03.068 Botschaft über das Zusatzprotokoll zur Konvention des Europarates gegen Doping vom 29. Oktober 2003

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit vorliegender Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses über das Zusatzprotokoll zur Konvention des Europarates gegen Doping mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. Oktober 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2003-1661

7751

Übersicht Doping und die damit verbundenen Gefahren sind schon seit mehreren Jahrzehnten bekannt. Mehrere Fälle, vor allem im Radsport und in der Leichtathletik, wurden von den Medien sehr breit aufgenommen und haben die Öffentlichkeit für dieses schwerwiegende Problem sensibilisiert. In Anbetracht des Ausmasses dieses Problems hat der Europarat beschlossen, eine Konvention gegen Doping auszuarbeiten, um damit den Kampf gegen das Doping auf internationaler Ebene zu harmonisieren.

Diese Konvention ist in der Schweiz am 1. Januar 1993 in Kraft getreten.

Im Hinblick auf die Entwicklung der Situation im Bereich der Dopingbekämpfung in den letzten Jahren und insbesondere auf die Gründung der Welt-Anti-DopingAgentur (WADA), wurde im Mai 2000 an der Sportministerkonferenz in Bratislava beschlossen, die Wirksamkeit der Dopingkonvention durch ein Zusatzprotokoll zu verstärken. Die zwei wesentlichsten Ziele dieses Zusatzprotokolls sind die gegenseitige Anerkennung der Dopingkontrollen und die verstärkte Anwendung der Konvention des Europarates gegen Doping durch einen verbindlichen Kontrollmechanismus.

Die Ratifikation des Zusatzprotokolls wird für die Schweiz keine direkten Auswirkungen haben, da unsere gesetzliche Regelung die grundlegenden Forderungen dieses Protokolls bereits erfüllt. Die Ratifikation ist jedoch ein äusserst wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer international einheitlichen Dopingbekämpfung.

Der Bundesrat beantragt den eidgenössischen Räten, das Zusatzprotokoll zur Konvention des Europarates gegen Doping, das am 28. Februar 2003 von der Schweiz mit dem Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet wurde, zu genehmigen.

7752

Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Die Verwendung von Dopingmitteln im Sport ist ein altbekanntes Problem. Der auf die Verwendung von Amphetaminen zurückzuführende Todesfall des englischen Radprofis Tom Simpson an der Tour de France 1967 und das dadurch bewirkte grosse Echo in den Medien zeigte einem breiten Publikum die Gefahren von Doping im Sport auf. Der Fall Ben Johnson an den Olympischen Sommerspielen 1988 und die Enthüllungen über Dopingpraktiken in der ehemaligen DDR haben die Öffentlichkeit endgültig für dieses schwerwiegende Problem sensibilisiert.

Der Europarat setzte sich seit Ende der 60er Jahre mit dem Problem des Dopings auseinander und die erste sportbezogene Resolution von 1967 befasste sich bereits damit. Im gleichen Jahr erarbeiteten das Internationale Olympische Komitee (IOC) und der Schweizerische Landesverband für Sport (SLS, heute Swiss Olympic) Richtlinien für den Kampf gegen Doping. Zu jener Zeit beschränkte sich dieser Kampf auf Kontrollen während den Wettkämpfen. Eines der grossen Probleme der Dopingbekämpfung bestand darin, dass die Entwicklung von weltweiten Dopingkontrollen sowie die Verwendung von stets neuen Dopingmitteln eine zunehmende Anzahl von Kontrolllabors bedingten, die aber oft nicht über die notwendigen technischen Mittel und Kenntnisse verfügten und falsche Ergebnisse lieferten. Aus diesem Grund veröffentlichte das IOC ab 1980 Richtlinien für die Dopinganalytik, die laufend verschärft wurden. Nur Labors, die diese erfüllten, wurden akkreditiert.

Der Europarat wurde sich im Laufe der Jahre des Ausmasses der Dopingproblematik im Sport immer mehr bewusst und wollte sich mit den notwendigen Instrumenten versehen, um dieses Übel zu bekämpfen. Anlässlich der Zusammenkunft der europäischen Sportminister am 1. und 2. Juni 1988 in Athen wurde der Beschluss gefasst, eine europäische Konvention gegen Doping (Konvention) auszuarbeiten, um den Kampf gegen Doping auf internationaler Ebene zu harmonisieren. Zu Beginn des Jahres 1989 wurde ein Konventionsentwurf ausgearbeitet. Die Delegierten der Minister der Mitgliedstaaten des Europarates nahmen die endgültige Version im September 1989 an. Die Konvention trat am 1. März 1990 in Kraft; sie wurde von der Schweiz am 16. November 1989 unterzeichnet und am 5. November 1992 ratifiziert. Sie ist in der Schweiz seit dem 1. Januar 1993 in Kraft. Neben ungefähr vierzig europäischen Staaten traten auch Länder wie Australien und Kanada der Konvention bei.

1.2

Die wichtigsten Merkmale der Konvention

Die Konvention zielt darauf ab, die Harmonisierung der Massnahmen zur Dopingbekämpfung mit Rücksicht auf die rechtlichen und verfassungsmässigen Bestimmungen der einzelnen Vertragsstaaten voranzutreiben; sie bietet den verschiedenen Ländern einen gemeinsamen Rahmen und soll die Entwicklung eines nationalen und internationalen Konsenses fördern.

7753

Die Vertragsstaaten der Konvention verpflichten sich, eine Reihe von Massnahmen namentlich im rechtlichen, finanziellen, technischen und erzieherischen Bereich zu ergreifen, damit durch eine enge Zusammenarbeit von staatlichen Stellen und privaten Sportinstitutionen eine wirksame Bekämpfung von Doping erreicht werden kann. Die Umsetzung dieser Massnahmen wird den zuständigen nationalen Behörden überlassen, die über einen grossen Handlungsspielraum verfügen. Sie setzen namentlich ihre Schwerpunkte fest und entscheiden, in welchen Sportarten und Bereichen Handlungsbedarf besteht.

Die Regierungen der Vertragsstaaten handeln durch Ihren Beitritt im Interesse Ihrer Athletinnen und Athleten, die wissen, dass sie, unabhängig von ihrem Herkunftsland, der gleichen Politik und den gleichen Verfahren unterstellt sind. Die Konvention stellt ebenfalls ein Instrument der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene dar, und die Schweiz hat mit ihrem Beitritt ihren Willen zur Solidarität mit den anderen Mitgliedstaaten des Europarates unter Beweis gestellt.

1.3

Ausarbeitung des Zusatzprotokolls

Anlässlich der Zusammenkunft der Sportminister des Europarates in Bratislava im Mai 2000 wurde in einer Resolution der Beschluss gefasst, angesichts der Entwicklung der Lage im Bereich der Dopingbekämpfung, die Wirksamkeit der Konvention zu verstärken. In dieser Perspektive wurde das Zusatzprotokoll zur Konvention gegen Doping ausgearbeitet und den Mitgliedstaaten des Europarates und den anderen Vertragsstaaten der Konvention in Warschau, am 12. September 2002, zur Unterzeichnung unterbreitet.

Die Hauptziele des Protokolls sind: 1.

Die gegenseitige Anerkennung der Dopingkontrollen, wodurch der Abschluss von mehreren bilateralen Abkommen vermieden und die Wirksamkeit der Dopingkontrollen erhöht wird;

2.

Die Verstärkung der Anwendung der Konvention durch die Einsetzung eines verbindlichen Kontrollmechanismus.

Das Protokoll ist zudem das erste völkerrechtliche Instrument, das die Zuständigkeit der Welt-Anti-Doping-Agentur (siehe Punkt 1.5) für die Durchführung von Kontrollen ausserhalb von Wettkämpfen anerkennt.

1.4

Situation der Dopingbekämpfung in der Schweiz

In der Schweiz begannen die ersten Diskussionen zum Thema Dopingbekämpfung bereits in den Sechzigerjahren. Die Schweiz war damit sogar eines der ersten Länder, das umfassende Massnahmen gegen Doping erarbeitete, welche alle Sportverbände betrafen. Die Arbeiten eines Fachausschusses aus Verbandskreisen führten 1963 und 1967 zu den «Weisungen zur Bekämpfung des Dopings» und zur Gründung des Dopinglabors am Forschungsinstitut der damaligen Eidgenössischen Turnund Sportschule in Magglingen. In den Weisungen beschränkte sich die Dopingbekämpfung auf Kontrollen und Sanktionen gegen Sportlerinnen und Sportler. In den folgenden 20 Jahren wurden diese Weisungen praktisch unverändert angewendet; die einzigen Änderungen betrafen jeweils die Dopinglisten. Bereits zu dieser Zeit 7754

war der Dachverband des Schweizer Sports für die Dopingkontrollen verantwortlich.

Er wurde dabei subsidiär durch den Bund unterstützt.

Im Jahr 1990 trat ein neues Dopingstatut in Kraft, das die früheren Weisungen ablöste. Die wichtigsten Punkte waren dabei, dass alle Mitgliedverbände des Schweizerischen Landesverbands für Sport zur Dopingbekämpfung verpflichtet wurden und dass eine eigene Fachkommission für Dopingbekämpfung (FDB) mit der Koordination und insbesondere der Organisation der Dopingkontrollen beauftragt wurde. Die FDB ist ein Gremium von Fachleuten, die vom Sportparlament gewählt werden und die diesem auch Rechenschaft ablegen müssen. Mit der FDB wurde damit in der Schweiz erstmals ein unabhängiges Gremium für Dopingbelange geschaffen.

Verschiedene Vorwürfe in deutschen Medien im Vorfeld der Olympischen Spiele 1992 in Barcelona an den Schweizer Sport und die FDB führten zur Schaffung einer unabhängigen Doping-Untersuchungskommission (DUK). Diese widerlegte in ihrem Untersuchungsbericht 1993 die These eines Dopingproblems, welches den gesamten Schweizer Sport betrifft, legte aber mehrere Punkte zur Verbesserung der Dopingbekämpfung in der Schweiz vor.

Die Vorschläge der DUK und die Bestimmungen der Konvention führten dazu, dass der Bund verstärkt Verantwortung in der Dopingbekämpfung übernahm, welche bis dahin hauptsächlich durch Swiss Olympic gewährleistet wurde. Heute teilen sich Swiss Olympic und der Bund die Verantwortung und koordinieren die Dopingbekämpfung gestützt auf das «3-Säulen-Konzept» (Kontrollen, Information/Prävention und Forschung).

Die Dopingkontrollen sind über Swiss Olympic privatrechtlich organisiert; für die Prävention und Information sowie für die Forschung ist hauptsächlich das Bundesamt für Sport (BASPO) verantwortlich. Die Dopingkontrollen werden im Laboratoire suisse d'analyse du dopage (LAD) in Lausanne durchgeführt. Es ist eines von weltweit 28 vom IOC akkreditierten Dopinglabors. Das LAD, das nach ISO 17025 zertifiziert ist, ist zudem der wichtigste Forschungspartner des BASPO im Bereich der Dopingbekämpfung.

Die Ereignisse an der Tour de France 1998 führten in der Dopingbekämpfung in der Schweiz auf allen Ebenen und Verantwortungsstufen zu Veränderungen. Insbesondere wurden Defizite in den Bereichen Konzeption und Durchführung der Kontrollen festgestellt,
welche nach einer grösseren Professionalisierung verlangen. Diese Diskussionen führten zu einer Anpassung des Dopingstatuts in mehreren Stufen. Die wichtigsten Änderungen betreffen folgende Bereiche: ­

Die FDB erhielt mehr Kompetenzen. So ist sie heute für alle Kontrollen zuständig, sowohl während den Wettkämpfen wie auch in den Trainingsphasen. Alle Kontrollen erfolgen zudem ohne Vorankündigung. Dies erforderte eine Professionalisierung der Kontrollpersonen. Seit Juli 2000 werden deshalb fünf professionelle und rund 45 Teilzeit-Kontrolleurinnen und -Kontrolleure eingesetzt.

­

Das Sportparlament hat am 10. November 2001 einer grundlegenden Änderung der Strafordnung zugestimmt: Seit dem 1. Januar 2002 beurteilt eine unabhängige und zentrale Sport-Strafbehörde, die Disziplinarkammer für Dopingfälle, in erster Instanz alle Dopingfälle in der Schweiz. Die einzelnen Sportverbände haben damit ihr Sanktionsrecht an diese Strafbehörde dele7755

giert. Als zweite Instanz ist das internationale Sportschiedsgericht, das «Tribunal Arbitral du Sport» (TAS) in Lausanne, oder eine Strafbehörde des betroffenen internationalen Verbandes zuständig.

Die professionell durchgeführten Kontrollen führten dazu, dass Swiss Olympic seit Herbst 2001 ebenfalls Kontrollen für die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA, siehe Punkt 1.5) durchführen kann. Im Rahmen dieses Auftrags beteiligte sich die Schweiz an einem internationalen Programm (IPT 31) zum Erlangen der ISOZertifizierung. Es ist geplant, diese bis Ende 2003 zu erhalten. Das Projekt wird gemeinsam von Swiss Olympic und dem BASPO getragen.

In der Schweiz forderten nach den Vorfällen an der Tour de France 1998 mehrere parlamentarische Vorstösse eine gesetzliche Regelung auf Bundesebene im Bereich der Dopingbekämpfung und verlangten, dass auch das Umfeld von Spitzensportlerinnen und -sportlern bei der Verschreibung und Abgabe von Medikamenten zu Dopingzwecken rechtlich vermehrt zur Verantwortung gezogen werden kann. Die Ausarbeitung des neuen Heilmittelgesetzes (HMG), welches im Herbst 1998 in der Schlussphase war, wurde genutzt, um einerseits eine Reihe von Massnahmen zur Dopingbekämpfung einzufügen und andererseits geltendes Recht anzupassen. In diesem Zusammenhang wurden im Bundesgesetz über die Förderung von Turnen und Sport vom 17. März 1972 das Dopingverbot sowie begleitende Informationsund Präventionsmassnahmen eingefügt. Die Gesetzesänderung trat zusammen mit dem HMG auf den 1. Januar 2002 in Kraft.

Gemeinsam mit der gleichzeitig eingesetzten Disziplinarkammer für Dopingfälle von Swiss Olympic wird damit ein entscheidender Schritt zu einer umfassenderen, transparenteren und glaubwürdigeren Bekämpfung von Doping im Sport getan.

Finanzielle Kennzahlen der Dopingbekämpfung: 1993

1999

2000

2001

2002

2003 (Budget)

Dopingkontrollen Bund (BASPO) Swiss Olympic Information/ Prävention und Forschung Bund (BASPO)2

781 325 500 000 281 325

684 318 472 875 211 443

817 200 470 400 346 800

1 242 953 770 400 472 553

1 324 977 800 000 524 977

1 366 600 792 000 574 600

187 500

198 290

431 580

489 529

437 683

317 422

Totale Kosten

968 825

882 608

1 248 780

1 732 482

1 762 660

1 684 022

1.5

Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA)

Am 10. November 1999 wurde die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) in Lausanne als eine Stiftung nach schweizerischem Recht gegründet. Die Aufgabe der WADA ist die Förderung und Harmonisierung der internationalen Dopingbekämp1 2

Die Länder der IPT-3-Gruppe sind: Griechenland, Irland, Polen und die Schweiz.

Der Beginn des Programms war November 2001.

Nur Projektkosten, ohne Lohn- und Infrastrukturkosten.

7756

fung in allen Bereichen. Der Gründung vorausgegangen war die in Lausanne durchgeführte Weltkonferenz über Doping im Sport. An dieser Weltkonferenz wurde beschlossen, eine unabhängige Welt-Anti-Doping-Agentur zu schaffen. Der 36 Mitglieder umfassende Stiftungsrat der WADA setzt sich aus je 18 Vertretern von staatlichen Organisationen und der Olympischen Bewegung zusammen. Im Jahr 2002 verlegte die WADA ihren Sitz von Lausanne nach Montreal. Das europäische Büro blieb in Lausanne. Für die ersten zwei Jahre leistete das IOC eine Anschubfinanzierung in der Höhe von 25 Millionen Dollar. Seit Anfang 2002 wird die WADA hälftig von den Staaten und von der Olympischen Bewegung finanziert.

Ein Meilenstein in der noch jungen Geschichte der WADA ist das Anti-DopingProgramm. Es wurde nach einer rund zweijährigen Vernehmlassungsphase am 5. März 2003, anlässlich der zweiten Weltkonferenz über Doping im Sport in Kopenhagen, vom Stiftungsrat der WADA genehmigt, nachdem die internationalen Sportorganisationen sowie die rund 80 Regierungsvertreter ihm zugestimmt hatten.

Code: Im Code werden die Verantwortlichkeiten in der Dopingbekämpfung, insbesondere die Kontrollen weltweit geregelt. Er präzisiert die Kompetenzen für die Kontrollen, den Kontrollablauf, die Sanktionen sowie die Pflichten der Sportlerinnen und Sportler. Sie sind von den Sportorganisationen zwingend umzusetzen. Der Code ist somit ein Dokument, das eine weltweite und sportartenübergreifende Harmonisierung der Dopingbestimmungen sicherstellen soll.

Internationale Standards: Es gibt vorläufig vier Standards zum Ablauf der Kontrollen, zur Akkreditierung der Analyselabors, zur Erstellung der Dopingliste und zur Gewährung therapeutischer Ausnahmen. Die Standards haben ebenfalls bindenden Charakter.

Regeln Guter Praxis: Diese werden von der WADA noch entwickelt. Sie haben empfehlenden Charakter.

Bis zu den Olympischen Spielen 2004 in Athen soll der Code vom IOC, den nationalen Olympischen Komitees, den nationalen Anti-Doping-Agenturen sowie von den 35 Weltverbänden der olympischen Sportarten unterzeichnet und umgesetzt werden. Die Regierungen verpflichten sich in der Deklaration von Kopenhagen, den Code «politisch und moralisch» zu unterstützen, d.h. ihre Gesetzgebungen den Forderungen des Codes schrittweise anzupassen. Dies betrifft insbesondere die
Streichung von staatlichen Fördergeldern an Sportorganisationen, welche die Dopingregeln nicht einhalten, die Einschränkung des Zugangs zu Dopingmitteln und die Regulierung von Sport-Nahrungsergänzungsmitteln. Es ist zudem vorgesehen, dass die Staaten bis zu den Olympischen Winterspielen 2006 einem bis dahin neu auszuarbeitenden internationalen Abkommen gegen Doping beitreten, welches sie enger an den Code binden wird.

Gerade hier zeigt sich die Bedeutung des Zusatzprotokolls des Europarates. Während der Code die privaten Institutionen in relativ kurzer Zeit verpflichten und die Harmonisierung der Dopingbestimmungen auf der Ebene der Verbände bis im Sommer 2004 entscheidend vorantreiben kann, ist die Anbindung der Staaten an den Code ein länger dauernder Prozess. Hier trägt das Zusatzprotokoll dazu bei, dass die internationale Zusammenarbeit in wichtigen Bereichen wie zum Beispiel der Anerkennung von qualitativ hochstehenden Dopingkontrollen oder der Verstärkung der Umsetzung der Europaratskonvention vorangetrieben wird.

7757

1.6

Ergebnisse des Vorverfahrens

Der Bundesrat hat am 12. Februar 2003 die Unterzeichnung des Zusatzprotokolls über die Konvention des Europarates gegen Doping genehmigt und das VBS (BASPO) beauftragt, die vorliegende Botschaft für die eidgenössischen Räte vorzubereiten. Das Zusatzprotokoll über die Europäische Konvention gegen Doping wurde am 28. Februar 2003 in Strassburg vom Direktor des Bundesamtes für Sport (BASPO) unter dem Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet.

Der Bundesrat hat am 14. Mai 2003 die Unterzeichnung der Deklaration von Kopenhagen zum Code der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA-Code) beschlossen; diese Deklaration wurde am 26. Juni 2003 vom Direktor des BASPO unterzeichnet.

Der Exekutivrat von Swiss Olympic hat sich anlässlich seiner Sitzung vom 25. März 2003 vorbehaltlos zu Gunsten des WADA-Codes ausgesprochen.

2

Besonderer Teil: Kommentar zum Zusatzprotokoll

In der Einleitung wird kurz darauf eingegangen, dass die Konvention des Europarates gegen Doping internationale Kooperationen zur Erhöhung der Effektivität von Kontrollen vorsieht. Das Zusatzprotokoll soll die Anforderungen präzisieren und sich den Entwicklungen der letzten Jahre anpassen.

Artikel 1 beschreibt die gegenseitige Anerkennung der Dopingkontrollen durch die Vertragsstaaten.

In Absatz 1 wird bestimmt, dass die Vertragsparteien gegenseitig die Zuständigkeit der Sport- oder nationalen Anti-Doping-Organisationen anerkennen, auf ihrem Hoheitsgebiet gemäss den nationalen Vorschriften des Gastgeberlandes bei den Sportlern und Sportlerinnen aus anderen Vertragsstaaten der Konvention Dopingkontrollen durchzuführen. Das bedeutet, dass zum Beispiel die Fachkommission für Dopingbekämpfung von Swiss Olympic in der Schweiz nach den schweizerischen Regeln und mit dem schweizerischen Material Athletinnen und Athleten von anderen Ländern kontrollieren darf, die das Zusatzprotokoll unterzeichnet haben, ohne dass mit dem Herkunftsland dieser Athletinnen und Athleten ein weiteres Abkommen abgeschlossen werden muss.

Dies galt bereits früher bei Wettkampfkontrollen. Beispielsweise werden bei Wettkämpfen in der Schweiz mit internationaler Beteiligung die Dopingkontrollen meistens durch das Kontrollpersonal von Swiss Olympic durchgeführt. Teilweise führt auch der veranstaltende internationale Verband eigene Kontrollen durch (wie z.B.

bei der Tour de Suisse).

Bei Trainingskontrollen hingegen mussten früher mit den betroffenen Ländern bilaterale Abkommen ausgehandelt werden, so wurde z.B. ein Vertrag mit der australischen Anti-Doping-Behörde unterzeichnet, der im Hinblick auf die Kontrollen in den Trainingslagern von Schweizer Athletinnen und Athleten in Australien vor den Olympischen Spielen 2000 in Sydney abgeschlossen wurde.

Die Bestimmung im Zusatzprotokoll ist demnach eine deutliche Verbesserung gegenüber dem heutigen Zustand, da sie die administrativen Abläufe bei internationalen Dopingkontrollen vereinfacht.

7758

Absatz 2: Dieser Absatz nimmt Bezug auf die in Absatz 1 genannten Kontrollen. Die Vertragsstaaten müssen die für die Durchführung dieser Kontrollen erforderlichen Massnahmen ergreifen, gegebenenfalls zusätzlich zu denjenigen, die aufgrund von bestehenden Abkommen bereits durchgeführt werden. Damit die Qualität der Kontrollen garantiert werden kann, müssen die Dopingbekämpfungsorganisationen die international anerkannten ISO-Normen für Dopingkontrollen erfüllen. Die Kontrollorgane von Swiss Olympic erarbeiten gegenwärtig gemeinsam mit ihren Partnern im BASPO die Grundlagen zur Erlangung dieser ISO-Zertifizierung bis Ende 2003. Die Schweiz wird also die Voraussetzungen von Absatz 2 erfüllen.

Absatz 3: Einer der Gründe zur Ausarbeitung des Zusatzprotokolls war die Gründung der WADA, die führende Organisation zur Harmonisierung und Koordinierung der weltweiten Dopingbekämpfung. In der Konvention gegen Doping ist diese Organisation nicht genannt, deshalb wird in diesem Absatz ihre Funktion beschrieben. Die Vertragsparteien anerkennen die Zuständigkeit WADA, bei ihren Sportlern und Sportlerinnen ausserhalb der Wettkämpfe (d.h. im Training) auf ihrem Hoheitsgebiet oder anderorts Kontrollen durchzuführen. Ebenfalls anerkannt wird die Zuständigkeit anderer im Auftrag der WADA arbeitender Dopingkontroll-Organisationen. Diese Kontrollen müssen aber gemäss den Bestimmungen der nationalen Gesetzgebung des Gastgeberlandes durchgeführt werden. Dieser Absatz regelt auch, dass die Ergebnisse dieser Kontrollen der nationalen Anti-Doping-Organisation des betreffenden Sportlers oder der betreffenden Sportlerin mitzuteilen sind.

In der Praxis bedeutet dies, dass z.B. Schweizer Spitzenathletinnen und -athleten, die ja oft ihre Trainingsorte nach den für ihre Sportart optimalen Bedingungen auswählen, durch die WADA unangekündigt in der Schweiz oder im Ausland kontrolliert werden können. Da die Kontrollen in der Schweiz bereits auf einem qualitativ hohen Niveau sind, wurde Swiss Olympic bereits mehrmals angefragt, im Auftrag der WADA unangekündigte Trainingskontrollen bei ausländischen oder schweizerischen Athletinnen und Athleten in der Schweiz selber oder im nahen Ausland durchzuführen. Für die Schweiz wird die Erfüllung dieses Absatzes deshalb keine zusätzlichen Massnahmen erfordern.

Artikel 2: Der Artikel beschreibt
die Massnahmen zur Verstärkung der Anwendung der Konvention. Seit 1997 besteht für alle Texte des Europarates ein Verfahren zur Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen. Im Sport betrifft dies die Europäische Sportcharta, die Konvention gegen Doping und die Konvention gegen Gewalt von Zuschauern bei Sportanlässen.

In Absatz 1 wird die in Artikel 10 der Konvention eingesetzte beobachtende Begleitgruppe mit der Aufsicht über die Einhaltung der Verpflichtungen aus der Konvention beauftragt. Diese Aufsicht wird von einem Evaluationsteam vorgenommen, dessen Mitglieder von der beobachtenden Begleitgruppe werden aufgrund ihrer Kompetenz in den betroffenen Bereich ausgewählt werden.

Der Ablauf einer derartigen Überprüfung wird in Absatz 2 festgelegt: Ein Land reicht seinen eigenen Evaluationsbericht ein, dieser wird vom Evaluationsteam überprüft, das bei Bedarf Besuche vor Ort vornimmt. Das Evaluationsteam legt der beobachtenden Begleitgruppe einen Evaluationsbericht über seine Schlussfolgerungen und allfälligen Empfehlungen vor. Die Beurteilungsberichte sind öffentlich. Das evaluierte Land ist berechtigt, zum Bericht Stellung zu nehmen.

7759

Absätze 3 und 4: Die Bestimmungen zur Evaluation, zum Besuch und zu den Folgemassnahmen werden von der beobachtenden Begleitgruppe festgelegt. Die Besuche vor Ort werden stets in Absprache mit dem zu evaluierenden Land durchgeführt.

Zur Einhaltung von Artikel 2 müssen in der Schweiz keine besonderen Massnahmen ergriffen werden. Es ist zu begrüssen, dass die Erfüllung der Verpflichtungen transparent dargestellt wird. Nur so können allfällige Schwächen erkannt und behoben werden. Die evaluierten Länder haben zur gegebenen Zeit Rechenschaft über die Umsetzung allfälliger durch die Fachleute empfohlener Massnahmen abzulegen.

Die Schweiz war das erste Land, das 1998 die Erfüllung der Verpflichtungen aus der Europäischen Sportcharta überprüfen liess. Die Evaluation und die Empfehlungen gaben wertvolle Anstösse.

Norwegen, Australien, Italien und Tschechien liessen ihre Massnahmen zur Dopingbekämpfung bereits überprüfen. Die Überprüfung der Verpflichtungen aus der Konvention gegen Doping ist in der Schweiz ebenfalls im Gange. Unabhängige Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen erstellen zurzeit den Evaluationsbericht.

Dieser soll bis Ende 2003 an die beobachtende Begleitgruppe des Europarates überwiesen werden. Der Expertenbesuch ist im Frühjahr 2004 geplant.

Die Artikel 3 bis 9 beschreiben das Beitritts- und Kündigungsverfahren. Das Zusatzprotokoll kann nur vollständig angenommen werden. Das heisst, Vorbehalte zu einzelnen Bestimmungen sind nicht möglich. Nur die Vertragsparteien der Konvention sind berechtigt, Vertragsparteien des Zusatzprotokolls zu werden.

3

Auswirkungen

3.1

Allgemeine Auswirkungen

Für die Schweiz hat die Ratifizierung des Zusatzprotokolls keine direkten Konsequenzen. Das Zusatzprotokoll ist aber ein weiterer Schritt zur Harmonisierung und Standardisierung des weltweiten Kampfes gegen Doping. Die internationalen Entwicklungen in der Dopingbekämpfung in den letzten Jahren hatten auch Einfluss auf die Schweiz. Die Schweiz hat anerkanntermassen bereits ein qualitativ hochstehendes System. Die bisherige Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem privatrechtlichen Sport (Kontrollen) und dem öffentlich-rechtlichen Sport (Information/Prävention und Forschung) stösst aber zunehmend an ihre Grenzen, da sich immer mehr Aufgaben überlappen und die Abgrenzungen deshalb fliessend werden.

Das Zusatzprotokoll betont die Wichtigkeit der Qualität der Dopingkontrollen. Eine kürzlich in der Schweiz durchgeführte Befragung3 von 577 Spitzenathletinnen und -athleten u.a. zur Qualität und Zuverlässigkeit der Dopingkontrollen zeigt, dass die in den letzten Jahren eingeleiteten Massnahmen zur Verbesserung der Qualität Früchte trägt. Sie zeigt aber auch die Wichtigkeit der Qualität der Dopingkontrollen: es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Qualität und der Zuverlässigkeit; wer an der Qualität der Kontrollen zweifelt, der zweifelt auch an der Zuverlässigkeit. Die Schweiz hat bereits die Massnahmen definiert, damit bis Ende 2003 der Kontrollablauf nach ISO-Normen zertifiziert wird. Es handelt sich um ein gemein3

Lamprecht & Stamm: Evaluation der Befragung von Athletinnen und Athleten zur Dopinginformation und Dopingkontrollen. Interner Bericht im Auftrag des BASPO, Mai 2003.

7760

sames Projekt: die Kontrollen und das Qualitätsmanagement werden durch das Sekretariat der FDB von Swiss Olympic, die Überprüfung durch interne Audits wird durch die Fachpersonen des BASPO erfolgen. Auch hier überlappen sich gewisse Aufgaben.

Die internationale Entwicklung und insbesondere die Umsetzung des Anti-DopingProgramms der WADA wird in der Schweiz indirekte Konsequenzen haben. So wird gegenwärtig diskutiert, ob mit der heutigen räumlichen, fachlichen und verantwortungsmässigen Aufteilung der Aufgaben zwischen der FDB von Swiss Olympic (Kontrollen) und dem Fachbereich Dopingbekämpfung des BASPO (Information/Prävention und Forschung) den zukünftigen Herausforderungen in der Dopingbekämpfung optimal begegnet werden kann. Eine Möglichkeit ist neben der Anpassung des heutigen Systems die Schaffung einer zentralen, unabhängigen und von allen Partnern im Sport unterstützten Anti-Doping-Agentur (Anti-Doping Schweiz).

3.2

Finanzielle Auswirkungen

Die finanziellen Mittel für die Verpflichtungen des Bundes im Rahmen der Dopingbekämpfung nach Kapitel 1.4 der vorliegenden Botschaft sind im Voranschlag des BASPO enthalten. Die eidgenössischen Räte haben zudem im Rahmen des Nachtragskredites II/02 et I/03 zum Voranschlag einem jährlichen Beitrag an die WeltAnti-Doping-Agentur zugestimmt. Diese jährlich leicht steigenden Beträge (165 000 Fr. bzw. 170 000 Fr.) wurden berücksichtigt und werden vollumfänglich BASPOintern kompensiert. Für die Folgejahre ab 2004 ist dieser jährliche Beitrag in Voranschlag und Finanzplan des BASPO enthalten (interne Kompensation).

Die Ratifikation des Zusatzprotokolls belastet den Bundeshaushalt nicht zusätzlich.

Eventuell entstehende weitere Kosten würden vom BASPO intern aufgefangen.

3.3

Personelle Auswirkungen

Die Unterzeichnung und Ratifikation des Zusatzprotokolls haben keine direkten personellen Auswirkungen. Die Zusatzbelastung wird intern vom VBS (BASPO) aufgefangen.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage wurde im Bericht über die Legislaturplanung 1999­2003 nicht angekündigt. Zum Zeitpunkt der Ausarbeitung dieses Berichts war die Unterzeichnung und Ratifikation des Zusatzprotokolls zur Konvention des Europarates gegen Doping noch nicht aktuell.

7761

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Das Zusatzprotokoll ist selbst europäisches Recht. Als Ergänzung zur Konvention des Europarates gegen Doping, die Ende 1992 von der Schweiz ratifiziert wurde, steht es mit keinen anderen europäischen Rechtsinstrumenten in Konkurrenz oder gar in Widerspruch.

6

Rechtliche Grundlagen

6.1

Verfassungsmässigkeit

Nach Artikel 68 Absatz 1 BV (SR 101) fördert der Bund den Sport, insbesondere die Ausbildung. Der Bund widersetzt sich auch den negativen Aspekten des Sports, wozu das Doping gehört. Dies entspricht dem Konzept des Bundesrates für eine Sportpolitik in der Schweiz, das vom Bundesrat am 11. Dezember 2000 verabschiedet wurde.

Nach Artikel 54 Absatz 1 BV sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV. Ausgenommen sind jene Verträge, für deren Abschluss auf Grund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist. Im vorliegenden Fall verfügt der Bundesrat keine entsprechende Kompetenz.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffern 1­3 BV sind völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum unterstellt, wenn sie unbefristet und unkündbar sind (Ziff. 1), den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2) oder wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3). Das Protokoll sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor und ist nach Artikel 8 jederzeit kündbar. Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes4 gelten Bestimmungen dann als rechtsetzend, wenn sie in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Wichtig ist eine solche Norm dann, wenn ihr Regelungsgegenstand im Landesrecht in Analogie zu Artikel 164 BV auf formell-gesetzlicher Stufe normiert werden müsste.

Das Protokoll enthält keine solchen Normen. Anpassungen auf Gesetzesstufe sind zu seiner Durchsetzung ebenfalls nicht erforderlich. Der Bundesbeschluss zur Genehmigung des Zusatzprotokolls untersteht demnach nicht dem Staatsvertragsreferendum.

6.2

Erlassform

Der vorliegende Beschluss enthält keine rechtsetzenden Normen. Zudem untersteht er nicht dem Referendum. Es ist deshalb die Form des einfachen Bundesbeschlusses nach Artikel 163 Absatz 2 BV und Artikel 4 Absatz 2 des Geschäftsverkehrsgesetzes vom 23. März 19625 (GVG) zu wählen.

4 5

BBl 2002 8160 SR 171.11

7762