03.419 Parlamentarische Initiative Minimalprämie und Prämienzuschläge für Verwaltungskosten in der Unfallversicherung Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates vom 17. Juni 2003

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen gemäss Artikel 21quater Absatz 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) den vorliegenden Bericht. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Gesetzesentwurf zuzustimmen.

17. Juni 2003

Im Namen der Kommission Der Präsident: Bruno Frick

2003-1394

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Übersicht Nach Artikel 92 Absatz 1 des Unfallversicherungsgesetzes (UVG1) bestehen in der obligatorischen Unfallversicherung die Prämien aus einer dem Risiko entsprechenden Nettoprämie und aus Zuschlägen für die Verwaltungskosten, für die Kosten der Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten sowie für die nicht durch Zinsüberschüsse gedeckten Teuerungszulagen. Eine konsequente Anwendung dieser gesetzlichen Regelung kann bei kleinen Lohnsummen dazu führen, dass die Heilungs- und die Verwaltungskosten durch die Prämie nicht gedeckt werden können. Diese müssten solidarisch über die Prämien der Betriebe mit höheren Lohnsummen finanziert werden. Mit der Erhebung einer minimalen Prämie könnte auf einfache Art und Weise eine wesentlich gerechtere Verteilung der Risiko- und Administrativkosten erreicht werden.

Aufgrund der heutigen Regelung ist unsicher, ob die Erhebung einer Minimalprämie auf ausreichende gesetzliche Grundlagen abgestützt ist. Das Bundesgericht hat sich letztinstanzlich zu dieser Frage noch nicht geäussert. Im Sinne der Rechtssicherheit soll in Artikel 92 Absatz 1 UVG ein Satz eingefügt werden, wonach die Versicherer für die beiden obligatorischen Versicherungszweige je eine vom jeweiligen Risiko unabhängige Minimalprämie erheben können, deren Höchstgrenze durch den Bundesrat festgelegt wird.

Artikel 92 Absatz 1 UVG schreibt ausserdem vor, dass zwischen den Prämienzuschlägen der SUVA und jenen der anderen Versicherer (Versicherer nach Art. 68 UVG, namentlich private Versicherer) keine erheblichen Unterschiede bestehen dürfen. Diese Abhängigkeit des Verwaltungskostensatzes der privaten UVGVersicherer von demjenigen der SUVA wird in der Praxis zunehmend kritisiert. Insbesondere wird geltend gemacht, dass die Regelung den Wettbewerb unter den Versicherern behindere.

Es wird vorgeschlagen, dem Bundesrat in Artikel 92 Absatz 7 UVG die Kompetenz zu erteilen, ohne Bindung an die Verwaltungskostenzuschläge der SUVA eine Spanne zwischen dem maximalen und dem minimalen Prämienzuschlag innerhalb derselben Gesellschaft festzulegen.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Am 19. Juni 2002 reichte Ständerat Rolf Schweiger eine Parlamentarische Initiative in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs ein, die verlangt, dass die Zulässigkeit der Erhebung von Minimalprämien in der obligatorischen Unfallversicherung im Gesetz zu verankern sei.

Ebenfalls am 19. Juni 2002 wurde von Ständerätin Erika Forster-Vannini eine Parlamentarische Initiative in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs eingereicht, die verlangt, dass die Abhängigkeit des Prämienzuschlags für Verwaltungskosten der Versicherer nach Artikel 68 UVG von demjenigen der SUVA aufzuheben sei.

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Ständerates hat an ihrer Sitzung vom 7. April 2003 gemäss Artikel 21ter Geschäftsverkehrsgesetz die beiden Initiativen vorgeprüft und eine Vertreterin des Initianten bzw. die Initiantin angehört. Sie beschloss einstimmig bei zwei Enthaltungen, das Anliegen der Parlamentarischen Initiative Schweiger in einer Kommissionsinitiative zu übernehmen.

Der Initiant zog daraufhin seine Initiative zurück. Mit 5 zu 5 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten beschloss die Kommission, auch der Parlamentarischen Initiative Forster Folge zu geben. Sie beauftragte die Verwaltung, eine Formulierung vorzuschlagen, wonach der Prämienzuschlag bei kleinen und grossen Versicherungsnehmern innerhalb einer bestimmten Spannweite zu liegen habe. Aufgrund des betreffenden Berichts entschied die Kommission an ihrer Sitzung vom 19. Mai 2003, auch diese Forderung in die Kommissionsinitiative aufzunehmen, worauf die Initiantin ihre Initiative zurückzog.

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Grundzüge der Vorlage

2.1

Einführung einer Minimalprämie

Es ist umstritten, ob die heutige Praxis der Versicherer, die dem Schweizerischen Versicherungsverband (SVV, früher PKU) angeschlossen sind, eine Minimalprämie zu erheben, auf ausreichende gesetzliche Grundlagen abgestützt ist. Bis Ende 1996 wandten diese Versicherer, gestützt auf Artikel 119 der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV)2 einen Pauschalprämientarif an. Bei Verträgen mit einer Lohnsumme von bis zu 10 000 Franken wurden abgestufte Pauschalprämien erhoben. Diese betrugen in der Berufsunfallversicherung (BUV) je nach Gefahrenklasse und versichertem Jahreslohn zwischen 50 und 220 Franken, in der Nichtberufsunfallversicherung (NBUV) je nach versichertem Jahreslohn zwischen 25 und 130 Franken.

Nach mehrjähriger Praxis ermittelte die PKU aufgrund einer Untersuchung der Pauschalprämienverträge für die Jahre 1984 bis 1990 den mittleren Schadenaufwand pro Police. Inklusive Zuschläge für Verwaltungskosten und für die Unfallverhütung und unter Annahme eines zukünftigen Anstieges der Heilungskosten von jährlich 2

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7,5 Prozent errechneten sie einen durchschnittlichen Aufwand von 110.30 Franken in der BUV und von 203.90 Franken in der NBUV. Gestützt darauf stellte sie fest, dass die Pauschalprämien zu tief waren.

Per 1. Januar 1997 führten die privaten UVG-Versicherer in der Folge einen neuen Tarif ein, der eine Minimalprämie von 100 Franken sowohl für die BUV wie auch für die NBUV vorsieht. Gemäss diesem Tarif werden alle Betriebe den verschiedenen Klassen und Stufen zugeteilt. Daraus ergibt sich für jeden Betrieb ein seiner Risikogemeinschaft entsprechender Nettoprämiensatz, der um den Verwaltungskostenzuschlag und den Zuschlag für die Kosten der Unfallverhütung erhöht wird.

Ergibt die Multiplikation des so erhaltenen Endprämiensatzes mit der Lohnsumme einen Betrag von weniger als 100 Franken, findet die Minimalprämie Anwendung.

In der NBUV fallen wegen der 8 Stunden-Limite für die Versicherungsdeckung wesentlich weniger Policen unter die Minimalprämienregelung als in der BUV.

Die Zulässigkeit dieser Minimalprämie wurde von der Rekurskommission für die Unfallversicherung mit Urteil vom 17. Juni 19993 verneint. Die Rekurskommission kam zum Schluss, dass für eine generelle Erhebung der Minimalprämie keine ausreichende gesetzliche Grundlage bestehe.

Nach Artikel 119 UVV ist zwar eine Pauschalprämie zulässig für Arbeitgeber, die nur gelegentlich oder regelmässig nur für kurze Zeit Arbeitnehmer beschäftigen.

Diese Bestimmung war auf Antrag der PKU in die Verordnung aufgenommen worden mit der Absicht, den administrativen Ablauf zu vereinfachen. Insbesondere sollte bei geringfügigen Lohnsummen auf eine detaillierte Abrechnung der Prämienbestandteile verzichtet werden können.

Die 1997 eingeführte Minimalprämienregelung wird dagegen nicht ­ wie dies der ursprünglichen Intention des Artikels 119 UVV entsprach ­ nur bei sehr tiefen Lohnsummen angewendet. Denn nach dem 1997 neu geregelten Tarif ergibt sich die Höhe der Prämie grundsätzlich aus der Multiplikation von Lohnsumme und Endprämiensatz, welcher durch die Einreihung in Risikoklasse und Stufe festgelegt wird. Fällt das Produkt kleiner als 100 Franken aus, wird die Minimalprämie erhoben. Je geringer das Risiko des Betriebes ist, desto höher muss demnach die Lohnsumme sein, um den Anwendungsbereich der Minimalprämie zu übertreffen. In Betrieben in niederen
Gefahrenklassen wird somit die Minimalprämie auch bei Lohnsummen angewendet, die 10 000 Franken im Jahr bei weitem überschreiten. Diese Praxis geht nach einem Urteil der eidgenössischen Rekurskommission für die Unfallversicherung über den Geltungsbereich von Artikel 119 UVV hinaus.

Die Kommission ist der Ansicht, dass die Erhebung einer Minimalprämie technisch gerechtfertigt ist und dass eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden soll. Angesichts der steigenden Heilungskosten müssten die Versicherer den Prämientarif neu berechnen, falls die Erhebung einer Minimalprämie nicht mehr zulässig sein sollte.

Da nämlich bei sehr kleinen Lohnsummen die Heilungskosten oft durch die Risikoprämie nicht gedeckt sind, müsste technisch korrekt ein Prämienteil unabhängig von der Lohnsumme pro Risiko erhoben werden. Ausserdem wären bei sehr geringen Endprämien die proportional dazu erhobenen Zuschläge für die Verwaltungskosten nicht kostendeckend, was die Solidarität der übrigen Prämienzahler über Gebühr strapazieren würde. Durch die Erhebung einer Minimalprämie hingegen kann auf 3

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einfache Art und Weise eine gerechtere Verteilung der Risiko- und Administrativkosten erreicht werden.

Einstimmig beantragt die Kommission aufgrund der obigen Überlegungen, die notwendige Rechtssicherheit bezüglich Zulässigkeit der Erhebung von Minimalprämien zu schaffen und eine entsprechende Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen. Dabei geht sie davon aus, dass die neue Regelung am gesamten Prämienvolumen nichts ändert, denn wie bisher dürfen die einzelnen Zweige der Versicherung nur kostendeckend betrieben werden. Um Gewähr zu bieten, dass die Versicherer keine überhöhten Minimalprämien erheben, soll der Bundesrat die Kompetenz zur Festlegung einer Höchstgrenze erhalten.

2.2

Prämienzuschläge für Verwaltungskosten

Aufgrund von Artikel 92 Absatz 1 UVG sind die Prämienzuschläge für Verwaltungskosten der Versicherer nach Artikel 68 UVG abhängig vom Prämienzuschlag der SUVA. Der Verwaltungsrat der SUVA somit einen Einfluss auf die Prämienzuschläge der übrigen Versicherer. Diese Abhängigkeit wurde im Zeitpunkt der Einführung des UVG am 20. März 1981 beschlossen, weil befürchtet wurde, die erstmals mit der Durchführung einer Sozialversicherung betrauten Privatversicherer würden allzu hohe Prämienzuschläge verlangen.

In Artikel 114 Absatz 2 der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV)4 legte der Bundesrat zunächst fest, dass die Zuschläge für Verwaltungskosten der Versicherer höchstens 10 Prozentpunkte höher sein dürften als jene der SUVA. In der Folge setzte die PKU, ausgehend vom Verwaltungskostenzuschlag der SUVA von 12,5 Prozent, den Prämienzuschlag für Verwaltungskosten bei 22,5 Prozent der Nettoprämie an; die Privatversicherer schöpften damit den von der Verordnung eingeräumten Spielraum voll aus.

In der Empfehlung vom 15. Oktober 19925 zur Tarifvorlage der PKU für die obligatorische Versicherung der Nichtberufsunfälle und der freiwilligen Versicherung nach UVG auf den 1 Januar 1993 vertrat die Preisüberwachung die Meinung, dass die Versicherer für die Verwendung dieses Zuschlages einen Nachweis erbringen müssten.

In der Folge befasste sich eine Arbeitsgruppe, in denen die Versicherer nach Artikel 68 UVG, das Bundesamt für Privatversicherungen (BPV) und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) vertreten waren, mit den einzelnen Elementen der Prämienordnung nach UVG. Wie aus dem Bericht dieser Arbeitsgruppe6 hervorgeht, wurden in den Betriebsrechnungen der Versicherer nach Artikel 68 UVG nicht die effektiven Verwaltungskosten eingesetzt, sondern der in den Prämientarif eingerechnete Verwaltungskostenzuschlag von 22,5 Prozent der Nettoprämie. Die Angemessenheit dieser kalkulatorischen Grösse wurde von der PKU nach verschiedenen Methoden überprüft. Die Ergebnisse dieser Überprüfungen wurden in einem

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SR 832.202; Fassung per 1. Januar 1984 (AS 1983 38).

Empfehlung der Preisüberwachung vom 15. Oktober, Seite 15.

Überprüfung einzelner Elemente der Prämienordnung in der Versicherung nach UVG, Bericht vom 26. November 1993.

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Arbeitspapier der PKU zuhanden der Arbeitsgruppe7 zusammengefasst. Aufgrund dieser Berechnungen und Untersuchungen kam die PKU zum Schluss, dass der damals angewendete kalkulatorische Verwaltungskostensatz von 22,5 Prozent nicht genüge. Sie schlug deshalb folgende Ergänzung von Artikel 92 Absatz 1 UVG vor: «Als unerheblich im Sinne von UVG Artikel 92 Absatz 1 gelten für die Versicherer nach UVG Artikel 68 gegenüber der SUVA höhere Zuschläge für Verwaltungskosten, soweit sie sich aufgrund der unterschiedlichen Portefeuillezusammensetzung sowie aufgrund von Strukturunterschieden ergeben.» Der im Sinne dieser Bestimmung zulässige Zuschlag sollte gemäss den Vorstellungen der PKU nach einer vom BSV zu genehmigenden Methode ermittelt und regelmässig überprüft werden.

In den 90er Jahren erfolgte zunehmend die Forderung nach mehr Wettbewerb unter den Versicherern. In der Empfehlung vom 23. September 1993 zur Tarifvorlage der PKU zur Änderung der Prämiensätze der obligatorischen Versicherung der Nichtberufsunfälle nach UVG auf den 1. Januar 1994 hält die Preisüberwachung unter andern fest8, dass grundsätzlich aus ihrer Sicht im Bereich UVG mehr Wettbewerb erwünscht wäre. Sie schlug vor, die PKU könnte dem BPV eine Nettoprämie zur Genehmigung vorlegen und die Gestaltung der Verwaltungskostenzuschläge den einzelnen Gesellschaften überlassen.

Aufgrund der letztgenannten Empfehlung der Preisüberwachung vergrösserte der Bundesrat am 15. Dezember 1997 den Spielraum der anderen Versicherer gemäss Artikel 114 Absatz 2 UVV. Seither dürfen die Zuschläge für die Verwaltungskosten der Versicherer nach Artikel 68 UVG höchstens 15 Prozentpunkte höher sein als jene der SUVA. Diese Änderung gewährt den Versicherern bei der Kalkulation der Zuschläge auch einen grösseren Spielraum nach unten. Da der Verwaltungskostenzuschlag der SUVA seit 1999 bei 12 Prozent der Nettoprämien liegen, beträgt die Höchstgrenze zurzeit 27 Prozent der Nettoprämien.

Um zu verhindern, dass einzelne Prämienzahler benachteiligt werden, hat das BSV am 20. Dezember 1999 eine Weisung erlassen, wonach die Differenz zwischen den Verwaltungskostenzuschlägen innerhalb der gleichen Gesellschaft auf keinen Fall 15 Prozentpunkte übersteigen dürfe und der Verwaltungskostenzuschlag, wenn er unter jenem der SUVA liegt, den effektiven Verwaltungskosten des
jeweiligen Vertrages entsprechen müsse. Nachdem die Versicherer die gesetzliche Grundlage dieser Weisung in Frage gestellt hatten, hat das BSV diese aufgehoben.

Die Kommission hält es für zeitgemäss, den Versicherern einen grösseren Spielraum in der Preisgestaltung zu gewähren. Die Beeinflussung des Wettbewerbs unter Versicherern durch den Verwaltungsrat einer öffentlich-rechtlichen Anstalt, die zudem noch über ein Teilmonopol verfügt, ist nach ihrer Ansicht unhaltbar. Sie sieht aber die Gefahr, dass bei Aufhebung der Bindung an den SUVA-Tarif die Versicherer dazu übergehen könnten, Grosskunden sehr tiefe, kleinen und mittleren Unternehmen dafür umso höhere Verwaltungskostenzuschläge zu verrechnen. Es gilt nämlich zu beachten, dass der Verwaltungskostenzuschlag der Versicherer nach Artikel 68 UVG nicht nur unter den Versicherern, sondern auch innerhalb derselben Versicherungsgesellschaft variieren kann. Im Unterschied zur SUVA wenden die anderen UVG-Versicherer keinen einheitlichen Zuschlag für die Finanzierung der Verwal7 8

Zuschlag für die Verwaltungskosten in der obligatorischen Unfallversicherung (UVG), Arbeitspapier der PKU vom 18. Juni 1993.

Empfehlung der Preisüberwachung vom 23. September 1993, Seite 4.

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tungskosten innerhalb der jeweiligen Gesellschaft an; vielmehr erheben sie unterschiedliche Zuschläge je nach versichertem Betrieb. Einige Versicherer wehren sich gegen die Einschränkung ihrer Preisgestaltung.

Um zu verhindern, dass kleine und mittlere Betriebe und deren Arbeitnehmer benachteiligt werden, muss eine Regelung erfolgen, wonach innerhalb der gleichen Versicherungsgesellschaft keine erheblichen Unterschiede zwischen den maximalen und den minimalen Verwaltungskostenzuschlägen bestehen dürfen. Wenn die Koppelung an die SUVA-Prämienzuschläge gestrichen wird, soll es daher dem Bundesrat vorbehalten werden, nicht nur die Höchstansätze für die Zuschläge für die Verwaltungskosten zu bestimmen, sondern auch die Spanne der zwischen dem maximal und dem minimal verlangten Prämienzuschlag innerhalb derselben Gesellschaft.

Gemäss dem heute geltenden System (Art. 114 Abs. 2 UVV) gilt jede Differenz zwischen den Prämienzuschlägen von mehr als 15 Prozentpunkten als erheblich, weshalb derselbe Versicherer nicht für die Versicherung des einen Betriebes Verwaltungskosten von 27 Prozent der entsprechenden Nettoprämie und für die Versicherung eines anderen Betriebs einen Zuschlag von weniger als 12 Prozent erheben kann. Wenn dieser Versicherer dagegen einen maximalen Prämienzuschlag für die Verwaltungskosten von 23 Prozent auf den Nettoprämien erhebt, ist es zulässig, dass er für gewisse Betriebe einen Zuschlag von nur 8 Prozent auf den Nettoprämien erhebt.

Im Sinne der Förderung des Wettbewerbs unter den Versicherern und der Schaffung einer klaren gesetzlichen Grundlage für die minimalen Verwaltungskostenzuschläge beantragt die Kommission, einerseits die Bindung der Verwaltungskostenzuschläge an die SUVA aufzugeben, anderseits dem Bundesrat die Kompetenz zu geben, die Spanne zwischen maximalem und minimalem Zuschlag innerhalb derselben Gesellschaft festzulegen.

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Erläuterungen zu den einzelnen Änderungen

Die vorgeschlagene Änderung von Artikel 92 Absatz 1 UVG ermöglicht es den Versicherern, welche die obligatorische Unfallversicherung durchführen, für die beiden obligatorischen Versicherungszweige je eine vom jeweiligen Risiko unabhängige Minimalprämie zu erheben. Die bisherige Praxis der Versicherer nach Artikel 68 UVG wird gesetzlich verankert. Damit soll auch bei geringen Lohnsummen eine einfache und gerechte Aufteilung der Risiko- und der Verwaltungskosten auf die verschiedenen Risikogruppen gewährleistet werden. Der Vorbehalt der Artikel 87 und 88 Absatz 2 kann bei dieser Gelegenheit gestrichen werden, da er selbstverständlich ist und zu keiner Klärung dient.

Da die Erhebung einer Minimalprämie von der üblichen Prämienberechnung abweicht, wird es dem Bundesrat übertragen, zur Verhinderung von Missbräuchen eine obere Grenze für die Minimalprämie festzulegen.

Die vorgeschlagene Änderung von Artikel 92 Absatz 1 UVG ermöglicht es auch, den Wettbewerb unter den Versicherern zu fördern und eine klare gesetzliche Grundlage für die minimalen Verwaltungskostenzuschläge zu schaffen.

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In Artikel 92 Absatz 7 kann der erste Satz weggelassen werden, da er ­ insbesondere wenn der Vorbehalt der Artikel 87 und 88 Absatz 2 in Artikel 92 Absatz 1 weggelassen wird ­ nicht zutrifft. Zudem können vom Bundesrat zum Beispiel keine Höchstsätze für einen Zuschlag für die Teuerungszulagen festgesetzt werden, da dieser die nicht durch Zinsüberschüsse gedeckten Teuerungszulagen decken muss (vgl.

Art. 90 Abs. 3 UVG).

In der Praxis erheben die Versicherer nach Artikel 68 UVG keinen einheitlichen Prämienzuschlag innerhalb der jeweiligen Gesellschaft. Sie verwenden vielmehr je nach versichertem Betrieb unterschiedliche Zuschläge. Um zu verhindern, dass einzelne Prämienzahler dadurch benachteiligt werden, soll der Bundesrat nicht nur die maximalen Zuschläge festlegen können, sondern auch die Spanne zwischen dem maximalen und dem minimalen Prämienzuschlag innerhalb derselben Gesellschaft.

4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Für den Bund und die Kantone haben die vorgeschlagene Änderungen keine finanziellen und personellen Auswirkungen.

Da wie bisher die einzelnen Zweige der Versicherung nur kostendeckend betrieben werden dürfen, ist keine Erhöhung des gesamten Prämienvolumens zu erwarten.

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Verhältnis zum europäischen Recht

In der Europäischen Union besteht ­ gestützt auf Artikel 42 EG-Vertrag ­ ein Koordinationssystem für die nationalen Systeme der Sozialen Sicherheit (Verordnung EWG Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit und Durchführungsverordnung EWG Nr. 574/72). Im Rahmen des Freizügigkeitsabkommens hat sich die Schweiz gegenüber der EU verpflichtet, diese beiden Verordnungen ­ oder gleichwertige Vorschriften ­ anzuwenden. Die konkrete Ausgestaltung der nationalen Systeme der Sozialen Sicherheit bleibt jedoch auch unter dem Koordinationssystem weiterhin den einzelnen Staaten überlassen, vorausgesetzt gewisse Grundprinzipien, insbesondere das Gleichbehandlungsgebot, werden eingehalten.

Dies ist bei den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen der Fall; sie sind damit mit dem europäischen Recht ohne weiteres vereinbar.

6

Rechtliche Grundlagen

6.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die vorgeschlagenen Änderungen stützen sich auf Artikel 117 der Bundesverfassung, der es dem Bund überträgt, im Bereich der Kranken- und Unfallversicherung zu legiferieren.

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6.2

Verhältnis zum ATSG

Die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG), das am 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist, sind auf die Unfallversicherung anwendbar. Das ATSG enthält keine Bestimmung, welche der Festlegung von Minimalprämien oder der Erhebung von unterschiedlichen Prämienzuschlägen für die Verwaltungskosten in der Unfallversicherung entgegenstünde; die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen stellen damit keine Abweichung vom ATSG dar.

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