03.013 Botschaft zum Bundesgesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung (Öffentlichkeitsgesetz, BGÖ) vom 12. Februar 2003

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen einen Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 1998 M 97.3083 1998 M 97.3110 1998 P

97.3384

1993 P

91.3303

Einführung des Öffentlichkeitsprinzips mit Geheimhaltungsvorbehalt (N 20.3.98, Hess Peter; S 1.10.98) Verankerung des Öffentlichkeitsprinzips. Erlass eines Informationsgesetzes (N 20.3.98, Vollmer; S 1.10.98) Öffentlichkeitsprinzip in der Bundesverwaltung (N 20.3.98, Geschäftsprüfungskommission NR; S 1.10.98) Einführung des Öffentlichkeitsprinzips mit Geheimhaltungsvorbehalt (N 3.6.93, Hess Peter)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. Februar 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2002-2542

1963

Übersicht Mit dem Öffentlichkeitsgesetz wird die Transparenz der Verwaltung gefördert, indem künftig jeder Person das Recht zustehen wird, Einsicht in Dokumente der Bundesbehörden zu nehmen.

Ausgangslage und Zielsetzung der Vorlage Bisher gilt für die Bundesverwaltung der Geheimhaltungsgrundsatz. Ein Anspruch auf Zugang zu amtlichen Dokumenten besteht heute nur in bestimmten Fällen und unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. Akteneinsichtsrecht im Verwaltungsverfahren) bzw. soweit einzelne Informationen durch das Gesetz als zugänglich erklärt werden (z.B. Recht auf Einsicht in Stellungnahmen, die im Rahmen einer Vernehmlassung abgegeben wurden). Im Übrigen obliegt es weitgehend dem freien Ermessen der Behörden, ob sie Informationen oder Dokumente zugänglich machen oder nicht.

Das neue Öffentlichkeitsgesetz bringt den Wechsel vom Grundsatz der Geheimhaltung zum Öffentlichkeitsprinzip. Jeder Person wird ein durchsetzbares Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten zustehen. Dieses Recht kann zum Schutz überwiegender öffentlicher oder privater Interessen eingeschränkt werden. Wenn die Behörden das Recht auf Zugang einschränken, müssen sie angeben, auf welche Rechtsgrundlage sie sich dabei stützen.

Inhalt der Vorlage Das Öffentlichkeitsprinzip gilt für die Bundesverwaltung sowie für Organisationen, die öffentliche Aufgaben erfüllen (z. B. SBB, Post, SUVA, Pro Helvetia, Schweizerischer Nationalfonds), soweit diese Organisationen Verfügungskompetenzen besitzen.

Das Recht auf Zugang besteht, ohne dass besondere Interessen geltend gemacht werden müssen. Die Ausnahmen, die eine Beschränkung, einen Aufschub oder eine Verweigerung der Einsichtnahme ermöglichen, werden im Gesetz abschliessend aufgezählt. Überwiegende öffentliche Interessen bestehen beispielsweise dann, wenn die freie Meinungs- und Willensbildung einer Behörde durch eine vorzeitige Bekanntgabe amtlicher Dokumente beeinträchtigt würde oder wenn durch die Zugänglichkeit die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz gefährdet würde. Überwiegende private Interessen liegen beispielsweise dann vor, wenn die Privatsphäre wesentlich beeinträchtigt bzw. ein Berufs-, Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnis offenbart würde. Bisher bestehende spezialgesetzliche Regelungen sind ausdrücklich vorbehalten (z.B. Bankgeheimnis, Steuergeheimnis).

Der Gesetzesentwurf
sieht für den Zugang zu amtlichen Dokumenten ein einfaches und rasches Verfahren vor. Wenn die Gewährung des Zugangs mehr als einen geringfügigen Aufwand verursacht, können Gebühren erhoben werden. Wird der Zugang nicht oder nicht im verlangten Umfang gewährt, so kann sich die gesuchstellende Person an eine Schlichtungsstelle wenden. Kommt keine Einigung zustande, so steht das ordentliche Verfahren ­ Erlass einer Verfügung durch die Behörde, die vor einer gerichtlichen Instanz angefochten werden kann ­ offen.

1964

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Aktuelle Praxis des Zugangs zu Informationen

1.1.1.1

Auf Bundesebene

Das Handeln der Verwaltung ist grundsätzlich geheim, unter Vorbehalt von Ausnahmen. Der Bürger oder die Bürgerin verfügen über kein generelles Recht, Informationen über die gesamte Verwaltungstätigkeit zu erhalten1. Die Informationsfreiheit, garantiert in Artikel 16 BV2, verleiht einzig das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren. Das Bundesgericht hat den Grundsatz der Nicht-Öffentlichkeit der Verwaltung aus der Schweigepflicht der Bundesbediensteten (heute Art. 22 Bundespersonalgesetz3) und aus Artikel 320 Strafgesetzbuch4, welcher die Verletzung des Amtsgeheimnisses unter Strafe stellt, abgeleitet. Sowohl das Fehlen eines subjektiven allgemeinen Rechts auf Information als auch der Grundsatz der Nicht-Öffentlichkeit der Verwaltung werden in der Lehre heftig kritisiert5.

Der Grundsatz der Geheimhaltung lässt jedoch verschiedene Ausnahmen zu, so dass ein Teil der Lehre die Behauptung, wonach für die Verwaltung das Geheimhaltungsprinzip gelte, als zu kategorisch ablehnt6. In der Tat bestehen verschiedene Regeln, welche in zwei Kategorien unterteilt werden können: Die eine gewährt 1 2 3 4 5

6

BGE 104 Ia 88, bestätigt und präzisiert in BGE 107 Ia 304. Siehe auch BGE 113 Ia 309.

Ohne andere Angabe wird im vorliegenden Text auf die Bundesverfassung vom 18. April 1999 Bezug genommen.

SR 172.220.1 (bis 1.1.2001 Art. 27 Beamtengesetz, SR 172.221.10).

SR 311.0.

Mahon, P., L'information par les autorités, ZSR, 1999, Band II, S. 275 ff.; Barrelet, D., Droit de la communication, 1998, Rz 88 ff., S. 26 f. und Rz 937, S. 265; Breitenmoser, S./Uebersax, P., Information, Medien und Demokratie: die Rechtslage in der Schweiz, in: Hofmann, R. et al., Information, Medien und Demokratie, 1997, S. 315 und 350 ff.; Barthe, C., Zur Informationstätigkeit der Verwaltung unter besonderer Berücksichtigung des Umweltschutzgesetzes des Bundes, 1993, S. 60 ff.; Seiler, H., Die (Nicht-)Öffentlichkeit der Verwaltung, Zeitschrift für Schweizerisches Recht I, 1992, S. 415 ff.; Moor, P., Droit administratif, Band II, 1991, Ziff. 2.2.5.7, S. 169; Rossinelli, M., Les libertés non écrites, Lausanne, 1987, S. 190 ff.; Müller, J. P., in: Aubert, J.-F. et al., Kommentar zur Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft, Band III, Ausführungen zur Informationsfreiheit, 1986, Rz 38 ff.; Cottier, B., La publicité des documents administratifs, 1982, S. 187 f.; Saladin, P., Grundrechte im Wandel, 1982, S. XXVII f. und 137 ff.; Barrelet, D., Le droit du journaliste à l'information, SJZ, 1979, S. 69. Schweizer, R., Entwicklungen im Recht auf Zugang zu Verwaltungsinformationen, Medialex, 1995, S. 77 f. erinnert an die Vorteile des Prinzips der Geheimhaltung, nicht ohne auch die Nachteile darzulegen.

Schweizer, R./ Burkert, H., Verwaltungsinformationsrecht: Allgemeiner Überblick, in: Koller, H. et al., Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht: Informations- und Kommunikationsrecht, 1996, S. 20, Rz 49; Kettiger, D., Das Öffentlichkeitsprinzip in der neuen Bundesverfassung: Ein Beitrag zur Volksdiskussion, LeGes, 1996, Band 1, S. 48; Seiler, H., Die (Nicht-)Öffentlichkeit der Verwaltung, Zeitschrift für Schweizerisches Recht I, 1992, S. 427; Cottier, B., La publicité des documents administratifs, 1982, S. 187 f; vgl.

jüngst auch Rhinow, R.: Die Bundesverfassung 2000, Basel 2000, S. 121.

1965

ein generelles Recht auf Zugang, jedoch auf eine Kategorie von Dokumenten beschränkt; die andere gewährt nur unter gewissen Voraussetzungen ein Recht auf Zugang und darüber hinaus nur für einen bestimmten Personenkreis. Daraus kann indessen nicht geschlossen werden, der Grundsatz der Öffentlichkeit gelte bereits heute in der Verwaltung: Die Ausnahmen vermögen den Grundsatz der Geheimhaltung nicht aufzuheben. Bei der ersten Kategorie handelt es sich um besondere Bestimmungen, die einen generellen Zugang einzig für bestimmte Dokumente vorsehen: Informationsrechte im Zusammenhang mit der Ausübung politischer Rechte7; die Veröffentlichung von Erlassen und Verträgen (Publikationsgesetz8); das Ergebnis gewisser Expertisen (Art. 47 USG9); im Rahmen der Bundesvorschriften im Bauwesen öffentlich aufzulegende Pläne; Enteignungspläne (Art. 30 Enteignungsgesetz10); die Öffentlichkeit des Berichtes und der Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (Art. 9 Abs. 8 USG11); öffentliche Ausschreibung von Konzessionen im Bereich von Radio- und Fernsehen (Art. 12 Abs. 1 RTVG12), im Bereich der Nutzbarmachung der Wasserkräfte (Art. 60 Abs. 2 WRG)13 wie auch im Bereich der Telekommunikation (Art. 14 und 24 FMG14); öffentliche Register wie zum Beispiel das Handelsregister oder das Zivilstandsregister; die Veröffentlichung des Gesuches oder der beabsichtigten Verfügung, wenn wahrscheinlich zahlreiche Personen berührt sind oder sich die Parteien ohne unverhältnismässigen Aufwand nicht vollzählig bestimmen lassen (Art. 30a VwVG15); die öffentliche Ausschreibung innerhalb des Vergabeverfahrens im öffentlichen Beschaffungswesen (Art. 13 ff.

Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen16), etc.

Die zweite Kategorie betrifft zahlreiche Regeln, welche ein Recht auf Zugang einer Einzelperson, einem Personenkreis oder unter bestimmten Voraussetzungen gewähren. Zu denken ist in diesem Zusammenhang an das Recht auf Akteneinsicht, wie es aus Artikel 29 Absatz 2 BV abgeleitet wird und wie es in verschiedenen Verfahrensgesetzen verankert ist (zum Beispiel in Art. 26 f. VwVG17); an das Recht auf Zu-

7

8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Mahon, P., L'information par les autorités, ZSR, 1999, Band II, S. 230 ff.; Ramseyer, J., Zur Problematik der behördlichen Information im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen, 1992; Tschannen, P., Stimmrecht und politische Verständigung, 1995, S. 425; Barthe, C., Zur Informationstätigkeit der Verwaltung unter besonderer Berücksichtigung des Umweltschutzgesetzes des Bundes, 1993, S. 48 ff.

SR 170.512 SR 814.01 SR 711 SR 814.01 SR 784.40 SR 721.80 SR 784.10 SR 172.021 SR 172.056.1 SR 172.021

1966

gang Einzelner zu sie betreffenden Personendaten, welches sich aus der persönlichen Freiheit18 wie auch aus Artikel 8 EMRK19 ergibt und im Datenschutzgesetz20 gewährleistet ist; an die zahlreichen Bestimmungen betreffend die Informationsflüsse zwischen den Behörden, insbesondere die Amtshilfe; an das Recht auf Einsicht in das Grundbuch, sofern ein Interesse glaubhaft gemacht werden kann (Art. 970 Abs. 2 ZGB21), etc.

Das Fehlen eines subjektiven allgemeinen Rechts auf Information bedeutet indessen nicht, dass der Staat passiv bleiben darf. Die Verfassung verpflichtet den Bundesrat, die Öffentlichkeit rechtzeitig und umfassend über seine Tätigkeit zu informieren, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen (Art. 180 Abs. 2 BV). Namentlich Artikel 10 RVOG22 konkretisiert diese Verpflichtung, indem er es dem Bundesrat auferlegt, die Bundesversammlung, die Kantone und die Öffentlichkeit aktiv zu informieren (siehe auch Art. 34 und 40 RVOG). Vergleichbare Bestimmungen finden sich auch in anderen Bereichen, beispielsweise in Artikel 6 USG23. Diese Bestimmungen verleihen dem Einzelnen jedoch kein individuelles Recht auf Information.

1.1.1.2

Auf Ebene der Kantone

Heute kennen die Kantone Bern, Solothurn und Genf ein generelles Recht auf Zugang, welches jeder Person ein uneingeschränktes Recht auf Einsicht in amtliche Akten verleiht, sofern keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen. Dabei muss kein Interesse nachgewiesen werden.

Artikel 17 Absatz 3 der Verfassung des Kantons Bern verankerte erstmals in der Schweiz den Grundsatz der Öffentlichkeit der Verwaltung mit Geheimhaltungsvorbehalt. Diese Bestimmung wird durch das Gesetz vom 2. November 199324 über die Information der Bevölkerung und durch die dazugehörige Verordnung konkretisiert.

Im Kanton Genf ist am 1. März 2002 das Gesetz über die Information der Öffentlichkeit und den Zugang zu Dokumenten (Loi sur l'information du public et l'accès aux documents) vom 5. Oktober 200125 in Kraft getreten. Im Kanton Solothurn wurde am 2. Dezember 2001 das Informations- und Datenschutzgesetz vom 21. Februar 2001 vom Volk angenommen. Das Parlament des Kantons Waadt hat am 24. September 2002 ein Informationsgesetz (Loi sur l'information)26 verabschiedet; das Parlament des Kantons Jura hat am 4. Dezember 2002 das Gesetz über die 18

19 20 21 22 23 24 25 26

Mahon, P., L'information par les autorités, ZSR, 1999, Band II, S. 283 ff.; Barrelet, D., Droit de la communication, 1998, Rz 97, S. 29; Schweizer, R., Entwicklungen im Recht auf Zugang zu Verwaltungsinformationen, Medialex, 1995, S. 81; Walter, J.-P., La protection de la personnalité lors du traitement de données à des fins statistiques: en particulier, la statistique officielle fédérale et la protection des données personnelles, 1988, S. 22.

BGE 122 I 153 SR 235.1 SR 210 SR 172.010 SR 814. 01 BSG 107.1 RS A 2 08 Feuille des Avis Officiels Nr. 80, S. 3 ff.

1967

Information und den Zugang zu amtlichen Dokumenten (Loi sur l'information et l'accès aux documents officiels) beschlossen27. Diese vier Erlasse führen ein allgemeines Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten ein.

Im Kanton Tessin wurde am 18. Juni 2001 ein Vorprojekt zu einem Gesetz über den Zugang zu amtlichen Dokumenten und über die Information der Öffentlichkeit (avamprogetto di Legge sulla pubblicità dei documenti amministrativi e sull'informazione del pubblico) vorgelegt, eine Vernehmlassung dazu wurde Ende 2001 durchgeführt.

Im Kanton Neuenburg wurde das Öffentlichkeitsprinzip in der neuen Kantonsverfassung verankert, die am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist. Auch die neuen Verfassungen der Kantone Schaffhausen und St.Gallen führen das Öffentlichkeitsprinzip ein28.

Einzelne Kantone haben die Informationsfreiheit zwar zu einem Recht auf Information ausgedehnt, wobei allerdings der Nachweis eines schutzwürdigen Interesses verlangt wird (Basel-Landschaft; Appenzell Ausserrhoden)29.

Die Kantone Zürich, Aargau und Wallis sind gegenwärtig im Begriff, die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips in ihre Rechtsordnung zu prüfen.

1.1.1.3

Auf internationaler Ebene

1.1.1.3.1

Einleitung

Zahlreiche Länder kennen das Öffentlichkeitsprinzip. Klassisches Beispiel ist Schweden, welches das Öffentlichkeitsprinzip vor mehr als zweihundert Jahren einführte. Auch Australien, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Grossbritannien, Neuseeland, Norwegen, Kanada, Irland, Ungarn, die Vereinigten Staaten von Amerika und Südafrika kennen das Öffentlichkeitsprinzip. Die EU hat für Ihre Organe im März 2001 ebenfalls eine entsprechende Regelung geschaffen und der Europarat hat Anfang 2002 eine Empfehlung betreffend den Zugang zu amtlichen Dokumenten verabschiedet (vgl. Ziff. 5.2 unten).

In den eingangs genannten Staaten besteht ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der zentralen Verwaltung und dezentralisierter Einheiten. Auch wenn der Umfang der Geheimhaltung von Land zu Land variiert, ist den verschiedenen Erlassen gemeinsam, dass sie grundsätzlich einen raschen, kostenlosen und einfachen Zugang garantieren. Bedeutsam ist auch, dass die Einsichtnahme in Dokumente nicht den Nachweis eines Interesses voraussetzt. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass mehrere Staaten ihre Erlasse über die Öffentlichkeit kürzlich modifiziert haben oder gegenwärtig im Begriff sind, dies zu tun. Diese Änderungen, oft im Zusammenhang mit der Notwendigkeit einer Anpassung des Rechts auf Zugang infolge der zunehmen27 28 29

Journal officiel Nr. 44, S. 737 ff.

Art. 47 Abs. 3 Verfassung des Kantons Schaffhausen vom 17. Juni 2002; Art. 60 Verfassung des Kantons St.Gallen vom 10. Juni 2001.

Die Verfassung des Kantons Basel-Landschaft verlangt kein besonderes schutzwürdiges Interesse für den Zugang zu Dokumenten, welche die Kompetenz des Parlaments betreffen (zur kantonalen Situation siehe die zitierten Referenzen in Mahon, P., L'information par les autorités, ZSR, 1999, Band II, S. 321 ff.).

1968

den Verbreitung elektronischer Dokumente, gehen alle in Richtung vermehrter Transparenz. In keinem Fall wurde das Öffentlichkeitsprinzip in Frage gestellt. Das belegt, dass dieses Prinzip in das Rechtsbewusstsein Eingang gefunden hat; eine Feststellung, die durch die Verabschiedung der erwähnten Empfehlung des Europarats zusätzlich gestützt wird. Dass sich in den ersten Jahren nach seiner Einführung die Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller in den meisten Ländern noch oft mit zurückhaltenden Reaktionen von Beamtinnen und Beamten konfrontiert sahen, welche weiterhin in einer Kultur der Geheimhaltung verhaftet blieben, ändert an diesem Befund nichts.

Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf eine kurze Darstellung von Beispielen aus fünf Staaten: Schweden, den Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich, Belgien und Kanada. Die Situation in der Europäischen Union wird weiter unten erörtert (vgl. Ziff. 5.2.2).

1.1.1.3.2

Schweden

In Schweden hat jede Person das Recht, Einsicht in amtliche Akten zu verlangen.

Sie muss dazu weder ihre Identität bekannt geben noch irgendwelche Gründe für ihr Begehren vorbringen. Die Amtsstellen haben, soweit das Dokument verfügbar ist, sofort Einsicht zu gewähren. Um die Zugänglichkeit zu erleichtern, sind alle Dokumente von der sie besitzenden Behörde zu registrieren.

Das Pressefreiheitsgesetz, welches das Öffentlichkeitsprinzip regelt, sieht Ausnahmen vor, wenn folgende Interessen durch eine Offenlegung gefährdet werden könnten: ­

die staatliche Sicherheit und die Beziehungen zu einem anderen Staat oder zu einer internationalen Organisation;

­

die Finanz- und Währungspolitik des Landes;

­

die amtlichen Massnahmen der Kontrolle und Überwachung;

­

die Wirtschaftsinteressen des Königreichs;

­

der Schutz der persönlichen Geheimsphäre und der privaten wirtschaftlichen Interessen;

­

die Notwendigkeit des Schutzes von Tier- und Pflanzenarten.

Diese Ausnahmeklauseln sind nicht direkt anwendbar. Sie sind vom Gesetzgeber in einem besonderen Gesetz zu konkretisieren. Entsprechend besteht ein äusserst detailliertes und häufig geändertes Geheimhaltungsgesetz.

Gegen die Ablehnung eines Einsichtsbegehrens oder die Einschränkung des Einsichtsrechts kann der ordentliche Rechtsweg eingeschlagen werden, oder die Angelegenheit kann dem Ombudsmann unterbreitet werden. Der ordentliche Rechtsweg führt in der Regel über das regionale Verwaltungsgericht, dessen Entscheid beim Obersten Verwaltungsgericht angefochten werden kann. Häufiger wird jedoch der Ombudsmann angerufen, der mit einer Empfehlung eine Lösung des Konflikts zu erreichen versucht.

1969

1.1.1.3.3

USA

Im Jahre 1966 wurde in den Vereinigten Staaten von Amerika mit dem Freedom of Information Act (FOIA) das Öffentlichkeitsprinzip eingeführt. Danach haben die Bundesbehörden Einsicht in Akten und andere Aufzeichnungen dokumentarischen Charakters wie Bild-, Ton- und Datenaufzeichnungen zu gewähren. Allgemeine Weisungen und wegleitende Entscheidungen sind in einem öffentlichen Raum zugänglich zu machen. Diese Unterlagen sind zudem in einem frei einsehbaren Register zu erfassen. Jede Person kann Einsicht verlangen.

Ausnahmen von der Zugänglichkeit sind vorgesehen im Interesse der nationalen Sicherheit und der Aussenpolitik sowie bezüglich der zum internen Gebrauch erstellten Akten und der unter dem Versprechen der Geheimhaltung erhaltenen Informationen. Ebenfalls ausgeschlossen ist die Einsichtnahme dort, wo die Gesetzgebung ausdrücklich die Geheimhaltung verlangt oder soweit sie Kriterien festlegt, die eine Freigabe ausschliessen. Für die Einsichtnahme, Nachforschungen und die Erstellung von Kopien können Gebühren erhoben werden, die nach dem Verwendungszweck abgestuft sind. Über Einsichtsgesuche ist innerhalb von zwanzig Tagen zu entscheiden. Nach der Rechtsprechung kann allerdings eine Behörde bei einer Überschreitung dieser Frist geltend machen, dass ihr nicht genügend Mittel zur Verfügung gestellt worden sind, um die Gesuche um Akteneinsicht rechtzeitig zu behandeln.

1996 wurde das amerikanische Recht vervollständigt, um den Zugang auf dem Wege von Informationssystemen (namentlich Internet) zu erleichtern. Verwaltungsagenturen sind verpflichtet, denjenigen, die vom Internet Gebrauch machen, eine Kopie von jedem digitalisierten Dokument zur Verfügung zu stellen, wenn nötig in anonymisierter Form.

Fast alle Gliedstaaten der USA haben das Öffentlichkeitsprinzip ebenfalls eingeführt.

1.1.1.3.4

Frankreich

In Frankreich wurde das Öffentlichkeitsprinzip mit Gesetz vom 17. Juli 1978 eingeführt. Jede Person hat Anspruch auf die Einsichtnahme in amtliche Dokumente.

Zugänglich sind auch Ton- und Bildaufnahmen oder Aufzeichnungen auf anderen Datenträgern.

Ausnahmen sind vorgesehen: ­

zum Schutz der Geheimhaltung von Regierungsverhandlungen und -entscheiden;

­

zur Wahrung der Geheimnisse im Bereich der Landesverteidigung und der Aussenpolitik;

­

zum Schutz der Währung und des öffentlichen Kredites;

­

für die Sicherheit des Staates und die öffentliche Sicherheit;

­

zur Verhinderung von Beeinträchtigungen laufender Justizverfahren sowie von Vorverfahren dazu;

1970

­

zum Schutz der Verfolgung von Fiskalvergehen;

­

zum Schutz der Geheimnisse des Privatlebens, des Handels und der Industrie; sowie

­

zum Schutz von Geheimnissen, die ein Gesetz schützt.

Die Ablehnung des Einsichtsbegehrens oder die Einschränkung der Einsichtnahme sind durch die Behörde schriftlich zu eröffnen und zu begründen. Reagiert die angefragte Behörde nicht innert eines Monats, so gilt die Vermutung, dass das Einsichtsgesuch abgelehnt worden ist. Im Ablehnungsfall kann sich die gesuchstellende Person an die Commission d'accès aux documents administratifs (CADA) wenden.

Diese Kommission gibt eine Stellungnahme zur Einsichtsverweigerung oder -einschränkung ab. Hält die um Einsicht angegangene Behörde die Verweigerung oder Einschränkung nach Abgabe der Stellungnahme aufrecht oder reagiert sie nicht innerhalb eines Monats auf die Stellungnahme der CADA, so kann die gesuchstellende Person die Angelegenheit ans Verwaltungsgericht weiterziehen. Die Verwaltungsgerichtsbehörde hat innerhalb von sechs Monaten zu entscheiden. Die CADA behandelt jährlich etwas mehr als 4000 Fälle; das französische System umfasst allerdings auch die regionalen und lokalen Verwaltungen. Rund vier Fünftel der strittigen Fälle können im Sinne der meist zu Gunsten der Freigabe lautenden Empfehlungen der CADA geregelt werden.

1.1.1.3.5

Belgien

Belgien hat das Öffentlichkeitsprinzip mit Gesetz vom 11. April 1994 verankert. Das Gesetz gewährt ein Recht auf Einsicht in die Verwaltungsdokumente. Für Dokumente mit persönlichem Charakter muss der Gesuchsteller ein Interesse nachweisen.

Die Akteneinsichtnahme ist zu verweigern, wenn das Interesse an der Öffentlichkeit geringer wiegt als der Schutz folgender Interessen: ­

die Sicherheit der Bevölkerung,

­

Grundrechte der Rechtsunterworfenen,

­

internationale Beziehungen von Belgien,

­

die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder nationale Verteidigung,

­

die Verfolgung einer Straftat,

­

wirtschaftliche oder finanzielle Interessen des Landes,

­

Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse.

Zudem ist ein Akteneinsichtsgesuch abzulehnen, wenn die Veröffentlichung eines Dokuments die Privatsphäre einer Person verletzen würde (ausser wenn diese schriftlich ihre Zustimmung gegeben hat), wenn eine gesetzliche Geheimhaltungspflicht besteht oder wenn das Beratungsgeheimnis der Regierung verletzt würde.

Weitere Gründe für die Ablehnung eines Gesuch können sein, dass die Verbreitung eines Dokuments zu Missverständnissen führen könnte, weil es nicht fertig gestellt oder unvollständig ist, dass das Gesuch eine Information betrifft, die der Behörde freiwillig und vertraulich mitgeteilt worden ist oder dass das Gesuch offensichtlich missbräuchlich oder zu vage formuliert ist.

1971

Die Behörde entscheidet in der Regel innert einer Frist von 30 Tagen. Diese Frist kann um höchstens 15 Tage verlängert werden. Gegen die Ablehnung eines Gesuchs kann Beschwerde erhoben werden.

1.1.1.3.6

Kanada

Nach dem am 1. Juli 1983 in Kraft getretenen Acess to Information Act kann Einsicht in Dokumente aller Art verlangt werden. Das Einsichtsgesuch muss in der Regel mit einem amtlichen Formular gestellt werden. Gleichzeitig ist eine Behandlungsgebühr zu bezahlen. Auf das Gesuch ist innerhalb von 30 Tagen zu antworten.

Diese Frist kann bis zu 80 Tagen verlängert werden, worüber jedoch die gesuchstellende Person zu informieren ist. Ein ablehnender Entscheid muss begründet werden.

Eine Ablehnung oder Einschränkung kann innert eines Jahres an den Information Commissioner weitergezogen werden. Dieser gibt eine Empfehlung in der Sache ab.

Hält die ersuchte Stelle ihre Ablehnung oder Einschränkung aufrecht, so kann dieser Entscheid innerhalb von 45 Tagen nach Erhalt des Berichts des Information Commissioners bei einem Bundesgericht angefochten werden.

Das Gesetz sieht Ausnahmen von der Zugänglichkeit vor bezüglich: ­

Informationen, deren Verbreitung die Beziehungen zwischen dem Bundesstaat und den Provinzen beeinträchtigen könnte;

­

Gegenständen der Aussenpolitik und der Verteidigung;

­

Informationen, deren Verbreitung den Vollzug von Gesetzen oder die Durchführung von Untersuchungsverfahren beeinträchtigen könnten;

­

Informationen, deren Verbreitung die Sicherheit von Personen gefährden könnte;

­

Informationen, deren Geheimhaltung zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen Kanadas notwendig ist (insbesondere Geschäfts-, Berufs- und Fabrikationsgeheimnisse);

­

gewisse Informationen über Regierungsangelegenheiten, für die eine Sperrfrist von 20 Jahren vorgesehen ist;

­

Informationen, die von Privaten unter der Zusicherung der Geheimhaltung erhoben worden sind;

­

Informationen, die in die Privatsphäre fallen.

Auch in den meisten kanadischen Provinzen (z.B. den Provinzen Québec und Ontario) wurde das Öffentlichkeitsprinzip eingeführt, meist in Verbindung mit der Datenschutzgesetzgebung.

1972

1.1.2

Schaffung eines Öffentlichkeitsgesetzes: Pro und contra

1.1.2.1

Gründe für eine Einführung des Öffentlichkeitsprinzips

Die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips bedeutet eine Weiterentwicklung der Informationspolitik der Bundesbehörden. Es handelt sich eher um eine Evolution als um eine Revolution, da die Regierung bereits heute eine Politik der Öffnung betreibt (Strategie einer aktiven Information, Vernehmlassungsverfahren, etc.). Die Verfassung vom 18. April 1999 bestätigt diese Praxis, indem sie den Bundesrat verpflichtet, die Öffentlichkeit rechtzeitig und umfassend über seine Tätigkeit zu informieren, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen (Art. 180 Abs. 2 BV). Was die Information auf Anfrage betrifft, so erweist sich die aktuelle Situation mit dem Grundsatz der Geheimhaltung unter Öffentlichkeitsvorbehalt zunehmend als unbefriedigend. Die verschiedenen Vorarbeiten seit den 80er-Jahren (vgl. Ziff. 1.2.1 unten) und die anhaltende Kritik in der Lehre (vgl.

Ziff. 1.1.1.1 oben) zeigen, dass der Systemwechsel nicht Ausdruck eines bloss oberflächlichen und momentanen Phänomens ist.

Es lassen sich verschiedene Nutzenaspekte einer Einführung des Öffentlichkeitsprinzips darstellen: ­

Das in Artikel 16 Absatz 3 BV verankerte Grundrecht der Informationsfreiheit wird mit der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips erweitert und konkretisiert (vgl. Ziff. 5.1 unten).

­

Die Gesellschaft hat sich verändert. Die Information, immer schneller und vielfältiger werdend, hat eine neue Bedeutung bekommen. Die unternommenen Anstrengungen der Eidgenossenschaft, sich dieser Entwicklung anzupassen, konzentrieren sich zurzeit auf die Intensivierung und Verbesserung der aktiven Informationsstrategien. Allein den Behörden die Bestimmung des Zeitpunktes, des Gegenstandes und des Inhaltes der Information zu überlassen, genügt heute jedoch nicht mehr, um das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen. Es ist unerlässlich, dem Bürger oder der Bürgerin die Möglichkeit zuzugestehen, selber Informationen zu beschaffen und ihm oder ihr zu erlauben, den Wahrheitsgehalt amtlicher Verlautbarungen zu überprüfen. Das Öffentlichkeitsprinzip wird damit zur Verbesserung der Beziehungen zwischen dem Staat und seinen Bürgern und Bürgerinnen beitragen.

Damit begünstigt das Öffentlichkeitsprinzip auch die Umsetzung staatlicher Massnahmen, da ein erhöhtes Vertrauen in die Behörden die Akzeptanz ihrer Tätigkeit fördert.

­

Das Öffentlichkeitsprinzip muss als Instrument zur Stärkung demokratischer Rechte betrachtet werden. Es trägt einerseits im Rahmen der halbdirekten Demokratie zur freien politischen Willensbildung bei. Angesichts der Bedeutung des Einflusses der Verwaltung im Gesetzgebungsprozess erlaubt es dem Bürger und der Bürgerin, die eigene Stellung gegenüber der Regierung zu stärken. Zudem wird auch das Parlament von einer grösseren Transparenz und der angestrebten Kultur der Offenheit profitieren.

1973

­

Das Öffentlichkeitsprinzip kann als zusätzliches, unmittelbares Instrument zur Kontrolle der Verwaltung durch die Bürgerinnen und Bürger betrachtet werden.

­

Auch für die Kantone und Gemeinden wird die Bundesverwaltung und deren Handeln transparenter.

­

Bürgerinnen und Bürger, aber insbesondere auch die Wirtschaft, erhalten Zugang zu wertvollen Informationsressourcen der Bundesverwaltung (Gutachten, Studien etc.). Damit können sie aus einer Fülle zuverlässigen Wissens eigenen Nutzen ziehen und etwa Einsicht in behördliche Praxis und Entscheidfindung gewinnen oder sich im Vor- und Umfeld von Regelungsvorhaben ein besseres Bild kommender Entwicklungen machen.

­

Die Wirtschaft kann, innert gewisser Schranken, gewonnene Informationen kommerziell verwerten. Dies ist namentlich für eine neu entstehende Branche von Bedeutung, die Inhalte für die neuen Kommunikationsmedien (Internet, mobile Kommunikation) bereitstellt (vgl. Ziff.3.2 unten).

­

Auch der Verwaltung selbst kann das Öffentlichkeitsprinzip Vorteile verschaffen, indem es die Koordination zwischen den verschiedenen Departementen und Ämtern erleichtert. Die Dokumentenführung wird im Zuge der Umsetzung des Öffentlichkeitsgesetzes klarer geregelt werden müssen. Als Folge davon werden die Leistungsfähigkeit der Verwaltung und die Wirksamkeit ihrer Massnahmen gestärkt werden.

­

Weiter wird in der Verwaltung das Bewusstsein für den Umgang mit Informationsressourcen gesteigert, weil Dokumente bereits von Anfang an so verfasst werden, dass der Zugang möglichst ohne grossen Aufwand gewährt werden kann. Zudem wird die Verwendung aktiver Informationsstrategien in denjenigen Fällen gefördert, in denen von vornherein mit einem besonderen Interesse der Öffentlichkeit gerechnet werden muss.

­

Eine allgemeine Kultur der Geheimhaltung führt zu vermehrten Indiskretionen, während eine offenere Politik des Informationszugangs zur Relativierung und zur objektivierten Beurteilung der Bedeutung solcher Vorfälle beitragen wird.

­

Schliesslich dürfte die Beschränkung der Geheimhaltung auf Informationen, bei welchen der Zugang auf Grund öffentlicher oder privater Interessen ausgeschlossen bleibt, die tatsächliche Aufrechterhaltung der Vertraulichkeit der Geschäfte, die dies erfordern, begünstigen, insbesondere weil durch die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips die Tragweite des Amtsgeheimnisses klarer gefasst wird (vgl. Ziff. 1.1.3.3 unten).

Das Öffentlichkeitsprinzip wird ­ unabhängig vom vorliegenden Gesetzesentwurf ­ im Bereich des Umweltschutzes gelten, sobald die Bundesversammlung das Übereinkommen der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (ECE) über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Übereinkommen von Aarhus) genehmigt hat. Der Bundesrat hat dieses Übereinkommen am 25. Juni 1998 unterzeichnet (vgl. Ziff. 5.2.1 unten). Die Bundesversammlung über-

1974

wies am 15. Dezember 1998 eine Motion Semadeni30, welche den Bundesrat beauftragt, die notwendigen gesetzlichen Bedingungen zu erarbeiten, damit die Schweiz das Übereinkommen ratifizieren kann. Dies bedingt eine Anpassung des USG, die gegenwärtig vorbereitet wird. Die Ausgestaltung des Öffentlichkeitsprinzips mit Geheimhaltungsvorbehalt im Umweltbereich wird sich weitgehend am vorliegenden Entwurf orientieren. Soweit abweichende Normen erforderlich sind, handelt es sich gegenüber den hier vorgeschlagenen Bestimmungen um spezielle Bestimmungen im Sinn von Artikel 4, die gegenüber dem Öffentlichkeitsgesetz Vorrang beanspruchen können.

1.1.2.2

Argumente gegen die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips

Den Ersatz des Geheimhaltungsprinzips durch das Öffentlichkeitsprinzip erfordert einen Wandel der Verwaltungskultur. Es gilt deshalb, die mit der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips zusammenhängenden Schwierigkeiten nicht zu unterschätzen.

Als Erstes sei das für den Bundesrat geltende Kollegialitätsprinzip erwähnt. Entscheide des Bundesrates sind Beschlüsse des Kollegiums und alle Mitglieder haben diese Beschlüsse zu vertreten. Dementsprechend werden abweichende Meinungen von Mitgliedern des Bundesrates nicht nach aussen getragen. Die Verwaltung befürchtet eine Erschwerung des Entscheidprozesses und eine Einschränkung ihrer Entscheidungsfreiheit auf Grund des Druckes der Medien, den das Öffentlichkeitsprinzip erzeugen könnte31. Die Bürgerinnen und Bürger wie auch die Unternehmen befürchten, dass das Öffentlichkeitsprinzip zu einer Beeinträchtigung ihres Privatlebens oder einer Verletzung ihrer Geschäftsgeheimnisse führen könnte. Es wird auch befürchtet, dass ein solches Prinzip öffentliche Interessen gefährden könnte, wie beispielsweise die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz, die internationalen Beziehungen der Schweiz, die Beziehungen zwischen dem Bund und den Kantonen oder zwischen Kantonen sowie die Geld- und Währungspolitik.

Um dieser Kritik Rechnung zu tragen, sieht der Gesetzesentwurf bestimmte Ausnahmen vom Öffentlichkeitsprinzip vor, die eine Geheimhaltung bestimmter Informationen weiterhin zulassen (vgl. die Erläuterungen zu den Art. 2, 3, 4, 7, 8 und 9).

In finanzieller Hinsicht befürchtet die Verwaltung durch die Beantwortung der Anfragen einen Mehraufwand und daraus resultierende Kosten; diese Befürchtung wurde auch in der Vernehmlassung geäussert. Erfahrungen im internationalen (namentlich Schweden und Québec) und im nationalen Bereich (Kanton Bern) zeigen aber, dass das Öffentlichkeitsprinzip in der praktischen Umsetzung keine besonderen praktischen Probleme verursacht und dass die damit zusammenhängenden Kosten in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. dazu Ziff. 3.1.1 unten).

30 31

98.3087 Vgl. dazu Markus Spinatsch, Vollzug des Öffentlichkeitsprinzips in der Bundesverwaltung, Bericht zuhanden des Bundesamtes für Justiz, Bern, 25. Mai 2001, S. 3 ff.

(zit. Prospektivstudie).

1975

1.1.3

Grundzüge des Entwurfs für ein Öffentlichkeitsgesetz

1.1.3.1

Zweck

Der vorliegende Gesetzesentwurf zielt darauf ab, Entscheidungsprozesse der Verwaltung transparenter zu machen, um so den demokratischen Charakter der öffentlichen Institutionen zu stärken und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Behörden zu verbessern. Er verstärkt die Kontrolle über die Verwaltung und trägt gleichzeitig zur Anpassung der Verwaltungskultur an die moderne Informationsgesellschaft bei. Insgesamt verbessert der Entwurf also die Wirksamkeit der Verwaltungstätigkeit. Das Öffentlichkeitsgesetz soll schliesslich zu einer Harmonisierung der Verwaltungspraxis betreffend die Geheimhaltung und die Information beitragen.

1.1.3.2

Konzept und grundsätzliche Aspekte

Der Entwurf sieht einen Wechsel vom Grundsatz der Geheimhaltung zum Öffentlichkeitsprinzip vor. Das bedeutet namentlich Folgendes: ­

Das Öffentlichkeitsprinzip gewährt jeder Person ein generelles Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten, über welche die Verwaltung verfügt, ohne dass ein besonderes Interesse nachgewiesen werden müsste. Der einer bestimmten Person gewährte Zugang steht gleichermassen allen Personen zu.

­

Der Entwurf verankert ein subjektives und durchsetzbares Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten.

­

Das Öffentlichkeitsprinzip beschränkt sich nicht auf die Bundesverwaltung, sondern umfasst auch weitere Organisationen, soweit sie Verfügungen erlassen. Das Gesetz sieht bestimmte Ausnahmen vor; darüber hinaus kann der Bundesrat unter gewissen Voraussetzungen weitere Ausnahmen festlegen.

­

Das Öffentlichkeitsprinzip beruht auf dem Grundsatz, dass der einer Person gewährte Zugang gleichermassen allen Personen zusteht. Das Recht auf Zugang besteht, ohne dass die gesuchstellende Person ein besonderes Interesse nachweisen muss.

­

Das Recht auf Zugang setzt voraus, dass ein Gesuch gestellt wurde, das einen konkreten Fall betrifft. Das Öffentlichkeitsgesetz regelt somit die Information auf Anfrage. Dagegen sieht es bezüglich der aktiven Information durch die Behörden keine Regelungen vor; für diese Fragen gelten weiterhin die entsprechenden spezialgesetzlichen Regelungen. Die Konferenz der Informationsdienste (KID) wurde vom Bundesrat mit der Erarbeitung eines Informationsleitbildes beauftragt, das die Informationspolitik des Bundesrates in seiner Gesamtheit darstellen und die faktischen Zusammenhänge zwischen aktiver und passiver Information aufzeigen wird.

­

Das Öffentlichkeitsprinzip gilt nicht absolut, sondern wird durch Ausnahmen begrenzt: Der Zugang wird eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert, soweit ihm überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen.

1976

­

Einige Kategorien von Dokumenten werden vom Öffentlichkeitsprinzip nicht erfasst (Dokumente des Mitberichtsverfahrens im Sinne von Artikel 15 RVOG32 und Dokumente über Positionen in laufenden oder künftigen Verhandlungen). Zu amtlichen Dokumenten von Ämterkonsultationsverfahren, welche zu einem Entscheid des Bundesrates führen, besteht der Zugang erst nach diesem Entscheid; der Bundesrat kann Ausnahmen bestimmen.

­

Insbesondere werden auch Informationen nicht vom Öffentlichkeitsgesetz erfasst, die durch die Behörden kommerziell genutzt werden, die also z.B.

der Herstellung von marktgängigen Produkten (wie etwa Landkarten oder meteorologischen Produkten) dienen.

­

Der Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Zivilverfahren, Strafverfahren, Verfahren der internationalen Rechts- und Amtshilfe, internationale Verfahren zur Streitbeilegung, Verfahren der Staats- und der Verwaltungsrechtspflege sowie Schiedsverfahren betreffen, richtet sich weiterhin nach den entsprechenden Spezialgesetzen.

­

Spezielle Bestimmungen anderer Bundesgesetze, die bestimmte Informationen als geheim erklären oder die für den Zugang abweichende Voraussetzungen aufstellen, haben Vorrang vor den Bestimmungen des Öffentlichkeitsgesetzes.

­

Die Verwaltung muss auf das Vorhandensein amtlicher Dokumente hinweisen und angeben, wo und auf welche Weise die verlangten Dokumente beschafft werden können.

­

Das Verfahren für den Zugang zu amtlichen Dokumenten ist einfach und rasch. Für den Streitfall ist ein Schlichtungsverfahren vorgesehen, bevor die Verwaltung gegebenenfalls eine Verfügung erlässt, welche bei einer Rekurskommission und schliesslich vor Bundesgericht angefochten werden kann. Diese Rekurskommission ist eine Erweiterung der heutigen Eidgenössischen Datenschutzkommission.

­

Das Verfahren ist grundsätzlich gebührenpflichtig. Ausgenommen sind Fälle, in denen die Gewährung des Zugangs nur einen geringen Aufwand verursacht.

Folgende Punkte werden vom vorliegenden Entwurf nicht erfasst:

32

­

die aktive Information durch die Behörden;

­

die Öffentlichkeit von Sitzungen der Behörden;

­

die Geltung des Öffentlichkeitsprinzips für den Bundesrat als Kollegialbehörde;

­

die Öffentlichkeit der Militärgerichtsbarkeit;

­

die Öffentlichkeit der Rekurs- und Schiedskommissionen;

­

die Geltung des Öffentlichkeitsprinzips für die kantonalen Verwaltungen;

­

der Informationsaustausch zwischen Behörden (Amtshilfe);

SR 172.010

1977

­

Informationsprivilegien, die auf bestimmte Personenkategorien beschränkt sind, wie zum Beispiel Akkreditierungsverfahren für Journalistinnen und Journalisten;

­

die behördliche Information im Zusammenhang mit der Durchführung von Volksabstimmungen.

1.1.3.3

Zusammenhang mit anderen Bundesgesetzen

Artikel 22 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 200033, der die Unterstellung der Bundesbediensteten unter das Berufs-, Geschäfts- und Amtsgeheimnis regelt, bedarf auf Grund des vorliegenden Entwurfes keiner Änderung. Die Tragweite des Amtsgeheimnisses wird durch die Einführung des Öffentlichkeitsgrundsatzes aber neu definiert: Seine Geltung ist künftig auf Informationen beschränkt, die in den Schutzbereich einer von diesem Gesetz vorgesehenen Ausnahmebestimmung fallen oder die laut einer spezialgesetzlichen Vorschrift geheimzuhalten sind (vgl. auch Ziff. 2.1.4 unten).

Ebenso besteht kein Anlass, Artikel 320 des Strafgesetzbuches und Artikel 77 des Militärstrafgesetzes34 zu ändern: Ein Geheimnis offenbart, wer amtliche Dokumente, die im Sinne des Öffentlichkeitsgesetzes nicht zugänglich sind, herausgibt oder wer über den Inhalt solcher Dokumente Auskunft erteilt.

Das Bundesgesetz über die Archivierung (Archivierungsgesetz, BGA)35 enthält in Artikel 9 Absatz 2 bereits eine Koordinationsbestimmung: «Unterlagen, welche bereits vor ihrer Ablieferung an das Bundesarchiv öffentlich zugänglich waren, bleiben auch weiterhin öffentlich zugänglich.» Über den Zugang zu amtlichen Dokumenten entscheidet nach ihrer Übergabe an das Bundesarchiv ­ wie bisher ­ die abliefernde Behörde auf Antrag des Bundesarchivs (vgl. Art. 10 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfs in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 BGA). Die abliefernde Behörde hat dabei zunächst zu prüfen, ob die fraglichen Dokumente zum Zeitpunkt der Ablieferung auf Grund des Öffentlichkeitsgesetzes zugänglich waren. Bei der Auslegung der Ausnahmebestimmungen von Artikel 7 des vorliegenden Entwurfs ist dabei insbesondere der Zeitablauf seit der Erstellung oder dem Empfang der Dokumente zu berücksichtigen. In der Regel dürften mit zunehmender zeitlicher Distanz weniger Gründe für eine Geheimhaltung gegeben sein. Artikel 13 BGA, welcher die Einsichtnahme während der Schutzfrist regelt, findet in diesem Fall nur subsidiäre Anwendung, d.h. erst, wenn die abliefernde Behörde abgeklärt hat, ob zum verlangten amtlichen Dokument kein Zugang nach dem vorliegenden Entwurf gewährt werden kann. Eine Änderung des Archivierungsgesetzes ist nicht geboten. Die Zuordnung der Kompetenzen und die Koordination zwischen dem Bundesarchiv und der Verwaltungsstelle, welche die Dokumente
abgeliefert hat, werden vom Bundesrat kraft seiner Vollzugskompetenz geregelt (vgl. Erläuterungen zu Art. 10).

Schliesslich sei erwähnt, dass die Begriffe «Dokument» und «Unterlagen» einige Übereinstimmungen aufweisen, ohne aber identisch zu sein (vgl. Erläuterungen zu Art. 5 Abs. 3 Bst. b in fine). Es versteht sich von selbst, dass bezüglich der sich aus 33 34 35

SR 172.220.1 SR 321.0 BBl 1998 3484

1978

der Archivierungsgesetzgebung für die Verwaltung ergebenden Pflichten weiterhin der Unterlagenbegriff nach Artikel 3 Absatz 1 BGA massgeblich ist (vgl. auch Ziff. 2.1.5.2.2 unten). Ebenso werden die sich aus der Archivierungsgesetzgebung ergebenden Kompetenzen der Behörden (z.B. die Befugnis, Vorschläge bezüglich der Archivwürdigkeit von Unterlagen aus rechtlicher und administrativer Sicht anzubringen; vgl. Art. 5 Abs. 2 der Archivierungsverordnung36) durch das Öffentlichkeitsgesetz nicht berührt.

Die Koordination des Öffentlichkeitsgesetzes mit dem Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG)37 ist durch die Artikel 9, 11, 13 Absatz 1 Buchstabe c und Artikel 15 Absatz 1 sowie Artikel 22 des vorliegenden Entwurfes gewährleistet (vgl.

die Erläuterungen zu diesen Bestimmungen).

Rechte am geistigen Eigentum bleiben gegenüber dem Öffentlichkeitsgesetz vorbehalten. Diesem Vorbehalt kommt dann besondere Bedeutung zu, wenn gestützt auf das Einsichtsrecht nach Artikel 6 des Entwurfs eine Kopie eines urheberrechtlich geschützten Dokumentes verlangt wird. Unter den amtlichen Dokumenten im Sinne des Öffentlichkeitsgesetzes finden sich sowohl Dokumente, die urheberrechtlich geschützt sind, wie auch Dokumente, die nicht unter den Schutz des Urheberrechts fallen. Letztere umfassen beispielsweise die Texte von Gesetzen, Verordnungen oder internationalen Vereinbarungen sowie andere amtliche Erlasse sowie Entscheidungen, Protokolle und Berichte von Behörden und öffentlichen Verwaltungen (vgl.

Art. 5 Urheberrechtsgesetz [URG]38). Weder die Anfertigung noch der Versand solcher Dokumente noch deren weitere Verwendung erfordern die Zustimmung der Person, die sie verfasst hat. Alle anderen amtlichen Dokumente sind aber dem Schutz des Urheberrechts nicht entzogen. Unter diesen sind diejenigen Dokumente, die von Behörden selbst erstellt wurden, die dem Öffentlichkeitsgesetz unterstehen, zu unterscheiden von solchen, die von Dritten, die dem Gesetz nicht unterstehen, verfasst wurden. Bei den durch die Behörde selbst erstellten Dokumenten ist die Aushändigung einer Kopie an Dritte insoweit unproblematisch, als die Behörde entweder bereits durch eine explizite Bestimmung im Dienstrecht oder dann mindestens auf Grund der Zweckübertragungstheorie über das Recht verfügt, von den von ihrem Personal oder in ihrem Auftrag erstellten
amtlichen Dokumenten Kopien im Rahmen von Artikel 5 Absatz 2 Öffentlichkeitsgesetz anzufertigen. Inwieweit die Empfänger der Kopien diese weiter verwenden dürfen, ergibt sich ausschliesslich aus der Gesetzgebung über das Urheberrecht. Aus dieser ergibt sich auch die Antwort auf die Frage, inwieweit Dokumente, welche von Dritten an die Behörde gesandt wurden, im Rahmen des Öffentlichkeitsprinzips kopiert werden dürfen: Wird ein Dokument vom Urheber oder dessen Rechtsnachfolger selbst eingereicht ­ was den Regelfall darstellen dürfte ­ so kann angesichts des Öffentlichkeitsprinzips davon ausgegangen werden, dass der Rechtsinhaber mit der Einreichung des Dokuments von seinem Erstveröffentlichungsrecht im Sinne von Artikel 9 Absätze 2 und 3 URG Gebrauch gemacht hat bzw. einer solchen Veröffentlichung zugestimmt hat, so dass das Werk ab diesem Zeitpunkt als veröffentlicht gilt. Ab diesem Zeitpunkt darf die Behörde das Dokument gestützt auf Artikel 19 Absatz 2 URG für Dritte kopieren. Die weitere Werkverwendung sowohl durch die Behörde als auch durch

36 37 38

SR 152.11 SR 235.1 RS 231.1

1979

die Empfänger der Kopien richtet sich wiederum nach den allgemeinen Grundsätzen des Urheberrechts.

Schliesslich können ­ neben dem Vorliegen überwiegender öffentlicher und privater Interessen (vgl. Art. 7) ­ verschiedene Spezialbestimmungen dem Recht auf Zugang zu einem amtlichen Dokument entgegenstehen (vgl. Erläuterungen zu Art. 3 und 4 sowie Art. 9).

1.2

Ergebnisse des Vorverfahrens

1.2.1

Vorbereitende Arbeiten auf Bundesebene

Die Frage einer Einführung des Öffentlichkeitsprinzips wurde seit den 80er-Jahren wiederholt aufgeworfen. Die Expertenkommission für eine Medien-Gesamtkonzeption schlug 1982 in ihrem Schlussbericht einen Gesetzesentwurf über die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips in der Bundesverwaltung vor.

Im Juli 1986, im Anschluss an die Motionen Jelimini vom 18. Juni 198039 und Binder vom 8. Oktober 198040, schlug eine interdepartementale Arbeitsgruppe in ihrem Schlussbericht einen Verordnungsentwurf über die Auskunftserteilung und die Akteneinsicht vor.

Beauftragt, die Empfehlungen der Arbeitsgruppe zu überprüfen, schlug die Bundeskanzlei in einem Zwischenbericht vom 22. Mai 1989 den Erlass von Weisungen vor, welche die Auskunft und die Akteneinsicht regeln.

Im April 1991 befürwortete eine neue interdepartementale Arbeitsgruppe in einem Zwischenbericht eine gewisse Öffnung der Verwaltung, ohne aber die zahlreichen Verordnungen und Weisungen durch eine einheitliche Regelung zu ersetzen.

1992 sah der Bundesrat in seinem Bericht über die Legislaturplanung 1991­1995 das Ziel «Bürgernähe durch mehr Transparenz»41 vor; dazu wollte er die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips mit Geheimnisvorbehalt in der Bundesverwaltung im Rahmen der Regierungsreform prüfen42. Er beaufragte das Eidgenössische Justizund Polizeidepartement in Zusammenarbeit mit der Bundeskanzlei, die gesetzgeberischen Vorarbeiten weiterzuführen und dem Bundesrat zu gegebener Zeit einen Entwurf zu unterbreiten, der ihm einen Grundsatzentscheid ermöglicht.

Ebenfalls 1992 hat sich die Arbeitsgruppe Führungsstrukturen des Bundes in ihrem dem Bundesrat unterbreiteten Diskussionspapier für eine umsichtige Einführung des Öffentlichkeitsprinzips ausgesprochen.

Die Motionen Rechsteiner vom 3. Oktober 199043 und Hess vom 19. September 199144, welche die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips verlangten, wurden 1990 respektive 1993 behandelt und in der Form des Postulats überwiesen.

39 40 41 42 43 44

80.467 Aktenklassifizierung und öffentliche Meinung.

80.544 Informanten und Journalisten. Rechtsstellung.

Ziel 59, BBl 1992 III 133 f.

BBl 1992 III 134 90. 775 Schaffung von Informationsrechten.

91. 3303 Einführung des Öffentlichkeitsprinzips mit Geheimhaltungsvorbehalt.

1980

Das Bundesamt für Justiz arbeitete im Oktober 1994 einen Vorentwurf zu einem Bundesgesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung aus.

Im Rahmen des Verfassungsentwurfes 1995 schlug der Bundesrat eine Variante vor, wonach allen Personen Einsicht in amtliche Akten gewährt würde, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen45. Weder der Verfassungsentwurf von 1996 noch die Bundesverfassung vom 18. April 1999 haben diese Neuerung übernommen.

Am 15. Dezember 1997 erklärte sich der Bundesrat bereit, drei nationalrätliche Motionen anzunehmen, welche die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips verlangen (Motionen Hess vom 11. März 199746, Vollmer vom 19. März 199747 und die Motion der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 29. Mai 199748).

Der Nationalrat stimmte den Motionen am 20. März 1998 zu49. Der Ständerat überwies die Motionen Hess und Vollmer am 1. Oktober 1998; die Motion der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates wurde in der Form des Postulats überwiesen, weil die vorgesehene Frist zur Unterbreitung einer Vorlage für die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips zu kurz war (bis Ende 1998).

Am 2. Juli 1998 setzte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement eine Arbeitsgruppe ein und beauftragte sie mit der Vorbereitung der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips50.

1.2.2

Vernehmlassungsverfahren

Am 19. April 2000 beschloss der Bundesrat, einen Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung in die Vernehmlassung zu schicken. Der Bundesrat nahm am 9. März 2001 Kenntnis von den Ergebnissen des Vernehmlassungsverfahrens.

Der Gesetzesentwurf wurde insgesamt positiv aufgenommen, wenn sich auch einige z.T. gewichtige und grundsätzliche ­ allerdings in der Stossrichtung vielfach divergierende ­ Detailkritik erhob. Die Mehrheit der Vernehmlasser stimmten dem Entwurf grundsätzlich zu. Zwei Kantone (LU, SG), zwei politische Parteien (CVP, LPS) und fünf Organisationen lehnten den vorgelegten Entwurf ab.

Widerstand gegenüber einer möglichen Unterstellung unter das BGÖ erhob sich insbesondere von Seiten der privatrechtlich oder spezialgesetzlich organisierten Unternehmen, die vollständig oder mehrheitlich im Besitz des Bundes sind. Die Vertreter von Medieninteressen befürchteten, dass durch das formalisierte Verfahren 45 46 47 48 49 50

Variante zu Art. 154 Abs. 2 Verfassungsentwurf 1995.

97.3083 Einführung des Öffentlichkeitsprinzips mit Geheimhaltungsvorbehalt.

97.3110 Verankerung des Öffentlichkeitsprinzips. Erlass eines Informationsgesetzes.

97.3384 Öffentlichkeitsprinzip in der Bundesverwaltung (AB 1998 N 735).

AB 1998 N 734 Die Arbeitsgruppe setzte sich wie folgt zusammen: Präsident: Mader Luzius, Professor, Vizedirektor Bundesamt für Justiz.

Vertreter und Vertreterinnen der Bundesverwaltung.

Externe Experten: Nuspliger Kurt, Professor, Staatsschreiber, Staatskanzlei des Kantons Bern; Cottier Bertil, Professor, stellvertretender Direktor des Schweizerischen Institutes für Rechtsvergleichung; Barrelet Denis, Professor, Präsident der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen, Journalist.

1981

der heute formlos gewährte Zugang für die Medienschaffenden erschwert wird. Sie forderten privilegierte Zugangsrechte. Insbesondere die Vertreter von Wirtschaftsinteressen befürchteten, dass die zum Schutz überwiegender privater Interessen (insb. Privatsphäre und der Geschäfts-, Berufs- und Fabrikationsgeheimnisse) aufgestellten Kriterien, die beim Entscheid über die Gewährung des Zugangs zu Dokumenten zu berücksichtigen sind, nicht ausreichen. Verschiedene Vernehmlasser forderten ein umfassendes Informationsgesetz, das auch Regelungen zur aktiven Information durch Bundesrat und Verwaltung beinhaltet. Einige Vernehmlasser zeigten sich im Übrigen darüber besorgt, dass die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips zu hohen oder zu ­ gegenüber dem zu erwartenden Nutzen für die Öffentlichkeit ­ unverhältnismässigen Kosten für den Staat führen könnte.

1.2.3

Wichtigste Änderungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

Der vorliegende Entwurf wurde gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf auf Grund der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens in folgenden Punkten angepasst:

51

­

Klärung der Anwendbarkeit des Datenschutzgesetzes51 und Verbesserung des Rechtsschutzes für die betroffenen Drittpersonen, wenn der Zugang zu einem Dokument gewährt werden soll, das Personendaten enthält;

­

Übertragung der Funktion des im Vernehmlassungsentwurf vorgesehenen «Öffentlichkeitsbeauftragten» an den Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten;

­

Geltung des Öffentlichkeitsprinzips für Organisationen ausserhalb der Bundesverwaltung, die öffentliche Aufgaben des Bundes erfüllen, nur, soweit diese Verfügungen erlassen;

­

Bezeichnung einzelner Organisationen, die vom Geltungsbereich ausgenommen sind, im Gesetz selbst; Möglichkeit zur Bezeichnung weiterer Ausnahmen durch den Bundesrat;

­

Einführung des Grundsatzes der Kostenpflichtigkeit des Zuganges zu amtlichen Dokumenten;

­

Die Zuständigkeit zum Entscheid über den Zugang liegt bei der Behörde, die ein Dokument erstellt oder als Hauptadressatin von Dritten, die nicht diesem Gesetz unterstehen, erhalten hat (und nicht bei jeder Behörde, die über das Dokument verfügt);

­

Ausschluss von Informationen aus dem Geltungsbereich des Gesetzes, die durch Behörden kommerziell genutzt werden;

­

Ausdrückliche Erwähnung des Vorranges spezieller Regelungen in anderen Bundesgesetzen, die bestimmte Informationen als geheim oder unter anderen Voraussetzungen zugänglich erklären, im Öffentlichkeitsgesetz;

SR 235.1

1982

­

Aufnahme einer Bestimmung, die den Bundesrat verpflichtet, bei der Regelung des Vollzugs die besonderen Bedürfnisse der Medien zu berücksichtigen.

Im Übrigen wurde das Verhältnis zwischen dem vom Entwurf vorgesehenen Recht auf Kopie und dem Urheberrecht geklärt.

1.3

Vorgesehene Umsetzung des Erlasses

Anfang 2001 wurde im Auftrag des Bundesamtes für Justiz durch einen externen Experten eine Prospektivstudie zur Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips in der Bundesverwaltung durchgeführt52. Die Studie versuchte sowohl zu analysieren, welche konkreten Probleme sich bei der Umsetzung des Öffentlichkeitsgesetzes ergeben könnten, als auch Aussagen bezüglich des Ausmasses der zu erwartenden Zusatzbelastung für die Verwaltung sowie der Kostenfolgen zu machen.

Gestützt auf die Ergebnisse der Studie wird zu gegebener Zeit ein Umsetzungskonzept erarbeitet. Zur Umsetzung des Erlasses wird es notwendig sein, dass die Ämter und Generalsekretariate für das Zugangsverfahren gewisse Abläufe definieren und Verantwortlichkeiten bezeichnen. Als Grundlage dafür werden die Behörden verschiedene Informationskategorien in ihren jeweiligen Tätigkeitsbereichen und deren Zugänglichkeit nach dem Öffentlichkeitsgesetz analysieren müssen. Da mit einer unterschiedlichen Betroffenheit je nach Amt bzw. Sachbereich zu rechnen ist, sind massgeschneiderte Lösungen notwendig. Eine möglichst einfache Umsetzung, die dem Ziel einer schnellen und unbürokratischen Zugänglichmachung der Informationen entspricht, ist nur möglich, wenn grundsätzlich auf möglichst tiefer Hierarchiestufe über den Zugang entschieden werden kann. Diesem Grundsatz wird bei der Konkretisierung des Verfahrens Rechnung zu tragen sein. Grosse Bedeutung wird auch der Schulung des Verwaltungspersonals zukommen.

Im Übrigen hat der oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte unter anderem die Aufgabe, die Umsetzung bzw. den Vollzug des Öffentlichkeitsprinzips in der Verwaltung zu fördern (vgl. Erläuterungen zu Art. 18). Sobald die entsprechenden Kapazitäten aufgebaut sind, wird es dieser Stelle obliegen, die Umsetzung zu beobachten und allenfalls notwendige Massnahmen zu ergreifen bzw. vorzuschlagen.

Den Kantonen kommen auf Grund des Öffentlichkeitsgesetzes keine Umsetzungsaufgaben zu.

1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf können die zwei Motionen und die zwei Postulate, welche die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips mit Geheimhaltungsvorbehalt verlangen (Motion Hess vom 11. März 199753; Motion Vollmer vom 19. März 199754; Motion Hess vom 19. September 1991, überwiesen in der Form 52 53 54

Prospektivstudie, a.a.O.

97.3083 Einführung des Öffentlichkeitsprinzips mit Geheimhaltungsvorbehalt.

97.3110 Verankerung des Öffentlichkeitsprinzips. Erlass eines Informationsgesetzes.

1983

eines Postulates55; Motion der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 29. Mai 1997, überwiesen in der Form eines Postulates56) als erledigt abgeschrieben werden.

2

Besonderer Teil

2.1

Zweck und Geltungsbereich

2.1.1

Zweck (Art. 1)

Der Gesetzesentwurf hat zum Zweck, der Öffentlichkeit den Zugang zu amtlichen Dokumenten zu gewährleisten und dadurch die Transparenz der Verwaltung zu fördern. Ein besonderes Interesse braucht für den Zugang nicht nachgewiesen zu werden.

Das in Artikel 1 verankerte Ziel bringt den Geist der Öffnung zum Ausdruck, der die Behörden bei der Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips leiten soll. Die Einführung dieses neuen Grundsatzes ist Teil der Massnahmen, die darauf abzielen, ein Klima des Vertrauens zwischen den Bürgern und Bürgerinnen und ihren Behörden zu schaffen. Es soll auch dazu beitragen, den demokratischen Charakter der Verwaltung zu stärken, indem ihre Entscheidungsprozesse transparenter werden (vgl.

Ziff. 1.1.2.1 oben).

Der in Artikel 1 verwendete Begriff des Zugangs der «Öffentlichkeit» zeigt, dass der Entwurf die Förderung der kollektiven Information bezweckt, im Gegensatz zur individuellen Information, welche nur bestimmten Personengruppen oder Behörden ein Recht auf Zugang verleiht. Der Ausdruck «Öffentlichkeit» wurde demjenigen des Bürgers oder der Bürgerin vorgezogen, da sich der vorliegende Entwurf nicht nur an Schweizer und Schweizerinnen, sondern auch an Ausländer und Ausländerinnen, unabhängig ihres Wohnsitzes, richtet (vgl. Erläuterungen zu Art. 6).

Der in Artikel 1 verwendete Ausdruck «Zugang» zu amtlichen Dokumenten beschränkt sich nicht darauf, die Einsichtnahme in diese zu gewährleisten. Er beinhaltet auch das Recht, Auskünfte über ihren Inhalt zu erhalten, wie dies in Artikel 6 Absatz 1 präzisiert wird (Beispiel: Zeitpunkt der Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens zu einem in einem Dokument erwähnten Gesetzesentwurf). Die zu erteilenden Auskünfte müssen in jedem Fall auf einer dokumentarischen Grundlage beruhen oder in Zusammenhang mit einem Dokument stehen (vgl. Erläuterungen zu Art. 5 Abs. 1 Bst. a ).

Der in Artikel 1 enthaltene Gedanke nimmt Bezug auf die oben dargestellte Praxis in Sachen Öffentlichkeitsarbeit. Gegenwärtig verfügt die Verwaltung über einen breiten Ermessensspielraum; sie ist nicht verpflichtet, im Einzelfall Auskünfte zu erteilen oder Dokumente zugänglich zu machen. Der vorliegende Gesetzesentwurf soll demgegenüber einen weiteren Schritt in Richtung eines transparenteren Staats darstellen.

Der Begriff «amtliches Dokument» wird in Artikel 5 definiert.

55 56

91.3303 Einführung des Öffentlichkeitsprinzips mit Geheimhaltungsvorbehalt.

97.3384 Öffentlichkeitsprinzip in der Bundesverwaltung.

1984

2.1.2

Geltungsbereich (Art. 2)

2.1.2.1

Bundesverwaltung und weitere Organisationen und Personen (Art. 2 Abs. 1)

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass das Öffentlichkeitsprinzip Anwendung auf die Bundesverwaltung findet (Bst. a) sowie auf Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die nicht der Bundesverwaltung angehören, soweit sie erstinstanzliche Verfügungen im Sinn von Artikel 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember57 über das Verwaltungsverfahren erlassen (Bst. b).

Der Geltungsbereich umfasst dagegen die Bundesversammlung und ihre Organe (insbesondere die parlamentarischen Kommissionen) nicht. Gleiches gilt für das Bundesgericht sowie die Behörden der Militärjustiz. Der Bundesrat als Kollegialbehörde ist ebenfalls vom Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes ausgeschlossen; dieser ist auf seine Verwaltung beschränkt.

Die Parlamentsdienste, die seit dem Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung vollumfänglich der Bundesversammlung unterstellt sind, werden dem Öffentlichkeitsprinzip durch einen in das künftige Parlamentsgesetz58 einzufügenden Verweis unterstellt. Dabei wird zu beachten sein, dass die Parlamentsdienste nur so weit dem Öffentlichkeitsgesetz unterstehen, als sie nicht unmittelbar für die Bundesversammlung oder einzelne Organe derselben tätig sind.

Die Verwaltung des Bundesgerichts wird dem Öffentlichkeitsprinzip ebenfalls durch einen in das künftige Bundesgerichtsgesetz59 einzufügenden Verweis unterstellt. Auf Grund der besonderen Stellung des Bundesgerichts kann jedoch in Streitfällen nicht das gleiche Verfahren zur Anwendung kommen. Anstelle einer Beschwerde bei der Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission (bzw. beim künftigen Bundesverwaltungsgericht) müsste es dem Bundesgericht überlassen werden, die Zuständigkeiten im Falle von Streitigkeiten selbst festzulegen. Eine interne Rekurskommission, zusammengesetzt aus drei Bundesrichterinnen oder Bundesrichtern, könnte beispielsweise zu diesem Zweck im Bundesgerichtsreglement vorgesehen werden. Nur Dokumente, welche die Verwaltung des Bundesgerichts betreffen, unterstehen dem Öffentlichkeitsprinzip; z.B. interne Weisungen, Evaluationen bezüglich administrativer Belange oder Dokumente betreffend Informatikprojekte.

Die Urteile des Bundesgerichts sowie die Verfahrensakten, die einem Urteil zugrunde liegen, werden davon nicht erfasst. Der Verweis im künftigen Bundesgerichtsgesetz wird entsprechend
auszugestalten sein.

Die Kantone werden vom Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes ebenfalls nicht erfasst. Dies gilt auch dann, wenn sie Aufgaben umsetzen oder vollziehen, die ihnen das Bundesrecht überträgt. Eine Präzisierung im Gesetz drängt sich jedoch nicht auf.

Der Begriff der Bundesverwaltung in Buchstabe a ist identisch mit demjenigen, wie er in Artikel 178 der neuen Verfassung und in Artikel 2 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG)60 umschrieben wird. Die Bundesverwaltung um57 58 59 60

SR 172.021 Vgl. Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 2002, BBl 2002 8160 ff.

BBl 2001 4480 SR 172.010

1985

fasst die Departemente und die Bundeskanzlei. Diese bilden die zentrale Verwaltung. Auch departementsübergreifende Koordinationseinrichtungen (Projektorganisationen und Ausschüsse) gehören dazu. Hingegen gehören die Truppenkörper und Truppeneinheiten der Armee nicht zur Bundesverwaltung.

Zur zentralen Bundesverwaltung gehören die Departemente und die Bundeskanzlei sowie die Generalsekretariate, Gruppen und Ämter der Departemente.

Zum Bestand der Bundesverwaltung zählen darüber hinaus auch die dezentralen Verwaltungseinheiten. Gemeinsam ist diesen, dass sie in irgendeiner Form der zentralen Bundesverwaltung zugeordnet sind, aber durch ihre Organisationserlasse eine spezifische Stellung erhalten haben. Zur Verwaltung gehören auch die Behördenkommissionen, ohne die Rekurskommissionen nach Artikel 71a ff. des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren61. Der Status der Behördenkommissionen ist in der Verordnung über ausserparlamentarische Kommissionen sowie Leitungsorgane und Vertretungen des Bundes (Kommissionenverordnung)62 geregelt. Nicht in den Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes fallen dagegen die Verwaltungskommissionen, die gegenüber Bundesrat und Verwaltung beratende Funktion haben (vgl. Art. 5 Abs. 1 und 2 Kommissionenverordnung). Dokumente, die diese Kommissionen an die Bundesverwaltung übermitteln, werden indessen als von der Bundesverwaltung empfangene Dokumente vom Öffentlichkeitsprinzip erfasst.

Beispiele für Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung: Bundeskanzlei: Eidgenössischer Datenschutzbeauftragter. Eidgenössisches Departement des Innern: Eidgenössische Technische Hochschulen, Rat der Eidgenössischen Technischen Hochschulen, Paul Scherrer Institut, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz, Schweizerisches Heilmittelinstitut (Swissmedic). Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement: Bundesanwaltschaft, Schweizerisches Institut für Rechtsvergleichung, Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum.

Eidgenössisches Finanzdepartement: Eidgenössische Alkoholverwaltung, Eidgenössische Finanzkontrolle. Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement: Wettbewerbskommission. Eidgenössisches Departement
für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation: Eidgenössische Kommunikationskommission.

Nach dem Gesetzesentwurf ist das Öffentlichkeitsprinzip nur auf Unterlagen anwendbar, welche die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betreffen. Nur solche Unterlagen gelten als amtliche Dokumente (vgl. Art. 5 Abs. 1 Bst. c). Die übrigen Dokumente sind keine amtlichen Dokumente im Sinne des Gesetzes.

Der Vernehmlassungsentwurf zum Öffentlichkeitsgesetz sah weiter vor, dass der Bundesrat Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die nicht der Bundesverwaltung angehören, aber öffentliche Aufgaben des Bundes erfüllen, dem Öffentlichkeitsgesetz unterstellen kann. Diese Lösung wurde in der Vernehmlassung uneinheitlich beurteilt; als Argument gegen die Unterstellung von nicht zur Bundesverwaltung gehörenden Organisationen wurden vor allem Wettbe-

61 62

SR 172.021. Vgl. auch Art. 6 Abs. 1 Bst. e Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV) vom 25. November 1998 (SR 172.010.1).

SR 172.31

1986

werbsnachteile angeführt. Darüber hinaus wurde auch der Begriff «öffentliche Aufgaben des Bundes» unterschiedlich interpretiert bzw. als zu wenig klar kritisiert.

Nach Buchstabe b gilt nun das Öffentlichkeitsprinzip für die Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die nicht der Bundesverwaltung angehören nur, soweit sie erstinstanzlich Verfügungen erlassen. Damit werden für diese Kategorien von Organisationen und Personen, die öffentliche Aufgaben erfüllen, diejenigen Bereiche erfasst, in denen sie hoheitlich tätig sind. Das Recht auf Zugang gilt dabei für jene amtlichen Dokumente, welche unmittelbar ein Verfahren auf Erlass einer Verfügung nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz63 betreffen.

Namentlich sind folgende Organisationen und Personen ausserhalb der Bundesverwaltung, gemäss Buchstabe b dem Öffentlichkeitsprinzip unterstellt, soweit sie Verfügungen erlassen: Schweizerischer Nationalfonds und übrige Institutionen der Forschungsförderung (Art. 8 und 9 Forschungsgesetz64); Pro Helvetia (Bundesgesetz betreffend die Stiftung «Pro Helvetia»65); Starkstrominspektorat (Verordnung über das Eidgenössische Starkstrominspektorat66); Fonds für Verkehrssicherheit (Reglement über die Verwendung der Mittel des Fonds für Verkehrssicherheit67); Schweizerische Bundesbahnen (Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen68); Rohrleitungsinspektorat (Art. 34 Rohrleitungsverordnung69); Die Schweizerische Post (Postgesetz70); Sicherheitsfonds nach den Artikeln 54 und 56 ff. des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge71; Auffangeinrichtung nach Artikel 60 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge72; Gemeinsame Einrichtung nach Artikel 18 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung73; Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Art. 61 Bundesgesetz über die Unfallversicherung74); Ersatzkasse nach Artikel 72 ff. des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung75; Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft76.

2.1.2.2

Ausnahmen vom Geltungsbereich (Art. 2 Abs. 2 und 3)

Absatz 2 listet eine Anzahl von Ausnahmen für bestimmte zur dezentralen Bundesverwaltung gehörende oder ausserhalb der Bundesverwaltung stehende Organisationen auf: 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76

SR 172.010 SR 420.1 SR 447.1 SR 734.24 SR 741.816 SR 743.31 SR 746.11 SR 783.0 SR 831.40 SR 831.40 SR 832.10 SR 832.20 SR 832.20 Entscheide über die Zulassung Dritter zu einer Sendung werden als Verfügungen behandelt; vgl. z.B. BGE 123 II 402.

1987

­

Schweizerische Nationalbank (SNB): Die SNB verfügt ­ auch wenn sie unter Mitwirkung und Aufsicht des Bundes verwaltet wird ­ über einen besonderen Status der Unabhängigkeit gegenüber Bundesrat und Bundesverwaltung (Art. 99 BV). Um diese Unabhängigkeit auch im Bereich des Informationszugangs zu gewährleisten, soll die SNB nicht dem vorliegenden Gesetz unterstellt werden.

­

Eidgenössische Bankenkommission (EBK): Die EBK ist als Aufsichtsbehörde über das Banken- und Börsenwesen in einem wirtschaftlich und politisch ausserordentlich sensiblen Bereich tätig. Deshalb rechtfertigt es sich, die EBK als einzige zur dezentralen Bundesverwaltung gehörende Aufsichtsbehörde durch eine gesetzliche Ausnahme dem Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes zu entziehen.

­

Kranken- und Unfallversicherer: Da es sich bei den Kranken- und Unfallversicherern um privatwirtschaftliche Unternehmungen handelt, sollen sie von der Geltung des Öffentlichkeitsprinzips ausgenommen werden. Ihre Unterstellung könnte zu Wettbewerbsverzerrungen führen.

­

AHV-Ausgleichskassen und IV-Stellen: Da Ausgleichkassen und IV-Stellen des Bundes als auch der Kantone sowie private Ausgleichskassen bestehen, würde eine Unterstellung (die nur für Ausgleichskassen und IV-Stellen des Bundes und private ­ nicht aber kantonale ­ Ausgleichskassen gelten könnte) Ungleichbehandlungen schaffen. Sie sollen daher nicht dem Öffentlichkeitsgesetz unterstellt werden.

­

ALVG-Durchführungsstellen: Auch in diesem Bereich bestehen neben den Durchführungsstellen des Bundes und solchen mit privater Trägerschaft (Arbeitslosenkassen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden) auch kantonale Durchführungsstellen; eine Unterstellung würde ebenfalls zu Ungleichbehandlungen führen.

Der Bundesrat kann auf Verordnungsstufe gestützt auf die in Absatz 3 aufgelisteten Kriterien noch weitere Einheiten der Bundesverwaltung oder weitere Organisationen ausserhalb der Bundesverwaltung vom Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes ausnehmen. Weitere Ausnahmen sind hauptsächlich in Bereichen denkbar, in denen die Erfüllung bestimmter Aufgaben nahezu ausschliesslich eine Bearbeitung von Personendaten oder von Daten, die als Berufs- und Geschäftsgeheimnisse einzustufen sind, erfordert. Eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit (Abs. 3 Bst. b) dürfte nur dann gegeben sein, wenn die betroffene Einheit im Tätigkeitsbereich, in dem sie dem Öffentlichkeitsprinzip unterstellt ist, unmittelbar im Wettbewerb mit privaten Dritten steht. Aufgaben von geringer Bedeutung (Abs. 3 Bst. c) schliesslich liegen dann vor, wenn eine bestimmte Aufgabe nur wenige Adressaten betrifft, eine Beeinträchtigung von Rechten oder Interessen eines grösseren Personenkreises weitgehend ausgeschlossen ist und der fragliche Bereich keine nennenswerten finanziellen Aufwendungen des Bundes erfordert.

1988

2.1.3

Sachlicher Geltungsbereich (Art. 3)

Gemäss Artikel 3 Buchstabe a wird der Zugang zu Dokumenten, die Teil der Verfahrensakten eines Zivilverfahrens, Strafverfahrens (inklusive Verwaltungsstrafrecht), eines Verfahrens der internationalen Rechts- und Amtshilfe, eines internationalen Verfahrens zur Streitbeilegung, eines Verfahrens der Staatsrechts- und der Verwaltungsrechtspflege (inklusive der Verwaltungsrechtspflegeverfahren, auf die das Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren keine Anwendung findet [vgl.

Art. 3 VwVG], wie z.B. Verfahren in Kommandosachen der Militärbehörden77 oder Verfahren vor der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen78) sowie eines Schiedsverfahrens (d.h. Entscheide von Schiedskommissionen einschliesslich Schiedsgerichten auf Grund öffentlichrechtlicher Verträge) in den Spezialgesetzen geregelt (vgl. auch Ziff. 2.2.2.1.1 unten). Es werden sowohl die hängigen als auch die abgeschlossenen Verfahren erfasst. Die entsprechenden Verfahrensgesetze sind anwendbar und bleiben vorbehalten.

Die Bestimmungen des vorliegenden Entwurfs sind dagegen e contrario bei erstinstanzlichen Verfahren auf Erlass einer Verfügung (mit Ausnahme der Schiedsverfahren) wie auch auf Schlichtungsverfahren, Verfahren auf Abschluss eines Vertrages, Realakte und Verfahren zur Vorbereitung und Genehmigung von Planungsakten anwendbar.

Das Akteneinsichtsrecht der Partei in einem erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren wird vom vorliegenden Entwurf nicht berührt. Artikel 3 Buchstabe b hält dies fest.

In erster Linie sind die Artikel 26 und 27 VwVG angesprochen.

Bei Fehlen einer Spezialregelung ist die nicht veröffentlichte Rechtsprechung, welche sich in Zusammenhang mit einer öffentlichen Aufgabe im Besitz einer Behörde, einer Organisation oder einer Person im Sinne dieses Entwurfs befindet, unter den ordentlichen Voraussetzungen zugänglich, das heisst ohne Geltendmachung eines Interesses und unter Vorbehalt eines überwiegenden öffentlichen oder privaten Interesses an der Geheimhaltung.

2.1.4

Vorbehalt von Spezialbestimmungen (Art. 4)

In Artikel 4 ist das Verhältnis des Öffentlichkeitsgesetzes zu weiteren Spezialbestimmungen (neben den in Art. 3 Bst. a und b festgelegten Verhältnis zu verfahrensrechtlichen Regelungen) geregelt. Die vorliegende Bestimmung verdeutlicht den Grundsatz des Vorranges spezieller Bestimmungen vor allgemeinen Bestimmungen, der generelle Gültigkeit hat. Eine spezielle Gesetzesbestimmung kann nach dieser Bestimmung der Bekanntgabe eines amtlichen Dokuments entgegenstehen oder abweichende (erleichternde oder strengere) Regeln über den Zugang aufstellen79.

Mit dem Begriff «Bundesgesetz» ist ein Gesetz im formellen Sinn gemeint (Art. 163 Abs. 1 BV).

77 78 79

Vgl. die Verordnung vom 22. Juni 1998 über den Rechtsschutz in Kommandosachen der Militärbehörden (SR 510.108).

Vgl. Art. 58 ff. Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über Radio und Fernsehen (SR 784.40).

Zum Vorrang von Spezialregelungen für die Erhebung von Gebühren beim Zugang zu amtlichen Dokumenten vgl. Ziff. 2.3.9.1 und 2.3.9.3.

1989

Beispiele: Die Schweigepflichtnormen der Sozialversicherungsgesetzgebung, die für die öffentlichen Register über die Rechtsverhältnisse des Privatrechts (namentlich Handelsregister, Grundbuch, Zivilstandsregister sowie die Register auf dem Gebiet des geistigen Eigentums) geltenden Spezialvorschriften, die Bestimmungen bezüglich der Geheimhaltung der im Rahmen einer Volksinitiative80, eines Referendums81 oder einer Petition82 gesammelten Unterschriften, die besonderen Vorschriften für den Vollzug des Übereinkommens von Aarhus83, die Sonderbestimmungen zum Bankgeheimnis, Steuergeheimnis, Fabrikationsgeheimnis, Geschäftsgeheimnis, Berufsgeheimnis usw. bleiben vorbehalten.

Das Zugangsverfahren nach Artikel 10 ff. Öffentlichkeitsgesetz bleibt auch in diesen Fällen anwendbar. So können Gesuchstellende ein Schlichtungs- und Beschwerdeverfahren einleiten, wenn sie der Ansicht sind, eine spezialgesetzliche Geheimhaltungsbestimmung werde zu Unrecht angerufen.

Zu beachten ist, dass das Amtsgeheimnis, wie es in Artikel 22 Bundespersonalgesetz84 verankert ist, nicht als Spezialbestimmung im Sinne des vorliegenden Artikels gelten kann, da aus dieser Norm der heute allgemein geltende Geheimhaltungsgrundsatz abgeleitet wird, der mit dem vorliegenden Entwurf ja gerade durch das Öffentlichkeitsprinzip abgelöst werden soll. Das Amtsgeheimnis wird dadurch künftig in seiner Tragweite konkret definiert sein und nur noch diejenigen Informationen erfassen, die nach dem Öffentlichkeitsgesetz nicht zugänglich sind, z.B. weil sie unter eine der in Artikel 7 oder 8 vorgesehenen Ausnahmebestimmungen fallen (vgl. Ziff. 1.1.3.3 oben).

2.1.5

Amtliche Dokumente (Art. 5)

Artikel 5 definiert den Begriff des amtlichen Dokumentes.

2.1.5.1

Amtliche Dokumente im Allgemeinen (Art. 5 Abs. 1 und 2)

2.1.5.1.1

Einleitung

Das Öffentlichkeitsgesetz findet nur auf «amtliche Dokumente» Anwendung. Andere Dokumente fallen grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des vorliegenden Entwurfs.

Artikel 5 Absatz 1 definiert den Begriff des «amtlichen Dokuments» genauer, indem er drei kumulative Bedingungen aufführt: Die Information muss auf einem beliebigen Informationsträger aufgezeichnet sein (Art. 5 Abs. 1 Bst. a); sie muss sich im Besitz einer Behörde befinden (Art. 5 Abs. 1 Bst. b); sie muss die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betreffen (Art. 5 Abs. 1 Bst. c). Die erste Bedingung bestimmt 80 81 82 83 84

Art. 71 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (SR 161.1).

Art. 64 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (SR 161.1).

Vgl. Art. 3 Abs. 3 des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (SR 120).

Vgl. Ziff. 5.2.1 unten.

RS 172.220.1

1990

den Begriff des Dokuments und unterscheidet ihn vom weiter gefassten Begriff der Information. Die beiden weiteren Bedingungen präzisieren den Ausdruck «amtlich» indem einerseits auf eine persönliche (im Besitz einer Behörde befindlich), andererseits auf eine sachliche Voraussetzung (Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betreffend) Bezug genommen wird. Absatz 2 enthält zusätzlich die Präzisierung, dass auch bestimmte virtuelle Dokumente als amtliche Dokumente gelten.

Dokumente, die vor Inkrafttreten des BGÖ verfasst oder einer Behörde zugestellt wurden, sind grundsätzlich nach den Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes zugänglich. Dies gilt allerdings nicht für Informationen, die einer Behörde von ausserhalb der Verwaltung stehenden Dritten freiwillig mitgeteilt worden sind. Für sie gilt sinngemäss die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe h vorgesehene Ausnahmebestimmung, welche die Vereinbarung einer vertraulichen Behandlung im gegenseitigen Einverständnis zwischen Behörden und Dritten zulässt.

2.1.5.1.2

Begriff des Dokuments (Art. 5 Abs. 1 Bst. a)

Gemäss Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a versteht man unter einem amtlichen Dokument jede Information, die «auf einem beliebigen Informationsträger aufgezeichnet ist».

Diese Bestimmung definiert den Begriff des amtlichen «Dokuments» unabhängig vom Informationsträger: Er umfasst Berichte, Stellungnahmen, Gutachten, Entscheide, Gesetzesentwürfe, Statistiken, Zeichnungen, Pläne, Ton- oder Bildaufzeichnungen, Dokumente auf elektronischen Datenträgern, beispielsweise elektronische Nachrichten oder über Internet verbreitete Seiten. Er beinhaltet auch die Dokumente, welche zum Auffinden oder Anzeigen jener Dokumente erstellt wurden (siehe Art. 21 Bst. b). Die Form des Dokuments ist von geringer Bedeutung. Die internen elektronischen Kommunikationsnetze (Intranet) der dem vorliegenden Gesetzesentwurf unterworfenen Behörden sind deswegen nicht in Frage gestellt. Das Öffentlichkeitsprinzip verlangt nicht, dass die Verwaltung von sich aus die Gesamtheit der Dokumente an einem öffentlichen Ort zugänglich macht. Die Person, welche Zugang zu einem auf dem Intranet einsehbaren Dokument wünscht, muss dem im vorliegenden Gesetz vorgesehenen Verfahren folgen: Ihr Gesuch um Zugang, in hinreichend genauer Weise formuliert, muss ein oder mehrere bestimmte Dokumente bezeichnen; eine Verbindung zum gesamten Netz kann nicht Inhalt des Gesuches bilden.

Das Dokument muss einen informativen Inhalt besitzen: Es muss eine «Information» liefern (Art. 5 Abs. 1 Einleitungssatz). Der vorliegende Gesetzesentwurf begründet keinen Anspruch auf leere Informationsträger wie zum Beispiel Notizblöcke oder unformatierte Disketten. Dokumentvorlagen auf Papier oder elektronischen Datenträgern nach dem Muster von Stilvorlagen für die Herausgabe und elektronische Gestaltung von Texten haben jedoch informativen Inhalt. Allerdings stehen sie im Allgemeinen in keinem direktem Zusammenhang mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe und werden daher vom Begriff des amtlichen Dokuments nicht erfasst (vgl. erläuternder Bericht zu Art. 5 Abs. 1 Bst. c).

1991

Aus der Voraussetzung in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a, wonach die Information «auf einem beliebigen Informationsträger aufgezeichnet» sein muss, damit es sich um ein amtliches Dokument handelt, wird abgeleitet, dass ein solches Dokument existieren muss. Dies ist an sich selbstverständlich; dennoch ist klar festzuhalten: Das Öffentlichkeitsprinzip bezweckt nicht, die Verwaltung zur Erstellung eines noch nicht existierenden Dokuments zu verpflichten. Beispielsweise kann eine Privatperson ihr nicht den Auftrag erteilen, einen kurzen Überblick zu einem bestimmten Thema zu verfassen, Rechtsgutachten zu einer kontroversen Frage zu liefern oder die Übersetzung eines nur in einer Sprache vorhandenen Dokuments vorzunehmen.

Es muss jedoch eine Ausnahme gemacht werden, um das Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten, welche erst virtuell existieren, zu gewährleisten (vgl. Erläuterungen zu Art. 5 Abs. 2).

Stellt die Verwaltung die Nichtexistenz eines Dokuments fest und bezweifelt der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin diese Auskunft, so können sich der oder die eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte und die Beschwerdeinstanz nicht darauf beschränken, diese Erklärung der Verwaltung zur Kenntnis zu nehmen. Sie müssen Abklärungen vornehmen, um die Glaubwürdigkeit und die Ernsthaftigkeit der Vorbringen des Gesuchstellers oder der Gesuchstellerin und der Verwaltung gegeneinander abwägen zu können (vgl. Art. 16 Abs. 3 und Art. 20).

Lehnt die Behörde das Gesuch um Zugang zu einem verloren gegangenen Dokument ab, indem sie dessen Nichtbestehen geltend macht, so kann sie sich nicht darauf beschränken, das Gesuch bloss abzuweisen. Die Behörde darf nichts unversucht lassen, um dem Gesuchsteller oder der Gesuchstellerin eine möglicherweise vorhandene Kopie zu verschaffen.

Absatz 1 Buchstabe a schliesst e contrario nicht dokumentierte Informationen aus.

Eine allgemeine Auskunft über die Tätigkeit der Verwaltung, welche in keinem Dokument eine Grundlage findet, kann demnach nicht verlangt werden. Das vorliegende Gesetz begründet beispielsweise kein Recht, die von einer Person eingenommene Haltung zu einem Dokument oder den Inhalt eines nicht aufgezeichneten Gesprächs zu kennen. Der Grund für diese Regelung ist klar: Solche Informationen sind zu wenig erhärtet, als dass sie Gegenstand eines
gerichtlich durchsetzbaren Rechts sein könnten. Die Behörde ist jedoch verpflichtet, formell oder informell jede zweckdienliche Auskunft zu erteilen und Angaben über den Inhalt amtlicher Dokumente zu machen (Art. 6 Abs. 1).

Der Begriff des amtlichen Dokuments im Sinne des vorliegenden Gesetzesentwurfes ist nicht vollständig deckungsgleich mit jenem der Unterlage gemäss Artikel 3 Absatz 1 des Archivierungsgesetzes85. Die Hauptdifferenz besteht darin, dass das Archivierungsgesetz auch Handakten erfasst, im Gegensatz zum vorliegenden Entwurf (vgl. die Erläuterungen zu Art. 5 Abs. 3 Bst. c). Der Pflicht zur Archivierung bzw. zum Nachweis der Verwaltungstätigkeit (Art. 22 RVOV86; Art. 2 Abs. 2 BGA) unterliegen selbstverständlich auch die nicht vom Dokumentenbegriff des Öffentlichkeitsgesetzes erfassten Unterlagen im Sinne des Archivierungsgesetzes.

85 86

SR 152.1 SR 172.010.1

1992

2.1.5.1.3

Information, die sich «im Besitz einer Behörde befindet» (Art. 5 Abs. 1 Bst. b)

Damit eine Information vom vorliegenden Gesetzesentwurf erfasst wird, muss sie sich gemäss Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b «im Besitz einer Behörde» befinden und zwar im Besitz jener Behörde, «von der sie stammt» oder «der sie mitgeteilt worden ist».

Das gewünschte Dokument, in welchem die Information enthalten ist, muss sich tatsächlich im Besitz der angefragten Behörde befinden. Das bedeutet, dass die Behörde selber Zugang zur Information haben muss, damit sie auch der Öffentlichkeit Zugang gewähren kann. Wenn sie das Dokument nicht tatsächlich besitzt, obwohl sie dessen Erstellerin oder Hauptadressatin war, muss sie alle Massnahmen ergreifen, die zur Beschaffung des Dokuments erforderlich sind. Ist das fragliche Dokument bereits archiviert, so hat sie über den Zugang in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv zu entscheiden.

Unter «Behörde» werden die Bundesverwaltung sowie Organisationen und Private im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b verstanden.

Hinzu tritt eine weitere Voraussetzung: Die Behörde ist entweder Urheberin der Information in ihrem Besitz oder sie wurde ihr mitgeteilt. Der Gesetzesentwurf erfasst also nicht nur die von der Verwaltung erstellten Dokumente, sondern auch die Gesamtheit der Dokumente, die sie von Dritten, die nicht dem Öffentlichkeitsprinzip unterstehen, erhalten hat. Das bedeutet jedoch nicht zwingend, dass alle Informationen in den Händen der Verwaltung, deren Urheberin sie nicht ist, der Öffentlichkeit zugänglich werden. Zuerst muss die Information die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betreffen (Art. 5 Abs. 1 Bst. c), was persönliche oder rein private Informationen ausschliesst. Wurden amtliche Dokumente der Behörde von Dritten ohne jede Verpflichtung und unter der Zusicherung der Geheimhaltung mitgeteilt, begründet dies ein überwiegendes privates Interesse an der Geheimhaltung (Art. 7 Abs. 1 Bst. h). Wie bei von ihr erstellten Dokumenten bleibt der Zugang zu Dokumenten, die der Verwaltung zugestellt wurden, davon abhängig, dass keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen (Art. 7). Dokumente, welche von Kantonen oder einem anderen Staat stammen, welche das Öffentlichkeitsprinzip nicht kennen, können geheim gehalten werden, wenn ihre Bekanntmachung die Beziehungen zwischen dem Bund und den Kantonen oder die internationalen
Beziehungen der Schweiz beeinträchtigen würde (Art. 7 Abs. 1 Bst. d und e). Ein Dokument wird grundsätzlich nicht veröffentlicht, wenn dadurch die Privatsphäre des Urhebers beeinträchtigt würde, es sei denn, an der Veröffentlichung bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse (Art. 7 Abs. 2).

Wurde ein Gesuch irrtümlicherweise bei einer Behörde eingereicht, die nicht Autorin des verlangten Dokuments oder nicht dessen Hauptempfängerin ist, so muss sie das Gesuch unverzüglich an die zuständige Behörde weiterleiten.

1993

2.1.5.1.4

Information, die «die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betrifft» (Art. 5 Abs. 1 Bst. c)

Es genügt nicht, dass die Information auf einem beliebigen Informationsträger aufgezeichnet ist und sich im Besitz einer Behörde befindet; zusätzlich ist erforderlich, dass sie «die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betrifft» (Art. 5 Abs. 1 Bst. c).

Der Begriff der öffentlichen Aufgabe wurde von Artikel 3 Absatz 1 BGA87 übernommen. Es muss sich um eine öffentliche Aufgabe des Bundes handeln. Der Begriff der öffentlichen Aufgabe darf aber nicht mit jenem des öffentlichen Interesses verwechselt werden: Gewisse private Aufgaben sind geeignet, dem öffentlichen Interesse zu dienen, ohne dass sie deshalb als öffentliche Aufgaben gelten. Bei den Organisationen und Personen nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b ist die Unterstellung auf die Bereiche beschränkt, in denen sie hoheitlich auftreten. In diesen Fällen kann deshalb ohne weiteres vorausgesetzt werden, dass die Erfüllung öffentlicher Aufgaben betroffen ist.

Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c ist auf Dokumente anwendbar, welche sich im Besitz entweder der Bundesverwaltung oder der übrigen dem Gesetz unterstellten Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts befinden (Art. 2 Abs. 1). Daraus folgt, dass Informationen, welche nicht mit der Ausübung einer öffentlichen Aufgabe in Zusammenhang stehen, vom Begriff des amtlichen Dokumentes nicht erfasst werden. Letzteres ist beispielsweise der Fall, wenn Verwaltungseinheiten auch privatwirtschaftlich tätig werden dürfen und z.B. Dienstleistungen erbringen (z.B. das Institut für Geistiges Eigentum).

Der Begriff der Information, welche «die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betrifft» gemäss Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c, kann auch Informationen privater Natur umfassen. Der Zusammenhang mit einer öffentlichen Aufgabe ergibt sich nicht nur aus der Art der Information, sondern auch aus ihrem Gegenstand oder ihrem Gebrauch. Ein privates Dokument im Besitz der Verwaltung wird vom vorliegenden Gesetzesentwurf erfasst, wenn es zur Ausübung einer öffentlichen Aufgabe verwendet wird, so zum Beispiel, wenn es in Zusammenhang mit einem Entscheidungsprozess steht. Dies ist der Fall bei Dokumenten, welche die Verwaltung für die Zusprechung einer Bewilligung verlangt und die vom Gesuchsteller oder der Gesuchstellerin vorgelegt werden, ebenso bei Dokumenten, welche der Verwaltung von Privaten im
Rahmen eines Aufsichtsverhältnisses übermittelt werden. Vorbehalten bleibt der Schutz des Privatlebens oder des Geschäftsgeheimnisses.

Der Bund bleibt auch dann, wenn er sich des Privatrechts bedient, beispielsweise bei der Bewirtschaftung des Finanzvermögens oder der Beschaffung von Material und Möbeln, welche zur Erfüllung seiner Tätigkeit nötig sind, dem Öffentlichkeitsprinzip unterworfen. Amtliche Dokumente in Zusammenhang mit privatrechtlichen Verträgen der Verwaltung müssen folglich auf Grund der Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes bekannt gegeben werden. Vorbehalten bleiben insbesondere der Schutz der freien Meinungs- und Willensbildung einer Behörde (Art. 7 Abs. 1 Bst. a) und der Schutz der Positionen in laufenden oder künftigen Verhandlungen (Art. 8 Abs. 3). Schliesslich sind auch die öffentlichen Register über die Rechtsver87

SR 152.1

1994

hältnisse des Privatrechts (namentlich Handelsregister, Grundbuch oder Zivilstandsregister) nicht dem Geltungsbereich des vorliegenden Gesetzes entzogen, die spezifischen gesetzlichen Bestimmungen gelten jedoch als lex specialis. So muss beispielsweise weiterhin ein Interesse glaubhaft gemacht werden, um Einsicht in das Grundbuch nehmen zu können (Art. 970 Abs. 2 ZGB88); der vorliegende Entwurf nimmt hier keine Änderung vor (vgl. auch Erläuerungen zu Art. 4).

Dokumente, welche die dem Öffentlichkeitsgesetz nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b unterstellten Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts der Bundesverwaltung zur Verfügung stellen, betreffen grundsätzlich nur so weit eine «öffentliche Aufgabe» im Sinne der vorliegenden Bestimmung, als die betreffenden Organisationen dem Öffentlichkeitsgesetz unterstellt sind; das heisst, dort, wo sie Verfügungen erlassen. Gleiches gilt für Dokumente, welche die Bundesverwaltung mit Bezug auf solche Organisationen verfasst: Auch diese betreffen nur eine öffentliche Aufgabe (und fallen damit unter das Recht auf Zugang nach dem Öffentlichkeitsgesetz), soweit sie sich mit denjenigen Tätigkeitsbereichen befassen, in denen die betreffenden Organisationen selbst dem Öffentlichkeitsgesetz unterstellt sind.

Zum persönlichen Gebrauch bestimmte Dokumente im Besitz der Verwaltung betreffen demgegenüber grundsätzlich nicht die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe. Sie entziehen sich folglich der Definition des amtlichen Dokuments (vgl. Ziff. 2.1.5.2.3 unten). Persönliche handschriftliche oder elektronische Aufzeichnungen auf einem amtlichen Dokument beziehen sich im Allgemeinen jedoch auf die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, soweit sie nicht ausschliesslich zum persönlichen Gebrauch bestimmt sind. Trotzdem werden sie wahrscheinlich oft vom Öffentlichkeitsprinzip nicht erfasst, da sie vielfach einen Hinweis darauf geben, dass es sich noch nicht um ein fertig gestelltes Dokument handelt. In gewissen Fällen kann gleichwohl ein fertig gestelltes Dokument vorliegen: Beispielsweise, wenn der Empfänger des Textes, anstatt in einem separaten Dokument auf eine im Hauptdokument gestellte Frage zu antworten oder eine Anmerkung anzubringen, seine Stellungnahme auf dem Hauptdokument abfasst.

Rein technische Informationen sind nicht a priori dem
vorliegenden Gesetzesentwurf entzogen. In gewissen Fällen wird jedoch der Zusammenhang mit einer öffentlichen Aufgabe zu wenig eng sein, als dass solche Informationen unter den Begriff des amtlichen Dokuments fallen würden. Diese haben nämlich keinen materiellen, sondern nur einen rein formellen Zusammenhang mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe. Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter von Behörden können beispielsweise nicht gezwungen werden, jedermann ihre Datei mit den Arbeitseinstellungen für den Computer, namentlich bezüglich der Standardeinstellungen der Sprache und der Schriftart, zugänglich zu machen. Dasselbe gilt grundsätzlich für Informationen wie sog. «cookies» ­ Informationselemente, die beim Besuch von Internetseiten automatisch heruntergeladen werden ­ oder E-Mail-Logfiles, in denen Angaben über den E-Mail-Verkehr einer Benutzerin oder eines Benutzers gespeichert sind.

88

SR 210

1995

2.1.5.1.5

Virtuelle Dokumente (Art. 5 Abs. 2)

Aus Artikel 5 Absatz 1 folgt, dass amtliche Dokumente schon vorgängig vorhanden sein müssen, damit Zugang zu ihnen gewährt werden kann (vgl. erläuternder Bericht zu Art. 5 Abs. 1 Bst. a). Um das Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten zu garantieren, welche erst latent vorhanden sind und die leicht durch eine elementare Computermanipulation hergestellt werden können (virtuelle Dokumente), muss jedoch eine Ausnahme gemacht werden.

Nach Artikel 5 Absatz 2 gelten auch Dokumente, die durch einen einfachen elektronischen Vorgang aus vorhandenen Informationen hergestellt werden können, als amtliche Dokumente. Beim heutigen Stand der Technik ist diese Bestimmung vor allem im Zusammenhang mit elektronischen Datenbanken von Bedeutung: Der zur Beantwortung eines Gesuches eines Bürgers oder einer Bürgerin erstellte Auszug aus einer Datenbank ist kein vorhandenes Dokument; er muss von der Verwaltung erstellt werden, um dem Gesuch zu genügen. Das Recht auf Zugang erstreckt sich auch auf solche Dokumente, unter der Voraussetzung, dass ein «einfacher elektronischer Vorgang» es erlaubt, sie «aus vorhandenen Informationen» zu erstellen. Erlaubt es das Informatiksystem nicht, dem Ersuchen auf einfache Art und Weise Folge zu geben (beispielsweise weil aufwändige Datenbankabfragen programmiert werden müssten), wird der Bürger oder die Bürgerin informiert, dass er oder sie unter den allgemeinen Bedingungen des vorliegenden Gesetzes (insbesondere unter Vorbehalt der verschiedenen Ausnahmebestimmungen und unter Kostenfolge) Zugang zu den in der Datenbank gespeicherten Einzeldaten verlangen kann. Der Begriff des «einfachen elektronischen Vorgangs» bezieht sich auf den Gebrauch durch einen durchschnittlichen Benutzer bzw. eine ebensolche Benutzerin und ändert sich demnach der technologischen Entwicklung entsprechend.

2.1.5.2

Dokumente, die nicht als amtliche Dokumente gelten (Art. 5 Abs. 3)

Nicht als amtliche Dokumente gelten gemäss Artikel 5 Absatz 3 Dokumente, die kommerziell genutzt werden (Art. 5 Abs. 3 Bst. a), die noch nicht fertig gestellt sind (Art. 5 Abs. 3 Bst. b) oder die zum persönlichen Gebrauch bestimmt sind (Art. 5 Abs. 3 Bst. c).

2.1.5.2.1

Von einer Behörde kommerziell genutzte Dokumente (Art. 5 Abs. 3 Bst. a)

Wenn Informationen von einer dem Öffentlichkeitsprinzip unterstehenden Behörde kommerziell genutzt werden, sind sie durch diese Bestimmung vom Begriff des amtlichen Dokuments im Sinne des vorliegenden Entwurfs ausgenommen. Diese Bestimmung erlaubt es insbesondere, den gegenwärtigen Entwicklungstendenzen im Bereich der Verwaltungsorganisation Rechnung zu tragen. Zu denken ist beispielsweise an meteorologische Dienstleistungen oder an die Produktion von Landkarten.

Somit ist es möglich, für Produkte, die durch eine Behörde vermarktet werden, unabhängig von den durch das Öffentlichkeitsgesetz aufgestellten Regeln einen 1996

Preis festzusetzen und die Modalitäten der Verbreitung eines solchen Produktes unabhängig zu bestimmen (vgl. auch Art. 17 Abs. 4).

Beispiele: Verordnung des EDI vom 23. Februar 2000 über die Gebührenansätze im Bereich Meteorologie und Klimatologie89; Verordnung über die Reproduktion von Daten der amtlichen Vermessung90.

Die betreffenden Dokumente müssen tatsächlich einem kommerziellen Zweck dienen. Ist ein solches Dokument nicht mehr verfügbar, beispielsweise weil eine Publikation vergriffen ist, so ist die vorliegende Ausnahme nicht mehr anwendbar.

Der Begriff der «kommerziellen Nutzung» bezieht sich nicht nur auf Dokumente, die vermarktet werden, sondern auch auf diejenigen Dokumente bzw. Informationen, die unmittelbar der Herstellung von Produkten dienen. So fallen z.B. die geografischen Daten, welche der Produktion von topografischen Karten dienen, unter diese Ausnahmeklausel. Von Dritten kommerziell genutzte Dokumente fallen grundsätzlich in den Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes; allerdings nur dann, wenn sie tatsächlich die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c betreffen. So sind beispielsweise die Bücher der Bibliothek einer Behörde vom vorliegenden Gesetz nicht erfasst, weil sie nur indirekt die Erfüllung öffentlicher Aufgaben betreffen.

Die spezielle Bestimmung von Artikel 9 des Archivierungsgesetzes91, welche die Benutzung von Archivgut zu gewerblichen Zwecken der Bewilligungspflicht unterstellt und festhält, dass eine solche Bewilligung von einer Gewinnbeteiligung des Bundes abhängig gemacht werden kann, ist nur für archivierte Dokumente im Sinne von Artikel 3 des Archivierungsgesetzes anwendbar.

2.1.5.2.2

Nicht fertig gestellte Dokumente (Art. 5 Abs. 3 Bst. b)

Das Dokument muss in seiner definitiven Fassung vorliegen; es muss fertig gestellt sein. Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe b hält fest, dass nicht fertig gestellte Dokumente nicht als amtliche Dokumente gelten. Der Grund liegt darin, dass die Verwaltung ihren Handlungsspielraum bewahren und ihre Projekte mit der nötigen Freiheit entwickeln können muss. Ausserdem sollen Missverständnisse, Unklarheiten und andere Risiken, die sich aus der Veröffentlichung eines Dokuments mit provisorischem Charakter ergeben könnten, vermieden werden. Dasselbe gilt für Druckversuche von Aussen als Folge der Veröffentlichung nicht fertig gestellter Dokumente.

Der Ausschluss nicht fertig gestellter Dokumente muss unter dem gleichen Aspekt wie der Schutz der freien Meinungs- und Willensbildung einer Behörde (Art. 7 Abs. 1 Bst. a) betrachtet werden: Der Verwaltung muss es möglich sein, möglichst ungestört eine Meinung bilden zu können.

Als Beispiele nicht fertig gestellter Dokumente können erwähnt werden: Ein handschriftlich oder elektronisch aufgezeichneter Text mit Streichungen oder Anmerkungen vor seiner Schlusskorrektur, eine zusammenfassende Übersicht in Bearbeitung, eine provisorische Fassung eines Berichts, eine Projektskizze, Notizen aus 89 90 91

SR 172.044.29 SR 510.622 SR 152.1

1997

einer Sitzung, informelle Arbeitsnotizen, der Vorentwurf eines Textes, zusammenfassende Notizen für eine Versammlung, Notizen, die bei der Durchführung von internen Revisionen angefertigt werden und welche die Grundlage für einen Revisionsbericht darstellen usw.

Der vorliegende Gesetzesentwurf zieht den Begriff des nicht fertig gestellten Dokuments jenem des internen Dokuments vor, der im Zusammenhang mit dem aus Artikel 4 der Bundesverfassung von 1874 abgeleiteten Recht auf Akteneinsicht entwickelt wurde. Der Begriff des «internen Dokuments» umfasst die Informationen, welche der Ausarbeitung eines behördlichen Entscheides dienen, wie beispielsweise handschriftliche Notizen einer am Entscheid beteiligten Person, Projekte, interne Gutachten usw.92 Diese Ausnahme vom Akteneinsichtsrecht, die dem Schutz der behördlichen Entscheidfindung dienen soll, wird von der Lehre kritisiert93.

Der Begriff des (nicht) fertig gestellten Dokuments ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Es wird der Verwaltungspraxis und der Rechtsprechung obliegen, ihn im konkreten Fall näher zu bestimmen, wofür die vorliegenden Erläuterungen einige Anhaltspunkte bieten. Denkbar wäre auch, dass der Bundesrat diesen Begriff im Rahmen seiner Vollzugskompetenz näher umschreibt. Die genauere Begriffsbestimmung wird also grundsätzlich den mit der Anwendung und der Ausführung des vorliegenden Gesetzesentwurfs betrauten Behörden obliegen.

Die Unterzeichnung oder die Genehmigung eines Dokuments sind gewichtige Hinweise darauf, dass das Dokument fertig gestellt ist. Umgekehrt bedeutet die Tatsache, dass ein Bericht nicht gutgeheissen oder unterschrieben wurde, nicht zwingend, dass das Dokument vom vorliegenden Gesetz nicht erfasst würde; entscheidend ist, ob andere Anhaltspunkte für die Fertigstellung des Dokuments bestehen (z.B. Ablage in einem Dossier; Eintrag in ein Dokumentenregister).

Ein weiteres Merkmal ist die Übermittlung an eine andere Verwaltungsbehörde oder eine Organisation oder Person ausserhalb der Verwaltung. Verfasst beispielsweise eine Mitarbeiterin einer Behörde einen Bericht und konsultiert sie eine andere Dienststelle zu ihrem Textentwurf, so können sowohl die erhaltene Stellungnahme als auch der versendete Textentwurf fertig gestellte amtliche Dokumente sein und eingesehen werden. Voraussetzung ist, dass namentlich
nicht der Schutz der freien Meinungs- und Willensbildung der Behörde dem entgegensteht. Dasselbe gilt für einen von der Verwaltung zugestellten Bericht, von welchem die Adressaten aber noch nicht Kenntnis genommen haben, wie beispielsweise der Bericht einer interdepartementalen Arbeitsgruppe, der von ihrem Präsidenten unterzeichnet und dem Bundesrat übergeben wurde, dessen Prüfung der Bundesrat aber aufschiebt. Ein solches Dokument ist fertig gestellt, wenn man die Unterzeichnung und die Übermittlung als ausschlaggebende Kriterien betrachtet. Die Einsichtnahme kann gleichwohl verweigert werden, wenn die vorzeitige Bekanntmachung die freie Meinungsund Willensbildung der Behörde, welche Adressatin des Berichts ist, beeinträchtigen

92 93

BGE 115 V 297 (303).

Müller, G., Art. 4, in: Aubert, J.-F. et al., Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 1995, RZ 109; Barthe, C., Zur Informationstätigkeit der Verwaltung unter besonderer Berücksichtigung des Umweltschutzgesetzes des Bundes, 1993, S. 33 ff.; Moor, P., Droit administratif, Band. II, 1991, Ziff. 2.2.7.6, S. 192.

1998

könnte. Wie andere Kriterien statuiert auch jenes der Übermittlung somit nur eine widerlegbare Vermutung.

Das Kriterium der Registrierung des Dokuments in einem Klassifikations-, Organisations- oder Informationssystem der Verwaltung ist das am einfachsten zu handhabende Merkmal. Allerdings wird dadurch das Problem nur verlagert: Um eine tautologische Argumentation («ein in einem Registriersystem enthaltenes amtliches Dokument gilt als fertig gestellt / ein fertiges Dokument muss in einem System registriert werden») zu vermeiden, müssten die Regelungen über die Registrierung festlegen, wann ein Dokument fertig gestellt ist und als solches registriert werden muss. Im Bundesrecht richtet sich die Registrierung der Verwaltungstätigkeit nach Artikel 22 RVOV94. Das Eidgenössische Departement des Innern hat am 13. Juli 1999 die Weisungen über die Aktenführung in der Bundesverwaltung95 erlassen, welche Bestimmungen über die Registrierung von Dokumenten (bzw. von «Unterlagen» im Sinne der Archivierungsgesetzgebung) enthalten. Diese Weisungen müssten den Anforderungen des vorliegenden Entwurfs angepasst werden.

Auch die Bedeutung des Dokuments kann einen Hinweis darauf geben, ob das Dokument fertig gestellt ist. Zweitrangige Dokumente wie beispielsweise eine Notiz, jemanden zurückzurufen, müssten aus dem Geltungsbereich fallen. Ihre Auswirkung wird oft in anderen Dokumenten zum Ausdruck kommen, zu deren Entstehen sie in der einen oder anderen Weise beigetragen haben.

Datenbanken stellen einen Sonderfall dar: In dem Masse, in dem sich ihr Inhalt stetig weiterentwickelt, werden sie dauernd vervollständigt und aktualisiert. Man kann davon ausgehen, dass eine Datenbank im Sinne des vorliegenden Gesetzes fertig gestellt ist, wenn mindestens einer der darin enthaltenen Datensätze es auch ist. Die blosse Architektur oder Organisationsstruktur der Datenbank kann ­ je nach Umständen ­ auch für sich allein genommen einen Informationscharakter haben (vgl. Erläuterungen zu Art. 5 Abs. 1) und damit ein amtliches Dokument darstellen.

Die in Artikel 2 Absatz 1 BGA umschriebenen Unterlagen, die zu archivieren sind, wie auch der Begriff der «archivwürdigen» Unterlagen gemäss Artikel 3 Absatz 3 BGA, behalten ihre eigene Bedeutung. Der Begriff der «Unterlage» gemäss Artikel 3 BGA erfasst auch jene Dokumente, die dem
persönlichen Gebrauch der mit einer Sache befassten Bundesangestellten dienen (so genannte «Handakten»)96.

Letztere enthalten oft Dokumente, welche als «nicht fertig gestellt» im Sinne der vorliegenden Bestimmung zu bezeichnen sind oder sogar als «zum persönlichen Gebrauch bestimmte» Dokumente im Sinne des vorliegenden Entwurfs betrachtet werden können, wie etwa persönliche Notizen, Sitzungsnotizen, mit Anmerkungen versehene Textentwürfe usw. Auch nicht fertig gestellte amtliche Dokumente werden aber in vielen Fällen archivwürdig sein.

Nicht fertig gestellte Dokumente sind nicht mit vorbereitenden Dokumenten zu verwechseln: Auch vorbereitende Dokumente sind fertig gestellt, wenn sie definitiven Charakter haben. Man kann deshalb nicht alle vorbereitenden Dokumente generell aus dem vorliegenden Gesetz ausschliessen. Die verschiedenen Entwürfe eines Nationalstrassenplans, die Vorentwürfe bezüglich eines Eisenbahntrassees, die Teiloder Vorentwürfe eines Dokuments ­ soweit sie in sich selber abgeschlossen sind ­, 94 95 96

SR 172.010.1 BBl 1999 5428 BBl 1997 II 953

1999

die verschiedenen Unterlagen, die den Verlauf einer Verhandlung im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesen aufzeichnen ­ wie Vertragsentwürfe vor der Unterzeichnung ­ oder ein vorläufiger Bericht vor seiner Übergabe an den Adressaten, sind beispielsweise keine nicht fertig gestellten Dokumente, die ohne weiteres vom vorliegenden Gesetz ausgeschlossen wären. Es sei daran erinnert, dass eine Einsichtnahme unter Hinweis auf entgegenstehende überwiegende öffentliche oder private Interessen untersagt werden kann, indem beispielsweise dargelegt wird, dass das Interesse an der freien Meinungs- und Willensbildung der Behörde in einem konkreten Fall der Bekanntgabe der verlangten Dokumente entgegensteht (Art. 7 Abs. 1 Bst. a).

2.1.5.2.3

Zum persönlichen Gebrauch bestimmte Dokumente (Art. 5 Abs. 3 Bst. c)

Die zum persönlichen Gebrauch bestimmten Dokumente im Besitz der Verwaltung werden durch Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe c der Definition des amtlichen Dokuments entzogen. Zum persönlichen Gebrauch bestimmte Dokumente können in zwei Kategorien unterteilt werden: ­

Erstens fallen darunter Informationen, die zwar dienstlichen Zwecken dienen, deren Gebrauch aber ausschliesslich dem Verfasser vorbehalten bleibt: Beispielsweise die Disposition für die Ausarbeitung eines Textes, für die Verfassung eines Berichts bestimmte Kurzzusammenfassungen, Sitzungsnotizen, sogar eine Aufnahme, für die Ausarbeitung des Protokolls. Auch persönliche handschriftliche oder elektronische Aufzeichnungen auf einem amtlichen Dokument werden grundsätzlich vom Öffentlichkeitsprinzip nicht erfasst, wenn sie nur zum persönlichen Gebrauch bestimmt sind.

­

Zweitens sind darunter Informationen zu verstehen, die sich zwar im weitesten Sinne im Besitz einer Behörde befinden, die aber nicht dienstlichen Zwecken dienen; zum Beispiel Bilder aus dem Privatbesitz, die im Büro hängen. Der Bürger oder die Bürgerin haben kein Recht, Zugang zu solchen Dokumenten zu erhalten. Briefe und elektronische Nachrichten, die persönlich an einen Beamten oder eine Beamtin adressiert wurden und nicht mit einer Dienstsache zusammenhängen, bleiben ebenfalls ausserhalb des Begriffs eines amtlichen Dokumentes. Demgegenüber sind private Schreiben mit amtlichem Inhalt als amtliche Dokumente zu betrachten, da sie auch für den amtlichen Gebrauch bestimmt sind.

2.1.5.3

Anwendbares Recht bei Informationen, die nicht vom vorliegenden Gesetzesentwurf erfasst werden

Informationen, die nicht vom vorliegenden Gesetzesentwurf erfasst werden, sind nicht dem Öffentlichkeitsprinzip unterworfen. Der Bürger oder die Bürgerin habt auf Grund dieses Gesetzesentwurfs kein Recht auf Zugang zu solchen Informationen.

Regelt eine Spezialnorm einen solchen Fall, so kommt diese zur Anwendung. Findet sich keine Spezialbestimmung, so kann Artikel 4 des vorliegenden Entwurfes nicht e contrario dahingehend ausgelegt werden, dass es der Verwaltung verboten wäre, 2000

solche Informationen bekannt zu geben. Die Bekanntmachung erfolgt nach den Bestimmungen über die Information von Amtes wegen, die vom vorliegenden Entwurf nicht betroffen sind, und gegebenenfalls nach der Regelung über die Archivierung, sofern solche Dokumente archiviert sind oder archiviert werden müssen.

Die Bekanntgabe von undokumentierten Informationen oder nicht fertig gestellten Dokumenten ist also nicht a priori ausgeschlossen, es sei denn, ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse stehe entgegen (vgl. Art. 180 Abs. 2 BV; Art. 10 RVOG97). Daraus folgt, dass der bestehende Grundsatz der Geheimhaltung mit Öffentlichkeitsvorbehalt für diese Fälle weiterhin gilt.

2.2

Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten

2.2.1

Öffentlichkeitsprinzip (Art. 6)

2.2.1.1

Recht auf Zugang (Art. 6 Abs. 1)

Artikel 6 Absatz 1 ist die zentrale Bestimmung des Gesetzesentwurfs: «Jede Person hat das Recht, amtliche Dokumente einzusehen und von den Behörden Auskünfte über den Inhalt amtlicher Dokumente zu erhalten». Damit wird vom gegenwärtig noch geltenden Prinzip der Geheimhaltung der Verwaltung unter Vorbehalt von Ausnahmen zum Öffentlichkeitsprinzip gewechselt, unter Vorbehalt der in den Artikeln 7 und 8 bezeichneten Fälle. Jede Person verfügt nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf über ein subjektives Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten, ohne dass ein besonderes Interesse nachgewiesen werden müsste.

Dieses Recht steht «jeder Person» offen, unabhängig davon, ob sie Schweizer oder Schweizerin, Ausländer oder Ausländerin, in der Schweiz oder im Ausland wohnhaft ist oder ob es sich um eine natürliche oder juristische Person handelt. Die Minderjährigen werden nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Das Gesetz bestimmt keine Alterslimite zur Einreichung eines Gesuches bei der Behörde. Eine solche Beschränkung wäre nicht praktikabel, da grundsätzlich keine Bekanntgabe der Identität des Gesuchstellers oder der Gesuchstellerin verlangt wird (vgl. Ziff. 2.2.1.2 unten und Ziff. 2.3.2 unten).

Indem der Zugang «jeder Person» (Art. 6 Abs. 1) und damit der «Öffentlichkeit» (vgl. Art. 1) gewährt wird, garantiert das Öffentlichkeitsprinzip eine kollektive Information: Wird der Zugang zu einem amtlichen Dokument einer Person gewährt, so muss er allen gewährt werden. Das Prinzip kann umschrieben werden durch die Kurzformel «access to one; access to all». Eine Beschränkung des Zuganges auf einzelne Personen oder einen bestimmten Personenkreis ­ im Sinne eines Zugangs nur unter entsprechenden Auflagen ­ ist grundsätzlich nicht möglich. Beispielsweise kann die Bekanntgabe einer Information über die nationale Verteidigung nicht nur auf schweizerische Staatsangehörige unter Ausschluss der Ausländer und Ausländerinnen beschränkt bleiben. Die modernen Kommunikationsmittel würden in der Praxis die Durchsetzung der Einhaltung einer solchen Einschränkung oder Auflage ohnehin verunmöglichen. Stattdessen müsste der Vorbehalt zum Schutz der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz Anwendung finden und die betreffende Information müsste geheim bleiben.

97

SR 172.010

2001

Der Gesetzesentwurf verleiht weder den Parlamentariern und Parlamentarierinnen98 noch den Gemeinwesen noch den politischen Parteien oder den Journalisten und Journalistinnen einen privilegierten Zugang. Die individuelle Information, welche sich nur an eine bestimmte Person oder eine bestimmte Behörde richtet, wird weiterhin durch spezielle Erlasse geregelt. Zu nennen sind beispielsweise das Einsichtsrecht in Archivgut während der Schutzfrist, das «einzelnen Personen» gewährt werden kann (Art. 13 BGA), die Amtshilfe oder die besonderen Einsichtsrechte bestimmter Kommissionen und Behörden.

Der vorliegende Gesetzesentwurf macht den Zugang zu Dokumenten nicht von bestimmten Voraussetzungen bezüglich der Aktivlegitimation abhängig. Dadurch soll der Kreis derjenigen, die Zugang verlangen können, so weit wie möglich gezogen werden. Die Verwaltung kann den Zugang nicht verweigern, weil sie sich etwa im Streit mit dem Gesuchsteller oder der Gesuchstellerin befindet. Sie kann von ihm oder ihr auch nicht verlangen, dass er oder sie die Gründe für das Gesuch um Zugang darlegt. Die Behörde kann sich auch nicht nach der vom Gesuchsteller oder der Gesuchstellerin vorgesehenen Verwendung ­ zu kommerziellen oder privaten Zwecken ­ erkundigen. Die Anrufung des oder der eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten und der eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission bei Verweigerung des Zugangs ist jenen Personen vorbehalten, die vorgängig ein Gesuch um Zugang eingereicht haben. Die in den Spezialgesetzen vorgesehenen Bestimmungen bleiben in jedem Fall vorbehalten (wie zum Beispiel das Glaubhaftmachen eines Interesses im Fall der Einsicht in das Grundbuch, vgl.

Art. 970 Abs. 2 ZGB); dies folgt aus Artikel 4 des Entwurfs.

Vom verfahrensrechtlichen Standpunkt her betrachtet, bedeutet die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips eine Vermutung des freien Zugangs zu amtlichen Dokumenten. Daraus folgt, dass inskünftig die Beweislast zur Widerlegung der Vermutung der Behörde obliegt: Sie hat zumindest kurz anzugeben, aus welchen Gründen sie den Zugang verweigert (vgl. Art. 12 Abs. 4).

Artikel 6 Absatz 1 bedeutet e contrario, dass die Öffentlichkeit von Sitzungen der Behörden nicht Gegenstand dieses Gesetzesentwurfs ist, sondern weiterhin Sache der Spezialgesetzgebung bleibt. Sitzungsprotokolle,
vorbereitende Notizen oder Zusammenfassungen sind grundsätzlich öffentlich. Geheim sind sie dann, wenn dies entweder die Spezialgesetzgebung vorsieht oder ­ falls diese sich dazu nicht äussert ­ wenn überwiegende öffentliche oder private Interessen, insbesondere der Schutz der freien Meinungs- und Willensbildung der Behörde (Art. 7 Abs. 1 Bst. a), einer öffentlichen Zugänglichkeit entgegenstehen.

2.2.1.2

Einsichtnahme in amtliche Dokumente (Art. 6 Abs. 2)

Gemäss Artikel 6 Absatz 2 können amtliche Dokumente vor Ort eingesehen werden, oder es können Kopien davon angefordert werden. Wie Auskünfte über den Inhalt eines amtlichen Dokuments im Einzelfall erteilt werden müssen, wird hingegen im vorliegenden Artikel nicht explizit ausgeführt. Auskünfte werden in der Regel form98

Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier erhalten mit dem neuen Parlamentsgesetz besondere Informationsrechte; vgl. AB 2001 N 1317 ff. und 2002 S 11.

2002

los erteilt, das heisst durch mündliche Mitteilung der betreffenden Textstelle eines Berichts, per E-Mail oder durch Faxkopie. Auskünfte erfolgen in der gebotenen Kürze. Dabei hat sich die Behörde ­ bzw. deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ­ der Amtssprache zu bedienen, in welcher die gesuchstellende Person an sie gelangt.

Weiter ist darauf hinzuweisen, dass in Artikel 14 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen99 eine Verpflichtung für die Behörden vorgesehen ist, auf die Anliegen der Behinderten ­ namentlich der Hörgeschädigten und Sehbehinderten ­ Rücksicht zu nehmen. Dies bedeutet für den Zugang zu amtlichen Dokumenten, dass beispielsweise einer sehbehinderten Person Dokumente nach Möglichkeit in einer elektronischen Fassung zur Verfügung gestellt werden, damit sie die Dokumente mittels entsprechender Systeme in eine Form bringen kann, die den Inhalt für sie wahrnehmbar macht.

Die Dokumente können vor Ort eingesehen werden, das heisst dort, wo die Behörde sie aufbewahrt. In diesem Fall kann der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin entweder eine Kopie oder das Original, sofern es sich im Besitz der Behörde befindet, einsehen. Die amtlichen Dokumente müssen grundsätzlich im gewünschten Format, sofern dieses bei der Behörde vorhanden ist, zur Verfügung gestellt werden.

Der Gesetzesentwurf verbietet es nicht, die Dokumente selber zu kopieren, das heisst, sie handschriftlich abzuschreiben, zu fotografieren, eine Fotokopie anzufertigen, sie zu scannen oder in einem anderen Verfahren, das die Dokumente nicht beschädigt, zu vervielfältigen. Stellt die Verwaltung den Bürgern und Bürgerinnen Kopierapparate zur Verfügung, so ist sie berechtigt, auf Grund von Artikel 17 Gebühren zu erheben. Die Verwaltung darf angesichts des Zwecks des vorliegenden Gesetzes den Zugang nicht beispielsweise durch ungeeignete Zeiten für die Einsichtnahme übermässig erschweren. Der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin kann bei der Einsichtnahme vor Ort von Drittpersonen begleitet werden. Dies ergibt sich daraus, dass diese selber auch ein Recht auf Zugang geltend machen können, da amtliche Dokumente grundsätzlich allen zugänglich sind. Die Gesuchsteller oder Gesuchstellerinnen müssen ihre Identität grundsätzlich nur dann offenlegen,
wenn dies notwendig ist, um die Sicherheit der Behörde oder die Erhaltung des Dokuments zu gewährleisten. Einer Zugangskontrolle bei der Einsicht vor Ort, wie sie beim Betreten von öffentlichen Gebäuden üblich ist, steht aber nichts entgegen.

Ebenso ist es selbstverständlich, dass die gesuchstellenden Personen Namen und Adresse angeben müssen, damit ihnen Rechnungen für Gebühren nach Artikel 17 zugestellt werden können, wenn die Bearbeitung des Gesuches voraussichtlich kostenpflichtig ist. Der Bundesrat wird die nötigen Ausführungsbestimmungen im Rahmen seiner Vollzugskompetenz erlassen.

Der vorliegende Gesetzesentwurf sieht die Ausleihe des Dokuments nicht vor, indem er ausdrücklich festhält, dass die Einsichtnahme «vor Ort» zu erfolgen hat.

Die Verwaltung ist nicht verpflichtet, die Dokumente für die Einsichtnahme an einen bestimmten Ort zu transferieren.

Von amtlichen Dokumenten können auch Kopien angefordert werden. Entweder werden sie vor Ort ausgehändigt oder an den Wohnort beziehungsweise den Sitz zugestellt. Diesfalls kann eine Gebühr erhoben werden (Art. 17 Abs. 3 Bst. b). Der vorliegende Entwurf sieht grundsätzlich keine Beschränkungen bezüglich des Ko99

BBl 2002 8223

2003

pierens vor. Grenzen ergeben sich einzig, falls der Zustand des Dokuments einen solchen Vorgang ausschliesst. Diese Beschränkung wurde nicht ausdrücklich verankert, da sie sich aus dem Grundsatz der Gleichstellung der Gesuchsteller und Gesuchstellerinnen ergibt, welcher aus Artikel 6 des Entwurfs abgeleitet wird (vgl.

Erläuterungen zu Art. 6): Es könnte dann nicht «jeder Person» ein Recht auf Zugang garantiert werden, wenn die ersten Gesuchsteller oder Gesuchstellerinnen, welche die Dokumente einsehen, diese durch die Handhabung so veränderten, dass der Zugang für weitere Personen ausgeschlossen würde. Kopien urheberrechtlich geschützter Dokumente dürfen nur in Übereinstimmung mit den Regeln des Urheberrechts weiterverwendet werden (vgl. auch Ziff. 1.1.3.3). Artikel 6 Absatz 2 Satz 2 ruft diese Tatsache in Erinnerung. Damit richtet sich die Zulässigkeit einer Weiterverbreitung solcher Dokumente oder ihrer kommerziellen Nutzung durch Personen, welche Einsicht erhalten haben, nach der Urheberrechtsgesetzgebung.

Ist das Dokument über Internet öffentlich zugänglich, so kann sich die angefragte Behörde darauf beschränken, die Internetadresse anzugeben, unter welcher das Dokument eingesehen werden kann, verbunden mit dem Hinweis, dass auf entsprechendes Gesuch hin eine Kopie ausgestellt wird. Aus verwaltungsökonomischen Gründen ist anzustreben, einen möglichst grossen Teil der Zugangsgesuche auf dem Wege der elektronischen Übermittlung ­ sei es durch Zugänglichmachen im Internet, sei es durch Übermittlung von elektronischen Kopien per E-Mail ­ abzuwickeln.

Der Bundesrat kann mittels Verordnung die allgemeinen Modalitäten des Zugangs im Rahmen seiner Vollzugskompetenz näher regeln.

Wurde der Zugang zu einem amtlichen Dokument zu Unrecht gewährt, so haftet die Eidgenossenschaft auf Grund des Verantwortlichkeitsgesetzes100.

2.2.2

Ausnahmen vom Recht auf Zugang (Art. 7)

Um den im Hinblick auf die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips formulierten Bedenken Rechnung zu tragen (vgl. Ziff. 1.1.2.2), enthält Artikel 7 eine Liste von Fällen, in welchen der Zugang eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert werden kann, soweit überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen.

Artikel 8 zählt besondere Fälle auf, in welchen kein Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten besteht. Ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse muss nicht nachgewiesen werden. Darüber hinaus erklärt Artikel 8 eine bestimmte Kategorie von Dokumenten als ohne Einschränkung zugänglich («positive» Ausnahme, vgl. Art. 8 Abs. 4).

100

SR 170.32

2004

2.2.2.1

Vorgehen bei einer Einschränkung, Aufschiebung oder Verweigerung des Rechts auf Zugang (Art. 7 Abs. 1)

Das Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten kann nach Artikel 7 Absatz 1 «eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert» werden, soweit überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen. Die Behörde verfügt diesbezüglich über einen Ermessensspielraum. Die Art und Weise, wie der einzelne Gesuchsteller oder die einzelne Gesuchstellerin die verlangten Dokumente weiterzuverwenden gedenkt, kann keine Beschränkung des Rechts auf Zugang rechtfertigen, soweit die in den Absätzen 1 und 2 aufgelisteten Interessen durch die Zugänglichmachung nicht verletzt werden.

In Konkretisierung des Verhältnismässigkeitsprinzips muss gemäss Artikel 7 Absatz 1 teilweiser Zugang gewährt werden, wenn ein amtliches Dokument nur beschränkt Informationen enthält, die nicht veröffentlicht werden können, zum Beispiel Personendaten. In einem solchen Fall verlangt das Verhältnismässigkeitsprinzip, dass das Dokument anonymisiert wird (vgl. Erläuterungen zu Art. 9 Abs. 1). Dafür kann eine Gebühr erhoben werden, wenn dieser Vorgang einen geringfügigen Aufwand übersteigt (Art. 17 Abs. 3 Bst. a).

Die öffentlichen und privaten Interessen, die eine Verweigerung des Zugangs rechtfertigen, können sich mit der Zeit verändern. Der Zugang kann in diesen Fällen aufgeschoben werden, indem eine Frist oder eine Bedingung gesetzt wird, bei deren Eintreten sich die Behörde im Voraus verpflichtet, die Offenlegung zu erlauben (z.B. Sperrfrist) oder ihre ablehnende Stellungnahme in Wiedererwägung zu ziehen.

Der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin bleiben berechtigt, jederzeit ein Wiedererwägungsgesuch zu stellen, wenn sich die Umstände wesentlich geändert haben sollten; die Behörde ist aber nicht von sich aus zur Wiedererwägung verpflichtet.

Wird einer Person Zugang zu einem amtlichen Dokument gewährt, so muss er jeder Person gewährt werden (Grundsatz des kollektiven Zugangs: «access to one ­ access to all»; vgl. Erläuterungen zu Art. 6). Der Zugang darf gestützt auf den vorliegenden Entwurf grundsätzlich nicht auf einen bestimmten Adressatenkreis «eingeschränkt» werden, sondern nur auf Teile des Dokuments. Andernfalls könnte das Risiko bestehen, dass über diesen Weg in der praktischen Umsetzung des Öffentlichkeitsgesetzes doch noch die Anforderung eines Interessenachweises eingeführt würde.

Die Behörde kann jedoch ihre Entscheidung
mit Auflagen versehen, auch wenn dies Artikel 7 Absatz 1 nicht ausdrücklich erwähnt. Dieses Vorgehen ist auf Grund des Verhältnismässigkeitsprinzips und des öffentlichen Interesses an einer Offenlegung dann möglich, wenn die Behörde an sich berechtigt wäre, das Recht auf Zugang zu verweigern. Es ist also nicht ausgeschlossen, unter Anwendung des Verhältnismässigkeitsprinzips im Einzelfall und auf Grund der Umstände nur einen individuellen Zugang zu gewähren. Dadurch wird beispielsweise den Angehörigen eines Schweizer Entführungsopfers im Ausland die Einsicht in Akten ermöglicht, damit sie sich ein Bild von den Rettungsbemühungen der Behörden machen können. Würde jedoch diese Einsicht automatisch zum Zugangsrecht für die gesamte Öffentlichkeit führen, so müsste angesichts der durch die Publizität entstehende Gefährdung konsequenterweise auch den Betroffenen die Einsicht verweigert werden, was nicht Sinn und 2005

Zweck des Öffentlichkeitsprinzips entspräche. Ebenso wäre beispielsweise die Einschränkung des Zugangs auf einen Wissenschaftler für Forschungszwecke vorstellbar.

Der im vorliegenden Gesetz vorgesehene Mechanismus ist dual: Ein bestimmtes Dokument ist entweder öffentlich ­ d.h., dass Zugang besteht ­ oder es ist nach dem Öffentlichkeitsgesetz nicht zugänglich. Dies bedeutet indessen nicht, dass es der Verwaltung verwehrt wäre, den Bereich der nicht zugänglichen amtlichen Dokumente genauer zu umschreiben. Es bleibt ihr freigestellt, eine Abstufung bezüglich der Nichtzugänglichkeit vorzusehen. Die Verwaltung kann also weiterhin Spezialbestimmungen bezüglich des Geheimnisschutzes für bestimmte Kategorien von amtlichen Dokumenten erlassen. Die Kategorien «geheim», «vertraulich» oder «nicht klassifiziert» des geltenden Rechts werden vom vorliegenden Gesetzesentwurf nicht in Frage gestellt (vgl. für den Zivilbereich die Verordnung vom 10. Dezember 1990101 über die Klassifizierung und Behandlung von Informationen im zivilen Verwaltungsbereich; für den militärischen Bereich die Verordnung vom 1. Mai 1990102 des Eidgenössischen Militärdepartements über den Schutz von militärischen Informationen; bezüglich der Anforderungen an Personen im Besitz klassifizierter Informationen im Bereich der inneren oder der äusseren Sicherheit vgl. den 4. Abschnitt des Bundesgesetzes vom 21. März 1997103 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit und die Verordnung vom 20. Januar 1999104 über die Personensicherheitsprüfung). Die Tatsache, dass Dokumente, die als amtliche Dokumente im Sinne des vorliegenden Entwurfs gelten (vgl. Erläuterungen zu Art. 5) klassifiziert sind, stellt für die Beurteilung eines Zugangsgesuchs einen wichtigen Anhaltspunkt dar, rechtfertigt für sich allein genommen jedoch nach dem Konzept des Entwurfs eine Verweigerung des Zugangs noch nicht in jedem Fall. Die Klassifizierung eines Dokuments wird auf ein Zugangsgesuch hin zu überprüfen sein. Bei dieser Überprüfung ist insbesondere danach zu fragen, ob sich die Klassifizierung unter Berücksichtigung des Zeitablaufs noch rechtfertigt und ob sämtliche Teile eines Dokuments oder einer Informationssammlung geheimgehalten werden müssen, um den mit der Klassifizierung angestrebten Schutz bestimmter öffentlicher oder privater Interessen sicherzustellen. Der
Zugang ist zu demjenigen Teil der Informationen zu gewährleisten, dessen Zugänglichmachung die zu schützenden Interessen nicht verletzt.

Eine spezielle Gesetzesbestimmung kann ebenfalls der Bekanntgabe eines amtlichen Dokuments entgegenstehen oder bestimmte Regeln über den Zugang aufstellen.

Diese Einschränkung ist in Artikel 4 ausdrücklich vorgesehen.

Die privaten oder öffentlichen Interessen, welche eine Geheimhaltung rechtfertigen können, müssen das (öffentliche) Interesse am Zugang bzw. an der Transparenz überwiegen. Dies setzt eine Interessenabwägung voraus. Der Gesetzesentwurf nimmt diese Interessenabwägung selber vorweg, indem er in abschliessender Weise die verschiedenen Fälle überwiegender öffentlicher oder privater Interessen aufzählt.

Es genügt also, das Bestehen einer gewissen Wahrscheinlichkeit, dass der Zugang zu einem amtlichen Dokument eines der in Artikel 7 Absätze 1 und 2 aufgelisteten Interessen beeinträchtigen würde, damit das Interesse an der Geheimhaltung jenes an 101 102 103 104

SR 172.015 SR 510.411 SR 120 SR 120.4

2006

der Öffentlichkeit überwiegt. Nach Absatz 2 hat die Behörde aber einen grösseren Ermessensspielraum, indem sie im Einzelfall ausnahmsweise auch dann Zugang gewähren kann, wenn das öffentliche Interesse am Zugang, an der Transparenz, die Beeinträchtigung der Privatsphäre eines betroffenen Dritten überwiegt.

Zusammenfassend muss die Behörde bei jedem Gesuch, (1) nach Feststellung des Charakters eines amtlichen Dokuments, (2) untersuchen, ob eine spezielle Gesetzesbestimmung Anwendung findet, die den Zugang präzisiert, erlaubt, beschränkt oder verweigert, (3) bestimmen, ob das gewünschte Dokument von Artikel 8 erfasst wird, (4) das Bestehen überwiegender öffentlicher oder privater Interessen an der Geheimhaltung abklären, (5) beurteilen, ob der Zugang eingeschränkt, aufgeschoben, verweigert oder ­ in Ausnahmefällen ­ mit Auflagen oder Bedingungen verbunden werden muss.

2.2.2.1.1

Wesentliche Beeinträchtigung der freien Meinungs- und Willensbildung einer Behörde (Art. 7 Abs. 1 Bst. a)

Die Ausübung des Rechts auf Zugang darf die Funktionsfähigkeit der Verwaltung nicht stören. Ein überwiegendes öffentliches Interesse liegt daher vor, wenn gemäss Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a des vorliegenden Entwurfs die «freie Meinungs- und Willensbildung einer Behörde wesentlich beeinträchtigt werden kann».

Der Schutz der freien Meinungs- und Willensbildung bezieht sich nicht nur auf die dem Geltungsbereich des vorliegenden Gesetzes unterworfenen Behörden ­ das heisst, die Bundesverwaltung und die Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts ausserhalb der Bundesverwaltung, soweit sie Verfügungen erlassen (vgl. Art. 2 Abs. 1) ­, sondern auch auf jene, welche dem Gesetz nicht unterworfen sind wie der Bundesrat, das Bundesgericht und das Parlament oder auf internationaler Ebene der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und der Internationale Gerichtshof.

Der Schutz der «freien Meinungs- und Willensbildung» soll verhindern, dass die Verwaltung durch eine verfrühte Bekanntgabe von Informationen während eines Entscheidungsprozesses unter allzu starken Druck der Öffentlichkeit gerät, wodurch die Bildung einer eigenen Meinung und eines eigenen Willens verhindert werden könnte. Die frühzeitige Bekanntgabe bestimmter Positionen kann je nach den Umständen die öffentliche Auseinandersetzung vorzeitig blockieren: Es ist schwieriger, seine Meinung im Scheinwerferlicht zu ändern.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss der Zugang zu einem amtlichen Dokument zu einer «wesentlichen» Beeinträchtigung der Meinungs- und Willensbildung führen. Diese Bedingung ist nicht erfüllt, wenn z.B. die Veröffentlichung eines Dokuments das blosse Risiko beinhaltet, eine heftige öffentliche Auseinandersetzung zu provozieren, oder dazu führt, dass ein besonders sensibles Problem auf die politische Agenda gesetzt wird. Nicht jede Verzögerung oder Erschwerung im Entscheidungsprozess, welche sich aus der öffentlichen Auseinandersetzung ergibt, ist automatisch als wesentliche Beeinträchtigung der freien Meinungs- und Willensbildung einer Behörde zu betrachten.

2007

Bei der Ausnahme gemäss Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a müssen Zeitpunkt und Umfeld des Entscheides berücksichtigt werden: Ein auf Grund der vorliegenden Bestimmung im Rahmen eines Entscheidungsprozesses als geheim deklariertes Dokument dürfte im Allgemeinen nicht mehr geheim sein, wenn der Entscheid einmal getroffen ist. Dies schliesst jedoch nicht aus, dass diesfalls andere Interessen an der Geheimhaltung dem Zugang entgegenstehen können.

Wurde die Entscheidung gefällt, ist nicht auszuschliessen, dass eine sofortige Veröffentlichung von bestimmten Dokumenten unter gewissen Bedingungen zu einer Beeinträchtigung der freien Meinungs- und Willensbildung der Behörde führen kann. Ist dies der Fall, so könnte eine Frist für die Einsichtnahme nach dem Entscheid in Betracht gezogen werden. Diese Ausnahme kann unter Umständen also auch zum Tragen kommen, nachdem der Entscheid getroffen ist; namentlich wenn eine Spezialbestimmung vorsieht, dass eine Behörde unter Ausschluss der Öffentlichkeit ihren Beschluss fasst. Eine sofortige Veröffentlichung der vorbereitenden Dokumente nach der Beschlussfassung hätte zur Folge, dass die Meinungen der Mitglieder der Behörde bekannt würden, obwohl sie durch den vorliegenden Gesetzesentwurf geschützt werden sollen. Behördenmitglieder hätten diesfalls nicht mehr die Freiheit, von der Haltung, die sie offiziell vertreten, abzuweichen. Zu präzisieren ist, dass der vorliegende Entwurf nur subsidiär anwendbar ist, wenn ein Spezialgesetz die Beschlussfassung unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorsieht, da der Zugang zu den Dokumenten diesfalls üblicherweise durch das Spezialgesetz selber geregelt sein wird.

Sieht ein Spezialgesetz die Zugänglichkeit oder Veröffentlichung bestimmter Informationen nach dem Entscheid einer Behörde im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des vorliegenden Gesetzes vor, so ist eine solche Bestimmung gegenüber der vorliegenden Ausnahmeklausel in einem konkretisierenden Sinn zu verstehen: Die Behörde kann also den Zugang zu den betreffenden Informationen (und weiteren Dokumenten, die zur Entscheidvorbereitung dienen) bis zum gesetzlich vorgesehenen Veröffentlichungszeitpunkt aufschieben (Beispiel: Art. 14 Abs. 1 und 2 Finanzkontrollgesetz105).

Der Bundesrat stellt einen Sonderfall dar. Es wird in den Erläuterungen zu Artikel 8 Absatz 1 und Absatz 2 darauf
zurückzukommen sein.

Der Zugang zu Dokumenten, die die in Artikel 3 Buchstabe a aufgezählten Verwaltungsrechtspflege- und Justizverfahren betreffen, richtet sich nach den anwendbaren Verfahrensgesetzen. Dokumente, die zwar in einem weiteren Zusammenhang mit einem solchen Verfahren stehen, aber keinen Eingang in die Verfahrensakten im engeren Sinn finden, sind dagegen grundsätzlich nach dem Öffentlichkeitsgesetz zugänglich. Der Schutz der freien Meinungs- und Willensbildung einer Behörde kommt in einem solchen Fall dann zur Anwendung, wenn die Bekanntmachung eines amtlichen Dokuments geeignet ist, den Verlauf eines hängigen Verfahrens oder vorbereitende Handlungen zu beeinflussen. Beispielsweise könnte ein innerhalb der Verwaltung im Hinblick auf die eventuelle Eröffnung eines Verfahrens bestelltes Rechtsgutachten für den Bürger oder die Bürgerin für die Vorbereitung ihrer Verteidigung von grossem Nutzen sein, indem er oder sie sich auf die im Gutachten gezogenen Schlüsse stützen könnte. Ein solches Dokument wäre geeignet, den Verlauf eines künftigen oder hängigen Verfahrens zu stören, insbesondere, wenn der Staat 105

SR 614.0

2008

als Partei am Verfahren beteiligt ist und eine dem Rechtsgutachten widersprechende Verteidigungslinie wählt. Unter gewissen Umständen kann die vorliegende Bestimmung auch nach dem Abschluss eines Verfahrens angerufen werden. Dies ist der Fall, wenn der Zugang zu einem öffentlichen Dokument, das nicht zu den Verfahrensakten im engeren Sinn zählt, in einem weiteren Verfahren die freie Meinungsund Willensbildung einer Behörde wesentlich beeinträchtigen könnte.

Auch der Zugang zu amtlichen Dokumenten eines nichtstreitigen Verwaltungsverfahrens, wie erstinstanzliche Verfahren auf Erlass einer Verfügung (mit Ausnahme der Schiedsverfahren), Plangenehmigungsverfahren, Schlichtungsverfahren, Vertragsabschlüsse oder Vollzug von Realakten, muss im Hinblick auf die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der freien Meinungs- und Willensbildung der Behörde geprüft werden. Das Gleiche gilt für Dokumente und Informationen, die von der Verwaltung im Hinblick auf die Eröffnung eines solchen Verfahrens erstellt wurden.

Auf amtliche Dokumente über Positionen in laufenden oder künftigen Verhandlungen findet Artikel 8 Absatz 3 Anwendung.

2.2.2.1.2

Erhebliche Beeinträchtigung der zielkonformen Durchführung behördlicher Massnahmen (Art. 7 Abs. 1 Bst. b)

Die vorliegende Ausnahme stellt sicher, dass Informationen geheim gehalten werden können, die der Vorbereitung konkreter behördlicher Massnahmen dienen. Zu denken ist beispielsweise an Aufsichtsmassnahmen, Inspektionen der Steuerbehörden oder bestimmte Aufklärungskampagnen etwa im Bereich der Tabakprävention. Die Ausnahme kann dann angerufen werden, wenn durch die Zugänglichmachung bestimmter Informationen, die eine Massnahme vorbereiten, die betreffende Massnahme ihr Ziel mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ­ bzw. nicht vollumfänglich ­ erreichen würde.

Unter diese Ausnahmebestimmung können namentlich auch Massnahmen fallen, deren Durchführung der Bund als Aktionär im Rahmen seiner Beteiligungen an privatwirtschaftlich organisierten Unternehmungen (z.B. Swisscom) plant.

2.2.2.1.3

Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz (Art. 7 Abs. 1 Bst. c)

Diese Ausnahme betrifft in erster Linie die Tätigkeiten des Polizei-, Zoll-, Nachrichten- und Militärwesens. Sie erlaubt, Massnahmen zum Erhalt der Handlungsfähigkeit der Regierung in ausserordentlichen Lagen, zur Sicherstellung der wirtschaftlichen Landesversorgung, Informationen über technische Einzelheiten oder den Unterhalt von Rüstungsgütern usw. oder Informationen, deren Zugänglichmachung zur Beeinträchtigung der Sicherheit wichtiger Infrastrukturen oder gefährdeter Personen führen würden, geheim zu halten.

Jede Information, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit zu gefährden, wenn sie unkontrolliert verbreitet wird, kann also auf Grund dieser Bestimmung dem Recht auf Zugang entzogen werden. Beispielsweise ist das der Fall, wenn der Zugang der Öffentlichkeit zu einem amtlichen Dokument Einzelpersonen oder Teile der Bevöl2009

kerung dem Terrorismus, der Kriminalität, dem gewalttätigen Extremismus oder der Spionage aussetzen würde. Diese Bedingung wäre beispielsweise bei der Veröffentlichung von im jeweiligen Zeitpunkt aktuellen Sicherheitsbeurteilungen und entsprechenden Massnahmenplanungen erfüllt. Als weiteres Beispiel können Informationen über die Sicherheitsmassnahmen betreffend nukleare Anlagen bzw. Materialien angeführt werden.

Militärische Dokumente sind auf Grund der Verordnung vom 1. Mai 1990106 über den Schutz von militärischen Informationen Gegenstand einer Spezialklassifizierung. Der vorliegende Entwurf lässt diese Regelung weiterhin gelten. Das Gleiche gilt für die Spezialklassifizierung in Zivilsachen (vgl. Ziff. 2.2.2.1 oben).

2.2.2.1.4

Beeinträchtigung der aussenpolitischen Interessen oder der internationalen Beziehungen der Schweiz (Art. 7 Abs. 1 Bst. d)

Die Aussenbeziehungen zählen gemeinsam mit den Sicherheitsfragen zu den sensitiven Bereichen staatlicher Tätigkeit. Daher schränken sämtliche Staaten, welche das Öffentlichkeitsprinzip eingeführt haben, die Veröffentlichung von Auskünften oder Informationen, welche die Wahrnehmung ihrer Interessen in auswärtigen Angelegenheiten stören, ein. Insbesondere die Informationsbeschaffung über Situationen, Vorgänge und Absichten des Auslands sind für die Führung der Aussenpolitik und die Pflege der Aussenbeziehungen von grosser Bedeutung. Für die erfolgreiche Verhandlungsführung ist es ferner entscheidend, dass die entsprechenden Unterlagen nicht an die Öffentlichkeit oder an die Gegenseite gelangen (siehe dazu Ziff. 2.2.3.2 unten). Ähnliches gilt für diplomatische Schritte im zwischenstaatlichen Verkehr: Da die Staaten erfahrungsgemäss auf öffentliche Kritik oder Interventionen des Auslands sehr empfindlich reagieren, bildet die Vertraulichkeit in der Regel ein wesentliches Element für den Erfolg von diplomatischen Demarchen. Als Beispiele für die Illustration dieses Grundsatzes lassen sich Interventionen im Rahmen des konsularischen und diplomatischen Schutzes, z.B. bei Entführungen von Schweizerinnen und Schweizern im Ausland, oder bei Demarchen zu Gunsten der Menschenrechte, des humanitären Völkerrechts oder in Asylfragen anführen.

Die aussenpolitischen Interessen und die internationalen Beziehungen der Schweiz können nicht nur beeinträchtigt werden, wenn es um zwischenstaatliche Beziehungen oder Beziehungen zwischen Staaten und internationalen Organisationen geht, sondern in einem weiteren Sinn auch, wenn Beziehungen der Schweiz zu halbprivaten oder privaten ausländischen Ansprechpartnern betroffen sind.

Zu erwähnen ist schliesslich, dass die Schweiz auf Grund internationaler vertraglicher Verpflichtungen oder anerkannter Staatenpraxis (z.B. im Rahmen der Zusammenarbeit innerhalb internationaler Organisationen) gehalten sein kann, gewisse ausländische Dokumente nicht öffentlich zugänglich zu machen107. Es entspricht nämlich internationalen Gepflogenheiten, dass Informationen, welche ein ausländischer Staat oder eine internationale Organisation als intern oder vertraulich übergibt, 106 107

SR 510.411 Vgl. z.B. Art. 6 Abs. 1 des Übereinkommens vom 3. März 1980 über den physischen Schutz von Kernmaterial (SR 0.732.031).

2010

vom Empfängerstaat grundsätzlich nur mit Zustimmung des Absenders an die Öffentlichkeit weitergegeben werden. Bei Verletzung dieses Grundsatzes riskiert eine Behörde, dass wichtige Informationsquellen versiegen.

2.2.2.1.5

Beeinträchtigung der Beziehungen zwischen dem Bund und den Kantonen oder zwischen Kantonen (Art. 7 Abs. 1 Bst. e)

Diese Bestimmung verbietet die Erteilung von Auskünften oder die Veröffentlichung von Informationen, die geeignet sind, die Beziehungen zwischen dem Bund und den Kantonen oder zwischen Kantonen unter sich zu beeinträchtigen. Dasselbe wird im französischsprachigen Gesetzesentwurf mit dem Begriff «relations confédérales» und im italienischsprachigen Gesetzesentwurf mit dem Begriff «rapporti confederali» umschrieben.

Die Bekanntmachung von Dokumenten, die aus einem Kanton stammen, der das Öffentlichkeitsprinzip nicht kennt oder dessen Tragweite materiell abweichend von der entsprechenden Regelung auf Bundesebene definiert, und die deswegen auf Grund kantonalen Rechts geheim sind, kann unter Umständen die Beziehungen zwischen dem Bund und diesem Kanton (oder zwischen dem Kanton, von dem das Dokument stammt, und dritten Kantonen) beeinträchtigen. Ist damit zu rechnen, so muss der Zugang zu solchen Dokumenten verweigert werden.

2.2.2.1.6

Gefährdung der wirtschafts-, geld- und währungspolitischen Interessen der Schweiz (Art. 7 Abs. 1 Bst. f)

Die Zugänglichmachung eines amtlichen Dokuments darf die wirtschafts-, geld- und währungspolitischen Interessen der Schweiz nicht gefährden. Die Geheimhaltung rechtfertigt sich, damit wirtschafts-, geld- und währungspolitische Strategien ohne Druck von aussen erarbeitet werden können. Die besonders schwerwiegenden Folgen eines vorzeitigen Bekanntwerdens von Handlungsabsichten in diesem Bereich rechtfertigen in diesem Fall die Geheimhaltung.

Die Bestimmung bleibt aber auf jene Fälle beschränkt, in denen eine Bekanntgabe eines Dokuments zu einer tatsächlichen Gefährdung der wirtschafts-, geld- und währungspolitischen Interessen führen könnte, das heisst, wenn die Veröffentlichung bestimmter Informationen beispielsweise spekulativen Geschäften Vorschub leisten würde.

2.2.2.1.7

Beeinträchtigung von Berufs-, Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnissen (Art. 7 Abs. 1 Bst. g)

Die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips darf keinesfalls dazu führen, dass Berufs-, Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse ausserhalb der Verwaltung stehender Dritter offenbart werden müssten. So fallen z.B. gewisse technische Informationen im Rahmen von Beschaffungsprojekten im Rüstungsbereich oder anderen öffentli2011

chen Beschaffungsprojekten oder etwa die Akten laufender Patentprüfungsverfahren unter diese Ausnahmeklausel. Auch Informationen, die im Falle einer Veröffentlichung den Aktienkurs von Unternehmen wesentlich beeinflussen könnten, an denen der Bund Beteiligungen hält, können im weiteren Sinne unter den Begriff des «Geschäftsgeheimnisses» fallen. Der Wettbewerb zwischen Marktteilnehmern darf durch das Öffentlichkeitsgesetz nicht verzerrt werden.

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe g findet auch auf die Bundesverwaltung und auf die weiteren dem Gesetz unterstellten Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts Anwendung. In gewissen Fällen könnte die Zugänglichmachung bestimmter Informationen einer Wettbewerbsverzerrung ­ in einem weiteren Sinne ­ gleichkommen. Die Ausnahmeklausel erlaubt daher auch den Behörden im Sinne dieses Gesetzes beispielsweise den Schutz von geplanten oder laufenden Forschungsprojekten, von bestimmten Informationen betreffend den Erwerb von Kulturgut, von Marktstrategien usw. Die Spezialbestimmungen betreffend den Schutz solcher Geheimnisse bleiben vorbehalten und damit weiterhin unverändert anwendbar (vgl. Erläuterungen zu Art. 4).

2.2.2.1.8

Offenbarung von Informationen, die der Behörde von Dritten freiwillig mitgeteilt worden sind und deren Geheimhaltung die Behörde zugesichert hat (Art. 7 Abs. 1 Bst. h)

Hat ein Dritter (und nicht eine dem vorliegenden Entwurf unterworfene Behörde, da die amtlichen Dokumente in deren Besitz definitionsgemäss dem Öffentlichkeitsprinzip unterliegen) ohne Verpflichtung ­ das heisst, ohne gesetzliche oder vertragliche Pflicht ­ und unter Zusicherung der Geheimhaltung seitens der Verwaltung eine Information mitgeteilt, so muss der Zugang zu einem amtlichen Dokument, das solche Informationen enthält, verweigert werden können. Die beiden Bedingungen ­ Fehlen einer Verpflichtung und Zusicherung der Geheimhaltung ­ müssen kumulativ erfüllt sein. Ist jemand auf Grund gesetzlicher Bestimmungen (ein Gesetz im materiellen Sinne genügt) verpflichtet, eine Information zu liefern, so kann er oder sie keine Garantie für die Geheimhaltung verlangen. Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe h ist auch dann nicht anwendbar, wenn jemand der Verwaltung eine Information zwar ohne Verpflichtung mitteilt, aber nicht präzisiert, dass diese geheim zu halten ist.

Die Zusicherung der Geheimhaltung muss grundsätzlich ausdrücklich verlangt und ebenso ausdrücklich gegeben werden; ein stillschweigendes Begehren oder eine stillschweigende Zusicherung dürfen nur mit grösster Zurückhaltung angenommen werden. Sonst könnte der Zweck des Gesetzesentwurfs ­ die Erleichterung des Zugangs der Öffentlichkeit zu amtlichen Dokumenten und die Förderung der Transparenz der Verwaltung (vgl. Art. 1) ­ leicht unterlaufen werden.

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe h ist nicht anwendbar, wenn die Informationen von einem Kanton oder einem fremden Staat mitgeteilt wurden, da es sich in diesen Fällen nicht um private Interessen handelt. Solche Dokumente müssen jedoch geheim gehalten werden, wenn ihre Bekanntmachung die Beziehungen zwischen dem Bund und den Kantonen oder zwischen den Kantonen respektive die internationalen Beziehungen beeinträchtigen könnte (vgl. Erläuterungen zu Art. 7 Abs. 1 Bst. d und e).

2012

2.2.2.2

Beeinträchtigung der Privatsphäre (Art. 7 Abs. 2)

Die Bundesverfassung vom 18. April 1999 garantiert ausdrücklich den Schutz der Privatsphäre (Art. 13 BV). Als Aspekt davon ist das Recht auf Schutz der persönlichen Daten besonders hervorgehoben (Art. 13 Abs. 2 BV). Daraus ergibt sich, dass dem Schutz der Privatsphäre Dritter im Rahmen des Öffentlichkeitsgesetzes ­ und vor allem bei dessen Vollzug ­ besondere Bedeutung zukommen muss. Der vorliegende Entwurf sieht daher eine Bestimmung vor, die es der Behörde ermöglicht, den Zugang zu amtlichen Dokumenten zu beschränken oder zu verweigern, wenn das Zugänglichmachen die Privatsphäre Dritter beeinträchtigen würde. Für die Koordination des Öffentlichkeitsprinzips mit der Datenschutzgesetzgebung wird auf die Erläuterungen zu den Artikeln 9, 11 und 23 verwiesen.

Bisweilen muss es aber sogar trotz einer wesentlichen Beeinträchtigung der Privatsphäre bestimmter Personen möglich sein, Informationen zugänglich zu machen, so etwa bei Vorkommnissen innerhalb der Verwaltung (z.B. bei Korruptionsfällen).

Artikel 7 Absatz 2 sieht daher ­ anders als bei den übrigen Ausnahmeklauseln ­ einen Vorbehalt des überwiegenden öffentlichen Interesses vor. Es versteht sich von selbst, dass eine Zugänglichmachung von Informationen gestützt auf diese Bestimmung nur in Ausnahmefällen in Frage kommen kann. Denkbar wäre sie etwa, wenn es um Dokumente geht, die im Zusammenhang mit der Gewährung namhafter wirtschaftlicher Vorteile an Einzelne stehen, wenn Inhaber von Bewilligungen und Konzessionen betroffen sind oder wenn es sich um Verträge handelt, die der Staat mit Privaten abgeschlossen hat. Selbstverständlich ist dabei die Voraussetzung, dass nicht eine andere Ausnahmeklausel (Art. 7 Abs. 1) oder eine spezialgesetzliche Geheimnisnorm (Art. 4) dem Zugang entgegensteht. Den betroffenen Dritten steht dabei das Anhörungsrecht nach Artikel 11 des Entwurfs zu, wenn es um den Zugang zu amtlichen Dokumenten geht, die Personendaten enthalten.

2.2.3

Besondere Fälle (Art. 8)

Artikel 8 regelt besondere Fälle: Gewisse Dokumente werden dem Recht auf Zugang entzogen; andere werden einem uneingeschränkten Recht auf Zugang unterworfen. Eine Interessenabwägung findet in keinem der beiden Fälle statt.

Kein Recht auf Zugang besteht zu Dokumenten des Mitberichtsverfahrens (Abs. 1 Bst. a) und zu Dokumenten über Positionen in laufenden oder künftigen Verhandlungen (Abs. 3). Der Klarheit halber sei darauf hingewiesen, dass Entscheide des Bundesrates nicht zugänglich sind, weil der Bundesrat als Kollegialbehörde dem Öffentlichkeitsgesetz nicht untersteht (vgl. Ziff. 2.1.2.1 oben).

Die das Ämterkonsultationsverfahren betreffenden Dokumente werden in Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 behandelt. Artikel 8 Absatz 4 begründet gegenüber den in Artikel 7 vorgesehenen Ausnahmen eine positive Gegenausnahme, indem er Evaluationsberichte über die Leistungen und die Wirksamkeit der Bundesverwaltung in jedem Fall als öffentlich zugänglich erklärt.

Artikel 8 Absätze 1 und 3 bedeuten indessen nicht, dass kein Zugang zu solchen Dokumenten gewährt werden könnte. Die gegenwärtig geltenden Bestimmungen über die Pflicht der Behörden zur aktiven Information bleiben anwendbar. Die 2013

Information kann also öffentlich gemacht werden, wenn dies dem Willen der Verwaltung entspricht und keine überwiegenden Interessen oder Spezialnormen dem entgegenstehen (vgl. Art. 180 Abs. 2 BV). Der Einzelne verfügt jedoch hinsichtlich solcher Dokumente über kein subjektives Recht auf Zugang.

2.2.3.1

Mitberichts- und Ämterkonsultationsverfahren (Art. 8 Abs. 1)

2.2.3.1.1

Amtliche Dokumente des Mitberichtsverfahrens (Art. 8 Abs. 1 Bst. a)

Zu amtlichen Dokumenten des Mitberichtsverfahrens (vgl. Art. 15 RVOG) besteht auf Grund der vorliegenden Bestimmung kein Recht auf Zugang. Es sei daran erinnert, dass der Bundesrat als Kollegialbehörde nicht vom Geltungsbereich des vorliegenden Entwurfs erfasst wird (vgl. Erläuterungen zu Art. 2). Zur Wahrung des Kollegialitätsprinzips im Bundesrat (Art. 12 RVOG) wurde in Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a die Geheimhaltung der amtlichen Dokumente des Mitberichtsverfahrens eingeführt. Solche Dokumente bleiben auch nach dem Entscheid des Bundesrates geheim (Art. 21 RVOG in Verbindung mit Art. 15 RVOG). Das Öffentlichkeitsprinzip findet also auf amtliche Dokumente, die zur Vorbereitung der Entscheide des Bundesrates dienen, keine Anwendung. Der Zugang zu Aufzeichnungen der Bundesratsmitglieder, ihrer persönlichen Berater und Beraterinnen und weiterer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kann sowohl auf der Grundlage von Artikel 21 RVOG als auch nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a des vorliegenden Entwurfs verweigert werden. Soweit solche Aufzeichnungen nicht fertig gestellte Dokumente im Sinne von Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe b darstellen, bleiben sie ipso iure ausserhalb des vorliegenden Gesetzesentwurfs.

Das Mitberichtsverfahren im Sinne dieses Gesetzes beginnt mit der Übergabe der Dokumente durch das Bundesamt an den Departementsvorsteher oder an die Departementsvorsteherin. Der Bundesrat kann im Rahmen seiner allgemeinen Vollzugskompetenz auf dem Verordnungsweg diese Frage näher regeln und die insofern ungenauen Artikel 15 und 21 RVOG präzisieren.

2.2.3.1.2

Amtliche Dokumente, die ein Ämterkonsultationsverfahren betreffen (Art. 8 Abs. 1 Bst. b und Abs. 2)

Der Begriff der Ämterkonsultation entspricht jenem in Artikel 4 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV)108. Bei der Vorbereitung von Anträgen an den Bundesrat lädt das federführende Amt die mitinteressierten Verwaltungseinheiten unter Ansetzung angemessener Fristen zur Stellungnahme ein.

Ein Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Ämterkonsultationen betreffen (namentlich die Stellungnahmen der Ämter und die Dokumente, auf welche sich die Stellungnahmen beziehen; z.B. Gesetzes- und Botschaftsentwürfe), welche 108

SR 172.010.1

2014

anschliessend zu einem Entscheid des Bundesrates führen, besteht erst ab Entscheid des Bundesrates. Mit dieser Lösung wird gewährleistet, dass die freie Meinungsund Willensbildung der Exkutive nicht beeinträchtigt wird. Nach dem Entscheid des Bundesrates besteht der Zugang insoweit, als nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen (vgl. Art. 7). Für amtliche Dokumente von Ämterkonsultationen, bei welchen es nicht zu einem Entscheid des Bundesrates kommt, findet die Ausnahme von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b keine Anwendung. Ob und in welchem Umfang Zugang gewährt werden kann, hängt allein davon ab, ob Ausnahmen nach Artikel 7 zur Anwendung kommen.

2.2.3.2

Amtliche Dokumente über Positionen in laufenden oder künftigen Verhandlungen (Art. 8 Abs. 3)

Artikel 8 Absatz 3 schliesst amtliche Dokumente über Positionen in laufenden oder künftigen Verhandlungen vom Öffentlichkeitsprinzip aus. Diese Ausnahme bezieht sich auf alle Arten von Verhandlungen: Der Vertragsabschluss im Rahmen der administrativen Hilfstätigkeit wird ebenso erfasst wie das Führen von internationalen Verhandlungen. Der Grund für eine solche Ausnahme erklärt sich dadurch, dass keine Verhandlung wirkungsvoll geführt werden könnte, wenn eine Partei von Anfang an dazu gezwungen würde, ihre Karten auf den Tisch zu legen. Die Verhandlungen müssen indessen in einer kurzen oder doch zumindest absehbaren Frist bevorstehen. Eine bloss vage Möglichkeit, dass eine Information irgendwann einmal innerhalb eines Verhandlungsprozesses relevant sein könnte, kann ihre Geheimhaltung nicht rechtfertigen.

Die ordentlichen Bestimmungen, welche eine Geheimhaltung erlauben (Art. 7) finden demgegenüber auf Dokumente Anwendung, die abgeschlossene Verhandlungen betreffen. Beispiele: Schutz der äusseren Sicherheit bei einem militärischen Abkommen oder Beeinträchtigung der internationalen Beziehungen im Falle einer internationalen Verhandlung.

2.2.3.3

Dokumente mit unbeschränktem Zugang: Evaluationsberichte über die Leistungsfähigkeit der Bundesverwaltung und die Wirksamkeit ihrer Massnahmen (Art. 8 Abs. 4)

Artikel 8 Absatz 4 bildet ebenfalls einen Sonderfall zu dem in Artikel 7 vorgesehenen Katalog von Ausnahmen. Im Unterschied zu den vorhergegangenen Absätzen garantiert er einen absoluten Zugang zur den Evaluationsberichten über die Leistungsfähigkeit der Bundesverwaltung und die Wirksamkeit ihrer Massnahmen («positive» Ausnahme). Die Bestimmungen von Artikel 7 finden keine Anwendung.

Die von diesem Absatz erfassten Berichte müssen amtliche Dokumente im Sinne dieses Entwurfs sein. Sie müssen namentlich die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betreffen (vgl. Art. 5 Abs. 1 Bst. c). Objekt der Evaluation über die Leistungen und die Wirksamkeit ist einzig die Bundesverwaltung. Nicht unter diese Bestimmung fallen Dokumente, welche unmittelbar die Evaluation von Leistungen einzelner Personen betreffen.

2015

2.2.3.4

Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten (Art. 9, 11 und 12 Absatz 3)

Artikel 9 legt die Grundsätze der Koordination zwischen Öffentlichkeits- und Datenschutzgesetz fest. Der Schutz von Personendaten als Aspekt des verfassungsmässig garantierten Persönlichkeitsschutzes (Art. 13 Abs. 2 BV) geht dem Recht auf Zugang grundsätzlich ­ wenn auch nicht absolut ­ vor. In der Vernehmlassung wurde von verschiedener Seite gefordert, diese Koordination deutlicher zum Ausdruck zu bringen bzw. den Vorrang des Schutzes von Personendaten explizit im Öffentlichkeitsgesetz zu verankern (vgl. Ziff. 1.2.2 oben).

Der im Öffentlichkeitsgesetz verwendete Begriff der «Personendaten» deckt sich mit der Definition in Artikel 3 Datenschutzgesetz109. Zwei Fälle sind zu unterscheiden: Der Zugang einer Person zu ihren eigenen Daten und der Zugang zu Personendaten von Dritten.

Der Zugang einer Person zu Daten, die sie selbst betreffen, wird durch die Datenschutzgesetzgebung geregelt (vgl. Art. 3 Bst. c des Entwurfs sowie Art. 8­10 DSG).

Das Verfahren betreffend den Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten von Dritten enthalten, richtet sich nach den Regeln des vorliegenden Gesetzes.

Artikel 9 Absatz 1 hält den Grundsatz fest, dass aus solchen Dokumenten die Personendaten aus solchen Dokumenten durch Anonymisierung zu entfernen sind, bevor sie zugänglich gemacht werden. Dies kann beispielsweise durch Einschwärzen von Angaben, die einen Rückschluss auf bestimmte Personen zulassen, geschehen. Zu beachten ist, dass nach Artikel 19 Absatz 2 DSG Name, Vorname, Adresse und Geburtsdatum einer Person (unter Vorbehalt von Art. 19 Abs. 4 DSG) grundsätzlich bekanntgegeben werden können, ohne dass weitere Voraussetzungen gegeben sind.

Wenn ein Dokument nicht anonymisiert werden kann ­ etwa, weil das Zugangsgesuch sich auf ein Dokument bezieht, das eine bestimmte, von der Gesuchstellerin oder dem Gesuchsteller bezeichnete Person betrifft, oder weil die Anonymisierung einen unverhältnismässigen Aufwand erfordern würde ­ kommt Artikel 19 DSG zur Anwendung (Art. 9 Abs. 2, 1. Satz). Zunächst ist abzuklären, ob eine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage anwendbar ist (Art. 19 Abs. 1 DSG in Verbindung mit Art. 17 DSG); in diesem Fall richtet sich das weitere Verfahren nach der anwendbaren Spezialgesetzgebung. Ist dies nicht der Fall, so hat die Behörde aus verfahrensökonomischen Gründen zu entscheiden,
ob eine im Öffentlichkeitsgesetz vorgesehene Ausnahmebestimmung, eine spezialgesetzliche Geheimhaltungspflicht oder Datenschutzvorschrift oder wesentliche öffentliche Interessen oder offensichtlich schutzwürdige Interessen der betroffenen Person dem Zugang entgegenstehen könne (vgl.

Art. 4 und 7 des vorliegenden Entwurfs sowie Art. 19 Abs. 4 DSG). Wenn von vornherein ein solcher Ausnahmegrund gegeben ist, muss die Frage des Zugangs zu Personendaten nicht entschieden werden. Der ablehnende Zugangsentscheid kann im vom Öffentlichkeitsgesetz vorgesehenen Verfahren überprüft werden (Art. 9 Abs. 2, 2. Satz).

109

SR 235.1

2016

Wenn aber die Behörde zum Ergebnis gelangt, dass keine der vom Öffentlichkeitsgesetz oder dem Datenschutzgesetz vorgesehenen Ausnahmen und keine spezialgesetzlichen Bestimmungen dem Zugang entgegensteht, so ist weiter zu prüfen, ob die betroffene Person ausdrücklich oder implizit einer Bekanntgabe ihrer Daten zugestimmt hat (Art. 19 Abs. 1 Bst. b DSG).

Gelangt die Behörde, die über das Zugangsgesuch zu entscheiden hat, zur Ansicht, dass eine solche Zustimmung vorliegt, so kann die Behörde den Zugang gewähren.

Liegt keine Zustimmung der betroffenen Person zur Bekanntgabe vor und ist die Behörde nicht von vornherein der Ansicht, dass eine vom Öffentlichkeitsgesetz vorgesehene Ausnahme oder eine spezialgesetzliche Geheimhaltungs- oder Datenschutzbestimmung anwendbar ist, so hört sie die betroffene Person ­ soweit dies möglich ist ­ an, indem sie sie über das Zugangsgesuch informiert und ihr 10 Tage Zeit für die Stellungnahme einräumt (Art. 11 Abs. 1). Ist die Behörde auch nach dieser Anhörung der Ansicht, dass das öffentliche Interesse am Zugang überwiegt und will sie den Zugang gewähren, so hat sie die betroffene Person darüber zu informieren (Art. 11 Abs. 2). Ist diese mit dem Entscheid der Behörde nicht einverstanden, so kann sie ein Schlichtungsverfahren einleiten und anschliessend gegebenenfalls Beschwerde erheben (Art. 13 ff.). Die Behörde schiebt die Gewährung des Zuganges bis zur Klärung der Rechtslage auf (Art. 12 Abs. 4), d.h. bis entweder ein Schlichtungsverfahren erfolgreich durchgeführt wurde (Art. 13 Abs. 4) oder ihre auf Gewährung des Zuganges lautende Verfügung (Art. 15) bzw. der diese Verfügung bestätigende Entscheid einer Beschwerdebehörde (Art. 16) rechtskräftig geworden ist.

Die betroffene Person kann die Ansprüche, die ihr nach Artikel 25 DSG zustehen (beispielsweise den Anspruch auf Unterlassen eines widerrechtlichen Bearbeitens oder auf Berichtigung der Daten), im Rahmen des Zugangsverfahrens geltend machen (Art. 25bis [neu] DSG), sofern sich solche Ansprüche auf die Dokumente beziehen, die Gegenstand des Zugangsverfahrens sind.

2.2.3.5

Missbräuchliche Gesuche

Der vorliegende Entwurf regelt den Fall missbräuchlicher Gesuche nicht ausdrücklich, da diesem unter Anwendung des allgemeinen Rechtsgrundsatzes, wonach der offensichtliche Missbrauch eines Rechtes keinen Schutz findet, begegnet werden kann. Der Zugang zu amtlichen Dokumenten kann deshalb ausnahmsweise verweigert werden, wenn zum Beispiel der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin willentlich das Funktionieren einer Behörde zu stören beabsichtigt oder wenn er oder sie zum wiederholten Mal und in systematischer Weise bei der Behörde Zugang zu einem Dokument verlangt, zu welchem ihm oder ihr ­ auf Grund dieses Gesetzes oder auf anderem Wege ­ bereits Zugang gewährt wurde. Der Bundesrat kann im Rahmen seiner Vollzugskompetenz die Voraussetzungen näher umschreiben.

Wichtig ist klarzustellen, dass die blosse wiederholte Gesuchseinreichung nicht an sich missbräuchlich ist. Wenn die Bearbeitung eines einzelnen Gesuches mehr als bloss einen geringfügigen Aufwand verursacht, sieht das Gesetz die Möglichkeit einer Gebührenerhebung (vgl. Erläuterungen zu Art. 17).

2017

2.3

Verfahren für den Zugang zu amtlichen Dokumenten

2.3.1

Einleitung: Übersicht über das Verfahren

Das hier vorgeschlagene Verfahren lässt sich in zwei Hauptteile aufgliedern: Das Gesuchs- und Schlichtungsverfahren einerseits und das Verfügungs- und Beschwerdeverfahren andererseits. Mit diesem Verfahren müssen praktische Erfahrungen gesammelt werden; spätere Anpassungen sind nicht ausgeschlossen (vgl. Art. 19).

2.3.1.1

Gesuchs- und Schlichtungsverfahren

Am Anfang eines Verfahrens steht immer ein Gesuch, mit welchem Zugang zu einem oder mehreren amtlichen Dokumenten verlangt wird. Die zuständige Behörde hat sich kurz dazu zu äussern (Stellungnahme). Entspricht sie dem Gesuch nicht vollständig, so besteht für die gesuchstellende Person die Möglichkeit, mit einem Schlichtungsantrag an eine unabhängige Stelle, den oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte, zu gelangen. Dieser oder diese bemüht sich um eine Schlichtung zwischen beiden Seiten. Kommt eine solche zu Stande, gilt das Verfahren als erledigt. Andernfalls hat der oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte eine Empfehlung über die ganz oder teilweise Gewährung oder die ganz oder teilweise Nichtgewährung des Zugangs abzugeben.

Das Schlichtungsverfahren hat den Vorteil, dass ein erheblicher Teil von Streitfällen erledigt werden kann, ohne dass eine Verfügung erlassen und ein Verwaltungsverfahren durchlaufen werden muss. Ausländische Vergleiche zeigen, dass den dortigen Schlichtungsverfahren grosse Bedeutung zukommt. Entsprechend darf davon ausgegangen werden, dass auch in der Bundesverwaltung Streitfälle weitgehend auf Stufe Schlichtungsverfahren erledigt werden können.

2.3.1.2

Verfügungs- und Beschwerdeverfahren

Die zuständige Behörde hat dann eine Verfügung zu erlassen, wenn sie in Abweichung von der Empfehlung des oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten den Zugang zu einem amtlichen Dokument einschränken, aufschieben oder verweigern will, respektive wenn die gesuchstellende Person den Erlass einer Verfügung verlangt, weil sie mit der Empfehlung nicht einverstanden ist. Gegen eine Verfügung besteht die Möglichkeit der Beschwerde an eine unabhängige Rekurskommission (Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission)110 und danach ans Bundesgericht.

110

Im Zuge der Reform der Bundesrechtspflege wird die Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission zu einem künftigen Zeitpunkt in das neu zu schaffende Bundesverwaltungsgericht integriert; vgl. BBl 2001 4202, S. 4418 f.

2018

2.3.2

Gesuch (Art. 10)

2.3.2.1

Allgemeines (Art. 10 Abs. 1 bis 3)

Das Gesuch muss an die Behörde gerichtet werden, welche Urheberin des Dokuments ist oder welcher es von Dritten, die nicht dem Öffentlichkeitsgesetz unterstehen als Hauptadressatin zugestellt wurde (Abs. 1; vgl. Erläuterungen zu Art. 5 Abs. 1 Bst. b). Wurden die Dokumente dem Bundesarchiv übergeben, so kommt das oben erläuterte Verfahren zur Anwendung (vgl. Ziff. 1.1.3.3).

Der Öffentlichkeitsgedanke steht einer zu grossen Formalisierung des einleitenden Gesuchs entgegen. Die Verwaltung muss sich dem Bürger oder der Bürgerin annähern. Der vorliegende Entwurf trägt dem Rechnung, indem er eine sehr grosse Freiheit bei der Wahl der Form des Gesuchs lässt. Absatz 1 enthält keine Formvorschriften. Ein Gesuch kann deshalb auch formlos eingereicht werden, das heisst, mündlich, durch Faxübermittlung, per E-Mail oder aber auch auf schriftlichem Weg.

Eine Überprüfung der Identität des Gesuchstellers oder der Gesuchstellerin wird nach dem vorliegenden Entwurf grundsätzlich nicht vorgesehen. Das Recht auf Zugang steht jeder Person zu, unabhängig von ihrer Nationalität oder von ihrem Wohnsitz und unabhängig von ihren Beweggründen (vgl. Erläuterungen zu Art. 6).

Eine Überprüfung der Identität von Gesuchstellenden wäre ohnehin schon vom dafür nötigen Aufwand her nicht durchführbar. Die Gesuchstellenden müssen also grundsätzlich keine Angaben zu ihrer Person machen. Selbstverständlich ist bereits aus praktischen Gründen eine Referenzadresse für die Zustellung der gewünschten Dokumente anzugeben, wenn diese auf dem Postweg versandt werden sollen. Bestimmte E-Mail-Adressen dagegen lassen keine Rückschlüsse auf die Identität ihrer Inhaber zu. Ebenso wenig wird eine handschriftliche Unterschrift verlangt, weil ein formloses Gesuch genügt.

Die Erhebung von Gebühren nach Artikel 17 wird häufig eine Rechnungsstellung erfordern. Die Verordnung wird das Verfahren ­ namentlich betreffend die Erhebung von Kostenvorschüssen ­ entsprechend regeln. Wenn es bei der Einsicht vor Ort aus Sicherheitsgründen notwendig ist, kann die Behörde verlangen, dass die Einsicht nehmende Person sich ausweist. Personenkontrollen beim Zugang zu Gebäuden der öffentlichen Verwaltung entsprechen heute einer allgemeinen Praxis.

Sofern die verlangten Dokumente öffentlich zugänglich sind, muss das Gesuch nicht unbedingt an die Behörde gerichtet
werden, die Urheberin oder Hauptadressatin der Dokumente ist. Eine praktische Lösung für Dokumente wie das Bundesblatt oder die Amtliche Sammlung des Bundesrechts oder Broschüren und andere Drucksachen kann darin bestehen, dass ein solches Gesuch von Amtes wegen an die Eidg. Drucksachen- und Materialzentrale überwiesen wird. Sind die gewünschten Dokumente auf dem Internet öffentlich einsehbar, so kann die Behörde den Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin direkt über die entsprechende Adresse im Internet informieren, mit dem Hinweis, dass er oder sie eine Kopie verlangen kann (was je nach Umfang allenfalls gebührenpflichtig sein wird; vgl. Art. 17).

Wurde das Gesuch irrtümlicherweise bei einer Behörde eingereicht, die nicht Urheberin oder Hauptadressatin des verlangten Dokumentes ist, so obliegt es der angefragten Behörde, das Gesuch von Amtes wegen und unverzüglich der zuständigen Behörde weiterzuleiten.

2019

Für den Zugang zu amtlichen Dokumenten der schweizerischen Vertretungen im Ausland und der Missionen bei internationalen Organisationen kann der Bundesrat ein besonderes Verfahren vorsehen (Art. 10 Abs. 2). Zugangsgesuche sollen im Wesentlichen über die Zentrale in Bern abgewickelt werden. Insbesondere soll die Einsicht vor Ort bei diesen Dokumenten nur bei der Zentrale möglich sein, da die Botschaften und Missionen auf Grund ihrer räumlich-organisatorischen Struktur gezwungen wären, besondere Räumlichkeiten für die Einsichtnahme einzurichten.

Gemäss Artikel 10 Absatz 3 muss das Gesuch «hinreichend genau formuliert sein», und es hat «die nötigen Angaben zu den verlangten amtlichen Dokumenten zu machen». Der vorliegende Entwurf hat nicht zum Ziel, die Behörden zu Dokumentalisten zu machen, indem sie beauftragt werden, für den Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin eine detaillierte Dokumentation zu einem bestimmten Thema zusammenzutragen. Ein Gesuch, das durch seinen allgemeinen Charakter die Verwaltung dazu zwingt, längere Nachforschungen zu betreiben, ist nicht an sich schon missbräuchlich: Der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin wird diesfalls dazu aufgefordert, das Gesuch zu präzisieren, ohne dass schon vorfrageweise zur Sache selber Stellung genommen wird. Klarzustellen ist, dass das Erfordernis eines hinreichend genau formulierten Gesuchs und der nötigen Angaben zu den verlangten amtlichen Dokumenten nicht zu streng gehandhabt werden darf: Es genügt, wenn das Dokument von der zuständigen Behörde ohne grössere Schwierigkeiten identifizierbar ist. Zudem hängen die Anforderungen, die an die Genauigkeit des Gesuchs gestellt werden können, davon ab, welche Mittel den Gesuchstellenden zur Verfügung stehen. Dies gilt namentlich, soweit keine umfassenden Dokumentenregister bestehen auf die sich die gesuchstellenden Personen stützen können (vgl. Erläuterungen zu Art. 21).

Aus dem Gesagten folgt auch, dass die Behörden angehalten sind, den Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin aktiv bei deren Ersuchen zu unterstützen (vgl. Erläuterungen zu Art. 6). Diese Verpflichtung gilt insbesondere, soweit den Gesuchstellenden keine anderen Mittel zur Verfügung stehen, mittels derer sie ihr Gesuch präzisieren könnten (z.B. Dokumentenregister).

2.3.2.2

Regelung der Einzelheiten des Verfahrens durch den Bundesrat (Art. 10 Abs. 4)

2.3.2.2.1

Besondere Bedürfnisse der Medien (Art. 10 Abs. 4 Bst. a)

In der Vernehmlassung wurde von verschiedenen Kreisen kritisiert, der Entwurf berücksichtige die besonderen Bedürfnisse der Medien nicht. Insbesondere wurde die Befürchtung geäussert, dass auf Grund der Formalisierung des Zugangsverfahrens dort eine Erschwerung des Zugangs eintreten könnte, wo dieser heute formlos möglich ist. Von verschiedener Seite wurde ein privilegierter und schneller Zugang für die Medien gefordert. Der vorliegende Entwurf will aber die bisher bestehende Praxis der Zusammenarbeit mit den Medien gerade dort nicht in Frage stellen, wo sie gut funktioniert. Durch das wenig formalisierte Gesuchsverfahren (keine Formvorschrift für Gesuche, kein Interessennachweis) können die Medien weiterhin ihre bestehenden Informationskanäle nutzen und damit schnell und informell an Informationen gelangen. Besondere Informations- oder Zugangsrechte der Medien wür2020

den das Verfahren in verschiedener Hinsicht zu stark komplizieren und sind deshalb ­ aber auch aus grundsätzlichen Überlegungen ­ im vorliegenden Entwurf nicht vorgesehen.

Die Bestimmung von Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe a beauftragt den Bundesrat indessen, bei der Ausgestaltung des Zugangsverfahrens auf die besonderen Bedürfnisse der Medien Rücksicht zu nehmen. Dabei ist insbesondere an Erleichterungen für Medienvertreter bei der Gebührenerhebung zu denken; ebenso könnte in einer Verwaltungsverordnung festgehalten werden, dass die gesetzlich vorgesehenen Fristen den Medien gegenüber nach Möglichkeit nicht ausgeschöpft werden sollten.

Dass die Behörden dazu verpflichtet sind, die Medien über wichtige Fragen von sich aus schnell und umfassend zu informieren, ist indessen bereits heute aus den einschlägigen Bestimmungen abzuleiten, welche Bundesrat und Verwaltung zu aktiver Information verpflichten (Art. 180 Abs. 2 BV und Art. 10 RVOG111).

2.3.2.2.2

Massengesuche und Gesuche, die unverhältnismässigen Bearbeitungsaufwand verursachen (Art. 10 Abs. 4 Bst. b und c)

Die Haupttätigkeit der Behörde muss gegenüber der Bearbeitung von Zugangsgesuchen grundsätzlich Vorrang haben. Das öffentliche Interesse an einer zweckmässigen und rationellen Verwaltung steht dabei dem öffentlichen Interesse an der Transparenz gegenüber. Zu Konflikten zwischen diesen Interessen kann es insbesondere dann kommen, wenn einzelne Zugangsgesuche einen besonders grossen Bearbeitungsaufwand erfordern. Für diese Fälle wird in Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe c die Kompetenz an den Bundesrat delegiert, längere Bearbeitungsfristen festzulegen.

Zudem kann er gestützt auf Artikel 17 Absätze 3 und 4 kostendeckende Gebühren vorsehen.

Trifft gleichzeitig eine aussergewöhnlich hohe Anzahl von Gesuchen um Zugang zu amtlichen Dokumenten bei einer Behörde ein ­ sei es auf Grund einer besonderen tagespolitischen Aktualität, sei es, auf Grund einer organisierten Aktion ­, so wird die Behörde dem entsprechenden Informationsbedürfnis mit Vorteil auf aktivem Weg nachkommen. Der Bundesrat kann gestützt auf Absatz 4 Buchstabe b z.B.

vorsehen, dass die Behörde die Dokumente, zu denen Zugang verlangt wird, in geeigneter Form publiziert. Wird von zahlreichen Parteien betreffend den Zugang zu denselben Informationen ein Beschwerdeverfahren angestrebt, so können die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVG)112 für Massenverfahren (namentlich Art. 11a und 36 VwVG) zur Anwendung gelangen. Für das Schlichtungsverfahren obliegt die der besonderen Situation angepasste Durchführung dem Ermessen des oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten. Er oder sie kann allenfalls im Einverständnis mit den Gesuchstellenden oder ihren Vertretern ein ähnliches Vorgehen wählen, wie es das VwVG vorsieht. Er oder sie kann aber auch direkt eine Empfehlung abgeben, wenn es unverhältnismässig erscheinen würde, alle Gesuchstellenden anzuhören, und keine Vertretung bestimmt oder bestimmbar ist.

111 112

SR 172.010 SR 172.021

2021

2.3.3

Anhörung (Art. 11)

Wenn Zugang zu Dokumenten verlangt wird, die Personendaten enthalten, und wenn die Behörde die Zugänglichmachung gestützt auf Artikel 6 Absatz 2 erwägt, weil das öffentliche Interesse am Zugang im konkreten Fall das Interesse der Betroffenen am Schutz der Privatsphäre überwiegt, ist sie verpflichtet, die betroffenen Personen anzuhören. Die Betroffenen sind über die Stellungnahme der Behörde zum Gesuch zu informieren (Art. 11 Abs. 2) und können am weiteren Verfahren teilnehmen (vgl. Art. 12 Abs. 3, Art. 13 Abs. 1 Bst. c, Art. 15 Abs. 1 und Art. 25bis [neu] DSG). Im Übrigen ist auf die Erläuterungen zu Artikel 9 zu verweisen.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass Artikel 11 auch dann zur Anwendung kommt, wenn die Behörde zunächst den Zugang verweigern will (und daher darauf verzichtet, die betroffene Person anzuhören) und die gesuchstellende Person daraufhin ein Schlichtungsverfahren anhebt. In diesem Fall ist die oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte als Schlichtungsbehörde zur Anhörung der betroffenen Person verpflichtet, wenn sie oder er die Zugänglichmachung der sie betreffenden Dokumente empfehlen will.

2.3.4

Stellungnahme der Behörde (Art. 12)

Nach Artikel 12 hat die Behörde zum Gesuch Stellung zu nehmen. Als Behörden gelten Dienststellen der Bundesverwaltung sowie die übrigen dem Gesetz unterstellten Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts ausserhalb der Bundesverwaltung (vgl. Art. 2). Zuständig für die Stellungnahme ist jene Behörde, welche das amtliche Dokument, in das Einsicht verlangt oder zu dem um Auskunft ersucht wird, erstellt oder als Hauptadressatin empfangen hat (Art. 10 Abs. 1). Die verwaltungsinterne Zuständigkeit zur Stellungnahme kann entweder in der Ausführungsverordnung zum Öffentlichkeitsgesetz geregelt oder jedem Departement zur Festsetzung überlassen werden. Denkbar ist, dass in der Verordnung eine Verwaltungseinheit, z.B. die Sektion oder die Abteilung, oder eine Person, z.B. der Sachbearbeiter resp. die Sachbearbeiterin, als zuständig erklärt wird.

Kann dem Gesuch stattgegeben werden, so erteilt die zuständige Behörde die gewünschte Auskunft oder sie stellt die verlangten Dokumente zur Einsichtnahme zur Verfügung. Die Stellungnahme erfolgt in diesem Fall formlos, das heisst, bei Auskunftserteilung mündlich, bei Aushändigung einer Kopie durch deren Zustellung auf postalischem oder elektronischem Weg oder durch Fax-Übermittlung, respektive durch Übergabe bei der Einsichtnahme vor Ort. Die Schriftform ist nur dann vorgeschrieben, wenn dem Gesuch ganz oder teilweise nicht entsprochen werden kann.

Die Behörde hat in diesem Fall kurz anzugeben, aus welchen Gründen sie den Zugang zum verlangten Dokument einschränkt, aufschiebt oder verweigert. Zur Minimierung des Verwaltungsaufwandes ist die Verwendung standardisierter Formulare möglich (Abs. 4).

Die Behörde hat so rasch als möglich, in jedem Fall aber innert 20 Tagen nach Erhalt des Gesuches Stellung zu nehmen. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzesentwurf in der Regel von einer zwanzigtägigen Frist ausgeht;

2022

Ausnahmen bestehen nur für die Empfehlung (vgl. Art. 14) und das Beschwerdeverfahren (vgl. Art. 16), bei welchen eine Frist von 30 Tagen gilt.

Angesichts der Tatsache, dass negative Stellungnahmen nur kurz zu begründen sind, ist eine Frist von 20 Tagen gerechtfertigt. In Fällen, in welchen dem Gesuch ohne weiteres entsprochen werden kann, ist eine entsprechende formlose Mitteilung innert noch kürzerer Zeit möglich. Eine kurze Frist liegt auch im Interesse der gesuchstellenden Person, welche in aller Regel aus aktuellem Anlass Auskunft oder Einsicht verlangen. Die Frist ist nicht nur bei normalem Geschäftsgang einzuhalten, sondern grundsätzlich auch in Zeiten einer vorübergehenden Überlastung (vgl. auch Ziff. 2.3.2.2.2 oben). Ausnahmsweise kann die Frist verlängert werden, wenn das Gesuch umfangreiche, komplexe oder schwer beschaffbare Dokumente betrifft. Die besondere Komplexität eines Dokuments ist namentlich dann gegeben, wenn sein Inhalt durch Fachleute beurteilt werden muss, um festzustellen, ob allenfalls Ausnahmegründe nach Artikel 7 vorliegen. Sind betroffene Personen nach Artikel 11 zu konsultieren, weil es sich um amtliche Dokumente handelt, die Personendaten enthalten, so ist die Frist entsprechend verlängerbar.

Sobald für die Behörde ersichtlich wird, dass die Stellungnahme zum Gesuch nicht innert der ordentlichen Frist erfolgen kann, hat sie den Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin über die Fristverlängerung zu informieren und die Gründe dafür anzugeben.

Denkbar wäre, auf die Verankerung einer Frist zu verzichten und stattdessen nur vorzuschreiben, dass die Stellungnahme zum Gesuch so rasch als möglich auszufertigen ist. Die Verankerung klarer Fristen hat allerdings den Vorteil der Rechtssicherheit und trägt zur Beschleunigung des Verfahrens bei.

Der Ablauf des Verfahrens auf Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten, wurde bereits erläutert (vgl. Art. 9). Absatz 3 verpflichtet in solchen Fällen die Behörde, den Zugang aufzuschieben, bis ein Schlichtungsverfahren erfolgreich durchgeführt wurde oder bis ein Entscheid über die Zugänglichkeit gefallen und rechtskräftig geworden ist, wenn die Betroffenen im Verfahren angehört wurden und sich gegen die Gewährung des Zugangs ausgesprochen haben.

2.3.5

Schlichtung (Art. 13)

Wenn die Behörde den Zugang zu amtlichen Dokumenten einschränkt, aufschiebt oder verweigert, oder wenn sie innert Frist keine Stellungnahme abgibt, kann die Sache nach Artikel 13 dem oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten vorgelegt werden. Der oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte wird nicht von Amtes wegen tätig, sondern nur auf Grund eines schriftlichen Schlichtungsantrages. Er oder sie ist erst dann zuständig, wenn das Gesuchsverfahren vor der zuständigen Verwaltungsbehörde stattgefunden hat. Berechtigt, einen Schlichtungsantrag zu stellen, ist die gesuchstellende Person oder ihre Vertretung sowie gegebenenfalls die betroffene Person oder deren Vertretung, wenn es um Dokumente geht, die Personendaten enthalten (Art. 13 Abs. 1 Bst. c). Wurde ein Gesuch durch mehrere Personen eingereicht, so ist jede Person zur Antragstellung berechtigt; ein Handeln aller ist nicht erforderlich (zur Problematik von Massengesuchen vgl. Ziff. 2.3.2.2.2 oben). Für einen Schlichtungsantrag ist der Nachweis eines

2023

besonderen Interesses nicht erforderlich; die Teilnahme am Gesuchsverfahren ist ausreichend. Schliesslich müssen Form und Frist eingehalten sein: Für die Form genügt einfache Schriftlichkeit. Aus dem Begehren muss hervorgehen, dass sich der oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte mit der Sache befassen soll; eine Beilegung der Stellungnahme der Behörde ist nicht erforderlich. Der oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte kann sich diese auf verwaltungsinternem Weg selber beschaffen. Die Frist ist eingehalten, wenn der Antrag innert 20 Tagen nach Empfang der Stellungnahme gestellt wird. Aufgabe an der Poststelle genügt, der Antrag muss nicht bereits eingetroffen sein. Die Frist ist auch dann gewahrt, wenn der Antrag an eine unzuständige Behörde gestellt wurde. Diese hat ihn von Amtes wegen an den Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte weiterzuleiten. Wurde die Frist verpasst, so kann ein neues Verfahren durch Einreichung eines Gesuches bei der zuständigen Behörde angehoben werden. Denkbar ist, dass die Behörde, welche eine schriftliche Stellungnahme zu einem Gesuch abgibt, einen standardisierten Schlichtungsantrag beilegt, um die Einleitung des weiteren Verfahrens zu erleichtern.

Tritt der oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte auf den Schlichtungsantrag ein, so hat er oder sie diesen materiell zu behandeln. Ziel ist eine Schlichtung zwischen dem Antragsteller oder der Antragstellerin und der Behörde, welche für den Zugangsentscheid zuständig ist. Eine Schlichtung wird im Regelfall durch beidseitiges Entgegenkommen angestrebt. Beide Seiten sind anzuhören. Das Anhörungsverfahren kann sowohl auf dem Schriftweg als auch konferenziell unter der Leitung des oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten erfolgen. In letzterem Fall hat die Behörde eine Vertretung zu bestimmen, welche ihren Standpunkt vertritt und für sie verbindlich handelt. Der oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte selber hat uneingeschränkten Zugang zu den verlangten Unterlagen (Art. 20). Die Festlegung des Verfahrens im Einzelnen obliegt dem oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten. Er oder sie kann dasjenige Vorgehen wählen, das dem einzelnen Fall am besten angemessen ist.

Kommt eine Schlichtung zu Stande, so gilt das Verfahren als erledigt. Das Gesetz schreibt für die Schlichtung keine bestimmte Form vor; beide Seiten können sich deshalb auch formlos einigen.

2.3.6

Empfehlung (Art. 14)

Artikel 14 regelt das Verfahren, wenn das Schlichtungsverfahren vor dem oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten nicht zum Erfolg führt. Von Gesetzes wegen ist das dann der Fall, wenn es nicht innert 30 Tagen nach Empfang des Schlichtungsantrages zu einer Schlichtung gekommen ist. Der oder die Datenschutzund Öffentlichkeitsbeauftragte hat keine Verfügungsbefugnis. Kommt er oder sie zum Schluss, dass der Zugang zu den verlangten Unterlagen ganz oder über den gewährten Umfang hinaus zu gewähren sei, so gibt er oder sie eine entsprechende Empfehlung ab, ebenso, wenn er oder sie der Auffassung ist, die Beschränkung des Zuganges sei beizubehalten. Die Empfehlung ist innerhalb der Frist von 30 Tagen abzugeben. Adressaten sind sowohl die betroffene Behörde als auch der Antragsteller oder die Antragstellerin sowie allenfalls betroffene Dritte, wenn es um amtliche

2024

Dokumente geht, die Personendaten enthalten. Der Empfehlung kommt keine rechtliche Verbindlichkeit zu.

Zur Frage der Verfahrens- und Parteikosten vgl. die Ausführungen zu Artikel 17.

2.3.7

Verfügung (Art. 15)

Nach Artikel 15 hat die Behörde eine Verfügung im Sinne von Artikel 5 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG113) zu erlassen, wenn der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin oder die betroffene Person (wenn es um Dokumente geht, die Personendaten enthalten) dies innert 10 Tagen nach Erhalt der Empfehlung verlangen. Die gesuchstellende Person wird diesen Schritt dann ergreifen, wenn sie mit der Empfehlung nicht einverstanden ist, weil diese ihm oder ihr zu wenig weit geht. Die betroffene Person kann ihrerseits ebenfalls den Erlass einer Verfügung verlangen, wenn die Empfehlung ihr nicht restriktiv genug ausgefallen ist.

Die Behörde muss von sich aus eine Verfügung erlassen, wenn sie in Abweichung von der Empfehlung des oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten den Zugang zu einem amtlichen Dokument einschränken, aufschieben oder verweigern will (Abs. 2 lit. a). Eine Einschränkung, ein Aufschub oder eine Verweigerung liegen vor, wenn dem Gesuch nicht voll entsprochen wird.

Weiter wird ebenfalls eine Verfügung erlassen, wenn die Behörde in Abweichung von der Empfehlung den Zugang zu einem Dokument, das Personendaten enthält, gewähren will (Abs. 2 Bst. b).

Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 1 bis 43 VwVG. Der Gesetzesentwurf statuiert gegenüber dem VwVG die Besonderheit, dass die Verfügung innert 20 Tagen seit Empfang der Empfehlung oder seit Erhalt des Gesuches nach Artikel 15 Absatz 1 zu erlassen ist (Abs. 3).

2.3.8

Beschwerde (Art. 16)

2.3.8.1

Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission

Die eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission ist eine Erweiterung der bestehenden eidgenössischen Datenschutzkommission (Art. 33 DSG); deren Bezeichnung wird entsprechend angepasst (vgl. Art. 22). Sie erhält nach Artikel 16 Absatz 1 die Kompetenz, Beschwerden nach dem Öffentlichkeitsgesetz zu beurteilen. Ihre übrigen Kompetenzen ergeben sich aus Artikel 33 DSG. Die Übernahme der Aufgaben nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf durch die Datenschutzkommission verlangt den Ausbau ihres Präsidiums zu einem Vollamt und eine Verstärkung des Sekretariates.

113

SR 172.021

2025

Die Untersuchungsbefugnis der Kommission, präzisiert in Absatz 3, stimmt mit jener des oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten überein (vgl.

Art. 19). Sie entspricht auch der Befugnis der bestehenden eidgenössischen Datenschutzkommission.

Im Zuge der laufenden Reform der Bundesrechtspflege wird die Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission zu einem künftigen Zeitpunkt in das neu zu schaffende Bundesverwaltungsgericht integriert114.

2.3.8.2

Beschwerdeverfahren

Artikel 16 regelt das Beschwerdeverfahren. Verfügungen der Verwaltungsbehörde können innert dreissig Tagen seit ihrer Eröffnung angefochten werden. Als Verfügung gilt auch die Verweigerung oder Verzögerung einer Verfügung (Abs. 2). Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG.

Beschwerdeinstanz ist die Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission. Es handelt sich um eine unabhängige Schieds- und Rekurskommission im Sinne der Artikel 71a ff. VwVG.

Die Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission hat innerhalb von zwei Monaten nach Einreichung der Beschwerde einen Entscheid zu erlassen (Abs. 4). Es handelt sich um eine Ordnungsfrist. Damit sie eingehalten werden kann, ist die Kommission mit entsprechenden personellen Mitteln auszustatten.

Die Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission entscheidet nicht endgültig. Eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht bleibt möglich. Artikel 97 ff.

des Bundesrechtspflegegesetzes115 findet Anwendung.

Das Verfahren vor der Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission ist nicht kostenlos (vgl. Art. 17 Abs. 2 e contrario). Der Beschwerdeführer hat einen Kostenvorschuss zu leisten, welcher der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten entspricht. Die Möglichkeit der unentgeltlichen Rechtspflege gilt auch für das Verfahren vor der Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission (Art. 65 VwVG).

2.3.9

Gebühren (Art. 17)

2.3.9.1

Grundsatz der Gebührenpflichtigkeit (Art. 17 Abs. 1 und 2)

Für den Zugang zu amtlichen Dokumenten gilt der Grundsatz der Gebührenpflichtigkeit (Art. 17 Abs. 1). Damit wird ein gewisses Gegengewicht zum voraussetzungslosen Zugang geschaffen. Die Gebührenpflicht soll dem öffentlichen Interesse an einer zweckmässigen und rationellen Verwaltung Rechnung tragen. Die Kostengünstigkeit des Zugangs zu amtlichen Dokumenten ist andererseits, neben der Einfachheit und der Schnelligkeit des Verfahrens, ein Schlüsselelement des Öffentlichkeitsprinzips. Zwar steht die Verwaltung heute unter grossem Druck zu wirt114 115

Vgl. BBl 2001 4202, S. 4418 f.

SR 173.110

2026

schaftlichem Arbeiten. Dieser Aspekt darf aber den Zugang zu Dokumenten nicht wesentlich beeinträchtigen. Für Gesuche, die mit einem geringen Aufwand behandelt werden können, sind daher keine Gebühren zu erheben (Abs. 2 Bst. a). Eine generelle Gebührenerhebung könnte sich gerade für solche Gesuche prohibitiv auswirken und darüber hinaus unverhältnismässige Administrationskosten verursachen. Sie würde der Zielsetzung des Öffentlichkeitsgesetzes zuwiderlaufen; eine Abweichung vom Grundsatz der Gebührenpflicht für Gesuche, die bloss einen geringen Aufwand verursachen, rechtfertigt sich also sowohl aus verwaltungsökonomischen wie auch aus grundsätzlichen Überlegungen.

Dienstleistungen der Verwaltung, die nach geltendem Recht gegen Gebühr erbracht werden, sind durch die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips nicht betroffen. Sinn und Zweck des Öffentlichkeitsprinzips ist es, bestehende Informationen zugänglich zu machen. Zusätzliche Dienstleitungen müssen nicht erbracht werden. Insbesondere kann grundsätzlich nicht die Erstellung neuer Dokumente verlangt werden. Es sei auch daran erinnert, dass Informationen, die durch eine Behörde kommerziell genutzt werden, vom Geltungsbereich des vorliegenden Entwurfs ausgenommen sind (Art. 5 Abs. 3 Bst. a).

Das Schlichtungsverfahren selbst ist jedoch gebührenfrei, da es Teil des Entscheidverfahrens über den Zugang bildet. Gleiches gilt für das Verfahren auf Erlass einer Verfügung, das gegebenenfalls an das Schlichtungsverfahren anschliesst (Abs. 2 Bst. b und c). Das Verfahren vor der eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission untersteht den ordentlichen für Schieds- und Rekurskommissionen anwendbaren Bestimmungen. Allfällige Spezialbestimmungen über die Gebührenerhebung bleiben schliesslich ebenfalls vorbehalten (Abs. 4).

2.3.9.2

Höhe der Gebühren (Art. 17 Abs. 3)

Artikel 17 Absatz 3 stellt die Kriterien auf, nach denen sich die Höhe der Gebühren richtet. Es sind dies: ­

Der mit der Antwort auf das Gesuch verbundene Arbeitsaufwand (Bst. a).

Der Aufwand kann beispielsweise darin begründet sein, dass die Anonymisierung eines amtlichen Dokuments notwendig ist (vgl. erläuternder Bericht zu Art. 9); diesfalls kann ein Zeittarif vorgesehen werden. Berücksichtigt werden kann auch der Umfang der Dokumente, zu denen Zugang verlangt wird. Dagegen kann der Aufwand für eine allfällig notwendige Suche nach Dokumenten nicht für die Höhe der Gebühr ausschlaggebend sein. Der Arbeitsaufwand muss eine gewisse Schwelle überschreiten; es wäre mit der Zielsetzung des Öffentlichkeitsgesetzes nicht vereinbar, für Gesuche, die ohne Weiteres z.B. telefonisch oder per E-Mail beantwortet werden können, eine Gebühr zu erheben.

­

Die Anzahl der verlangten Kopien (Bst. b).

Bei der Festlegung des zu erhebenden Betrags muss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bezüglich der Preise für Fotokopien Rechnung getragen werden (vgl. namentlich BGE 118 Ib 349). Es kann ebenfalls eine Gebühr erhoben werden, wenn die Verwaltung der Öffentlichkeit Kopierapparate zur

2027

Verfügung stellt (vgl. Erläuterungen zu Art. 6 Abs. 2). Der Bundesrat kann überdies vorsehen, dass Kopien bis zu einer gewissen Anzahl gratis sind.

Diese Bestimmung erfasst ebenfalls Kopien in elektronischer Form (zum Beispiel CD-ROM, Disketten, als elektronische Nachricht versandte Dokumente). Der Bundesrat kann jedoch, um die Konsultation von Dokumenten auf dem Internet zu fördern und dadurch die Verwaltung zu entlasten, die Gebührenfreiheit des Zugangs zu elektronischen öffentlich auf dem Internet verfügbaren Dokumenten vorsehen.

Durch eine solche Bevorzugung der elektronischen Verbreitung von Informationen sollte die zusätzliche Arbeit auf Grund der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips in vernünftigem Rahmen gehalten werden können. Verschiedene organisatorische Massnahmen in dieser Richtung sind längerfristig denkbar, zum Beispiel könnten der Öffentlichkeit Computerterminals zur Verfügung gestellt werden und es könnte eine entsprechende Beratung vorgesehen werden.

Im Rahmen seiner Vollzugskompetenz kann der Bundesrat vorsehen, dass die Behörde den Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin vorgängig zu informieren hat, wenn die zu erwartende Gebühr eine bestimmte Höhe übersteigt.

2.3.9.3

Gebührentarif und Gebührenerhebung für die Abgabe von Drucksachen und ähnlichen Informationsträgern (Art. 17 Abs. 4 und 5)

Gemäss Artikel 17 Absatz 4 legt der Bundesrat den Gebührentarif fest. Die Formulierung belässt dem Bundesrat ein gewisses Ermessen. Es steht ihm beispielsweise frei, eine bestimmte Seitenzahl pro Gesuch (oder pro Gesuchsteller oder Gesuchstellerin) festzulegen, ab welcher die Kopien bezahlt werden müssen.

Die Bestimmung verweist auch ausdrücklich darauf, dass in der Spezialgesetzgebung geregelte Gebühren weiterhin gelten. So werden z.B. die Gebühren für die Abgabe der AS, der SR, des BBl und der VPB in elektronisch publizierter Form gegenwärtig durch die Verordnung über die elektronische Publikation von Rechtsdaten vom 8. April 1998116 und die Verordnung vom 24. Juni 1999 der Bundeskanzlei über die Gebühren für die Abgabe von Rechtsdaten117 geregelt.

Absatz 5 stellt klar, dass für die Abgabe von Berichten, Broschüren und anderen, zur Publikation bestimmten Dokumenten ­ wie dies bisher bereits der Fall ist ­ Gebühren erhoben werden können. Dies gilt nicht nur für Drucksachen, sondern auch für andere Informationsträger (z.B. CD-ROM, Fotografien)118.

116 117 118

SR 170.512.2 SR 172.041.12 Vgl. z.B. die Verordnung vom 21. Dezember 1994 über die Gebühren der Eidgenössischen Drucksachen- und Materialzentrale (SR 172.041.11).

2028

2.4

Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter oder eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte

2.4.1

Zuweisung der Funktion

Dem oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten kommt eine fundamentale Rolle im Verfahren um Zugang zu amtlichen Dokumenten zu. Als Schlichtungsorgan hat er oder sie die Aufgabe, eine rasche Einigung zwischen der Person, die Zugang zu amtlichen Dokumenten wünscht, und der Behörde, die der Meinung ist, dass sie den Zugang verweigern muss, oder sich weigert, Auskünfte über deren Inhalt zu geben, zu erzielen. Seine oder ihre Rolle ist aber nicht auf jene des Schlichters beschränkt. Er oder sie hat auch die Funktion eines Beratungsorgans zu übernehmen, an welches sich Behörden wie auch Privatpersonen wenden können, um Auskünfte über die Modalitäten des Zugangs zu amtlichen Dokumenten unabhängig eines konkreten Falles zu erhalten. Ihm oder ihr kommt zudem auch die Funktion einer Art «Kompetenzzentrum» für Fragen in Zusammenhang mit dem Öffentlichkeitsprinzip zu.

Im Vernehmlassungsentwurf zum Öffentlichkeitsgesetz war vorgesehen, den eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten als besonderes Schlichtungsorgan einzurichten. In der Vernehmlassung rief diese Konzeption Kritik hervor. Mehrere Vernehmlasser forderten eine Zusammenführung dieser Funktion mit dem eidgenössischen Datenschutzbeauftragten. Zwar unterscheiden sich die Aufgabenbereiche von Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten ­ der oder die Datenschutzbeauftragte hat vornehmlich Aufsichts- und nicht Mediationsaufgaben, die zudem auch den privatrechtlichen Bereich betreffen. Es ist indessen absehbar, dass sich im Verfahren betreffend Zugang zu amtlichen Dokumenten, welche Personendaten enthalten, oft datenschutzrechtliche Fragen stellen werden. Daher ist es sinnvoll, den Datenschutzbeauftragten oder die Datenschutzbeauftragte mit der Wahrnehmung der Schlichtungs- und Beratungsaufgaben nach Öffentlichkeitsgesetz zu beauftragen, damit das Zugangsverfahren möglichst einfach bleibt und Synergien genutzt werden können. Zudem kann damit auch den von einigen Vernehmlassern geäusserten Bedenken Rechnung getragen werden, dass mit der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips der Schutz von Personendaten beeinträchtigt werden könnte.

Die Funktion des oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten wird somit dem oder der Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten zugewiesen (Art. 18). Diese bzw. dieser wird somit zum
Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten. Die entsprechende Anpassung der Bezeichnung wird im Datenschutzgesetz119 vorgenommen (vgl. Art. 22).

Der oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte erfüllt seine bzw. ihre Aufgaben nach dem Öffentlichkeitsgesetz120 unabhängig und untersteht fachlich nicht dem Bundesrat. Er oder sie verfügt über ein ständiges Sekretariat (vgl. Art. 26

119 120

SR 235.1 Zu den übrigen Aufgaben vgl. Art. 27 ff. DSG.

2029

DSG121). Es wird Sache des Bundesrates sein, die Finanzierung der zusätzlichen Aufgaben im Rahmen des Budgets vorzusehen.

2.4.2

Aufgaben (Art. 18)

Die Hauptaufgabe des oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten besteht in der Leitung des Schlichtungsverfahrens und ­ für den Fall, dass es zu keiner Schlichtung kommt ­ in der Abgabe einer Empfehlung (Bst. a; vgl. Erläuterungen zu Art. 13 und 14). Allerdings handelt es sich dabei nicht um den einzigen Aufgabenbereich des oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten.

Der oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte informiert Private (zum Beispiel mittels Informationsbroschüren) und Behörden (zum Beispiel durch Empfehlungen, technische Ratschläge zur Verwaltung der Daten) über die Art und Weise des Zugangs zu amtlichen Dokumenten (Bst. b). Ausserhalb eines Schlichtungsverfahrens wird es möglich sein, sich an den oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte zu wenden, um sich allgemein über die Bedingungen und die praktischen Modalitäten für den Zugang zu Dokumenten zu erkundigen. Auch wenn im Prinzip jede Behörde selber in der Lage sein sollte, die Öffentlichkeit über die allgemeinen Grundsätze des Zugangs zu Dokumenten zu informieren, werden der oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte und das Sekretariat die Funktion eines Kompetenzzentrums in Sachen Zugang zu Dokumenten haben und spezifisch über das Vorgehen und die Praxis der Behörden informieren können.

Die Behörden werden sich ebenfalls an den Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte wenden können, um Auskünfte bezüglich des Öffentlichkeitsprinzips zu erhalten. Da alle Behörden gehalten sind, den Zugang der Öffentlichkeit zu den amtlichen Dokumenten zu erleichtern (vgl. Erläuterungen zu Art. 21), können sie zum Beispiel um praktische Ratschläge hinsichtlich der elektronischen Verwaltung von amtlichen Dokumenten und der Art und Weise der Einsichtnahme ersuchen. Des Weiteren wird der oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte bei Bedarf von sich aus Empfehlungen zu Handen der Verwaltung abgeben. Diese haben nichtverbindlichen Charakter.

Erlassentwürfe und Massnahmen des Bundes, welche das Öffentlichkeitsprinzip wesentlich betreffen, sind dem oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten vorzulegen (Bst. c). So müssten ihm oder ihr zum Beispiel Erlasse, welche die Archivierung oder den Einsatz elektronischer Informationsträger
betreffen, zur Stellungnahme unterbreitet werden. Zu Vorlagen über Erlasse und Massnahmen des Bundes, die für den Datenschutz erheblich sind, nimmt er nach Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe b DSG122 ebenfalls Stellung.

Die aktuelle Situation bezüglich des Zugangs zu Dokumenten der Verwaltung in verschiedenen Ländern wurde bereits erörtert (vgl. Ziff. 1.1.1.3). Im Ausland sind die Modalitäten des Zugangs zu Dokumenten unterschiedlich geregelt; zahlreiche Länder kennen das Öffentlichkeitsprinzip bereits seit längerer Zeit. Die dort gemachten Erfahrungen können der Schweiz wertvolle Hinweise auf die optimale Ausgestaltung des Dokumentenzugangs hierzulande liefern. Der oder die Daten121 122

SR 235.1 SR 235.1

2030

schutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte hat daher auf Grund von Buchstabe d die Entwicklung des Zugangs zu amtlichen Dokumenten im Ausland zu verfolgen.

2.4.3

Evaluation (Art. 19)

Das vorliegende Gesetz wird Gegenstand eines periodischen Evaluationsberichts über seinen Vollzug und seine Wirksamkeit sein. Dieser Bericht ist an den Bundesrat zu richten (Art. 19 Abs. 1). Die Periodizität der Berichterstattung wird im Gesetz nicht näher festgelegt, verankert wird einzig, dass diese «regelmässig» zu erfolgen hat. Dem oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten verbleibt damit ein gewisses Ermessen. Ein Zeitraum von drei bis fünf Jahren wäre eine mögliche Grössenordnung, welche vertiefte Studien zulassen würde.

Im Rahmen der Evaluation wird der Kontrolle der durch die Umsetzung des Öffentlichkeitsgesetzes verursachten Kosten ­ insbesondere in der ersten Phase der Umstellung auf das Öffentlichkeitsprinzip ­ besondere Bedeutung zukommen. Deshalb hält die vorliegende Bestimmung fest, dass innert dreier Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes dem Bundesrat zu dieser Frage ein Bericht vorzulegen ist (Abs. 2).

Sollte der dannzumal festgestellte Aufwand als zu hoch beurteilt werden, kann der Bundesrat die notwendigen Korrekturen vornehmen: Er kann den besonders betroffenen Dienststellen zusätzliche Ressourcen zur Verfügung stellen, den Gebührentarif entsprechend anpassen oder im Rahmen einer Gesetzesrevision gezielt punktuelle Einschränkungen des Rechtes auf Zugang vorschlagen.

Die Berichte des oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten werden veröffentlicht (Art. 19 Abs. 3), wie dies zum Beispiel auch bezüglich der Berichte des oder der Datenschutzbeauftragten der Fall ist. Die Publikation dieser Berichte leitet sich bereits aus der Pflicht zur Information über den Dokumentenzugang (Art. 18 Bst. b) ab.

2.4.4

Auskunfts- und Einsichtsrechte (Art. 20)

Im Rahmen des Schlichtungsverfahrens hat der oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte ungeachtet einer allfälligen Geheimhaltungspflicht Zugang zu amtlichen Dokumenten. Diese Regelung lehnt sich an jene in Artikel 10 des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Finanzkontrolle123 und Artikel 14 des Reglements für die Finanzkommissionen und die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte an124. Auf Grund des Verhältnismässigkeitsprinzips wird der oder die Öffentlichkeitsbeauftragte so weit zu Dokumenten Zugang haben, als notwendig ist, um eine Empfehlung abgeben zu können.

Die hier festgelegten Auskunfts- und Einsichtsrechte entsprechen sinngemäss den Befugnissen, die heute der oder dem Datenschutzbeauftragten im Bereich der Aufsicht über die Bundesorgane nach Artikel 27 Absatz 3 Datenschutzgesetz125 zukommen.

123 124 125

SR 614.0 SR 171.126 SR 235.1

2031

Absatz 2 verdeutlicht die Tragweite der Bindung des oder der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten und seiner bzw. ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an das Amtsgeheimnis (vgl. auch Erläuterungen zu Art. 4).

Auf Grund des umfassenden Einsichtsrechts und der übrigen Tätigkeit der oder des Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten werden diese oder dieser selbst sowie die Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter seines oder ihres Sekretariates der Personensicherheitsprüfung nach dem vierten Abschnitt des Bundesgesetzes vom 21. März 1997126 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit unterliegen.

2.5

Schlussbestimmungen

2.5.1

Vollzug (Art. 21)

Um die Ausübung des Rechts auf Zugang zu amtlichen Dokumenten zu erleichtern, sehen Artikel 21 Buchstaben a und b vor, dass der Bundesrat Bestimmungen betreffend die Information über amtliche Dokumente und deren Bewirtschaftung erlassen kann. Die Behörden sollen die Gesuchsteller und Gesuchstellerinnen unterstützen.

Die entsprechende Schulung des Verwaltungspersonals wird von grosser Bedeutung sein.

Die Listen der zugänglichen Dokumente können auf der Basis des für die Bewirtschaftung der Dokumente vorgesehenen informatisierten Registriersystems erstellt werden. Grundlagen dazu bilden die Weisungen über die Aktenführung in der Bundesverwaltung vom 13. Juli 1999127 und Artikel 8 RVOG, auf den sich die Weisungen stützen. In der Praxis wird man sich mittel- bis längerfristig sinnvollerweise durch die Erfahrungen in der EU leiten lassen, die es nahe legen, grosse Datenbanken anzulegen, um dem Bürger und der Bürgerin sowie den Organisationen zu helfen, ihren Weg durch die Vielfalt der zur Verfügung stehenden Informationen zu finden. In diesem Rahmen können die modernen Mittel der Kommunikation nutzbringend verwendet werden. In der Vernehmlassung wurde ebenfalls gefordert, es seien Massnahmen vorzusehen, um den Gesuchstellenden das Auffinden von Dokumenten zu erleichtern.

Beim Erlass von Vorschriften über die Bewirtschaftung amtlicher Dokumente trägt der Bundesrat den Eigenheiten Rechnung, welche sich aus der organisatorischen Autonomie dezentralisierter Verwaltungseinheiten und Organisationen oder Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die nicht der Bundesverwaltung angehören, ergeben.

Schliesslich soll der Bundesrat die Möglichkeit haben, besondere Vorschriften betreffend die Publikation von amtlichen Dokumenten zu erlassen. Er könnte beispielsweise vorschreiben, dass Dokumente, zu denen mehrfach ein Zugang verlangt wird, auf dem Internet zugänglich gemacht werden müssen.

126 127

SR 120 BBl 1999 5428

2032

2.5.2

Änderung von Bundesgesetzen (Art. 22)

Die Änderungen von Bundesgesetzen betreffen im Wesentlichen das Datenschutzgesetz (DSG). Einzelne Aspekte wurden bereits kommentiert (vgl. insbesondere die Erläuterungen zu Art. 9). Auf einige weitere Änderungsvorschläge ist im Folgenden noch weiter einzugehen.

2.5.2.1

Zugänglichmachung von amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten (Art. 19 Abs. 1bis [neu] DSG)

Das Öffentlichkeitsgesetz sieht in Artikel 7 Absatz 2 vor, dass ausnahmsweise amtliche Dokumente auch dann zugänglich gemacht werden können, wenn dadurch die Privatsphäre Dritter beeinträchtigt wird. Das öffentliche Interesse am Zugang muss in einem solchen Fall das Interesse am Schutz der Privatsphäre überwiegen.

Artikel 9 Absatz 2 sieht weiter vor, dass Gesuche um Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten, nach Artikel 19 Datenschutzgesetz zu beurteilen sind. Somit muss im DSG eine Koordinationsnorm eingefügt werden, die eine solche Zugänglichmachung von Dokumenten, die Personendaten enthalten, vorsieht.

Gleichzeitig besteht auch im Rahmen der sich auf Artikel 180 Absatz 2 BV und Artikel 10 RVOG stützenden aktiven Information der Bundesbehörden ein Bedürfnis, in Ausnahmefällen Informationen zu veröffentlichen, die Personendaten umfassen. Einer klaren Rechtsgrundlage bedarf es beispielsweise für die Veröffentlichung von Berichten über administrative Untersuchungen, die Personendaten enthalten.

Artikel 19 Absatz 1bis (neu) DSG128 schafft die notwendige Rechtsgrundlage für diese beiden Fälle behördlicher Informationstätigkeit und ermöglicht dadurch die Koordination von Datenschutz- und Transparenzanliegen. Welche Daten auf Grund der vorliegenden Bestimmung veröffentlicht werden können, ist auf Grund einer Interessenabwägung im Einzelfall zu ermitteln. Dabei sind verschiedene Kriterien mit einzubeziehen. Die Veröffentlichung darf nicht unvereinbar sein mit dem Zweck, für den die Daten ursprünglich beschafft wurden (vgl. Art. 4 Abs. 3 DSG): Die Information durch die Behörden kann zumindest unter gewissen Voraussetzungen als vereinbar mit dem datenschutzrechtlichen Gebot der Zweckbindung gelten, da sie sich auf Verpflichtungen stützt, die formellgesetzlich verankert sind. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Angabe der Daten freiwillig erfolgt ist oder ob dazu eine Verpflichtung bestand, um welche Art von Daten es sich handelt und welche Auswirkungen die Veröffentlichung auf die betroffene Person hat. Die Formulierung der vorliegenden Bestimmung trägt diesen Anforderungen Rechnung.

Insbesondere wird auf die Zweckbindung verwiesen, indem festgehalten wird, dass die bekanntzugebenden Personendaten im Zusammenhang mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben stehen müssen. Für
die Zugänglichmachung nach dem Öffentlichkeitsgesetz ergibt sich diese Anforderung ohnehin bereits aus der Definition des «amtlichen Dokuments» (Art. 5 Abs. 1 Bst. c).

128

SR 235.1

2033

2.5.2.2

Veröffentlichung behördlicher Informationen, die Personendaten enthalten, auf Internet (Art. 19 Abs. 3bis [neu] DSG)

Artikel 19 Absatz 3bis (neu) DSG129 schafft eine Grundlage für die Veröffentlichung von Personendaten auf Internet durch die Bundesbehörden zu Informationszwecken.

Dabei ist allerdings der Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Art. 4 Abs. 2 DSG) zu beachten; es sind Fälle denkbar, in denen eine Veröffentlichung von Personendaten auf Internet zu Informationszwecken unverhältnismässig sein könnte (z.B. wenn der Personenkreis, an den sich die Information richtet, klein und von vornherein genau bestimmbar ist). Artikel 19 Absatz 1bis, an welchen Absatz 3bis anknüpft, verlangt vorgängig eine Interessenabwägung. Zudem sind Informationen, die Personendaten enthalten, wieder zu löschen bzw. vom Netz zu nehmen, wenn durch den Zeitablauf das öffentliche Interesse an ihrer Publikation erloschen ist.

2.5.2.3

Verfahrenskoordination (Art. 25bis [neu] DSG)

Der neu ins Datenschutzgesetz einzufügende Artikel 25bis regelt die Verfahrenskoordination zwischen Öffentlichkeitsgesetz und Datenschutzgesetz. Er verweist darauf, dass für den Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten, das Verfahren durch das Öffentlichkeitsgesetz geregelt wird. Datenschutzrechtliche Ansprüche der betroffenen Person treten neben die verfahrensmässigen Rechte, die ihr das Öffentlichkeitsgesetz zuerkennt, und sind aus verfahrensökonomischen Gründen im Zugangsverfahren geltend zu machen.

2.5.3

Referendum und Inkrafttreten (Art. 23)

Der Bundesrat wird das Inkrafttreten des Gesetzes bestimmen.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Oberstes Ziel der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips ist die Förderung der Transparenz der Verwaltung. Folgen davon sind eine verbesserte Kommunikation und ein erhöhtes Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Verwaltung.

Diese Verbesserungen sind nicht unmittelbar quantifizierbar. Sie werden indessen zu einer Steigerung der Akzeptanz und der Wirksamkeit staatlicher Massnahmen führen.

129

SR 235.1

2034

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen und Auswirkungen auf den Stellenetat

Die kostenmässigen Auswirkungen, welche sich aus der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips ergeben, lassen sich kaum präzise abschätzen. Das Problem liegt darin, dass keine exakten Angaben über die Anzahl der bereits heute erfolgenden Gesuche um Zugang zu amtlichen Dokumenten bestehen; es ist auch kaum möglich, die zusätzliche Anzahl Gesuche vorauszusehen. Es ist somit schwierig anzugeben, in welchem Ausmass die Arbeitsbelastung der Verwaltung steigen wird, zumal auch keine konsolidierten Zahlen betreffend den heute auf Grund bestehender Akteneinsichtsrechte anfallenden Aufwand (insb. im Rahmen von Verwaltungsverfahren oder von Einsichtsgesuchen nach Art. 8 DSG130) bestehen. Anlässlich des Vorhabens zur Anpassung des Umweltschutzgesetzes an das Recht des EWR war seinerzeit die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips im Bereich des Umweltrechtes vorgesehen.

Der Bundesrat hielt bereits damals fest, dass genauere Prognosen über den anfallenden Mehraufwand nicht möglich seien, weil schwierig abzuschätzen sei, wie einlässlich die Bevölkerung vom Zugangsrecht Gebrauch machen werde131. Auch die zur Abklärung der Auswirkungen der Einführung des Öffentlichkeitsgesetzes durchgeführte Prospektivstudie132 konnte diesbezüglich kaum weitere Anhaltspunkte liefern. Ein Vergleich mit ausländischen Staaten, für die entsprechende Zahlen verfügbar sind, führt zu einer Bandbreite der Gesamtkosten von 0,5 bis 6,8 Millionen Franken133. Auf Grund weiterer Vergleichsrechungen134 lässt sich ein maximaler Rahmen von 4,5 bis 5,5 Millionen Franken festlegen.

Bei einer Einführung des Öffentlichkeitsprinzips ist mit einer geringen Anzahl von zusätzlichen Stellen zu rechnen, die auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorliegenden Gesetzes geschaffen werden müssen: Drei bis dreieinhalb Stellen für den Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten oder die Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte; zwei Stellen für die Kommission, mit eingeschlossen das Sekretariat135. Die verbleibende Anzahl Stellen, deren Schaffung längerfristig allenfalls erforderlich sein könnte, wird einzig durch eventuellen zusätzlichen Arbeitsaufwand bestimmt. Sie verteilt sich auf die sieben Departemente und die Bundeskanzlei. Die Betroffenheit einzelner Dienststellen dürfte dabei sehr unterschiedlich sein136; bereits daher sind keine präziseren
Aussagen möglich.

Unmittelbar auf das Inkrafttreten hin sollen aber keine weiteren zusätzlichen Stellen geschaffen werden. Zunächst sind Erfahrungen mit dem Öffentlichkeitsprinzip zu sammeln, die Aufschluss über den praktisch zu erwartenden Mehraufwand geben können. Zu prüfen wird auch sein, ob zumindest ein Teil der Kosten für die Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips durch Kompensationen gedeckt werden kann; es sei 130 131 132 133

SR 235.1 BBl 1992 V 131 Prospektivstudie, a.a.O.

Prospektivstudie, a.a.O., S. 21 f. Verwendet wurden Zahlen für Grossbritannien und Kanada.

134 Unter Einbezug der USA und Australiens.

135 Die Erhöhung des Pensums des Präsidenten der gegenwärtigen eidgenössischen Datenschutzkommission auf hundert Prozent aufgrund des erhöhten Aufwands wurde mit eingerechnet; wobei zu beachten ist, dass die Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission in das neu zu schaffende Bundesverwaltungsgericht übergeführt werden wird.

136 Prospektivstudie, a.a.O., S. 19 ff.

2035

in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass der Bund im Jahr 2000 für die aktive Information 62,5 Millionen Franken aufwendete137.

Geeignete organisatorische Vorkehren und verschiedene Modalitäten anlässlich der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips könnten den möglichen Mehraufwand minimieren. Die Anpassung von Internetseiten der Verwaltung dürften höchstwahrscheinlich zu einer raschen Verminderung der Anzahl Anfragen beitragen. Eine geeignete Regelung bezüglich Ort und Zeit für die Einsichtnahme in amtliche Dokumente wie auch die Gebührenerhebung, insbesondere wenn die verlangten Auskünfte oder die Aufbereitung von Dokumenten für den Zugang mehr als einen geringfügigen Aufwand bedingen, können ebenfalls zu einer Entlastung der Verwaltung führen. Mit der Zeit wird eine gewisse Routine bei der Bewilligung des Zugangs zu amtlichen Dokumenten eine Rationalisierung der Arbeit bringen; Verfahren und Formulare können weitgehend standardisiert werden. Auf jeden Fall wird die Art und Weise der Umsetzung des Gesetzes die damit verbundenen Kosten massgeblich beeinflussen. Insofern bestehen durchaus Steuerungsmöglichkeiten seitens der Verwaltung; es kann von gestaltbaren Kostenfolgen ausgegangen werden. Ein Teil der Kosten wird ohnehin über Gebühren gedeckt werden können, da der Zugang grundsätzlich kostenpflichtig ist. Bei der Festlegung der Gebührenhöhe kann dem verursachten Aufwand Rechnung getragen werden. Der in Artikel 19 des Öffentlichkeitsgesetzes vorgesehenen regelmässigen Evaluation wird diesbezüglich grosse Bedeutung zukommen138. Innert drei Jahren nach dem Inkrafttreten wird ein Bericht vorzulegen sein, der die durch die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips verursachten Kosten untersucht und die allenfalls nötigen Massnahmen vorschlägt (Art. 19 Abs. 2). In diesem Zusammenhang sei auch noch erwähnt, dass die Behandlung der gestützt auf das Datenschutzgesetz eingereichten Auskunftsgesuche sich kostenmässig als unproblematisch erwiesen hat.

Mittelfristig dürfte auf Grund der zu erwartenden Auswirkungen des Öffentlichkeitsgesetzes auch mit gewissen Effizienzgewinnen zu rechnen sein, deren Grössenordnung allerdings nicht ex ante bestimmbar ist. Rationalisierungseffekte werden sich namentlich auf Grund einer verbesserten Dokumentenführung ergeben.

Abschliessend sei noch darauf hingewiesen, dass
in der Praxis für die verschiedentlich geäusserten Befürchtungen, dass die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips zu einer extrem hohen Belastung für die Behörden führen würde, kaum Anhaltspunkte bestehen. Eine Auswertung der praktischen Erfahrungen ergibt, dass im Kanton Bern die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips kaum zu Problemen geführt hat; es gab keinen eigentlichen Ansturm der Bürgerinnen und Bürger auf die Verwaltung139. Dasselbe gilt etwa für Schweden140 oder die kanadische Provinz Québec, wo die öffentliche Verwaltung in ihren Tätigkeiten durch das Öffentlichkeitsprinzip in keiner Weise behindert wird. Diese Beispiele zeigen auch, dass sich in der Praxis bei allen Beteiligten sehr schnell Lernprozesse einstellen: Sobald einmal geklärt ist,

137 138 139

Pressemitteilung der Eidg. Finanzverwaltung vom 12. April 2001.

Vgl. auch Prospektivstudie, a.a.O., S. 25 f.

Nuspliger, K., Einleitung, in Staatskanzlei des Kantons Bern, 365 Tage Öffentlichkeitsprinzip: eine Bilanz, 1996, S. 3; Farine-Hitz, A., Transparence de l'information officielle: les impacts du principe de publicité dans le canton de Berne, travail de mémoire IDHEAP, Berne, 1998.

140 Cottier, B., La publicité des documents administratifs, 1982, S. 142.

2036

dass gewisse Informationen nicht zugänglich sind, ist in den betreffenden Bereichen nicht mehr mit einem grossen Aufkommen an Zugangsgesuchen zu rechnen.

Im Finanzplan 2004­2006 sind für die Umsetzung des Öffentlichkeitsgesetzes noch keine Mittel eingestellt.

3.1.2

Auswirkungen auf die Informatik

Die Informatisierung der Verwaltung ist ein wesentliches Element zur Erleichterung des Vollzugs des vorliegenden Entwurfes. Sie bewirkt eine Verminderung der Mehrarbeit der Verwaltung, indem sie den unmittelbaren Zugang zu Dokumenten erleichtert. Die Bekanntgabe der Dokumente in elektronischer Form ist daher zu fördern. Der Bundesrat wird im Rahmen der detaillierten Ausgestaltung des Vollzugs besonders darauf achten.

Längerfristig sollte die Errichtung eines zentralen Registers der amtlichen Dokumente angestrebt werden, welches sowohl auf Internet als auch im internen Informatiknetz zur Verfügung gestellt werden kann. Dies wird jedoch einen beträchtlichen organisatorischen und informatiktechnischen Koordinationsaufwand bedingen.

Daher erscheint kurzfristig eine dezentrale Lösung angezeigt, welche es den Dienststellen überlässt, eine Liste ihrer zugänglichen Dokumente mittels Internet öffentlich zu machen. Nach Umsetzung der gegenwärtig angestrebten Vereinheitlichung der informatisierten Aktenbewirtschaftungssysteme, wird dereinst relativ einfach ein zentrales Register erstellt werden können. Die Kosten für die Einführung bzw.

Modernisierung der elektronischen Registrier- und Aktenbewirtschaftungssysteme hängen nicht unmittelbar mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf zusammen, da sich entsprechende Anforderungen bereits aus dem Archivgesetz, dem RVOG und den Weisungen des EDI vom 13. Juli 1999141 über die Aktenführung in der Bundesverwaltung ergeben.

Kurz- und mittelfristig wird sich die informatiktechnische Unterstützung für die Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips auf wenig aufwändige Instrumente konzentrieren müssen; etwa auf die Einrichtung einer «Öffentlichkeits»-Webseite, die z.B.

mittels einer einfachen Suchmaschine auf die einschlägigen Webseiten der Ämter zugreifen und diese nach Dokumenten durchsuchen kann. Die Investitionskosten dafür werden maximal Fr. 100 000.­ betragen; der Unterhalt wäre mit bestehenden Mitteln ­ z.B. durch das Sekretariat des Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten ­ wahrzunehmen.

3.2

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips in der Bundesverwaltung wird sich positiv auf die schweizerische Wirtschaft auswirken. Der vereinfachte Zugang zu einer Vielzahl zusätzlicher Informationen erlaubt es den verschiedenen Wirtschaftsakteuren, ihre Entscheide auf Grund eines besseren Wissenstands (z.B. im Vor- und Umfeld von Rechtsetzungsverfahren oder bezüglich des Vollzugs bestimmter für die Wirtschaft relevanter Bundesaufgaben) zu treffen. Eine benutzerfreundliche Zurver141

BBl 1999 5428 ff.

2037

fügungstellung der Informationen aus dem öffentlichen Sektor kann besonders für die KMU von Nutzen sein. Der vereinfachte Zugang wird gerade ihnen erlauben, das Potenzial der Informationen aus dem öffentlichen Sektor besser zu nutzen. Auch die Konsumenten und Konsumentinnen werden von der konsequenten Anwendung des Öffentlichkeitsprinzips in der Verwaltung profitieren können.

In der Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors durch die Wirtschaft darf ein beträchtliches Marktpotenzial vermutet werden. Davon geht auch die EU-Kommission aus, die auf europäischer Ebene vereinfachende Rahmenbedingungen für solche Nutzungen schaffen will (vgl. Ziff. 5.2.2 unten). Insbesondere neue Wirtschaftszweige im Bereiche der Kommunikations- und Informationstechnologie (die so genannte «Inhaltsbranche» oder «content industry»), Unternehmen die Inhalte für Internet und Mobilkommunikation bereitstellen, können von der besseren Zugänglichkeit von Verwaltungsinformationen profitieren. Selbstverständlich unterstehen kommerzielle Nutzungen von amtlichen Dokumenten aber auch bestimmten Restriktionen, insbesondere dem Vorbehalt von Urheberrechten142.

Der angestrebte Kulturwandel zu offenerer und kommunikationsbewussterer Behördentätigkeit sowie die Steigerung der Effizienz der Verwaltungstätigkeit, die als Nebeneffekt der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips zu erwarten ist, kommen gerade auch der Wirtschaft zugute und tragen dazu bei, die Schweiz als Standort attraktiver zu machen bzw. attraktiv zu erhalten.

Demgegenüber ist es kaum zu erwarten, dass aus der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips für die Wirtschaft negative Auswirkungen resultieren. Der Schutz von Personendaten (zu denen nach Art. 3 Bst. b DSG auch die Daten juristischer Personen zählen), der Schutz von Berufs-, Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnissen sowie der Schutz von speziellen Geheimnissen (wie etwa dem Bankgeheimnis) bleiben durch den vorliegenden Entwurf weiterhin gewährleistet (vgl. Erläuterungen zu Art. 4, Art. 7 Abs. 1 Bst. g sowie Art. 9).

3.3

Andere Auswirkungen

Das Verhältnis des vorliegenden Entwurfs zur Datenschutzgesetzgebung wurde bereits detailliert erläutert (vgl. insb. Erläuterungen zu Art. 9, 11­16 und 23).

Die Vorlage hat namentlich keine besonderen Auswirkungen auf die Kantone und die Gemeinden.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist im Bericht vom 1. März 2000 über die Legislaturplanung 1999­2003 als Richtliniengeschäft angekündigt (Ziff. 2.6, Staatliche Institutionen)143.

142

Vgl. dazu z.B. die Verordnung vom 21. Dezember 1994 über die Gebühren der Eidgenössischen Drucksachen- und Materialzentrale (SR 172.041.11).

143 BBl 2000 2276, 2297.

2038

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Der vorliegende Gesetzesentwurf stützt sich auf die Kompetenz der Bundesversammlung zur Behandlung von Geschäften, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen und keiner anderen Behörde zugewiesen sind (Art. 173 Abs. 2 BV). Artikel 16 Absatz 3 BV, welcher die Informationsfreiheit garantiert, sieht die Umkehr des Geheimhaltungsgrundsatzes der Verwaltung zu Gunsten des Öffentlichkeitsprinzips nicht vor. Er enthält nur eine Minimalgarantie, wonach jede Person das Recht hat, Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen und zu verarbeiten. Artikel 180 Absatz 2 BV verpflichtet den Bundesrat, die Öffentlichkeit rechtzeitig und umfassend über seine Tätigkeit zu informieren, sofern nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen. Er stösst jedoch den gegenwärtigen Grundsatz der Geheimhaltung ebenfalls nicht um. Dem Gesetzgeber bleibt die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips hingegen unbenommen. Die entsprechenden Vorbereitungsarbeiten bestätigen das: Anlässlich der Diskussion im Nationalrat über Varianten im Rahmen der nachgeführten Bundesverfassung hat der damalige Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements klar festgehalten, dass das Öffentlichkeitsprinzip auf Gesetzesstufe realisiert werden soll, weil keine Verfassungsgrundlage nötig sei144.

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates schlug in ihrem Vorentwurf vom 2. Juli 1999 zu einem Bundesbeschluss über Medien und pressepolitische Massnahmen ebenfalls die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips vor.

5.2

Verhältnis zum Gemeinschaftsrecht und zum internationalen Recht

5.2.1

Internationales Recht

Weder Artikel 10 EMRK145 noch Artikel 19 Absatz 2 des internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte146 (UNO-Pakt II) gewähren ein Recht auf Zugang zu Informationen von Behörden. Die Informationsfreiheit ist darauf beschränkt, sich aus allgemein zugänglichen Quellen unterrichten zu können147. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat erkannt, dass sich eine Verpflich144

«[D]as Öffentlichkeitsprinzip wollen wir auf Gesetzesstufe realisieren, weil keine Verfassungsgrundlage nötig ist.» (AB 1998 N 486 [Sonderdruck], Session vom 9. Dezember 1998).

145 SR 0.101 146 SR 0.103.2 147 Für Art. 10 EMRK siehe Mahon, P., L'information par les autorités, ZSR II, 1999, S. 272 ff.; Barrelet, D., Droit de la communication, 1998, Rz 336, S. 99; Vorbrodt Stelzer, S., Informationsfreiheit und Informationszugang im öffentlichen Sektor: eine Untersuchung anhand schweizerischer und europäischer Gerichtspraxis, 1995, S. 18 ff. Siehe auch den Entscheid des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 19. Februar 1998 i.S. Guerra et. al. gegen Italien.

Für den UNO-Pakt II siehe Mahon, P., L'information par les autorités, ZSR II, 1999, S. 272 F.; Vorbrodt Stelzer, S., Informationsfreiheit und Informationszugang im öffentlichen Sektor: eine Untersuchung anhand schweizerischer und europäischer Gerichtspraxis, 1995, S. 17.

2039

tung des Staates zur Gewährung des Zugangs zu Informationen, über welche er verfügt oder eine Informationspflicht nur unter bestimmten besonderen Umständen aus Artikel 8 EMRK ableiten lassen148. Der vorliegende Entwurf ist in jedem Fall mit der EMRK und dem UNO-Pakt II vereinbar, welche keinen grundsätzlich weiter reichenden Schutz vorsehen.

Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat in einer Empfehlung vom 1. Februar 1979 (Empfehlung 854/1979) für eine Öffnung der Verwaltung plädiert, namentlich indem die Öffentlichkeit Zugang zu den Akten der Verwaltung erhalten soll. Das Ministerkomitee des Europarats hat am 12. Februar 2002 eine neue Empfehlung über den Zugang zu amtlichen Dokumenten (Empfehlung [2002]2) verabschiedet. Die Empfehlung stellt namentlich die folgenden Grundsätze auf: ­

Vorbehalt der im Übereinkommen STE 108 über den Schutz des Menschen bei der automatischen Bearbeitung personenbezogener Daten149 aufgestellten Beschränkungen (Art. II Abs. 2);

­

Gewährleistung des allgemeinen Zugangs zu Informationen im Besitz von Behörden, es sei denn, Dokumente seien nicht fertig gestellt (Art. III); kein Erfordernis der Angabe von Gründen (Art. V Abs. 1);

­

Entscheid über das Gesuch durch jede Behörde, in deren Besitz sich ein Dokument befindet (Art. VI Abs. 1);

­

Beschränkung des Zugangs, insbesondere um die öffentliche Sicherheit, die Privatsphäre und andere legitime privaten Interessen, die Wirtschafts-, Geldund Währungspolitik sowie die Vertraulichkeit bei der Vorbereitung von behördlichen Entscheiden zu schützen; es sei denn, der Beschränkung stehe ein überwiegendes öffentliches Interesse entgegen (Art. IV);

­

Gesuchstellende haben ein Recht auf Kopie (Art. VII Abs. 1);

­

Zugang zu einem Verfahren der Überprüfung eines ablehnenden Zugangsentscheides durch ein Gericht oder eine unabhängige Behörde (Art. IX);

­

Ergänzende Massnahmen: Information der Öffentlichkeit über das Zugangsrecht; entsprechende Ausbildung der Beamtinnen und Beamten (Art. X).

Der vorliegende Entwurf stimmt mit den in der Empfehlung verankerten Grundsätzen in den meisten wesentlichen Punkten überein.

Im Bereich des Umweltschutzes ist das Übereinkommen der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (ECE) über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Übereinkommen von Aarhus) von der Schweiz am 25. Juni 1998 unterzeichnet worden. Die Ratifikation steht noch aus. Das Übereinkommen gewährt natürlichen und juristischen Personen unabhängig ihrer Nationalität bzw. ihres Sitzes und ohne Nachweis eines Interesses ein Informationsrecht im Bereich des Umweltschutzes. Das Gesuch um Information kann abgelehnt werden, 148

Siehe den Entscheid des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 19. Februar 1998 i.S. Guerra et. al. gegen Italien (kommentiert in Mahon, P., L'information par les autorités, ZSR II, 1999, S. 287). Siehe auch die Entscheide Leander gegen Schweden vom 26. März 1987 und Gaskin gegen das Vereinigte Königreich und Irland vom 7. Juli 1989.

149 SR 0.235.1

2040

wenn dies aus Gründen der nationalen Sicherheit oder der Vertraulichkeit von Personen-, Geschäfts- oder Fabrikationsdaten vorgesehen ist. Die Gründe, welche zur Ablehnung des Gesuches führen, sind der Gesuchstellerin oder dem Gesuchsteller bekannt zu geben. Die entsprechenden Bestimmungen sind Gegenstand einer Sonderregelung im Rahmen der Umweltgesetzgebung, die gegenwärtig ausgearbeitet wird.

Weiter besteht eine Empfehlung über Umweltinformation, welche vom Rat der OECD am 3. April 1998 angenommen wurde und zahlreiche Elemente des Übereinkommens von Aarhus übernimmt.

5.2.2

Gemeinschaftsrecht

Mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Amsterdam ist das Recht auf Zugang zu Dokumenten von Organen der Europäischen Union künftig im Gemeinschaftsrecht verankert. Artikel 255 EGV sieht vor, dass jede Bürgerin und jeder Bürger der Union und jede natürliche und juristische Person mit Wohnsitz oder Niederlassung in einem Mitgliedstaat ein Recht auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rats und der Kommission hat. In Ausführung dieser Bestimmung erliessen Parlament und Rat der EU am 31. Mai 2001 die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission150. Diese Verordnung löst die beiden Verordnungen des Rates (93/731 CE) und der Kommission (94/90 CE) ab, die bisher den Zugang zu Dokumenten dieser Organe regelten. Die Verordnung 1049/2001 schafft einheitliche Regeln für den Zugang zu Dokumenten aller EU-Organe. Sie hat für die Mitgliedstaaten nur indirekte Geltung: Wird bei der Verwaltung eines Mitgliedstaates Zugang zu Dokumenten der EU verlangt, so hat diese die EU-Organe vor der Gewährung des Zugangs zu konsultieren, wenn die Zugänglichkeit bzw. Nichtzugänglichkeit nicht von vornherein feststeht. Die Mitgliedstaaten werden darüber hinaus in der Präambel der Verordnung dazu aufgefordert, bei der Zugänglichmachung von Dokumenten der EU das nationale Recht im Einklang mit der Verordnung auszulegen und insbesondere die Bestimmungen der EU-Organe betreffend Klassifizierung bzw. Dokumentensicherheit zu respektieren (Art. 5 der Verordnung 1049/2001 sowie Ziff. 15 der Präambel). Die Verordnung sieht für den Zugang zu Dokumenten ein Verfahren vor, welches den Lösungen der oben beschriebenen Staaten (Ziff. 1.1.1.3) sowie dem vorliegenden Entwurf weitgehend entspricht. Die Verordnung verpflichtet die Organe insbesondere dazu, Dokumentenregister einzurichten, die (nahezu) alle Dokumente aufführen müssen, unabhängig davon, ob diese zugänglich sind oder nicht. Wenn nur Teile eines Dokuments geheim zu halten sind, muss der Rest zugänglich gemacht werden (accès partiel).

Gegen ablehnende Zugangsentscheide kann der Europäische Bürgerbeauftragte oder der EuGH angerufen werden. Der Zugangsentscheid muss innerhalb von 15 Tagen ergehen.

Weiter ist noch auf den Vorschlag der Kommission zu einer Richtlinie betreffend die Weiterverwendung und kommerzielle Verwertung von Dokumenten des öffentlichen Sektors vom 5. Juni 2002 hinzuweisen. Dieser Entwurf enthält Grundsätze 150

ABl EG L 145 vom 31.5.2001, 43­48.

2041

zur Verfügbarkeit amtlicher Dokumente (möglichst in elektronischer Form und, soweit vorhanden, im gewünschten Format), zu den Gebühren für den Zugang (kostenorientierte Tarife, Transparenz der Gebührenstruktur) und zur Gleichbehandlung der Marktteilnehmer (Nichtdiskriminierung, Verbot von Ausschliesslichkeitsvereinbarungen). Mit dieser Richtlinie sollen Wettbewerbsverzerrungen sowie rechtliche Unterschiede und Unsicherheiten im Bereich der Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors beseitigt und dadurch die Produktion digitaler Inhalte gefördert werden.

5.3

Erlassform

Die grundlegenden Bestimmungen über die Organisation und das Verfahren der Bundesbehörden sind in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen (Art. 164 Abs. 1 Bst. g BV). Die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips in der Verwaltung führt zur Umkehr des heute praktizierten Prinzips der Geheimhaltung, weshalb sich die Form des Bundesgesetzes aufdrängt151.

5.4

Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Bundesrat kann für Einheiten der Bundesverwaltung sowie für Organisationen und Personen, die nicht der Bundesverwaltung angehören, in Ergänzung zum Gesetz weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes festlegen, wenn die Erfüllung von deren Aufgaben es erfordert, wenn ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt würde oder wenn die übertragenen Aufgaben von geringer Bedeutung sind (Art. 2 Abs. 3).

Der Bundesrat kann nach Artikel 9 Absatz 2 ein besonderes Verfahren für den Zugang zu amtlichen Dokumenten der schweizerischen Vertretungen im Ausland und der Missionen bei internationalen Organisationen vorsehen.

Nach Artikel 10 Absatz 4 regelt der Bundesrat die Einzelheiten des Gesuchsverfahrens. Er hat dabei die besonderen Bedürfnisse der Medien zu berücksichtigen. Darüber hinaus kann er für Massengesuche besondere Modalitäten des Zugangs vorsehen und für Gesuche, die eine besonders aufwändige Bearbeitung erfordern, längere Bearbeitungsfristen festlegen.

151

Gleicher Ansicht Mahon, P., L'information par les autorités, ZSR II, 1999, S. 340 ff.

(342); Kölz, A./ Häner, I., Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, zweite Auflage, 1998, Rz 145, S. 51; Ehrenzeller, B., Öffentlichkeit der öffentlichen Verwaltung? Recht, Staat und Politik am Ende des zweiten Jahrtausends: Festschrift zum 60. Geburtstag von Bundesrat Arnold Koller, 1993, S. 46 ff.; Moor, P., Droit administratif, Bd. II, 1991, Ziff. 2.2.5.7, S. 169 (Frage offengelassen, wobei auf die Notwendigkeit gesetzlichen Tätigwerdens hingewiesen wird); Müller, J. P., in: Aubert, J.-F. et al., Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bd. III, Informationsfreiheit (vor Art. 55), 1986 , Rz 53; Poncet, C., La liberté d'information du journaliste: un droit fondamental? Etude de droits suisse et comparé, in: Revue internationale de droit comparé, 1980, S. 731 ff. (756).

2042

Gemäss Artikel 17 Absatz 4 des vorliegenden Entwurfes legt der Bundesrat die Einzelheiten der Erhebung von Gebühren für den Zugang zu amtlichen Dokumenten und den Gebührentarif fest. Gesuche, deren Bearbeitung mit geringem Aufwand verbunden ist, sind aber nach dieser Bestimmung gebührenfrei.

Zudem erlässt der Bundesrat Bestimmungen über die Bewirtschaftung amtlicher Dokumente sowie die Information über solche Dokumente und deren Publikation (Art. 21).

2043

Inhaltsverzeichnis Übersicht

1964

1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Aktuelle Praxis des Zugangs zu Informationen 1.1.1.1 Auf Bundesebene 1.1.1.2 Auf Ebene der Kantone 1.1.1.3 Auf internationaler Ebene 1.1.2 Schaffung eines Öffentlichkeitsgesetzes: Pro und contra 1.1.2.1 Gründe für eine Einführung des Öffentlichkeitsprinzips 1.1.2.2 Argumente gegen die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips 1.1.3 Grundzüge des Entwurfs für ein Öffentlichkeitsgesetz 1.1.3.1 Zweck 1.1.3.2 Konzept und grundsätzliche Aspekte 1.1.3.3 Zusammenhang mit anderen Bundesgesetzen 1.2 Ergebnisse des Vorverfahrens 1.2.1 Vorbereitende Arbeiten auf Bundesebene 1.2.2 Vernehmlassungsverfahren 1.2.3 Wichtigste Änderungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf 1.3 Vorgesehene Umsetzung des Erlasses 1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

1965 1965 1965 1965 1967 1968 1973 1973

2 Besonderer Teil 2.1 Zweck und Geltungsbereich 2.1.1 Zweck (Art. 1) 2.1.2 Geltungsbereich (Art. 2) 2.1.2.1 Bundesverwaltung und weitere Organisationen und Personen (Art. 2 Abs. 1) 2.1.2.2 Ausnahmen vom Geltungsbereich (Art. 2 Abs. 2 und 3) 2.1.3 Sachlicher Geltungsbereich (Art. 3) 2.1.4 Vorbehalt von Spezialbestimmungen (Art. 4) 2.1.5 Amtliche Dokumente (Art. 5) 2.1.5.1 Amtliche Dokumente im Allgemeinen (Art. 5 Abs. 1 und 2) 2.1.5.2 Dokumente, die nicht als amtliche Dokumente gelten (Art. 5 Abs. 3) 2.1.5.3 Anwendbares Recht bei Informationen, die nicht vom vorliegenden Gesetzesentwurf erfasst werden 2.2 Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten 2.2.1 Öffentlichkeitsprinzip (Art. 6) 2.2.1.1 Recht auf Zugang (Art. 6 Abs. 1) 2.2.1.2 Einsichtnahme in amtliche Dokumente (Art. 6 Abs. 2) 2.2.2 Ausnahmen vom Recht auf Zugang (Art. 7) 2.2.2.1 Vorgehen bei einer Einschränkung, Aufschiebung oder Verweigerung des Rechts auf Zugang (Art. 7 Abs. 1)

1984 1984 1984 1985

2044

1975 1976 1976 1976 1978 1980 1980 1981 1982 1983 1983

1985 1987 1989 1989 1990 1990 1996 2000 2001 2001 2001 2002 2004 2005

2.2.2.2 Beeinträchtigung der Privatsphäre (Art. 7 Abs. 2) 2.2.3 Besondere Fälle (Art. 8) 2.2.3.1 Mitberichts- und Ämterkonsultationsverfahren (Art. 8 Abs. 1) 2.2.3.2 Amtliche Dokumente über Positionen in laufenden oder künftigen Verhandlungen (Art. 8 Abs. 3) 2.2.3.3 Dokumente mit unbeschränktem Zugang: Evaluationsberichte über die Leistungsfähigkeit der Bundesverwaltung und die Wirksamkeit ihrer Massnahmen (Art. 8 Abs. 4) 2.2.3.4 Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten (Art. 9, 11 und 12 Absatz 3) 2.2.3.5 Missbräuchliche Gesuche 2.3 Verfahren für den Zugang zu amtlichen Dokumenten 2.3.1 Einleitung: Übersicht über das Verfahren 2.3.1.1 Gesuchs- und Schlichtungsverfahren 2.3.1.2 Verfügungs- und Beschwerdeverfahren 2.3.2 Gesuch (Art. 10) 2.3.2.1 Allgemeines (Art. 10 Abs. 1 bis 3) 2.3.2.2 Regelung der Einzelheiten des Verfahrens durch den Bundesrat (Art. 10 Abs. 4) 2.3.3 Anhörung (Art. 11) 2.3.4 Stellungnahme der Behörde (Art. 12) 2.3.5 Schlichtung (Art. 13) 2.3.6 Empfehlung (Art. 14) 2.3.7 Verfügung (Art. 15) 2.3.8 Beschwerde (Art. 16) 2.3.8.1 Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitskommission 2.3.8.2 Beschwerdeverfahren 2.3.9 Gebühren (Art. 17) 2.3.9.1 Grundsatz der Gebührenpflichtigkeit (Art. 17 Abs. 1 und 2) 2.3.9.2 Höhe der Gebühren (Art. 17 Abs. 3) 2.3.9.3 Gebührentarif und Gebührenerhebung für die Abgabe von Drucksachen und ähnlichen Informationsträgern (Art. 17 Abs. 4 und 5) 2.4 Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter oder eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte 2.4.1 Zuweisung der Funktion 2.4.2 Aufgaben (Art. 18) 2.4.3 Evaluation (Art. 19) 2.4.4 Auskunfts- und Einsichtsrechte (Art. 20) 2.5 Schlussbestimmungen 2.5.1 Vollzug (Art. 21) 2.5.2 Änderung von Bundesgesetzen (Art. 22)

2013 2013 2014 2015

2015 2016 2017 2018 2018 2018 2018 2019 2019 2020 2022 2022 2023 2024 2025 2025 2025 2026 2026 2026 2027

2028 2029 2029 2030 2031 2031 2032 2032 2033

2045

2.5.2.1 Zugänglichmachung von amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten (Art. 19 Abs. 1bis [neu] DSG) 2.5.2.2 Veröffentlichung behördlicher Informationen, die Personendaten enthalten, auf Internet (Art. 19 Abs. 3bis [neu] DSG) 2.5.2.3 Verfahrenskoordination (Art. 25bis [neu] DSG) 2.5.3 Referendum und Inkrafttreten (Art. 23)

2033

2034 2034 2034

3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.1.1 Finanzielle Auswirkungen und Auswirkungen auf den Stellenetat 3.1.2 Auswirkungen auf die Informatik 3.2 Volkswirtschaftliche Auswirkungen 3.3 Andere Auswirkungen

2034 2034 2035 2037 2037 2038

4 Verhältnis zur Legislaturplanung

2038

5 Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Verhältnis zum Gemeinschaftsrecht und zum internationalen Recht 5.2.1 Internationales Recht 5.2.2 Gemeinschaftsrecht 5.3 Erlassform 5.4 Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen

2039 2039 2039 2039 2041 2042 2042

Bundesgesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung (Entwurf)

2047

2046