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Botschaft betreffend das Übereinkommen von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen vom 29. November 1995

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses betreffend die Genehmigung des Übereinkommens vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. November 1995

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates: Der Bundespräsident: Villiger Der Bundeskanzler: Couchepin

1995-773

22 Bundesblatt 148. Jahrgang. Bd. I

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Übersicht Wie im Zusammenhang mit dem Beitritt zum Psychotropen-Übereinkommen von 1971 und zum Zusatzprotokoll von 1972 zum Einheits-übereinkommen über die Betäubungsmittel angekündigt, unterbreitet der Bundesrat mit dieser Botschaß das Übereinkommen von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen dem Parlament zur Genehmigung. Dieses jüngste der vier internationalen Betäubungsmittel-Übereinkommen kämpft mit verschiedenen Sanktionen und Massnahmen sowie auf verschiedenen Ebenen gegen den illegalen Handel. Es richtet sich unter anderem auch gegen den Anbau, Erwerb und Besitz von Betäubungsmitteln als Vorbereitungshandlungen zum Konsum. Damit geht dieses Übereinkommen weiter als das Einheits-übereinkommen von 1961 samt seinem Zusatzprotokoll von 1972 und das Psychotropen-Übereinkommen von 1971.

Die Genehmigung und Ratifikation des Übereinkommens, dem bis September 1995 112 Staaten beigetreten sind, sind folgerichtige Schritte, nachdem die Schweiz dieses bereits im November 1989 unterzeichnet hat. Das Parlament erhält Gelegenheit, das Ratifikationsvorhaben zusammen mit den Volksinitiativen «Jugend ohne Drogen» und «für eine vernünftige Drogenpolitik» im Rahmen der umfassenden Drogendebatte anfangs 1996 zu diskutieren und eine allfällige Genehmigung zu beschliessen. Der Bundesrat wird das Übereinkommen nur ratifizieren, wenn das Volk über die Droleg-Initiative abgestimmt und sie verworfen hat.

Für die Umsetzung des Übereinkommens braucht es keine Gesetzesrevision mehr.

Die Unterstellung der Vorläuferstoffe im engeren und im weiteren Sinne ist bereits anlässlich einer früheren Revision des Betäubungsmittelgesetzes vorgenommen worden, und die Regelungen des Strafgesetzbuches genügen den Erfordernissen des Übereinkommens. Der mit Rücksicht auf das geltende Betäubungsmittelgesetz (Art. 19z und b) und auf die künftige Drogenpolitik erforderliche Handlungsspiel' räum bleibt aufgrund von Vorbehalten und des nach dem Übereinkommen dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber zugestandenen Ermessens gewahrt.

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Botschaft l

Einleitung

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen von 1988 enthält neue völkerrechtliche Verpflichtungen, um die weltweite Zusammenarbeit gegen die unerlaubte Erzeugung und Herstellung, den Schmuggel, den unerlaubten Handel sowie gegen jede andere unerlaubte Verteilung von Betäubungsmitteln zu verbessern. Dieses Übereinkommen soll die Massnahmen der internationalen Betäubungsmittelkontrolle, die im Einheitsübereinkommen von 1961 in der durch das Protokoll von 1972 geänderten Fassung sowie im Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe vorgesehen sind, in diesem Bereich verstärken und ergänzen.

Die wichtigsten Ziele des Übereinkommens von 1988 sind; - Umfassende Strafverfolgung des illegalen Betäubungsmittelverkehrs in allen Erscheinungsformen sowie der damit zusammenhängenden kriminellen Tätigkeiten - Pönalisierung der Geldwäscherei sowie Abschöpfung der Gewinne und Reichtümer aus Betäubungsmittelstraftaten - Verhinderung der Abzweigung von Chemikalien für die illegale Betäubungsmittelherstellung - Erweiterung des rechtlichen Instrumentariums für die internationale Rechtshilfe in Strafsachen einschliesslich der Auslieferung.

Die Schweiz hat das Abkommen am 16. November 1989 unterzeichnet. Ausstehend ist seine Ratifikation durch unser Land. Der Bundesrat ist davon überzeugt, dass die Ratifikation dieses Übereinkommens ein Schritt der Solidarität gegenüber den anderen Staaten darstellt und damit der in unserem Lande wachsenden Einsicht entspricht, dass nationale Anstrengungen allein im Kampf gegen globale Bedrohungen nicht genügen. Die Schweiz hat zwar alle notwendigen Gesetzesanpassungen, der es zur Erfüllung des Wiener Übereinkommens von 1988 bedarf, schon vollzogen und damit drei von vier Hauptzielen des Übereinkommens bereits entsprochen.

Andererseits kommen der Schweiz nur als Mitgliedstaat die gegenseitigen Auslieferungs- und Rechtshilfeverpflichtungen voll zugute, weswegen sich 'eine Ratifikation empfiehlt. Der Bundesrat sieht vor, das Übereinkommen nach seiner Genehmigung durch das Parlament erst dann zu ratifizieren, wenn das Volk die Initiative «Droleg» verworfen hat. Eine Annahme dieser Initiative hätte zwar keinen Einfluss auf die vom Parlament beschlossene Genehmigung, weil die Kompetenz zum Verzicht auf die
Ratifikation nach ständiger Praxis beim Bundesrat liegt '>. Umgekehrt hätte sie aber zur Folge, dass das Übereinkommen, gerade wieder - wie die übrigen internationalen Übereinkommen - gekündigt werden müsste. Auch wenn der Bundesrat die Initiative «Droleg» zur Ablehnung empfiehlt, möchte er die Volksabstimmung nicht durch eine kurz davor hinterlegte Ratifikation des Wiener Übereinkommens belasten. Dieses Vorgehen ist um so gerechtfertigter, als die Ratifikation

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Vgl. /. Monnier, Les principes et les règles constitutionnels de la politique étrangère suisse, ZSR 105, 1986 II S. 200; L. Wildhaber, Kompetenzverteilung, in Handbuch der schweizerischen Aussenpolitik, 1975, S. 263; J.-F.Aubert, Traité de droit constitutionnel suisse II, 1967, No 1556; W. Burckhardt, Kommentar der Schweizerischen Bundesverfassung, 1931, S. 692 611

durch dieses Vorgehen nur um ca. 18 Monate hinausgezögert wird und auch die UNO-Behörden in Wien bei Gesprächen mit der Vorsteherin des EDI Verständnis für dieses Vorgehen zeigten.

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Auswirkungen des Übereinkommens auf das interne Recht

Die Umsetzung des vorliegenden internationalen Übereinkommens betrifft das Betäubungsmittelgesetz, sodann auch das Strafgesetzbuch, insbesondere im Zusammenhang mit der Geldwäscherei, der Einziehung, der Strafzumessung, dem Strafvollzug und dem Opportunitätsprinzip und schliesslich das Bundesgesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Auslieferung und die Rechtshilfe.

Bei der Erläuterung der einzelnen Übereinkommensbestimmungen wird jeweils der Vergleich zum schweizerischen Recht gezogen und geprüft, ob dieses den Anforderungen des Übereinkommens genügt, In den meisten Bereichen besteht die erforderliche Übereinstimmung. Bei Artikels des Übereinkommens von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen sind bezüglich der Absätze 2, 6, 7 und 8 Vorbehalte vorzusehen. Die Vorbehalte werden im Bundesbeschluss über die Genehmigung des betreffenden Übereinkommens ausformuliert.

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Die schweizerische Haltung zum Übereinkommen Die Haltung der Bundesbehörden

Die Schweiz hat bereits das Einheits-übereinkommen über die Betäubungsmittel von 1961 ratifiziert. Das Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe sowie das Protokoll von 1972 zur Änderung des Einheits-übereinkommens von 1961 sind im Hinblick auf den Beitritt genehmigt worden '). Das Übereinkommen von 1988 ist eine Weiterentwicklung und Ergänzung dieser drei Übereinkommen, Es liegt deshalb nahe, auch dieses von der Schweiz bereits am 16. November 1989 unterzeichnete Übereinkommen zu ratifizieren. Alle vier internationalen Übereinkommen sind aufeinander abgestimmt. Beim Übereinkommen von 1988 liegt der Schwerpunkt auf den durch die Vertragsstaaten zu übernehmenden strafrechtlichen Verpflichtungen sowie auf der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit. Das Drogenproblem hat internationale Dimensionen. Die Ratifikation unterstreicht deshalb den Willen der Schweiz, solidarisch an den internationalen Anstrengungen zur Drogenbekämpfung teilzunehmen.

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Das Vernehmlassungsverfahren

Mit Beschluss vom 9. März 1992 hat der Bundesrat das Eidgenössische Departement des Innern ermächtigt, ein, Vemehmlassungsverfahren zum Beitritt der Schweiz zu drei internationalen Betäubungsmittel-Übereinkommen2) und zu einer entsprechenden Revision des Betäubungsmittelgesetzes durchzuführen.

" Vgl, Botschaft vom 22. Juni 1994 über den Beitrittnder Schweiz zu zwei internationalen Betäubungsmittel-Übereinkommen sowie über die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, BB11994 III 1.273; 1995 II 389 2) Psychotropen-Überemkommen von 1971, Zusaizprotokoll von 1972 und Übereinkommen von 1988 gegen den unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen 612

Am umstrittensten war die Ratifikation des Wiener Übereinkommens von 1988 gegen den unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen, insbesondere was die Strafbarkeit des Anbaus, Erwerbs und Besitzes solcher Stoffe als Vorbereitungshandlungen für den Eigenkonsum betrifft. Unbestritten war demgegenüber der Hauptteil dieses Übereinkommens (d. h. die Massnahmen gegen die Geldwäscherei und den Missbrauch der Vorläufer-Stoffe).

Sieben Kantone sprachen sich für die Ratifikation mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen erläuternden Erklärung aus, dass nach schweizerischem Verständnis - Artikel 3 Absätze 2, 4 und 6 des Übereinkommens nicht im Widerspruch zum schweizerischen Betäubungsmittelgesetz stehen. Neun Kantone möchten der Schweiz die Handlungsfreiheit bezüglich Straffreiheit des Konsums und der Vorbereitungshandlungen zum Konsum durch entsprechende Vorbehalte erhalten.

Der Schweizerische Städteverband und der Schweizerische Gemeindeverband stimmen der Ratifikation mit ausdrücklichem Vorbehalt zu. Bei den politischen Parteien gehören die CVF, EVP, LdU, LPS und SVP zu den Befürwortern einer Ratifikation. Die EVP, LPS und der LdU begnügen sich mit der erläuternden Erklärung, währenddem die CVP und die SVP einen Vorbehalt zu Artikel 3 Absätze 2 und 4 als erforderlich erachten. Unter den Ratifikationsgegnern befinden sich die SP, JUSO, FDP, Jungliberale und GPS. Ihnen ist das Übereinkommen zu repressiv und prohibitiv. Auch sieben im Drogenbereich tätige Verbände lehnen eine Ratifikation ab, weil sie die Prohibition und Kriminalisierung nur noch verstärke. Umgekehrt sprechen sich einzelne Vereinigungen und Kreise für eine vorbehaltlose Ratifikation aus.

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Übereinkommen gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen Allgemeiner Teil Einleitung

Wegen mangelnder internationaler Zusammenarbeit und unterschiedlicher nationaler Strafrechtsbestimmungen blieben international tätige Drogenschmuggler bis in die dreissiger Jahre weitgehend unbehelligt. Aus diesem Grunde wurde bereits 1936 im Rahmen des Völkerbundes das Genfer Abkommen zur Unterdrückung des unerlaubten Verkehrs mit Betäubungsmitteln ausgearbeitet, welches die Auslieferung für Betäubungsmittelvergehen, die direkte internationale Zusammenarbeit der Betäubungsmittelpolizei sowie die gerichtliche Verfolgung von im Ausland begangenen Vergehen vorsieht. Das Abkommen, das auch von der Schweiz ratifiziert wurde und für sie nach der Schaffung des Betäubungsmittelgesetzes von 1951 in Kraft getreten ist, vermochte indessen die Zunahme des illegalen Handels nicht zu verhindern. Zudem ruhte während des zweiten Weltkrieges von 1939-1945 die gesamte Betäubungsmittelkontrolle. Die vom Völkerbund ausgeübten Funktionen in bezug auf die internationale Kontrolle von Betäubungsmitteln wurden nach 1945 von der UNO weitergeführt, Nach dem Inkrafttreten des Einheits-übereinkommens von 1961 über die Betäubungsmittel, des Zusatzprotokolls und des Übereinkommens über psychotrope Stoffe zeigte es sich jedoch, dass trotz- diesen Vertragswerken der illegale Handel stetig zunahm.

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Ausarbeitung des Übereinkommens

Mit der Resolution 39/141 forderte die UNO-Generalversammlung 1984 die internationale Betäubungsmittelkommission auf, die Ausarbeitung eines Übereinkommens gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen in Angriff zu nehmen. Der erste Entwurf wurde den Regierungen 1986 zur Stellungnahme zugeleitet.

Auf Vorschlag der Betäubungsmittelkommission wurde eine BevollmächtigtenKonferenz für die Verabschiedung eines Übereinkommens gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen einberufen. Die Konferenz fand vom 25. November bis 20. Dezember 1988 in Wien statt. 106 Staaten nahmen daran teil. Das Übereinkommen ist am 19. Dezember 1988 im Konsensverfahren angenommen worden. Der Beitritt zum Übereinkommen steht nach dessen Artikel 28 allen Staaten offen, 59 Staaten haben das Übereinkommen sofort unterzeichnet. Die Unterzeichnung durch die Schweiz erfolgte am 16. November 1989.

Das Übereinkommen ist am l I.November 1990, dem 90. Tag nach Hinterlegung der 20. Ratifikations- oder Beitrittsurkunde, in Kraft getreten. Bis September 1995 waren 112 Staaten dem Übereinkommen beigetreten; darunter sind zu erwähnen; Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Spanien, die USA und Japan.

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Übersicht über den Inhalt des Übereinkommens

Das Übereinkommen besteht aus einer Präambel, 34 Artikeln und einem Anhang mit zwei Tabellen. Es bezeichnet unter anderem die Tatbestände, die von den Vertragsstaaten mit Strafe zu bedrohen sind (Art. 3), und es behandelt die Einziehung und die Auslieferung (Art. 5 und 6). Sodann verpflichtet es die Vertragsstaaten zur Rechtshilfe und zur weiteren Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung, zum Informationsaustausch, zur Unterstützung von Transitstaaten und Entwicklungsländern sowie zur Beteiligung an der überwachten Lieferung (Art. 7-11). Artikel 12 regelt die Unterstellung der für die Herstellung von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen häufig verwendeten Stoffe mittels der Tabellen I und II sowie die Überwachung des internationalen Handels mit diesen Stoffen. Artikel 14 bezieht sich auf die Unterdrückung des illegalen Anbaus und der unerlaubten Nachfrage nach Betäubungsmitteln. Artikel 15-20 regeln die Massnahmen bei erlaubtem und unerlaubtem Transport von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen, insbesondere auf dem Seeweg, in Freihandelszonen, Freihäfen und auf dem Postweg. Artikel 20 verpflichtet die Vertragsstaaten zur Meldung von Ausführungserlassen zum Übereinkommen oder bedeutenden Verstössen gegen das Übereinkommen. Artikel 21-23 umschreiben die Aufgaben der Betäubungsmittelkommission und des Organs. Die Schlussbestimmungen von Artikel 26-31 regeln die Unterzeichnung, Ratifikation, das Inkrafttreten und die Kündigung des Übereinkommens sowie Änderungsvorschläge dazu.

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Würdigung des Übereinkommens

Das Übereinkommen gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen ergänzt die bestehenden internationalen Übereinkommen, d. h. das Einheits-Übereinkommen vom 30. März 1961 über die Betäubungsmittel und das Zusatzprotokoll von 1972 sowie das Psychotropen-Übereinkommen von 614

1971, die die Kontrolle der Produktion und des Handels von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen regeln. Es soll die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen den illegalen Handel mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen festigen sowie in entscheidenden Punkten verbessern.

Es verpflichtet die Mitgliedstaaten insbesondere Bestimmungen über die Identifizierung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus dem Handel mit Betäubungsmitteln und über die Geldwäscherei zu erlassen. Ausserdem werden Stoffe, die in Betäubungsmittel umgewandelt oder zu deren Herstellung gebraucht werden können (sog. Vorläuferstoffe), einer internationalen Handelskontrolle unterstellt.

Dieses Übereinkommen gilt damit als eines der bedeutendsten UNO-Übereinkommen zur Bekämpfung der internationalen Kriminalität. Es manifestiert sich darin der Wille der Völkergemeinschaft, im Kampf gegen den Drogenmissbrauch vermehrt und enger zusammenzuarbeiten. Die Verabschiedung dieses Übereinkommens stellt zugleich ein Bekenntnis zur multidisziplinären Bekämpfung des Drogenmissbrauchs und des unerlaubten Drogenhandels dar. Es sieht aber nicht nur repressive, gegen den unerlaubten Handel und die unerlaubte Herstellung gerichtete Massnahmen vor, sondern lädt die Vertragsparteien ein, Drogenpräventionsprogramme zu entwickeln und den Drogenabhängigen Behandlungs- und Rehabilitationsmassnahmen anzubieten.

Das Abkommen geht im Bezug auf die strafrechtlichen Sanktionen gegen Betäubungsmittelkonsumenten weiter als die früheren Übereinkommen, verlangt es doch von den Vertragsparteien eine obligatorische Bestrafung des Besitzes, Kaufs oder Anbaus von Drogen zum Eigenkonsum. Zur Bestrafung des Konsums verpflichtet dagegen keines der internationalen Übereinkommen.

Je nach Wortlaut der einzelnen Bestimmungen ist die Art und der Grad der von den Vertragsstaaten zu übernehmenden Verpflichtungen in dem Sinne unterschiedlich, als es sich um vorbehaltlos zu erfüllende Anforderungen oder um freiwillig zu übernehmende Regeln handelt. Auch wird bei einzelnen Bestimmungen die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers der einzelnen Mitgliedsstaaten insofern respektiert, als für die Erfüllung der Vertragspflichten die jeweilige nationale Verfassungs- und Rechtstradition vorbehalten bleibt.

Der nachstehende Kommentar stützt sich auf die französische Fassung als einem der nach Artikel 33 authentischen Vertragstexte des Übereinkommens.

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Besonderer Teil Kommentar der wichtigsten Bestimmungen des Übereinkommens

In der Präambel kommt die Besorgnis über die Zunahme des unerlaubten Verkehrs mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen, die damit zusammenhängende organisierte internationale Kriminalität und die daraus resultierenden ungeheuren Gewinne zum Ausdruck. Die Vertragsstaaten sollen die Erträge aus dem unerlaubten Verkehr behändigen und bestimmte Stoffe, einschliesslich der bei der Herstellung von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen verwendeten Vorläuferstoffe, Chemikalien und Lösungsmittel überwachen. Für nötig befunden wird insbesondere die Verstärkung und der Ausbau wirksamer rechtlicher Mittel für die internationale Zusammenarbeit in Strafsachen und zur Behebung von Regelungslücken, wie sie aufgrund der bereits geltenden Übereinkommen bei der Bekämpfung des unerlaubten Verkehrs und Umgangs mit Betäubungsmitteln noch bestehen. Der 615

Schwerpunkt des Abkommens Hegt auf den Vorschriften strafrechtlicher Natur und auf der Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit.

Artikel] Definitionen Neu aufgenommen und definiert werden Begriffe wie Durchfahrts-Staat, Einziehung, Ertrag, gewerblicher Beförderungsunternehmer, kontrollierte Lieferung, Sicherstellung oder Beschlagnahme, Vermögenswerte.

Unter dem «unerlaubten Verkefu» sind die in Artikel 3 Absätze l und 2 umschriebenen Handlungen zu verstehen, welche von den Mitgliedstaaten mit Strafe zu bedrohen sind. Allerdings verweisen verschiedene der nachfolgenden Bestimmungen wie Artikels Absatz4 (Verpflichtung zur Bestrafung), Artikel4 (Begründung der Gerichtsbarkeit) und Artikel 5 (Einziehung) jeweils nur auf die als schwerwiegende Straftaten zu gewichtende Handlungen im Sinne von Artikels Absatz l.

Diese Einschränkung beruht auf einem Kompromiss, der es den einen Vertragsstaa-, ten weiterhin' erlaubt, den Besitz, Kauf und Anbau zum Eigenkonsum unter Strafe zu stellen, ohne dagegen die anderen Vertragsstaaten zu einer Pönalisierung eines solchen Verhaltens zu verpflichten. Zur «Einziehung» nach Buchstabe d und zum «Einfrieren» oder zur «Beschlagnahme» nach Buchstabej sind nicht nur «Gerichte», sondern jede andere nach dem nationalen Recht zuständige Behörde befugt.

Artikel 2 Geltungsbereich Artikel 2 verankert die Grundsätze der souveränen Gleichheit, der territorialen Unversehrtheit und der Nichteinmischung in die innem Angelegenheiten als Massstab für die Erfüllung der Vertrags'veipflichtungen. Es handelt sich dabei um einen Präzedenzfall, der jedoch nicht als Freipass für die Vernachlässigung der Vertragsverpflichtungen verstanden werden will. Noch nie wurde in einem ähnlichen UNOÜbereinkommen derartiges festgehalten. Die Bestimmung gab zu langen Diskussionen Anlass und wurde deshalb angenommen, weil die Staaten es vorzogen, anstelle einer Abstimmung darüber, das Übereinkommen durch Konsensus anzunehmen.

Artikel 3 Straftaten und Sanktionen Absatz l beinhaltet eine ausführliche und abschliessende Aufzählung von Handlungen, die entweder direkt oder indirekt mit Betäubungsmitteln, psychotropen Stoffen oder Vorläuferstoffen im Zusammenhang stehen. Die Vertragsparteien werden zur Verfolgung der aufgelisteten, vorsätzlich begangenen Straftaten verpflichtet.

Im Gegensatz zu Artikel 36 des Einheits-übereinkommens von 1961 fehlt ein Vorbehalt zugunsten der Verfassungsordnung der Vertragsparteien, weshalb die Aufforderung zur Bestrafung einen vorbehaltlos verpflichtenden Charakter hat. Die Vertragsstaaten haben Straftatbestände vorzusehen bei Tätigkeiten wie dem unerlaubten Anbau, der unerlaubten Produktion sowie dem unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen. Zu pönalisieren sind im weiteren die Herstellung oder Verteilung von Gerätschaften, Material und Vorläuferstoffen, sofern der Täter weiss, dass diese zu unerlaubten Zwecken verwendet werden, sowie schliesslich die Organisation und Finanzierung all dieser unter Strafe zu stellenden Tätigkeiten (Bst. a Teile i, iv und v). Desgleichen sind mit Strafe zu bedrohen die Transaktion von Vermögenswerten, die aus Drogendelikten stammen (Bst. b), so die Umwandlung oder Übertragung von Drogengeldern im Wissen um deren Charakter und mit dem Zweck, deren Herkunft zu verbergen oder zu verschleiern (Bst. b, Teil i), aber auch das wissentliche Vertuschen der wahren Beschaffenheit

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von Vermögensgeldern aus Drogendelikten (Bst. b, Teil ii). Unter Vorbehalt der Vereinbarkeit mit den Verfassungsgrundsätzen sowie den grundlegenden Prinzipien der Rechtsordnung der einzelnen Vertragsparteien, sind auch der wissentliche Erwerb und Besitz von Vermögensgegenständen aus Drogendelikten, der Besitz von Gerätschaften, Material und Vorläuferstoffen in Kenntnis von deren unerlaubten Zweckbestimmung, die Anstiftung zu Drogendelikten, Geldwäscherei oder unerlaubtem Konsum sowie die Teilnahme oder Mittäterschaft an einer der in Artikel 3 als Straftat umschriebenen Handlungen (Bst. c, Teil i-iv) für strafbar zu erklären.

Im Sinne einer Beweiserleichterung stellt es Absatz 3 den Vertragsstaaten frei, in ihrem Recht vorzusehen, dass von tatsächlichen, äusseren Umständen auf innere Gegebenheiten geschlossen werden kann. Soweit diese vom Übereinkommen eröffnete Möglichkeit mit unserer Auffassung des Schuldprinzips nicht zu vereinbaren ist, braucht sie von der Schweiz nicht übernommen zu werden.

Die in Artikel 3 umschriebenen Tätigkeiten betreffend die Geldwäscherei dienten der 1989 am Gipfeltreffen der G7 in Paris gegründeten «Financial Action Task Force on Money Laundering» (FATF) als Ausgangspunkt ihrer Arbeit. Die 1990 veröffentlichten Empfehlungen zur Bekämpfung der Geldwäscherei haben zwar keine vertraglich bindende Wirkung, sie werden aber weltweit als allgemein anerkannter Mindeststandard eines tauglichen Geldwäscherei-Abwehrsystems anerkannt. Die Strafbestimmungen von Artikel 3 gegen die Geldwäscherei wurden in dieses Programm aufgenommen. Sie finden sich im übrigen - nunmehr nicht mehr beschränkt auf Betäubungsmitteldelikte - im Abkommen des Europarats 141 über die Auffindung, Beschlagnahme und Einziehung von deliktischen Vermögenswerten wieder '>.

Das geltende schweizerische Betäubungsmittelgesetz und der 1990 neuerlassene Artikel 305his Strafgesetzbuch/StGB betreffend die Geldwäscherei erfüllen die Anforderungen von Artikel 3 Absatz l des vorliegenden Übereinkommens. Was die vom Übereinkommen unter Buchstabe a umschriebenen Tätigkeiten anbelangt, so werden sie von Artikel 19 BetmG abgedeckt. Der Handel mit und der Besitz von Gerätschaften sowie von Vorläuferstoffen zum Zwecke und mit dem Vorsatz, Betäubungsmittel herzustellen, gelten bereits heute als Beteiligung an der Drogenherstellung. Die
Verabredung, Beratung und Erleichterung im Hinblick auf die Begehung einer derartigen Straftat (Bst. c, Teil iv) sind aufgrund des in Buchstabe c des Übereinkommens zugunsten der nationalen Rechtsordnung enthaltenen Vorbehaltes durch die Schweiz insoweit zu berücksichtigen, als sie im Sinne des StGB mit den Teilnahmehandlungen einer Anstiftung oder Gehilfenschaft übereinstimmen. Der bandenmässige Betäubungsmittelhandel ist in Artikel 19 Ziffer 2 BetmG als schwerer Fall geregelt. Durch Revision des Strafgesetzbuches vom 18. März 1994 wurde in den Artikeln 58 und 59 das Einziehungsrecht neu geregelt, die Strafbarkeit der Zugehörigkeit zu einer kriminellen Organisation in Artikel 260tcr vorgesehen sowie in Artikel 305ter Absatz 2 ein Melderecht des Financiers eingeführt2*.

1)

2)

Botschaft vom 19. August 1992 über die Ratifikation des Übereinkommens Nr. 141 des Europarates über Geldwäscherei sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten; BEI 1992 VI. 9 ff.

Vgl. Botschaft vom 30. Juni 1993 über die Änderung des schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes (Revision des Einziehungsrechtes, Strafbarkeit der kriminellen Organisation, Melderecht des Financiers), BB11993 III277ff.; AS 1994 1614ff.

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Mit der vorliegenden Ratifikation geht die Schweiz keine neuen Verpflichtungen ein in bezug auf die unbefugte Herstellung von und den unbefugten Handel mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen. Bereits nach dem von ihr ratifizierten Einheits-übereinkommen von 1961 war sie zur Bestrafung von vorsätzlich begangenen Betäubungsmitteldelikten verpflichtet. Sie hat diese Verpflichtung anlässlich der Revision des Betäubungsmittelgesetzes im Jahre 1975 in das Landesrecht umgesetzt.

Bezüglich der Geldwäscherei sieht Artikel 3 Absatz l des Übereinkommens drei strafbare Varianten der Transaktion von aus Drogendelikten stammenden Vermögenswerten vor.' Während die Bestrafung der unter Buchstabe b beschriebenen Tätigkeiten bedingungslos vorgeschrieben ist, werden für die Strafbarkeit von Handlungen gemäss Buchstabe c die Verfassungsgrundsätze und Grundprinzipien der Rechtsordnung der einzelnen Vertragsparteien vorbehalten. Für beide Gruppen gilt der Grundsatz von Artikels Absatz 11 des Übereinkommens, wonach die Umschreibung der Straftatbestände wie auch der eine Strafbarkeit ausschliessenden Gründe eine Angelegenheit des innerstaatlichen Rechts bleiben. Die erste Variante (Teil i) von Buchstabe b handelt von der vorsätzlichen Umwandlung oder Übertragung von Vermögenswerten, welche aus der Begehung (Täterschaft oder Teilnahme) einer der in Buchstabe a umschriebenen Straftat stammen. Vorausgesetzt wird dabei, dass der Täter von dem deliktischen Charakter der Werte weiss, und dass er mit dem Zweck handelt, die Herkunft dieser Werte zu verschleiern oder einen der an der Vortat Mitbeteiligten zu begünstigen. Die zweite Variante (Teil ii) von Buchstabe b bezieht sich auf die Täuschung und Verschleierung bezüglich des Charakters, der Herkunft, des Aufbewahrungsortes oder der Eigentumsverhältnisse bei derartigen Vermögenswerten wie auch von Rechten daran. Hier wird vorausgesetzt, dass der Täter vorsätzlich handelt und dass er weiss, dass diese Vermögenswerte aus der Täterschaft oder der Teilnahme an einer der in Buchstabe a umschriebenen Straftat herstammen.

Die erste Variante (Teil i) unterscheidet sich von der zweiten Variante (Teil ii) insofern, als im ersten Fall der Täter über den Vorsatz hinaus einen bestimmten Zweck verfolgen muss, während im zweiten Fall das vorsätzliche Handeln im Wissen um die
deliktische Herkunft derartiger Vermögenswerte oder daran bestehender Rechte genügt. Die dritte Variante gemäss Buchstabe c (Teil i) dehnt den Bereich der Strafbarkeit erheblich aus: Bereits der wissentliche Erwerb, der Besitz und die Verwendung von Vermögenswerten aus Drogendelikten überhaupt sollen strafbar sein, soweit dem Täter die Herkunft schon zum Zeitpunkt des Erwerbes bekannt war.

Diese dritte Variante geht sehr weit. Für sie gilt anderseits die Einschränkung, wonach die Vertragsparteien diese Obliegenheit nur im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Ordnung und der fundamentalen Grundsätze ihres Rechtssystems zu erfüllen haben.

Während die Varianten gemäss Übereinkommen sich auf Betäubungsmitteldelikte beschränken, bezieht sich Artikel 305his StGB auf alle Vortaten, welche im Sinne von Artikel 9 StGB ein Verbrechen darstellen. Der in Artikel 305his StGB verwendete Begriff des Vermögenswertes umfasst jeden wirtschaftlichen Wert sowie jeden geldwerten Vorteil und deckt damit den entsprechenden Begriff des Übereinkommens ab. Weitergehend als das Übereinkommen, welches auf seilen des Täters das positive Wissen um die deliktische Herkunft eines Vermögenswertes voraussetzt, ist nach Artikel 305bis StGB der Vorsatz bereits zu bejahen, wenn der Täter auch nur annehmen musste, dass ein Vermögenswert aus einer verbrecherischen

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Vortat stammt'>. Es fragt sich, ob die Formulierung der Tathandlung in Artikel 305his Ziffer l StGB («eine Handlung ..., die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln») den Anforderungen des Übereinkommens entspricht. Nach schweizerischer Auffassung wird für die Vereitelung der Herkunftsermittlung, der Auffindung oder der Einziehung eines Vermögenswertes im Sinne von Artikel 305his eine Verdekkungshandlung vorausgesetzt, die abstrakt geeignet ist, Vermögenswerte dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden zu entziehen2'. Nach der vorherrschenden Auffassung muss durch eine derartige Handlung daher nicht die tatsächliche Gefahr einer Vereitelung geschaffen werden. Diese Konzeption des Tatbestandes ·gegen die Geldwäscherei von Artikel 305bis StGB genügt damit den Anforderungen, wie sie von Artikel 3 Buchstabe b Teil i und ii sowie von Buchstabe c Teil i und ii des Übereinkommens gestellt werden.

Absatz 2 verpflichtet die Vertragsparteien unter Vorbehalt ihrer Verfassungsgrundsätze und der Grundzüge ihrer Rechtsordnung, den unerlaubten Besitz, Kauf und Anbau von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen für den persönlichen Verbrauch unter Strafe zu stellen. Damit fordert das vorliegende Übereinkommen ausdrücklich und im Gegensatz zum Einheits-übereinkommen von 1961 und zum Psychotropen-Übereinkommen die Bestrafung des Konsumenten für Handlungen (Besitz, Kauf, Anbau), mit denen er seinen Konsum vorbereitet. Artikel 36 Absatz l des Einheits-übereinkommens von 1961 beschränkt sich auf die Kriminalisierung des illegalen Besitzes im Zusammenhang mit dem Handel3*, und auch das Psychotropen-Übereinkommen (vgl. Art. 20-23) ist gegen den unerlaubten Handel und nicht gegen den unerlaubten Konsum von psychotropen Stoffen gerichtet. Das vorliegende Übereinkommen macht einen Unterschied zwischen dem Besitz zum Handel einerseits und dem Besitz zum Eigenkonsum andererseits, indem es die beiden Sachverhalte in zwei verschiedenen Absätzen regelt (Art. 3 Abs. l Bst. a Teil iii und Abs. 2) und für den zweiten Sachverhalt ausserdem die innerstaatlichen Verfassungsgrundsätze und die Grundzüge der Rechtsordnung Vorbehält.

Nach schweizerischem Recht (Art. 19a Ziff. l BetmG) macht sich strafbar, wer unbefugt Betäubungsmittel vorsätzlich konsumiert oder wer
zum eigenen Konsum eine Widerhandlung im Sinne von Artikel 19 begeht. Allerdings erlaubt Artikel 19a Ziffer 2 BetmG in leichten Fällen das Verfahren einzustellen oder von einer Strafe abzusehen, was nach dem Übereinkommen in einer derart verallgemeinerten Form nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Ausserdem macht sich nach Artikel 19e BetmG nicht strafbar, wer nur den eigenen Konsum vorbereitet'oder Betäubungsmittel zur Ermöglichung des gleichzeitigen und gemeinsamen Konsums unentgeltlich abgibt, sofern es sich um geringfügige Mengen handelt. Nach schweizerischer Betäubungsmittelgesetzgebung sind demnach Vorbereitungshandlungen, die auf den persönlichen Konsum oder auf die unentgeltliche Abgabe an Dritte zum Zwecke des gleichzeitigen und gemeinsamen Konsums abzielen, nicht strafbar, währenddem das Übereinkommen in Artikel 3 Absatz 2 von den Vertragsparteien verlangt, dass sie den Anbau, Kauf und den Besitz von Betäubungsmitteln für den persönlichen Verbrauch als Straftat umschreiben. Angesichts dieser Unterschiede muss sich die Schweiz hier durch einen Vorbehalt- den nötigen Handlungs-

» BGE 119 IV 242 ff. E 2. b.

> BGE 119 IV 59 ff. E 2. e.

2

*> Vgl. H. Schnitz, Die Rechtsstellung der Fixerrüume, ein Gutachten, ZStrR Bd 106 1989 287 f.

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Spielraum schaffen, um die geltende Regelung für Betäubungsmittelkonsumenten (Art. 19a Ziff. 2 und Art. 196) zu erhalten und um sich nicht für die Zukunft die Möglichkeit für eine allenfalls weitergehende Straflösigkeit von Vorbereitungshandlungen zum Eigenkonsum zu verbauen. Der Drogenkleinhandel des Drogenkonsumenten - z. B. zur Finanzierung seiner eigenen Sucht - wird schon in Artikel 3 Absatz l für obligatorisch strafbar erklärt. Ein Vorbehalt zu Artikel 3 Absatz 2 schliesst damit die Möglichkeit nicht ein, allenfalls den Drogenkleinhandel des Süchtigen auch für straflos zu erklären.

Absatz 4 Buchstabe a verpflichtet die Vertragsstaaten, für die im Sinne von Absatz l als Straftaten zu umschreibenden Handlungen eine der Schwere des jeweiligen Tatbestandes angemessene Sanktionierung wie Freiheitsstrafe, Geldbussen' oder Einziehung vorzusehen. Die nach Artikel 3 Absatz l von den Vertragsstaaten mit Strafe zu bedrohenden Handlungen sind im Sinne des Übereinkommens der schweren Kriminalität zuzurechnen. Für sie wird in Absatz 4 Buchstabe b die Möglichkeit geschaffen, zusätzlich zu einer Verurteilung und Bestrafung eine Massnahme der Behandlung, der Erziehung, der Nachsorge oder der Wiedereingliederung anzuordnen. Darunter fällt auch der Besitz zu Handelszwecken. Nur gerade für Straftaten mit einem im konkreten Fall geringfügigen Charakter lässt Buchstabe c es zu, im Einzelfall anstelle der Strafbarkeit auch Massnahmen wie Behandlung, Aufklärung, Erziehung und Wiedereingliederung zu verhängen. Diese Möglichkeit bezieht sich anderseits sowohl auf den Besitz zu Handelszwecken wie auch zum Eigenkonsum. Eine die Verurteilung oder Bestrafung ersetzende kurative und wiedereingliedernde Massnahme kann schliesslich nach Buchstabe d in jedem Fall angeordnet werden, wenn der Erwerb oder der Besitz von Betäubungsmitteln zum eigenen Konsum in Frage steht.

Das Übereinkommen verpflichtet die Mitgliedstaaten dem Grundsatz nach zu einer angemessenen Bestrafung, lässt ihnen aber für die Rechtsanwendung dann einen weiten Spielraum, wenn dabei ein behandelndes oder sozialisierendes Ziel verfolgt wird. Absatz 4 ist nicht auf die Ermessensentscheidung im konkreten Einzelfall beschränkt, sondern will auch generelle Lösungen ermöglichen. Artikel 19a Ziffern 2 und 3 BetmG stehen somit im Einklang mit dem Übereinkommen. Dieses
geht in bezug auf die Möglichkeit, anstelle einer Verurteilung oder Bestrafung eine kurative Massnahme anzuordnen, an sich sogar weiter als das geltende schweizerische Betäubungsmittelrecht. Artikel I9b BetmG erklärt die Vorbereitungshandlungen insoweit für straffrei, als damit der eigene Verbrauch sowie die unentgeltliche Abgabe an Dritte zum Zweck des gleichzeitigen und gemeinsamen Konsums ermöglicht wird. Das scheint den Bestimmungen von Artikel 3 des Übereinkommens nicht zu entsprechen, die behandelnde oder sozialisierende Massnahmen anstelle einer Verurteilung oder Bestrafung zwar zulassen, jedoch einen Verfolgungsverzicht überhaupt nicht vorsehen. Desgleichen sieht das Übereinkommen auch nicht die Möglichkeit vor, in leichten Fällen das Verfahren einzustellen oder von einer Strafe abzusehen, wie das Artikel 19« Ziffer 2 BetmG tut. Aus diesem Grunde muss hier mittels Vorbehalt die künftige Anwendbarkeit des geltenden Rechts sichergestellt werden.

Absatz 5 enthält eine Liste von erschwerenden Umständen, welche soweit möglich, vom Richter bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sind. Das schweizerische Strafrecht kennt allgemein weite Strafrahmen, und die Strafzumessungsregeln von Artikel 63 ff. StGB erlauben es dem Gericht, den aufgelisteten Umständen Rechnung zu tragen.

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Absatz 6 verlangt von den Vertragsstaaten, deren Recht den Behörden ein Strafverfolgungsermessen einräumt, dass die Wirksamkeit der Strafrechtspflege nicht einer allzu grossziigigen Anwendung des Opportunitätsgrundsatzes geopfert wird. Zu diesem Zweck soll der effizienten Aufklärung'von Straftaten wie auch der dissuasiven Wirkung der Sanktionen gebührend Rechnung getragen werden. Das Übereinkommen möchte den Rechtsanwender darauf verpflichten, die Mittel des Strafrechts so einzusetzen, dass sic grösstmögliche Wirkung erlangen. Das Kriterium der «grösstmöglichen Wirksamkeit» ist indessen mehrdeutig. Die Strafrechtspflege hat neben dem Interesse an der Aufklärung der Straftat auch das Interesse an einer fairen, prozessförmigen Wahrheitsfindung zu wahren. Zu den Zwecken der Strafe gehört neben der Vergeltung von Schuld und der Verdeutlichung der Rechtsnormen heute in erster Linie die Verhütung künftiger Straftaten11. Neben den herkömmlicherweise aufgrund des Opportunitätsprinzips für einen Verfolgungsverzicht sprechenden Gründen, wie etwa der Geringfügigkeit von Unrecht und Schuld oder der Wahrung eines überwiegenden öffentlichen Interesses, kennt das schweizerische Recht im Betäubungsmittelrecht in Ansätzen eine durch spezialpräventive Überlegungen begründete Durchbrechung des Verfolgungszwanges. Für die Schweiz empfiehlt sich ein Vorbehalt, der klarstellt, dass Absatz 6 nach schweizerischem Verständnis die Ausübung des Opportunitätsprinzips nicht auf die herkömmlicherweise anerkannten Opportunita'tsgründe beschränkt.

Absatz 7 will, dass die Staaten dafür sorgen, dass beim Entscheid über die bedingte Entlassung die Schwere der Tat im Sinne von Absatz l mitberücksichtigt wird. Dieses Erfordernis ist aus der Sicht des schweizerischen Rechts nicht unproblematisch.

Artikel 38 Strafgesetzbuch verlangt für die bedingte Entlassung neben einer günstigen Prognose in zeitlicher Hinsicht die Mindestverbüssung von zwei Dritteln der Strafe. Damit wird mittelbar der Schwere der Tat bereits Rechnung getragen, weil sich die Dauer der Strafe nach der Schuld und damit unter anderem nach der vom Vorsatz umfassten objektiven Schwere der Tat bestimmt. Absatz 7 des Übereinkommens ist so zu verstehen, dass durch die Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe mittelbar die Tatschwere ausreichend Berücksichtigung findet,
und dass das schweizerische Recht somit den Anforderungen des Übereinkommens genügt. Eine Verpflichtung zur erneuten Berücksichtigung der Tatschwere im Rahmen der Prognose wäre nach schweizerischer Auffassung jedoch unzulässig. Ein Vorbehalt soll diesbezüglich Klarheit schaffen.

Absatz 8 legt den Mitgliedstaaten nahe, für Straftaten gemäss Absatz l lange Verjährungsfristen für die Strafverfolgung vorzusehen. Diesem Erfordernis entspricht die in Artikel 70 StGB vorgesehene Regelung. Allerdings sollte sich die Schweiz auch im Verjährungsbereich gleich wie in bezug auf die Strafen für Drogenhandel (Abs. 6) und die Kriterien für die bedingte Entlassung (Abs. 7) nicht von einem Betäubungsmittel-Übereinkommen zu Sonderrecht in einem zentralen Bereich nationaler Strafgesetzgebung verpflichten lassen. Deshalb ist auch hier ein Vorbehalt sinnvoll.

Artikel 4 Gerichtsbarkeit Absatz l Buchstabe a verlangt, bei den Straftaten gemäss Artikel 3 Absatz l als Mindestanforderung für den Geltungsbereich des nationalen Rechts das Temtorialitäts- und das Flaggenprinzip vorzusehen. Dieser Anforderung genügt die Bestimmung von Artikel 3 StGB, welche durch Vermittlung von Artikel 333 StGB auch » BGE 119 IV 126 621

auf das Betäubungsmittelgesetz anwendbar ist. Das Flaggenprinzip wird in den Bundesgesetzen über die Schiffahrt und über die Luftfahrt geregelt, Buchstabe b eröffnet an sich den Staaten die Möglichkeit, den Geltungsbereich ihres Rechts beträchtlich auszuweiten. Für die Schweiz besteht derzeit kein Anlass, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

Absatz2 Buchstabe a verpflichtet einen Vertragsstaat für den Fall, dass dessen Zuständigkeit aufgrund des Territorialitäts- oder des aktiven Personalitätsprinzips gegeben ist und der Täter auf seinem Gebiet angehalten aber nicht ausgeliefert wird, diesem gegenüber für Straftaten gemäss Artikel 3 Absatz l seine Strafgewalt auszuüben. Dieser Anforderung entspricht das schweizerische Recht: Ein Schweizer Bürger kann überhaupt nur mit seiner schriftlichen Einwilligung ausgeliefert werden. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, so muss die Schweiz ihm gegenüber aufgrund des aktiven Personalitätsprinzips ihre Strafgewalt ausüben. Das gleiche gilt aufgrund des Territorialitätsprinzips, wenn ein ausländischer Staatsangehöriger in der Schweiz eine Straftat begeht, er aber nicht ausgeliefert wird. Buchstabe b sieht fakultativ vor, dass ein Vertragsstaat für Straftaten im Sinne von Artikel 3 Absatz l unter dem Vorbehalt einer Auslieferung des Täters seine Zuständigkeit aufgrund des Weltrechtsprinzips begründen kann. Auch in diesem Fall hat die Schweiz keinen Anlass, diese vom Übereinkommen eröffnete Möglichkeit umfassend auszuschöpfen. Für die Straftatbestände von Artikel 19 Ziffern I und 2 BetmG ist nach Ziffer 4 dieser Bestimmung bereits nach geltendem Recht die Anwendbarkeit des schweizerischen Rechts zu bejahen, wenn die Tat im Ausland begangen wurde, der Täter in der Schweiz angehalten aber nicht ausgeliefert wird, und die gegenseitige Strafbarkeit gegeben ist. Damit kennt das BetmG bereits eine Regelung, welche zwischen dem reinen Universalitätsprinzip und der stellvertretenden Strafrechtspflege anzusiedeln ist.

Artikels Einziehung Absatz l verpflichtet die Vertragstaaten zur Einziehung von Deliktserträgen einerseits und von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen sowie entsprechenden Tatwerkzeugen andererseits. Diesen Anforderungen genügt das schweizerische Strafgesetzbuch mit Artikel 58.

Absatz 2 handelt von der Sicherstellung der Einziehung. Die
prozessualen Massnahmen der Ermittlung, des Einfrierens bzw. der Beschlagnahme ergeben sich aus dem kantonalen Strafprozessrecht. Zudem sieht nun Artikel 59 Ziffer 2 Absatz 3 StGB die Beschlagnahme auch für den Sonderfall der Sicherung einer Ersatzforderung ausdrücklich vor.

Absatz 3 verpflichtet auch zur Sicherstellung von Bank-, Finanz- oder Geschäftsunterlagen. Die Vertragsparteien können sich dieser Verpflichtung nicht unter Berufung auf das Bankgeheimnis entziehen. Das schweizerische Bankgeheimnis (Art. 47 des Bankengesetzes; SR 952.0) behält die eidgenössischen und kantonalen Vorschriften über die Zeugnis- und Auskunftspflichten gegenüber Behörden ausdrücklich vor'>.

Absatz 4 zwingt die Vertragsstaaten, dafür zu sorgen, dass sie international wirksam zusammenarbeiten können. Sie müssen insbesondere in der Lage sein, gestützt auf Ersuchen einer anderen Vertragspartei, entweder ein eigenes innerstaatliches Einziehungsverfahren einzuleiten oder den ausländischen Einziehungsentscheid » Vgl. BGE 115 It> 83 Eb oder 112 III 9 622

direkt zu vollstrecken. Der Schweiz bieten diese Verpflichtungen keine Probleme; sie verfügt über die entsprechenden rechtlichen Grundlagen1).

Absatz 5 stellt klar, dass ein Vertragsstaat über eingezogene Erträge oder Vermögensgegenstände nach seinem innerstaatlichen Recht verfügen kann.

Absatz 6 unterstellt anstelle der ursprünglich zugeflossenen Werte auch deren Surrogate der Einziehung. Sind Erträge des Drogenhandels mit rechtmässig erworbenen Werten vermischt worden, so können sie bis zum Schätzwert der Erträge eingezogen werden (Bst. b). Die am 1. August 1994 in Kraft getretenen neuen Einziehungsbestimmungen (Art. 58 f. StGB) vermögen diesen Anforderungen zu genügen2J.

Erträge von illegal erworbenen Vermögenswerten können ebenfalls der Einziehung unterliegen (Bst. c).

Absatz 7 regt an, bezüglich des Nachweises der Herkunft von zweifelhaften Vermögenswerten eine Umkehr der Beweislast zu prüfen, überlässt die Befolgung der Anregung aber dem Belieben der Vertragstaaten. Artikel 59 Ziffer 3 StGB trägt dieser Anregung Rechnung.

Absatz 8 behält die Rechte gutgläubiger Dritter vor.

Das geltende schweizerische Recht schützt mit Artikel 59 Ziffer l StGB3) die Rechte Dritter ausreichend.

Artikel 6 Auslieferung Er beschränkt sich bei der Regelung- der Auslieferung auf die in Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten (Abs. 1). Grund dafür ist der Umstand, dass sich verschiedene Staaten im Zusammenhang mit den Vorbereitungshandlungen für den Eigenkonsum (Art. 3 Abs. 2) nicht zur Auslieferung verpflichten wollten. Die Straftaten nach Artikel 3 Absatz l gelten automatisch als in alle zwischen den Vertragsstaaten bereits abgeschlossenen Auslieferungsverträge integriert und als auslieferangspflichtig für alle künftigen Verträge (Abs. 2, 3 und 4). Damit wird eine einheitliche Grundlage für eine gemeinsame Auslieferungspolitik geschaffen, die einen wichtigen Pfeiler der Missbrauchsbekämpfung darstellt. Der Umfang und die Bedingungen der Auslieferung richten sich nach dem Recht der ersuchten Vertragspartei.

Bei ausländischen Auslieferungsersuchen gelten die Verweigerungsgründe und je nach Auslieferungsfall die erforderlichen Vorbehalte gemäss Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz IRSG)4>. In Übereinstimmung mit dem europäischen Auslieferungsübereinkommen und dem
Rechtshilfegesetz kann die Auslieferung verweigert werden bei Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit oder politischer Anschauungen. Sodann werden ein beschleunigtes Auslieferungsverfahren und erleichterte Auslieferungsmodalitäten unter den Vertragsparteien angestrebt (Abs. 7).

Das gilt vor allem für die Staaten des «Common law», die für die Auslieferung ein Beweisdossier verlangen, dessen Zusammenstellung für Länder des «Civil law» grosse Schwierigkeiten bietet. Provisorische Massnahmen, wie die Anordnung der

" Bundesbeschluss vom 2. März 1993 über das Übereinkommen Nr. 141 des Europarates über die Geldwäscherei sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten; AS 1993 2384, sowie AS 1994 I614f.; vgl. dazu die Ausführung in der Botschaft, BB11992 VI 21 ff.

2) Siehe Fussnote 5 » AS 1994 16I4f.

4 > SR 351.1

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provisorischen Auslieferungshaft, sind auf Begehren der ersuchenden Partei möglich (Abs. 8). Diese Bestimmung entspricht dem schweizerischen Auslieferungsrecht und ist in der Praxis von grosser Bedeutung. Wenn eine Vertragspartei jemanden nicht ausliefert, muss sie ihn den eigenen Strafverfolgungsbehörden vorführen nach dem Prinzip «aut dere aut judicare» (Abs. 9). Damit soll verhindert werden, dass Kriminelle von bestimmten Verweigerungsgründen des Auslieferungsrechtes profitieren und sich z. B. wegen ihrer Staatsangehörigkeit einem Strafverfahren entziehen können. Schliesslich wird den Vertragsparteien empfohlen, mit zwei- oder mehrseitigen Übereinkommen die Strafvollstreckung und Überstellung von Strafgefangenen zu fördern. Damit sollen die Entwicklung des internationalen Auslieferungsrechts beeinflusst und weltweit möglichst enge und effiziente Auslieferungsbeziehungen angeregt werden.

Artikel 7 Rechtshilfe Artikel 7 regelt ausführlich und weitgehend zwingend das Gebiet der Rechtshilfe, wie sie im europäischen Rechtshilfeübereinkommen umschrieben ist. Er verstärkt und ergänzt die bestehenden Instrumente. Er steht im Einklang mit dem Rechtshilfegesetz und den von der Schweiz abgeschlossenen bi- und multilateralen Rechtshilfeverträgen. Der Begriff der «Rechtshilfe» wird anhand einer nicht abschliessenden Liste von zum Teil zwingenden Rechtshilfehandlungen ausgeführt (Abs. 1).

Darüber hinaus ist freiwillige Rechtshilfe entsprechend dem Landesrecht der ersuchten Partei möglich (Abs. 3). Das Bankgeheimnis ist kein Rechtshilfeverweigerungsgrund (Abs. 5). Für die Schweiz, die im Rahmen der Strafrechtshilfe . bereits das Bankgeheimnis lüftet, bietet diese Bestimmung keine Probleme1'.

Eine beachtliche Neuerung auf dem Gebiet der weltweiten Strafrechtshilfe ist die grundsätzliche Abschaffung des diplomatischen Weges. Absatz 8 fordert die Schaffung einer zentralen Behörde, die zum direkten Verkehr mit dem Ausland befugt ist. Für die Schweiz, wo das Bundesamt für Polizeiwesen diese Funktion bereits innehat, ist dies nichts Neues. Die Vertragsparteien legen die Kompetenzen dieser Behörde fest. Denkbar sind eine reine Übermittlungsbehörde, die die Rechtshilfeersuchen an die zuständige Vollzugsinstanz weiterleitet, oder aber eine eigentliche Vollzugsbehörde, die die Ersuchen selbständig vollzieht. Die
Schweiz wird von beiden Möglichkeiten Gebrauch machen, je nachdem, ob der Rechtshilfevertrag mit den USA zur Anwendung kommt oder nicht. Form und Inhalt von Rechtshilfeersuchen sind näher ausgeführt in den Absätzen 9-11. Neu ist in dringenden Fällen die Möglichkeit mündlicher Ersuchen bei unmittelbarer schriftlicher Bestätigung und Zustimmung beider Vertragsparteien.

Verankert wird im übrigen der Grundsatz, dass Ersuchen gemäss dem Prozessrecht der ersuchten Partei vollzogen werden (Abs. 12). So müssen Wünsche betreffend spezielle Verfahren (beispielsweise Affidavit, cross-examination) nur dann honoriert werden, wenn sie dem Recht der ersuchten Vertragspartei nicht entgegenstehen und möglich sind. Die ersuchende Vertragspartei darf erhaltene Informationen oder Beweismittel nur.mit vorheriger Zustimmung der ersuchten Vertragspartei für andere Zwecke verwenden oder weitergeben. Damit wird erstmals in einem UNOÜbereinkommen im wesentlichen die schweizerische Konzeption des Spezialitätsprinzips übernommen. Die Gründe für eine Ablehnung von Rechtshilfeersuchen werden in Absatz 15 nur summarisch aufgeführt. Bestimmungen über das freie Geleit von Zeugen, Sachverständigen oder anderen Personen, die sich bereit erklärt » BGE 115 Ib 83 E b

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haben, vor den zuständigen Behörden der ersuchenden Vertragspartei zu erscheinen, figurieren erstmals in einem UNO-Übereinkommen und tragen zur Verbesserung der Beweismittelbeschaffung bei (Abs. 18).

Artikel 8 Übertragung von Verfahren zur Strafverfolgung Er regt die Möglichkeit der Übertragung der Strafverfolgung als erweiterte Art von Rechtshilfe an. Drogendelikte des organisierten Verbrechens betreffen erfahrungsgemäss oft mehrere Staaten. Die Übertragung der Strafverfolgung kann in derartigen Fällen sowie dort, wo die Auslieferung unmöglich oder nicht opportun ist, sinnvoll sein. Das schweizerische Rechtshilfegesetz regelt in den Artikeln 85-93 die stellvertretende Strafverfolgung.

Artikel 9 Andere Formen der Zusammenarbeit und Ausbildung Er handelt von einer die Rechtshilfe im engeren Sinne ergänzenden internationalen Hilfe bzw. Zusammenarbeit und Ausbildung. Besonders im Verhältnis zu Staaten mit angelsächsischer Rechtstradition, welche in ihren Verfahren das Institut des Untersuchungsrichters nicht kennen, erweisen sich die Rechtshilfebestimmungen des Übereinkommens häufig als ungenügend. Angesprochen ist im besonderen die Zusammenarbeit zwischen den strafrechtlichen oder verwaltungsrechtlichen nationalen Instanzen, die sich speziell mit der Bekämpfung des unerlaubten Verkehrs von Betäubungsmitteln und psychotropen Substanzen beschäftigen. Mit Hilfe von Vereinbarungen oder Abmachungen, auch informeller Art, soll die Zusammenarbeit so direkt und effizient als möglich ausgestaltet und ständig verbessert werden.

Absatz l Buchstaben'a bis e listen besonders wichtige Teilbereiche auf. Sodann verpflichten sich die Vertragsparteien, auch auf dem Gebiet der Ausbildung und ständigen Weiterbildung tätig zu werden (Abs. 2).

Artikel 10 Internationale Zusammenarbeit und Hilfe für Transitstaaten Die Vertragsparteien sollen zusammenarbeiten, um Transitstaaten zu unterstützen.

Der Ausdruck «Transitstaat» hat viel zu reden gegeben. Man versteht darunter einen Staat, auf dessen Territorium unerlaubte Substanzen der Tabellen I und II verschoben werden und der weder Ursprungsland noch Bestimmungsland ist. Weil Transitstaaten oft Entwicklungsländer sind, müssen Hüfsmassnahmen auch diesem Umstand Rechnung tragen. Es sind drei Arten von Hilfeleistung angesprochen, nämlich die technische Zusammenarbeit, die
Finanzierung von Bekämpfungsmassnahmen und mehrseitige Abkommen zur'Verhinderung von Drogendurchfuhren.

Artikel U Kontrollierte Lieferung Er verpflichtet die Vertragsstaaten, sofern die Grundsätze ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung es zulassen, zur internationalen behördlichen Überwachung von unerlaubten oder verdächtigen Betäubungsmittelsendungen zwecks Ermittlung von Straftätern.

Artikel 12 Vorläuferstoffe Die für die Herstellung von Betäubungsmitteln und psychotropen Substanzen häufig verwendeten Stoffe gemäss Artikel 12 sind in den Tabellen I und II aufgeführt.

Das Vorgehen für die Unterstellung von Stoffen unter die Kontrolle gemäss Tabelle I und II wird genau umschrieben (Abs. 2-4). Es lehnt sich weitgehend an das Unterstellungsverfahren für psychotrope Stoffe an. Für den Unterstellungsbeschluss braucht es eine Zwei-Drittels-Mehrheit der Mitglieder der internationalen

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Betäubungsmittelkommission (Abs. 5). Rekursinstanz ist der Wirtschafts- und Sozialrat der UNO (Abs. 7).

Die Vertragsparteien verhindern mit zweckmässigen Massnahmen die Abzweigung von Vorläuferstoffen zur illegalen Herstellung von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen. Nötig ist die Einrichtung eines nationalen Systems zur Überwachung der Herstellung und Verteilung von Vorläuferstoffen (Abs. 8). Für die Kontrolle des internationalen Handels braucht es ein Überwachungskonzept, das die Aufdeckung verdächtiger Transaktionen erleichtert (Abs. 9). Gedacht wurde dabei v. a. an die systematische statistische Erfassung von Ein- und Ausfuhren sämtlicher aufgelisteter Stoffe. Der Zusammenarbeit mit Industrie und Handel kommt nach dem Konzept des Übereinkommens eine wesentliche Rolle zu, Von der Privatwirtschaft wird erwartet, dass sie auch ohne eine öffentlich-rechtliche Meldepflicht die Behörden über verdächtige Transaktionen informiert. Eine privatrechtliche Lösung der involvierten Branche genügt dem Erfordernis durchaus.

Verdächtige Lieferungen müssen beschlagnahmt und die entsprechenden Behörden der betroffenen ausländischen Staaten vom Verdacht unterrichtet werden. Interessierte Länder können die vorgängige Ankündigung (Prä'notifikation) von Exporten verlangen, sofern diese aus Vorläuferstoffen im engeren Sinne bestehen (Abs. 10).

Nicht erfasst werden dabei die in grossen Mengen produzierten Basischemikalien, die zur Herstellung von Kokain und Heroin notwendig sind. Insgesamt verbleiben die Mechanismen von Artikel 12 verhältnismässig unverbindlich.

Dieser Umstand hat denn auch verschiedene internationale Gremien zu eigenen Vorstössen veranlasse Während die «Model Régulations to Contrai Precursor Chemicals and Chemical Substances» der Organisation Amerikanischer Staaten von 1990 wesentlich über das Übereinkommen von 1988 hinausgehen, sucht die «Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften (Nr. 3677/90) vom 13. Dezember 1990» nach verbindlicheren Inhalten auf der Grundlage des Übereinkommens von 1988. Am weitesten vorangebracht wird die Entwicklung indes durch die vom Gipfel der grössten westlichen Industrienationen (G7) von Houston am 11. Juli 1990 ins Leben gerufene Chemical Action Task Force (CATF). Der Bericht der CATF enthält in 46 Empfehlungen die Grundzüge einer eingreifenden,
weltweiten Vorläuferkontrolle. Bei der Erarbeitung dieser Empfehlungen hat auch eine Schweizer Delegation mitgewirkt. Die Empfehlungen sind nicht Bestandteil des vorliegenden Übereinkommens. Sie sind rechtlich auch nicht verbindlich. Allerdings kann sich die Schweiz als eines der bedeutendsten Chemieländer und als weltdrittgrösster Pharmaexporteur im Einklang mit der internationalen Staatengemeinschaft der Umsetzung der CATF-Empfehlungen nicht entziehen. Der Bundesrat hat bereits am 9. März 1992 beschlossen, die Empfehlungen der CATF im Rahmen der Folgearbeiten zur Ratifikation des vorliegenden Übereinkommens umzusetzen.

Die CATF bemüht sich, in einer chemisch-wirtschaftlich motivierten Einteilung in drei kritische Stoffklassen die Grundlage einer differenzierten Kontrolliste zu legen. Während die in geringen Mengen gehandelten Vorläuferstoffe im engeren Sinne einer strengen Kontrolle unterworfen werden sollen, lassen sich die Vorläuferstoffe im weiteren Sinne schon wegen ihres Handelsvolumens nur im Export nach bestimmten Zielländern oder -regionen kontrollieren («target country»-Modell). Vorläuferstoffe im engeren Sinne sind Stoffe, die an sich nicht abhängig machen, aber in Betäubungsmittel überführt werden können. Zu den Vorläuferstoffen im weiteren Sinne sodann gehören Basisstoffe wie Säuren, Basen und organische Lösungsmittel, die sich wohl zur Herstellung von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen eignen, aber im Gegensatz zu den Vorläuferstoffen im 626

engern Sinne nicht im Endprodukt enthalten sind. Die Empfehlungen der CATF setzen für die wirksame Überwachung der Vorläuferstoffe eine Zusammenarbeit zwischen den Vollzugsbehörden einerseits und den Fachorganisationen von Industrie und Handel anderseits voraus. Sowohl die Firmen der chemischen und pharmazeutischen Industrie als auch die Handelsfirmen sowie die Apotheken und Drogerien sind daran interessiert, nicht unbewusst in Geschäfte verwickelt zu werden, die auf die illegale Herstellung von Betäubungsmitteln gerichtet sind. Seit mehreren Jahren haben die Branchenorganisationen Massnahmen ergriffen, um sich eigenverantwortlich entsprechend zu schützen. Diese Massnahmen erwiesen sich als erfolgreich.

Artikel 3 Absatz l BetmG ist bereits anlässlich der Revision vom 24. März 1995 0 ergänzt worden, um auch die Vorläufer im weiteren Sinne zu erfassen, die in der chemischen Synthese häufig und in grossen Mengen Verwendung finden. Die Mitwirkung von privaten Organisationen bei der Überwachung von Vorläuferstoffen im engeren und weiteren Sinne ist in Absatz 4 derselben Bestimmung verankert.

Damit ist dem Übereinkommen in diesem Punkte schon Genüge getan.

Artikel 13 Material und Gerät Er verpflichtet die Vertragsstaaten, den Handel mit Ausgangsstoffen und Ausrüstungen für die illegale Drogenherstellung zu unterbinden.

Artikel 14 Ausmerzungsmassnahmen Er beinhaltet die Verpflichtung zur Ausrottung der illegalen Kulturen. Die Vertragsstaaten sind gehalten, den Anbau von unerlaubten Kulturen zu verhindern und bestehende Kulturen auszurotten. Sie müssen dabei allerdings überlieferten Traditionen angemessen Rechnung tragen. Gleichermassen soll bei den Ausrottungsmassnahmen die Umwelt geschont werden. Die Zusammenarbeit unter den Vertragsstaaten zum Zwecke der Ausrottung kann etwa in der Entwicklung von geeigneten, dem betreffenden Land aufgrund seiner Gegebenheiten entsprechenden Ersatzkulturen bestehen. In Betracht kommt auch ein Erfahrungsaustausch in der Wissenschaft, Technik und Forschung hinsichtlich der Ausrottung und gemeinsame Ausrottungsaktionen entlang gemeinsamer Grenzen.

Artikel 15-20 Transporte zu See und per Post, Freihäfen Die Artikel 15-20 regeln verschiedene Aspekte der Betäubungsmitteltransporte. So sind Beförderungsunternehmer zu verpflichten, keine unerlaubten Sendungen zu transportieren,
ihr Personal im Erkennen von Drogentransporten auszubilden, den Behörden Ladeverzeichnisse vorzulegen oder verdächtige Sendungen zu melden (Art. 15). Rechtmässige Ausfuhren von Betäubungsmitteln müssen mit ordnungsgemässen und wahrheitsgetreuen Unterlagen versehen sein und den Absender, den Empfänger und die transportierte Menge angeben (Art. 16).

Der unerlaubte Verkehr auf der See ist nach Massgabe des Internationalen Seevölkerrechts zu bekämpfen. Die Vertragsparteien können bei unerlaubten Frachten auf Schiffen unter eigener Flagge Hilfe beanspruchen und bei Schiffen unter fremder Flagge den Flaggenstaat um Ermächtigung zum Eingreifen ersuchen. Bei Massnahmen dürfen menschliches Leben auf See, die Sicherheit des Schiffes und die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen des Flaggenstaates nicht beeinträchtigt werden. Ebenso müssen die Hoheitsbefugnisse der Küstenstaaten respektiert werden

» Vgl. BB11995 II 389; AS ...

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(Art. 17), Für Freihandelszonen und Freihäfen sind Überwachungsmassnahmen vorzusehen. Auch die Benützung des Postweges für den unerlaubten Verkehr soll mit Hilfe von Vorschriften und Massnahmen verunmöglicht werden (Art. 18 und 19).

Die Vertragsparteien sind verpflichtet, der Betäubungsmittelkommission über den Generalsekretär über die Anwendung des Übereinkommens in ihrem Hoheitsgebiet zur rapportieren und die Ausführungsgesetzgebung vorzulegen (Art. 20).

Artikel 21 und 22 Aufgaben der Kommission, und des Organs Die Frage der Überwachung des Übereinkommens und wem diese Aufgabe zufalle, gab in der Bevollmächtigtenkonferenz zu langen und kontroversen Diskussionen Anlass, Während die Entwicklungsländer - und insbesondere die südamerikanischen unter ihnen - sich jeder Überwachung wegen deren Strafcharakters widersetzten, erachtete die Gruppe der westlichen Staaten eine Überwachung als Garant für eine wirksame Anwendung des Übereinkommens. Für eine Überwachung durch das Organ wurde ins Feld geführt, dass es bereits beim Einheits-übereinkommen diese Aufgabe mit Erfolg wahrnehme und dass seine Zusammensetzung aus 13 unabhängigen Experten eher dazu angetan sei, eine Überwachung mit politischem Charakter zu vermeiden. Anderseits wurde zugunsten der Betäubungsmittelkommission vorgebracht, dass das vorliegende neue Übereinkommen im Gegensatz zu früheren, nicht den erlaubten, sondern den unerlaubten Betäubungsmittelverkehr betreffe und seiner Strafbestimmungen wegen eine neue Dimension aufweise, für deren Überwachung das Organ nicht so geeignet sei. Die Betäubungsmittelkommission, die dem Wirtschafts- und Sozialrat unterstellt sei und die Vertreter von 40 Staaten umfasse, gebe für die Überwachung eine breitere politische Grundlage ab und sei auch eher zuständig. Die in den Artikeln 21 und 22 getroffene Lösung ist ein Kompromiss, der sich aufgrund der vorgängig dargelegten Standpunkte ergeben hat.

Der Betäubungsmittelkommission obliegt es, alle Fragen, die Ziele des Übereinkommens betreffen, zu behandeln. Sie überprüft insbesondere aufgrund der von den Vertragsparteien gelieferten Angaben die Wirkungsweise und macht dementsprechende Anregungen oder gibt allgemeine Empfehlungen ab (Art. 21), Das Organ kann im Rahmen seiner Zuständigkeit, wenn Grund zur Annahme besteht, dass bestimmte Ziele des Übereinkommens
nicht verwirklicht werden, eine Vertragspartei zur Einreichung einschlägiger Angaben auffordern. Bei den Vorläufern und der Kennzeichnung rechtmässiger Ausfuhren kann es Abhilfemassnahmen verlangen und im Unterlassungsfall den Wirtschafts- und Sozialrat und die Betäubungsmittelkommission darüber orientieren (Abs. 1). Das entspricht sinngemäss seiner Überwachungsfunktion gemäss dem Einheits-übereinkommen. Nicht verantwortlich ist das Organ hingegen für die Durchführung von Verträgen gemäss Übereinkommen und für die Beilegung von Streitigkeiten über die Auslegung des Übereinkommens unter den Vertragsparteien (Abs. 6 und 7).

Die Artikel 26-31 regeln die Unterzeichnung, die Ratifikation, den Beitritt, das Inkrafttreten, die Kündigung und Änderungen des Übereinkommens. Sie entsprechen der aktuellen Praxis, die der Generalsekretär der UNO als Depositar von multilateralen Übereinkommen befolgt. Das Übereinkommen lag vom 20. Dezember 1988 bis 28. Februar 1989 (verlängert bis 6. März) im Büro der UNO in Wien und danach bis 20. Dezember 1989 am Sitz der UNO in New York zur Unterzeichnung auf. Mit Rücksicht auf die zeitliche Dringlichkeit trat das Übereinkommen am 90. Tag nach Hinterlegung der 20. Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde am l I.November 1990 in Kraft. Für Staaten und Organisationen, 628

·ï

die dieses Übereinkommen danach ratifizieren, tritt es am 90. Tag nach Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunde in Kraft (Art. 29). Eine Kündigung ist jederzeit durch schriftliche Notifikation an den Generalsekretär möglich. Sie wird ein Jahr nach Notifikationseingang wirksam (Art. 30). Auch Änderungsvorschläge sind durch Vermittlung des Generalsekretärs jederzeit möglich. Sie gelten als angenommen, sofern keine Vertragspartei sie innerhalb von 24 Monaten ablehnt. Sie treten für eine Vertragspartei 90 Tage nach Hinterlegung der Urkunde in Kraft, die die Zustimmung ausdrückt, durch die Änderung gebunden zu sein (Art. 31).

Die Frage der Zulässigkeit von Vorbehalten wurde auch im Zusammenhang mit den Schlussbestimmungen diskutiert. Während gewisse Delegationen sich für ein ausdrückliches Verbot von Vorbehalten aussprachen, waren andere der Meinung, dass Vorbehalte, die nicht gegen den Inhalt oder Zweck des Übereinkommens verstossen, zulässig sein sollten. Auf eine Regelung der Frage wurde schliesslich deshalb verzichtet, weil es fast nicht möglich war, alle diejenigen Artikel aufzulisten, gegen die Vorbehalte gestattet oder nicht gestattet sein sollten. Es besteht aber aufgrund der Wiener Konvention von 1969 über das Recht der Verträge die Meinung, dass Vorbehalte entsprechend dem Internationalen Recht formuliert werden können IJ.

Artikel 32 Beilegung von Streitigkeiten Er sieht für die Beilegung von Streitigkeiten über die Anwendung oder Auslegung des Übereinkommens in erster Linie friedliche Mittel nach Wahl der Vertragsparteien vor. Erst in zweiter Linie ist die Streitigkeit auf Antrag einer beteiligten Vertragspartei dem Internationalen Gerichtshof vorzulegen. Dieser Gerichtsweg kann bei der Ratifikation ausdrücklich ausgeschlossen werden (Abs. 4).

4

Art und Tragweite der für die Schweiz entstehenden Verpflichtungen

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Art der völkerrechtlichen Verpflichtung

Das vorliegende Übereinkommen dient vor allem der besseren internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen den illegalen Handel und der Verfolgung von Vermögensdelikten im Zusammenhang mit illegalem Drogenhandel. Der Inhalt der völkerrechtlichen Verpflichtungen, welche der Schweiz aus der Ratifikation erwachsen, ist bereits oben im Zusammenhang mit den einzelnen Bestimmungen des Übereinkommens dargestellt worden. Es stellt sich nunmehr die Frage, ob die Bestimmungen im schweizerischen Recht direkt anwendbar («self-executing») sind oder ob sie erst der Konkretisierung durch den Gesetzgeber bedürfen.

Wie alle internationalen Verträge wird das Übereinkommen Bestandteil der schweizerischen Rechtsordnung, sobald es für unser Land in Kraft getreten ist. Die direkte Anwendbarkeit eines internationalen Vertrages bedeutet, dass die daraus iliessenden Rechte vor dem Inkrafttreten vor den schweizerischen Behörden geltend gemacht werden können. Direkt anwendbar sind Bestimmungen, die - «im Gesamtzusammenhang sowie im Lichte von Gegenstand und Zweck des Vertrages

l)

Vgl. Botschaft vom 17. Mai 1989 betr. den Beitritt der Schweiz zur Wiener Konvention von 1969 über das Recht der Verträge und zur Wiener Konvention von 1986 über das Recht der Verträge zwischen Staaten und Internationalen Organisationen oder zwischen Internationalen Organisationen, BEI 1989 II 770 ff.

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betrachtet - voraussetzungslos und genügend bestimmt sind, um auf einen konkreten Sachverhalt angewendet werden und Grundlage für eine Entscheidung bilden zu können» '>.

Das Übereinkommen verpflichtet die Vertragsparteien zur Verwirklichung der im einzelnen umschriebenen Massnahmen im gemeinsamen Kampf gegen den Drogenmissbrauch und den Drogenhandel. Dem gegenüber enthält es keine Rechte oder Pflichten des einzelnen. Die Vorschriften richten sich vielmehr an die Vertragsstaaten. Diese sind gehalten, im Landesinnern und im nationalen Recht, das Nötige vorzukehren. Angesprochen ist nicht der einzelne, sondern der Gesetzgeber der Vertragsparteien. Dieser ist gehalten, die Vertragsbestimmungen als Richtlinien für die Gesetzgebung zu befolgen. In Ermangelung von subjektiven und Justitiaren Rechten kann das Übereinkommen nach der konstanten Rechtsprechung des Bundesgerichtes, vor schweizerischen Verwaltungs- und Gerichtsbehörden nicht direkt angerufen werden2*.

42

Vorbehalte bezüglich Artikel 3 Absätze 2, 6, 7 und 8

Wie bereits unter Ziffer 321 erwähnt, beinhaltet Artikel 3 in den Absätzen 2, 4, 6, 7 und 8 Verpflichtungen, die für unser Land nicht unproblematisch sind.

So erfasst Absatz 2 als Straftatbestand neu auch den Anbau, Erwerb und Besitz zum Eigenkonsum. Das Übereinkommen gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen von 1988 geht in dieser Hinsicht weiter als das Einheits-übereinkommen von 1961. Demgegenüber bleibt der Eigenkonsum weiterhin straffrei. Der aus internationaler Sicht straffreie Konsument soll, wenn er bei Konsumvorbereitungshandlungen erwischt wird, dafür bestraft werden.

Das schweizerische Betäubungsmittelgesetz stellt in Artikel I9a, Ziffer l den unbefugten Konsum und dessen Vorbereitung unter Strafe, lässt dann aber in Ziffer 2 oder 3 in leichten Fällen oder bei ärztlicher Betreuung des Konsumenten Strafbefreiung zu. Der Gesetzgeber hat die Konsumbestrafung anlässlich der Revision des Betäubungsmittelgesetzes von 1975 eingeführt, aus der Überlegung, dass der Konsument ohnehin nicht straflos ausgehe, sondern für das unbefugte Herstellen, Erwerben oder Besitzen von Betäubungsmitteln zum Eigenkonsum bestraft werde.

Es wurden deshalb einerseits der Eigenkonsum und dessen Vorbereitung neu als Übertretungstatbestände aufgenommen und andererseits unter bestimmten Voraussetzungen (in leichten Fällen oder bei ärztlich beaufsichtigter Betreuung des Täters) für sie Straflösigkeit vorgesehen.

Artikel 19& BetrnG sieht überdies eine Straflösigkeit für denjenigen vor, der seinen Konsum nur vorbereitet oder Betäubungsmittel zum gleichzeitigen Konsum unentgeltlich abgibt. Weil nach geltendem schweizerischem Recht die Vorbereitung des Konsums damit nicht in jedem Fall zwingend strafbar ist, ergibt sich eine Diskrepanz zu Artikel 3 Absatz 2 des Übereinkommens. Artikel 3 Absatz l schränkt den

" Vgl. Botschaft vom 2. März 1992 über den Beitritt der Schweiz zum internationalen Übereinkommen von 1965 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung und über die entsprechende Strafrechtsrevision, BB11992 III 288 2> Botschaft vom 30. Januar 1991 betr. Beitritt der Schweiz zu den beiden internationalen Menschenrechtspakten von 1966 und zu einer Änderung des Bundesrechlspflegegesetzes, BEI 19911 1189ff., insbesondere S. 1202f.

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innerstaatlichen Handlungsspielraum in der Drogenpolitik zudem insofern ein, als er jeden Handel mit Betäubungsmitteln verbietet und damit der allfälligen Einführung einer Straflösigkeit für den Kleinhandel zur Finanzierung des Eigenkonsums entgegensteht. Vor dem Hintergrund der aktuellen Drogenprobleme in der Schweiz hat der Bundesrat am 7. September 1994 die Einsetzung einer Expertenkommission zur Prüfung einer Revision des geltenden Betäubungsmittelgesetzes veranlasst.

Diese Kommission prüft u. a. die Frage der Strafbarkeit des Konsums von Betäubungsmitteln und seiner Vorbereitungshandlungen. Will die Schweiz die Straflösigkeit von Anbau, Erwerb und Besitz zum Eigenkonsum von Betäubungsmitteln sich weiterhin offen halten, muss sie einen Vorbehalt zu Artikel 3 Absatz 2 des Übereinkommens machen. Wollte sie zudem, was der Bunderat nicht für opportun erachtet, die Straflösigkeit für den Kleinhandel, der zur Finanzierung des Eigenkonsums dient, zulassen, wäre auch ein Vorbehalt zu Artikel 3 Absatz l anzubringen. Bei einem solchen Vorbehalt stellt sich indes die Frage nach einer Zulässigkeit, da er als Kernstück des Übereinkommens betrachtet wird. Die Strafrechtsprofessoren Mark Pieth, Institut für Rechtswissenschaft der Universität Basel, und Guido Jenny, Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Bern, bejahen seine Zulässigkeit in ihren Stellungnahmen zuhanden des Bundesamtes für Gesundheitswesen vom 5. September 1995 bzw. vom 31. August 1995. Mark Pieth stellt sich auf den Standpunkt, dass der Kerngehalt von Artikel 3 Absatz l in der Bekämpfung des internationalen organisierten Betäubungsmittelhandels besteht und dass Vorbehalte, die bloss Bagatellfälle (Kleinhandel des Konsumenten) ausschliessen, diesen Kern nicht tangieren ". Nach Guido Jenny sodann sollte die Frage, «ob ein Vorbehalt das Kernstück des Abkommens berührt, jedoch nicht nach formalen Gesichtspunkten beurteilt werden, sondern allein danach, wie sehr (oder wie wenig) er in dessen materiellen Grundgehalt eingreift. Nach dieser Massgabe ist nicht ersichtlich, wie im Vorbehalt bloss des Bagatellprinzips eine wesentliche

11

Seiner Meinung nach geht bereits aus den Vorarbeiten und den Kommentierungen zum Übereinkommen «klar hervor, dass das Ziel der 88er Konvention, über die bereits bestehenden UNO-Übereinkommen hinaus, der konzertierte Angriff auf den international organisierten Betäubungsmittelhandel ist. Bestimmungen zum Betäubungsmittelhandel (Art. 3 Abs. l Bst. a), zur Geldwäscherei (Art. 3 Abs. l Bst. b und c), zur Einziehung (Art. 5) und zum Handel mit chemischen Vorläufersubstanzen und Gerätschaften zur Herstellung von Betäubungsmitteln (Art. 12) sollen eine internationale Harmonisierung des materiellen Rechts herbeiführen; Bestimmungen zur Verbesserung der Fahndungsmethoden und der Kontrolle von Transportwegen (z. B. zur kontrollierten Lieferung in Art. 11 oder zum Vorgehen auf hoher See, in Freihandelszonen und Freihäfen gemass Art. 17 und 18) sollen zusammen mit den Grundsätzen zur Rechtshilfe (Art. 7) und Auslieferung (Art. 6) die internationale Kooperation gegen den weltweit organisierten Drogenhandel sicherstellen.

Demgegenüber gehören nicht zu den Kernfragen dieser Konvention, wie die einzelnen Länder mit Betüubungsmittelabhänglgen und Drogenkonsumenten überhaupt umgehen. Das Interesse der 88er Konvention gilt weitestgehend der internationalen Makrokriminalität ...

Dass in Artikel 3 Absatz 2 auch die Bestrafung von Vorbereitungshandlungen zum Konsum gefordert wird, geht auf einen Vorstoss einiger südamerikanischer Länder (namentlich Mexiko) zurück, die die Verantwortung für die Drogenproblematik nicht einseitig den Produzentenstaaten zugewiesen wissen wollten. Diese Einfügung der letzten Stunde> (in der letzten Expertensitzung im Sommer 1988) stellt eine politische Konzession an die Produzentenstaaten dar, ist aber keineswegs als Kernaussage des Übereinkommens anzusehen.»

631

Beeinträchtigung der Geltungskraft und der grundlegenden Ziele des Art, 3 Abs. l oder gar des Übereinkommens insgesamt liegen könnte» IJ .

Absatz 4 fordert angemessene Bestrafung. Er lässt auch Strafe in Verbindung mit Massnahmen oder in leichten Fällen Massnahmen allein zu. Das Übereinkommen enthält punkto Behandlungs-, Aufklärungs-, Rehabilitations- oder Wiedereingliederungsmassnahmen einen weiten Ermessensspielraum, der sowohl Methadonprogramme wie die ärztliche Verschreibung von anderen Betäubungsmitteln zulässt.

Absatz 4 geht demnach bezüglich kurativer Massnahmen anstelle von Strafen weiter als das geltende Betäubungsmittelgesetz, lässt aber umgekehrt keine generelle Straflösigkeit zu.

Mit Vorbehalten zu Artikel 3, Absätze 2, 6, 7, 8 soll klargestellt werden, dass sich die Schweiz bei geringem Unrecht oder geringer Schuld des Täters den Verzicht auf die Strafbarkeit vorbehalten will, um die Beibehaltung des geltenden Betäubungsmittelgesetzes sicherzustellen sowie den Freiraum für eine allfällige Straffreiheit bei Vorbereitungshandlungen zu erhalten. Die Schweiz will damit auch sicherstellen, dass Vorkehren zur Prävention und ein diversifiziertes Therapieangebot Massnahmen im Einzelfall ersetzen können.

Hinsichtlich des in Absatz 6 erwähnten Opportunitätsprinzips empfiehlt sich für die Schweiz ebenfalls ein Vorbehalt. Das Übereinkommen legt den Vertragsstaaten, die ein Strafverfolgungsermessen kennen, dessen Einsatz auf eine Art und Weise nahe, die in bezug auf die Straftaten am wirksamsten ist und gebührend abschreckt.

Weil das Opportunitätsprinzip über die traditionellen Strafzwecke hinaus aber auch sozialmedizinischen und allgemein sozialpolitischen Überlegungen (etwa des Jugendschutzes) zugänglich ist, muss die Schweiz klarstellen2', dass Absatz 6 nach schweizerischem Verständnis die Ausübung des Opportunitätsprinzips sich nicht auf Strafverfolgungsinteressen beschränkt.

Der Vorbehalt eines breit verstandenen Opportunitätsprinzips empfiehlt sich um so eher, als der Schweiz damit für eine spätere Revision des Betäubungsmittelgesetzes bzw. des Strafgesetzes ein weiteres - inbesondere in der Westschweiz bereits verbreitetes - strafprozessuales Instrument erhalten bleibt.

Noch besser ist aber ein Vorbehalt, der auch die Absätze 7 und 8 mit umfasst.

Absatz 7 verhält die Staaten zur
Mitberücksichtigung der Schwere der Tat beim Entscheid über die bedingte Entlassung. Dem trägt Artikel 38 Strafgesetzbuch Rechnung, der für die bedingte Entlassung neben einer günstigen Prognose die J>

21

«Ob Artikel 3 Absatz l als ein Kernstück des Übereinkommens zu gelten hat, wäre nur dann wirklich klar, wenn dieses selbst die Bestimmungen bezeichnete, gegen die ein Vorbehalt unzulässig ist. Da es daran fehlt, hängt alles davon ab, wie dieser höchst unbestimmte Begriff auszulegen ist und vor allem: wie er von der zur verbindlichen Entscheidung ermächtigten Instanz voraussichtlich ausgelegt werden wird. Darauf eine sichere Antwort zu geben, ist unmöglich. Deshalb nur soviel: Hält man sich an die auch in seinem Titel zum Ausdruck gebrachte Zielsetzung des Übereinkommens, die Verstärkung der Massnahmen zur Bekämpfung des unerlaubten Verkehrs mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen, könnte es naheliegen, Artikel 3 Absatz l dem Kemgehalt zuzurechnen. Es geht in dieser Bestimmung ja im wesentlichen gerade um Verhaltensweisen, die ein Inverkehrbringen im eigentlichen Sinne darstellen, wie etwa das Verteilen, Verkaufen, Liefern usw.» Artikel 2 Absatz l Buchstabe d des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge von 1969 umschreibt den Vorbehalt als eine von einem Staat bei der Ratifikation eines Vertrags abgegebene einseitige Erklärung «durch die der Staat bezweckt, die Rechtswirkung einzelner Vertragsbestimmungen in der Anwendung auf diesen Staat auszuschliessen oder zu ändern». Diese Definition schliesst die auslegenden Erklärungen («qualifizierte» genannt), die die rechtlichen Wirkungen eines Vorbehalts entfalten, mit ein (BB11989II 770).

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Mindestverbüssung von zwei Dritteln der Strafe verlangt. Die Dauer der Strafe bestimmt sich nach der Schuld und damit u. a. auch nach der vom Vorsatz umfassten objektiven Schwere der Tat. Die Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe entspricht dem Erfordernis von Absatz 7. Da eine Verpflichtung zur erneuten Berücksichtigung der Tatschwere im Rahmen der Prognose nach schweizerischer Auffassung unzulässig ist, schafft ein diesbezüglicher Vorbehalt hier Klarheit.

Absatz 8 verlangt von den Mitgliedstaaten lange Verjährungsfristen für die Strafverfolgung. Die geltenden schweizerischen Verjährungsfristen von Artikel 70 StGB sind lang genug und erfüllen deshalb dieses Erfordernis. Es fragt sich aber, ob die Schweiz speziell für Drogendelikte nach Artikel 3 Absatz l eine längere Frist für Verdächtige vorsehen soll, die sich der Rechtspflege entziehen. Diese Forderung von Absatz 8 zeigt die Problematik. So wie es an der Schweiz ist zu bestimmen, welche Strafen sie für Drogenhandel vorsehen will, welche Kriterien sie für die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug für massgebend hält (Absatz 7), so sollte sie sich auch im Verjährungsbereich (Absatz 8) nicht vom vorliegenden Übereinkommen zu Sonderrecht in einem zentralen Bereich nationaler Strafgesetzgebung verpflichten lassen. Auch wenn Absatz 8 unter dem Vorbehalt «wenn sie (die Vertragspartei) dies für angemessen hält» steht, ist ein entsprechender Vorbehalt hier sinnvoll.

5

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Ratifikation wird weder für den Bund noch für die Kantone finanzielle Lasten oder Auswirkungen auf den Personalbestand zur Folge haben. Die Schweiz hat die Verpflichtungen aus" dem Wiener Übereinkommen von 1988 im Landesrecht bereits umgesetzt. Die Vorläuferstoffe sind durch die Revision von Artikel 3 Absatz l und 3a BetmG vom 24. März 1995 schon erfasst1*. Die diesbezüglichen finanziellen und personellen Konsequenzen sind in der Botschaft des Bundesrates vom 22. Juni 1994 unter Ziffer? dargestellt2'. Die Schweiz hat aber auch die notwendigen Anpassungen im Strafgesetzbuch im Bezug auf die Identifizierung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus dem Handel mit Betäubungsmitteln und über die Geldwäscherei vorgenommen.

6

Auswirkungen der Ratifikation auf die schweizerische

Drogenpolitik Die Zukunft der schweizerischen Drogenpolitik ist zurzeit in verschiedener Hinsicht offen. Angesichts zweier hängiger Volksinitiativen, die je eine völlig unterschiedliche Stossrichtung aufweìsen, lassi sich nicht sagen, welche Richtung die Drogenpolitik in einem oder zwei Jahren einschlagen wird. Nach Ansicht des Bundesrates lassen sich aber vier wichtige Fragestellungen erkennen, die einen unmittelbaren Bezug zur vorliegenden Ratifikation aufweisen. Es handelt sich hierbei um die ärztliche Verschreibung von Betäubungsmitteln an Süchtige, den Umgang mit Cannabisprodukten, die Strafbefreiung des Konsums und der entsprechenden Vorbereitungshandlungen sowie die Bestrafung von süchtigen Kleinhändlern.

» Vgl. BB1 1995 II 389 f.

> Vgl. BB11994 III I294

2

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Die Schweiz hat die Verpflichtungen aus dem Wiener-Übereinkommen, d. h. insbesondere die Unterstellung der Vorläuferstoffe unter das Betäubungsmittelgesetz, die Regelung der Geldwäscherei, der Einziehung und der angemessenen Bestrafung bereits im Landesrecht umgesetzt. Bezüglich der Verpflichtung zur Bestrafung der Vorbereitungshandlungen zum Konsum macht die Schweiz Gebrauch von dem nach Artikel 3 Absatz 2 zulässigen Vorbehalt und erklärt sich als nicht daran gebunden. Mit diesem Vorbehalt ist die Ratifikation kein Hindernis für eine allfällige künftige Strafbefreiung des Konsums und seiner Vorbereitungshandlungen wie Kauf, Besitz und Anbau. Die Konsumbestrafung wird von keinem internationalen Betäubungsmittelübereinkommen verlangt. Mit dem Vorbehalt zu Artikels Absatz 6 ist auch sichergestellt, dass künftig im Gesetz eine Form von Opportunitätsprinzip für süchtige Kleinhändler verankert werden könnte. Nicht möglich wäre jedoch die völlige Strafbefreiung süchtiger Kleinhändler. Diese steht im Widerspruch zu Artikels Absatz 1. Der Bundesrat hält das Anbringen eines Vorbehalts zu Artikel 3 Absatz l nicht für opportun.

Das vorliegende Übereinkommen beschränkt den Handlungsspielraum nicht, den die einzelnen Staaten in bezug auf die ärztliche Verschreibung oder Abgabe von Betäubungsmitteln an abhängige Personen gemessen. Da die internationalen Abkommen nur den illegalen Gebrauch von Betäubungsmitteln unterbinden wollen, richten sich legale Formen der Betäubungsmittel Verabreichung in Form einer medizinischen Therapie nach den Grundsätzen des nationalen Rechts.

Was den Umgang mit Cannabisprodukten betrifft, so wird mit dem zur Genehmigung vorliegenden Übereinkommen nicht Neuland betreten. Bereits die Ratifikation des Einheits-übereinkommens von 1961 über die Betäubungsmittel hat diesbezüglich Leitplanken, gesetzt. Das Einheits-übereinkommen von 1961 lüsst in Artikel 28 Absatz 2 die Gewinnung und Verarbeitung der Hanfpfianze zu industriellen oder gärtnerischen Zwecken zu, empfiehlt hingegen in Artikel 2 Absatz 5 den Vertragsstaaten, die Verwendung ihres Harzes, des Cannabis (Haschisch) zu verbieten.

Ausgenommen sind Mengen für medizinische und klinische Forschung. Wollte man deshalb Haschisch in der Schweiz zulassen, würde dies schon gegen die Bestimmungen des Einheits-übereinkommens verstossen. Die verschiedenen Übereinkommen im Drogenbereich, denen die Schweiz angehört, müssten deshalb wieder gekündigt werden.

7

Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Legislaturplanung 1987-1991 angekündigt'>. Sie war 1992 zusammen mit den drei noch nicht ratifizierten internationalen BetäubungsmittelÜbereinkommen in der Vernehmlassung. Am 27. April 1994 beschloss der Bundesrat, das Wiener Übereinkommen von 1988 dem Parlament Mitte 1995 gleichzeitig mit der Botschaft zu den Volksinitiativen «Jugend ohne Drogen» und «Droleg» zur Genehmigung vorzulegen, um damit dem Parlament die Möglichkeit für eine umfassende Debatte zur Drogenpolitik zu ermöglichen. Da eine Annahme der Volksinitiative «Droleg» eine Kündigung des Wiener Übereinkommens von 1988 notwendig machen würde, sieht der Bundesrat vor, das Übereinkommen - eine Genehmigung durch das Parlament vorausgesetzt - erst nach der Volksabstimmung zur «Droleg»-Initiative zu ratifizieren.

» BB11988 1395, Anhang 2 634

8

Verhältnis zum europäischen Recht

Auf der regionalen europäischen Ebene bestehen keine internationalen Übereinkommen über den legalen und den illegalen Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Substanzen. Die Regelung dieser Bereiche ist auf universeller Ebene im Rahmen der UNO vorgenommen worden.

Unter den Mitgliedstaaten des Europarates sind 13 Staaten sowie die EU als solche Parteien des Übereinkommens von 1988 gegen den illegalen Handel mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen und zehn Staaten haben es bisher unterzeichnet. .

9

Verfassungsmässigkeit

Die Verfassungsmässigkeit des Entwurfs für den Bundesbeschluss, der das Übereinkommen gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen vom 20. Dezember 1988 genehmigt, beruht auf Artikel 8 der Bundesverfassung/BV, der den Bund ermächtigt, Staatsverträge mit dem Ausland abzuschliessen. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung ergibt sich aus Artikel 85 Ziffer 5 BV.

Laut Artikel 89 Absatz 3 BV werden völkerrechtliche Verträge dem Referendum unterstellt, wenn sie unbefristet und unkündbar sind (Bst. a), wenn sie den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Bst. b) oder wenn sie eine multilaterale Rechts Vereinheitlichung herbeiführen (Bst. c).

Das Übereinkommen ist kündbar, es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor und führt keine multilaterale Rechtsmittelvereinheitlichung herbei. Der Bundesbeschluss, den wir Ihnen zur Annahme vorschlagen, untersteht deshalb nicht dem fakultativen Referendum nach Artikel 89 Absatz 3 der Bundesverfassung.

8089

635

Bundesbeschluss

Entwurf

betreffend das Übereinkommen gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 8 der Bundesverfassung,

nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 29. November 1995l),

beschliesst; Art. l 1

Das Übereinkommen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen wird mit den folgenden Vorbehalten genehmigt:

a.

Vorbehalt zu Artikel 3 Absatz 2: Die Schweiz betrachtet sich bezüglich Beibehaltung oder Erlass der strafrechtlichen Normen der Betäubungsmittelgesetzgebung nicht an Artikel 3 Absatz 2 gebunden.

b.

Vorbehalt zu Artikel 3 Absätze 6, 7 und 8: Die Schweiz erachtet die in Artikel 3 Absätze 6, 7 und 8 enthaltenen Vorschriften nur insoweit als verbindlich, als sie mit der schweizerischen Strafgesetzgebung und Kriminalpolitik übereinstimmen.

2 Der Bundesrat wird ermächtigt, das Übereinkommen zu ratifizieren.

Art. 2 Dieser Beschluss untersteht nicht dem Staatsvertragsreferendum.

8089

'> BEI 1996 I 609 636

Übereinkommen der Vereinten Nationen

Übersetzung »

gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

Die Vertragsparteien dieses Übereinkommens tief besorgt über Ausmass und Zunahme der unerlaubten Gewinnung von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen, der unerlaubten Nachfrage nach solchen Stoffen und des unerlaubten Verkehrs mit solchen Stoffen, die Gesundheit und Wohl der Menschen ernstlich gefährden und die wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Grundlagen der Gesellschaft beeinträchtigen, sowie tief besorgt über das stetig zunehmende Übergreifen des unerlaubten Verkehrs mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen auf unterschiedliche gesellschaftliche Schichten und insbesondere über die Tatsache, dass Kinder in vielen Teilen der Welt als Verbraucher auf dem unerlaubten Betäubungsmittelmarkt ausgebeutet und für Zwecke der unerlaubten Gewinnung und Verteilung von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen sowie des unerlaubten Handels mit solchen Stoffen benutzt werden, was eine Gefahr von unübersehbarer Tragweite darstellt, in Erkenntnis der Verbindungen zwischen dem unerlaubten Verkehr und anderer damit zusammenhängender organisierter Kriminalität, welche die rechtmässige Wirtschaft untergräbt und die Stabilität,. Sicherheit und Souveränität der Staaten gefährdet, in der weiteren Erkenntnis, dass der unerlaubte Verkehr eine internationale kriminelle Tätigkeit ist, deren Bekämpfung dringende Aufmerksamkeit und höchsten Vorrang erfordert, in dem Bewusstsein, dass der unerlaubte Verkehr zu hohen finanziellen Gewinnen und Reichtümern führt, die es transnationalen kriminellen Vereinigungen ermöglichen, die Strukturen des Staates, die rechtmässigen Handels- und Finanzgeschäfte und die Gesellschaft auf allen Ebenen zu durchdringen, zu vergiften und zu korrumpieren, entschlossen, diejenigen, die sich mit unerlaubtem Verkehr befassen, um den Ertrag ihrer kriminellen Tätigkeit zu bringen und ihnen dadurch den Hauptanreiz für ihr Tun zu nehmen, in dem Wunsch, die Grundursachen des Problems des Missbrauchs von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen zu beseitigen, darunter die unerlaubte Nachfrage nach solchen Stoffen und die aus dem unerlaubten Verkehr stammenden ungeheuren Gewinne, in der Erwägung, dass Massnahmen notwendig sind, um bestimmte Stoffe, einschliesslich der bei der Herstellung von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen verwendeten Vorläuferstoffe, Chemikalien und Lösungsmitteln, deren leichte

11

Übersetzung des französischen Originaltextes 637

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

Verfügbarkeit zu einem Anstieg der im Geheimen vorgenommenen Herstellung solcher Stoffe geführt hat, zu überwachen, entschlossen, die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des unerlaubten Verkehrs auf See zu verbessern, in der Erkenntnis, dass die Ausmerzung des unerlaubten Verkehrs in die kollektive Verantwortung aller Staaten fällt und dass zu diesem Zweck ein koordiniertes Vorgehen im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit notwendig ist, in Anerkennung der Zuständigkeit der Vereinten Nationen auf dem Gebiet der Kontrolle der Betäubungsmittel und psychotropen Stoffe und in dem Wunsch, dass die für diese Kontrolle zuständigen internationalen Organe ihre Tätigkeit im Rahmen dieser Organisation ausüben, in Bekräftigung der Leitsätze der Verträge im Bereich der Betäubungsmittel und psychotropen Stoffe und des durch sie festgelegten Kontrollsystems, in Erkenntnis der Notwendigkeit, die Massnahmen zu verstärken und zu ergänzen, die im Einheitsübereinkommen von 1961 über Betäubungsmittel, in jenem Übereinkommen in der durch das Protokoll von 1972 zur Änderung des Einheitsübereinkommens von 1961 geänderten Fassung sowie im Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe vorgesehen sind, um dem Ausmass und Umfang des unerlaubten Verkehrs sowie seinen schwerwiegenden Folgen entgegenzuwirken, sowie in Erkenntnis der Bedeutung, die einer Verstärkung und einem Ausbau wirksamer rechtlicher Mittel für die internationale Zusammenarbeit in Strafsachen zukommt, um die internationalen kriminellen Tätigkeiten des unerlaubten Verkehrs zu bekämpfen, in dem Wunsch, ein umfassendes, wirksames und anwendbares internationales Übereinkommen zu schliessen, das besonders gegen den unerlaubten Verkehr gerichtet ist und den verschiedenen Erscheinungsformen des Gesamtproblems Rechnung trägt, insbesondere solchen, die in den im Bereich der Betäubungsmittel und psychotropen Stoffen bestehenden Verträgen nicht behandelt sind kommen hiermit wie folgt Überein: Artikel l Begriffsbestimmungen Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes angegeben oder aufgrund des Zusammenhangs erforderlich ist, gelten für dieses gesamte Übereinkommen folgende Begriffsbestimmungen: a) der Ausdruck «Vermögensgegenstände» bezeichnet Gegenstände jeder Art, körperliche oder nichtkörperliche, bewegliche oder unbewegliche, materielle oder immaterielle,
sowie rechtserhebliche Schriftstücke oder Urkunden, die das Recht auf solche Gegenstände oder Rechte daran belegen; b) der Ausdruck «Cocastrauch» bezeichnet jede Pflanzenart der Gattung Erythroxylon; c) der Ausdruck «Kommission» bezeichnet die Betäubungskommission des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen;

638

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotrope» Stoffen

d)

e) 0 g)

h) i)

j)

k)

der Ausdruck «Einziehung», der gegebenenfalls den Verfall umfasst, bezeichnet die dauernde Entziehung von Vermögensgegenständen aufgrund einer von einem Gericht oder einer anderen zuständigen Behörde getroffenen Entscheidung; der Ausdruck «Rat» bezeichnet den Wirtschaffs- und Sozialrat der Vereinten Nationen; der Ausdruck «Übereinkommen von 1961» bezeichnet das Einheitsiibereinkommen von 1961 über Betäubungsmittel; der Ausdruck «Übereinkommen von 1961 in seiner geänderten Fassung» bezeichnet das Einheits-übereinkommen von 1961 über Betäubungsmittel in der durch das Protokoll von 1972 zur Änderung des Einheits-übereinkommens von 1961 geänderten Fassung; der Ausdruck «Übereinkommen von 1971» bezeichnet das Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe; der Ausdruck «Transitstaat» bezeichnet einen Staat, durch dessen Hoheitsgebiet unerlaubte Betäubungsmittel, psychotrope Stoffe und in Tabelle I und Tabelle II aufgeführte Stoffe befördert werden und der weder Ursprungsort noch endgültiger Bestimmungsort dieser Stoffe ist.

der Ausdruck «Einfrieren» oder «Beschlagnahme» bezeichnet das vorübergehende Verbot der Übertragung, Umwandlung oder Bewegung von Vermögensgegenständen oder der Verfügung darüber oder die vorübergehende Verwahrung oder Kontrolle von Vermögensgegenständen aufgrund einer von einem Gericht oder einer anderen zuständigen Behörde getroffenen Entscheidung; der Ausdruck «kontrollierte Lieferung» bezeichnet die Methode, aufgrund deren unerlaubte oder verdächtige Sendungen von Betäubungsmitteln, psychotropen Stoffen, in Tabelle Ï und Tabelle II zu diesem Übereinkommen aufgeführten Stoffen oder Austauschstoffen mit Wissen und unter Aufsicht der zuständigen Behörden aus dem Hoheitsgebiet eines oder mehrerer Staaten verbracht, durch dasselbe durchgeführt oder in dasselbe verbracht werden dürfen mit dem Ziel, Personen zu ermitteln, die an der Begehung von in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten beteiligt sind;

I)

der Ausdruck «Organ» bezeichnet das Internationale Betäubungsmittel-Kontrollorgan, das durch das Übereinkommen von 1961 und durch das Übereinkommen von 1961 in seiner durch das Protokoll von 1972 geänderten Fassung gebildet wurde; m) der Ausdruck «Opiummohn» bezeichnet die Pflanzenart Papaver somniferum L.;

n) der Ausdruck «Cannabispflanze» bezeichnet jede Pflanze der Gattung Cannabis; o)

der Ausdruck «Ertrag» bezeichnet jeden Vermögensgegenstand, der unmittelbar oder mittelbar aus der Begehung einer in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftat stammt oder dadurch erzielt wurde;

p) der Ausdruck «Generalsekretär» bezeichnet den Generalsekretär der Vereinten Nationen; 639

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

q)

der Ausdruck «Betäubungsmittel» bezeichnet jeden in den Anhängen I und II des Übereinkommens von 1961 und des Übereinkommens von 1961 in seiner geänderten Fassung aufgeführten natürlichen oder synthetischen Stoff; r) der Ausdruck «psychotroper Stoff» bezeichnet jeden in Anhang I, II, III oder IV des Übereinkommens von 1971 über psychotrope Stoffe aufgeführten natürlichen oder synthetischen Stoff oder natürlichen Ausgangsstoff; s) die Ausdrücke «TabelleI» und «Tabellen» bezeichnen die diesem Übereinkommen beigefügten entsprechend numerierten Listen von Stoffen in der aufgrund von Änderungen nach Artikel 12 jeweils gültigen Fassung; t) der Ausdruck «unerlaubter Verkehn> bezeichnet die in Artikel 3 Absätze l und 2 genannten Straftaten; u) der Ausdruck «gewerblicher BeförderungsunternehmeD> bezeichnet eine Person oder einen öffentlichen, privaten oder sonstigen Rechtsträger, der Personen, Güter oder Postsendungen gegen Entgelt oder sonstige Gegenleistung befördert.

Artikel 2 Geltungsbereich des Übereinkommens (1) Zweck dieses Übereinkommens ist es, die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien so zu fördern, dass sie gegen die verschiedenen Erscheinungsformen des unerlaubten Verkehrs mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen, die internationales Ausmass haben, wirksamer vorgehen können. Bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach dem Übereinkommen treffen die Vertragsparteien die erforderlichen Massnahmen, einschliesslich der Gesetzgebungs- und Verwaltungsmassnahmen, im Einklang mit den grundlegenden Bestimmungen ihrer jeweiligen innerstaatlichen Gesetzgebung.

(2) Die Vertragsparteien erfüllen ihre Verpflichtungen nach diesem Übereinkommen in einer Weise, die mit den Grundsätzen der souveränen Gleichheit und territorialen Unversehrtheit der Staaten sowie der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten vereinbar ist.

(3) Eine Vertragspartei unterlässt im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Wahrnehmung von Aufgaben, die nach innerstaatlichem Recht ausschliesslich den Behörden dieser anderen Vertragspartei vorbehalten ist.

Artikel 3 Straftaten und Sanktionen (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Massnahmen, um folgende Hand-lungen, wenn vorsätzlich begangen, als Straftaten zu umschreiben a) i) das Gewinnen,
Herstellen, Ausziehen, Zubereiten, Anbieten, Feilhalten, Verteilen, Verkaufen, Liefern - gleichviel zu welchen Bedingungen -, Vermitteln, Versenden - auch im Transit -, Befördern, Einführen oder Ausführen eines Betäubungsmittels oder psychotropen Stoffes entgegen dem Übereinkommen von 1961, dem Übereinkommen von 1961 in seiner geänderten Fassung oder dem Übereinkommen von 1971; ii) das Anbauen des Opiummohns, des Cocastrauchs oder der Cannabispflanze zum Zweck der Gewinnung von Betäubungsmitteln entgegen 640

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

dem Übereinkommen von 1961 und dem Übereinkommen von 1961 in seiner geänderten Fassung; üi) das Besitzen oder Kaufen eines Betäubungsmittels oder psychotropen Stoffes zum Zweck einer der unter Ziffer i aufgeführten Tätigkeiten; iv) das Herstellen, Befördern oder Verteilen von Gerät, Material oder in Tabelle I und Tabelle II aufgeführten Stoffen in der Kenntnis, dass dieses Gerät, dieses Material oder diese Stoffe bei dem unerlaubten Anbau oder der unerlaubten Gewinnung oder Herstellung von Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen oder für diese Zwecke verwendet werden sollen; v) das Organisieren, Leiten oder Finanzieren einer der unter den Ziffern i, ii, üi oder iv aufgeführten Straftaten; b) i) das Umwandeln oder Übertragen von Vermögensgegenständen in der Kenntnis, dass diese Vermögensgegenstände aus einer oder mehreren in Übereinstimmung mit Buchstabe a umschriebenen Straftaten oder aus der Teilnahme an einer oder mehreren dieser Straftaten stammen, zu dem Zweck, den unerlaubten Ursprung der Vermögensgegenstände zu verbergen oder zu verschleiern oder einer an der Begehung einer oder mehrerer solcher Straftaten beteiligten Personen behilflich zu sein, sich den rechtlichen Folgen ihres Handelns zu entziehen; ii) das Verbergen oder Verschleiern der wahren Beschaffenheit, des Ursprungs, des Ortes oder der Bewegung der Vermögensgegenstände, der Verfügung darüber oder der Rechte oder des Eigentums daran in der Kenntnis, dass diese Vermögensgegenstände aus einer oder mehreren in Übereinstimmung mit Buchstabe a umschriebenen Straftaten oder aus der Teilnahme an einer oder mehreren dieser Straftaten stammen; c) vorbehaltlich ihrer Verfassungsgrundsätze und der Grundzüge ihrer Rechtsordnung i) den Erwerb, den Besitz oder die Verwendung von Vermögensgegenständen, wenn der Betreffende bei Erhalt weiss, dass diese Vermögensgegenstände aus einer oder mehreren in Übereinstimmung mit Buchstabe a umschriebenen Straftaten oder aus der Teilnahme an einer oder mehreren dieser Straftaten stammen; ii) den Besitz von Gerät, Material oder in Tabelle I und Tabelle II aufgeführten Stoffen in der Kenntnis, dass dieses Gerät, dieses Material oder diese Stoffe bei'dem unerlaubten Anbau oder der unerlaubten Gewinnung oder.

Herstellung von Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen oder für diese Zwecke verwendet werden
oder verwendet werden sollen; üi) das öffentliche Aufstacheln oder Verleiten anderer - gleichviel durch welche Mittel -, eine in Übereinstimmung mit diesem Artikel umschriebene Straftat zu begehen oder Betäubungsmittel oder psychotrope Stoffe unerlaubt zu gebrauchen; iv) die Teilnahme an einer in Übereinstimmung mit diesem Artikel umschriebenen Straftat sowie die Vereinigung, die Verabredung, den Versuch, die Beihilfe, die Anstiftung, die Erleichterung und die Beratung in bezug auf die Begehung einer solchen Straftat.

23 Bundesblatt 148. Jahrgang. Bd. I .

64l

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

(2) Jede Vertragspartei trifft vprbehaltlich ihrer Verfassungsgrundsätze und der Grundzüge ihrer Rechtsordnung die notwendigen Massnahmen, um nach ihrem innerstaatlichen Recht den Besitz, den Kauf oder den Anbau von Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen für den persönlichen Verbrauch entgegen dem Übereinkommen von 1961, dem Übereinkommen von 1961 in seiner geänderten Fassung oder dem Übereinkommen von 1971, wenn vorsätzlich begangen, als Straftat zu umschreiben.

(3) Auf Kenntnis, Vorsatz oder Zweck als Merkmal für eine in Absatz I genannte Straftat kann aus den objektiven tatsächlichen Umständen geschlossen werden.

(4) a) Jede Vertragspartei bedroht die Begehung der in Übereinstimmung mit

b)

c)

Absatz l umschriebenen Straftaten mit Sanktionen, die der Schwere dieser Straftaten Rechnung tragen, wie etwa Freiheitsstrafe oder andere Formen des Freiheitsentzugs, Geldsanktionen und Einziehung.

Die Vertragsparteien können vorsehen, dass sich der Täter neben der Verurteilung oder Bestrafung wegen einer in Übereinstimmung mit Absatz l umschriebenen Straftat Massnahmen wie zur Behandlung, Aufklärung und Erziehung, Nachsorge, Rehabilitation oder sozialen Wiedereingliederung unterziehen muss.

Ungeachtet der Buchstaben a und b können die Vertragsparteien im Fall weniger schwerer Straftaten anstelle der Verurteilung oder Bestrafung Massnahmen wie zur Aufklärung und Erziehung, Rehabilitation oder sozialen Wiedereingliederung sowie in Fällen des Betäubungsmittelmissbrauchs zur Behandlung und Nachsorge vorsehen.

d)

Die Vertragsparteien können anstelle oder zusätzlich zu der Verurteilung oder Bestrafung wegen einer in Übereinstimmung mit Absatz 2 umschriebenen Straftat Massnahmen zur Behandlung, Aufklärung und Erziehung, Nachsorge, Rehabilitation oder sozialen Wiedereingliederung des Täters vorsehen.

(5) Die Vertragsparteien sorgen dafür, dass ihre Gerichte und anderen entsprechend zuständigen Behörden tatsächliche Umstände in Betracht ziehen können, welche die Begehung der in Übereinstimmung mit Absatz I umschriebenen Straftaten besonders schwerwiegend machen, wie etwa, a) b) c) d) e) f) g)

642

die Mitwirkung einer organisierten kriminellen Gruppe, welcher der Täter angehört, an der Straftat; die Mitwirkung des Täters an anderen internationalen organisierten kriminellen Tätigkeiten; die Mitwirkung des Täters an anderen rechtswidrigen Tätigkeiten, die durch die Begehung der Straftat erleichtert werden; die Anwendung von Gewalt oder der Gebrauch von Waffen durch den Täter; den Umstand, dass der Täter ein öffentliches Amt bekleidet und die Straftat mit diesem Amt im Zusammenhang steht; den Umstand, dass Minderjährige in Mitleidenschaft gezogen oder benutzt werden; den Umstand, dass die Straftat in einer Strafvollzugsanstalt, einer Einrichtung des Bildungs- oder Sozialwesens oder in deren unmittelbarer Nähe oder an anderen Orten begangen wird, wo sich Schüler oder Studenten zum Zweck der Bildung, des Sports oder zu gesellschaftlichen Tätigkeiten aufhalten;

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

h)

frühere Verurteilungen im In- oder Ausland, insbesondere wegen gleichartiger Straftaten, soweit dies nach dem innerstaatlichen Recht einer Vertragspartei zulässig ist.

(6) Die Vertragsparteien sind bestrebt sicherzustellen, dass eine nach ihrem innerstaatlichen Recht bestehende Ermessensfreiheit hinsichtlich der Strafverfolgung von Personen wegen in Übereinstimmung mit diesem Artikel umschriebener Straftaten so ausgeübt wird, dass die Massnahmen der Strafrechtspflege in bezug auf diese Straftaten grösstmögüche Wirksamkeit erlangen, wobei der Notwendigkeit der Abschreckung von diesen Straftaten gebührend Rechnung zu tragen ist.

(7) Die Vertragsparteien stellen sicher, dass ihre Gerichte oder anderen entsprechend zuständigen Behörden die Schwere der in Absatz l aufgeführten Straftaten sowie die in Absatz 5 aufgeführten Umstände berücksichtigen, wenn sie die Möglichkeit der vorzeitigen oder bedingten Entlassung von Personen, die wegen solcher Straftaten verurteilt sind, in Erwägung ziehen.

(8) Jede Vertragspartei bestimmt, wenn sie dies für angemessen hält, in ihrem innerstaatlichen Recht eine lange Verjährungsfrist für die Einleitung von Verfahren wegen einer in Übereinstimmung mit Absatz l umschriebenen Straftat und eine noch längere Frist für den Fall, dass der Verdächtige sich der Rechtspflege entzogen hat.

(9) Jede Vertragspartei trifft im Einklang mit ihrer Rechtsordnung geeignete Massnahmen, um sicherzustellen, dass eine Person, die einer in Übereinstimmung mit Absatz l umschriebenen Straftat beschuldigt wird oder wegen einer solchen Straftat verurteilt worden ist und die in ihrem Hoheitsgebiet ermittelt wird, bei dem durchzuführenden Strafverfahren anwesend ist.

(10) Für die Zwecke der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien aufgrund dieses Übereinkommens, insbesondere der Zusammenarbeit aufgrund der Artikel 5, 6, 7 und 9, sind die in Übereinstimmung mit diesem Artikel umschriebenen Straftaten, vorbehaltlich der Verfassungsordnung und der grundlegenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Vertragsparteien, nicht als fiskalische oder politische Straftaten oder auf politischen Beweggründen beruhende Straftaten anzusehen.

(11) Dieser Artikel berührt nicht den Grundsatz, dass die Beschreibung der Straftaten, auf die er sich bezieht, und der diesbezüglichen Gründe, die eine Bestrafung
ausschliessen, dem innerstaatlichen Recht einer Vertragspartei vorbehalten ist und dass solche Straftaten nach ihrem Recht verfolgt und bestraft werden. " Artikel 4

Gerichtsbarkeit

(1) Jede Vertragspartei a)

trifft die notwendigen Massnahmen, um ihre Gerichtsbarkeit über die in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz i umschriebenen Straftaten zu begründen, i) wenn die Straftat in ihrem-Hoheitsgebiet begangen worden ist; ii) wenn die Straftat an Bord eines Schiffes, das zur. Tatzeit ihre Flagge · führt, oder eines Luftfahrzeugs, das zur Tatzeit nach ihrem Recht eingetragen ist, begangen worden ist;

643

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

b)

kann die notwendigen Massnahmen treffen, um ihre Gerichtsbarkeit über die

in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten zu begründen, i) wenn die Straftat von einem ihrer Staatsangehörigen oder von einer Person, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet hat, begangen worden ist; ii) wenn die Straftat an Bord eines Schiffes begangen worden ist, bezüglich dessen diese Vertragspartei nach Artikel 17 ermächtigt worden ist, geeignete Massnahmen zu treffen; diese Gerichtsbarkeit wird jedoch nur aufgrund der nach Artikel 17 Absätze 4 und 9 genannten Abkommen oder sonstigen Vereinbarungen ausgeübt; iii) wenn die Straftat zu den in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l Buchstabe c Ziffer iv umschriebenen Straftaten gehört und ausserhalb ihres Hoheitsgebiets in der Absicht begangen wird, eine in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebene Straftat innerhalb ihres Hoheitsgebiets zu begehen.

(2) Jede Vertragspartei a) trifft ferner die notwendigen Massnahmen, um ihre Gerichtsbarkeit über die in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten zu begründen, wenn der Verdächtige sich in ihrem Hoheitsgebiet befindet und sie ihn nicht an eine andere Vertragspartei ausliefert, weil i) die Straftat in ihrem Hoheitsgebiet oder an Bord eines Schiffes, das zur Tatzeit ihre Flagge Führt, oder eines Luftfahrzeugs, das zur Tatzeit nach ihrem Recht eingetragen ist, begangen worden }st oder ii) die Straftat von einem ihrer Staatsangehörigen begangen worden ist; b) kann ferner die notwendigen Massnahmen treffen, um ihre Gerichtsbarkeit über die in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten zu begründen, wenn der Verdächtige sich in ihrem Hoheitsgebiet befindet und sie ihn nicht an eine andere Vertragspartei ausliefert.

(3) Dieses Übereinkommen schliesst die Ausübung einer Strafgerichtsbarkeit, die von einer Vertragspartei nach innerstaatlichem Recht begründet ist, nicht aus.

Artikel 5 Einziehung (1) Jede Vertragspartei trifft die gegebenenfalls notwendigen Massnahmen, um die Einziehung a) der aus den in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten stammenden Erträge oder von Vermögensgegenständen, deren Wert demjenigen solcher Erträge entspricht, b) von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen, Material und Gerät oder anderen Tatwerkzeugen, die zur Begehung der in Übereinstimmung mit Artikel
3 Absatz l umschriebenen Straftaten verwendet wurden oder bestimmt waren, zu ermöglichen, (2) Jede Vertragspartei trifft auch die gegebenenfalls notwendigen Massnahmen, um es ihren zuständigen Behörden zu ermöglichen, die in Absatz l genannten Erträge, Vermögensgegenstände, Tatwerkzeuge oder anderen Sachen zu ermitteln, 644

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

einzufrieren oder zu beschlagnahmen, damit sie gegebenenfalls eingezogen werden können.

(3) ,Um die in diesem Artikel genannten Massnahmen durchzuführen, erteilt jede Vertragspartei ihren Gerichten oder anderen zuständigen Behörden die Befugnis, anzuordnen, dass Bank-, Finanz- oder Geschäftsunterlagen "zur Verfügung gestellt oder beschlagnahmt werden. Eine Vertragspartei darf es nicht unter Berufung auf das Bankgeheimnis ablehnen, diesen Bestimmungen Geltung zu verschaffen.

(4) a) Aufgrund eines Ersuchens, das nach diesem Artikel von einer anderen Vertragspartei gestellt wird, die über eine in Übereinstimmung mit Artikels Absatz l umschriebene Straftat Gerichtsbarkeit hat, wird die Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet sich die in Absatz l genannten Erträge, Vermögensgegenstände, Tatwerkzeuge oder anderen Sachen befinden, i) das Ersuchen an ihre zuständigen Behörden weiterleiten, um eine Einziehungsentscheidung zu erwirken und diese Entscheidung, falls sie erlassen wird, auszuführen oder ii) eine von der ersuchenden Vertragspartei nach Absatz l erlassene Einziehungsentscheidung an ihre zuständigen Behörden weiterleiten, damit diese Entscheidung im Rahmen des Ersuchens ausgeführt wird, soweit sie sich auf die in Absatz l genannten Erträge, Vermögensgegenstände, Tatwerkzeuge oder anderen Sachen bezieht, die sich im Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei befinden.

b) Aufgrund eines Ersuchens, das nach diesem Artikel von einer anderen Vertragspartei gestellt wird, die über eine in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebene Straftat Gerichtsbarkeit hat, trifft die ersuchte Vertragspartei Massnahmen, um die in Absatz l genannten Erträge, Vermögensgegenstände, Tatwerkzeuge oder anderen Sachen zu ermitteln, einzufrieren oder zu beschlagnahmen, damit sie entweder aufgrund einer Entscheidung der ersuchenden Vertragspartei oder - im Fall eines nach Buchstabe a.gestellten Ersuchens - aufgrund einer Entscheidung der ersuchten Vertragspartei gegebenenfalls eingezogen werden können. · c) Die unter den Buchstaben a und b vorgesehenen Entscheidungen oder Massnahmen werden von der ersuchten Vertragspartei nach Massgabe und vorbehaltlich ihres innerstaatlichen Rechts und ihrer Verfahrensregeln oder der zwei- oder mehrseitigen Verträge, Abkommen oder sonstigen Vereinbarungen getroffen, an die sie
gegebenenfalls in bezug auf die ersuchende Vertragspartei gebunden ist.

d) Artikel? Absätze6 bis 19 wird sinngemäss angewendet. Neben den in Artikel 7 Absatz 10 aufgeführten Angaben enthalten die nach 'diesem Artikel gestellten Ersuchen folgendes: · Ì) im Fall eines Ersuchens nach Buchstabe a Ziffer! eine Beschreibung der einzuziehenden Vermögensgegenstände und eine Sachverhaltsdarstellung der ersuchenden Vertragspartei, die ausreicht, um es der ersuchten Vertragspartei zu ermöglichen, nach ihrem innerstaatlichen Röcht um eine Entscheidung nachzusuchen; ü) im Fall eines Ersuchens nach Buchstabe a Ziffer ii eine rechtlich verwertbare Abschrift einer von der ersuchenden Vertragspartei erlassenen Ein-

645

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

e)

0 g) (5) b)

(6) b)

c)

646

Ziehungsentscheidung, auf die sich das Ersuchen stützt, eine Sachverhaltsdarstellung und Angaben über den Umfang, in dem um die Vollstreckung der Entscheidung ersucht wird; Üi) im Fall eines Ersuchens nach Buchstabe b eine Sachverhaltsdarstellung der ersuchenden Vertragspartei und eine Beschreibung der Massnahmen, um die ersucht wird.

Jede Vertragspartei übermittelt dem Generalsekretär den Wortlaut ihrer Gesetze und sonstigen Vorschriften zur Durchführung dieser Bestimmungen sowie den Wortlaut jeder späteren Änderung dieser Gesetze und sonstigen Vorschriften.

Macht eine Vertragspartei die unter den Buchstaben a und b genannten Massnahmen vom Bestehen eines einschlägigen Vertrags abhängig, so sieht sie dieses Übereinkommen als notwendige und ausreichende Vertragsgrundlage an.

Die Vertragsparteien bemühen sich, zwei- oder mehrseitige Verträge, Abkommen oder sonstige Vereinbarungen zu schliessen, um die Wirksamkeit der internationalen Zusammenarbeit aufgrund dieses Artikels zu erhöhen.

a) Über die von einer Vertragspartei nach Absatz l oder 4 eingezogenen Erträge oder Vermögensgegenstände verfügt diese Vertragspartei nach ihrem innerstaatlichen Recht und Verfahren.

Wird eine Vertragspartei auf Ersuchen einer anderen Vertragspartei nach diesem Artikel tätig, so kann sie insbesondere in Erwägung ziehen, Übereinkünfte über folgendes zu schliessen: i) die Übertragung des Wertes solcher Erträge oder Vermögens'gegenstände oder der aus dem Verkauf solcher Erträge oder Vermögensgegenstände stammenden Geldmittel oder eines wesentlichen Teiles davon auf zwischenstaatliche Organe, die sich besonders mit dem Kampf gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen und gegen den Missbrauch solcher Stoffe befassen; ü) die regelmässige oder von Fall zu Fall beschlossene Aufteilung solcher Erträge oder Vermögensgegensta'nde oder der aus dem Verkauf solcher Erträge oder Vermögensgegenstände stammenden Geldmittel mit anderen Vertragsparteien in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht und Verfahren oder den zu diesem Zweck geschlossenen zwei- oder mehrseitigen Übereinkünften.

a) Sind die Erträge in andere Vermögensgegenstände umgeformt oder umgewandelt worden, so unterliegen anstelle der Erträge diese Vermögensgegenstände den in diesem Artikel genannten Massnahmen.

Sind Erträge
mit aus rechtmässigen Quellen erworbenen Vermögensgegenständen vermischt worden, so können diese Vermögensgegenstände unbeschadet der Befugnisse in bezug auf Beschlagnahme oder Einfrieren bis zur Höhe des Schätzwerts der Erträge, die vermischt worden sind, eingezogen werden.

Einkommen oder andere Gewinne, die aus i) Erträgen, ii) Vermögensgegenständen, in welche Erträge umgeformt oder umgewandelt worden sind, oder

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

üi) Vermögensgegenständen, mit denen Erträge vermischt worden sind, stammen, können den in diesem Artikel genannten Massnahmen in der gleichen Weise und im gleichen Umfang wie die Erträge unterworfen werden.

(7) Jede Vertragspartei kann in Erwägung ziehen, die Umkehr der Beweislast im Hinblick auf den rechtmässigen Ursprung mutmasslicher Erträge oder anderer einziehbarer Vermögensgegenstände vorzuschreiben, soweit eine solche Massnahme mit den Grundsätzen ihres innerstaatlichen Rechts und der Art der Gerichts- und anderen Verfahren vereinbar ist.

(8) Dieser Artikel darf nicht so ausgelegt werden, als stehe er den Rechten gutgläubiger Dritter entgegen.

(9) Dieser Artikel lässt den Grundsatz unberührt, dass die darin bezeichneten Massnahmen in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht einer Vertragspartei und vorbehaltlich dieses Rechts festgelegt und durchgeführt werden.

Artikel 6. Auslieferung (1) Dieser Artikel findet auf die von den Vertragsparteien in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten Anwendung.

(2) Jede Straftat, auf die dieser Artikel Anwendung findet, gilt als in jeden zwischen Vertragsparteien bestehenden Auslieferungsvertrag einbezogene, der Auslieferung unterliegende Straftat. Die Vertragsparteien verpflichten sich, diese Straftaten als der Auslieferung unterliegende Straftaten in jeden zwischen ihnen zu schliessenden Auslieferungsvertrag aufzunehmen.

(3) Erhält eine Vertragspartei, welche die Auslieferung vom Bestehen eines Vertrags abhängig macht, ein Auslieferungsersuchen von einer anderen Vertragspartei, mit der sie keinen Auslieferungsvertrag hat, so kann sie dieses Übereinkommen als Rechtsgrundlage für die Auslieferung in bezug auf die Straftaten ansehen, auf die dieser Artikel Anwendung findet. Vertragsparteien, die spezielle gesetzgeberische Massnahmen benötigen, um dieses Übereinkommen als Rechtsgrundlage für die Auslieferung zu benutzen, erwägen gegebenenfalls den Erlass entsprechender Rechtsvorschriften.

(4) Vertragsparteien, welche die Auslieferung nicht vom Bestehen eines Vertrags abhängig machen, erkennen unter sich die Straftaten, auf die dieser Artikel Anwendung findet, als der Auslieferung unterliegende Straftaten an.

(5) Die Auslieferung unterliegt den im Recht der ersuchten Vertragspartei oder in den geltenden Auslieferungsvertragen
vorgesehenen Bedingungen, einschliesslich der Gründe, aus denen die ersuchte Vertragspartei die Auslieferung ablehnen kann.

.(6) Bei der Prüfung von Ersuchen, die nach diesem Artikel eingehen, kann die ersuchte Vertragspartei es ablehnen, einem derartigen Ersuchen stattzugeben, wenn ihre Gerichte oder anderen zuständigen Behörden ernstliche Gründe für die Annahme haben, dass die Bewilligung des Ersuchens die Verfolgung oder Bestrafung einer Person wegen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Staatsangehörigkeit oder ihrer politischen Anschauungen erleichtern würde oder dass die Lage einer von dem Ersuchen betroffenen Person aus einem dieser Gründe erschwert werden könnte.

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Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

(7) Die Vertragsparteien bemühen sich, Auslieferungsverfahren zu beschleunigen und die diesbezüglichen Beweiserfordernisse für Straftaten zu vereinfachen, auf die dieser Artikel Anwendung findet.

(8) Vorbehaltlich ihres innerstaatlichen Rechts und ihrer Auslieferungsverträge kann die ersuchte Vertragspartei, wenn sie festgestellt hat, dass die Umstände dies rechtfertigen und Eile geboten ist, auf Verlangen der ersuchenden Vertragspartei eine Person, um deren Auslieferung ersucht wird und die sich in ihrem Hoheitsgebiet befindet, in Haft nehmen oder andere geeignete Massnahmen treffen, um deren Anwesenheit bei dem Auslieferungsverfahren sicherzustellen.

(9) Unbeschadet der Ausübung einer nach ihrem innerstaatlichen Recht begründeten Gerichtsbarkeit muss die Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet ein Verdacht!-, ger angetroffen wird, folgende Massnahmen treffen: a) wenn sie ihn wegen einer in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftat aus den in Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a dargelegten Gründen nicht ausliefert, unterbreitet sie den Fall ihren zuständigen Behörden zum Zweck der Strafverfolgung, sofern mit der ersuchenden Vertragspartei nichts anderes vereinbart ist; b) wenn sie ihn wegen einer solchen Straftat nicht ausliefert und ihre Gerichtsbarkeit über diese Straftat nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b begründet hat, unterbreitet sie den Fall ihren zuständigen Behörden zum Zweck der Strafverfolgung, sofern nicht die ersuchende Vertragspartei zur Wahrung ihrer rechtmassigen Gerichtsbarkeit ein gegenteiliges Ersuchen stellt.

(10) Wird die Auslieferung, um die zur Vollstreckung einer Strafe ersucht wird, mit der Begründung abgelehnt, dass der Verfolgte Staatsangehöriger der ersuchten Vertragspartei ist, so erwägt diese, sofern ihr Recht dies zulässt, und im Einklang mit diesem auf Verlangen der ersuchenden Vertragspartei die nach deren Rechtsvorschriften verhängte Strafe oder Reststrafe selbst zu vollstrecken.

(11) Die Vertragsparteien sind bestrebt, zwei- oder mehrseitige Übereinkünfte zu schliessen, um die Auslieferung zu ermöglichen oder ihre Wirksamkeit zu erhöhen, (12) Die Vertragsparteien können erwägen, von Fall zu Fall oder allgemein zweioder mehrseitige Übereinkünfte zu schliessen, aufgrund deren Personen, die wegen Straftaten, auf die dieser Artikel Anwendung findet,
zu einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Formen des Freiheitsentzugs verurteilt sind, an ihr Land überstellt werden, um dort ihre Reststrafe verbüssen zu können.

Artikel? Rechtshilfe (1) Die Vertragsparteien leisten einander in Übereinstimmung mit diesem Artikel soweit wie möglich Rechtshilfe bei Ermittlungen, Strafverfolgungen und Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit den in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten.

(2) Um die nach diesem Artikel zu leistende Rechtshilfe kann zu folgenden Zwekken ersucht werden: a) Abnahme von Zeugenaussagen oder anderen Erklärungen; b)

Zustellung gerichtlicher Schriftstücke;

c) · Durchsuchung und Beschlagnahme; 648

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

d) e) f)

Untersuchung von Gegenständen und Inaugenscheinnahme von Örtlichkeiten; Überlassung von Informationen und Beweismitteln; Überlassung von Originalen oder beglaubigten Abschriften einschlägiger Schriftstücke und Akten, einschliesslich Bank-, Finanz-, Firmen- und Geschäftsunterlagen; g) Ermittlung oder Weiterverfolgung von Erträgen, Vermögensgegenständen, Tatwerkzeugen oder anderen Sachen zu Beweiszwecken.

(3) Die Vertragsparteien können einander jede andere nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei zulässige Form der Rechtshilfe gewähren.

(4) Auf Ersuchen erleichtern oder fördern die Vertragsparteien, soweit dies mit ihrem innerstaatlichen Recht und ihrer Praxis vereinbar ist, die Anwesenheit oder Verfügbarkeit von Personen, einschliesslich Häftlingen, die bereit sind, bei Ermittlungen mitzuwirken oder an Verfahren teilzunehmen, (5) Eine Vertragspartei darf die Rechtshilfe nach diesem Artikel nicht unter Berufung auf das Bankgeheimnis verweigern.

(6) Dieser Artikel berührt nicht die Verpflichtungen aus einem anderen zwei- oder mehrseitigen Vertrag, der die Rechtshilfe in Strafsachen ganz oder teilweise regelt oder regeln wird.

(7) Die Absätze 8 bis 19 gelten für Ersuchen, die aufgrund dieses Artikels gestellt werden, wenn die betreffenden Vertragsparteien nicht durch einen Vertrag über Rechtshilfe gebunden sind. Sind diese Vertragsparteien durch einen solchen Vertrag gebunden, so gelten die entsprechenden Bestimmungen des Vertrags, sofern die Vertragsparteien nicht vereinbaren, statt dessen die Absätze 8 bis 19 anzuwenden.

(8) Die Vertragsparteien bestimmen eine oder gegebenenfalls mehrere Behörden, die verantwortlich und befugt sind, Rechtshilfeersuchen zu erledigen oder den zuständigen Behörden zur Erledigung zu übermitteln. Die zu diesem Zweck bestimmten Behörden werden dem Generalsekretär notifiziert. Die Übermittlung von Rechtshilfeersuchen und diesbezüglichen Mitteilungen erfolgt zwischen den von den Vertragsparteien bestimmten Behörden; diese Vorschrift lässt das Recht einer Vertragspartei unberührt, zu verlangen, dass solche Ersuchen und Mitteilungen auf "diplomatischem Weg und in dringenden Fällen, wenn die Vertragsparteien dies vereinbaren, soweit es möglich ist, über die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol) an sie gerichtet werden.

(9)
Ersuchen werden schriftlich in einer für die ersuchte Vertragspartei annehmbaren Sprache gefertigt. Die für jede Vertragspartei annehmbare Sprache oder annehmbaren Sprachen werden dem Generalsekretär notifiziert. In dringenden Fällen und wenn die Vertragsparteien dies vereinbaren, 'können Ersuchen mündlich gestellt werden; sie müssen jedoch umgehend schriftlich bestätigt werden.

(10) Ein Rechtshilfeersuchen enthält folgende Angaben: a) die Bezeichnung der Behörde, von der das Ersuchen ausgeht; b) Gegenstand und Art der Ermittlung, der Strafverfolgung oder des Gerichtsverfahrens, auf die sich das Ersuchen bezieht, sowie Namen und Aufgaben der Behörde, welche die Ermittlung, die Strafverfolgung oder das Verfahren durchführt;

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Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und p'sychotropen Stoffen

c) d)

e)

eine zusammenfassende Sachverhaltsdarstellung, ausser bei Ersuchen um Zustellung gerichtlicher Schriftstücke; eine Beschreibung der erbetenen Rechtshilfe und Einzelheiten über bestimmte Verfahren, die auf Wunsch der ersuchenden Vertragspartei angewendet werden sollen;

soweit möglich, Identität, Aufenthaltsort und Staatsangehörigkeit jeder betroffenen Person;

f)

den Zweck, zu dem die Beweismittel, Informationen oder Massnahmen erbeten werden.

(11) Die ersuchte Vertragspartei kann ergänzende Angaben anfordern, wenn dies für die Erledigung des Ersuchens nach ihrem innerstaatlichen Recht notwendig erscheint oder die Erledigung erleichtern kann.

(12) Ein Ersuchen wird nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei und, soweit dieses Recht dem nicht entgegensteht, nach Möglichkeit entsprechend den im Ersuchen bezeichneten Verfahren erledigt.

(13) Die ersuchende Vertragspartei übermittelt oder verwendet von der ersuchten Vertragspartei erhaltene Informationen oder Beweismittel nicht ohne vorherige Zustimmung der ersuchten Vertragspartei für andere als in dem Ersuchen bezeichnete Ermittlungen, Strafverfolgungen oder Gerichtsverfahren.

(14) Die ersuchende Vertragspartei kann verlangen, dass die ersuchte Vertragspartei das Ersuchen und seinen Inhalt vertraulich behandelt, soweit die Erledigung des Ersuchens nichts anderes gebietet. Kann die ersuchte Vertragspartei der verlangten Vertraulichkeit nicht entsprechen, so setzt sie die ersuchende Vertragspartei umgehend davon in Kenntnis, (15) Die Rechtshilfe kann verweigert werden, a) wenn das Ersuchen nicht in Übereinstimmung mit diesem Artikel gestellt wird; b) wenn die ersuchte Vertragspartei der Ansicht ist, dass die Erledigung des Ersuchens geeignet ist, ihre Souveränität, ihre Sicherheit, die öffentliche Ordnung (ordre public) oder andere wesentliche Interessen zu beeinträchtigen; c) wenn es den Behörden der ersuchten Vertragspartei nach ihrem innerstaatlichen Recht untersagt wäre, die Massnahme, um die ersucht wurde, in bezug auf eine vergleichbare Straftat zu ergreifen, die Gegenstand von Ermittlungen, Strafverfolgungen oder Gerichtsverfahren unter ihrer eigenen Gerichtsbarkeit wäre; d) wenn das Rechtshilferecht der ersuchten Vertragspartei es nicht zuliesse, dem Ersuchen stattzugeben.

(16) Die Verweigerung der Rechtshilfe ist zu begründen.

(17) Die Rechtshilfe kann von der ersuchten Vertragspartei mit der Begründung aufgeschoben werden, dass sie laufende Ermittlungen, Strafverfolgungen oder Gerichtsverfahren beeinträchtigt. In diesem Fall konsultiert die ersuchte Vertragspartei die ersuchende Vertragspartei, um festzustellen, ob die Rechtshilfe unter den von der ersuchten Vertragspartei als notwendig erachteten Bedingungen noch geleistet werden kann.

650

·S

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

(18) Ein Zeuge, ein Sachverständiger oder ein anderer, der bereit ist, im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei in einem Verfahren auszusagen "oder bei Ermittlungen, Strafverfolgungsmassnahmen oder Gerichtsverfahren mitzuwirken, darf wegen Handlungen, Unterlassungen oder Verurteilungen aus der Zeit vor seiner Abreise aus dem Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei weder verfolgt noch in Haft gehalten, bestraft oder einer sonstigen Beschränkung seiner persönlichen Freiheit unterworfen werden. Dieses freie Geleit endet, wenn der Zeuge, der Sachverständige oder der andere während fünfzehn aufeinanderfolgender Tage oder während einer anderen von den Vertragsparteien vereinbarten Zeitspanne, nachdem ihm amtlich mitgeteilt wurde, dass seine Anwesenheit von den Justizbehörden nicht länger verlangt wird, die Möglichkeit gehabt hat, das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei zu verlassen, und trotzdem freiwillig dort bleibt oder wenn er nach Verlassen dieses Gebiets freiwillig dorthin zurückgekehrt ist.

(19) Die ersuchte Vertragspartei trägt die gewöhnlichen Kosten der Erledigung eines Ersuchens, sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren. Sind oder werden bei der Erledigung eines Ersuchens erhebliche oder aussergewöhnliche Aufwendungen erforderlich, so konsultieren die Vertragsparteien einander, um festzustellen, unter welchen Bedingungen das Ersuchen erledigt werden kann und auf welche Weise die Kosten getragen werden.

(20) Die Vertragsparteien prüfen gegebenenfalls die Möglichkeit des Abschlusses zwei- oder mehrseitiger Abkommen oder sonstiger Vereinbarungen, die den Zwekken dieses Artikels dienen, ihn praktisch wirksam machen oder seine Bestimmungen verstärken.

Artikel 8 Übertragung von Verfahren zur Strafverfolgung Die Vertragsparteien prüfen die Möglichkeit, einander Verfahren zur Strafverfolgung wegen der in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten in den Fällen zu übertragen, in denen die Übertragung dem Interesse einer geordneten Rechtspflege dienlich erscheint.

Artikel 9 Andere Formen der Zusammenarbeit und Ausbildung (1) Die Vertragsparteien arbeiten im Einklang mit ihrer jeweiligen innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsordnung eng zusammen mit dem Ziel, die Wirksamkeit der Massnahmen der Strafrechtspflege zur Bekämpfung der in Übereinstimmung
mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten zu verstärken. Auf der Grundlage zwei- oder mehrseitiger Abkommen oder sonstiger Vereinbarungen werden sie insbesondere a)

Nachrichtenverbindungen zwischen ihren zuständigen Stellen und Ämtern einrichten und unterhalten, um den sicheren und raschen Informationsaustausch über alle Erscheinungsformen der in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten einschliesslich - wenn die betreffenden Vertragsparteien dies für zweckmässig erachten - der Verbindungen zu anderen Straftaten zu erleichtern;

b)

bei folgenden Ermittlungen in bezug auf die in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten internationaler Art zusammenarbeiten:

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Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

i)

Identität, Aufenthaltsort und Tätigkeit von Personen, die der Mitwirkung an den in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten verdächtig sind; ii) Bewegung der aus der Begehung solcher Straftaten stammenden Erträge oder Vermögensgegenslände; iii) Bewegung von Betäubungsmitteln, psychotropen Stoffen, Stoffen der Tabelle I und Tabelle II dieses Übereinkommens und der bei der Begehung dieser Straftaten verwendeten oder dazu bestimmten Tatwerkzeuge; c)" in geeigneten Fällen und sofern innerstaatliches Recht dem nicht entgegensteht, gemeinsame Arbeitsgruppen zur Durchführung der Bestimmungen dieses Absatzes bilden, wobei sie die Notwendigkeit berücksichtigen, die Sicherheit von Personen und Unternehmungen zu schützen. Amtlich beauftragte Personen einer Vertragspartei, die an solchen Arbeitsgruppen teilnehmen, handeln mit Ermächtigung der zuständigen Behörden der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Unternehmung stattfinden soll; in all diesen Fällen achten die beteiligten Vertragsparteien darauf, dass die Souveränität der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Unternehmung stattfinden soll, vollständig gewahrt bleibt;

d) gegebenenfalls die erforderlichen Mengen an Stoffe zu Analyse- oder Ermittlungszwecken zur Verfügung stellen; e)

die wirksame Koordinierung zwischen ihren zuständigen Stellen und Ämtern erleichtern und den Austausch von Personal und Sachverständigen, einschliess-

' lieh des Einsatzes von Verbindungsbeamten, fördern, (2) Jede Vertragspartei entwickelt oder verbessert, soweit erforderlich, besondere Ausbildungsprogramme für ihr Rechtspflege- oder sonstiges Personal, das mit der Bekämpfung der in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten betraut ist, einschliesslich des Zollpersonals. Diese Programme befassen sich insbesondere mit folgendem: a) Methoden zur Aufdeckung und Bekämpfung der in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten; b) benutzte Wege und Techniken der Personen, die der Mitwirkung an den in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten verdächtig sind, insbesondere in Transitstaaten, sowie geeignete Gegenmassnahmen; c) Überwachung der Einfuhr und Ausfuhr von Betäubungsmitteln, psychotropen Stoffen und in Tabelle I und Tabelle II aufgeführten Stoffen; d) Aufdeckung und Überwachung der Bewegung von Erträgen und Vermögensgegenständen, die aus der Begehung der in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten stammen, sowie der Betäubungsmittel, der psychotropen Stoffe und der in Tabelle I und Tabelle II aufgeführten Stoffe sowie der bei 'der Begehung dieser Straftaten verwendeten oder dazu bestimmten Tatwerkzeuge; e) Methoden zur Übertragung, Verheimlichung oder Verschleierung dieser Erträge, Vermögensgegenstände und Tatwerkzeuge; fj Sammlung von Beweismitteln; g) Methoden und Verfahren der Kontrolle in Freihandelszonen und Freihäfen; h) moderne Methoden und Verfahren der Ermittlung und Verfolgung.

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Unerlaubter Verkehr mît Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

(3) Die Vertragsparteien unterstützen einander bei der Planung und Durchführung von Forschungs- und Ausbildungsprogrammen zur Vermittlung von Sachkenntnis auf den in Absatz 2 genannten Gebieten und veranstalten gegebenenfalls zu diesem Zweck regionale und internationale Konferenzen und Seminare, um die Zusammenarbeit zu fördern und die Erörterung der Probleme von gemeinsamem Interesse anzuregen, einschliesslich der besonderen Probleme und Bedürfnisse der Transitstaaten.

Artikel 10 Internationale Zusammenarbeit und Hilfe für Transitstaaten (1) Die Vertragsparteien arbeiten unmittelbar oder über zuständige internationale oder regionale Organisationen zusammen, um Transitstaaten und insbesondere Entwicklungsländern, die der Hilfe und Unterstützung bedürfen, durch Programme fachlicher Zusammenarbeit zur Verhinderung der unerlaubten' Ein- und Durchfuhr sowie bei damit zusammenhängenden Tätigkeiten, soweit möglich, Hilfe und Unterstützung zu gewähren.

(2) Die Vertragsparteien können unmittelbar oder über zuständige internationale oder regionale Organisationen solchen Transitstaaten finanzielle Hilfe leisten, um die für die wirksame Kontrolle und Verhinderung des unerlaubten Verkehrs notwendige Infrastruktur auszubauen und zu verstärken.

(3) Die Vertragsparteien können zwei- oder mehrseitige Abkommen oder sonstige Vereinbarungen schliessen, um die Wirksamkeit der internationalen Zusammenarbeit nach diesem Artikel zu verstärken, und in dieser Hinsicht finanzielle Vereinbarungen in Betracht ziehen.

Artikel 11 Kontrollierte Lieferung (1) Die Vertragsparteien treffen, sofern die Grundsätze ihrer jeweiligen innerstaatlichen Rechtsordnung es zulassen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten die notwendigen Massnahmen, um die angemessene Anwendung der kontrollierten Lieferung auf internationaler Ebene auf der Grundlage der von ihnen geschlossenen Abkommen oder sonstigen Vereinbarungen zu ermöglichen mit dem Ziel, Personen zu ermitteln, die an den in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten beteiligt sind und gerichtlich gegen sie vorzugehen.

(2) Entscheidungen über die Anwendung der kontrollierten Lieferung werden von Fall zu Fall getroffen und können, falls erforderlich, finanzielle Vereinbarungen und Absprachen im Hinblick auf die Ausübung der Gerichtsbarkeit durch die betreffenden Vertragsparteien
in Betracht ziehen.

(3) Unerlaubt? Sendungen, deren kontrollierte Lieferung vereinbart wird, können ' mit Zustimmung der betreffenden Vertragsparteien abgefangen und derart zur Weiterbeförderung freigegeben werden, dass die Betäubungsmittel oder psychotropen Stoffe unangetastet bleiben, entfernt oder ganz oder teilweise ersetzt werden.

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Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

Artikel 12 Für die unerlaubte Herstellung von Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen häufig verwendete Stoffe (1) Die Vertragsparteien treffen die von ihnen für zweckmässig erachteten Massnahmen, um zu verhindern, dass in Tabelle I und Tabelle II aufgeführte Stoffe zur unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen abgezweigt werden, und arbeiten zu diesem Zweck zusammen.

(2) Liegen einer Vertragspartei oder dem Organ Angaben vor, die nach ihrer Auffassung die Aufnahme eines Stoffes in Tabelle I oder Tabelle H erforderlich machen, so notifizieren sie dies dem Generalsekretär und leiten ihm alle die Notifikation erhärtenden Angaben zu. Das in den Absätzen 2 bis 7 beschriebene Verfahren findet auch Anwendung, wenn einer Vertragspartei oder dem Organ Angaben vorliegen, welche die Streichung eines Stoffes aus Tabelle I oder Tabelle II oder die Übertragung eines Stoffes von der einen Tabelle in die andere rechtfertigen.

(3) Der Generalsekretär übermittelt die Notifikation und alle ihm erheblich erscheinenden Angaben den Vertragsparteien, der Kommission und, wenn die Notifikation von einer Vertragspartei ausging, dem Organ. Die Vertragsparteien leiten dem Generalsekretär ihre Stellungnahmen zu der Notifikation sowie alle ergänzenden Angaben zu, die dem Organ für eine Bewertung und der Kommission für die Beschlussfassung dienlich sein können.

(4) Stellt das Organ bei der Prüfung des Umfangs, der Bedeutung und der Vielfalt der erlaubten Verwendung des Stoffes sowie der Möglichkeit der leichten Verwendung anderer Stoffe sowohl für erlaubte Zwecke als auch für die unerlaubte Herstellung von Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen fest, a) dass der Stoff häufig bei der unerlaubten Herstellung eines Betäubungsmittels oder eines psychotropen Stoffes verwendet wird, b) dass Ausmass und Umfang der unerlaubten Herstellung eines Betäubungsmittels oder eines psychotropen Stoffes ernste volksgesundheitliche oder soziale Probleme aufwirft, die ein internationales Vorgehen rechtfertigen, so leitet es der Kommission eine Bewertung des Stoffes zu, wobei es auf die zu erwartenden Auswirkungen der Aufnahme des Stoffes in Tabelle I. oder Tabelle II sowohl für die erlaubte Verwendung als auch für die unerlaubte Herstellung hinweist, und gibt gegebenenfalls Empfehlungen zu Überwachungsmassnahmen
ab, die angesichts seiner Bewertung angebracht wären.

(5) Die Kommission kann unter Berücksichtigung der von den Vertragsparteien vorgelegten Stellungnahmen und der Empfehlungen des Organs, dessen Bewertung in wissenschaftlicher Hinsicht entscheidend ist, sowie unter gebührender Berücksichtigung aller anderen einschlägigen Umstände mit Zweidrittelmehrheit ihrer Mitglieder beschliessen, einen Stoff in Tabelle I oder Tabelle II aufzunehmen.

(6) Jeden Beschluss der Kommission aufgrund dieses Artikels teilt -der Generalsekretär allen Staaten und sonstigen Rechtsträgern, die Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind oder zu werden berechtigt sind, und dem Organ mit. Der Beschluss tritt für jede Vertragspartei 180 Tage nach dem Datum dieser Mitteilung uneingeschränkt in Kraft.

(7) a) Die von der Kommission aufgrund dieses Artikels gefassten Beschlüsse unterliegen der Nachprüfung durch den Rat, wenn eine Vertragspartei dies innerhalb von 180 Tagen nach dem Datum der Notifikation des Beschlusses 654

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

b)

c)

(8)

b)

(9) ten a)

b)

c)

beantragt. Der Antrag auf Nachprüfung ist zusammen mit allen ihn begründenden erheblichen Angaben fjeim Generalsekretär zu stellen.

Der Generalsekretär leitet der Kommission, dem Organ und allen Vertragsparteien Abschriften des Nachprüfungsantrags und die diesbezüglichen Angaben mit der Aufforderung zu, binnen 90 Tagen hierzu Stellung zu nehmen. Alle eingehenden Stellungnahmen werden dem Rat zur Prüfung vorgelegt.

Der Rat kann den Beschluss der Kommission bestätigen oder aufheben. Der Beschluss des Rates wird allen Staaten und sonstigen Rechtsträgern, die Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind oder zu werden berechtigt sind, der Kommission und dem Organ notifiziert.

a) Unbeschadet der Allgemeingültigkeit der Bestimmungen des Absatzes l, des Übereinkommens von 1961, des Übereinkommens von 1961 in seiner geänderten Fassung und des Übereinkommens von 1971 treffen die Vertragsparteien die von ihnen als angemessen erachteten Massnahmen, um in ihrem Hoheitsgebiet die Herstellung und Verteilung der Stoffe in Tabelle! und Tabelle II zu überwachen.

Zu diesem Zweck können die Vertragsparteien Ì) alle Personen und Unternehmen kontrollieren, die mit der Herstellung oder Verteilung dieser Stoffe befasst sind; ii) im Weg der Genehmigungspflicht die Betriebe und Räumlichkeiten kontrollieren, in denen die Herstellung oder Verteilung erfolgen kann; iii) vorschreiben, dass die Inhaber einer Genehmigung eine Erlaubnis für die Durchführung der genannten Tätigkeiten erwirken; iv) verhindern, dass sich im Besitz von Herstellern und Verteilern Mengen dieser Stoffe ansammeln, welche die für den normalen Geschäftsgang und die unter Berücksichtigung der herrschenden Marktlage benötigten Mengen übersteigen.

Jede Vertragspartei trifft in bezug auf die in Tabelle I und Tabelle II aufgeführStoffe folgende Massnahmen: Sie errichtet und unterhält ein System zur Überwachung des internationalen Handels mit den in Tabelle I und Tabelle II aufgeführten Stoffen, um die Aufdeckung verdächtiger Geschäfte zu erleichtern. Diese Überwachungssysteme werden in enger Zusammenarbeit mit Herstellern, Importeuren, Exporteuren, Grosshändlern und Einzelhändlern angewandt, welche die zuständigen Behörden über verdächtige Aufträge und Geschäfte unterrichten; sie sorgt für die Beschlagnahme jedes in Tabelle I oder Tabelle II aufgeführten
Stoffes, wenn ausreichende Beweise vorliegen, dass der Stoff für die Verwendung bei der unerlaubten Herstellung eines Betäubungsmittels oder eines psychotropen Stoffes bestimmt ist; sie unterrichtet so schnell wie möglich die zuständigen Behörden und Ämter der betroffenen Vertragsparteien, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr eines in Tabelle I oder Tabelle II aufgeführten Stoffes für die unerlaubte Herstellung von Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen bestimmt ist, insbesondere indem sie Angaben über die Zahlungsweise und andere wesentliche Umstände macht, die zu dieser Annahme geführt haben;

655

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen d) sie schreibt vor, dass die Einfuhren und Ausfuhren ordnungsgemüss mit Aufschrift und Unterlagen versehen sind. In den Geschäftsunterlagen wie Rechnungen, Ladeverzeichnissen, Zollunterlagen, Frachtbriefen und sonstigen Versandpapieren müssen die in Tabelle I oder Tabelle II verwendeten Bezeichnungen der eingeführten oder ausgeführten Stoffe, die eingeführte oder ausgeführte Menge sowie der Name und die Anschrift des Exporteurs, des Importeurs und, soweit bekannt, des Empfängers enthalten sein; e) sie stellt sicher, dass die unter Buchstabe d genannten Unterlagen mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden und den zuständigen Behörden zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt werden können.

(10) a) Zusätzlich zu den Bestimmungen des Absatzes 9 und auf ein an den Generalsekretär gerichtetes Ersuchen der interessierten Vertragspartei stellt jede Vertragspartei, aus deren Hoheitsgebiet ein in Tabelle I aufgeführter Stoff ausgeführt werden soll, sicher, dass vor der Ausfuhr von ihren zuständigen Behörden folgende Angaben an die zuständigen Behörden des Einfuhrlandes weitergegeben werden: 0 der Name und die Anschrift des Exporteurs und Importeurs und, soweit bekannt, des Empfängers; ii) die Bezeichnung des in Tabelle I aufgeführten Stoffes; iü) die Menge des auszuführenden Stoffes; iv) der vermutliche Ort der Einfuhr und das voraussichtliche Versanddatum; v) alle sonstigen Angaben, die von den Vertragsparteien untereinander vereinbart worden sind, b) Eine Vertragspartei kann strengere oder schärfere als in diesem Absatz vorgesehene Kontrollmassnahmen treffen, soweit dies nach ihrer Ansicht wünschenswert oder notwendig ist.

(11) Übermittelt eine Vertragspartei einer anderen Vertragspartei Angaben nach den Absätzen 9 und 10, so kann die Vertragspartei, welche die Angaben macht, von der Vertragspartei, die sie erhält, verlangen, dass sie alle Handels-, Geschäfts-, Wirtschafts- oder Berufsgeheimnisse oder Vertriebsverfahren vertraulich behandelt.

(12) Jede Vertragspartei reicht dem Organ jährlich in der von ihm vorgesehenen Form und Weise und auf den von ihm zur Verfügung gestellten Formblättern folgende Angaben ein: a) die beschlagnahmte Menge der in Tabelle I und Tabelle II aufgeführten Stoffe und, soweit bekannt, ihren Ursprung; b) jeden
nicht in Tabelle I oder Tabelle II aufgeführten Stoff, von dem festgestellt wurde, dass er bei der unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen verwendet worden ist, und den die Vertragspartei für wichtig genug hält, um ihn dem Organ zur Kenntnis zu bringen; c) Methoden der Abzweigung und der unerlaubten Herstellung.

(13) Das Organ berichtet der Kommission jährlich über die Durchführung dieses Artikels, und die Kommission überprüft regelmässig, ob Tabelle I und Tabelle II ausreichend und angemessen sind.

656

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

(14) Dieser Artikel findet weder auf pharmazeutische noch auf andere Zubereitungen Anwendung, die in Tabelle I oder Tabelle II aufgeführte Stoffe enthalten und so zusammengesetzt sind, dass diese Stoffe nicht ohne weiteres verwendet oder durch leicht anwendbare Mittel zurückgewonnen werden können.

Artikel 13 Material und Gerät Die Vertragsparteien treffen die von ihnen als angemessen erachteten Massnahmen, um den Handel mit Material und Gerät und deren Abzweigung für die unerlaubte Gewinnung oder Herstellung von Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen zu verhindern, und arbeiten zu diesem Zweck zusammen.

Artikel 14 Massnahmen zur Ausmerzung des unerlaubten Anbaus von Betäubungsmittelpflanzen und zur Beseitigung der unerlaubten Nachfrage nach Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen (1) Die von den Vertragsparteien aufgrund dieses Übereinkommens getroffenen Massnahmen dürfen nicht weniger streng sein als die für die Ausmerzung des unerlaubten Anbaus von Pflanzen, welche Betäubungsmittel und psychotrope Stoffe enthalten, und für die Beseitigung der unerlaubten Nachfrage nach Betäubungsmitteln und psychptropen Stoffen geltenden Bestimmungen des Übereinkommens von 1961, des Übereinkommens von 1961 in seiner geänderten Fassung und des Übereinkommens von 1971.

(2) Jede Vertragspartei trifft geeignete Massnahmen, um in ihrem Hoheitsgebiet den unerlaubten Anbau von Pflanzen zu verhindern, die Betäubungsmittel oder psychotrope Stoffe enthalten, wie etwa Opiummohn, Cocastrauch und Cannabispflanze, und um solche in ihrem Hoheitsgebiet unerlaubt angebauten Pflanzen zu vernichten. Bei diesen Massnahmen sind die grundlegenden Menschenrechte zu achten und die traditionellen, erlaubten Verwendungen, sofern diese historisch belegt sind, sowie der Umweltschutz gebührend zu berücksichtigen.

(3) a) Die Vertragsparteien können zusammenarbeiten, um die Wirksamkeit der

b)

c)

Massnahmen zur Ausmerzung des unerlaubten Anbaus zu verstärken. Diese Zusammenarbeit kann unter anderem gegebenenfalls aus der Unterstützung einer integrierten ländlichen Erschliessung bestehen, die zu einem wirtschaftlich rentablen Ersatz für den unerlaubten Anbau führt. Vor Durchführung sol-cher ländlicher Erschliessungsprogramme sollen Faktoren wie Marktzugang, Verfügbarkeit von Ressourcen und die herrschenden sozio-ökonomischen Verhältnisse berücksichtigt werden. Die Vertragsparteien können andere geeignete Massnahmen der Zusammenarbeit vereinbaren.

Die Vertragsparteien erleichtern auch den Austausch wissenschaftlicher und technischer Informationen sowie die, Durchführung von Forschungsarbeiten über die Ausmerzung des unerlaubten Anbaus.

Haben Vertragsparteien gemeinsame Grenzen, so bemühen sie sich, bei Programmen zur Ausmerzung des unerlaubten Anbaus in ihren jeweiligen Grenzgebieten zusammenzuarbeiten.

(4) Die Vertragsparteien treffen geeignete Massnahmen, die darauf gerichtet sind, die unerlaubte Nachfrage nach Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen zu 657

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

beseitigen oder zu verringern mit dem Ziel, menschliches Leid zu lindern und den finanziellen Anreiz für den unerlaubten Verkehr zu beseitigen. Diese Massnahmen können unter anderem auf Empfehlungen der Vereinten Nationen, von Spezialorganisationen der Vereinten Nationen, beispielsweise der Weltgesundheitsorganisation, und anderer zuständiger internationaler Organisationen sowie auf das von der 1987 abgehaltenen Internationalen Konferenz über Drogenmissbrauch und unerlaubten Verkehr (Weltdrogenkonferenz/ICDAIT) angenommene Umfassende Multidisziplinäre Aktionsprogramm gestützt werden, soweit dieses sich auf staatliche und nichtstaatliche Stellen und private Anstrengungen auf dem Gebiet der Verhütung, Behandlung und Rehabilitation bezieht. Die Vertragsparteien können zweioder mehrseitige Abkommen oder sonstige Vereinbarungen schliessen, welche die Beseitigung oder Verringerung der unerlaubten Nachfrage nach Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen zum Ziel haben.

(5) Die Vertragsparteien können auch die notwendigen Massnahmen treffen, um die beschlagnahmten oder eingezogenen Betäubungsmittel, psychotropen Stoffe und in Tabelle I und Tabelle II aufgeführten Stoffe umgehend zu vernichten oder rechtmässig zu verwerten und um ordnungsgemäss bestätigte notwendige Mengen solcher Stoffe als Beweismittel zuzulassen.

Artikel 15 Gewerbliche Beförderungsunternehmer (1) Die Vertragsparteien treffen geeignete Massnahmen, um sicherzustellen, dass von gewerblichen Beförderungsunternehmern betriebene Beförderungsmittel nicht dazu benutzt werden, die in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten zu begehen; diese Massnahmen können besondere Vereinbarungen mit gewerblichen Beförderungsunternehmern umfassen.

(2) Jede Vertragspartei fordert die gewerblichen Beförderungsunternehmer auf, zweckdienliche Vorsichtsmassnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass ihre Beförderungsmittel für die Begehung von in Übereinstimmung mit Artikels Absatz l umschriebenen Straftaten benutzt werden. Diese Vorsichtsmassnahmen können folgendes umfassen: a) wenn sich der Hauptgeschäftssitz des gewerblichen Beförderungsunternehmers im Hoheitsgebiet der Vertragspartei befindet i) Schulung des Personals, damit es verdächtige Sendungen oder Personen erkennt, ü) Förderung der Integrität des Personals; b) wenn der
Beförderungsunternehmer im Hoheitsgebiet der Vertragspartei tätig ist i) soweit möglich die vorherige Vorlage der Ladeverzeichnisse, ii) Verwendung fälschungssicherer, einzeln überprüfbarer Siegel auf den Behältnissen,

iü) schnellstmögliche Meldung aller verdächtigen Vorfälle, die mit der Begehung von in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz l umschriebenen Straftaten in Zusammenhang gebracht werden können, an die entsprechenden Behörden.

(3) Jede Vertragspartei bemüht sich sicherzustellen, dass die gewerblichen Beförderungsunternehmer und die entsprechenden Behörden an den Orten der Ein- und 658

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

Ausfuhr und in den sonstigen Zollkontrollbereichen zusammenarbeiten, um den unbefugten Zugang zu Beförderungsmitteln und Ladungen zu verhindern und geeignete Sicherheitsmassnahmen anzuwenden.

Artikel 16 Geschäftsunterlagen und Kennzeichnung der Ausfuhren (1) Jede Vertragspartei verlangt, dass rechtmässige Ausfuhren von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen mit ordnungsgemässen Unterlagen ausgestattet sind.

Zusätzlich zu den Unterlagen nach Artikel 31 des Übereinkommens von 1961, nach Artikel 31 des Übereinkommens von 1961 in seiner geänderten Fassung und nach Artikel 12 des Übereinkommens von 1971 müssen die Geschäftsunterlagen wie Rechnungen, Ladeverzeichnisse, Zollunterlagen, Frachtbriefe und sonstige Versandpapiere die in den jeweiligen Anhängen des Übereinkommens von 1961, des Übereinkommens von 1961 in seiner geänderten Fassung und des Übereinkommens von 1971 aufgeführten Bezeichnungen der ausgeführten Betäubungsmittel und psychotropen Stoffe, die ausgeführte Menge und den Namen und die Anschrift des Exporteurs, des Importeurs und, soweit bekannt, des Empfängers enthalten.

(2) Jede Vertragspartei verlangt, dass zur Ausfuhr bestimmte Sendungen von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen nicht falsch gekennzeichnet sind.

Artikel 17 Unerlaubter Verkehr auf See (1) Die Vertragsparteien arbeiten so weitgehend wie möglich zusammen, um den unerlaubten Verkehr auf See nach Massgabe des Seevölkerrechts zu bekämpfen.

(2) Eine Vertragspartei, die den begründeten Verdacht hat, dass ein Schiff, das ihre Flagge führt oder keine Flagge oder Registrierungszeichen zeigt, für unerlaubten Verkehr benutzt wird, kann andere Vertragsparteien um Hilfe bei der Bekämpfung seiner Verwendung zu diesem Zweck ersuchen. Die ersuchten Vertragsparteien leisten diese Hilfe im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel.

(3) Eine Vertragspartei, die den begründeten Verdacht hat, dass ein Schiff, das die Freiheit der Schiffahrt in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht ausübt und die Flagge einer anderen Vertragspartei führt oder deren Registrierungszeichen zeigt, für unerlaubten Verkehr benutzt wird, kann dies dem Flaggenstaat anzeigen, eine Bestätigung der Registrierung anfordern und bei Bestätigung den Flaggenstaat um die Genehmigung ersuchen, geeignete Massnahmen im Hinblick auf dieses Schiff zu ergreifen.
(4) Nach Absatz 3 oder in Übereinstimmung mit den zwischen ihnen geltenden Verträgen oder anderweitig zwischen diesen Vertragsparteien geschlossenen Abkommen oder sonstigen Vereinbarungen kann der Flaggenstaat den ersuchenden Staat unter anderem ermächtigen a) das Schiff anzuhalten; b) das Schiff zu durchsuchen; c) falls Beweise für unerlaubten Verkehr gefunden werden, geeignete Massnahmen im Hinblick auf das Schiff, die Personen und die Ladung an Bord zu treffen.

(5) Werden Massnahmen aufgrund dieses Artikels getroffen, so tragen die betreffenden Vertragsparteien in gebührender Weise der Notwendigkeit Rechnung, den 659

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

Schutz des menschlichen Lebens auf See sowie die Sicherheit des Schiffes und der Ladung nicht zu gefährden und die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen des Flaggenstaates oder einer anderen beteiligten Vertragspartei nicht zu beeinträchtigen.

(6) Der Raggenstaat kann in Übereinstimmung mit seinen Verpflichtungen nach Absatz l seine Genehmigung von Bedingungen abhängig machen, die zwischen ihm und der ersuchenden Vertragspartei zu vereinbaren sind, darunter Bedingungen in bezug auf die Haftung.

(7) Für die Zwecke der Absätze 3 und 4 beantwortet eine Vertragspartei ein Ersuchen einer anderen Vertragspartei um Feststellung, ob ein Schiff, das ihre Flagge führt, hierzu berechtigt ist, sowie Ersuchen um Genehmigung nach Absatz 3 zügig.

Jede Vertragspartei des Übereinkommens bestimmt zu dem Zeitpunkt, in dem sie Vertragspartei wird, eine oder gegebenenfalls mehrere Behörden zur Entgegennahme und Beantwortung dieser Ersuchen. Die Bestimmung wird allen anderen Vertragsparteien innerhalb eines Monats über den Generalsekretär notifiziert.

(8) Eine Vertragspartei, die eine Massnahme in Übereinstimmung mit diesem Artikel getroffen hat, unterrichtet den betroffenen Flaggenstaat sofort von den Ergebnissen dieser Massnahme.

(9) Die Vertragsparteien erwägen den Abschluss zweiseitiger oder regionaler Abkommen oder sonstiger Vereinbarungen zur Durchführung oder zur Verstärkung der Wirksamkeit der Bestimmungen dieses Artikels.

(10) Massnahmen nach Absatz4 werden nur von Kriegsschiffen oder Militärluftfahrzeugen oder von anderen Schiffen oder Luftfahrzeugen durchgeführt, die deutlich als im Staatsdienst stehend gekennzeichnet und als solche erkennbar sind und die hierzu befugt sind.

(11) Jede nach diesem Artikel getroffene Massnahme trägt der Notwendigkeit gebührend Rechnung, die Rechte und Pflichten sowie die Ausübung der Hoheitsbefugnisse der Küstenstaaten in Übereinstimmung mit dem Seevölkerrecht nicht zu behindern oder zu beeinträchtigen.

Artikel 18 Freihandelszonen und Freihäfen (1) Die Vertragsparteien wenden zur Bekämpfung des unerlaubten Verkehrs mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen und in Tabelle I und Tabelle II aufgeführten Stoffen in Freihandelszonen und Freihäfen Massnahmen an, die nicht weni· ger streng sind als die, welche sie in anderen Teilen ihres Hoheitsgebiets anwenden.
(2) Die Vertragsparteien bemühen sich, a) den Güter- und Personenverkehr in Freihandelszonen und Freihäfen zu überwachen; zu diesem Zweck ermächtigen sie die zuständigen Behörden, Ladungen sowie ein- und auslaufende Schiffe, einschliesslich Vergnügungs- und Fischereifahrzeuge, sowie Luftfahrzeuge und sonstige Fahrzeuge und gegebenenfalls Besatz.ungsmitglieder, Fahrgäste und deren Gepäck zu durchsuchen; b) ein System zum Aufspüren von Sendungen zu errichten und zu unterhalten, die zu dem Verdacht Anlass geben, in Freihandelszonen und Freihäfen einund ausgehende Betäubungsmittel, psychotrope Stoffe und in Tabelle I und Tabelle II aufgeführten Stoffe zu enthalten; 660

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

c)

Überwachungssysteme in den Hafen- und Anlegebereichen, auf Flughäfen und an den Grenzkontrollstellen in Freihandelszonen und Freihäfen zu errichten und'zu unterhalten.

Artikel 19 Benutzung des Postwegs (1) Die Vertragsparteien treffen nach Massgabe ihrer Verpflichtungen aus den Übereinkünften des Weltpostvereins und in Übereinstimmung mit den Grundsätzen ihrer jeweiligen innerstaatlichen Rechtsordnung Massnahmen, um die Benutzung des Postwegs für den unerlaubten Verkehr zu unterbinden, und arbeiten zu diesem ·Zweck untereinander zusammen.

(2) Die in Absatz l genannten Massnahmen umfassen insbesondere a) koordinierte Massnahmen zur Verhütung und Eindämmung der Benutzung des Postwegs für den unerlaubten Verkehr; b) Einführung und Unterhaltung von Untersuchungs- und Kontrolltechniken durch in der Ermittlung und Verfolgung tätiges entsprechend ermächtigtes Personal, um unerlaubte Sendungen von Betäubungsmitteln, psychotropen Stoffen und in Tabelle Ï und Tabelle II aufgeführten Stoffen in Postsendungen aufzuspüren; c) Gesetzgebungsmassnahmen, die den Einsatz geeigneter Mittel zur Beschaffung des für Gerichtsverfahren benötigten Beweismaterials ermöglichen.

Artikel 20 Von den Vertragsparteien einzureichende Angaben (1) Die Vertragsparteien reichen der Kommission über den Generalsekretär Angaben über die Wirkung dieses Übereinkommens in ihren Hoheitsgebieten ein, insbesondere a) den Wortlaut der Gesetze und sonstigen Vorschriften, die zur Durchführung des Übereinkommens erlassen werden; b) Auskünfte mit Einzelheiten über Fälle unerlaubten Verkehrs in ihrem Hoheitsbereich, die sie wegen der Aufdeckung neuer Entwicklungen, der in Betracht kommenden Mengen, der Bezugsquellen der Stoffe oder der Methoden, deren sich die darin verwickelten Personen bedient haben, für wichtig halten.

(2) Die Kommission bestimmt, in welcher Weise und wann die Vertragsparteien die Angaben einzureichen haben.

Artikel 21 Aufgaben der Kommission Die Kommission ist ermächtigt, sämtliche die Ziele dieses Übereinkommens betreffenden Angelegenheiten zu behandeln; insbesondere a) überprüft die Kommission auf der Grundlage der von den Vertragsparteien nach Artikel 20 eingereichten Angaben die Wirkungsweise dieses Übereinkommens; b) kann die Kommission Anregungen und allgemeine Empfehlungen abgeben, die sich auf die Prüfung der von den Vertragsparteien eingereichten Angaben stützen; c) kann die Kommission das Organ auf jede mit dessen Aufgaben zusammenhängende Angelegenheit aufmerksam machen;

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Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

d) e) 0

trifft die Kommission in jeder ihr vom Organ nach Artikel 22 Absatz I Buchstabe b zugewiesenen Angelegenheit die von ihr für zweckmässig erachteten Massnahmen; kann die Kommission im Einklang mit den nach Artikel 12 definierten Verfahren Tabelle I und Tabelle II ändern; kann die Kommission Nichtvertragsparteien auf die von ihr nach diesem Übereinkommen angenommenen Beschlüsse und Empfehlungen aufmerksam machen, damit sie entsprechende Massnahmen in Erwägung ziehen können.

Artikel 22 Aufgaben des Organs (1) Unbeschadet der Aufgaben der Kommission nach Artikel 21 und unbeschadet der Aufgaben des Organs und der Kommission nach dem Übereinkommen von 1961, dem Übereinkommen von 1961 in seiner geänderten Fassung und dem Übereinkommen von 1971 gilt folgendes: a) Das Organ kann, wenn es aufgrund seiner Prüfung der ihm, dem Generalsekretär oder der Kommission vorliegenden oder von Organen der Vereinten Nationen übermittelten Angaben Grund zu der Annahme hat, dass die Ziele dieses Übereinkommens in Angelegenheiten im Zusammenhang mit seiner Zuständigkeit nicht verwirklicht werden, eine oder mehrere Vertragsparteien auffordern, einschlägige Angaben einzureichen; b) hinsichtlich der Artikel 12, 13 und 16 i) kann das Organ, nachdem es aufgrund des Buchstabens a tätig geworden ist, die betreffende Vertragspartei auffordern, wenn es dies für erforderlich erachtet, die unter den gegebenen Umständen zur Durchführung der Artikel 12, 13 und 16 erforderlichen Abhilfemassnahmen zu treffen; ii) behandelt das Organ, bevor es nach Ziffer in tätig wird, seinen-nach Buchstabe a und Ziffer i mit der betreffenden Vertragspartei geführten Schriftverkehr als vertraulich; iii) kann das Organ, wenn es feststellt, dass die betreffende Vertragspartei die Abhilfemassnahmen nicht getroffen hat, zu denen sie nach diesem Buchstaben aufgefordert worden ist, die Vertragsparteien, den Rat und die Kommission auf die Angelegenheit aufmerksam machen. Ein vom Organ nach diesem Buchstaben veröffentlichter Bericht hat auf Ersuchen der betreffenden Vertragspartei auch deren Auffassung zu enthalten.

(2) Prüft das Organ eine Frage aufgrund dieses Artikels, so wird jede Vertragspartei, für die sie von unmittelbarem Interesse ist, eingeladen, sich auf der diesbezüglichen Sitzung vertreten zu lassen. · (3) Wurde ein aufgrund dieses Artikels angenommener Beschluss des Organs nicht einstimmig gefasst, so ist auch die Auffassung der-Minderheit darzulegen.

(4) Beschlüsse des Organs aufgrund dieses Artikels bedürfen der Zweidrittelmehrheit der Gesamtzahl seiner Mitglieder.

(5) Bei der Erfüllung seiner Aufgaben nach Absatz l Buchstabe a gewährleistet das Organ die Vertraulichkeit aller in seinen Besitz gelangenden Angaben.

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Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

(6) Die Verantwortlichkeit des Organs aufgrund dieses Artikels gilt nicht für die Durchführung von Verträgen oder sonstigen Übereinkünften, die in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen zwischen Vertragsparteien geschlossen werden.

(7) Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die unter Artikel 32 fallenden Streitigkeiten zwischen Vertragsparteien.

Artikel 23 Berichte des Organs (1) Das Organ erstellt einen Jahresbericht über seine Arbeit; dieser enthält eine Auswertung der ihm zur Verfügung stehenden Angaben und geeignetenfalls eine Darlegung etwaiger Erläuterungen, um welche Vertragsparteien ersucht wurden oder die sie eingereicht haben, sowie alle Bemerkungen und Empfehlungen, die das Organ zu machen wünscht. Das Organ erstellt die von ihm für erforderlich gehaltenen Zusatzberichte. Die Berichte werden dem Rat über die Kommission vorgelegt; dieser steht es frei, dazu Stellung zu nehmen.

(2) Die Berichte des Organs werden den Vertragsparteien übermittelt und sodann vom Generalsekretär veröffentlicht. Die Vertragsparteien gestatten ihre unbeschränkte Verbreitung.

Artikel 24

Anwendung strengerer Massnahmen als in diesem Übereinkommen vorgeschrieben Eine Vertragspartei kann strengere oder schärfere Massnahmen treffen als" in diesem Übereinkommen vorgesehen, wenn diese Massnahmen nach ihrer Ansicht zur Verhütung oder Bekämpfung des unerlaubten Verkehrs wünschenswert oder notwendig sind.

Artikel 25 -Nichtaufhebung von Rechten und Pflichten aufgrund früherer Verträge Dieses Übereinkommen hebt Rechte oder Pflichten der Vertragsparteien dieses Übereinkommens aufgrund des Übereinkommens von 1961, des Übereinkommens von 1961 in seiner geänderten Fassung und des Übereinkommens von 1971 nicht auf.

Artikel 26 Unterzeichnung Dieses Übereinkommen Hegt vom 20. Dezember 1988 bis zum 28. Februar 1989 im Büro der Vereinten Nationen in Wien und danach bis zum 20. Dezember 1989 am Sitz der Vereinten Nationen in New York zur Unterzeichnung auf a) für alle Staaten; b) für Namibia, vertreten durch den Rat der Vereinten Nationen für Namibia; c) für Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die für die Aushandlung, den Abschluss und die Anwendung internationaler Übereinkünfte über Angelegenheiten zuständig sind, die in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallen; Bezugnahmen in dem Übereinkommen auf Vertragsparteien, Staaten oder innerstaatliche Dienste gelten auch für diese Organisationen innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit.

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Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotrope« Stoffen

Artikel 27

Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Akt der förmlichen Bestätigung (1) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung durch Staaten und durch Namibia, vertreten durch den Rat der Vereinten Nationen für Namibia, sowie Akten der förmlichen Bestätigung durch die nach Artikel 26 Buchstabe c bezeichneten Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration.

Die Ratifikations-, Annahme- und Genehmigungsurkunden sowie die Urkunden betreffend Akte der förmlichen Bestätigung werden beim Generalsekretär hinterlegt.

(2) In ihren Urkunden der förmlichen Bestätigung legen die Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration den Umfang ihrer Zuständigkeit hinsichtlich der Angelegenheiten dar, die in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallen.

Diese Organisationen teilen dem Generalsekretär auch jede Änderung des Umfangs ihrer Zuständigkeit hinsichtlich der Angelegenheiten mit, die in den Geltungsbereich des Übereinkommens fallen.

Artikel 28 Beitritt (1) Dieses Übereinkommen steht jedem Staat, Namibia, vertreten durch den Rat der Vereinten Nationen für Namibia, und den nach Artikel 26 Buchstabe c bezeichneten Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration zum Beitritt offen. Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim Generalsekretär.

(2) In ihren Beitrittsurkunden legen die Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration den Umfang ihrer Zuständigkeit hinsichtlich der Angelegenheiten dar, die in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallen. Diese Organisationen teilen dem Generalsekretär auch jede Änderung des Umfangs ihrer Zuständigkeit hinsichtlich der Angelegenheiten mit, die in den Geltungsbereich des Übereinkommens fallen.

Artikel 29

Inkrafttreten

(1) Dieses Übereinkommen tritt am neunzigsten Tag nach Hinterlegung der zwanzigsten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde Staaten oder durch Namibia, vertreten durch den Rat der Vereinten Nationen für Namibia, beim Generalsekretär in Kraft.

(2) Für jeden Staat oder für Namibia, vertreten durch den Rat der Vereinten Nationen für Namibia, die dieses Übereinkommen nach Hinterlegung der zwanzigsten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde ratifizieren, annehmen, genehmigen oder ihm beitreten, tritt das Übereinkommen am neunzigsten Tag nach Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

(3) Für jede nach Artikel 26 Buchstabe c bezeichnete Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration, die eine Urkunde betreffend einen Akt der förmlichen Bestätigung oder eine Beitrittsurkunde hinterlegt, tritt dieses Übereinkommen am neunzigsten Tag nach dieser Hinterlegung oder zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Übereinkommens nach Absatz l, wenn dies der spätere ist, in Kraft.

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Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

Artikel 30 Kündigung (1) Eine Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär gerichtete schriftliche Notifikation kündigen.

(2) Die Kündigung wird ein Jahr nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär für die betreffende Vertragspartei wirksam.

'Artikel 31 Änderungen (1) Jede Vertragspartei kann zu diesem Übereinkommen Änderungen vorschlagen.

Der Wortlaut und die Begründung jedes Änderungsvorschlags werden von der betreffenden Vertragspartei dem Generalsekretär übermittelt; dieser leitet sie den anderen Vertragsparteien zu mit der Frage, ob sie den Änderungsvorschlag annehmen. Ist ein derart verteilter Änderungsvorschlag binnen vierundzwanzig Monaten nach seiner Verteilung von keiner Vertragspartei abgelehnt worden, so gilt er als angenommen; die Änderung tritt für eine Vertragspartei neunzig Tage nach dem Zeitpunkt in Kraft, in dem sie beim Generalsekretär eine Urkunde hinterlegt hat, in der sie ihre Zustimmung ausdrückt, durch die Änderung gebunden zu sein.

(2) Ist ein Änderungsvorschlag von einer Vertragspartei abgelehnt worden, so konsultiert der Generalsekretär die Vertragsparteien; auf Antrag der Mehrheit legt er die Angelegenheit zusammen mit etwaigen Stellungnahmen der Vertragsparteien dem Rat vor, der die Einberufung einer Konferenz in Übereinstimmung mit Artikel 62 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen beschliessen kann. Eine Änderung, die das Ergebnis einer solchen Konferenz ist, wird in einem Änderungsprotokoll niedergelegt. Die Zustimmung, durch ein solches Protokoll gebunden zu sein, muss ausdrücklich gegenüber dem Generalsekretär zum Ausdruck gebracht werden.

Artikel 32 Beilegung von Streitigkeiten (1) Entsteht zwischen zwei oder mehr Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens eine Streitigkeit, so konsultieren die Vertragsparteien einander mit dem Ziel, die Streitigkeit durch Verhandlung, Untersuchung, Vermittlung, Vergleich, Schiedsspruch, Inanspruchnahme regionaler Einrichtungen, gerichtliche Entscheidung oder durch andere friedliche Mittel eigener Wahl beizulegen.

(2) Kann durch die in Absatz l vorgesehenen Verfahren die Streitigkeit nicht beigelegt werden, so ist sie auf Antrag eines der an der Streitigkeit beteiligten Staates dem Internationalen Gerichtshof zur Entscheidung zu unterbreiten.
(3) Ist eine nach Artikel 26 Buchstabe c bezeichnete Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration an einer Streitigkeit beteiligt, die nicht durch die in Absatz l vorgesehenen Verfahren beigelegt werden kann, so kann die Organisation durch einen Mitgliedstaat der Vereinten Nationen den Rat ersuchen, vom Internationalen Gerichtshof nach Artikel 65 seines Statuts ein Gutachten einzuholen, das als entscheidend betrachtet wird.

(4) Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung dieses Übereinkommens oder beim Beitritt dazu und jede Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung einer Urkunde der förmlichen Bestätigung oder einer Beitritts665

Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

Urkunde erklären, dass sie sich durch die Absätze 2 und 3 nicht als gebunden betrachten. Die anderen Vertragsparteien sind durch die Absätze 2 und 3 gegenüber einer Vertragspartei, die eine solche Erklärung abgegeben hat, nicht gebunden.

(5) Eine Vertragspartei, die eine Erklärung nach Absatz 4 abgegeben hat, kann diese jederzeit durch eine Notifikation an den Generalsekretär zurücknehmen, Artikel 33 Verbindlicher Wortlaut Der arabische, chinesische, englische, französische, russische und spanische Wortlaut dieses Übereinkommens ist gleichermassen verbindlich.

Artikel 34 Verwahrer Der Generalsekretär ist Verwahrer dieses Übereinkommens.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Geschehen zu Wien am 20. Dezember 1988 in einer Urschrift.

Es folgen die Unterschriften

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Unerlaubter Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen

Anlage Tabelle I

Tabelle II

Ephedrin Ergometrin Ergotamin Lysergsäure l-Phenyl-2-propanon Pseudoephedrin

Aceton Anthranilsäure Essigsäureanhydrid Ethylether Phenylessigsäure Piperidin

Die Salze der in dieser Tabelle aufgeführten Stoffe, falls das Bestehen solcher Salze möglich ist.

Die Salze der in dieser Tabelle aufgeführten Stoffe, falls das Bestehen solcher Salze möglich ist.

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Botschaft betreffend das Übereinkommen von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen vom 29. November 1995

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1996

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

09

Cahier Numero Geschäftsnummer

95

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

05.03.1996

Date Data Seite

609-667

Page Pagina Ref. No

10 053 771

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