediensten dagegen vorgehen. Darum verpflichtet ­ und berechtigt ­ Artikel 45a alle Fernmeldedienstanbieterinnen zur Bekämpfung dieser Werbung mit angemessenen und verhältnismässigen Mitteln. Anbieterinnen, die unlautere Massenwerbung bereits aus eigenem Entschluss bekämpfen, werden das gegenüber den Absendern mit ihrer Verpflichtung aus Artikel 45a begründen können. Artikel 45a verlangt und erlaubt nur sinnvolle Massnahmen, die mit vernünftigem Aufwand realisierbar und (sofern es sich um technische Massnahmen handelt) technisch möglich sind. Der Bundesrat kann je nach Stand der technischen Entwicklung festlegen, welche Massnahmen dies sind. Eine solche Massnahme ist zum Beispiel die Auflösung des Leistungsvertrags einer Fernmeldedienstanbieterin mit einem Kunden, wenn die Fernmeldedienstan-

53

SR 784.106.12

7986

bieterin wiederholt Beschwerden von Empfängern unzulässiger Massenwerbung erhält, die dieser Kunde gesendet hat.

Art. 45b Daten über den Standort mobiler Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind für Fernmeldedienste und ihre Abrechnung notwendig. Sie können aber auch für andere Zwecke verwendet werden. Anhand dieser Daten können die Fernmeldedienstanbieterinnen oder Dritte den Kundinnen und Kunden Dienste anbieten, die sich auf deren aktuellen Standort beziehen, z.B. das lokale Kinoprogramm, Informationen über das nächstgelegene Hotel oder den Weg zu einer bestimmten Adresse. Es sind auch Nutzungen denkbar, welche die Privatsphäre der Kundinnen und Kunden verletzen.

Diese Privatsphäre muss daher bezogen auf die Standortdaten geschützt werden.

Artikel 45b erlaubt die Nutzung von Standortdaten nur in drei Fällen, nämlich entweder, wenn sie für das Erbringen oder Abrechnen von Fernmeldediensten nötig sind, oder wenn sie anonymisiert worden sind oder wenn die Kundinnen oder Kunden ausdrücklich in die Bearbeitung eingewilligt haben. Diese Regelung entspricht Artikel 9 der EU-Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation.

Das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF; SR 780.1; vgl. Art. 44) wird von Artikel 45b nicht betroffen. Als lex specialis wird es in allen Fällen angewandt, die seinem Geltungsbereich unterstehen.

Art. 45c Ein schnell wachsender Anteil der Telekommunikation läuft, teilweise vom Menschen unbemerkt, zwischen Geräten ab. Die Privatsphäre des Menschen umfasst aber auch die von ihm verwendeten Geräte. Er muss daher in seiner Privatsphäre vor unerwünschten oder rechtswidrigen Zugriffen Dritter auf diese Geräte geschützt werden. Dies gilt auch, wenn diese Geräte nicht, wie dies die Artikel 143 und 143bis Strafgesetzbuch54 voraussetzen, gegen unbefugten Zugriff besonders gesichert sind.

Zudem müssen Regeln aufgestellt werden, welche die teilweise vom Menschen unbemerkten telekommunikativen Vorgänge in geordnete Bahnen lenken.

Das Bearbeiten von Daten im Sinne von Artikel 45c umfasst die Speicherung, den Zugriff und jede sonstige Bearbeitung. Von Artikel 45c erfasste Eingriffe sind heutzutage z.B. die Installation und Nutzung von sog. Cookies, Web-Bugs, Hidden Identifiers oder Spyware. Einige dieser Programme übertragen Daten
z.T. selbständig fernmeldetechnisch. Sie vermitteln ihren Anwendern z.B. Informationen über die mit einem fremden Computer angeforderten Internetseiten, dienen aber auch vielen anderen Zwecken. Den Gebrauch derartiger Programme regelt darum Artikel 45c. Er stellt sicher, dass jede Datenbearbeitung auf fremden Geräten entweder der fernmeldetechnischen Übertragung dient oder, falls das nicht der Fall ist, durch die Benutzerinnen und Benutzer der Geräte kontrolliert werden kann. Er entspricht Artikel 5 Absatz 3 der EU-Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation.

54

SR 311.0

7987

2.1.8

Wichtige Landesinteressen

Art. 48a Der neu eingeführte Artikel 48a ermöglicht es dem Bundesrat, Auflagen zur Sicherheit und Verfügbarkeit der Fernmeldeinfrastrukturen und -dienste zu machen und damit die Sicherheit in der Telekommunikation zu verbessern. Damit soll den sowohl in der EU55 als auch in der Schweiz56 erkannten Sicherheitsinteressen in der Telekommunikation Rechnung getragen werden. Welche Vorschriften dazu in Zukunft erforderlich sein werden, ist angesichts der technischen Entwicklung nicht voraussehbar. Notwendig erscheinen heute Vorschriften zur Verfügbarkeit, zur Erfassung nicht redundanter Netzelemente und zur Verpflichtung der Betreiberinnen, Netze auch von der Schweiz aus autonom bedienen zu können57. Artikel 48a füllt eine Regelungslücke: Artikel 46 schützt nur die Persönlichkeitsrechte in der Telekommunikation und richtet sich nur gegen Eingriffe von aussen; Artikel 47 betrifft nur ausserordentliche Lagen.

2.1.9

Strafbestimmungen

Art. 52 Absatz 1 Buchstabe a wird an die Aufhebung der Fernmeldedienstkonzessionen angepasst. Mit der Änderung in Buchstabe c wird die Art der Nutzung eines Adressierungselements präzisiert, die unter diese Bestimmung fällt.

2.1.10

Aufsicht

Art. 58 Neu beschränkt sich der Anwendungsbereich von Artikel 58 nicht mehr nur auf Konzessionärinnen, sondern auf alle dem Fernmelderecht unterworfenen Personen.

Damit wird im Aufsichtssystem des FMG eine Lücke geschlossen, da gemäss dem geltendem Recht gegen gemeldete (also nicht konzessionierte) Fernmeldedienstanbieterinnen sowie gegen Inhaber von Einzelnummern (z.B. 0800, 09XX) keine Aufsichtsmassnahmen verhängt werden können, obschon auch diese dem FMG unterstehen.

55

56

57

Entschliessung des Rates vom 28. Januar 2002 zu einem gemeinsamen Ansatz und spezifischen Massnahmen im Bereich der Netz- und Informationssicherheit, ABl. C 43 vom 16.2.2002, S. 2; Art. 23 EU-Universaldienstrichtlinie.

«Sicherheitsinteressen der Schweiz an Rundfunk- und TelekommunikationsInfrastrukturen in ausserordentlichen Lagen», Bericht des Bundesrates an die Sicherheitspolitischen Kommissionen der Eidgenössischen Räte vom 30. November 2001.

Vgl. «Sicherheitsinteressen der Schweiz an Rundfunk- und TelekommunikationsInfrastrukturen in ausserordentlichen Lagen», Bericht des Bundesrates an die Sicherheitspolitischen Kommissionen der Eidgenössischen Räte vom 30. November 2001, Ziff. 4.2.1.2 und 4.2.1.5.

7988

Zudem benötigen Fernmeldedienstanbieterinnen, die das Frequenzspektrum nicht nutzen, keine Konzession mehr. Auch sie müssen aber weiterhin der Aufsicht unterstehen.

Es ist gegenwärtig nicht vorgesehen, Aufsichtsaufgaben an privatrechtliche Organisationen zu übertragen (Abs. 1 zweiter Satz).

Als Folge des grösseren Kreises der Artikel 58 unterworfenen Personen wird die Regel zur Zuständigkeit für Aufsichtsmassnahmen umgekehrt: Statt der ComCom wird das BAKOM genannt. Die ComCom bleibt für Aufsichtsmassnahmen gegenüber den von ihr Konzessionierten zuständig. Inhaltlich ändert sich also in Artikel 58 an der Zuständigkeitsaufteilung zwischen ComCom und BAKOM nichts.

Absatz 2 Buchstabe d wird entsprechend der europäischen Regelung ergänzt, was sich aus dem Wegfall der Konzessionspflicht für alle Fernmeldedienstanbieterinnen ergibt. Die Tätigkeit einer nicht mehr konzessionspflichtigen Anbieterin kann auch nicht mehr durch Konzessionsentzug beendet werden. Bei fundamentalen Rechtsverstössen muss die Aufsichtsbehörde als letztes Mittel aber die Möglichkeit haben, die Tätigkeit einer Anbieterin zu beenden.

Wenn die ComCom gemäss Absatz 4 zuständig ist, muss gemäss Absatz 2 Buchstabe a, zweiter Halbsatz in Verbindung mit Absatz 4 die verantwortliche Person selbstverständlich auch der ComCom (nicht dem BAKOM) mitteilen, was sie unternommen hat.

Art. 59 Wie bei den Aufsichtsmassnahmen wird die Auskunftspflicht (Abs. 1) auf alle dem FMG unterstellten Personen ausgeweitet (vgl. auch die spezifischen Bestimmungen in Artikel 29 für die Inhaber von Adressierungselementen und in Artikel 33 für die Kontrolle der Fernmeldeanlagen).

Die amtliche Fernmeldestatistik (Abs. 2) betrifft hingegen nur die meldepflichtigen Anbieterinnen von Fernmeldediensten. Die Personendaten, die zu statistischen Zwecken erhoben werden, dürfen grundsätzlich nicht zu anderen Zwecken verwendet werden. Absatz 2bis verweist auf die statistische Geheimhaltung und legt gleichzeitig die Ausnahmen fest. Die regulatorischen Entscheidungen nach Buchstabe d umfassen namentlich die Entscheidungen im Bereich des Zugangs (Art. 11) und der Marktaufsicht (Art. 58 und 60). Auf Grund der besonderen Struktur und des Bedürfnisses nach Transparenz des Fernmeldemarktes soll das BAKOM befugt werden, die Marktanteile der Anbieterinnen zu veröffentlichen
(Abs. 2ter).

Art. 60 Absatz 1 erfasst entsprechend zu Artikel 58 nicht mehr nur Fernmeldedienstanbieterinnen, sondern Unternehmen allgemein, also z.B. auch die Inhaber von Einzelnummern.

Der französische Wortlaut des geltenden Absatzes 1 bezieht sich auf alle Unternehmen und ist somit weiter gefasst als die deutsche Fassung, die ausschliesslich von Anbieterinnen von Fernmeldediensten spricht. Der französischen Version ist der Vorzug zu geben, da dadurch auch gegen Unternehmen vorgegangen werden kann, die nicht Fernmeldedienstanbieterinnen sind, aber trotzdem dem FMG unterstellt sind (Anbieterinnen von Mehrwertdiensten, Inhaberinnen von Betriebsfunkkonzes7989

sionen usw.). Hingegen sind Privatpersonen, die kein kommerzielles Unternehmen betreiben, z.B. Funkamateure, dieser Bestimmung nicht unterstellt.

Die Erzielung eines Vorteiles ist keine Voraussetzung mehr für die Verhängung einer Sanktion. Die Sanktion soll die Durchsetzung des Rechts ermöglichen. Dabei ist es nicht relevant, ob ein Unternehmen durch einen Verstoss einen Vorteil erzielt.

Ein solcher Vorteil kann schon im Rahmen der Einziehung der durch die Rechtsverletzung erzielten Einnahmen (Art. 58 Abs. 2 Bst. b) berücksichtigt werden.

Absatz 1 wurde zudem dahingehend ergänzt, dass eine Verwaltungssanktion auch bei einem Verstoss gegen anwendbares Recht verhängt werden kann. Diese Ergänzung ermöglicht die Verhängung von Sanktionen gegen nicht konzessionierte Unternehmen bei gravierenden Rechtsverstössen, ohne dass diese Unternehmen zuvor zwingend per Verfügung zur Einstellung des Rechtsverstosses aufgefordert werden müssen. Damit können die ComCom und das BAKOM die Durchsetzung des Fernmelderechts auch im sich rasant verändernden Telekommarkt und gegenüber risikobereiten und grossen Unternehmen sicherstellen.

Der durch den Verstoss erzielte Gewinn als Sanktionsobergrenze (dreifache Höhe) ist kein taugliches Kriterium, da ein solcher oft nicht beziffert werden kann. Er wird daher durch die bereits bestehende alternative Obergrenze von zehn Prozent des letzten Jahresumsatzes in der Schweiz ersetzt. Sie wird aber auf eine breitere Basis gestellt: Nicht allein der letzte Jahresumsatz, sondern der Durchschnitt aus den letzten drei Jahresumsätzen ist nunmehr massgeblich.

Wie in Artikel 58 wird die Kompetenzregelung zwischen BAKOM und ComCom angepasst (Abs. 2).

Der neu eingeführte Absatz 3 nennt die wichtigsten Grundlagen für die Entscheidung über die Sanktionshöhe. Die Schwere des Verstosses und die finanziellen Verhältnisse des Unternehmens konkretisieren den allgemein geltenden Verhältnismässigkeitsgrundsatz.

2.1.11

Übergangsbestimmungen

Art. 68a Die GSM-, WLL- und UMTS-Konzessionen behalten ihre Gültigkeit als Funkkonzessionen. Ihr Inhalt muss jedoch angepasst werden. So sind namentlich alle Bestimmungen zu streichen, die nicht strikt die Benutzung des Frequenzspektrums betreffen, insbesondere die Verpflichtungen betreffend die Bereitstellung von Fernmeldediensten (Notrufe, Interoperabilität, Fernmeldegeheimnis usw.). Die Funkkonzession kann jedoch gemäss den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts spezifische Verpflichtungen in Bezug auf das Roaming und die Versorgung des Gebiets und der Bevölkerung enthalten. Die Grundversorgungskonzession, die der Swisscom bis zum 31. Dezember 2007 erteilt wurde, ist weiterhin den bisherigen Bestimmungen unterstellt.

7990

2.2

Änderung bisherigen Rechts (Anhang)

2.2.1

Art. 3 UWG

Fernmeldetechnisch gesendete Massenwerbung nimmt weltweit rasant zu, ohne dass dies von den Empfängerinnen und Empfängern verhindert werden könnte. Die Kosten des Versands solcher Massenwerbung sind für die Absender ­ im Gegensatz zu anderen Werbeformen ­ vernachlässigbar. Aufwand verursacht sie hingegen bei den Übermittlern und den Empfängern. Diese müssen Übertragungs- und Speicherkapazität bereitstellen und die Folgen von durch Massenwerbung blockierten Kapazitäten tragen. Zudem müssen sie Arbeitszeit für die Handhabung und den Empfang einsetzen. Gegenüber den üblichen Werbeformen erfolgt damit eine Umkehr der Kostenverteilung, welcher die Empfänger ausgeliefert sind. Die Massenwerbung hat zudem ein Ausmass angenommen, das für die Mehrheit der Empfänger inakzeptabel ist.

Dagegen müssen die unfreiwilligen Übermittler und Empfänger geschützt werden.

Der neue Buchstabe o von Artikel 3 UWG gibt darum den Empfängern das Recht, darüber mitzubestimmen, ob sie derartige Werbung erhalten wollen. Die Regelung leistet damit der Motion Sommaruga (00.3393: Elektronische Massenwerbesendungen. «Spamming») Folge und entspricht dem geltenden Artikel 13 der EU-Datenschutzrichtlinie. Sie ist auch darum wichtig, weil sonst Kommunikationsmittel wie z.B. E-Mail vollständig unbrauchbar werden könnten. Die Massenwerbung wird nicht im FMG, sondern im UWG geregelt, weil sie in erster Linie die Nutzerinnen und Nutzer (und nicht die Anbieterinnen) von Fernmeldediensten betrifft. Die Übermittler der Werbung werden ergänzend in Artikel 45a FMG angesprochen. Die Anwendung des Datenschutzrechts wird in keinem Fall ausgeschlossen.

Erst die Automatisierung ermöglicht den Massenversand von Werbung. Darum umfasst der Begriff der Massenwerbung alle Arten der automatisierten Werbung (automatisierte Anrufe, Fax, SMS, E-Mail usw.). Nicht erfasst wird Werbung, die nicht automatisiert ist, sondern einen menschlichen Aufwand erfordert (z.B. Werbeanrufe) und darum weniger zu Missbrauch einlädt. Für sie gilt weiterhin die hierfür ausreichende Regelung in Artikel 65 Absatz 1 FDV («opt-out»). Von der Bestimmung ebenfalls nicht erfasst wird Werbung, die im Zusammenhang mit vom Empfänger angeforderten Inhalten gesendet wird (z.B. Werbung auf Internetseiten, Rundfunkwerbung).

Der Anwendungsbereich von Buchstabe o ist daher auf Massenwerbung ohne Zusammenhang mit einem angeforderten Inhalt beschränkt. Diese muss: 1.

nach Einwilligung der Kunden gesendet werden,

2.

einen korrekten Absender enthalten und

3.

einen Hinweis auf eine Ablehnungsmöglichkeit enthalten.

Ohne korrekten Absender ist z.B. Werbung, deren Absenderangabe die Ermittlung ihres Auftraggebers verhindert, oder Werbung ohne Absenderangabe. Der Empfänger kann, auch nachdem er seine Einwilligung erteilt hat, jederzeit weitere elektronische Werbung ablehnen. Hierauf muss er bei jedem Kontakt klar und deutlich hingewiesen werden. Die Ablehnung darf für ihn nicht mit Aufwand oder Kosten verbunden sein (abgesehen von marginalen und praktisch unvermeidbaren Kosten wie z.B. denen des Internetzugangs beim Versand elektronischer Post).

7991

Satz 2 erweitert gegenüber Satz 1 die Werbemöglichkeiten: Wer für einen Kauf seine Adresse angegeben hat, dessen Adresse kann für Massenwerbung genutzt werden, wenn er dies nicht abgelehnt hat, nachdem er auf die Ablehnungsmöglichkeit hingewiesen worden ist. Satz 2 regelt nur die Frage der Einwilligung abweichend von Satz 1. Die sonstigen Regeln von Satz 1 (korrekter Absender, Hinweis auf die Ablehnungsmöglichkeit) gelten auch bei Massenwerbung nach Satz 2.

2.2.2

Art. 10 BStatG

Das Bundesamt für Statistik (BFS) erbringt Informationsdienstleistungen für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Verlässliche statistische Informationen sind für moderne Gesellschaften unabdingbar. Zu denken ist etwa an die Gesundheitsstatistik, die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (BIP-Berechnung) oder an den Landesindex der Konsumentenpreise (LIK), der als Grundlage für den Teuerungsausgleich bei Lohnverhandlungen sowie bei der jährlichen Anpassung der Renten von grosser Bedeutung ist. Ein grosser Teil der Statistiken beruht auf Umfragen bei der Bevölkerung. Solche Umfragen werden nur bei einem Teil der Bevölkerung durchgeführt. Es handelt sich also um so genannte Stichprobenerhebungen bei privaten Haushalten und Personen, die zufällig aus einem Stichprobenregister gezogen werden.

Die Qualität der Statistiken ist in hohem Masse abhängig von der Güte des Stichprobenregisters. Volkswirtschaftlich gravierende Verzerrungen und Auswirkungen, wenn z.B. auf Grund einer falsch berechneten Teuerungsrate die Löhne und Renten falsch angepasst werden, können nur vermieden werden, wenn das Stichprobenregister möglichst alle Haushalte in der Schweiz abdeckt.

Bis heute dient das Telefonverzeichnis der Swisscom als Basis für das Stichprobenregister für Haushaltserhebungen. Die Qualität des Telefonverzeichnisses hat aber in den letzten Jahren laufend abgenommen, vor allem deshalb, weil die Kundinnen und Kunden ihre Telefonnummern nicht mehr in ein öffentlich zugängliches Telefonverzeichnis eintragen lassen müssen. Der Anteil der Mobilfunkteilnehmerinnen und -teilnehmer, die keinen Festnetzanschluss haben, hat zugenommen, und meist sind es gerade diese, die sich in kein Telefonverzeichnis mehr eintragen lassen. Das Stichprobenregister wird somit immer weniger repräsentativ.

Um diese Problematik zu entschärfen, benötigt das BFS von den Anbieterinnen von öffentlichen Telefondiensten folgende Kundendaten: Rufnummer, Name, Vorname und Adresse der Telefonkunden sowie ­ sofern vorhanden ­ Angaben über deren Sprache, die Unterscheidung in Privat- oder Geschäftsnummer, die Art des Telefondienstes, eine allfällige Werbesperre und einen allfälligen Verzicht auf den Verzeichniseintrag. Grundlage für ein zuverlässiges Stichprobenregister sind auch die Daten von Kundinnen und Kunden, die sich nicht in ein Telefonverzeichnis
eintragen lassen wollen, sowie ­ sofern vorhanden ­von der Kundschaft mit PrepaidKarten.

Bisher haben die gesetzlichen Grundlagen für eine Verpflichtung der Anbieterinnen von öffentlichen Telefondiensten, Kundendaten zu liefern, sowie für die Abgeltung dieser Verpflichtung zugunsten eines öffentlichen Interesses gefehlt. Der Bundesrat schlägt deshalb vor, diese Grundlagen in einem neuen Artikel 10 Absatz 3quater des Bundesstatistikgesetzes vom 9. Oktober 1992 (BStatG, SR 431.01) zu schaffen.

7992

Im neuen Absatz wird festgehalten, dass die Daten des Stichprobenregisters ausschliesslich als Hilfsmittel für die Durchführung von statistischen Erhebungen gemäss dem Bundesstatistikgesetz verwendet werden dürfen. Die Benützung für personenbezogene oder administrative Zwecke ist ausgeschlossen, die missbräuchliche Verwendung für nicht statistische Zwecke wird bestraft. Der Datenschutz kann auf Grund der einschlägigen Bundesgesetzgebung einwandfrei gewährleistet werden.

Die zur Mitwirkung an Erhebungen beigezogenen Stellen, insbesondere die Befragungsinstitute, welche Erhebungen im Auftrag des Bundes durchführen, dürfen die Daten nicht für ihre eigenen Zwecke verwenden. Sie haben die Daten zu vernichten oder dem Bund zurückzugeben. Die Einhaltung dieser Bestimmung wird mit Datenschutzvereinbarungen zwischen dem Bund und den Befragungsinstituten und mit Konventionalstrafen sichergestellt.

Das Stichprobenregister soll in absehbarer Zeit mit weiteren Daten aus den kantonalen und kommunalen Einwohnerregistern ergänzt werden. Das EDI hat im Frühjahr 2003 eine entsprechende Vernehmlassung zu einem Bundesgesetz über die Harmonisierung der Einwohnerregister und anderer amtlicher Personenregister durchgeführt. Hauptzweck dieses Gesetzes ist es, die kantonalen und kommunalen Einwohnerregister zu harmonisieren, um im Jahre 2010 die Volkszählung registergestützt durchführen zu können.

Die Daten aus den Einwohnerregistern genügen für die Durchführung einer Stichprobenerhebung nicht, da diese keine Telefonnummern enthalten. Aus Kosten- und Qualitätsgründen werden heute aber die meisten Erhebungen per Telefon durchgeführt. Deshalb sind die Kundendaten der Telefondienstanbieterinnen unerlässlich.

In einem ersten Schritt soll das Stichprobenregister mit den Kundendaten der Anbieterinnen von öffentlichen Telefondiensten auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. In einem zweiten Schritt werden später auch Daten aus den Einwohnerregistern in das Stichprobenregister aufgenommen.

2.2.3

Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF)

2.2.3.1

Allgemeines

Immer wieder werden Menschen der Polizei oder den Rettungsbehörden als vermisst gemeldet. Mit wachsender Häufigkeit tragen die vermissten Personen Mobiltelefone auf sich. Der technische Fortschritt erlaubt es, solche Mobiltelefone zunehmend genauer zu lokalisieren, sofern sie eingeschaltet sind und sich in einem mit Mobilfunk versorgten Gebiet befinden. Dies eröffnet einerseits neue Möglichkeiten für das Auffinden von vermissten Personen, tangiert andererseits aber den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses.

Verschiedene Vorstösse, sowohl der Polizeibehörden als auch der Fernmeldedienstanbieterinnen, haben den Bedarf nach einer gesetzlichen Regelung der Vermisstensuche unter Verwendung von Fernmeldeverkehrsdaten aufgezeigt.

Ziel der vorliegenden Gesetzesänderung ist es, eine rechtliche Grundlage für Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis zu schaffen. Dies soll den effizienten Einbezug der Möglichkeiten der Mobilfunktechnologie im Rahmen der Vermisstensuche 7993

gesetzlich absichern. Im Weiteren ist es auch notwendig, klare Abläufe und Verfahren zu definieren, welche einen raschen und wirkungsvollen Einsatz der Rettungskräfte ermöglichen.

Da seit der Einführung des BÜPF die Überwachung des Fernmeldeverkehrs in einem einzigen Gesetz geregelt ist, erweist es sich als sinnvoll, auch die Bestimmungen über die Überwachung ausserhalb von Strafverfahren in diesem Erlass zu regeln. Überdies soll für das Auffinden von vermissten Personen auf die bestehende Infrastruktur und das bestehende Know-how sowie auf die im Rahmen der amtlichen Überwachung bereits bewährten Abläufe zurückgegriffen werden.

2.2.3.2

Zu den einzelnen Änderungen

Art. 1 Der Geltungsbereich soll neu auf das Auffinden von vermissten Personen, d.h. auf einen ausserhalb eines Strafverfahrens liegenden Sachverhalt, ausgedehnt werden.

Art. 3a Entsprechend dem erweiterten Geltungsbereich sollen diejenigen Anwendungsfälle umschrieben werden, in denen ausserhalb von Strafverfahren in das Fernmeldegeheimnis eingegriffen werden kann. Entsprechend dem Zweck der Regelung wird nur der Fernmeldeverkehr erfasst. Nach der Begriffsumschreibung in der Botschaft zum BÜPF vom 1. Juli 199858 fällt unter den Begriff der «Verkehrs- und Rechnungsdaten», wie er bereits in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b verwendet wird, «bei mobilen Anlagen auch der Ort, von welchem aus die Verbindungsaufnahme stattgefunden hat» (a.a.O., S. 19, Ziff. 212.11).

Die Polizei soll einbezogen werden zur Feststellung, ob eine Person vermisst wird, da sie über die notwendige personelle und technische Infrastruktur für Nachforschungen verfügt. Um einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis zu rechtfertigen, wird weiter vorausgesetzt, dass die vermisste Person auf Grund objektiver Anhaltspunkte in ernsthafter und unmittelbarer Gefahr vermutet wird. Es sollen nur Fälle akuter Lebensgefahr erfasst werden, und die Überwachung soll nur in begründeten Notfällen angeordnet werden. Für eine solche Gefährdung müssen eindeutige, nach aussen sichtbare Anzeichen vorliegen, wie z.B. ein Verschwinden in besonders gefährlichen Situationen oder bestehende Suizidgefahr. Ziel der Suche muss immer die Rettung der vermissten Person sein. Die Anwendung dieses Artikels darf insbesondere nicht zur Umgehung der strengeren Voraussetzungen für eine Überwachung im Rahmen von Strafverfahren führen.

Das Fernmeldegeheimnis ist in Artikel 13 der Bundesverfassung als Grundrecht verankert. Entsprechend hoch müssen die Anforderungen für Eingriffe besonders dann sein, wenn die Privatsphäre unbeteiligter Dritter von der Überwachung betroffen ist. Die Verfassung setzt für jede Einschränkung von Grundrechten Verhältnismässigkeit voraus.

58

BBl 1998 4241

7994

Art. 6 Die Bezeichnung der anordnenden Behörden soll entsprechend der Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen den Letzteren überlassen werden. In Artikel 18 wird dafür eine Übergangsfrist vorgesehen. Solange die anordnenden Behörden nicht bestimmt sind, kann eine Überwachung ausserhalb von Strafverfahren durch die nach Artikel 6 Buchstabe a Ziffer 4 zuständige Behörde angeordnet werden.

Art. 8 Diese Regelung entspricht dem elementaren Grundsatz des Datenschutzes, wonach Daten nur für diejenigen Zwecke verwendet werden dürfen, für die sie gesammelt wurden. Sie soll verhindern, dass durch die Ausdehnung des Geltungsbereichs auf Überwachungen nach Artikel 3a die zum Teil strengeren Anforderungen für die Anordnung von Überwachungsmassnahmen in Strafverfahren umgangen werden können.

Art. 9 Das Ziel einer klaren Abgrenzung von Überwachungsmassnahmen nach den Artikeln 3 und 3a wird auch mit dem Verbot der Verwertung von Zufallsfunden verfolgt.

3

Auswirkungen

3.1

Personelle und finanzielle Auswirkungen

3.1.1

Auswirkungen auf den Bund

Durch den Wegfall der Fernmeldedienstkonzessionen verringert sich der Umfang der entsprechenden Aufgaben sowohl für das BAKOM als auch für die ComCom.

Dies wird wahrscheinlich durch die neu hinzukommenden Aufgaben im Bereich der Aufsicht kompensiert werden. Insgesamt dürfte aber in diesem Bereich kein zusätzlicher Mitarbeiterbedarf entstehen. Dies gilt auch in Bezug auf die finanziellen Auswirkungen. Die Abnahme der Gebühren, die für die Erteilung der Fernmeldedienstkonzessionen geschuldet werden, wird zu einem grossen Teil durch die Zunahme der Gebühren, die mit der Aufsicht über alle Fernmeldedienstanbieterinnen zusammenhängen, kompensiert. Dagegen wird die Erweiterung der Pflichten der marktbeherrschenden Anbieterinnen die Einstellung von Spezialisten für die Analyse und die Kostenberechnung erforderlich machen, namentlich um die Ressourcen zu ergänzen, die bereits für die Streitbeilegungsverfahren zwischen Fernmeldedienstanbieterinnen aufgewendet werden. Insgesamt dürfte der zusätzliche Mitarbeiterbedarf jedoch nicht mehr als zwei Vollzeitstellen betragen. Im Übrigen wird die Schlichtung von Streitfällen zwischen Anbieterinnen und Nutzerinnen oder Nutzern nach Artikel 12c ebenfalls verstärkt werden müssen, falls diese Funktion nicht an Dritte delegiert, sondern vom BAKOM übernommen würde. In diesem Fall wären weitere zwei Vollzeitstellen erforderlich.

Die sich daraus ergebenden Zusatzkosten für die zuständigen Behörden werden gemäss dem Grundsatz in Artikel 40 Absatz 1 via Gebührenerhebung vom Sektor 7995

selbst getragen. Da die Bereitstellung von vergleichenden Informationen über die Fernmeldedienste zurzeit durch private Kreise sichergestellt wird, ist ein Eingriff des BAKOM nicht gerechtfertigt. Artikel 12a Absatz 2 wird also mittelfristig keinen zusätzlichen Finanzbedarf erzeugen. Die Kosten für den Bund, um infolge der Änderung des Bundesstatistikgesetzes die Anbieterinnen von öffentlichen Telefondiensten zu entschädigen, sollten sich auf ungefähr 100 000 Franken pro Jahr belaufen.

3.1.2

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Bei seiner Verabschiedung war Artikel 19, der die Finanzierung der Grundversorgung betrifft, unter Anwendung von Artikel 88 Absatz 2 der alten Bundesverfassung der Ausgabenbremse unterstellt (vgl. Botschaft des Bundesrates zum revidierten Fernmeldegesetz vom 10. Juni 1996; BBl 1996 III 1467). Da seine Änderung keine neuen Ausgaben verursacht, ist Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b der neuen Verfassung nicht anwendbar. Artikel 10 Absatz 3quater des Bundesstatistikgesetzes wird nicht periodische Ausgaben von mehr als zwei Millionen Franken nach sich ziehen und ist somit nicht der Ausgabenbremse unterstellt.

3.1.3

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

Die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen ändert sich nicht. Auch weiterhin werden die Kantone und Gemeinden hauptsächlich von den Verfahren im Zusammenhang mit der Erteilung von Baubewilligungen und der Benutzung von Boden im Gemeingebrauch für die Errichtung von Fernmeldeanlagen betroffen sein.

Während die Kantonsgerichte wie bisher für die Beurteilung von Streitigkeiten zwischen Fernmeldedienstanbieterinnen über eine Vereinbarung oder eine Verfügung im Bereich des Zugangs zuständig sind, sollte die Schaffung eines Schlichtungsverfahrens zu einer Verringerung der Fälle führen, die von den Nutzerinnen und Nutzern von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten vor den Zivilrichter gebracht werden. Das Einfügen einer Norm, die unverlangte Massenwerbesendungen verbietet, in das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb könnte hingegen eine Zunahme der Beschwerden bei den Zivilgerichten wie bei den Strafgerichten auslösen.

3.2

Wirtschaftliche Auswirkungen

3.2.1

Auswirkungen auf die verschiedenen Akteure auf dem Fernmeldemarkt

Dank der Aufhebung der Konzessionen für Fernmeldedienste müssen die neu in den Markt eintretenden Unternehmen, die das Funkfrequenzspektrum nicht benutzen, keine Dossiers mehr erstellen, keine Gesuche einreichen und kein grünes Licht abwarten, um ihre Tätigkeit aufzunehmen. Damit sparen sie Zeit und Geld. Im Übrigen wird im neuen System die möglicherweise notwendige Finanzierung der Grundversorgung auf alle auf dem Markt aktiven Anbieterinnen von Fernmeldediensten verteilt und nicht mehr allein von den Konzessionärinnen getragen. Diese gerechtere Aufteilung bietet den Vorteil, dass Unternehmen, die grössere Risiken 7996

auf sich nehmen und Investitionen in die Infrastruktur tätigen, nicht benachteiligt werden und somit nicht dazu übergehen, ihre Aktivitäten so zu strukturieren59, dass sie der Konzessionsgebührenpflicht teilweise entgehen.

Mit der Einführung von neuen Massnahmen, die den Wettbewerb wieder ankurbeln und fördern sollen, namentlich der Entbündelung des Teilnehmeranschlusses, dürfte sich die Vorzugsstellung der ehemaligen Monopolistin abschwächen60. Insbesondere der Vorsprung durch den ausschliesslichen Zugang zum Teilnehmeranschluss wird wegfallen und damit die Möglichkeit, von allfälligen Situationsrenten zu profitieren.

Dennoch stellen diese Änderungen auch für sie eine Chance dar, in ihren Anstrengungen im Wettstreit um Effizienz und Überlegenheit nicht nachzulassen. Die erforderlichen Anreize zur langfristigen Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens sind somit vorhanden und werden mit Sicherheit eine positive Rolle spielen61.

Die neu in den Markt eintretenden Unternehmen werden künftig die Möglichkeit haben, ihr Netz auf sinnvolle Art zu ergänzen und eine exklusive und unabhängige Geschäftsbeziehung zu ihren Kundinnen und Kunden zu pflegen. Sie werden diesen ein vollständiges Produkteportefeuille mit Sprach- und Datendiensten anbieten und die aus ihrer Sicht geeignetsten technologischen Möglichkeiten auswählen können.

Sowohl die geschäftliche als auch die technologische Innovation sollte gefördert werden.

Das Argument, die Entbündelung könne sich negativ auf die Investitionsanreize auswirken, wurde von den Gegnern dieser Massnahme mehrmals ins Feld geführt.

Sie machen geltend, dass die beherrschende Anbieterin als Einzige das Investitionsrisiko tragen würde und dass der Ertrag, von dem sie profitieren könnte, zu stark reduziert würde. Es ist natürlich schwierig, sich zu einer Frage wie den Investitionsanreizen zu äussern, da die Entwicklung der Investitionen von zahlreichen Faktoren abhängt (Wirtschaftslage, Zahlungsbereitschaft der Konsumentinnen und Konsumenten usw.), die zu den Regeln, die den Wettbewerb begünstigende Rahmenbedingungen schaffen sollen, hinzukommen. Um die Frage korrekt zu beantworten, sollte man sich aber nicht auf die Investitionen einer einzigen Betreiberin konzentrieren, sondern die Gesamtheit der Investitionen betrachten, die von der Branche getätigt werden
könnten. Nun ist es unbestritten, dass die Einführung der Entbündelung, die noch nie da gewesene Entwicklungsmöglichkeiten bietet, die Marktneulinge dazu motivieren sollte, die nötigen Investitionen zu tätigen, um den Markt für Sprachtelefonie und Breitbanddienste zu erobern. Was die Swisscom betrifft, so ist es schwer vorstellbar, dass sie diese Entwicklung nicht mitmachen wird. Die Erwartung einer Wettbewerbsverschärfung stellt zweifellos einen starken Anreiz dar, so rasch wie möglich die eigene Stellung auf einem neuen und im Wachstum begriffenen Markt wie dem der Breitbanddienste zu konsolidieren («first mover advantage»). Die 59 60

61

Z.B. durch Gründung von melde- aber nicht konzessionspflichtigen Unternehmen.

Für eine ausführliche Analyse der wirtschaftlichen Folgen der Entbündelung vgl.

BAKOM, Wirtschaftliche Auswirkungen der Verpflichtung zur Entbündelung des Anschlussnetzes. Biel, Mai 2002, http://www.ofcom.ch/imperia/md/content/deutsch/ telecomdienste/grundlagenundkonsultation/konsultationen/fmg-revision/11.pdf.

Selbst wenn es sich nicht um den gleichen Markt handelt, illustriert die auf dem Sektor der Mobilfunkdienste beobachtete Entwicklung beispielhaft die Ankurbelung durch den Wettbewerb. Die ehemalige Monopolistin wurde durch den Liberalisierungsprozess nicht geschwächt, ganz im Gegenteil. Da sie schon vor der Öffnung des Mobilfunkmarkts auf diesem Gebiet tätig war, hatte sie einen Vorsprung, den ihre Konkurrentinnen niemals aufholen können.

7997

Swisscom wird überdies der Konkurrenz nur dann überlegen sein, wenn sie sowohl aus technischer wie aus qualitativer Sicht über ein besseres Angebot als ihre Konkurrentinnen verfügt. Die ADSL-Abdeckung der Swisscom beträgt schon 95 %62 und die Swisscom schätzt die Zahl der Kundinnen und Kunden, bei der die Gewinnschwelle erreicht wird, auf ungefähr 400 00063. Unter diesen Umständen wäre es äusserst unangebracht, wenn sie darauf verzichten würde, die bereits getätigten Investitionen rentabel zu machen und von den möglichen Synergien zu profitieren.

Die Entbündelung bringt auch die zukünftigen Investitionen nicht in Gefahr. Zum einen kann die Swisscom kaum die Kundinnen und Kunden identifizieren, die eventuell in Zukunft zur Konkurrenz wechseln werden, und ist deshalb nicht wirklich in der Lage, im Voraus zu bestimmen, in welche Teile ihres Netzes sie investieren soll oder nicht. Zum andern wird sie im Fall der Überlassung des Anschlusses keinen Schaden erleiden, da sie dafür einen Preis erhalten wird, der die Kosten angemessen abdeckt und insbesondere angesichts des eingegangenen Risikos einen ausreichenden Gewinn garantiert64. Schliesslich ist zu wiederholen, dass es letzten Endes Aufgabe der Kundinnen und Kunden sein wird, ihren freien Willen auszudrücken und die eine Anbieterin der anderen vorzuziehen. Da das wichtigste und grundlegende Ziel des Liberalisierungswillens die Erhöhung der Zufriedenheit der Nutzerinnen und Nutzer ist, kann die Absicht, ihre Wahlmöglichkeiten zu erweitern, als gerechtfertigt betrachtet werden.

Dank dem Abbau der administrativen und wirtschaftlichen Hemmnisse für den Markteintritt sollte sich der Wettbewerb auf dem Markt für Fernmeldedienste intensivieren, was zweifellos Vorteile für Unternehmen wie für Konsumentinnen und Konsumenten hat (tiefere Preise, Einführung neuer Dienste, um den Bedürfnissen besser nachzukommen usw.). Vor allem werden die Konsumentinnen und Konsumenten Alternativen zur Auswahl haben, die bis jetzt nicht vorhanden sind, und sich freier entscheiden können. Im Übrigen werden die Pflicht zur Veröffentlichung von Informationen über die Qualität der Dienstleistungen, die der Bundesrat den Fernmeldedienstanbieterinnen auferlegen kann, sowie die Einrichtung einer Schlichtungsstelle zwischen Anbieterinnen und Nutzerinnen oder Nutzern den Markt entlasten und die Transaktionskosten verringern.

3.2.2

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Die vorgeschlagenen Massnahmen bezwecken in erster Linie eine Verbesserung der allgemeinen Funktionsbedingungen des Marktes. Ihr Erfolg ist somit nicht garantiert, sondern hängt von der Umsetzung dieser Massnahmen und im Wesentlichen auch davon ab, ob auf dem Markt alternative und ­ besonders aus finanzieller Sicht 62 63

64

Siehe dazu die Medienmitteilung der Swisscom vom 3. Dezember 2002: http://www.swisscom.com/mr/content/media/index_DE.html.

Gemeint ist der «breakeven on a standalone basis». Quelle: Swisscom-Präsentation, Analystenmeeting, Jahresergebnisse 2002 «rock- solid- return(s)», 26. März 2003, Zürich, S. 18.

Um den Preis zu berechnen, müsste man das im Interkonnektionsbereich traditionell verwendete Modell anwenden (das Modell «Forward Looking Long Run Incremental Cost based on Modern Equivalent Assets»). Der so berechnete Preis enthält einen in der Branche gebräuchlichen Kapitalertrag für die getätigten Investitionen; dieser Ertrag wird entsprechend den eingegangenen Risiken gewichtet. Bei der Interkonnektion ist es im Übrigen üblich, die Preise jedes Jahr neu zu berechnen.

7998

­ wirklich handlungsfähige Anbieterinnen vorhanden sind und ob die Konsumentinnen und Konsumenten gewillt sind, für neue Dienste zu bezahlen65. Im Hintergrund wird die Entwicklung der Wirtschaftskonjunktur und der Finanzmärkte eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen.

Sollte sich die gewünschte Intensivierung des Wettbewerbs einstellen, so wird sie zu einem erhöhten Druck auf die Kosten für die Erbringung von Fernmeldediensten führen und geschäftliche wie technologische Innovationen fördern. Dies hat eine effizientere Ressourcenverteilung, tiefere Preise und eine optimale Berücksichtigung der Verbraucherinteressen zur Folge.

Angesichts der Tatsache, dass 2­4 % der Direktkosten der europäischen Unternehmen den Telekommunikationseinrichtungen und -diensten zuzuschreiben sind66, sollte ein differenziertes Angebot an Fernmeldediensten zu konkurrenzfähigen Preisen die Produktivität der Unternehmen steigern und ihre Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene erhöhen. Attraktivere Bedingungen nützen allen Wirtschaftszweigen, ganz besonders aber den Hochtechnologie- und den Dienstleistungssektoren mit hoher Wertschöpfung (z.B. Finanzen und Versicherungen, Forschung und Entwicklung), also denjenigen Sektoren, die das Wachstum fördern und neue Arbeitsplätze schaffen.

Grundsätzlich ist das Angebot an neuen Diensten, namentlich an Breitbanddiensten, zunächst an Unternehmen und an das obere Kundensegment gerichtet. Mit zunehmenden Marktwachstum und der Realisierung von Markteffekten werden die Dienste dank niedrigerer Preise aber auch für immer breitere Kreise der Bevölkerung zugänglich. Gleichzeitig wird die steigende Nachfrage den so genannten externen Effekten67 des Netzes erlauben, ihre positiven Wirkungen zu entfalten.

Die Entwicklung von neuen Angeboten dürfte in erster Linie städtische Gebiete betreffen, bevor sie auf Randregionen ausgedehnt wird. So fangen die Unternehmen beim Aufbau eines neuen Marktes immer damit an, ihre Dienste dort anzubieten, wo die Kosten am geringsten und die Nachfrage am stärksten ist. Erst wenn der Markt getestet und konsolidiert ist, suchen sie neue Absatzmöglichkeiten für ihre Dienste und weiten ihre Tätigkeitsgebiete aus.

Dieses Phänomen wird durch verschiedene Untersuchungen des BAKOM bestätigt.

So sind Breitbandzugänge (via ADSL oder Kabelmodem) noch nicht
in allen Randregionen erhältlich. Wo aber ein Angebot vorhanden ist, stossen die Nutzerinnen und Nutzer bei der Installation und Verwendung des Dienstes nicht auf grosse Schwierigkeiten. Der Markt für Breitbanddienste besteht erst seit kurzem; deshalb wäre die Schlussfolgerung, die Verfügbarkeit der Infrastrukturen in den Randregionen stelle zurzeit eine grössere Sorge dar, verfrüht. Dies bestätigt auch eine Studie, 65

66 67

Um den Umfang und die Art der Nachfrage ­ insbesondere nach Internetdiensten ­ besser zu erfassen, hat das BAKOM die Situation mit Hilfe von einigen ausgewählten statistischen Indikatoren sowie durch die Darstellung der wichtigsten Ergebnisse aus Meinungsumfragen, die im Verlauf der Jahre 2001 und 2002 durchgeführt wurden, beschrieben. Das entsprechende Dokument, das im Oktober 2002 verfasst wurde, ist unter folgender Adresse verfügbar: http://www.bakom.ch/imperia/md/content/deutsch/telecomdienste/marktanalysen/5.pdf.

Quelle: Analysys, Report Number 01-263, 25. September 2001, S. 53.

Mit diesem Begriff wird der Vorgang bezeichnet, durch den die Zufriedenheit der Nutzerinnen und Nutzer eines von einem Netz bereitgestellten Dienstes nach und nach wächst, wenn dieser Dienst auch von anderen Nutzerinnen und Nutzern verstärkt genutzt wird, wodurch die Möglichkeiten der Interaktion zunehmen.

7999

die vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) im Mai 2002 veröffentlicht wurde.

Gemäss dieser bekunden die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) überall in der Schweiz noch viel Mühe damit, alle Anwendungsmöglichkeiten, welche die bereits verfügbaren Infrastrukturen und Dienste bieten, zu erfassen und zu nutzen68.

Es ist zu vermuten, dass das Potenzial der Fernmeldedienste und des Internets von den KMU in Randregionen noch weniger intensiv genutzt wird als von den KMU in der übrigen Schweiz. Dies gilt vor allem für die komplexesten und fortschrittlichsten Anwendungen (z.B. Aufbau eines Kundendienstes über das Internet). Die grössten Hindernisse für die Verbreitung der modernsten Dienste in den Randregionen scheinen die mangelnden Kenntnisse über die Möglichkeiten und Vorteile der Breitbandtechnologien sowie der geringe Druck seitens der Lieferanten und der Kundschaft der Unternehmen zu sein.

Der Prozess der Ausbreitung von den Zentren in die Randregionen, der im Übrigen auf ein wirtschaftlich rationales Vorgehen zurückzuführen ist, ist ausgeprägt, zumal die Hemmnisse für den Markteintritt beträchtlich sind. Durch den Abbau dieser Hemmnisse werden die nötigen Voraussetzungen geschaffen, damit die Randregionen ihren Rückstand gegenüber den Zentren rascher aufholen können. Wenn sich die Wirkung der Wettbewerbsdynamik erschöpft haben wird, wird man zwar vielleicht feststellen müssen, dass gewisse Ungleichheiten innerhalb des Dienstangebots sowohl in Bezug auf den Zugang wie auch auf die Preisgestaltung bestehen bleiben.

Sollten diese Ungleichheiten bestimmten Gruppen die Teilnahme am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben stark erschweren, so wäre es denkbar, zum Instrument der Grundversorgungskonzession oder eventuell zu anderen Massnahmen zu greifen. In unmittelbarer Zukunft wird es nützlich sein, die Entwicklung der territorialen Abdeckung der Dienste möglichst aufmerksam zu verfolgen. Soll der Aufschwung der Breitbanddienste unterstützt werden, so könnte es sich als angebracht erweisen, die Nachfrage durch die Lancierung oder Verstärkung verschiedener Massnahmen zu beeinflussen (Austausch von Informationen und Know-how, Massnahmen zur Schaffung eines innovativen Umfelds usw.). Da verschiedene Akteure für das Ergreifen solcher Massnahmen in Frage kommen (Koordinationsgruppe
Informationsgesellschaft, BAKOM, seco, Kantone, Geschäftsstellen der regionalen Entwicklungsträger usw.) und mehrere bereits bestehende Instrumente eingesetzt werden könnten, wäre eine Koordination unerlässlich, um die Wirksamkeit der Eingriffe zu garantieren.

In Bezug auf die Grundversorgung wurde die Befürchtung geäussert, dass sie durch die Einführung der Verpflichtung zur Entbündelung des Teilnehmeranschlusses bedroht wird. Zu dieser Sorge besteht aber kein Anlass. So wird die ComCom wie bisher eine oder mehrere Grundversorgungskonzessionen erteilen. Der Bundesrat hat im Übrigen die volle Handlungsfreiheit, um die Preise und die Qualitätskriterien zu bestimmen und periodisch den Dienstleistungskatalog anzupassen, so dass der Entwicklung der Bedürfnisse von Gesellschaft und Wirtschaft sowie dem Stand der Technik Rechnung getragen wird. Ein Finanzierungsmechanismus, der allfällige ungedeckte Kosten der Grundversorgung decken soll, ist ebenfalls vorgesehen.

68

Pascal Sieber & Partners AG, Einsatz und Nutzung des Internets in kleinen und mittleren Unternehmen in der Schweiz, Von der Einführung 1999 zur Entwicklung erster geschäftskritischer Anwendungen 2002, Bern, 2003, 83 S. Die Studie ist in vollständiger Form oder als Zusammenfassung auf folgender Website des seco verfügbar: http://www.kmuinfo.ch/tfkmu/ index.html?n=n&Art=SEITE1.1&SeiteID=04.00_kmu_und_internet.

8000

Der politische Wille, den Wettbewerb zu verschärfen und die Kompatibilität unseres Rechtsrahmens mit demjenigen der Europäischen Union zu erhöhen, wird nicht nur greifbare und gut erkennbare Auswirkungen auf die betroffenen Märkte haben. Er hat auch eine starke symbolische Komponente. Durch dieses positive Signal wird die Bedeutung bekräftigt, welche die Schweiz Themen wie der Marktöffnung und dem Wettbewerb beimisst, was wiederum die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz fördert und neue Investoren anzieht.

3.2.3

Praktische Aspekte des Vollzugs

Die Umsetzung der vorgeschlagenen Massnahmen führt zu einer Erweiterung der Aufgaben der betroffenen Behörden (BAKOM und ComCom) und erfordert die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze. Die sich am stärksten auswirkende Massnahme ­ die Erweiterung der Verpflichtungen der marktbeherrschenden Anbieterinnen ­ soll in erster Linie die Umstellung vom Monopolbetrieb auf einen wirksamen Wettbewerb begleiten. Mit zunehmendem Wettbewerb im Bereich der Infrastrukturen und Dienste dürften diese Änderungen deshalb an Bedeutung verlieren. Sie werden sich erübrigen, sobald auf keinem der als relevant erachteten Märkte mehr eine beherrschende Anbieterin vorhanden ist.

3.3

Andere Auswirkungen

Durch die Annäherung des schweizerischen Rechts an den Rechtsrahmen der Europäischen Union kann das BAKOM auch künftig seine Erfahrungen mit den europäischen Partnern teilen und eine aktive Rolle innerhalb der IRG (Independent Regulators Group) bzw. der ERG (European Regulators Group) spielen, die von der Europäischen Kommission im Rahmen des Erlasses der neuen Richtlinien geschaffen wurde. Dies wird auch den Abschluss eines bilateralen Abkommens mit der Europäischen Union im Dienstleistungsbereich erleichtern. Ferner kann auf diese Weise auch die Stellung der Schweiz in der Welthandelsorganisation gestärkt werden.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage ist im Bericht über die Legislaturplanung 1999­2003 (BBl 2000 2276) nicht angekündigt.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Der Entwurf zu einer Änderung des FMG ist zu einem grossen Teil von der Absicht geprägt, die schweizerische Gesetzgebung an die in der EU geltende Regelung anzupassen (vgl. Ziffer 1.1.1 oben). Diese wird jedoch nicht vollständig übernommen.

Nach Artikel 11 gilt für den Zugang zu Diensten und Ressourcen der marktbeherrschenden Anbieterin (entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss, schneller 8001

Bitstromzugang, Interkonnektion, Mietleitungen usw.) weiterhin das Verhandlungsprimat. Demnach darf die ComCom die Bedingungen der Interkonnektion nur dann festlegen, wenn die Parteien auf dem Verhandlungsweg keine Einigung erzielen konnten. Die Vertragsfreiheit geht dem behördlichen Eingriff vor, zumal auch während des Instruktionsverfahrens noch versucht werden soll, zwischen den Parteien zu vermitteln. Die Nachteile dieses Systems liegen vor allem darin, dass die Interkonnektionsbedingungen erst nach Ablauf von mehrjährigen Verfahren feststehen und nur zwischen den an diesen Verfahren beteiligten Parteien gelten.

Demgegenüber verlangt der neue EU-Rechtsrahmen die Einführung einer so genannten Ex-ante-Regulierung. Die Abkehr vom Verhandlungsprimat zu Gunsten einer solchen Ex-ante-Regulierung hätte zur Folge, dass die ComCom bei Vorliegen einer von der Wettbewerbskommission festgestellten Marktbeherrschung von Amtes wegen eingreifen und die technischen sowie die kommerziellen Interkonnektionsbedingungen unabhängig von einem Antrag einer Anbieterin von Fernmeldediensten festlegen könnte. Die Markteintrittsbedingungen wären damit für alle Fernmeldedienstanbieterinnen von Anfang an bekannt. Zudem gälten die von der ComCom festgelegten Interkonnektionsbedingungen nicht nur zwischen den am Verfahren beteiligten Parteien, sondern für alle Fernmeldedienstanbieterinnen in der Schweiz gleichermassen. Ein solches System würde zudem die Interkonnektionsverfahren stark verkürzen.

Eine solche Ex-ante-Kompetenz entspricht allerdings nicht der schweizerischen Rechtstradition der Subsidiarität von Regulierungen und beinhaltet insbesondere die Gefahr eines übertriebenen Interventionismus des Regulators. Auch könnten aufgrund von Regulierungsungenauigkeiten oder -fehlern Marktverzerrungen resultieren, welche negative Innovations- und Investitionsanreize setzen könnten. Auf eine Abkehr vom bisherigen System wird daher verzichtet.

Ferner ist ausser für die Dienste der Grundversorgung (vgl. Art. 17 Abs. 2 FMG) und für die Mehrwertdienste (Art. 12b des Entwurfs) kein System zur Kontrolle der Detailpreise vorgesehen (vgl. Art. 16 Abs. 1 Bst. a und Art. 17 der Universaldienstrichtlinie). Die vorhandenen Instrumente auf Ebene der Grossistenpreise der beherrschenden Anbieterinnen (Kostenorientiertheit), die kartellrechtlichen
Bestimmungen (unzulässige Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen), das Preisüberwachungsgesetz (Massnahmen gegen die missbräuchliche Erhöhung und Beibehaltung von Preisen) sowie das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (Preisbekanntgabe an Konsumenten) dürften ausreichen, um marktgerechte, angemessene Preise zu garantieren.

Eine detaillierte Regelung des Vertrags für die Erbringung von Fernmeldediensten, wie es in der Europäischen Union der Fall ist (vgl. Art. 20 der Universaldienstrichtlinie), würde zu stark in die privatrechtliche Beziehung zwischen Kundin oder Kunde und Anbieterin eingreifen. Sie wird darum nicht übernommen.

Trotz dieser Unterschiede entspricht der Entwurf grundsätzlich den europäischen Bestimmungen. In der gegenwärtig laufenden bilateralen Verhandlungsrunde über die Dienstleistungen dürfte die Europäische Kommission aber eine möglichst umfassende Übernahme des Gemeinschaftsrechts fordern. Sie hat insbesondere bereits verlauten lassen, dass sie eine Nichtumsetzung der Ex-ante-Regulierung in das Schweizer Recht nicht akzeptieren könnte. Es ist deshalb durchaus möglich, dass bestimmte Divergenzen später wieder aufgegriffen und entsprechende Anpassungen im schweizerischen Recht vorgenommen werden müssen.

8002

6

Rechtliche Grundlagen

6.1

Verfassungsmässigkeit

Das FMG stützt sich auf Artikel 92 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (SR 101). Die vorgeschlagenen Änderungen richten sich nach demselben Artikel.

Die Änderung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, des Bundesstatistikgesetzes und des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs erfolgt im Rahmen der verfassungsrechtlichen Bestimmungen, auf die sie sich stützen (Art. 95, 97, 122 und 123 BV für das UWG, Art. 65, 100 und 164 Abs. 1 Bst. g für das BStatG und Art. 92 und 123 für das BÜPF).

6.2

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die vorgeschlagenen Änderungen delegieren die Rechtsetzung in folgenden neuen Punkten an den Bundesrat: ­

Einzelheiten der Meldung und der regelmässigen Aktualisierung der Liste der Anbieterinnen von Fernmeldediensten (Art. 4 Abs. 3);

­

Pflicht der Anbieterinnen von Fernmeldediensten, Informationen über die Qualität der von ihnen angebotenen Dienste zu veröffentlichen, sowie Inhalt und Form der Veröffentlichung (Art. 12a, Abs. 1);

­

Massnahmen gegen Missbräuche im Bereich der Mehrwertdienste (Art. 12b);

­

Modalitäten der Schlichtung (Art. 12c Abs. 4);

­

Mindestinhalt eines Verzeichniseintrags (Art. 12d Abs. 2);

­

Ausführungsbestimmungen zur Bearbeitung von Personendaten durch die ComCom und das BAKOM (Art. 13a Abs. 3);

­

Pflicht zur Führung eines Universalverzeichnisses der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am öffentlichen Telefondienst (Art. 16 Abs. 1 Bst. d);

­

Interoperabilitätspflichten und betroffene Dienste (Art. 21a, Abs. 2 und 3);

­

Abweichung von den Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren für das erstinstanzliche Verfahren und das Beschwerdeverfahren betreffend die öffentliche Ausschreibung für die Erteilung einer Funkkonzession (Art. 24 Abs. 2);

­

Einrichtung und Regelung eines alternativen Streitbeilegungsverfahrens im Bereich der Adressierungselemente sowie seiner Folgen und Auswirkungen auf das zivilrechtliche Verfahren (Art. 28 Abs. 2bis);

­

Ausnahmen von den Anforderungen für das Erstellen und Betreiben einer Fernmeldeanlage (Art. 32);

­

Anbieten, Inverkehrbringen, Inbetriebnahme, Erstellen und Betreiben von Fernmeldeanlagen, die von Behörden im Interesse der öffentlichen Sicherheit eingesetzt werden müssen (Art. 32a);

8003

­

Voraussetzungen, unter denen Polizei- und Strafvollzugsbehörden im Interesse der öffentlichen Sicherheit eine störende Fernmeldeanlage erstellen, in Betrieb nehmen oder betreiben können (Art. 34 Abs. 1ter);

­

Befreiung von der Gebühr für die Finanzierung der Grundversorgung und Einzelheiten der Bereitstellung der Informationen, die für die Aufteilung und Kontrolle der ungedeckten Kosten der Grundversorgung benötigt werden (Art. 38 Abs. 3 und 4);

­

Einzelheiten der Finanzierung der Grundversorgung (Art. 41 Abs. 1);

­

Massnahmen, welche die Fernmeldedienstanbieterinnen ergreifen müssen, um die unlautere Massenwerbung zu bekämpfen (Art. 45a Abs. 2);

­

technische und administrative Vorschriften für die Sicherheit und die Verfügbarkeit der Fernmeldeinfrastrukturen und -dienste (Art. 48a);

­

Modalitäten betreffend das Stichprobenregister (Art. 10 Abs. 3quinquies BStatG).

Die ComCom wird wieder dafür zuständig sein, die einzelnen Zugangsformen zu bestimmen, die marktbeherrschenden Anbieterinnen von Fernmeldediensten bereitstellen müssen (Art. 11 Abs. 2), und die Art und die Form der Rechnungslegungsund Finanzinformationen zu regeln, die diese Anbieterinnen in Streitbeilegungsverfahren im Bereich des Zugangs vorlegen müssen (Art. 11 Abs. 5).

Ferner wird dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) die Kompetenz eingeräumt, Preisobergrenzen für die Dienste einer mit der Erledigung einer öffentlich-rechtlichen Tätigkeit betrauten Stelle festzulegen (Art. 40 Abs. 3).

Die Begründung für die Delegation dieser gesetzgeberischen Kompetenzen an den Bundesrat und die ComCom liegt im raschen Wandel des Fernmeldebereichs und in der damit verbundenen Ungewissheit über die künftigen Probleme und den entsprechenden Regelungsbedarf. Der Bundesrat und die ComCom können so auf Verordnungsstufe zeitgemässe Lösungen festlegen und damit der beträchtlichen Dynamik der technologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung gerecht werden. Eine Regelung dieser Sachverhalte auf Gesetzesstufe würde Veränderungen einem langwierigen Verfahren unterwerfen, so dass notwendige Neuerungen nur mit Verzögerung eingeführt werden könnten ­ möglicherweise zum Schaden von schweizerischen Fernmeldeunternehmen. Ein weitere Begründung für die Delegation von Kompetenzen an die ComCom liegt darin, dass diese unabhängig ist und die notwendigen Kenntnisse sowie Erfahrung betreffend den Schweizer Fernmeldemarkt vorweisen kann.

Die direkte Delegation an das UVEK, die in Artikel 40 Absatz 3 vorgesehen ist, steht im Einklang mit seiner bereits im Gesetz verankerten Kompetenz zur Festlegung der Gebühren (vgl. Art. 41 Abs. 2).

8004

Inhaltsverzeichnis Übersicht

7952

1 Allgemeiner Teil 1.1 Hintergrund 1.1.1 Die Entwicklung des Schweizer Fernmeldemarktes seit 1998 1.1.2 Die Lücken der heutigen Regelung 1.1.2.1 Stand des Wettbewerbs 1.1.2.2 Konsumentenschutz 1.1.3 Der neue europäische Rechtsrahmen 1.2 Ergebnisse des Vorverfahrens 1.2.1 Vernehmlassungsentwurf 1.2.2 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.2.3 Weiteres Vorgehen 1.3 Grundzüge des Entwurfs 1.3.1 Aufhebung der Konzessionen für Fernmeldedienste 1.3.2 Verstärkung und Präzisierung der Pflichten der marktbeherrschenden Anbieterinnen 1.3.3 Neuerungen in der Grundversorgung 1.3.4 Verbesserung des Konsumenten- und des Datenschutzes 1.3.5 Aufnahme von bereits in der RTVG-Revision geplanten Änderungen 1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

7954 7954 7954 7957 7957 7959 7960 7962 7962 7962 7963 7964 7964

2 Besonderer Teil 2.1 Fernmeldegesetz 2.1.1 Allgemeine Bestimmungen 2.1.2 Fernmeldedienste 2.1.2.1 Gemeinsame Bestimmungen 2.1.2.2 Grundversorgungskonzession 2.1.2.3 Aus der Erbringung bestimmter Dienste abgeleitete Pflichten 2.1.3 Funk 2.1.4 Adressierungselemente 2.1.5 Fernmeldeanlagen 2.1.6 Abgaben 2.1.7 Fernmeldegeheimnis und Datenschutz 2.1.8 Wichtige Landesinteressen 2.1.9 Strafbestimmungen 2.1.10 Aufsicht 2.1.11 Übergangsbestimmungen 2.2 Änderung bisherigen Rechts (Anhang) 2.2.1 Art. 3 UWG 2.2.2 Art. 10 BStatG

7967 7967 7967 7968 7968 7976

7965 7965 7966 7966 7967

7977 7979 7981 7982 7985 7986 7988 7988 7988 7990 7991 7991 7992

8005

2.2.3 Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) 2.2.3.1 Allgemeines 2.2.3.2 Zu den einzelnen Änderungen

7993 7993 7994

3 Auswirkungen 3.1 Personelle und finanzielle Auswirkungen 3.1.1 Auswirkungen auf den Bund 3.1.2 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 3.1.3 Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden 3.2 Wirtschaftliche Auswirkungen 3.2.1 Auswirkungen auf die verschiedenen Akteure auf dem Fernmeldemarkt 3.2.2 Volkswirtschaftliche Auswirkungen 3.2.3 Praktische Aspekte des Vollzugs 3.3 Andere Auswirkungen

7995 7995 7995 7996 7996 7996

4 Legislaturplanung

8001

5 Verhältnis zum europäischen Recht

8001

6 Rechtliche Grundlagen 6.1 Verfassungsmässigkeit 6.2 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

8003 8003 8003

Fernmeldegesetz (Entwurf)

8007

8006

7996 7998 8001 8001