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Ablauf der Referendumsfrist: 6. Oktober 1974

Bundesbeschluss über die inländische Zuckerwirtschaft # S T #

(Vom28. Juni 1974)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 28, 31llls> Absätze 3 Buchstaben b und e sowie 4, und 32 Absatz 3 der Bundesverfassung.

nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 7. November 19731',

beschliesst: Art. l

Grundsatz 1

Zur Erhaltung einer Ackerfläche, \velche die Anpassung der inländischen landwirtschaftlichen Produktion an die Absatzmöglichkeiten erleichtert, eine vielseitige landwirtschaftliche Erzeugung erlaubt und bei Störung der Zufuhr vom Ausland die rechtzeitige Ausdehnung des Ackerbaues ermöglicht, sowie im Interesse einer vermehrten Sicherung der Landesversorgung mit Zucker fördert der Bund den Anbau bis 14 000 ha Zuckerrüben und deren Verwertung.

2 Der Bund gewährt der Zuckerfabrik und Raffinerie Aarberg AG sowie der Zuckerfabrik Frauenfeld AG nach Massgabe der folgenden Bestimmungen Zuwendungen zur Deckung ihrer Gestehungskosten.

Art. 2

Zuckerrübenmenge; Zusammenarbeit der Zuckerfabriken 1

Der Bundesrat legt, unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse, jährlich die Zuckerrübenmenge fest, die zu den von ihm festgesetzten Preisen abgeliefert werden kann, sowie die Aufteilung der Rübenproduktion auf die beiden Zuckerfabriken. Dabei ist den finanziellen Möglichkeiten nach Artikel 10 Absätze l und 2 Rechnung zu tragen.

i'BEI 1973 II1109 1974-460 Bundesblatt 126 Jahrg Bd II

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162 2 An die beiden Fabriken dürfen jährlich höchstens 700 0001 Rüben abgeliefert werden.

3 Ertragsbedingte Überlieferungen bis zu 10 Prozent des Gesamtkontingentes können mit einer anfälligen im Vorjahr nicht erreichten Kontingentsmenge verrechnet werden.

4 Die beiden Zuckerfabriken haben technisch und wirtschaftlich zusammenzuarbeiten.

Art. 3

Schutz vor ungerechtfertigter Konkurrenzierung 1 Der Bund trifft die notwendigen Massnahmen, um eine ungerechtfertigte Konkurrenzierung schweizerischer Unternehmen durch die beiden Zuckerfabriken zu verhindern. Insbesondere darf die Zuckerfabrik Frauenfeld keinen eingeführten Rohzucker raffinieren, die Zuckerfabrik Aarberg jährlich höchstens 40 000 t.

2 Von allfàlligen Geschäftsgewinnen, die dank der Rohzuckerraffination von der Zuckerfabrik Aarberg erzielt werden, hat diese einen vom Bund festzusetzenden Anteil der Zuckerfabrik Frauenfeld zur Deckung der Differenz zwischen Gestehungskosten und Erlösen zur Verfügung zu stellen, sofern die Zuckerfabrik Frauenfeld sonst Zuwendungen des Bundes im Sinne von Artikel 10 in Anspruch nehmen müsste.

Art. 4

Massnahmen zum Schutz der Hartkäsefabrikation Die beiden Zuckerfabriken führen die Massnahmen durch, die ihnen der Bund zum Schutz der Hartkäsefabrikation vorschreibt. Insbesondere dürfen sie die Rübenpflanzer in den Siloverbotszonen nicht zur Rücknahme von nassen Rübenschnitzeln, Melasse und Melassefutter verpflichten.

Art. 5

Anbauverträge Die beiden Zuckerfabriken haben jährlich mit den Rübenpflanzern einheitliche Anbauverträge über die ihren Verarbeitungsmöglichkeiten entsprechenden Ablieferungsmengen an Zuckerrüben und über die weiteren Abnahmebedingungen abzuschliessen ; vorbehalten bleiben die laut Artikel 4 vorgesehenen Einschränkungen in bezug auf Rübenpflanzer in der Silo verbotszone.

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Art. 6 Festsetzung der Preise für Zuckerrüben und Zucker 1

Der von den beiden Zuckerfabriken zu entrichtende Preis für die gemäss Anbauvertrag zu übernehmenden Zuckerrüben sowie die übrigen wesentlichen Abnahmebedingungen werden jährlich vom Bundesrat festgesetzt.

2 Der Preis ist so festzusetzen, dass die mittleren Produktionskosten der Zuckerrüben in rationell geführten und zu normalen Bedingungen übernommenen Betrieben im Durchschnitt mehrerer Jahre gedeckt werden. Dabei ist den finanziellen Möglichkeiten nach Artikel 10 Absätze l und 2 Rechnung zu tragen.

3 Vor der Preisfestsetzung durch den Bundesrat sind die in Artikel 3 des Landwirtschaftsgesetzes vorgesehene Beratende Kommission sowie die weiteren interessierten Kreise anzuhören.

4 Die beiden Zuckerfabriken verkaufen den von ihnen erzeugten Zucker und seine Nebenprodukte zu Preisen, die sich im Rahmen derjenigen gleichwertiger Einfuhrware bewegen. Nötigenfalls setzt die Eidgenössische Preiskontrollstelle die Abgabepreise fest.

Art. 7 Rationelle Betriebsführung der Zuckerfabriken 1 Die beiden Zuckerfabriken sind zu rationeller Betriebsführung verpflichtet.

2 Die beiden Zuckerfabriken führen über die inländische Zuckerproduktion sowie über die übrigen Geschäftszweige gesonderte Rechnungen.

3 Über den laufenden Unterhalt hinausgehende Neuanlagen, die Eröffnung weiterer Betriebszweige und die Festsetzung der Amortisationen unterliegen der Bewilligung des Bundes.

4 Grundsätzliche Fragen, wie solche nach Absatz 3, bedürfen der vorherigen Stellungnahme beider Fabriken.

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Art. 8 Aufsicht über die Zuckerfabriken 1 Zur Wahrung der öffentlichen Interessen kann der Bund einen Vertreter in die Verwaltungsräte der Zuckerfabriken abordnen.

2 Die beiden Zuckerfabriken stellen dem Bund jährlich ihren Geschäftsbericht, die Jahresrechnung und den Revisionsbericht ihrer Kontrollstelle zur Verfügung. Der Bund lässt die Buchführung und den Jahresabschluss überprüfen.

3 Die beiden Zuckerfabriken haben den Organen oder Beauftragten des Bundes auf Verlangen Einsicht in die Geschäftsbücher, die Belege und übrigen Unterlagen zu gewähren, vollständige Auskunft zu erteilen und den Zutritt zu ihren Fabrikations- und Lagerräumen zu gestatten.

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Die vom Bund mit der Aufsicht und Kontrolle Beauftragten sind verpflichtet, über ihre Feststellungen und Wahrnehmungen das Amtsgeheimnis zu wahren.

Sie dürfen nur den vom Bund bezeichneten Stellen Auskunft erteilen.

Art. 9 Dividende; Sonderreservefonds 1 Die an die Aktionäre der beiden Zuckerfabriken aus einem allfälligen Reingewinn auszuschüttende Bruttodividende darf fünf Prozent des einbezahlten Grundkapitals nicht überschreiten.

2 Ein nach Ausrichtung der Dividende allfällig verbleibender Gewinnsaldo ist einem Sonderreservefonds zuzuweisen, über den, unter Vorbehalt von Artikel 10, nur mit Bewilligung des Bundes verfügt werden darf.

Art. 10 Deckung der Differenz zwischen Gestehungskosten und Erlösen 1 Ergeben sich, gestützt auf die Überprüfung nach Artikel 8, trotz sorgfältiger Geschäftsführung und vorheriger Anwendung von Artikel 3 Absatz 2, bei einer der beiden Zuckerfabriken oder bei beiden zwischen Gestehungskosten und Erlösen Differenzen, so sind diese zu decken : a. aus den allfälligen Reserven der Fabriken; b. durch eine Vorwegleistung des Bundes, die für beide Fabriken insgesamt 20 Millionen Franken jährlich nicht übersteigen darf.

2 Übersteigen die für das nächste Kampagnejahr zu erwartenden Differenzen zwischen Gestehungskosten und Erlösen den zumutbaren Einsatz von Reserven der Fabriken und die Vorwegleistung des Bundes von 20 Millionen Franken, so sind die verbleibenden Differenzen zwischen Gestehungskosten und Erlösen durch einen zusätzlichen Bundesbeitrag bis höchstens 10 Millionen Franken sowie aus dem Ertrag einer Abgabe auf eingeführtem Zucker und einem Kostenbeitrag der Produzenten zu decken. Auf je l Million Franken zusätzlicher Bundesbeitrag ist, nach Möglichkeit im Jahr der defizitären Kampagne, eine Abgabe auf eingeführtem Zucker von l Franken je 100 kg Zucker und ein Kostenbeitrag der · Produzenten von 6 Rappen je 100 kg Zuckerrüben zu erheben.

3 Die Abgabe ist bei der Einfuhr, einschliesslich der Abfertigung zur Privatlagerung mit Zollgeleitschein, von Zucker der Tarifnummern 1701.10-50, aus der Tarifnummer 1702.20 (ausgenommen Milchzucker) sowie von Rüben- und Rohrzuckersirupen, roh oder gereinigt, aus der Tarifnummer 1702.22 des Schweizerischen Gebrauchszolltarifes 1959, zu entrichten. Sie wird je 100 kg brutto Verzollungsgewicht erhoben.

4 Die allfällige Abgabe auf eingeführtem Zucker sowie der Kostenbeitrag der Produzenten werden vom Bundesrat jeweils vor Beginn eines neuen Kampagnejahres festgelegt.

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Der Bund bestimmt die Aufteilung der finanziellen Mittel nach Absatz l Buchstabe b und Absatz 2 unter die beiden Zuckerfabriken unter Berücksichtigung der Geschäftsergebnisse und der verfügbaren Reserven.

6 Können1 die Gestehungskosten auf diese Weise nicht ganz gedeckt werden, so wird der Fehlbetrag auf neue Rechnung vorgetragen. Die auf neue Rechnung vorgetragene Differenz ist. sofern sie im nachfolgenden Geschäftsjahr nicht oder nur teilweise aus dem Geschäftsergebnis gedeckt werden kann, ebenfalls nach den Absätzen l, 2 und 5 zu decken.

7 Genügen alle diese Deckungsmöglichkeiten nicht und droht deswegen ein Kapitalverlust oder eine Überschuldung im Sinne von Artikel 725 des Obligationenrechts, so ist, ausser den dort vorgeschriebenen Vorkehren, dem Bund unverzüglich Kenntnis davon zu geben; dieser trifft die zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes nötigen Massnahmen. Bis zum Eintritt der Sanierung kann er mit Zustimmung der eidgenossischen Räte rückzahlbare Überbrükkungskredite einräumen.

8 Bei der Ausfuhr von Waren, zu deren Herstellung mit der Abgabe belasteter Zucker verwendet wurde, gewahrt der Bund die Rückerstattung der Abgabe.

Art. 11 Preisanpassung an die Abgabe auf eingeführtem Zucker 1

Auf den Zeitpunkt, in welchem eine Abgabe auf eingeführtem Zucker in Kraft tritt, erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben wird, haben die Zuckerfabriken für alle Ablieferungen von Zucker ihre Abgabepreise im gleichen Ausmass anzupassen.

2 Die Zuckerfabrik Aarberg hat diese Anpassung auch auf Weisszucker vorzunehmen, den sie als Rohzucker unter der Zolltarifnummer 1701.10 eingeführt und in ihrer Fabrik zu Weisszucker verarbeitet hat.

3 In allen Verträgen mit den Abnehmern haben die Zuckerfabriken Preisänderungen infolge der Abgabe auf eingeführtem Zucker vorzubehalten.

4 Die Zuckerfabriken haben den auf ihren gesamten Zuckerverkäufen als Folge der Abgabe auf eingeführtem Zucker erzielten Mehrerlös auf ein Sonderkonto auszuscheiden. Der Bundesrat ordnet die Einzelheiten über die Verwendung.

Art. 12 Unsorgfältige 1

Geschäftsführung

Ist ein Verlust infolge Verletzung der Pflichten einer sorgfältigen Geschäftsführung entstanden und kann er nicht aus den verfügbaren Mitteln der Gesellschaft gedeckt werden, so hat die Gesellschaft beim.Bund um die Bewilligung nachzusuchen, den Sonderreservefonds (Art. 9 Abs. 2) heranziehen zu dürfen. Die Ansprüche der Gesellschaft gegenüber ihren verantwortlichen Organen und Angestellten bleiben vorbehalten.

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2 Kann ein Verlust auf diese Weise nicht ganz gedeckt werden, so wird der Rest auf neue Rechnung vorgetragen. Droht deswegen ein Kapitalverlust oder eine Überschuldung im Sinne von Artikel 725 des Obligationenrechts, so prüft der Bund, ob und zu welchen Bedingungen nach Erfüllung der ordentlichen Aufwendungen gegenüber der ändern Zuckerfabrik (Art. 10) das Gesamtinteresse dennoch'eine Zuwendung rechtfertigt. Solche ausserordentlichen Zuwendungen bedürfen der Zustimmung der Bundesversammlung.

Art. 13 Vorschüsse; Betriebskredite Der Bund kann den beiden Zuckerfabriken Vorschüsse im Rahmen der zu erwartenden Differenz zwischen Gestehungskosten und Erlösen gewähren sowie angemessene Betriebskredite einräumen.

Art. 14 Rückerstattung Zu Unrecht bezogene Zuwendungen sind unabhängig von der Anwendung der Strafbestimmungen zurückzuerstatten.

Art. 15 Verjährung des Rückerstattungsanspruchs 1

Der Anspruch des Bundes auf Rückerstattung von Zuwendungen verjährt mit Ablauf eines Jahres, nachdem die zuständigen Organe des Bundes von ihm Kenntnis erhalten haben, in jedem Fall aber nach Ablauf von 10 Jahren seit der Entstehung des Anspruchs. Wird aber der Anspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für die das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht, so gilt diese.

2 Die Verjährung wird durch jede Einforderungshandlung unterbrochen.

Art. 16 Rechtsschutz Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen der Bundesrechtspflege.

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Art. 17 Vollzug 1 Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt. Er kann die Abteilung für Landwirtschaft zum Erlass von Anordnungen bei den Rübenannahmen in den Zuckerfabriken (Nebenbedingungen wie Abzüge für Erdbehang, Schnitzellieferung usw.) ermächtigen.

2 Der Bundesrat kann Firmen und Organisationen in geeigneter Weise zur Mitwirkung beim Vollzug des Beschlusses heranziehen.

Art. 18 Referendum. Geltungsdauer und Inkrafttreten 1

Dieser Beschluss ist allgemeinverbindlich; er untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Er gilt bis 30. September 1979.

3 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.

Also beschlossen vom Nationalrat Bern, den 28. Juni 1974 Der Präsident : Muheim Der Protokollführer : Hufschmid Also beschlossen vom Ständerat Bern, den 28. Juni 1974 Der Präsident : Bächtold Der Protokollführer : Sauvant

Datum der Veröffentlichung: 8. Juli 1974 Ablauf der Referendumsfrist: O.Oktober 1974

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Bundesbeschluss über die inländische Zuckerwirtschaft (Vom28. Juni 1974)

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27

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08.07.1974

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161-167

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