Memorandum of Understanding (MoU) zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Kanada über die Rechtsstellung der Angehörigen des einen Staates im jeweils anderen Staat vom 1. Mai 2003

Dieses Memorandum of Understanding ist eine Absichtserklärung hinsichtlich der erzielten Verständigung zwischen den Delegationen der Schweiz und Kanadas (Parteien) über den Status des dauerhaften Aufenthalts für Staatsangehörige beider Parteien im jeweils anderen Staat.

Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung von Kanada halten fest, dass infolge der grundsätzlichen Unterschiede der einschlägigen Gesetzgebung der Parteien die volle Reziprozität in Bezug auf den Status des dauerhaften Aufenthalts nicht möglich ist. Deshalb sind sie übereingekommen, die Reziprozität im Rahmen ihrer nationalen Gesetzgebung so weit als möglich zu verwirklichen.

A. Herabsetzung der Niederlassungsfrist I

Status des dauerhaften Aufenthalts für kanadische Staatsangehörige in der Schweiz

1. Die Schweiz bemüht sich, kanadischen Staatsangehörigen, die seit fünf Jahren ununterbrochen als Jahresaufenthalter in der Schweiz wohnhaft sind, auf Gesuch hin eine Niederlassungsbewilligung gemäss Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (Ausweis C) zu gewähren.

Die Gesuche sind an die zuständigen Behörden des Kantons zu richten, in dem der Gesuchsteller wohnt. Diese Bewilligung gibt kanadischen Staatsangehörigen einerseits das bedingungslose und uneingeschränkte Recht zum Aufenthalt in der Schweiz und andererseits das Recht auf Wechsel des Wohnsitzes, des Arbeitgebers und des Berufs ohne Bewilligung sowie auch auf selbständige Erwerbstätigkeit, ausser in Berufen, die schweizerischen Staatsangehörigen vorbehalten sind. Die kanadischen Staatsangehörigen erhalten eine Niederlassungsbewilligung (Ausweis C), die nach der geltenden schweizerischen Gesetzgebung automatisch verlängert wird.

2. Vorübergehende Aufenthalte zu Studien- und Ausbildungszwecken (Stage) oder zum Zwecke medizinischer Behandlung werden bei der Berechnung der oben erwähnten Fünfjahresfrist nicht mitgezählt. Zudem wird diese Fünfjahresfrist durch Abwesenheiten von weniger als sechs Monaten nicht unterbrochen, wenn der kanadische Staatsangehörige während dieser Zeit den Mittelpunkt seiner familiären und beruflichen Interessen in der Schweiz beibehält; die Erfüllung der Militärdienstpflicht oder eines zivilen Ersatzdienstes unterbricht die Fünfjahresfrist ebenfalls

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Rechtsstellung der Angehörigen des einen Staates im jeweils anderen Staat.

Memorandum of Understanding mit Kanada

nicht. Die Dauer dieses Dienstes wird jedoch bei der Berechnung der erwähnten Fünfjahresfrist nicht berücksichtigt.

3. Das Recht auf die Niederlassungsbewilligung erlischt mit der Ankündigung der definitiven Ausreise aus der Schweiz oder nach einer Abwesenheit von mehr als sechs Monaten. Wird vor Ablauf der sechs Monate ein Gesuch gestellt, so kann diese Frist bis auf zwei Jahre verlängert werden.

II

Status des dauerhaften Aufenthalts für schweizerische Staatsangehörige in Kanada

1. Schweizerische Staatsangehörige können auf dem Visumbüro der kanadischen Botschaft in Paris direkt ein Einwanderungsvisum und eine Daueraufenthaltsbewilligung in Kanada beantragen, ohne vorgängig eine Bewilligung zum vorübergehenden Aufenthalt zu benötigen. Kanada behandelt diese Gesuche nach der geltenden, im beigelegten Dokument näher beschriebenen kanadischen Gesetzgebung.1 2. Ein als Einwanderer zugelassener schweizerischer Staatsangehöriger erhält gemäss dem im beigelegten Dokument beschriebenen Verfahren eine Daueraufenthaltsbewilligung.2 3. Der Status des dauerhaften Aufenthalts gibt einem schweizerischen Staatsangehörigen einerseits das bedingungslose und uneingeschränkte Recht zum Aufenthalt in Kanada und andererseits das Recht auf Wechsel des Wohnsitzes, des Arbeitgebers und des Berufs ohne Bewilligung sowie auf selbständige Erwerbstätigkeit. Sobald ihm der Status des dauerhaften Aufenthalts zuerkannt wird, hat er einen Anspruch auf die «carte de résident permanent» (CRP), sofern er die in der kanadischen Gesetzgebung aufgeführten Voraussetzungen erfüllt. Die «carte de résident permanent» ist fünf (5) Jahre gültig und kann so lange alle fünf Jahre erneuert werden, bis der Inhaber entweder die kanadische Staatsbürgerschaft erwirbt oder seinen Wohnsitz in Kanada aufgibt.

4. Unter Vorbehalt der geltenden kanadischen Gesetzgebung kann das Recht auf dauerhaften Aufenthalt beendet werden, wenn sich die Person, die diesen Status innehat, anlässlich eines oder mehrerer Auslandaufenthalte innerhalb einer Fünfjahresperiode während mehr als siebenhundertdreissig (730) Tagen ausserhalb Kanadas aufhält.

B. Erleichterungen für gewisse Kategorien von Personen I

Einleitung

Die Schweiz bemüht sich, gewissen Berufsgruppen einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren. Mit der Änderung der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer im Jahre 1998 ist das Drei-Kreise1

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Eine Zusammenfassung des kanadischen Rechts steht beim Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung (IMES), Quellenweg 9, 3003 Bern, zur Verfügung.

Siehe Fussnote 1

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Rechtsstellung der Angehörigen des einen Staates im jeweils anderen Staat.

Memorandum of Understanding mit Kanada

Modell durch ein duales Rekrutierungssystem ersetzt worden. Gemäss diesem Modell können Angehörige von Staaten, die nicht der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation angehören, zugelassen werden, wenn sie gut qualifiziert sind und wenn besondere Gründe eine Ausnahme rechtfertigen. Da Kanada ein traditionelles Rekrutierungsland für schweizerische Unternehmen ist, werden in der Praxis auf informellem Weg weiterhin erleichterte Zulassungsbedingungen gewährt.

II

Status der kanadischen Staatsangehörigen in der Schweiz

1. Die Schweiz bemüht sich, kanadischen Staatsangehörigen nach der schweizerischen Ausländergesetzgebung eine Jahresaufenthaltsbewilligung oder eine Kurzaufenthaltsbewilligung zu gewähren. Deshalb können Personen der folgenden Berufskategorien auch dann um eine Aufenthaltsbewilligung ersuchen, wenn sie das von der schweizerischen Ausländergesetzgebung geforderte Kriterium der guten Qualifikation in bestimmten Fällen nicht erfüllen: Spitzensportler, Trainer von Sportklubs, junge Leute als Aupair, Inhaber eines Universitätsdiploms ohne berufliche Erfahrung, Missionare anerkannter Kirchen, im Kulturbereich Tätige sowie Berufstätige aus dem Gesundheitsbereich.

2. Für den (innerbetrieblichen) Transfer von Kaderpersonen, Geschäftsführern und Spezialisten bleiben die multilateralen Verpflichtungen im Rahmen der WTO (insbesondere diejenigen, die sich aus dem Allgemeinen Abkommen über den Dienstleistungsverkehr / GATS ergeben) massgebend. Der Zugang zum Arbeitsmarkt auf diesem Gebiet ist auf multilateraler Ebene im Rahmen des GATS liberalisiert worden.

III

Status der schweizerischen Staatsangehörigen in Kanada

Kanada behandelt die Gesuche von schweizerischen Staatsangehörigen, die um eine vorübergehende Aufenthaltsbewilligung ersuchen, nach der geltenden, im beigelegten Dokument beschriebenen kanadischen Gesetzgebung.3

C. Rechtsstatus Dieses MoU ist nicht dazu bestimmt, rechtliche Verpflichtungen zu schaffen; zudem ändert oder ersetzt es keine in der Schweiz oder in Kanada geltenden Gesetze und Verordnungen. Es schafft keinerlei Rechtsansprüche, die von Privatpersonen durchgesetzt werden können, und es auferlegt weder den gesetzgebenden noch den richterlichen Behörden der beiden Parteien irgendwelche Verpflichtungen oder Einschränkungen. Überdies kann die Wirksamkeit dieses MoU bei Einhaltung einer ordnungsgemässen Ankündigungsfrist von neunzig (90) Tagen ausser Kraft gesetzt werden, falls die eine Partei zum Schluss kommt, die andere bemühe sich nicht ernsthaft genug darum, es in die Praxis umzusetzen. Vor Ablauf dieser neunzig (90) Tage unterbreitete Gesuche werden im Rahmen dieses Memorandums behandelt.

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Eine Zusammenfassung des kanadischen Rechts steht beim Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung (IMES), Quellenweg 9, 3003 Bern, zur Verfügung.

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Rechtsstellung der Angehörigen des einen Staates im jeweils anderen Staat.

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Abgeschlossen in Bern am 1. Mai 2003, in zwei Exemplaren in französischer und englischer Sprache, von denen beide gleichermassen verbindlich sind.

Für den Schweizerischen Bundesrat:

Für die Regierung von Kanada:

Ruth Metzler-Arnold

Jean-Paul Hubert

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