03.066 Botschaft betreffend den Internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft vom 15. Oktober 2003

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend den Internationalen Vertrag vom 3. November 2001 über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und beantragen Ihnen, dem Entwurf zuzustimmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. Oktober 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2003-1826

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Übersicht Der Internationale Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft wurde nach über siebenjährigen, schwierigen Verhandlungen anlässlich der 31. Konferenz der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organisation, FAO) am 3. November 2001 verabschiedet. Er wurde von der Kommission für genetische Ressourcen der FAO ausgearbeitet und wird mit seinem Inkrafttreten das nichtbindende "International Undertaking on Plant Genetic Resources for Food and Agriculture" ersetzen, das die Schweiz 1987 angenommen hatte. Die Schweiz war an den Verhandlungen massgebend beteiligt und konnte oft vermittelnd wirken.

Die Ziele des Internationalen Vertrags sind die Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft sowie die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung solcher Ressourcen ergebenden Vorteile (Access/Benefit Sharing). Diese Ziele stehen im Einklang mit dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (SR 0.451.43), das für die Schweiz am 19. Februar 1995 in Kraft getreten ist, und konkretisieren die Zielsetzungen des Welternährungsgipfels und dessen Aktionsplan in Teilbereichen. Der Internationale Vertrag anerkennt die traditionellen Leistungen der Bauern bei der Erhaltung und Weiterentwicklung pflanzengenetischer Ressourcen (sogenannte Farmers' Rights) und enthält Bestimmungen über die weitere internationale Zusammenarbeit.

Ein zentrales Element des Internationalen Vertrags ist das multilaterale System für den erleichterten Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und für die Aufteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung solchen Materials ergeben. Dieses System soll die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Pflanzenzüchtung fördern und damit eine genügend breite Basis für die Weiterentwicklung verbesserter Pflanzensorten sicherstellen. Es umfasst jedoch nicht alle pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, sondern nennt die Erfassten abschliessend in einer Liste. Sie enthält die für die globale Ernährungssicherheit wichtigen Ressourcen wie Weizen, Gerste, Mais und Kartoffeln. Während das multilaterale System öffentlich-rechtliche Institutionen der Vertragsstaaten umfasst, können sich natürliche
und juristische Personen des Privatrechts diesem System freiwillig unterziehen.

Der Internationale Vertrag ist ein politischer Erfolg für eine nachhaltige Landwirtschaft mit ihren vielfältigen Aufgaben. Wichtige multifunktionale Aspekte der schweizerischen Agrarpolitik erhalten einen eigenständigen internationalen Rechtsrahmen. Dies kommt einer völkerrechtlichen Anerkennung von wesentlichen Dimensionen der Multifunktionalität der Landwirtschaft gleich. Insgesamt leistet der Internationale Vertrag einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit der ständig wachsenden Weltbevölkerung und zur nachhaltigen Landwirtschaft.

Die Schweiz hat den Internationalen Vertrag unter Vorbehalt der Ratifizierung am 28. Oktober 2002 anlässlich der 123. Sitzung des FAO-Rats unterzeichnet. Am 11. August 2003 hatten ihn 78 Staaten, darunter sämtliche Mitgliedstaaten der

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Europäischen Union, unterzeichnet; 27 Staaten hatten ihn bereits ratifiziert. Der Internationale Vertrag tritt am 90. Tag nach der Hinterlegung der 40. Ratifizierungsurkunde in Kraft, wobei ihn mindestens 20 Mitgliedländer der FAO ratifiziert haben müssen. Ziel ist es, dass die Schweiz an der ersten Sitzung des Lenkungsorgans des Internationalen Vertrags Vertragspartei ist. Diese Sitzung wird für die zweite Hälfte 2004 erwartet.

Die Ratifizierung des Internationalen Vertrags erfordert keine Änderungen auf Gesetzesebene. Die für die nationale Umsetzung zentralen Bestimmungen sind direkt anwendbar.

Die Ratifizierung hat keine wesentlichen Auswirkungen auf die Wirtschaft, da bereits die Konvention über die biologische Vielfalt die Verpflichtung im Bereich Access/Benefit Sharing statuiert. Der Internationale Vertrag sieht ein für die Pflanzenzüchtung angepasstes System des erleichterten Zugangs vor, so dass nach der Einführungsphase mit Erleichterungen für die Wirtschaft zu rechnen ist.

Die Schweiz verfügt seit 1997 über einen nationalen Aktionsplan zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft. Dieser Plan konkretisiert für die Schweiz die im globalen Aktionsplan der FAO vorgegebenen Massnahmen. Seit 1998 werden alle Kulturpflanzen und verwandte Wildarten wie Getreide, Gemüse, Obst, Gräser und Klee inventarisiert und erhalten. Diese Massnahmen ermöglichen es, die genetische Vielfalt der für die Ernährung und Landwirtschaft wichtigsten Pflanzen langfristig zu sichern.

Um die Aufgaben im Zusammenhang mit der Umsetzung des Internationalen Vertrags und die Verbindung auf internationaler Ebene gewährleisten zu können, bedarf das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) zweier zusätzlicher Stellen mit einem Kreditbedarf von 240 000 Franken.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Die langfristige Sicherung der Ernährung der Bevölkerung und der Erhalt der Anpassungsfähigkeit von Pflanzen für Ernährung und Landwirtschaft hängen stark von der genetischen Vielfalt ab. Als erste internationale Organisation begann sich die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) Ende der sechziger Jahre mit der Erhaltung, dem Austausch und der Nutzung genetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zu beschäftigen. An der FAOKonferenz 1983 wurde eine spezielle Kommission für genetische Ressourcen ins Leben gerufen sowie das rechtlich nicht bindende «International Undertaking on Plant Genetic Resources» verabschiedet.

Mit der Verabschiedung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD)1 wurde 1992 ein rechtlich bindendes Instrument geschaffen, das die Erhaltung der biologischen Vielfalt, deren nachhaltige Nutzung sowie die gerechte und ausgewogene Aufteilung der sich aus der Nutzung genetischer Ressourcen ergebenden Vorteile zum Ziel hat. Auch die pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, welche im «International Undertaking on Plant Genetic Resources» geregelt wurden, fallen in den Geltungsbereich der CBD, wobei die führende Rolle der FAO für diese Ressourcen anerkannt wurde.

Im Anschluss an die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung von 1992 in Rio wurde die Kommission für genetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft durch die FAO-Konferenz beauftragt (FAO-Resolution 7/93), das «International Undertaking on Plant Genetic Resources» mit den Regelungen der CBD zu harmonisieren. Hauptresultat dieses Auftrags ist der Internationale Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (nachfolgend Internationaler Vertrag). Als weiteres wichtiges Ergebnis im Prozess nach Rio ist der globale Aktionsplan zu nennen, welcher 1996 an der 4. internationalen technischen Konferenz über pflanzengenetische Ressourcen in Leipzig von über 150 Länder verabschiedet wurde. Dieser Aktionsplan beinhaltet 20 prioritäre Aktionsfelder. Mit Hilfe des Internationalen Vertrags sollen unter anderem auch finanzielle Mittel für die Umsetzung von Massnahmen im Rahmen dieses Aktionsplans generiert werden.

Die Konservierung, der Austausch und die Nutzung von
genetischem Material beruhten bis zu Beginn der 90er Jahre auf einer sehr offenen Zusammenarbeit zwischen Forschern, Züchtern, Sammlern, lokaler und indigener Bevölkerung, Forschungsinstituten und privaten Saatgutfirmen. Diese Zusammenarbeit wurde in kulturartenspezifischen und regionalen Netzwerken, sowie im FAO Global Network on Plant Genetic Resources institutionalisiert. Als Folge von Interessenkonflikten zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, die während den sogenannten «seed wars» in den 1970/80er Jahren aufbrachen und sich während den Verhandlungen zur 1

SR 0.451.43; für die Schweiz am 19. Februar 1995 in Kraft getreten.

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CBD und zum Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (Agreement on Trade-related Aspects of Intellectual Property Rights, TRIPS)2 verstärkten, drohte die bis anhin funktionierende Zusammenarbeit zu versiegen. Um den Austausch von pflanzengenetischem Material zum Nutzen aller auch in Zukunft sicherzustellen, war es deshalb wichtig, das bestehende internationale Netzwerk zu einem multilateralen System zu erweitern, in dem die Rechte, Aufgaben und Pflichten bezüglich dem Zugang (Access) und der gerechten Aufteilung der Vorteile (Benefit Sharing) sowie die zwischenstaatlichen Beziehungen im Umgang mit pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft verbindlich und in eindeutiger Weise definiert werden. Zudem erwuchs die Erkenntnis, dass in einer Welt mit wachsender Bevölkerung und gleichzeitig immer knapper werdenden natürlichen Ressourcen sich die vom Welternährungsgipfel vom 1996 und seinem Globalen Aktionsplan erklärte Ernährungssicherheit nur dann erreichen lässt, wenn es gelingt, gleichzeitig die Erträge zu steigern, die Kulturpflanzenbasis zu erweitern und die landwirtschaftliche Produktion vermehrt auf Nachhaltigkeit auszurichten. Dazu trägt der Internationale Vertrag bei und bildet einen Meilenstein für eine stabilere, umweltgerechtere und anpassungsfähigere Landwirtschaft mit ihren multifunktionalen Aufgaben.

Die Schweiz setzt sich seit langem für die Erhaltung von pflanzengenetischen Ressourcen ein. Die wichtigste Genbank (> 10 000 Sorten) befindet sich an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Pflanzenbau (RAC) des BLW in Changins.

Lokale Weizensorten wurden bereits 1900 gesammelt und sind noch immer verfügbar. Der Austausch von Material der Genbank in den Jahren 2001 und 2002 fand hauptsächlich mit europäischen Ländern (16, die Schweiz eingeschlossen), aber auch mit Südamerika (3), Nordamerika (2), Asien (1) und der Region des Südostpazifiks (1) statt. Insgesamt wurden 1340 Sorten abgegeben.

1.2

Verlauf der Verhandlungen

Die Kommission für genetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft der FAO nahm die Verhandlungen 1994 auf. Diese erwiesen sich angesichts der Komplexität der Themen als aufwändig und zäh. Die Positionen der einzelnen Länder divergierten in mehreren Punkten: Rechte der Bauern, Aufteilung der Vorteile, Immaterialgüterrecht und Finanzierung. Die Positionen der Länder der G77 einerseits und der Gruppe bestehend aus den Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, Australien und Neuseeland andererseits standen sich dabei gegenüber. Die Region Europa vertrat eine Position, die sich dazwischen befand, und konnte viel zum Erfolg der Verhandlungen beitragen. Die gute Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und den anderen europäischen Ländern, insbesondere während den beiden letzten Jahren des Verhandlungsprozesses, verdient Erwähnung.

Es erwies sich als sehr schwierig, unter 150 Staaten effiziente Verhandlungen zu führen. Deshalb beschloss die Kommission für genetische Ressourcen 1999, die Verhandlungen in einer sogenannten Kontaktgruppe weiterzuführen, der eine eingeschränkte Anzahl Staaten (40) angehörten. Die Schweiz war Mitglied dieser Gruppe.

2

SR 0.632.20; für die Schweiz am 1. Juli 1995 in Kraft getreten.

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In den Verhandlungen nahm die Schweiz eine sehr aktive Rolle ein. Von 1997 bis zum Ende der Verhandlungen war sie Vizepräsidentin der Kommission für genetische Ressourcen. Zweimal organisierte die Schweiz eine Sitzung des Verhandlungsgremiums. Die erste fand 1999 in Montreux statt. Dieses informelle Treffen erlaubte, die Verhandlungen zu deblockieren, indem zentrale Elemente als Basis für die Weiterverhandlungen festgelegt wurden. Die zweite Sitzung fand 2000 in Neuenburg statt. Der Text des Internationalen Vertrags wurde schliesslich anlässlich der 31. Konferenz der FAO am 3. November 2001 mit zwei Enthaltungen (USA und Japan) verabschiedet. Die Vereinigten Staaten haben unterdessen den Internationalen Vertrag unterzeichnet.

1.3

Anhörung

Im Hinblick auf die Ratifikation des Internationalen Vertrags wurden die Kantone, die politischen Parteien und weitere interessierte Kreise angehört. Sie sprachen sich alle unisono für die Ratifikation aus und messen dem Vertrag für die internationale Anerkennung einer multifunktionalen und nachhaltigen Landwirtschaft grosse Bedeutung zu. Die konsultierten Kreise unterstützen die Zielsetzungen des Internationalen Vertrags und unterstreichen seine Wichtigkeit für die globale Ernährungssicherheit und für eine qualitativ wie quantitativ angemessene Nahrung.

Gemäss den Anhörungsadressaten ist der Internationale Vertrag im Lichte seiner Ziele zugunsten der Bauern und Bäuerinnen sowie der kleinen Saatguthersteller auszulegen und umzusetzen. Folglich dürfe das Immaterialgüterrecht den Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft für diese beiden Gruppen nicht einschränken. Zudem dürfe die Umsetzung des Vertrags nicht zu einem zusätzlichen administrativen und finanziellen Aufwand der Bauernschaft führen.

Die interessierten Kreise sind der Ansicht, dass das Landwirteprivileg (siehe Ziff. 2.2.3) in den Revisionen der Bundesgesetze über den Schutz von Pflanzenzüchtungen3 und über Erfindungspatente4 integriert werden sollte. Während sich jedoch viele (Kantone und NGOs) eine weitgehende nationale Ausgestaltung zugunsten der Bauern und Bäuerinnen wünschen, sprechen sich andere (Saatgutindustrie) dafür aus, dass das Landwirteprivileg im Rahmen des entsprechenden Abkommens des internationalen Verbands zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV 91) ausgestaltet wird.

Auch der Bereich der finanziellen und personellen Auswirkungen für den Bund teilt den Kreis der Konsultierten. Während eine Gruppe (einige Kantone und NGOs), bezweifelt, dass die vorgesehenen finanziellen und personellen Ressourcen für die Umsetzung ausreichen werden, lehnt eine andere Gruppe (ein Kanton, einige Parteien und NGOs) jegliche Erhöhung der Ressourcen ab.

Die Kantone bringen zum Ausdruck, dass sie vom Internationalen Vertrag kaum betroffen seien. Einige erklären sich aber bereit, in Projekten zur Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft mitzuwirken. Gewisse private Organisationen haben ihre Bereitschaft ausgedrückt, am multilateralen Sys3 4

SR 232.16 SR 232.14

7300

tem teilzunehmen, insbesondere im Bereich des Technologietransfers, des Informationsaustausches und des Aufbaus von Kapazitäten.

2

Besonderer Teil

2.1

Inhalt und Ziel des Vertrags

Der Internationale Vertrag umfasst eine Präambel, 35 Artikel und zwei Anlagen.

Die Präambel nennt die Grundsätze, auf denen der Internationale Vertrag basiert.

Sie bekräftigt insbesondere die gegenseitige Abhängigkeit aller Länder von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die aus anderen Ländern stammen und anerkennt, dass diese Ressourcen unentbehrliche Rohstoffe für die genetische Verbesserung der Nutzpflanzen darstellen, wie sie für die Anpassung an unvorhersehbare Umweltveränderungen, neue Produktionsmethoden und künftige menschliche Bedürfnisse wesentlich sind.

Artikel 1 nennt die Ziele des Internationalen Vertrags: ­

Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft;

­

nachhaltige Nutzung dieser Ressourcen;

­

ausgewogene und gerechte Aufteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft ergeben.

Diese Ziele stehen im Einklang mit der CBD und konkretisieren die Zielsetzungen des Welternährungsgipfels und dessen Aktionsplans in Teilbereichen. Sie dienen zur Erreichung einer multifunktionalen Landwirtschaft und einer nachhaltigen Ernährungssicherheit.

Artikel 2 enthält die Definitionen der im Internationalen Vertrag verwendeten Begriffe. Danach bedeutet «Pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft» jedes genetische Material pflanzlichen Ursprungs, das einen tatsächlichen oder potenziellen Wert für Ernährung und Landwirtschaft hat.

Artikel 3 umschreibt den Geltungsbereich des Internationalen Vertrags. Er findet für alle pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft Anwendung.

Artikel 4 fordert jede Vertragspartei auf, sicherzustellen, dass ihre Gesetze, Vorschriften und Verfahren mit den durch den Internationalen Vertrag übernommenen Verpflichtungen übereinstimmen.

Artikel 5 enthält Bestimmungen für die Erhaltung, Erforschung, Sammlung, Charakterisierung, Evaluierung und Dokumentation pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (siehe Ziff. 2.2.1).

Artikel 6 nennt Massnahmen zur nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (siehe Ziff. 2.2.2).

Artikel 7 fordert jede Vertragspartei auf, Massnahmen für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft in ihre Politiken und Programme für die Landwirtschaft und die ländliche Entwick-

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lung aufzunehmen. Er enthält zudem Bestimmungen über die diesbezügliche internationale Zusammenarbeit.

Artikel 8 hat die bi- und multilaterale technische Unterstützung zwischen den Vertragsparteien zur erleichterten Durchführung des Internationalen Vertrags, insbesondere zugunsten von Entwicklungs- und Transitionsländern zum Inhalt.

Artikel 9 anerkennt den ausserordentlich grossen Beitrag, den die indigenen und lokalen Gemeinschaften und die Bauern aller Regionen der Welt zur Erhaltung und Entwicklung der pflanzengenetischen Ressourcen leisten, welche die Grundlage der Nahrungsmittel- und Agrarproduktion bilden. Für die Verwirklichung der Rechte der Bauern sind explizit die nationalen Regierungen verantwortlich (siehe Ziff. 2.2.3).

Artikel 10, 11, 12, und 13 beschreiben das multilaterale System für den Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und die Aufteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung solcher Ressourcen ergeben. Das multilaterale System umfasst eine beschränkte Anzahl von Nahrungs- und Futterpflanzen, die in Anlage I des Internationalen Vertrags genannt sind (siehe Ziff. 2.2.4).

Artikel 14 ruft die Vertragsstaaten auf, die wirksame Durchführung des Globalen Aktionsplans im Rahmen innerstaatlicher Massnahmen, aber auch durch internationale Zusammenarbeit, zu fördern.

Artikel 15, 16 und 17 behandeln die weitergehende internationale Zusammenarbeit im Bereiche der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft.

Darunter fallen Bestimmungen über ex-situ Sammlungen, die durch internationale Institutionen aufbewahrt werden, Bestimmungen über internationale Netzwerke für pflanzengenetische Ressourcen und solche über ein globales Informationssystem (siehe Ziff. 2.2.5).

Artikel 18 enthält Bestimmungen zu den finanziellen Mitteln, die für die Durchführung des Internationalen Vertrags notwendig sind. Danach verpflichten sich die Vertragsparteien, eine Finanzierungsstrategie anzuwenden, deren Ziele in regelmässigen Abständen durch das Lenkungsorgan des Vertrags festgelegt werden. Bei der Festlegung und Durchführung dieser Ziele sollen diejenigen Bauern in Entwicklungs- und Transitionsländern gebührenden Vorrang geniessen, die pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft erhalten und nachhaltig nutzen (siehe Ziff. 2.2.6).
Artikel 19­35 setzen die Organe des Internationalen Vertrags ein, das Lenkungsorgan und ein Sekretariat, legen die Bedingungen für sein Inkrafttreten und die zum Funktionieren des Vertrags notwendigen Verfahren fest. Das Lenkungsorgan setzt sich aus Vertretern aller Vertragsparteien zusammen und hat die Aufgabe, die vollständige Durchführung des Internationalen Vertrags zu fördern. Seine Entscheide werden durch Konsens getroffen, sofern nicht ein anderes Verfahren vereinbart wird. Das Lenkungsorgan kann unter Vorbehalt der Verfügbarkeit erforderlicher Mittel nötigenfalls Nebenorgane einsetzen. Massnahmen zur Förderung der Einhaltung des Internationalen Vertrags können von ihm eingeführt werden. Der Internationale Vertrag ist unbefristet, aber kündbar.

Anlage I des Internationalen Vertrags enthält die Liste derjenigen Nutzpflanzen, die unter den Geltungsbereich des multilateralen Systems fallen. Dabei handelt es sich mit wenigen Ausnahmen um die für die globale Ernährungssicherheit wichtigen 7302

Ressourcen wie Weizen, Gerste, Mais und Kartoffeln. Es fehlen jedoch wesentliche Ressourcen wie Tomaten und Soja. Die Anlage I lässt sich aber mit einstimmigem Beschluss des Lenkungsorgans ändern.

Anlage II beschlägt das Schiedsverfahren und Vergleiche zwischen Streitparteien.

Es besteht jedoch zusätzlich die Möglichkeit, eine Streitigkeit dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag vorzulegen.

2.2

Wesentliche Elemente des Vertrags

2.2.1

Erforschung und Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft

Die Erforschung und Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft sind wesentliche Bestandteile einer Strategie zur Sicherung der Ernährungssicherheit. Deshalb enthält der Internationale Vertrag diesbezügliche Verpflichtungen. Nach Massgabe innerstaatlicher Rechtsvorschriften und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Vertragsstaaten soll jede Vertragspartei einen integrierten Ansatz zur Erforschung, Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft fördern. Dazu gehören die Erfassung, die Inventarisierung und das Sammeln dieser Ressourcen. In Zusammenarbeit mit anderen Vertragsstaaten ist die Entwicklung eines effizienten und nachhaltigen Systems der ex-situ-Erhaltung5 zu fördern, wobei die Notwendigkeit einer geeigneten Dokumentation, Charakterisierung, Regenerierung und Evaluierung der Ressourcen gebührend berücksichtigt werden soll. Sofern angebracht, sind Massnahmen zu ergreifen, um Gefahren für pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft auf ein Mindestmass zu beschränken oder nach Möglichkeit zu beseitigen.

2.2.2

Nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft

Der Internationale Vertrag fördert die nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft. Zu diesem Zweck haben die Vertragsparteien geeignete politische und rechtliche Massnahmen zu erarbeiten. Der Vertrag enthält einen nicht abschliessenden Katalog möglicher Massnahmen. Namentlich nennt er etwa die Verfolgung einer gerechten Landwirtschaftspolitik, die eine Entwicklung und Erhaltung vielfältiger landwirtschaftlicher Betriebssysteme fördert. Um in den Genuss der Förderung zu kommen, müssen diese Betriebssysteme die nachhaltige Nutzung der landwirtschaftlichen biologischen Vielfalt und anderer natürlicher Ressourcen verbessern.

Eine weitere, vom Internationalen Vertrag ausdrücklich genannte Massnahme besteht in der Intensivierung der Forschung zur Förderung und Erhaltung der biologischen Vielfalt durch Maximierung von intra- und interspezifischen Variationen.

Davon sollen vor allem diejenigen Bauern profitieren können, die eigene Sorten 5

«ex-situ-Erhaltung» bedeutet die Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft außerhalb ihres natürlichen Lebensraums.

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erzeugen und nutzen sowie ökologische Grundsätze bei der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit und bei der Bekämpfung von Krankheiten, Unkraut und Schädlingen anwenden.

Eine spezielle Bedeutung erhalten diejenigen pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die besonders an lokale soziale, ökonomische und ökologische Bedingungen, auch an marginalen Standorten, angepasst sind. Es soll sichergestellt werden, dass die Pflanzenzüchtung angepasste Sorten hervorbringt, und dass diese Sorten genutzt werden.

2.2.3

Rechte der Bauern

Seit Beginn der landwirtschaftlichen Tätigkeit der Menschheit sind es die Bauern und die Bäuerinnen, die einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung, Verbesserung und Bereitstellung von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und damit zur Ernährungssicherheit leisten. Gemäss dem Internationalen Vertrag bildet dieser historische, gegenwärtige und zukünftige Beitrag die Grundlage für die Rechte der Bauern (die sogenannten Farmers' Rights).

Der Vertrag definiert weder den Begriff, noch den spezifischen Inhalt der Rechte der Bauern und schreibt den Vertragsstaaten auch nicht vor, diese im Einzelnen zu gewährleisten. Er bekräftigt jedoch in der Präambel, dass die folgenden, vertraglich anerkannten Rechte für die Verwirklichung und Förderung der Rechte der Bauern auf nationaler und internationaler Ebene grundlegend sind: ­

Recht, auf dem Betrieb gewonnenes Saatgut und anderes Vermehrungsmaterial zurückzubehalten, zu nutzen, auszutauschen und zu verkaufen;

­

Recht zur Beteiligung an Entscheidungsprozessen über die nachhaltige Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft;

­

Recht zur Teilhabe an der ausgewogenen und gerechten Aufteilung der sich aus der Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft ergebenden Vorteile.

Die Verwirklichung der Rechte der Bauern ist gemäss Artikel 9 Absatz 2 des Internationalen Vertrags der Eigenverantwortung der nationalen Regierungen überlassen.

Jeder Vertragsstaat ist aufgerufen, entsprechend seinen Bedürfnissen und Prioritäten Massnahmen zum Schutz und zur Förderung der Rechte der Bauern zu ergreifen.

Dazu gehört neben den oben erwähnten Rechten auf Beteiligung in Entscheidungsprozessen beziehungsweise auf Teilhabe an den Vorteilen ausdrücklich auch der Schutz von traditionellem Wissen, das für pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft von Belang ist.

Artikel 9 ist gemäss dessen Absatz 3 nicht so auszulegen, als dass er irgendwelche Rechte der Bauern einschränken würde, auf dem Betrieb gewonnenes Saatgut/Vermehrungsmaterial zurückzubehalten, zu nutzen, zu tauschen und zu verkaufen.

Aufgrund des ausdrücklichen Vorbehalts zugunsten des innerstaatlichen Rechts sind die Vertragsstaaten aber nicht verpflichtet, die entsprechenden Rechte einzuführen oder auszuweiten. Folglich bleibt für sämtliches auf dem Betrieb gewonnenes Mate-

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rial die jeweilige nationale Saatgutgesetzgebung vorbehalten, die unter anderem die Zulassung und das Inverkehrbringen von Saatgut regelt.

In Zusammenhang mit einem Teil dieses Materials ­ dem immaterialgüterrechtlich geschützten Material ­ und den in Artikel 9 Absatz 3 genannten Handlungen ist auf das vom Internationalen Vertrag nicht statuierte Landwirteprivileg hinzuweisen.

Dieses gestattet, je nach nationaler Ausgestaltung, die Vornahme einzelner oder aller der in Artikel 9 Absatz 3 aufgezählten Handlungen mit Bezug auf sorten- beziehungsweise patentrechtlich geschütztes Saatgut/Vermehrungsmaterial. Es handelt sich dabei um ein sozialpolitisches Rechtsinstrument zugunsten der Bauern, welches die Rechte der Inhaber von Sorten- beziehungsweise Patentrechten einschränkt.

Wird das Landwirteprivileg als unter den Wortlaut von Artikel 9 Absatz 3 fallend betrachtet, so sind die Vertragsstaaten aufgrund des Vorbehaltes des nationalen Rechts aber weder zu dessen Einführung noch zu einer Ausweitung eines bestehenden Landwirteprivilegs verpflichtet.

2.2.4

Multilaterales System des Zugangs zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und der Aufteilung der Vorteile

Bereits die CBD hat eine gerechte und ausgewogene Aufteilung der Vorteile (Benefit Sharing) zum Ziel, die sich aus dem Zugang (Access) und der Nutzung von genetischen Ressourcen ergeben. Der Internationale Vertrag nimmt dieses Ziel auf und konkretisiert es für den Bereich der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft. Er schafft dafür in seinem vierten Teil (Art. 10­13) ein multilaterales System, das auf die Besonderheiten im Umgang mit solchen Ressourcen Rücksicht nimmt.

Die Besonderheiten im Umgang mit pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft sind insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass die gegenseitige Abhängigkeit der Länder für die Erhaltung und Verbesserung des Saatgutes sehr tief greifend ist. Dies erlaubt es praktisch keinem Land, sich vollständig vom internationalen Austausch solchen Materials auszuschliessen. Zudem geht der Tausch von Saatgut Tausende von Jahren zurück, was die Bestimmung des Herkunftslands der einzelnen Arten und Sorten erschwert oder verunmöglicht. Des Weiteren wird für die Entwicklung einer neuen Sorte oft auf pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zurückgegriffen, die aus verschiedenen Ländern stammen. Aus diesen Gründen ist eine bilaterale Access- und Benefit SharingRegelung, die gemäss CBD das Herkunftsland als Empfänger des Benefit Sharings vorsieht, für die Pflanzenzucht nicht praktikabel. Deshalb hat sich die internationale Gemeinschaft entschlossen, den Zugang und die Vorteilsaufteilung im Rahmen eines multilateralen Systems zu regeln.

Der Anwendungsbereich des multilateralen Systems umfasst diejenigen pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die in Anlage I des Internationalen Vertrags genannt sind. Des Weiteren fallen nur diejenigen pflanzengenetischen Ressourcen in den Anwendungsbereich des multilateralen Systems, die unter Verwaltung und Kontrolle der Vertragsparteien stehen und öffentlich zugänglich sind. So werden beispielsweise nationale und andere öffentlich-rechtliche Genbanken unter das multilaterale System fallen. Hingegen werden pflanzengenetische 7305

Ressourcen unter der Kontrolle von privaten Firmen, die etwa in der Saatgutentwicklung tätig sind, nicht darunter fallen. Obwohl also natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts ihre pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft nicht in das multilaterale System einbringen müssen, steht ihnen ein erleichterter Zugang zu den pflanzengenetischen Ressourcen des multilateralen Systems während mindestens zwei Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags offen. Anschliessend wird das Lenkungsorgan entscheiden, ob diejenigen natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts, die ihre pflanzengenetischen Ressourcen dem multilateralen System noch nicht zur Verfügung gestellt haben, weiterhin den erleichterten Zugang geniessen, oder es ergreift andere von ihm für geeignet erachtete Massnahmen. Mit dem eventuellen Wegfall des erleichterten Zugangs wird ein Anreiz geschaffen, die privatrechtlich gehaltenen Ressourcen in das multilaterale System einzubringen.

Der Internationale Vertrag legt fest, dass pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft der Anlage I zwischen Vertragsstaaten nur unter den Bedingungen des multilateralen Systems abgegeben werden dürfen. Im Rahmen dieses Systems bildet eine standardisierte Materialübertragungsvereinbarung (Material Transfer Agreement, MTA) zwischen dem Geber und dem Empfänger von solchen Ressourcen die rechtliche Grundlage für den konkreten Zugang zu genetischem Material. Der Internationale Vertrag enthält eine Reihe von Grundsätzen und Prinzipien, die den erleichterten Zugang zu Ressourcen und das Benefit Sharing regeln und direkt in den MTA einfliessen werden. Damit sollen Transparenz, Rechtssicherheit und die Zweckerreichung des Internationalen Vertrags sichergestellt werden.

Die MTA wird durch das Lenkungsorgan nach Inkrafttreten des Internationalen Vertrags im Konsensverfahren zu verabschieden sein. Für den Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die unter in-situBedingungen6 vorgefunden worden sind, sind die innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorbehalten. Damit ist der auf die MTA gestützte erleichterte Zugang lediglich für pflanzengenetische Ressourcen aus ex-situ-Bedingungen anwendbar.

Für die Vorteilsaufteilung sind verschiedene Mechanismen vorgesehen. Der vom multilateralen
System gewährte erleichterte Zugang wird ausdrücklich als ein grosser Vorteil anerkannt, da dieser einen direkten Beitrag zur Erhaltung und Vergrösserung der biologischen Vielfalt zu leisten vermag. Daneben sind Informationsaustausch, Technologietransfer und Aufbau der Kapazitäten als weitere Formen des Benefit Sharings genannt, wie sie auch bereits die CBD vorsieht. Eine Besonderheit bildet die Aufteilung der finanziellen und sonstigen Vorteile der Vermarktung von Erzeugnissen, die pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft darstellen und Material aus dem multilateralen System enthalten. Diese monetäre Vorteilsaufteilung ist sowohl in einer obligatorischen als auch in einer freiwilligen Form vorgesehen. Obligatorisch soll das Benefit Sharing dann sein, wenn Dritte nicht einschränkungsfrei über solche Erzeugnisse für die weitere Forschung und Züchtung verfügen können. Alle anderen Fälle unterliegen dem freiwilligen Benefit Sharing, wobei das Lenkungsorgan innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des

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«in-situ-Erhaltung» bedeutet die Erhaltung von Ökosystemen und natürlichen Lebensräumen sowie die Bewahrung und Wiederherstellung lebensfähiger Populationen von Arten in ihrer natürlichen Umgebung und ­ im Fall domestizierter oder gezüchteter Pflanzenarten ­ in der Umgebung, in der sie ihre besonderen Eigenschaften entwickelt haben.

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Internationalen Vertrags im Konsensverfahren darüber entscheiden wird, ob das obligatorische Benefit Sharing auch auf diese Fälle ausgedehnt werden soll.

2.2.5

Weitere internationale Zusammenarbeit/ Entwicklungszusammenarbeit

Die restlichen materiellen Bestimmungen des Internationalen Vertrags regeln die weitere internationale Zusammenarbeit, das Verhältnis zum globalen Aktionsplan und den Einbezug derjenigen Sammlungen, die von den Internationalen Agrarforschungszentren (IARCs) der Beratungsgruppe für Internationale Agrarforschung (CGIAR) aufbewahrt werden. Diese bilden den eigentlichen Grundstock des multilateralen Systems. Damit wird auch die Bedeutung des Vertrags für die internationale Entwicklungszusammenarbeit herausgestrichen. Gerade die IARCs sind für den Süd-Süd Austausch genetischer Ressourcen und die Unterstützung der Entwicklungsländer in der Weiterzucht ihrer landestypischen landwirtschaftlichen Kulturpflanzen für die Grundversorgung an Nahrung wesentlich. Die Schweiz hat sich bis heute namhaft an diesem System beteiligt.

2.2.6

Finanzielle Mittel

Artikel 18 hält fest, dass die Vertragsparteien sich verpflichten, eine Finanzierungsstrategie für den Internationalen Vertrag anzuwenden. Ziel der Finanzierungsstrategie ist die Bündelung finanzieller Mittel zur Durchführung von Maßnahmen zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft.

Umsetzung des Internationalen Vertrags Die Finanzierungsstrategie des Internationalen Vertrags wurde im Grundsatz so verabschiedet, dass die Staaten mit der Ratifizierung keine zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen eingehen. Bisherige Leistungen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, des Technologietransfers oder bestehender Fonds, wie dem Weltumweltfonds (Global Environment Fazility; GEF), werden als Bestandteile der gerechten Aufteilung der Vorteile (Benefit Sharing) anerkannt und sind als solches Bestandteil der Finanzierungsstrategie. Es bestehen jedoch Aufforderungen an die Vertragsparteien wie auch an die Industrie, Forschung und Nichtregierungsorganisationen, gezielte Aktivitäten wo möglich zu verstärken. So werden die Vertragsparteien Modalitäten einer Strategie freiwilliger Beiträge auch der Nahrungsmittelindustrie zur Aufteilung der Vorteile prüfen. Zudem sollte jede Vertragspartei die in den Artikeln 5 (Erhaltung, Erforschung, Sammlung, Charakterisierung, Evaluierung und Dokumentation pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft) und 6 (Nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen) genannten Tätigkeiten in ihre nationalen Politiken und Programme für die Landwirtschaft und die ländliche Entwicklung aufnehmen und dabei mit der FAO, weiteren internationalen Organisationen und anderen Vertragsparteien zusammenarbeiten.

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Die Finanzierungsstrategie sieht vor, dass die Vertragsparteien a.

sich bei bestehenden internationalen Mechanismen, Fonds und Gremien für eine stärkere Priorisierung der Geldmittelvergabe für Massnahmen gemäss dem Internationalen Vertrag einsetzen;

b.

im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit dem Kapazitätenaufbau im Bereich pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft gebührenden Vorrang einräumen;

c.

die entwickelte Länder sind, auch finanzielle Mittel zur Durchführung dieses Vertrags auf bilateralem, regionalem oder multilateralem Weg zur Verfügung stellen;

d.

im Rahmen ihrer Möglichkeiten innerstaatliche Tätigkeiten zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft durchführen und für diese finanzielle Mittel bereitstellen;

e.

freiwillige Beiträge leisten, ebenso der private Sektor, nichtstaatliche Organisationen und weitere.

Sekretariat des Internationalen Vertrags Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Internationalen Vertrags stehen dem Lenkungsorgan keine eigenen finanziellen Mittel zur Verfügung. An seiner ersten Sitzung wird deshalb über diese Mittelfrage zu befinden sein. Es wird zwischen den institutionellen Aufwendungen (Sekretariat) und den sachlichen Aufwendungen (im Internationalen Vertrag vorgesehenen Massnahmen) unterschieden. Die Sekretariatskosten werden auf rund 1,5­3,5 Millionen Franken pro Jahr geschätzt. Gemäss der Finanzierungsstrategie soll die Deckung der Kosten für die Massnahmen vor Ort hauptsächlich über die Setzung entsprechender Prioritäten bei bestehenden Geldflüssen erreicht werden.

2.3

Interesse der Schweiz an der Ratifizierung des Internationalen Vertrags

Die Interessen der Schweiz an der Ratifizierung des Internationalen Vertrags umfassen drei Kreise. Es sind dies die Förderung der Ernährungssicherheit, forschungspolitische Erwägungen und die Stärkung der Politik einer multifunktionalen Landwirtschaft.

Förderung der Ernährungssicherheit: Die Erhaltung und nachhaltige Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen ist für die Anpassungsfähigkeit von Pflanzensorten an sich ändernde Umstände und damit für die Ernährungssicherheit entscheidend. Diese Ressourcen bilden die Grundlage aller pflanzlichen Nahrungsmittel und sind auch in der Produktionskette von Erzeugnissen mit tierischer Herkunft wichtig. Die Nahrungsmittelindustrie ist auf qualitativ hochstehende und vielfältige Rohstoffe angewiesen, um auf das Konsumverhalten der Bevölkerung angemessen reagieren zu können. Um weiterhin über ein angemessenes Angebot an qualitativ hochstehenden Nahrungsmitteln zu verfügen ist es deshalb von grosser Bedeutung, die bestehenden pflanzengenetischen Ressourcen 7308

für Ernährung und Landwirtschaft zu erhalten und nachhaltig zu nutzen. Der Internationale Vertrag liefert dazu einen grossen Beitrag sowohl durch die Unterstützung der in-situ-/on farm- und der ex-situ-Erhaltung von pflanzengenetischem Material als auch durch die Förderung von Neuzüchtungen. Der Vertrag ist denn auch als entscheidender Schritt zu betrachten, zukünftig die Verfügbarkeit der Vielfalt von pflanzengenetischen Ressourcen sicherzustellen, von deren Erhalt die Sicherung der Ernährungsgrundlage der ständig wachsenden Weltbevölkerung, aber auch die Tätigkeiten der Landwirte und Pflanzenzüchter abhängig sind.

Forschungspolitische Erwägungen: Für Züchtung und Forschung ist der erleichterte Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft eine wichtige Voraussetzung für die dynamische Entwicklung neuer Produkte. Die Landwirtschaft ist darauf angewiesen, dass die Forschung und Züchtung Sorten bereitstellt, die den ernährungsphysiologischen und ökologischen Ansprüchen der Gesellschaft und Konsumentenschaft entsprechen.

Eine Ratifikation des Internationalen Vertrags wird den Forschungsplatz Schweiz stärken. Sie wird es den öffentlich-rechtlichen Forschungs- und Züchtungsinstitutionen in der Schweiz erlauben, einen erleichterten Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen zu erhalten und sich entsprechend am multilateralen System zu beteiligen. Natürliche und juristische Personen des Privatrechts werden die Möglichkeit haben, während den ersten zwei Jahren nach Inkrafttreten des Internationalen Vertrags die Vorzüge des multilateralen Systems zu nutzen. Für die Zeit danach können sie sich entschliessen, sich freiwillig den Regeln dieses System zu unterstellen.

Diese Möglichkeit wird ihnen verwehrt bleiben, falls die Schweiz abseits stehen bleiben sollte.

Stärkung der Politik einer multifunktionalen Landwirtschaft: Die Verabschiedung des Internationalen Vertrags ist ein politischer Erfolg für eine nachhaltige Landwirtschaft mit ihren vielfältigen Aufgaben. Sie bedeutet eine völkerrechtliche Anerkennung von wesentlichen Aspekten der Multifunktionalität der Landwirtschaft, wie die Erhaltung der Biodiversität im Agrarraum, die Förderung vielfältiger landwirtschaftlicher Betriebssysteme oder der Schutz des relevanten traditionellen Wissens. Mit der Ratifikation des Internationalen
Vertrags erhalten wichtige multifunktionale Dimensionen der schweizerischen Agrarpolitik, wie sie in der Bundesverfassung (Art. 104 BV)7 festgelegt ist, einen eigenständigen internationalen Rechtsrahmen. Die Verhandlungsposition der Schweiz in anderen internationalen Verhandlungsprozessen wird mit der Ratifikation des Internationalen Vertrags gestärkt.

7

SR 101

7309

3

Auswirkungen für die Schweiz

3.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Notwendige finanzielle Mittel für die Durchführung des Vertrags auf nationaler Ebene Die Schweiz hat im Rahmen der Reform der Agrarpolitik frühzeitig die materiellen Herausforderungen auf dem Gebiet der Agrobiodiversität angenommen. In Ergänzung zu den Massnahmen nach dem Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Naturund Heimatschutz8 wurden im Bundesgesetz vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft (LwG)9 die für die nationale Umsetzung notwendigen Massnahmen getroffen.

Es sind dies insbesondere die allgemeinen Fördermassnahmen auf dem Gebiet der Direktzahlungen (Art. 70 ff. LwG) und bei der Pflanzenzüchtung (Art. 140 Abs. 2 lit. c LwG). Für die spezifischen Massnahmen gemäss Artikel 140 LwG und gemäss dem Bundesratsbeschluss vom 29. Oktober 1997 zum Nationalen Aktionsplan zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft wurden in der Zeit von 1999 bis 2002 vom Bund rund 4,7 Milionen Franken aufgewendet. Für die Periode 2003 bis 2006 sind im Budget und Finanzplan die notwendigen Mittel vorgesehen.

Notwendige finanzielle Mittel für die Durchführung des Vertrags auf internationaler Ebene Entwicklungszusammenarbeit Das Engagement der DEZA orientiert sich an den internationalen Abkommen der Biodiversitätskonvention und dem globalen Aktionsplan zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft.

Dabei werden die vorgesehenen Finanzierungsstrategien, wie in Ziffer 2.2.6 beschrieben, bereits seit einigen Jahren priorisiert:

8 9

a.

Finanzierung von spezifischen Projekten zur Erhaltung und Nutzung der Agrobiodiversität, die immer eine Komponente Kapazitätenbildung einschliessen.

b.

Finanzierung von Projekten im Bereich erleichterter Zugang und Austausch von Informationen, Technologie sowie Benefit Sharing.

c.

Finanzierung von Aktionen, die auf eine Verbesserung der politischen und legislativen Rahmenbedingungen (internationale und nationale Ebene) abzielen und die Position der Entwicklungsländer in internationalen Verhandlungen stärken.

d.

Integration von Agrobiodiversitätsanliegen in landwirtschaftlichen Entwicklungsprogrammen und -projekten (mainstream agrobiodiversity).

e.

Unterstützung schweizerischer Kompetenzzentren für die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Pflanzenzüchtung sowie nachhaltiger Res-

SR 451 SR 910.1

7310

sourcennutzung und Zugang zu genetischen Ressourcen und Benefit Sharing Mechanismen.

Gegenwärtig setzt die DEZA bilateral und multilateral jährlich rund 35 Millionen Franken für Projekte zur direkten Förderung der drei Ziele des Internationalen Vertrags und zur allgemeinen Erhaltung der Biodiversität zugunsten von Entwicklungsländern ein. Zusätzlich unterstützt die DEZA die Erhaltung und Weiterentwicklung des schweizerischen Wissens in diesen Bereichen zugunsten der internationalen Zusammenarbeit und von Entwicklungsländern (ca. 1.5 Mio. Fr.). Die DEZA wird die verschiedenen Bereiche in der Biodiversität und in der Agrarforschung auch in Zukunft in dieser Grössenordnung unterstützen, sofern die Finanzmittel es erlauben. Die DEZA strebt dabei eine Fokussierung der Mittelverteilung gemäss Vertragszielsetzungen und im Besonderen für die Nutzung und Erhaltung der in Anlage I genannten Pflanzen an. Bereits heute fliessen ca. 70 % der DEZAMittel in diesen Bereich. Damit ergibt sich für die Unterstützung der Vertragsziele kein zusätzlicher Finanzbedarf.

Im Weiteren prüft die DEZA im Rahmen ihres Entwicklungsbudgets die Möglichkeiten eines Betrags an den Global Conservation Trust. Der Trust hat die ex-situ Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft in internationalen und nationalen Genbanken mit Fokus auf die Entwicklungsländer zum Ziel. Der Trust bildet ein Element der Finanzierungsstrategie für die Umsetzung des globalen Aktionsplans unter dem Internationalen Vertrag.

Sekretariat des Internationalen Vertrags Das Sekretariat des Vertrags wird Aufwendungen bis zu 3,5 Millionen Franken pro Jahr haben. Es wird davon ausgegangen, dass der jährliche Beitrag der Schweiz an diese Kosten zwischen 100 000 und 200 000 Franken liegen wird. Die Aufwendungen für das Sekretariat werden im Rahmen der Massnahmen zugunsten der Pflanzenzüchtung (Art. 140 LwG) getragen. Es ergibt sich auch hier kein zusätzlicher Finanzbedarf.

Personalbedarf Der Vertrag hat für das BLW personelle Auswirkungen. Die Durchführungsarbeiten des Internationalen Vertrags und die Koordination mit anderen internationalen Instrumenten machen eine Stelle notwendig. Zusätzlich wird eine weitere Stelle für die Dokumentation und das Management des Austausches von pflanzengenetischen Ressourcen mit der nationalen Genbank im Rahmen des multilateralen Systems benötigt.

3.2

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Der Internationale Vertrag führt auf multilateraler Ebene verbindliche Regeln für den Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und die Vorteilsaufteilung ein. Rechtssicherheit und Transparenz werden dadurch erhöht und die Wettbewerbsbedingungen für die Schweizer Wirtschaft und Forschung auf internationalem Niveau angeglichen. Es werden jedoch auch gewisse Anforderungen gestellt. Diese sind allerdings an die Bedürfnisse der Pflanzenzüchtung angepasst und stellen für diesen Sektor wesentliche Erleichterungen gegenüber 7311

den bereits heute geltenden Bestimmungen der CBD dar. Würde die Schweiz sich den Bestrebungen des Internationalen Vertrags nicht anschliessen, hätte die Landwirtschaft, die Saatgutindustrie und die Forschung der Schweiz mit direkt wirksamen Nachteilen zu rechnen.

3.3

Auswirkungen auf das innerstaatliche Recht

3.3.1

Erforschung und Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft

Im schweizerischen Recht sind die Grundlagen, um die Aufgaben der Erforschung und Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft zu erfüllen, bereits vorhanden. So sieht das Landwirtschaftsgesetz (Art. 140 LwG) vor, dass der Bund die Erhaltung wertvoller Landsorten und damit pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft mit Beiträgen unterstützen kann. Die landwirtschaftliche Forschung des Bundes betreibt seit Jahrzehnten eine Genbank.

Der Bund hat 1999 mit dem Nationalen Aktionsplan für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft ein umfassendes Programm gestartet, das primär erlaubt, die Erhaltung in der Schweiz auf freiwilliger Ebene sicherzustellen. Die Massnahmen des Nationalen Aktionsplanes werden in Projekten von interessierten Organisationen umgesetzt.

Das BLW hat die Gesamtleitung und Oberaufsicht. Die bisher gemachten Erfahrungen mit diesem Programm sind positiv.

Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Pflanzenbau (RAC) des BLW ist für die wissenschaftlichen Aspekte des Nationalen Aktionsplans verantwortlich, und leitet insbesondere die Arbeiten betreffend den Genbanken. Sie sichert zudem die Koordination mit anderen Forschungsinstituten, insbesondere mit der ETH.

Die breit abgestützte Schweizerische Kommission für die Erhaltung von Kulturpflanzen begleitet die Arbeiten als beratendes Organ. Sie koordiniert die vielfältigen Arbeiten (landwirtschaftliche Forschung, Universitäten, Saatgutproduzenten, Biobauern, Züchter usw.) und erstellt jedes zweite Jahr einen Bericht zuhanden des BLW über die Situation im Bereich der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft.

Die Ratifizierung des Internationalen Vertrags macht keine rechtlichen Anpassungen notwendig. Insbesondere die Genbank der RAC und der Nationale Aktionsplan sind wichtige Instrumente im Hinblick auf seine Umsetzung. Zur Weiterentwicklung und Stärkung der beiden genannten nationalen Instrumente sind hingegen rechtliche Anpassungen absehbar.

3.3.2

Nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft

Seit der Ratifizierung der CBD hat die Schweizer Landwirtschaft viel zur nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt unternommen. Im Zweckartikel der Bundesverfassung (Art. 2 BV) wird der Schweiz aufgetragen, die nachhaltige Entwicklung zu fördern und sich für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen 7312

einzusetzen. Der Aspekt der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft ist in Artikel 104 BV verankert. Der Bund sorgt dafür, dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet zur: ­

sicheren Versorgung der Bevölkerung;

­

Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und zur Pflege der Kulturlandschaft;

­

dezentralen Besiedlung des Landes.

Konkrete Massnahmen wurden identifiziert und die nötigen Instrumente zu deren Umsetzung geschaffen. Wesentliche Neuerungen des Rollenverständnisses der staatlichen Agrarpolitik im Bereich der Biodiversität brachte der siebte Landwirtschaftsbericht mit den Reformvorschlägen und der nachfolgenden Reform der Agrarpolitik (AP 2002). Beschränkte sich die Rolle des Staates auf diesem Gebiet früher vor allem auf die Grundlagenverbesserung, bewirkte der gesellschaftliche Wertewandel ein anderes Bild der Landwirtschaft und damit auch der Agrobiodiversität. Die Erkenntnis hat sich durchgesetzt, dass in Ergänzung zum Schutz der biologischen Vielfalt und der Erhaltung gefährderter Arten gemäss Natur- und Heimatschutzgesetz auch die Landwirtschaft eine wichtige Garantin für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt darstellt ­ dies sowohl im Bereich der biotischen als auch im Bereich der abiotischen Ressourcen. Mit der Einführung des ökologischen Leistungsnachweises (Art. 70 LwG) als Grundanforderung für den Bezug von Direktzahlungen und der Ergänzung mit speziellen Förderungen für den ökologischen Ausgleich (Art. 76 LwG) wurden Instrumente geschaffen, die nachhaltige Nutzung und die in situ/on farm Erhaltung zu fördern.

Die in situ/on-farm-Erhaltung durch nachhaltige Nutzung erfüllt auch ein kulturelles Erfordernis. Mit diesen Nutzungsformen wird das damit verbundene Wissen der Bäuerinnen und Bauern und der Verarbeiter, wie Müller und Bäcker, erhalten.

3.3.3

Rechte der Bauern

In Anerkennung des ausserordentlich grossen Beitrags, den die Bauern zur Erhaltung und Entwicklung der Nutzpflanzenvielfalt geleistet haben, können die Vertragsparteien Massnahmen zum Schutz und zur Förderung der Rechte der Bauern ergreifen. Als mögliche Massnahmen werden im Internationalen Vertrag erwähnt: Schutz des traditionellen Wissens, Recht auf Teilhabe an den Vorteilen, die sich aus der Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen ergeben und das Recht auf Mitwirkung an Entscheidungen auf nationaler Ebene über Fragen im Zusammenhang mit der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft. Diese Massnahmen zu Gunsten der Bauern sind in erster Linie für die Anerkennung und Abgeltung der Leistungen gedacht, die in den Ursprungszentren der Nutzpflanzenvielfalt geleistet worden sind und immer noch geleistet werden. In der Schweiz drängt es sich daher nicht auf, weitere innerstaatliche Massnahmen über das bisher Bestehende zu ergreifen. So kann der Schutz des traditionellen Wissens beispielsweise über eine Produktekennzeichnung gemäss den Artikeln 14 ff LwG und 47 ff des Bundesgesetzes über den Schutz von Marken und Her-

7313

kunftsangaben10 erfolgen. Die AOC/GUB «Rheintaler Ribel» und «Abricotine» sind Veranschaulichungen dafür.11 In den geltenden schweizerischen Rechtserlassen ist das Landwirteprivileg nirgends ausdrücklich geregelt, doch wird es im Sortenschutz als gegeben anerkannt. Unabhängig vom Internationalen Vertrag wird in den Revisionen des Bundesgesetzes über den Schutz von Pflanzenzüchtungen und desjenigen über Erfindungspatente zur Diskussion gestellt, das Landwirteprivileg ausdrücklich in den Gesetzestexten aufzunehmen.

3.3.4

Multilaterales System des Zugangs zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und der Aufteilung der Vorteile

In Ziffer 2.2.4 wurde das multilaterale System des Zugangs zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und der Aufteilung der Vorteile erläutert und festgestellt, dass zwischen öffentlich-rechtlichen Institutionen und solchen des Privatrechts unterschieden werden muss. Die folgenden Ausführungen behandeln zuerst die Auswirkungen auf öffentlich-rechtliche Institutionen und werden anschliessend die Konsequenzen des multilateralen Systems für natürliche und juristische Personen des Privatrechts aufzeigen.

Öffentlich-rechtliche Institutionen Der Geltungsbereich des multilateralen Systems umfasst pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die unter Verwaltung und Kontrolle sowohl von öffentlich-rechtlichen Institutionen des Bundes als auch von denjenigen des kantonalen und kommunalen öffentlichen Rechts und öffentlich zugänglich sind.

So wird die von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Pflanzenbau des BLW unterhaltene nationale Genbank unter den Geltungsbereich des multilateralen Systems fallen. Das Gleiche gilt für die im Rahmen des Nationalen Aktionsplans der Schweiz zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft aufgebauten Sammlungen. Pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die von einer öffentlichrechtlichen Institution in der Schweiz im Auftrag einer anderen Institution als Sicherungskopien im sogenannten «Black Box Verfahren» gehalten werden, fallen jedoch nicht unter das multilaterale System, da sie nicht öffentlich zugänglich sind.

Der erleichterte Zugang stützt sich auf die in Ziffer 2.2.4 erwähnte MTA. Die Verpflichtung, die MTA zu verwenden, leitet sich direkt aus dem Internationalen Vertrag ab und ist für öffentlich-rechtliche Institutionen verbindlich. Sie haben die MTA ohne Weiteres anzuwenden. Es sind diesbezüglich keine gesetzgeberischen Massnahmen notwendig. Die MTA wird zwischen den jeweiligen Partnern eines geplanten Austausches von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft abgeschlossen und bildet einen synallagmatischen Vertrag. Zur Durchsetzung dieser MTA verpflichtet Artikel 12.5 des Internationalen Vertrags seine Vertrags10 11

SR 232.11 Weitere Informationen dazu sind unter http://eww.blw.admin.ch/aoc/d/index.htm erhältlich.

7314

staaten, einen Rechtsweg vorzusehen, der den Erfordernissen der jeweiligen Rechtsordnung entspricht. In der Schweiz bestehen mit den zivil- und öffentlichrechtlichen Prozessordnungen hinreichende Instrumente, um dieser Verpflichtung nachzukommen.

Die Benefit Sharing Mechanismen des Informationsaustauschs, des Technologietransfers und des Aufbaus von Kapazitäten gehen nicht über das in der CBD Vereinbarte hinaus. Diesbezüglich sind keine Auswirkungen auf das innerstaatliche Recht festzustellen. Die Aufteilung der monetären Vorteile betrifft die jeweiligen Partner eines Austausches von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und wird direkt in der MTA geregelt. Sie unterliegt somit der richterlichen Durchsetzung.

Der Internationale Vertrag sieht eine Aufteilung der monetären Vorteile in obligatorischer und freiwilliger Form vor. Ausschlaggebend für die Abgrenzung zwischen obligatorischer und freiwilliger Aufteilung der monetären Vorteile ist die Tatsache, ob ein vermarktetes Erzeugnis Dritten einschränkungslos für die weitere Forschung und Züchtung zur Verfügung steht. Insbesondere im Bereich des Immaterialgüterrechts ist umstritten, wo diese Abgrenzung zu ziehen ist. Sowohl das Patent- als auch das Sortenschutzrecht sehen Bestimmungen vor, welche die Verwendung von durch diese Rechte geschützten Erzeugnissen im Rahmen einer weitergehenden innovativen Tätigkeit zulassen. Es handelt sich hierbei um das Forschungsprivileg im Patenrecht beziehungsweise um das Züchterprivileg im Sortenschutzrecht. Unumstritten ist, dass das Züchterprivileg die Verwendung von sortenrechtlich geschütztem Material für die weitere Züchtung zulässt; das Sortenschutzrecht erlaubt also einem Pflanzenzüchter, sortenrechtlich geschütztes Material, welches vermarktet wird, für die weitere Züchtung zu verwenden. Mit Bezug auf das Forschungsprivileg stellt sich die Frage, ob dieses die züchterische Tätigkeit umfasst und in dieser Hinsicht mit dem Umfang des Züchterprivilegs übereinstimmt. Speziell im Bereich der Anwendungen der modernen Biotechnologie sind diese Fragen gegenwärtig. Die entsprechenden Abklärungen werden im Rahmen der hängigen Revisionen der Bundesgesetze über die Erfindungspatente und über den Schutz von Pflanzenzüchtungen und unter Berücksichtigung der internationalen Verpflichtungen der
Schweiz vorgenommen. Bis dahin werden diese Fragen der Praxis zur Beurteilung überlassen sein.

Natürliche und juristische Personen des Privatrechts Wie bereits in Ziffer 2.2.4 erwähnt, steht das multilaterale System allen natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei während zwei Jahren nach Inkrafttreten des Internationalen Vertrags zur Teilnahme offen. Danach wird das Lenkungsorgan entscheiden, ob diejenigen natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts, die ihre pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft nicht in das multilaterale System eingebracht haben, weiterhin in den Genuss des erleichterten Zugangs kommen, oder es ergreift andere von ihm für geeignet erachtete Massnahmen. Diejenigen, die ihre pflanzengenetischen Ressourcen in das multilaterale System eingebracht haben, werden weiterhin einen erleichterten Zugang im Rahmen des multilateralen Systems haben. Unter Einbringung dieser Ressourcen ist der Tatbestand zu verstehen, dass sich eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts bereit erklärt, die MTA zu verwenden, sich gegenebenfalls an der Aufteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung von 7315

pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft ergeben, zu beteiligen und ihre genetischen Ressourcen anderen zum Zwecke der Nutzung und Erhaltung in der Forschung, Züchtung und Ausbildung für Ernährung und Landwirtschaft zur Verfügung zu stellen, sofern es sich dabei um Ressourcen handelt, die der Anlage I des Internationalen Vertrags entsprechen. Der Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen, die sich in Entwicklung befinden, liegt während der Entwicklungszeit im Ermessen des Entwicklers. Zusätzlich bleiben die Rechte des geistigen Eigentums und die sonstigen Eigentumsrechte an pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft gewahrt, d. h. der Zugang zu so geschützem Material hat im Einklang mit den einschlägigen völkerrechtlichen Übereinkommen und den relevanten innerstaatlichen Gesetzen zu erfolgen. In der Schweiz handelt es sich neben dem Zivilgesetzbuch12 insbesondere um die Bundesgesetze über die Erfindungspatente und über den Schutz von Pflanzenzüchtungen. Betreffend die richterliche Durchsetzung der MTA und den Abgrenzungsfragen zwischen Sortenschutz- und Patentrecht kann auf das über die öffentlich-rechtlichen Institutionen Gesagte verwiesen werden.

Die Einbringung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft unter das multilaterale System durch natürliche und juristische Personen des Privatrechts erfolgt auf freiwilliger Basis und nach Abschätzung der Auswirkungen einer Einbringung beziehungsweise eines Verzichts darauf durch den Einzelnen. Mit der Unterstellung ihres eigenen Materials unter das multilaterale System sichert sich eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts das Recht des erleichterten Zugangs zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft. Bei einem Verzicht wird sie sich gegebenenfalls nicht auf diese speziell auf die Bedürfnisse der Pflanzenzüchtung ausgerichteten Regeln des multilateralen Systems berufen können, sondern wird sich dem jeweiligen nationalen Recht desjenigen Staates unterziehen müssen, in dem sich die für sie interessanten pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft befinden.

Die Freiwilligkeit der Einbringung von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft macht gesetzgeberische Anpassungen nicht notwendig. Es bleibt anzumerken,
dass natürliche und juristische Personen des Privatrechts nur dann am multilateralen System werden teilnehmen können, wenn die Schweiz Vertragspartei des Internationalen Vertrags sein wird.

3.4

Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern

Die Schweiz verfolgte in den vergangenen 50 Jahren der Entwicklungszusammenarbeit als wichtigste Stossrichtung die Entwicklung des ländlichen Raums. Dabei sind die Arbeiten von internationalen Organisationen und des multilateralen Systems immer bedeutender geworden. Erkenntnisse aus der internationalen Zusammenarbeit und der internationalen Agrarforschung und die Verpflichtungen aus dem Welternährungsgipfel haben die Ausrichtung und die Agenda der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit nachhaltig beeinflusst. Besonders wichtig waren auch internationale Abkommen, wie zum Beispiel die Biodiversitätskonvention.

12

SR 210

7316

Die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen und die Forderungen nach mehr und besseren landwirtschaftlichen Forschungs- und Produktionskapazitäten in den Entwicklungsländern bilden in der Mittelfriststrategie 2010 der DEZA einen Schwerpunkt. Sie unterstützt die Umsetzung des Globalen Aktionsplans zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen in verschiedenen Bereichen, sowohl in bilateralen wie in multilateralen Programmen. Insbesondere engagiert sich die Schweiz in der Unterstützung der internationalen Agrarforschung für Entwicklungsländer (CGIAR), im Weltumweltfonds (GEF) und für den Zugang von Entwicklungsländern zu Wissen und Informationen. Verschiedene schweizerische Lehr- und Forschungsinstitute bieten mit Unterstützung der DEZA Ausbildung und Forschungspartnerschaften mit Entwicklungsländern und internationalen Agrarforschungszentren an. Zudem ist die Aus- und Weiterbildung im Bereich ländliche Entwicklung eine wichtige Komponente in den bilateralen Länderprogrammen der Schweiz.

Die Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft verlangt daher von der Schweiz keine Neuorientierung ihrer Entwicklungszusammenarbeit.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage ist im Bericht über die Legislaturplanung 1999­2003 nicht angekündigt. Angestrebt wird die Ratifizierung des Internationalen Vertrags vor der ersten Tagung seines Lenkungsausschusses, die wahrscheinlich im Herbst 2004 stattfinden wird. Damit wird die Schweiz bereits an der ersten Tagung des Lenkungsausschuss ihre Interessen direkt wahren können, an der für die Zukunft des Internationalen Vertrags wesentliche Entscheidungen getroffen werden.

5

Verhältnis zu anderen internationalen Abkommen

Dem Internationalen Vertrag ist das Konzept zur Förderung der internationalen Kohärenz zugrunde gelegt, dass sich das Verhältnis zwischen ihm und anderen relevanten Übereinkommen im Hinblick auf eine nachhaltige Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit so gestalten sollte, dass sich diese Verträge wechselseitig stützen. Die Präambel legt denn auch fest, dass der Internationale Vertrag nicht so ausgelegt werden darf, als bedeute er eine Änderung der Rechte und Pflichten aufgrund eines anderen Übereinkommens. Andererseits stellt die Präambel auch klar, dass zwischen dem Internationalen Vertrag und anderen internationalen Abkommen keine Hierarchie begründet wird. Dies ist vor allem im Verhältnis zu den Bestimmungen der Übereinkommen der WTO von Bedeutung. Der Internationale Vertrag und die WTO-Übereinkommen haben den gleichen Status und stützen sich gegenseitig. Das Gleiche gilt natürlich auch für das Verhältnis zwischen den Abkommen im Rahmen des internationalen Verbands zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) und dem Internationalen Vertrag. Im Lichte dieser Präambelbestimmungen gab die Schweiz anlässlich der Verabschiedung des Internationalen Vertrags durch die 31. Konferenz der FAO die Erklärung ab, dass Artikel 12.3 (d) des Vertrags der

7317

Schweiz keine neuen Verpflichtungen auferlegen würde, die im Widerspruch zu anderen internationalen Verpflichtungen unseres Landes stehen würden.

In Ziffer 2.1 wurde erwähnt, dass die Ziele des Internationalen Vertrags im Einklang mit der CBD stehen. Dies ist insbesondere hinsichtlich des multilateralen Systems für den Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und die Aufteilung der Vorteile von Bedeutung. Die Bestimmungen der CBD werden konkretisiert und einer speziellen Lösung, welche die Besonderheiten im Umgang mit pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft berücksichtigt, zugeführt. Für den Zugang zu solchen Ressourcen, die sich ausserhalb des multilateralen Systems befinden, werden weiterhin die relevanten Bestimmungen der CBD und der sie ausführenden, rechtlich nicht bindenden «Bonner Leitlinien über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die gerechte und ausgewogene Beteiligung an den Vorteilen aus ihrer Nutzung» anwendbar sein.

Sowohl die Europäische Gemeinschaft (EG) als auch sämtliche ihrer Mitgliedstaaten haben den Internationalen Vertrag unterzeichnet und setzen sich dafür ein, dass er so rasch als möglich ratifiziert wird. Der Vertrag wird also grundsätzlich auch für die EG gelten und somit das Verhältnis der Schweiz zur Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten betreffend den Austausch von pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft mitbestimmen.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Der Bund hat nach Artikel 54 Absatz 1 BV die Kompetenz, völkerrechtliche Verträge abzuschliessen. Nach Artikel 166 Absatz 2 BV sind völkerrechtliche Verträge von der Bundesversammlung zu genehmigen, sofern nicht auf Grund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist. Eine solche Delegation der Kompetenz zur Genehmigung des vorliegenden Internationalen Vertrags an den Bundesrat liegt nicht vor; für dessen Genehmigung ist daher die Bundesversammlung zuständig.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen, wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordern, dem fakultativen Referendum. Der Internationale Vertrag ist unbefristet, aber kündbar. Er sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Die Umsetzung des Internationalen Vertrags erfordert weder einen Erlass von Bundesgesetzen noch müssen solche geändert werden.

Hingegen enthält er wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Internationalen Vertrags unterliegt deshalb dem fakultativen Referendum.

7318

6.2

Der Internationale Vertrag und die schweizerische Ratifikationspraxis

Der Bundesrat hält sich für die Ratifizierung von völkerrechtlichen Verträgen an den Grundsatz, sie «nur zu unterzeichnen, wenn in absehbarer Zeit mit einer Ratifikation gerechnet werden darf» (Bericht des Bundesrates vom 22. Februar 1989 über seine Geschäftsführung im Jahre 1988 [Tätigkeitsbericht], S. 47; bestätigt in: Sechster Bericht über die Schweiz und die Konventionen des Europarates vom 29. November 1995 [Bericht], in BBl 1996 I 433 ff.). «Für die Ratifikationspraxis des Bundesrates haben diese Grundsätze zur Konsequenz, dass zwischen einem Übereinkommen und der innerstaatlichen Rechtsordnung keine erheblichen Unterschiede bestehen dürfen» (Tätigkeitsbericht, S. 47; Bericht, S. 436). Sind die Bestimmungen des völkerrechtlichen Vertrags nicht in allen Teilen mit dem innerstaatlichen Recht deckungsgleich, so unterbreitet der Bundesrat das Abkommen den Räten nur dann, wenn die Lücken «durch gesetzgeberische Massnahmen innert nützlicher Frist geschlossen werden können» (Tätigkeitsbericht, S. 47; Bericht, S. 436).

Der Internationale Vertrag regelt Bereiche, welche die Anwendungsgebiete der Landwirtschaftsgesetzgebung und derjenigen über die Entwicklungszusammenarbeit betreffen. Die Bundesgesetze über die Landwirtschaft und über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe13 enthalten die erforderlichen innerstaatlichen Rechtsgrundlagen. Somit sind die Voraussetzungen erfüllt, die es dem Bundesrat erlauben, den Internationalen Vertrag dem Parlament zur Genehmigung zu unterbreiten.

13

SR 974.0

7319

Anhang

Erklärung anlässlich der Verabschiedung des Internationalen Vertrags über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft Die Schweiz begrüsst die Verabschiedung des Vertrags über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft und weiss die Initiative und den ausdauernden Einsatz von Herrn Botschafter Fernando Gerbasi (und unter den Mitarbeitenden des FAO-Sekretariats vor allem von Herrn Esquinas, Frau Fresco und Herrn G. Kleijer) zu würdigen. Der Vertrag, der die verschiedenen Interessen berücksichtigt, entspricht ihrer Meinung nach einem Kompromiss und einem vernünftigen politischen Gleichgewicht.

Unsere Delegation weist darauf hin, dass nach ihrer Auslegung der Artikel 12.3 (d) des Vertrags der Schweiz keine neuen Verpflichtungen auferlegt, die im Widerspruch zu anderen internationalen Verpflichtungen unseres Landes stehen. Die genannte Bestimmung zielt nach schweizerischer Ansicht nicht auf eine Verringerung des Patentschutzes auf internationaler Ebene ab.

Die Schweiz erachtet den Einbezug aller pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft in das multilaterale System als für die Ernährungssicherheit im Hinblick auf eine ausgewogene Ernährung unabdinglich.

Im Bewusstsein, dass diese Erwartung finanzielle Folgen zeitigen wird, sind wir bereit, uns in dieser Hinsicht voll zu engagieren.

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