Ablauf der Referendumsfrist: 9. Oktober 2003

Bundesgesetz über die verdeckte Ermittlung (BVE) vom 20. Juni 2003

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 123 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 1. Juli 19982, beschliesst:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Zweck

Verdeckte Ermittlung nach diesem Gesetz hat zum Zweck, mit Angehörigen der Polizei, die nicht als solche erkennbar sind (Ermittlerin oder Ermittler), in das kriminelle Umfeld einzudringen und damit beizutragen, besonders schwere Straftaten aufzuklären.

Art. 2

Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für Strafverfahren des Bundes und der Kantone.

Art. 3

Grundsätze

Die Integrität und die Identität der Ermittlerin oder des Ermittlers sind zu schützen.

Dies muss in Form und Umfang so geschehen, dass: a.

der Sachverhalt ermittelt werden kann; und

b.

der Anspruch der Betroffenen auf ein faires Verfahren, insbesondere auf eine wirksame Verteidigung, gewahrt wird.

Art. 4 1

Eine verdeckte Ermittlung kann angeordnet werden, wenn: a.

1 2

Voraussetzungen bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, besonders schwere Straftaten seien begangen worden oder sollen voraussichtlich begangen werden und

SR 101 BBl 1998 4241

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b.

andere Untersuchungshandlungen erfolgslos geblieben sind, oder die Ermittlungen sonst aussichtslos wären oder unverhältnismässig erschwert würden.

2 Verdeckte Ermittlung darf zur Verfolgung der in den folgenden Artikeln aufgeführten Straftaten eingesetzt werden:

a.3 Artikel 111; 112; 122; 138­140; 143 Absatz 1; 144 Absatz 3; 144bis Ziffer 1 Absatz 2 und Ziffer 2 Absatz 2; 146 Absätze 1 und 2; 147 Absätze 1 und 2; 148; 156; 157 Ziffer 2; 160; 183­185; 187; 188; 191; 192; 195; 196; 197 Ziffer 3; 221 Absätze 1 und 2; 223 Ziffer 1; 224; 226­228; 231­234; 237 Ziffer 1; 238 Absatz 1; 240 Absatz 1; 241 Absatz 1; 242; 244 Absatz 2; 251; 260bis; 260ter; 264­266; 271; 272 Ziffer 2; 273; 274 Ziffer 1 Absatz 2; 277 Ziffer 1; 305bis Ziffer 2; 310; 322ter; 322quater; 322septies des Strafgesetzbuches4; b.

Artikel 86; 86a; 103 Ziffer 1; 106 Absätze 1 und 2; 108­113; 115; 116; 121; 130­132; 134 Absatz 3; 135 Absätze 1, 2 und 4; 137a; 137b; 141; 142; 151a­151c; 155; 156; 160 Absätze 1 und 2; 161 Ziffer 1; 162; 164­169; 169a Ziffer 1; 170 Absatz 1; 171b; 172; 177 des Militärstrafgesetzes vom 13. Juni 19275;

c.

Artikel 34 und 35 des Kriegsmaterialgesetzes vom 13. Dezember 19966;

d.

Artikel 29 und 32 des Atomgesetzes vom 23. Dezember 19597;

e.

Artikel 19 Ziffer 2 zweiter Satz und 20 Ziffer 1 zweiter Satz des Betäubungsmittelgesetzes vom 3. Oktober 19518;

f.

Artikel 14 des Güterkontrollgesetzes vom 13. Dezember 19969.

g.

Artikel 24 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 200110 zum Haager Adoptionsübereinkommen und über Massnahmen zum Schutz des Kindes bei internationalen Adoptionen;

h.

Artikel 23 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 26. März 193111 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer.

Art. 5

Ernennung

1

Die Kommandantin oder der Kommandant eines Polizeikorps mit gerichtspolizeilichen Aufgaben kann eine Person mit deren Zustimmung zur Ermittlerin oder zum Ermittler ernennen, wenn strafbare Handlungen nach Artikel 4 abzuklären sind.

3

4 5 6 7 8 9 10 11

Bei Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 21. März 2003 (BBl 2003 2847) über die Änderung des Strafgesetzbuches und des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Finanzierung des Terrorismus) wird die Aufzählung im Buchstaben a durch Artikel 260quinquies ergänzt.

SR 311.0; AS ... (BBl 2002 8240) SR 321.0; AS ... (BBl 2003 2808) SR 514.51 SR 732.0 SR 812.121 SR 946.202 SR 211.221.31 SR 142.20

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2

3

Zu Ermittlerinnen oder Ermittlern können ernannt werden: a.

Angehörige des Polizeikorps;

b.

Personen, welche vorübergehend für eine polizeiliche Aufgabe angestellt werden, auch wenn sie nicht über eine polizeiliche Ausbildung verfügen.

Zu Führungspersonen werden Angehörige des Polizeikorps ernannt.

Art. 6

Legende und Vertraulichkeitszusage

1

Das Polizeikommando kann Ermittlerinnen oder Ermittler mit einer Legende ausstatten, die ihre wahre Identität verändert.

2

Es kann ihnen zusichern, dass ihre wahre Identität nicht preisgegeben wird, auch dann nicht, wenn sie in einem Gerichtsverfahren als Auskunftspersonen oder Zeuginnen oder Zeugen auftreten.

3

Haben Ermittlerinnen oder Ermittler während ihres Einsatzes eine Straftat begangen, so entscheidet die Genehmigungsbehörde, unter welcher Identität das Strafverfahren durchgeführt wird.

Art. 7

Richterliche Genehmigung

1

Für die Ernennung von Ermittlerinnen oder Ermittlern ist eine richterliche Genehmigung notwendig.

2

Die Genehmigung äussert sich ausdrücklich zur Erlaubnis: a.

Urkunden zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer Legende herzustellen oder zu verändern;

b.

der nach Artikel 6 Absatz 2 gemachten Vertraulichkeitszusagen;

c.

Personen nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b zu ernennen.

Art. 8

Genehmigungsverfahren

1

Die begründete Ernennungsverfügung und die für die Genehmigung wesentlichen Akten müssen folgenden Behörden unterbreitet werden: a.

von Behörden des Bundes: der Präsidentin oder dem Präsidenten der Anklagekammer des Bundesgerichts;

b.

von den kantonalen Behörden: der vom Kanton bezeichneten richterlichen Genehmigungsbehörde.

2

Die Genehmigungsbehörde entscheidet mit kurzer Begründung. Sie kann die Ernennung zur Ermittlerin oder zum Ermittler vorläufig oder unter Auflagen genehmigen, eine Ergänzung der Akten oder weitere Abklärungen verlangen.

3

Die Genehmigung wird für höchstens ein Jahr erteilt. Das Polizeikommando berichtet vor Ablauf der bewilligten Dauer über den Verlauf der verdeckten Ermittlung und stellt wenn nötig einen Verlängerungsantrag.

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Art. 9

Rechte und Pflichten

1

Ermittlerinnen oder Ermittler haben Anspruch darauf, dass ihnen der bestmögliche Schutz gewährt wird, um Gefahren für Leib und Leben abzuwenden.

2

Sie müssen ihren Einsatz im Rahmen der Instruktionen pflichtgemäss durchführen und regelmässig und vollständig über ihre Tätigkeit und ihre Feststellungen berichten. Instruktion und Berichterstattung werden aktenmässig festgehalten. Diese Akten werden getrennt von Verfahrensakten geführt.

3

Der Bundesrat und die zuständige kantonale Behörde erlassen besondere dienstrechtliche Bestimmungen über die verdeckte Ermittlung. Sie regeln insbesondere die Abgeltung von Mehrauslagen und den Ersatz von Schäden, die den an der verdeckten Ermittlung beteiligten Personen entstehen, einschliesslich eines allfälligen Versorgerschadens ihrer Angehörigen. Es dürfen keine Erfolgsprämien ausgerichtet werden.

Art. 10

Mass der zulässigen Einwirkung

1

Die Ermittlerinnen oder Ermittler dürfen keine allgemeine Tatbereitschaft wecken und die Tatbereitschaft nicht auf schwerere Straftaten lenken. Sie haben sich auf die Konkretisierung eines bereits vorhandenen Tatentschlusses zu beschränken.

2

Ihre Tätigkeit darf für den Entschluss zu einer konkreten Straftat nur von untergeordneter Bedeutung sein.

3

Wenn erforderlich dürfen sie zur Anbahnung des Hauptgeschäfts insbesondere Probekäufe tätigen oder mit geeigneten Mitteln ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dokumentieren.

4 Überschreitet die Ermittlerin oder der Ermittler die Schranken des zulässigen Verhaltens, so ist das bei der Zumessung der Strafe für die beeinflusste Person gebührend zu berücksichtigen oder es ist von einer Strafe abzusehen.

Art. 11

Führungsperson

1

Während des gesamten Einsatzes wird die verdeckte Ermittlerin oder der verdeckte Ermittler von der Führungsperson geführt. Der Kontakt zwischen anordnender Behörde und verdeckter Ermittlerin oder verdecktem Ermittler erfolgt auch in einem Strafverfahren über die Führungsperson.

2 Die Führungsperson hat die Weisungsbefugnisse einer dienstlichen Vorgesetzten und erfüllt insbesondere folgende Aufgaben:

a.

sie instruiert die Ermittlerin oder den Ermittler genau über Auftrag und Befugnisse sowie über den Umgang mit der Legende;

b.

sie leitet und betreut die verdeckte Ermittlerin oder den verdeckten Ermittler während des ganzen Einsatzes und beurteilt laufend die Risikosituation;

c.

sie hält allfällige mündliche Berichte schriftlich fest und führt das Dossier gemäss Artikel 9 Absatz 2;

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d.

sie informiert die andern mit den Ermittlungen betrauten Personen und stellt die Koordination sicher;

e.

sie übermittelt die Anweisungen und Instruktionen der verfahrensleitenden Behörden.

Art. 12

Verwendung der Erkenntnisse

1

Ergeben sich aus den Berichten der verdeckten Ermittlerin oder des verdeckten Ermittlers Erkenntnisse auf ein Verbrechen oder Vergehen, so erstattet das Polizeikommando Anzeige an die zuständige Strafverfolgungsbehörde. Die Anzeige kann mit dem Antrag verbunden werden, vorerst auf erkennbare Ermittlungshandlungen zu verzichten, um nicht eine Gefahr für die verdeckte Ermittlung zu schaffen.

2

Wenn Erkenntnisse nach Absatz 1 für die Beweisführung notwendig sind, wird ein polizeilicher Amtsbericht in die Verfahrensakten integriert.

Art. 13

1

Beendigung des Einsatzes

Das zuständige Polizeikommando beendet den Einsatz, wenn: a.

innert nützlicher Frist kein Einsatz in einem Strafverfahren absehbar ist;

b.

es sich erweist, dass Risiken oder Aufwand des Einsatzes in einem Missverhältnis zum zu erwartenden Ergebnis stehen; oder

c.

die Ermittlerin oder der Ermittler die Instruktionen nicht befolgt, die Führungsperson wissentlich falsch informiert oder in anderer Art ihre Pflichten nicht erfüllt.

2

Die Beendigung erfolgt nach Weisungen der Führungsperson. Dabei ist darauf zu achten, dass weder die Ermittlerin oder der Ermittler noch in die Ermittlung einbezogene Drittpersonen einer abwendbaren Gefahr ausgesetzt werden.

3

Sobald die Legende nicht mehr notwendig ist, stellt das Polizeikommando die sie stützenden Ausweisschriften vom Polizeikommando sicher.

4

Wird eine Ermittlerin oder ein Ermittler von den Aufgaben entbunden, so sorgt das Polizeikommando, wenn nötig, für eine geeignete Nachbetreuung. Dies gilt auch für Drittpersonen, die in die Ermittlung einbezogen waren.

2. Abschnitt: Einsatz in Strafverfahren Art. 14

Anordnende Behörden

Den Einsatz von Ermittlerinnen oder Ermittlern in einem Strafverfahren können anordnen: a.

die Bundesanwältin oder der Bundesanwalt und die eidgenössischen Untersuchungsrichterinnen oder Untersuchungsrichter;

b.

die zuständigen kantonalen Strafuntersuchungsbehörden.

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Art. 15

Einsatzmöglichkeit

In einem Strafverfahren können ausser den verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern des Polizeikommandos, das der zuständigen Strafuntersuchungsbehörde zugeordnet ist, auch solche aus andern Polizeikorps des In- oder Auslandes eingesetzt werden, wenn sie die Anforderungen nach Artikel 5 erfüllen. Der Einsatz erfolgt in der Regel unter ihrer bisherigen Führungsperson.

Art. 16

Straflosigkeit von Betäubungsmitteldelikten

Ermittlerinnen und Ermittler, die nach diesem Gesetz handeln, sind nach den Artikeln 19 sowie 20­22 des Betäubungsmittelgesetzes vom 3. Oktober 195112 nicht strafbar.

Art. 17

Richterliche Genehmigung

1

Für den Einsatz von Ermittlerinnen oder Ermittlern in einem Strafverfahren ist eine Genehmigung durch eine Behörde nach Artikel 8 Absatz 1 notwendig.

2 In der Genehmigung wird die für das betreffende Strafverfahren geltende Zusicherung von Schutzmassnahmen für Ermittlerinnen oder Ermittler nach Artikel 23 schriftlich festgehalten.

Art. 18

Genehmigungsverfahren

1

Die anordnende Behörde reicht innert 48 Stunden nach Anordnung des Einsatzes der Genehmigungsbehörde ein: a. die Anordnungsverfügung; b. die Begründung und die für die Genehmigung wesentlichen Verfahrensakten.

2

Die Genehmigungsbehörde entscheidet mit kurzer Begründung innert fünf Tagen seit der Anordnung. Sie kann die Genehmigung vorläufig oder unter Auflagen erteilen oder eine Ergänzung der Akten oder weitere Abklärungen verlangen.

3

Die Genehmigung wird für höchstens ein Jahr erteilt. Die anordnende Behörde berichtet vor Ablauf der bewilligten Dauer über den Verlauf der verdeckten Ermittlung und stellt wenn nötig einen Verlängerungsantrag.

4

Wird der Einsatz ausländischer Ermittlerinnen oder Ermittler angeordnet, so prüft die Genehmigungsbehörde auch, ob die Voraussetzungen für die Ernennung nach Artikel 5 erfüllt sind.

5 Wird der Einsatz nicht genehmigt oder wurde keine Genehmigung eingeholt, so muss die anordnende Behörde den Einsatz beenden und die betreffenden Aufzeichnungen sofort aus den Verfahrensakten aussondern. Durch die verdeckte Ermittlung gewonnene Erkenntnisse dürfen weder für weitere Ermittlungen noch zum Nachteil einer beschuldigten Person verwendet werden.

12

SR 812.121

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Art. 19

Beendigung

1

Die anordnende Behörde beendet den Einsatz, wenn dessen Voraussetzungen entfallen. Sie bricht ihn ab, wenn die Ermittlerin oder der Ermittler in schwer wiegender Weise von Instruktionen abweicht oder die Ermittlungsbehörden wissentlich falsch informiert. Artikel 13 Absätze 2­4 ist anwendbar.

2

Die anordnende Behörde teilt die Beendigung des Einsatzes oder dessen ordnungsgemässen Abschluss der Genehmigungsbehörde unverzüglich mit.

Art. 20

Vorzeigegeld

1

Auf Antrag des für den Einsatz zuständigen Polizeikommandos kann der Bund über die Nationalbank die für Scheingeschäfte und die Dokumentation der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit benötigten Geldbeträge in der gewünschten Menge und Art zur Verfügung stellen.

2

Die Kantone richten den Antrag mit einer kurzen Falldarstellung an das Bundesamt für Polizei. Das Polizeikommando trifft die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen.

3

Bei Verlust, der durch vorsätzliches oder grobfahrlässiges Verhalten entstanden ist, haftet das verantwortliche Gemeinwesen.

Art. 21

Zufallsfunde

1

Erkennen Ermittlerinnen oder Ermittler im Rahmen ihrer ordnungsgemässen Auftragserfüllung andere strafbare Handlungen als die in der Anordnungsverfügung aufgeführten, so melden sie dies der Führungsperson.

2

Die so gewonnenen Erkenntnisse dürfen gegen die in der Anordnung genannten Personen verwendet werden, wenn weiterhin der Verdacht auf eine Straftat besteht, gegen die auch eine verdeckte Ermittlung angeordnet werden könnte.

3

Wird das Strafverfahren gegen Unbekannt geführt oder handelt es sich um Straftaten von Personen, die in der Anordnung nicht genannt sind, so dürfen die Erkenntnisse verwendet werden, wenn gegen die verdächtigen Personen auch eine verdeckte Ermittlung angeordnet werden könnte.

4

Die Führungsperson zeigt Erkenntnisse nach den Absätzen 2 und 3 der anordnenden Behörde an, die Erkenntnisse nach Absatz 3 unter gleichzeitiger Information der Genehmigungsbehörde.

5

Die Anzeige kann mit dem Antrag verbunden werden, vorerst auf erkennbare Ermittlungshandlungen zu verzichten, um nicht eine Gefahr für die verdeckte Ermittlung zu schaffen.

Art. 22

Mitteilung

1

Die anordnende Behörde teilt der beschuldigten Person spätestens vor Abschluss der Untersuchung oder nach Einstellung des Verfahrens mit, dass gegen sie verdeckt ermittelt worden ist.

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2

Ausnahmsweise kann die anordnende Behörde mit Zustimmung der Genehmigungsbehörde die Mitteilung länger aufschieben oder von ihr absehen, wenn die Erkenntnisse nicht zu Beweiszwecken verwendet werden und: a.

für die Ermittlerin oder den Ermittler schwere Nachteile zu befürchten wären;

b.

die Mitteilung Drittpersonen einer ernsthaften Gefahr aussetzen würde;

c.

dies wegen überwiegender öffentlicher Interessen, insbesondere für die innere oder äussere Sicherheit oder zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens erforderlich ist;

d.

die Person nicht erreichbar ist; oder

e.

schwere Nachteile für ein laufendes Strafverfahren befürchtet werden müssen.

Art. 23

Schutzmassnahmen

1

Die Identität der Ermittlerinnen oder Ermittler, denen nach Artikel 17 Absatz 2 Schutzmassnahmen zugesichert wurden, wird auch nach Abschluss ihres Einsatzes geheimgehalten. In diesem Fall werden ihre Personalien im Verfahren nicht preisgegeben und nicht in die Verfahrensakten aufgenommen.

2 Die zuständige Richterin oder der zuständige Richter verlangt wenn nötig Angaben über die Identität der Ermittlerin oder des Ermittlers und stellt fest, ob sie oder er im Strafverfahren beteiligt war. Zu diesem Zweck kann er die Ermittlerin oder den Ermittler selber einvernehmen.

3 Ist eine Einvernahme der Ermittlerin oder des Ermittlers notwendig, so trifft die verfahrensleitende Behörde in Würdigung der Vertraulichkeitszusage die notwendigen Schutzmassnahmen.

4

Als Schutzmassnahmen können namentlich angeordnet werden: a.

die Veränderung von Aussehen und Stimme der Ermittlerin oder des Ermittlers;

b.

die räumlich getrennte Einvernahme;

c.

der Ausschluss der Öffentlichkeit, wenn sonst die Geheimhaltung der Identität nicht gewährleistet ist;

d.

der Ausschluss der beschuldigten Personen, wenn durch eine Gegenüberstellung eine erhebliche Gefährdung der Ermittlerin oder des Ermittlers hervorgerufen würde.

5 Für Drittpersonen, die an der verdeckten Ermittlung mitgewirkt haben, werden wenn nötig die gleichen Schutzmassnahmen getroffen.

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3. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 24

Änderung bisherigen Rechts

Die folgenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert:

1. Strafgesetzbuch13 Art. 317bis Nicht strafbare Handlungen

1

Wer mit richterlicher Genehmigung im Rahmen einer verdeckten Ermittlung zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung seiner Legende Urkunden herstellt, verändert oder gebraucht, ist nicht nach den Artikeln 251, 252, 255 und 317 strafbar.

2

Wer mit richterlicher Genehmigung für eine verdeckte Ermittlung Urkunden herstellt oder verändert, ist nicht nach den Artikeln 251, 252, 255 und 317 strafbar.

2. Betäubungsmittelgesetz vom 3. Oktober 195114 Art. 23 Abs. 2 2

Der Beamte, der mit der Bekämpfung des unerlaubten Betäubungsmittelverkehrs beauftragt ist und zu Ermittlungszwecken selber ein Angebot von Betäubungsmitteln annimmt, bleibt straflos, auch wenn er seine Identität und Funktion nicht bekanntgibt.

Art. 25

Übergangsbestimmungen

1

Die nach bisherigem Recht richterlich genehmigten Zusicherungen von Schutzmassnahmen behalten ihre Gültigkeit.

2

Eine richterlich genehmigte verdeckte Ermittlung innerhalb eines Ermittlungsverfahrens, das vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eröffnet wurde, kann nach dem darauf angewendeten Verfahrensrecht abgeschlossen werden.

3

Solange ein Kanton die Behörden noch nicht bezeichnet hat, welche die verdeckte Ermittlung anordnen und genehmigen, gelten die Zuständigkeiten für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs sinngemäss.

13 14

SR 311.0; AS ... (BBl 2002 8240) SR 812.121

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Art. 26

Referendum und Inkrafttreten

1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Nationalrat, 20. Juni 2003

Ständerat, 20. Juni 2003

Der Präsident: Yves Christen Der Protokollführer: Christophe Thomann

Der Präsident: Gian-Reto Plattner Der Sekretär: Christoph Lanz

Datum der Veröffentlichung: 1. Juli 200315 Ablauf der Referendumsfrist: 9. Oktober 2003

15

BBl 2003 4465

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