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Aus den Verhandlungen des schweizerischen Bundesrathes.

(Vom 3. Ianuar 1855.)

Der schweiz. Generalkonsul in L e i p z i g übersandte dem Bundesrathe, mit Zuschrift vom 28. v. Mts., seinen Jahresbericht, von welchem der auf den H a n d e l und V e r l e h r bezügliche Theil hier gegeben wird: ,,Die ·t.'andelsbeztehungen der Schweiz zu Sachsen und den deutschen ZollvereinsPaaten find im Laufe des verflossenen Jahres, unter dem Druke der allgemeinen kritischen Verhältnisst leidend, geringer gewesen als gewöhnlich. Weniger die politischen Zustände, an deren Ungewißheit man an g ef.innen hat fich zu geroohnen, als die .-Theurung aller i'cbniömittel, die immer noch eher im Zunehmen als im .älunehmen begriffen ist, haben .hemmend auf Handel und ·.Öerkehr gen.nrft,, Der Konfumo von Fabrikaten aller Art, und ganz besonders von L u x u s a r t i k e l n , hat sich auf das Allernothwendigjte beschränkt, und da die Produktion mit der so bedeutend verminderten Konsumation leider nicht gleichen Schritt gehalten hat, so ist dadurch Uebersührung der Märkte entstanden, was fchlechte ©efchäfte aller Art nach fich zog.

Oft find Verkäufe von Manufakten gemach! worden, deren Preise kaum das Rohmaterial dekten.

,,Die hiesigen ..Oicsscn, deren Wichtigkeit auch für den schweizerischen Handel aus der fortwahrenden Zunahme der dieselben immer zahlreicher besuchenden Schweizer* fabrifanten deutlich hervorgeht, find schlechter gewesen als in den Iahren 1848 und 1849.

46 ,,Als ein besonders günstiger Umstand mußte betrachtet werden, daß in den Monaten Oftober und November in den von den Russen geräumten Fürstenthümern, fo wie auch in einigen Theilen Polens, großer unerwarteter Bedarf für Seidenwaaren sich zeigte, fo daß manches StükSchmeiÜerwaare nach jenen Gegenden zu ziemlich lohnenden Preisen Absaz fand.

,,Die .Eariffrage ist dieses Iahr unberührt gelassen worden. Bei der Zollvereinäkonferenz in D arm stadi soll zwar eine Tariferhöhung von den füDdeutschen Staaten wie gewohnlich zur Sprache gekommen und meriwürdigeroeife in einigen Punkten auch von Sachsen «nterstüjt worden sein. Durch den Beitritt H a n n o v e r s zum Zolloerein ist jedenfalls ein entschiedener Gegner aller Prohibitivmaßregeln gewonnen worden, und es steht zu erwarten, daß der bestehende Vereinstarif eine Veränderung sobald nicht erleiden dürfte.

,,In Anbetracht der anhaltenden Theurnng aller Lebenssnittcl, ist in Darmstadt die zollfreie Einfuhr von Getraide und Hülsenfrüchten bis Ende Iuni 1855 verlängert worden, eine Maßregel, die jedoch den damit beabsichtigten Zwef, nur wohlfeileres Brot zu verfchajfen, schwerlich erreichen, weit eher (abgesehen von dem eigentlich Niemanden zu gut kommenden Ausfall in den Vereinskasscn) nur dazu dienen dürfte, einige Spekulanten au bereichern. Weit zwekmäßiger würde man eine gänzliche Aufhebung aller, den Binnenverkehr hemmenden Maßregeln und Beschränkungen, den .ipandel {n Getraice und Lebensrnitteln betreffend, erachtet haben. Die allgemeine öffentliche Meinung in hiesigen Landen spricht sich unumwunden dahin aus, daß der Kornvertheurnng nicht zwekmäßiger und besser entgegen getreten werden !ann, als durch ein gänzliches Freigeben des Kornhan-

47 t>els, durch ein Aufhören aller polizeilichen Beschränhingen, in der Weise, da§ Ieder in Getraide und Lebensmitteln Geschäfte nach seinem Gutdünken machen und in diefer Branche sich ganz frei bewegen könnte, ohne Gefahr zu laufen, von vorn herein als Kornwucherer verfchrieen zu werden.

,,Die diejjjährige Aernte in Norddeutfchland ist übrigens in Quantität weniger ergiebig ausgefallen, als man beim Beginne derselben vermuthete, und es stellt sich ziemlich klar heraus, daß bei einer mittelmäjngm Aerate Deutschlands Norden ohne fremde Zufuhr seinen Bedarf zu deken außer Stand ist. Da nun nirgends Vonath von altem Getraide vorhanden ist, Rußlands Kornkammern vor der Hand verschlossen bleiben, Amerika auch nicht (.rportirt, so steht zu befürchten, daß wir noch geraume Zeit theures Brot haben werden.

"Wie überall, fo wird auch in den nördlichen Sollvercinsftaaten gemünztes Silber immer seltener; die von einigen Seiten angeregte Ibee, die (Soldvaluta gefezllch einzuführen und die Goldsorten p tarifiren, findet jedoch wenig oder gar feinen Anklang. Gold soll eine Waare bleiben, die zu nehmen oder zu verweigern Jedem freistehen muß. Also äußert sich in setner großen Majorität Deutfchlands Handelsstand.

,,Auf eine für Zeiten des Kriegs u. s. ». höchst beunruhigende Weise nimmt in allen norddeutschen Staa* ten die Kreation von Papiergeld unter allen erdenklichen !§ormen und in solchem Grade zu, daß Preußen mit dem Gedanken umgeht, diefem Unfug Einhalt zu thun, und in feinen Staaten einen großen Theil der in vielen Millionen zirkulirenden fremden Papiergelder gesejlich zu verbieten. Früher oder später wird dieses künstliche Zahlungsmittel auch versuchen, sich nach der Schweiz

48 einen Weg zu bahnen, und es ist sehr zu wünschen, daß von vorn herein von Seite der Schweiz Maßregeln getroffen werden möchten, um diesen Weg zu versperren.

,,Auf alle Geschäfte und Verkehrsverhältnisse üben die Eisenbahnen je länger je mehr den allerwohlthajigsten Einfluß aus, und es gehört zu den merkwürdigen Erscheinungen unserer Zeit, daß, je mehr Bahnen entstehen und je mehr das Eifenbahnnez sich auedehnt, um so mehr der Verkehr zunimmt. Auf den meisten Bahnen haben, des beispiellos schlechten Geschäftsganges ungeachtet, die Einnahmen in diesem Iahre gegen voriges Iahr abermals bedeuten.... zugenommen. Im Allgemeinen rentirett diejenigen Bahnen, die fich in Händen von Privaten befinden, der hohen Steuern und Abgaben ungeachtet, weit besser, als jene die vom Staate verwaltet werben; was eine« sprechenden -.-Beweis liefert, daß der Sîaat keine Industrie treiben und den fo wichtigen Zweig derselben (die Eisenbahnen) der Pnaatindustrie überlassen soll.

,,..Dennoch herrscht in P r e u ß e n und Sachsen dit.entgcgengcsezte Meinung, und es suchen die Regierungen beider Staaten, die Privatbahnen an fich zu bringen.

So hat z. B. die sächfifche Regierung der S e i p z i g Dresden-©ese(lschaft für eine Aktie von 100 Thalern 200 ...thälcr in 4 % SJaatspapieren geboten, ein Angebot, das von der zu diesem Behwfe in voriger Woche abgehaltenen Generalversammlung mit 4200 Stimmen gegen 25, welch' lejtere die Bahn an den Staat verkaufen wollten, verworfen worden ist.

,,Die österreichische Regierung bagegen hat durch den Verkauf ihrer Staatsbahnen an eine franzofìfche Ocfellschaft auf eine unzweideutige Weife zu erkennen gegeben, daß sie es dem fiaatswirthschaftlichen Interesse für an»

49 gemessen erachtet, die Efsenbahnindustrie der Privatspekulation zu überlassen.

(Vom 8. Ianuar 1855.)

Auf den Bericht des schweiz. Post- und Baudepartements über die postalischen Verhältnisse der Gemeinde S a u p e n , Kts. Bern, hat der Bundesrath die Errichtung eines Postbureau in genanntem Orte, wo bisher .nur eine Postablage w a r , beschlossen, und zugleich den Gehalt des dortigen Posthalters ' auf gr. 300 sestgesezt.

, (Vom 10. Ianuar 1855.)

Der schweiz. Konsul in Marseille meldet in seinem, ßnb 5. d. Mts. an den Bundesrath eingesandten Jahresberichte unter Anderm, daß im leztoerflossenen Iahre, besonderi... im Anfang desselben, die Auswanderung nach A l g i e r fehr stark gewesen sei, so daß gegenwärtig mehrere hundert Schweizer dort als Kolonisten fich befinden; allein die Urbarmachung des Bodens falle Vielen von ihnen fehr fchwer, und die verderblichen Fieber feien im genannten Lande ziemlich häufig, weßnahcn denn auch nicht Wenige der Emigranten wieder in ihre Heiinath zuriikkehren.

Herr 8. I. B o u s q u e t in Ehaney, Kts. ©enf, ist zum Pulververkäufer an gedachtem Orte patentirt worden.

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