03.410 Bericht über die Verordnung der Bundesversammlung über ihre Delegationen in internationalen parlamentarischen Versammlungen und zur Pflege der Beziehungen mit Parlamenten anderer Staaten Bericht der Aussenpolitischen Kommission des Ständerates vom 23. Januar 2003

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen gemäss Artikel 21quater Absatz 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) den vorliegenden Bericht. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Verordnungsentwurf der Bundesversammlung zuzustimmen.

23. Januar 2003

Im Namen der Kommission Der Präsident: Maximilian Reimann

2003-0659

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Übersicht Die vorliegende Verordnung der Bundesversammlung über ihre Delegationen in internationalen parlamentarischen Versammlungen und zur Pflege der Beziehungen mit Parlamenten anderer Staaten (Verordnung über parlamentarische Delegationen, VpDel) basiert auf einer in Artikel 60 des neuen Parlamentsgesetzes enthaltenen Delegationsnorm an die Bundesversammlung als Verordnungsgeberin: In einer separaten Verordnung der Bundesversammlung soll die Organisation, die Aufgaben und die Verfahren der Delegationen, welche die Bundesversammlung in internationalen parlamentarischen Versammlungen oder im bilateralen Verkehr mit Parlamenten anderer Staaten vertreten, geregelt werden.

Die meisten Verordnungsbestimmungen stützen sich auf die bestehenden Bundesbeschlüsse über die Delegation der Bundesversammlung beim Europarat, bei der Parlamentarischen Union und bei der internationalen Versammlung der Parlamentarier französischer Sprache. Die vorliegende Verordnung fasst nun die bestehenden Beschlüsse zusammen und erweitert den Regelungsrahmen auf diejenigen Delegationen, die bisher noch nicht geregelt waren. Die wichtigsten Neuerungen betreffen die feste Wahl der Parlamentarierdelegation bei der parlamentarischen Versammlung der NATO und die Institutionalisierung der Beziehungen mit Parlamenten anderer Staaten (der so genannten Freundschaftsgruppen).

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

In der Wintersession 2002 haben die Eidgenössischen Räte das Parlamentsgesetz (ParlG)1 zu Ende beraten. Das Gesetz wurde in der Schlussabstimmung vom 13. Dezember 2002 vom Nationalrat mit 144 zu 4 Stimmen und vom Ständerat einstimmig verabschiedet. Das Parlamentsgesetz untersteht dem fakultativen Referendum, die Referendumsfrist lief am 3. April 2003 aus. Gemäss Entscheid der Koordinationskonferenz soll das Parlamentsgesetz am ersten Tag der Wintersession 2003 (1. Dezember) in Kraft treten.

Folgende Gründe sprachen für die Schaffung eines neuen Parlamentsgesetzes: Das Geschäftsverkehrsgesetzes vom 23. März 19622 (GVG) war nach über 30 Partialrevisionen unübersichtlich geworden, eine Totalrevision drängte sich auf. Daher reichte die Staatspolitische Kommission des Nationalrates eine Parlamentarische Initiative (01.401) in der Form eines ausgearbeiteten Entwurfes betreffend das Bundesgesetz über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG)3 ein. Mit der Totalrevision des GVG sollten die Bestimmungen der Bundesverfassung vom 18. April 1999 auf Gesetzesebene umgesetzt werden. Schliesslich sollten mit der Totalrevision des GVG auch die Übersichtlichkeit, die gesetzliche Systematik und die sprachliche Darstellung verbessert werden.

Es war der Wille des Gesetzgebers, die Tätigkeiten und die Organisation der parlamentarischen Delegationen in einer separaten Verordnung festzuschreiben. Die vorliegende Verordnung erfüllt den Auftrag, der in Artikel 60 des neuen ParlG enthalten ist. Die Aussenpolitischen Kommissionen sind für die Aussenbeziehungen auf parlamentarischer Ebene und daher auch für die Ausarbeitung des Verordnungsentwurfs zuständig.

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Erwägungen der Aussenpoltischen Kommission des Ständerates

Die Aussenpolitische Kommission des Ständerates hat anlässlich ihrer Sitzung vom 31. Oktober und 1. November 2002 den Vorentwurf, und an ihrer Sitzung vom 23. Januar 2003 den Entwurf über parlamentarische Delegationen grundsätzlich positiv gewürdigt.

Dabei hat sie einen Mitbericht der Sicherheitspolitischen Kommissionen berücksichtigt, der die Aufnahme der Delegation bei der parlamentarischen Versammlung der NATO unter den ständigen Delegationen im Verordnungsentwurf beantragte.

Zudem hat die Kommission eine flexible Handhabung der unterschiedlichen Regelungen und die Berücksichtigung der Praxis anderer Parlamente in Bezug auf bilaterale Kontakte im Verordnungstext verankert.

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BBl 2002 8160 AS 1962 773; SR 171.11 BBl 2002 8160

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Grundzüge der Vorlage

Die Verordnung über parlamentarische Delegationen bezweckt die Schaffung einer einheitlichen Grundlage auf Verordnungsstufe für die Organisation und die Tätigkeiten der parlamentarischen Delegationen. Zudem wird mit der neuen Verordnung eine Strukturierung der Aussenbeziehungen zu internationalen Organisationen und Drittstaaten vorgenommen. Dies entspricht in Anbetracht der zunehmenden parlamentarischen Aussenkontakte einem Bedürfnis. Insbesondere werden mit der neuen Verordnung die so genannten Freundschaftsgruppen, die sich bislang informell trafen, institutionalisiert. Die Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der NATO wird analog zu den anderen Delegationen fest gewählt, um die Kontinuität der Kontakte und des Wissens zu sichern.

Die Vorlage stützt sich auf die bestehenden Bundesbeschlüsse und auf die Praxis.

Bis anhin existierten Reglemente über die Delegationen beim Europarat4, bei der Interparlamentarischen Union (IPU)5 und bei der Internationalen Versammlung der Parlamentarier französischer Sprache (APF)6. Bisher nicht in Bundesbeschlüsser geregelt waren die Delegationen beim Europäischen Freihandelsabkommen (EFTA) und beim Europäischen Parlament (EP), bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und bei der Nordatlantischen Organisation (NATO). Obwohl diese keinem Reglement unterstanden, wurden sie analog zu den existierenden Bundesbeschlüssen gehandhabt. In der Verordnung über die parlamentarischen Delegationen werden neu alle bestehenden Bundesbeschlüsse zusammengefasst und darüber hinaus diejenigen Delegationen, die bisher nicht geregelt waren, abgedeckt.

Die Verordnung unterscheidet drei Arten von parlamentarischen Delegationen zur Pflege der Aussenbeziehungen: Es gibt ständige Delegationen in internationalen parlamentarischen Versammlungen (IPU, Europarat, EFTA/EP, APF, OSZE und NATO), ständige Delegationen für die Beziehungen mit Parlamenten anderer Staaten und nicht ständige Delegationen für die Pflege der Beziehungen zu weiteren Parlamenten und internationalen Organisationen.

Weiter expliziert die Verordnung die genaue Zusammensetzung jeder ständigen Delegation in internationalen parlamentarischen Versammlungen und zur Pflege der Beziehungen mit Parlamenten anderer Staaten. Hier wird die bisherige Praxis übernommen.

Jährlich werden die
Räte in einem schriftlichen Bericht über die Delegationstätigkeiten in den internationalen parlamentarischen Versammlungen und einmal pro Legislaturperiode über die Beziehungen mit Partnerländern informiert. Die Parlamentsdienste erstellen jährlich einen zusammenfassenden Bericht über die Aktivitäten von nicht ständigen Delegationen.

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SR 171.119 SR 171.117 SR 171.118

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4 Art. 1

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen Ständige Delegationen in internationalen parlamentarischen Versammlungen

In diesem Artikel werden die internationalen parlementarischen Versammlungen aufgezählt, in welchen die Bundesversammlung durch ständige Delegationen offiziell vertreten ist. Neu hinzu kommt die formelle Verankerung der Delegation bei der parlamentarischen Versammlung der NATO und in Absatz 2 der Hinweis, dass die Bundesversammlung den Status eines assoziierten Mitglieds hat.

Art. 2

Ständige Delegation zur Pflege der Beziehungen zum Europäischen Parlament

Die Pflege der bilateralen Beziehungen der Bundesversammlung mit dem Europäischen Parlament wurde in einem eigenen Artikel aufgeführt. Damit soll betont werden, dass es sich hier nicht um die Vertretung der Schweiz in einem interparlamentarischen Organ handelt, sondern lediglich um die Pflege bilateraler Beziehungen.

Wie bis anhin ist die EFTA-Delegation mit dieser Zusatzaufgabe beauftragt.

Art. 3

Ständige Delegationen zur Pflege der Beziehungen mit Parlamenten anderer Staaten

Die Beziehungen zu anderen Staaten wurden bisher nicht geregelt (Abs. 1).

Die Auswahlkriterien sind nicht zu eng gefasst und erlauben daher die nötige Flexibilität (Abs. 2).

Es ist zu erwähnen, dass die Koordinationskonferenz und nicht die Ratsbüros die Delegationen zur Pflege der Beziehungen mit Parlamenten anderer Staaten einsetzt (Abs. 3).

Art. 4

Nicht ständige Delegationen

Die Bestimmung in Absatz 1 kann als Auffanggefäss für alle übrigen parlamentarischen Auslandbeziehungen aufgefasst werden, sei es mit einzelnen Staaten oder mit Organisationen (beispielsweise Ad-hoc-Besuche der Aussenpolitischen Kommissionen, oder die Teilnahme am Weltbankparlamentariertreffen).

Die Zuständigkeit für die Einsetzung von nicht ständigen Delegationen ist in Absatz 2 geregelt und entspricht ungefähr der bisherigen Praxis: Diese obliegt der Ratspräsidentin oder dem Ratspräsidenten, wenn pro Rat ein Vertreter entsandt wird; die Koordinationskonferenz ist zuständig, wenn es sich um eine grössere Delegation handelt. Neu kommt hinzu, dass die Präsidentinnen oder Präsidenten der beiden Räte nun auch bei insgesamt drei (statt zwei) Vertretern zuständig ist.

Art. 5

Zusammensetzung

In diesem umfangreichen Artikel wird die Anzahl der Delegationsmitglieder und Ersatzmitglieder pro Rat in den internationalen parlamentarischen Versammlungen festgelegt. Die Bestimmungen in Absatz 1 entsprechen der bisherigen Praxis.

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Neu ist in Absatz 2 die Anzahl der Vertreter in den ständigen Delegationen zur Pflege der Beziehungen mit Parlamenten anderer Staaten: Es werden drei Mitglieder des Nationalrates und zwei Mitglieder des Ständerates bestimmt.

Art. 6

Organisation

In Absatz 1 gibt es keine Änderung zur bestehenden Praxis: Die Mitglieder werden durch die Büros bestimmt und wählen aus ihrer Mitte einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten.

Auch die Bestimmungen der Absätze 2 und 3 folgen der jetzigen Praxis: Die zeitliche Belastung vieler Ratsmitglieder macht es oft schwierig, eine angemessene Teilnehmerzahl für Sitzungen im Ausland zu finden. Die EFTA-Delegation hat sich die Regel gegeben, dass ein inoffizielles Ersatzmitglied angefragt werden kann, wenn sich zu wenig Mitglieder finden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die betroffene Partei sonst überhaupt nicht vertreten wäre.

Wie die Praxis zeigt, sind Abstimmungen der Delegationen selten. Bei Entscheiden gilt die Mehrheitsregel (Abs. 4).

Art. 7

Aufgaben

In Artikel 7 wird erläutert, dass die ständigen Delegationen nicht nur an den parlamentarischen Versammlungen, sondern auch an weiteren Tätigkeiten der Versammlungen (beispielsweise an Wahlbeobachtungen der OSZE) teilnehmen. In Absatz 1 wird erwähnt, dass sich die Schweizer Delegation an die Reglemente und die Praxis der jeweiligen internationalen parlamentarischen Versammlung hält.

Absatz 2 verpflichtet die ständigen Delegationen, welche die Beziehungen zu Parlamenten anderer Staaten pflegen, zu regelmässigen Treffen und zur Kenntnisgabe der Empfehlungen an die Bundesversammlung. Die Kenntnisgabe ist explizit erwähnt, weil gemäss Artikel 8 Absatz 2 VpDel diese Delegationen mindestens einmal pro Legislatur Bericht erstatten, was aktuelle Fragen kaum abdecken könnte.

Art. 8

Berichterstattung

Artikel 8 fordert eine abgestufte Berichterstattung: Diese findet jährlich für ständige Delegationen in internationalen parlamentarischen Versammlungen und einmal pro Legislatur für ständige Delegationen, die Beziehungen zu Parlamenten anderer Staaten pflegen, statt. Die Parlamentsdienste erstellen einmal jährlich einen zusammenfassenden Bericht über die Aktivitäten von nicht ständigen Delegationen.

Art. 9

Beiträge

Diese Bestimmung entspricht der bisherigen Praxis.

Art. 10

Besondere Bestimmungen

Diese Bestimmung, die unverändert aus dem bestehenden Bundesbeschluss über die Delegation der Bundesversammlung beim Europarat entnommen wurde7, betrifft 7

SR 171.119, Art. 2 Abs. 4

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ausschliesslich den Europarat. Dieser verpflichtet die Parlamente seiner Mitgliedstaaten, spätestens sechs Monate nach den Parlamentswahlen die neue Delegation zu melden. Das Mandat der alten Delegation erlischt an der ersten Session nach der Meldung der neuen Delegation. Mit andern Worten kann man für eine begrenzte Zeit Mitglied der parlamentarischen Versammlung des Europarats sein, auch wenn man im eigenen Land nicht mehr gewählt ist.

Art. 11

Aufhebung bisherigen Rechts

Die heute geltenden Bundesbeschlüsse über die Delegationen der Bundesvesammlung beim Europarat, bei der Interparlamentarischen Union (IPU) und bei der Internationalen Versammlung der Parlamentarier französicher Sprache (APF) können aufgehoben werden, da ihre Inhalte von der vorliegenden Verordnung abgedeckt werden.

Art. 12

Inkrafttreten

Diese Verordnung soll mit dem neuen Parlamentsgesetz in Kraft treten. Das Parlamentsgesetz tritt gemäss Beschluss der Koordinationskonferenz auf den ersten Tag der Wintersession 2003 (1. Dezember) in Kraft.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

Was die ständigen Delegationen zur Pflege der Beziehungen mit Parlamenten anderer Staaten anbelangt (Art. 3 VpDel), hat die Umsetzung der vorliegenden Verordnung zusätzliche Kosten zur Folge, weil es sich um eine neue Struktur handelt. Eine präzise Evaluierung der Kosten ist erst ab 2004 ausgehend von der effektiven Einsetzung der neuen Organe möglich. Die Ratsbüros haben bereits eine zusätzliche Stelle innerhalb der Parlamentsdienste zum Aufbau eines Sekretariats für diese Delegationen genehmigt. Betreffend die ständigen Delegationen in internationalen parlamentarischen Versammlungen (Art. 1 VpDel) sind keine finanziellen oder personellen Auswirkungen feststellbar, da die vorliegende Verordnung diesbezüglich keine grossen materiellen Änderungen vorsieht. Schliesslich dürfte die Finanzierung der Sekretariatsarbeiten bezüglich die nicht ständigen Delegationen (Art. 4 VpDel) ebenfalls ohne einen allzu grossen Mitteleinsatz gesichert werden.

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Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Das neue ParlG wurde in Anlehnung an die Bundesverfassung vom 18. April 1999 ausgearbeitet. Artikel 164 der Bundesverfassung hält fest, dass wichtige Regelungen auf Gesetzesebene zu verankern sind. Artikel 60 ParlG enthält eine Delegationsnorm an die Bundesversammlung als Verordnungsgeberin zur Erstellung einer Verordnung über parlamentarische Delegationen (VpDel).

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