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96.024

Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Aufhebung der Änderung der Art. 6 Abs. l und 8 Abs. l in der Fassung vom 7. Okt. 1994 betreffend die Anwendung der sinkenden Beitragsskala) vom 18. März 1996

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen hiermit unsere Botschaft über die Aufhebung der Änderung der Artikel 6 Absatz l und 8 Absatz l des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung in der Fassung vom 7. Oktober 1994 und beantragen Ihnen, dem beigefügten Gesetzesentwurf zuzustimmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. März 1996

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Delamuraz Der Bundeskanzler; Couchepin

1996-174

12 Bundesblall 148. Jahrgang. Bd. H

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Übersicht Selbständigerwerbende und Arbeitnehmer ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber bezahlen ihre Beiträge unterhalb einer gewissen Einkommensgrenze nach einer sinkenden Beitragsskala, Nach den Artikeln 6 Absatz l und 8 Absatz l des Bundesgesetzes über die Altersund Hinterlassenenversicherung in der Fassung vom 7. Oktober 1994 (AHVG; SR 831.10; AS 1996 ...; BBI 1994 III1804) gelangt die sinkende Beitragsskala zur Anwendung, wenn sich das Einkommen auf weniger als 43 200 Franken beläuft.

Dieser Betrag wurde vom Bundesrat in seiner Botschaft zur 10. AHV-Revision (BBI 1990 II S. 150f.) vorgeschlagen. Die damit verbundene Ausdehnung der sinkenden Beitragsskala war die Folge der vom Bundesrat beantragten Erhöhung des Beitragssatzes von 7,8 auf 8,4 Prozent. Nachdem die Bundesversammlung der Erhöhung des Beitragssatzes nicht zugestimmt hat, hätte die obere Grenze der sinkenden Beitragsskala folgerichtig auch nicht geändert werden dürfen. Da dies trotzdem geschah, erfuhr die Skala eine nicht beabsichtigte Erweiterung. Daraus würde nach Inkrafttreten der revidierten Bestimmungen eine nicht beabsichtigte Entlastung der erwähnten Personenkategorien resultieren. Betragsmässig käme der Beitragsausfall für die AHV/IV/EO auf jährlich 25 Millionen Franken zu stehen.

Der Bundesrat beantragt, die Änderungen der Artikel 6 Absatz 1 und 8 Absatz 1 aufzuheben.

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Botschaft I II

Allgemeiner Teil Ausgangslage

Selbstäncjigerwerbende bezahlen auf ihrem Erwerbseinkommen einen Beitrag an die AHV von 7,8 Prozent. Da die Selbständigerwerbenden für ihre Beiträge allein aufkommen müssen (kein Arbeitgeberanteil), kann der volle Beitragssatz für Personen mit bescheidenen Einkommen eine v'erhältnismässig grosse Belastung bedeuten. Daher kennt die AHV seit ihrem Bestehen unterhalb einer gewissen Einkommenshöhe einen degressiven Beitragssatz. Eine derart ausgestaltete sinkende Beitragsskala gilt auch für Arbeitnehmer von nicht beitragspflichtigen Arbeitgebern ohne Quellenbezug (z. B. beitragspflichtige Arbeitnehmer von ausländischen Botschaften in der Schweiz oder von Arbeitgebern im Ausland).

Bei Inkrafttreten der 9. AHV-Revision im Jahre 1979 setzte die sinkende Beitragsskala bei Einkommen von weniger als 25 200 Franken im Jahr ein und verminderte sich bis zu einem Jahreseinkommen von 4200 Franken auf 4,2 Prozent. Für noch tiefere Einkommen galt der Mindestbeitrag. Diese Werte stehen noch heute in Artikel 8 AHVG.

Mit der 9. AHV-Revision räumte der Gesetzgeber dem Bundesrat in Artikel 9bis die Kompetenz ein, die Grenzen der sinkenden Beitragsskala dem Rentenindex von Artikel 33Icr anzupassen. Der Bundesrat sorgt seither dafür, dass die obere Grenze dem gerundeten vierfachen Janresbetrag der vollen einfachen Mindestrente entspricht. Die Anpassungen laufen zwar grundsätzlich parallel mit jenen der ordentlichen Renten, können jedoch angesichts der für Selbständigerwerbende geltenden, jeweils in einem geraden Jahr beginnenden zweijährigen Beitragsperiode vernünftigerweise bloss auf Beginn eines geraden Kalenderjahres vorgenommen werden.

Darauf wies der Bundesrat bereits in seiner Botschaft zur 9. AHV-Revision (BEI 7976" III 52f.) und in jener zur Partialrevision von Artikel 33Kr AHVG hin (BB1 1991 I 221 f.). Aufgrund dieser Mechanismen erhöhte der Bundesrat die Grenzen der sinkenden Beitragsskala seit dem Jahre 1980 regelmässig alle zwei Jahre.

Im Jahr 1990, dem Jahr, in dem der Bundesrat seine Botschaft zur 10. AHV-Revision vorlegte, belief sich die obere Grenze der sinkenden Beitragsskala auf 38 400 Franken, die untere Grenze, ab bzw. unterhalb derer der Mindestbeitrag geschuldet wurde, betrug 6500 Franken.

In der erwähnten Botschaft vom S.März 1990 zur 10. AHV-Revision beantragte der Bundesrat den eidgenössischen
Räten die Angleichung des Beitragssatzes der Selbständigerwerbenden und der Arbeitnehmer nicht beitragspflichtiger Arbeitgeber an denjenigen der Arbeitnehmer, d. h. eine Erhöhung von 7,8 auf 8,4 Prozent (BB1 7990 II S. 150f.). Gleichzeitig sollte die sinkende Beitragsskala entsprechend ausgedehnt werden: Sie sollte nicht mehr bei 38400 Franken (dem Wert, bei welchem damals der Beitragssatz von 7,8 Prozent erreicht wurde) enden, sondern erst bei 43 200 Franken (dem Betrag, der erreicht wird, wenn man die Skala bis zu einem Beitrag von 8,4 Prozent entsprechend fortschreibt). Demzufolge beantragte der Bundesrat folgende Fassung der Artikel 6 Absatz l und 8 Absatz l AHVG:

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Art. 6 Beiträge der Arbeitnehmer nicht beitragspflichtiger Arbeitgeber 1 Die Beiträge der Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber nicht der Beitragspflicht untersteht, betragen 8,4 Prozent des massgebenden Lohnes. Dieser wird für die Berechnung des Beitrages auf die nächsten 100 Franken abgerundet. Beträgt der massgebende Lohn weniger als 43 200 Franken im Jahr, so vermindert sich der Beitragssatz nach einer vom Bundesrat aufzustellenden sinkenden Skala bis auf 4,2 Prozent.

Art. 8

Beiträge von Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit 1. Grundsatz 1 Vom Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit wird ein Beitrag von 8,4 Prozent erhoben. Das Einkommen wird für die Berechnung des Beitrages auf die nächsten 100 Franken abgerundet. Beträgt es weniger als 43 200, aber mindestens 6500 Franken im Jahr, so vermindert sich der Beitragssatz nach einer vom Bundesrat aufzustellenden sinkenden Skala bis auf 4,2 Prozent.

In gleicher Weise werden die IV- und EO-Beiträge abgestuft.

12

Beratung im Parlament

Sowohl der Ständerat als Erstrat (Amtl. Bull. S 1991 257) wie auch der Nationalrat (Amtl. Bull. N 1993 1251) sind auf die Änderungsvorschläge des Bundesrates eingetreten, ersetzten dabei aber bloss den Beitragssatz durch den tieferen (bisherigen) Wert ohne gleichzeitig die obere Grenze der sinkenden Beitragsskala zu reduzieren. Damit wurde die sinkende Beitragsskala grundlos ausgedehnt. Es bestehen keinerlei Hinweise, dass dieses Resultat beabsichtigt wurde.

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 29. November 1995 beschlossen, die 10.AHV-Revision am I.Januar 1997 in Kraft zu setzen. Eine Ausnahme besteht bloss für die beiden erwähnten Gesetzesbestimmungen, welche der Bundesrat angesichts der bereits erwähnten zweijährigen Beitragsperiodizität auch ohne Realisierung der in dieser Botschaft vorgesehenen Änderungen erst auf den 1. Januar 1998 in Kraft setzen würde.

13.

Auswirkung der ausgedehnten sinkenden Beitragsskala

Der Bundesrat hat in der Verordnung 96 über die Anpassung an die Lohn- und Preisentwicklung bei der AHV/IV vom 13. September 1995 (SR 831.106, AS 7995 4380) die Eckwerte auf 46 600 Franken bzw. 7800 Franken festgelegt. Diese gelten für die Jahre 1996 und 1997. Eine erneute Anpassung ist auf den I.Januar 1998 vorgesehen. Ausgehend von den aktuellen Werten sieht die sinkende Skala nach geltendem Recht und nach Fassung der 10. AHV-Revision wie folgt aus:

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Jährliches Erwerbseinkommen in Franken aber weniger als von mindestens 7800 14200 18100 20000 · 21900 23800 25700 27600 29 500 .

31400 33300 · 35200 37100 39000 40900 42800 44700 46600 48500 50400 52400

14200 18100 20000 " 21 900 23800 25 700 27600 29500 31400 33300 35200 37100 39000 40900 42800 44700 46600 48500 50400 52400 und mehr

Beitragsansatz in Prozenten des Erwerbseinkommen aktuell 10.AHV-Revision 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.9 5.1 5.3 5.5 5.7 5.9 6.2 6.5 6.8 .

7.1 7.4 7.8 7.8 7.8 7.8

4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9 5.0 5.2 5.4 5.6 i 5.8 6.0 6.2 6.4 6.6 6.9 7.2 7.5 7.8

AHV-Beitragsansatz in %

7800 11600 15400 19200 23000 26800 30600 34400 38200 42000 45800 49600 53400 jährllches Erwerbseinkommen

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Die ausgedehnte Beitragsskala hat zur Folge, dass die obere Grenze der sinkenden Beitragsskala erst bei einem Einkommen von 52400 Franken (statt schon bei 46 600 Franken) erreicht wird.

Dies würde bedeuten, dass für die AHV ein jährlicher Beitragsausfall von 20 Millionen Franken (siehe schraffierte Fläche in Grafik) bzw. ein solcher von 25 Millionen Franken für die AHV/IV/EO insgesamt resultieren würde. Diese Ausfälle waren in der 10. AHV-Revision nicht vorgesehen.

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Aufhebung'der Änderung der Artikel 6 Absatz l und 8 Absatz l AHVG in der Fassung vom 7. Oktober 1994

Um die unbeabsichtigte Beitragsentlastung bei Selbständigerwerbenden und Arbeitnehmern nicht beitragspflichtiger Arbeitgeber im Bereich der sinkenden Skala und den für die AHV/IV/EO daraus resultierenden Beitragsausfall rückgängig zu machen, muss der Maximalwert zur Anwendung der sinkenden Beitragsskala wieder an den Beitragssatz von 7,8 Prozent angepasst werden. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass br aufgrund von Artikel 9bis AHVG nicht befugt ist, diese Richtigstellung in eigener Kompetenz vorzunehmen, da es dabei nicht um eine Anpassung an den Rentenindex geht. Er gelangt daher an die eidgenössischen Räte mit dem Antrag, die erforderlichen Änderungen auf Gesetzesebene vorzunehmen. Die systemgerechte Lösung besteht darin, die beschlossenen Änderungen der 10. AHVRevision auf diesem Gebiet wieder aufzuheben.

Dies hätte zur Folge, dass die Eckwerte im Gesetz nach wie vor auf 25 200 (obere Grenze) und 4200 Franken (untere Grenze) lauten. Effektiv gelten inzwischen höhere Werte. Gestützt auf Artikel 9bls hat der Bundesrat die Grenzbeträge für die Jahre 1996 und 1997 auf 46600 bzw. 7800 Franken festgelegt. Auf den I.Januar 1998 sind die Werte dem in diesem Zeitpunkt gültigen Rentenindex nach Artikel 33ler AHVG anzupassen.

2

Besonderer Teil: Kommentar zur Aufhebung der Änderung der Artikel 6 Absatz l und 8 Absatz l AHVG in der Fassung vom 7. Oktober 1994

Mit der Aufhebung der Änderung der Artikel 6 Absatz l und 8 Absatz l AHVG in der Fassung vom 7. Oktober 1994 gilt der Wortlaut der bisherigen ^Bestimmungen weiter. Dadurch wird die sinkende Beitragsskala wieder auf den Beitragssatz von 7,8 Prozent bezogen und ein nicht beabsichtigter Beitragsausfall der AHV/IV/EO verhindert.

3 31 .

Finanzielle und personelle Auswirkungen Finanzielle Auswirkungen auf den Bund und die Kantone

Die Gesetzesänderung hat keine finanziellen Auswirkungen auf Bund und Kantone.

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32

Finanzielle Auswirkungen auf die Versicherungen

Die Gesetzesänderung verhindert für die AHV/IV/EO einen Beitragsausfall von 25 Millionen Franken (s. Ziff. 13).

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Personelle Auswirkungen auf den Bund und die Kantone

Personelle Auswirkungen für den Bund und die Kantone ergeben sich aus der Gesetzesänderung nicht.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage über die 10. AHV-Revision war in der Legislaturplanung 1987-1991 enthalten. Es handelt sich hier um eine partielle Korrektur der 10. AHV-Revision, wie sie am 7. Oktober 1994 beschlossen wurde.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die vorgeschlagene Änderung ist im Hinblick auf das Verhältnis zum europäischen Recht unbedenklich.

6

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf den Artikel'34iuater Absatz 2 BV.

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Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung

Entwurf

(ÂHVG)

Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 18. März 1996 1), beschliesst: l

Das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)2) wird wie folgt geändert: Die Änderung der Artikel 6 Absatz l und 8 Absatz l in der Fassung vom 7. Oktober 1994 3) wird aufgehoben.

II 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Es tritt am 1.Januar 1998 in Kraft.

8267

l

) BB1 1996 II 285 ) SR 831.10; AS 1996 ...

2

3

) AS 1996 ...; BBI1994 III 1804

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Aufhebung der Änderung der Art. 6 Abs. l und 8 Abs. l in der Fassung vom 7. Okt. 1994 betreffend die Anwendung der sinkenden Beitragsskala) vom 18.

März 1996

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Jahr

1996

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

16

Cahier Numero Geschäftsnummer

96.024

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

23.04.1996

Date Data Seite

285-292

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10 053 832

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