# S T #

96.037

Bericht über die von der Internationalen Arbeitskonferenz anlässlich ihrer 80. und 81. Tagungen 1993 und 1994 genehmigten Übereinkommen und Empfehlungen vom 15. Mai 1996

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, den Verfassungsbestimmungen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) entsprechend unterbreiten wir Ihnen unseren Bericht über die 80. und 8!. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer voizüglichen Hochachtung.

15. Mai 1996

1178

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Delamuraz Der Bundeskanzler Couchepin

1996-270

Überblick Dieser Bericht enthält zwei Teile. Nach einer kurzen Einleitung analysiert der erste Teil die" Stellung der Schweiz im Hinblick auf das Übereinkommen (Nr. 174) über die Verhütung von industriellen Störfällen und die dieses Übereinkommen ergänzende Empfehlung (Nr. 18J). Der zweite Teil ist der Analyse des Übereinkommens (Nr. 175) über die Teilzeitarbeit und der begleitenden Empfehlung (Nr. 182) gewidmet.

Das Übereinkommen Nr. 174 bezweckt die Verhütung von industriellen Störßllen und die Begrenzung ihrer Folgen. Das Übereinkommen findet sowohl auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch auf die gesamte Bevölkerung Anwendung. Es sieht namentlich die Einführung eines Präventivsystems vor, welches auf der Ausarbeitung von Sicherheitsberichten beruht. Das schweizerische Recht unterscheidet zwischen dem Schutz der Bevölkerung, geregelt in der Verordnung über den Schutz vor Störfallen (StFV) und dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Gegenstand der Verordnung über die Unfallverhütung (VUV) ist. Die StFV entspricht den Anforderungen des Übereinkommens. Dagegen genügt zur Zeit die Gesetzgebung betreffend den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Anforderungen des Übereinkommens nicht vollumßnglich.

Aus diesem Grund verzichten wir darauf, Ihnen die Ratißzierung des Übereinkam' mens Nr. 174 zur Genehmigung vorzulegen.

Das Übereinkommen Nr. 175 bezweckt die Gleichbehandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten. Die Gleichbehandlung muss bezüglich Lohn, Arbeitsbedingungen und Soziale Sicherheit gewährleistet werden. Es sind Massnahmen zu treffen zur Erleichterung des Zuganges zur Teilzeitarbeit sowie för den Übergang von Voll- zu Teilzeitarbeit. Recht und Praxis in der Schweiz bieten hier gewisse Schwierigkeiten, namentlich im Bereich der Entlöhnung sowie der beruflichen Vorsorge, und zwar in dem Sinne, als Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte nicht vollumßnglich gleichbehandelt werden. Diese Unterschiede veranlassen uns, Ihnen die Ratifizierung des Übereinkommens Nr. 175 nicht vorzuschlagen.

1179

Bericht 1

Einführung

Nach Artikel 19 Absätze 5 und 6 der Verfassung der IAO sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ihrem Parlament die Übereinkommen und internationalen Arbeitsempfehlungen, die an den Tagungen der Allgemeinen Konferenz verabschiedet werden, vorzulegen. Dies muss innerhalb eines Jahres nach Schluss jeder Tagung der Konferenz erfolgen; die Frist kann um maximal sechs Monate verlängert werden.

Im vorliegenden Bericht analysieren wir die Übereinkommen und Empfehlungen, welche anlässlich der 80. und der 81. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz verabschiedet worden sind. Es handelt sich um das Übereinkommen Nr. 174 über die Verhütung von industriellen Störfällen, welches durch die Empfehlung Nr. 181 ergänzt wird, sowie um das Übereinkommen Nr. 175 über die Teilzeitarbeit und die ergänzende Empfehlung Nr. 182.

2

Übereinkommen (Nr. 174) über die Verhütung von industriellen Störfallen, 1993

21

Allgemeiner Teil

(Anhang I)

An seiner 248. Tagung (November 1990) hat der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes beschlossen, die Frage der Verhütung von industriellen Störfäüen auf die Traktandenliste der 1992 stattfindenden 79. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz (IAK) zu setzen. Diese Frage wurde durch die Konferenz im üblichen Verfahren der doppelten Erörterung geprüft, Die erste Erörterung erfolgte an der 79. Tagung der IAK im Jahre 1992. Ursprünglich stand die Frage unter dem Titel «Verhütung von Industriekatastrophen»; anlässlich dieser Tagung wurde ein neuer Titel vorgeschlagen. Nach der zweiten Prüfung an der 80. Tagung 1993 hat die Konferenz am 22. Juni 1993 das Übereinkommen Nr. 174 über die Verhütung von industriellen Störfällen sowie die ergänzende Empfehlung Nr. 181 verabschiedet.

22 221

Besonderer Teil Erläuterung der Bestimmungen und allgemeine Haltung der Schweiz im Hinblick auf dieses Übereinkommen

Wir befürworten die mit dem Übereinkommen Nr. 174 verfolgten Ziele, das heisst die Verhütung von Störfällen, an denen gefährliche Stoffe beteiligt sind, sowie die Begrenzung ihrer Folgen.

Die im Übereinkommen befürworteten Massnahmen müssen im Lichte unserer Gesetzgebung im Bereich der Verhütung von Industrieunfällen sowie des Schutzes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer analysiert werden. Das schweizerische Recht macht in der Tat einen Unterschied zwischen dem Schutz der Bevölkerung und der Umwelt auf der einen sowie dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf der anderen Seite.

1180

Der Schutz vor Industrieunfällen wird im wesentlichen durch die Verordnung vom 27. Februar 1991 über den Schutz vor Störfällen (StFV; SR 814.012) gewährleistet.

Diese Verordnung wurde in Ausführung der Artikel 10 Absatz 4 und 39 Absatz I des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983 sowie der Artikel 3 Absatz l und 25 Absatz I des Gewässerschutzgesetzes vom 7. Oktober 1991 erlassen. Das Übereinkommen betrifft auch den Transport gefährlicher Substanzen mittels Rohrleitungen; daher erscheint es angebracht, es ebenfalls unter dem Aspekt des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1963 über Rohrleitungsanlagen zur Beförderung flüssiger oder gasförmiger Brenn- oder Treibstoffe (Rohrleitungsgesetz, SR 746.2), der Rohrleitungsverordnung vom 11. September 1968 (SR 746.11) sowie der Verordnung vom 20. April 1983 über Sicherheitsvorschriften für Rohrleitungsanlagen (SR 746.1) zu untersuchen.

Die wichtigsten Erlasse zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind folgende '); - Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (ArG) (SR 822.11); - Verordnungen l und 2 vom 14. Januar 1966 zum Arbeitsgesetz (ArGVl und ArGV2) (SR 522.7/7 und SR 822.112); - Verordnung 3 vom 18. August 1993 zum Arbeitsgesetz (Gesundheitsvorsorge, ArGVS), (SR 822.113); - Verordnung 4 vom 18. August 1993 zum Arbeitsgesetz (Plangenehmigung, ArGV4), (SR 822,114); - Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) (SR 832.20); - Verordnung vom 19. Dezember 1993 über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV; SR 832.30); - Bundesgesetz vom 17. Dezember 1993 über die Information und Mitsprache der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben (Mitwirkungsgesetz} (SR 522.74).

Das Übereinkommen Nr. 174 besteht aus sieben Teilen und enthält 30 Artikel. Der erste Teil umschreibt den Geltungsbereich und enthält die Begriffsbestimmungen, während der zweite Teil die allgemeinen Grundsätze umfasst. Die Teile III und IV betreffen je die Verantwortlichkeit der Arbeitgebenden und der zuständigen Behörden. Teil V regelt die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der sie vertretenden Personen. Teil VI behandelt die Verantwortlichkeit der exportierenden Staaten, und Teil VII enthält die Schlussbestimmungen.

Teil I des Übereinkommens «Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen» besteht aus den Artikeln
l bis 3.

Artikel l Absatz l legt den Zweck des vorliegenden Übereinkommens fest, nämlich die Verhütung von Störfällen, an denen gefährliche Stoffe beteiligt sind, und die Begrenzung ihrer Folgen. Laut Absatz 2 gilt dieses Übereinkommen für störfallgefährdete Anlagen, an welchen gefährliche Stoffe beteiligt sind. Es gilt nicht für nukleare Anlagen und Betriebe, die radioaktive Stoffe aufarbeiten, für militärische " Weitere Erlasse sind: - Verordnung über die Unfallversicherung (UVV) (SR 832.202) - Verfügung des Eidgenössischen Departements des Innern vom 26. Dezember I960 über die technischen Massnahmen zur Verhütung von Berufskrankheiten, die durch chemische Stoffe verursacht werden (SR 832.321.11) - Bundesgesetz vom 21. März 1969 über den Verkehr mit Giften (GiftG) (SR 814.80) - Giftverordnung vom 19. September 1983 sowie die verschiedenen Vollzugsverordnungen zum Bundesgesetz ober den Verkehr mit Giften (SR 814.801).

1181

Anlagen und den Transport ausserhalb des Standortes einer Anlage, soweit er nicht über Rohrleitungen erfolgt (Abs. 3). Anlagen oder Wirtschaftszweige können vom Geltungsbereich des Übereinkommens ausgenommen werden. Zuvor müssen aber die betreffenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände angehört werden; zudem muss ein gleichwertiger Schutz gewährleistet sein (Abs. 4).

Der Geltungsbereich des vorliegenden Übereinkommens und derjenige der StfV decken sich nicht vollumfänglich. Der Geltungsbereich der StfV ist weiter, denn er schliesst auch die militärischen Anlagen und die Verbindungswege (Schiene, Strasse, Rhein), aufweichen gefährliche Güter transportiert werden, mit ein. Hingegen gilt die StfV formell nicht für Rohrleitungsanlagen, in denen flüssige oder gasförmige Brenn- oder Treibstoffe transportiert werden. Dieser Bereich ist indessen, seit der Revision der Verordnung über die Rohrleitungsanlagen, die bedingt war durch die Inkraftsetzung der StfV, durch die Gesetzgebung ,über die Rohrleitungsanlagen zur Beförderung flüssiger oder gasförmiger Brenn- oder Treibstoffe geregelt.

Damit ist der Bereich der Rohrleitungsanlagen in der Schweiz fast vollständig abgedeckt. Eine Ausnahme bleiben die festen Anlagen.

Was den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angeht, deckt sich der Zweck des Übereinkommens nicht ganz mit demjenigen der VUV. Der Gegenstand der VUV ist einerseits weiter gefasst - er umfasst die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten im allgemeinen - und andererseits enger, weil er nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betrifft.

Artikel I kann angenommen werden.

Nach Artikel 2 muss ein Staat, der vor besonderen Problemen steht und nicht unverzüglich alle in diesem Übereinkommen geforderten Massnahmen treffen kann, gemeinsam mit den massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden Pläne für die schrittweise Durchführung der Massnahmen aufstellen.

Die StfV und die verschiedenen Bundesgesetze über den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehen bereits Verhütungsmassnahmen und Vorschriften zum Schutz vor Störfällen vor, so dass die Umsetzung des Übereinkommens gewährleistet ist. Die Erstellung von Plänen für die schrittweise Durchführung der Massnahmen erübrigt sich also. Dieser Artikel kann angenommen werden.

Artikels umschreibt die im vorliegenden
Übereinkommen verwendeten Begriffe.

Die Begriffe «gefährlicher Stoff», «Schwellenmenge», «störfallgefährdete Anlage» sowie «Sicherheitsanalyse» decken sich mit den in der StfV verwendeten Begriffen. Im vorliegenden Übereinkommen umfasst der Ausdruck «Störfall» ebenfalls die Gefahren für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wie wir bereits erwähnt haben, nimmt das schweizerische Recht eine Unterscheidung zwischen der StfV auf der einen Seite und den Schutzbestimmungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf der anderen Seite (vor allem in der VUV) vor. Weder die StfV noch die schweizerische Gesetzgebung zum Arbeitnehmerschutz regelt ausdrücklich den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Störfällen.

Hier besteht eine Lücke, die im Hinblick auf die Ratifizierung des Übereinkommens Schwierigkeiten verursachen würde. Es ist im jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, sich zur Entwicklung der schweizerischen Gesetzgebung in diesem Bereich zu äussern. Zudem ist der Begriff des «Beinahe-Störfalles» dem schweizerischen Recht unbekannt.

Artikel 3 kann daher nicht angenommen werden.

1182

Angebracht erscheint die Präzisierung, dass der im vorliegenden Übereinkommen verwendete Begriff der «Arbeitgebenden» die rechtliche Verantwortlichkeit für alle Arbeitsbedingungen umfasst. Nach der Verordnung über den Schutz vor Störfällen (StfV) trägt der Betriebsinhaber oder die Betriebsinhaberin die Verantwortung für die Sicherheit und die Unfallverhütung.

Der Teil U («Allgemeine Grundsätze») enthält die Artikel 4-6.

Gemäss Artikel 4 Absatz l haben die Staaten in Beratung mit den Sozialpartnern eine in sich geschlossene innerstaatliche Politik zum Schutz vor Störfällen festzulegen. Diese Politik ist regelmässig zu überprüfen. Absatz 2 präzisiert, dass diese Politik durch Verhütungs- und Schutzmassnahmen umzusetzen ist und die Verwendung der besten verfügbaren Sicherheitstechnologien zu fördern hat.

Die Gesamtheit der Gesetze zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Bevölkerung und der Umwelt vor Unfällen ermöglicht es, der Forderung nach einer «in sich geschlossenen innerstaatlichen Politik» zu genügen. Mit dem in der Schweiz geltenden Vernehmlassungsverfahren für den Erlass gesetzlicher Normen und durch das Bestehen von eidgenössischen Konsultativkommissionen wird auch die Forderung nach der Anhörung der Sozialpartner erfüllt. Artikel 4 kann daher angenommen werden.

Artikel 5 Absatz l sieht vor, dass nach der Anhörung der massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände ein System zur Ermittlung von störfallgefährdeten Anlagen auf der Grundlage eines Verzeichnisses von gefährlichen Stoffen eingerichtet wird. Nach Absatz 2 ist dieses System regelmässig zu überprüfen und auf den neuesten Stand zu bringen.

Die StfV und ihre Anhänge sehen vor, dass die Inhaberin oder der Inhaber eines Betriebes der Vollzugsbehörde einen Kurzbericht vorzulegen hat, der namentlich eine kurze Beschreibung des Betriebes sowie eine Liste mit den Höchstmengen der im Betrieb vorhandenen, die Schwellenwerte übersteigenden Substanzen enthalten muss. Anhang l der StfV legt die anwendbaren Schwellenwerte fest. Die üblichen Vernehmlassungsverfahren für den Erlass von Gesetzestexten erfüllen das Erfordernis der Anhörung der Berufsverbände. Artikel 5 kann angenommen werden.

Artikel 6 legt einen Schutz für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gegen die Weitergabe vertraulicher Informationen fest, durch die
ihren Aktivitäten Schaden zugefügt werden könnte. Diese Massnahme gilt allerdings nur soweit, als sie nicht zu einer ernsten Gefährdung der Arbeitskräfte, der Bevölkerung oder der Umwelt führt.

Artikel 101 VU V schreibt vor, dass Personen, die mit der Aufsicht über die Anwendung der Vorschriften über die Arbeitssicherheit betraut sind, über ihre Wahrnehmungen gegenüber Dritten Schweigen zu bewahren haben. Die Schweigepflicht entfällt ausnahmsweise dann, wenn ein höheres Interesse dies gebietet, namentlich zur Abwendung oder Verhütung einer Gefahr für Leben, Gesundheit oder Eigentum (Art. 101 Abs. 3 VU V). Artikel 9 StfV enthält ebenfalls einen Vorbehalt bezüglich der gesetzlichen Geheimhaltungspflichten. Diese Bestimmungen entsprechen den Anforderungen von Artikel 6, der angenommen werden kann.

Der Teil III («Verantwortlichkeiten der Arbeitgeber») enthält die Artikel 7 bis 14.

An dieser Stelle ist der generelle Vorbehalt in Erinnerung zu rufen, der darauf beruht, dass nach Schweizerischem Recht für Umwelteinwirkungen nicht der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin haftbar ist, sondern der Inhaber oder die Inhaberin des Betriebs.

1183

Die Artikel 7 und 8 werden zusammen geprüft, denn das schweizerische System kombiniert die Ermittlung und die Meldung, Artikel? sieht vor, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber jede störfallgefährdete Anlage zu ermitteln haben. Artikel 8 verpflichtet sie, der zuständigen Stelle jede von ihnen ermittelte störfallgefährdete Anlage (Absatz 1) sowie jede endgültige Schliessung einer derartigen Anlage (Absatz 2) zu melden.

Nach der StfV müssen alle Inhaberinnen und Inhaber von Betrieben, die ein gewisses Risiko bergen, der StfV-Vollzugsbehörde einen Kurzbericht einreichen, der verschiedene Angaben über den Betrieb und die verwendeten Stoffe enthält. Nach der Prüfung dieses Kurzberichtes kann die Vollzugsbehörde vom Betrieb eine Risikoermittlung fordern. Der Inhalt dieser Risikoermittlung wird im Anhang 4 zur StfV festgelegt. Die StfV sieht die Pflicht zur Meldung der endgültigen Schliessung einer störfallgefährdeten Anlage nicht ausdrücklich vor.

Das Verfahren für die Plangenehmigung (ArG und ArGV 4) erfüllt das Erfordernis der Ermittlung und der Meldung. Die Behörde, die die Betriebsbewilligung erteilt, kann ebenfalls die Vorlage einer Risikoermittlung verlangen.

Die Artikel 7 und 8 können angenommen werden.

Artikel 9 schreibt vor, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ein dokumentiertes System zur Abwehr von Störfallgefahren einzurichten haben. Dieses muss folgende Elemente enthalten: die Bestimmung von Gefahren und die Einschätzung von Risiken (Bst. a); technische Massnahmen betreffend die Auslegung und die Sicherheitssysteme, die Ausführung, die Wartung und die Inspektion der Anlagen (Bst. b); organisatorische Massnahmen hinsichtlich Ausbildung und Unterweisung des Personals, Bereitstellung von Ausrüstung, Arbeitszeit (Bst. c); die Notfallpläne und -verfahren einschliesslich medizinischer Notfall verfahren (Bst. d, Ì), die Weitergabe von Informationen über potentielle Störfälle und Notfallpläne an die Behörden (Bst. d, ü), die erforderlichen Beratungen mit diesen Behörden und Stellen (Bst. d, iü); Massnahmen zur Begrenzung der Folgen eines Störfalles (Bst. e); die Beratungen mit den Arbeitskräften und ihren Vertreterinnen und Vertretern (Bst. f), Bestimmungen zur Verbesserung des Systems (Bst. g).

Das Erfordernis nach Buchstaben a wird durch die Erstellung des Kurzberichts erfüllt. Darüber
hinaus schreibt die VUV vor, dass die Fachleute für Arbeitssicherheit namentlich die Aufgabe haben, die Gefahren für die Arbeitskräfte zu beurteilen (Art. l \e Abs. l Bst. a). An sie müssen sich im übrigen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wenden, wenn der Schutz der Gesundheit oder die Sicherheit der Arbeitskräfte dies erfordert. Nach dem Wortlaut von Artikel 3 StfV muss der Inhaber oder die Inhaberin eines Betriebs alle allgemeinen Sicherheitsmassnahmen treffen. Diese Massnahmen werden im Anhang 2 StfV im einzelnen aufgeführt. Sie stimmen mit den Anforderungen von Buchstabe b des vorliegenden Artikels überein. Die in Buchstabe c genannten organisatorischen Massnahmen finden ihre Entsprechung in verschiedenen Erlassen, so in der VUV und im Anhang 2 StfV. Die Genehmigung von Notfallplänen und -verfahren gemäss Buchstabe d ist in der StfV vorgesehen. Die Inhaberin oder der Inhaber eines Betriebs muss einen Interventionsplan erstellen und regelmässige Übungen durchführen. Die StfV sieht ebenfalls Massnahmen zur Begrenzung der Folgen eines Störfalls vor und entspricht den Anforderungen von Buchstabe e; was die Beratung mit den Arbeitskräften (Bst. f) anbelangt, so schreibt Artikel 82 Absatz 2 UVG vor, dass die Arbeitgeberseite die Arbeitnehmerseite bei der Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten zur Mitwirkung heranziehen muss. Artikel 10 des Mitwirkungsgesetzes sieht

1184

ebenfalls ein Mitwirkungsrecht in den Bereichen der Arbeitssicherheit vor. Die laufende Revision der VUV sollte dieses Recht erweitern und konkretisieren. Mit dieser Revision sollte das schweizerische Recht die Anforderungen von Buchstabe f erfüllen können. Hinsichtlich Buchstabe g sieht die StfV vor, dass das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft die Daten über Störfälle sammelt. Darüber hinaus kann das Eidgenössische Departement des Innern Fachkommissionen einsetzen, die das Amt beraten. In diesen Kommissionen müssen die Interessen der interessierten Kreise angemessen vertreten sein. Im gegenwärtigen Zeitpunkt genügt das schweizerische Recht den Anforderungen · des Artikels 9 nicht in vollem Umfang, so dass er nicht angenommen werden kann.

Artikel 10 bestimmt, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für die bestehenden und für alle neuen störfallgefährdeten Anlagen eine Sicherheitsanalyse ausarbeiten müssen.

Wie schon weiter oben dargelegt, sieht die StfV für bereits bestehende störfallgefährdete Betriebe ebenfalls ein Berichtssystem vor. Die Inhaberin oder der Inhaber eines Betriebs muss der Vollzugsbehörde einen Kurzbericht einreichen. Dieser muss eine Reihe von Informationen über die Anlage und die Sicherheitsmassnahmen enthalten. Die Vollzugsbehörde kann von ihnen ebenfalls die Vorlage einer Risikoermittlung verlangen. Die neuen Industrieanlagen sind dem Plangenehmigungsverfahren nach Arbeitsgesetz und dazugehörender Verordnung 4 unterstellt.

Darüber hinaus kann der Bundesrat auch nicht-industrielle Betriebe mit erhöhtem Risiko diesem Verfahren unterstellen.

Die Gesetzgebung über den Arbeitnehmerschutz hingegen sieht kein vergleichbares System-vor. Artikel 10 kann demnach nicht angenommen werden.

Artikeln legt fest, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Sicherheitsanalyse überprüfen, auf den neuesten Stand bringen und ändern müssen, wenn Änderungen eintreten (Bst. a), oder wenn die Entwicklung in den technischen Kenntnissen oder in der Gefahreneinschätzung dies angezeigt erscheinen lässt (Bst. b).

Diese Anpassungen müssen in den durch die Gesetzgebung vorgeschriebenen Zeitabstä'nden (Bst. c) oder auf Verlangen der zuständigen Stelle (Bst. d) vorgenommen werden.

Nach Artikel 5 Absatz 3 der StfV muss die Inhaberin oder der Inhaber eines Betriebs den Kurzbericht ergänzen,
wenn sich die Betriebsverhältnisse wesentlich geändert haben oder relevante neue Erkenntnisse vorliegen. Damit sind die Voraussetzungen nach Buchstabe a erfüllt. Hingegen entspricht die StfV den übrigen Bestimmungen von Artikel 11 nicht vollumfänglich. Die Gesetzgebung zum Arbeitnehmerschutz sieht zudem kein Berichtssystem vor. Artikel 11 kann nicht angenommen werden.

Artikel 12 verpflichtet die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, diesen Bericht den Behörden zu übermitteln.

Wie bereits erwähnt, sieht die StfV vor, dass der Kurzbericht der Vollzugsbehörde eingereicht werden muss. Artikel 12 kann jedoch nicht angenommen werden, weil die Gesetzgebung zum Arbeitnehmerschutz kein Berichtssystem vorsieht.

Artikel 13 auferlegt den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern die Pflicht, die zuständige Stelle zu informieren, sobald sich ein Störfall ereignet.

Artikel 11 Absatz 2 Buchstabe a der StfV schreibt der Inhaberin oder dem Inhaber eines Betriebs vor, Störfälle unverzüglich der Meldestelle zu melden. Jeder Kanton muss in der Tat eine solche Meldestelle schaffen. Deren Aufgabe besteht darin,

1185

jederzeit die Storiai Imeldungen aufzunehmen und die Ereignisdienste zu benachrichtigen. Die Kantone müssen ebenfalls eine zentrale Stelle bezeichnen, die jeden Störfall unverzüglich der Alarmstelle der Schweizerischen Meteorologischen Anstalt weiterleitet. Eine analoge Meldepflicht statuiert Artikel 10 Absatz 3 des Umweltschutzgesetzes: Danach muss jede Inhaberin und jeder Inhaber eines Betriebs jedes ausserordentliche Ereignis unverzüglich der Meldestelle melden.

Die VUV hingegen kennt weder ein entsprechendes System noch sieht sie eine Meldestelle vor. Es ist Sache der Versicherer, den Vollzugsbehörden innert nützlicher Frist Störfälle zu melden, die Gegenstand besonderer Vereinbarungen bilden.

Im Bereich des Arbeitnehmerschutzes genügt das schweizerische Recht den Bestimmungen von Artikel 13 nicht vollständig. Artikel 13 kann nicht angenommen werden.

Nach Artikel 14 müssen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach einem Störfall einen Bericht über den Ablauf des Störfalls, über die entstandenen Schäden und über die Massnahmen zur Eindämmung der Auswirkungen vorlegen. Nach Absatz 2 muss der Bericht zudem Massnahmen empfehlen, die geeignet sind, eine Wiederholung des Störfalls zu vermeiden.

Artikel 11 StfV sieht dieselben Pflichten vor. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen innerhalb dreier Monate nach dem Störfall einen Bericht einreichen; dieser Bericht umfasst eine Beschreibung des Ablaufes, der Einwirkungen und der Bewältigung des Störfalles (Art. 11 Abs. 3 Bst. a), Angaben über die Wirksamkeit der ergriffenen Sicherheitsmassnahmen (Art. 11 Abs. 3 Bst. b) und schliesslich eine Auswertung des Störfalles (Art. 11 Abs. 3 Bst. c). Unter Vorlage eines Zwischenberichtes über den Stand der Abklärungen kann ein Gesuch um Fristverlängerung eingereicht werden. Die StfV sieht hingegen keine Empfehlungen von Massnahmen vor, die zur Vermeidung der Wiederholung eines solchen Störfalls getroffen werden müssten. Die StfV entspricht also den Anforderungen des Artikels 14 nicht in vollem Umfang.

Die VUV kennt kein analoges System. Die Vollzugsorgane, die für die Arbeitssicherheit zuständig sind, müssen jedoch nach Störfällen Untersuchungen vornehmen können, um deren Ursachen sowie die wichtigen Punkte des Störfallablaufes zu bestimmen und Schutzmassnahmen
vorzuschlagen. Sie müssen über jede Betriebsbesichtigung und jede durchgeführte Untersuchung einen Bericht verfassen. Die Untersuchungsberichte müssen Angaben enthaften, die zur Bestimmung der StÖrfallursache beitragen.

Artikel 14 findet im schweizerischen Recht keine vollständige Entsprechung. Artikel 14 kann demnach nicht angenommen werden.

Der Teil IV («Verantwortlichkeiten der zuständigen Stellen») besteht aus den Artikeln 15 bis 19.

Nach Artikel 15 erarbeitet die zuständige Stelle Notfallplä'ne zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt ausserhalb des Standortes. Sie berücksichtigt dabei die Informationen, die die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bereitstellen.

Gemäss Artikel 14 der StfV müssen die Kantone die Ereignisdienste mit der Einsatzplanung der Betriebsinhaberinnen und -inhaber koordinieren. Artikel 15 kann somit angenommen werden.

Artikel 16 legt fest, dass die Informationen über die Sicherheitsmassnahmen und das richtige Verhalten bei einem Störfall unter den Teilen der Bevölkerung verbreitet werden müssen, die wahrscheinlich von einem Störfall betroffen würden. Die

1186

Warnung muss so bald wie möglich erfolgen, und bei einem Störfall, der sich über die Staatsgrenzen hinaus auswirken könnte, müssen die erforderlichen Informationen den betreffenden Staaten übermittelt werden, um zur Zusammenarbeit und Koordinierung beizutragen.

Die Abschnitte 4 und 5 der StfV regeln die Informationspflichten der Kantone und des Bundes bei Störfällen. Den Kantonen obliegt die rechtzeitige Information und Alarmierung der Bevölkerung (Art. 13 StfV). Bei Störfallen, die erhebliche Einwirkungen über die Landesgrenze hinaus haben können, müssen die zuständigen Stellen des Bundes die Schweizerischen Vertretungen im Ausland und die betroffenen ausländischen Behörden informieren. Artikel 16 kann angenommen werden.

Artikel 17 verpflichtet die zuständige Stelle zur Festlegung einer umfassenden Standortpolitik hinsichtlich der störfallgefährdeten Anlagen.

Die Schweiz verfügt im Bereich der störfallgefährdeten Anlagen über eine umfassende Standortpolitik. Das Bundesgesetz über den Schutz der Umwelt sieht in Artikel 10 Absatz l vor, dass geeignete Standorte zu wählen und die erforderlichen Sicherheitsabstände einzuhalten sind. Darüber hinaus ist gemäss Artikel 7 ArG jeder industrielle Betrieb dem Verfahren zur Plangenehmigung und Erteilung der Betriebsbewilligung unterstellt. ArGV4 (Plangenehmigung) präzisiert die im ArG genannten Anforderungen für Betriebe mit besonderen Gefahren. Artikel 17 kann angenommen werden.

Nach Artikel 18 muss die Aufsichtsbehörde über qualifiziertes Personal und über ausreichende Unterstützung verfügen, um in der Lage zu sein, die in diesem Übereinkommen behandelten Angelegenheiten zu prüfen, zu untersuchen und zu beurteilen sowie entsprechenden Rat zu erteilen und die Einhaltung der innerstaatlichen Gesetzgebung sicherzustellen (Abs. 1). Darüber hinaus müssen die Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite einer störfallgefährdeten Anlage Gelegenheit haben, die Aufsichtspersonen zu begleiten (Abs. 2).

Die ..wichtigsten Organe, die im Bereich des Arbeitnehmerschutzes die Erlasse umsetzen, die dem Übereinkommen entsprechen, sind in der Schweiz die eidgenössischen und die kantonalen Arbeitsinspektorate und die SUVA. Für den Bereich des Schutzes der Bevölkerung und der Umwelt sind es die kantonalen und eidgenössischen Organe zum Vollzug der StfV.
Absatz 2 findet seine Entsprechung in Artikel 6 Absatz 2 ArGV3 (Gesundheitsvorsorge), wonach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf eigenen Wunsch zu Betriebsbesuchen beizuziehen sind. Der Beizug der Arbeitgeberseite ist dagegen nicht ausdrücklich vorgesehen, er ist jedoch in der Praxis üblich. Artikel 18 kann angenommen werden.

Artikel 19 schreibt vor, dass die zuständige Stelle das Recht haben muss, jeden Arbeitsgang, bei dem die unmittelbare Gefahr eines Störfalls besteht, einstellen zu lassen.

Verschiedene Stellen sind berechtigt, die Einstellung eines eine Gefahr darstellenden Arbeitsganges zu erwirken. Im Rahmen der Kontrolle der Arbeitssicherheit kann die kantonale Behörde die Benützung von Räumen oder Einrichtungen verhindern und sogar einen Betrieb schliessen, wenn durch Missachtung von Sicherheitsvorschriften Leben und Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schwer gefährdet werden (Art. 86 Abs. 2 UVG). Im Rahmen des Schutzes vor StÖrfällen kann die Vollzugsbehörde nach der Prüfung der Risikoermittlung eine Betriebsbeschränkung sowie Betriebsverbote anordnen (Art. 8 Abs. l StfV). Artikel 19 kann angenommen werden.

1187

Der Teil V («Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter» umfasst die Artikel 20 und 21.

Artikel 20 regelt insbesondere die Ansprüche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Vertretungen, Sie müssen namentlich ausreichend informiert (Bsl. a und b) und bei der Ausarbeitung der Sicherheitsanalysen, der Notfallpläne ' und der Störfallberichte (Bst. c) angehört werden. Sie haben zudem das Anrecht, regelma'ssig für die Verhütung von Störfällen ausgebildet zu werden (Bst. d), bei Gefahr die Arbeit zu unterbrechen (Bst. e) und mit der Arbeitgeberseite alle potentiellen Gefahren erörtern zu können (Bst. 0Nach der zur Zeit laufenden Revision sollte die VUV den Anforderungen des Artikels 20 entsprechen. So ist die Einführung des Rechts auf Informationen nach den Buchstaben a und b vorgesehen. Auch das Recht auf Anhörung nach Buchstabe c soll eingeführt werden. Buchstabe d entspricht Artikel 6 der VUV. Dort wird die Ausbildung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geregelt. Der Revisionsentwurf der VUV sieht eine Erweiterung dieses Anspruches vor. Gestützt auf Artikel 11 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 4 VUV haben die Arbeitskräfte das Recht, die Arbeit aus Sicherheitsgründen zu unterbrechen; dies entspricht den Anforderungen von Buchstabe e. Schliesslich sollte nach der Revision der VUV die Mitwirkung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in allen Sicherheitsfragen zunehmen und damit den Anforderungen von Buchstabe f genügen.

Im jetzigen Zeitpunkt werden die Anforderungen des Artikels 20 in der Schweiz nicht vollständig erfüllt. Der Revisionsentwurf der VUV dürfte diese Lücke schliessen. Im gegenwärtigen Zeitpunkt kann Artikel 20 noch nicht angenommen werden.

Artikel 21 verpflichtet die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, alle Methoden und Verfahren bezüglich der Verhütung von Störfällen und alle Notfallverfahren einzuhalten.

Artikel 82 Absatz 3 UVG und Artikel 11 VUV legen die Pflichten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ähnlichem Wortlaut fest. Artikel 21 kann also angenommen werden.

Der Teil VI des Übereinkommens handelt von der Verantwortung der exportierenden Staaten.

Gemä'ss Artikel 22 muss ein exportierender Staat, der die Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe oder Verfahren verbietet, jedem importierenden Staat die das Verbot betreffenden Informationen
zugänglich machen.

Vom Standpunkt der Aussenwirtschaft aus spricht nichts gegen die Annahme dieses Artikels. Sollte der Informationsaustausch jedoch institutionalisiert werden, müsste indessen darauf geachtet werden, dass Überschneidungen mit Meldeverfahren, die bereits im Rahmen der WTO und des UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) vorgesehen sind, vermieden werden.

Teil VII umfasst die Artikel 23 bis 30 und enthält die üblichen Schlussbestimmungen. Sie bedürfen keines besonderen Kommentars.

222

Haltung im Hinblick auf die Empfehlung

Die Empfehlung Nr. 181 (Anhang Nr. 2) hat keinerlei zwingenden Charakter. Die Frage der Ratifizierung stellt sich hier also nicht. Wir beschränken uns deshalb auf die Zusammenfassung des Inhaltes der Empfehlung, ohne zu beurteilen, ob sie mit dem geltenden schweizerischen Recht vereinbar wäre oder nicht.

1188

Die Empfehlung präzisiert die Gesamtheit der Bestimmungen des Übereinkommens und empfiehlt praktische Massnahmen für dessen Anwendung. Sie erwähnt insbesondere, dass sich die Staaten für die Verhütung von Störfällen in der Industrie gegebenenfalls von der 1991 vom Internationalen Arbeitsamt veröffentlichten Richtliniensammlung über die Verhütung von industriellen Störfällen leiten lassen sollten.

Diese Sammlung ist von 21 internationalen Fachleuten aus Regierungs-, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerkreisen ausgearbeitet worden.

Die Empfehlung stellt in detaillierterer Form gewisse im Übereinkommen behandelte Aspekte dar. So sieht sie beispielsweise einen internationalen Informationsaustausch über Störfälle sowie über die erforderlichen Sicherheitsmassnahmen und die organisatorischen Vorkehren vor.

Die Empfehlung anerkennt, dass ein Störfall schwerwiegende Folgen auf das menschliche Leben und die Umwelt haben kann; sie ermutigt daher die Staaten zur Einrichtung von Systemen, die es erlauben, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so bald wie möglich nach Eintritt des Ereignisses zu entschädigen und die Auswirkungen dieses Störfalls auf die Bevölkerung und die Umwelt in geeigneter Weise zu bewältigen.

223

Schlussfolgerung

Störfälle können ernorme Sozial- und Gesundheitskosten verursachen, und dies nicht bloss in der Schweiz, sondern auf der ganzen Welt. Aus diesem Grund hat der Bundesrat der Verhütung von Unfällen seit jeher besondere Beachtung geschenkt, insbesondere nach in der Schweiz oder anderswo auf der Welt aufgetretenen Katastrophen.

Die'Hauptziele des Übereinkommens Nr. 174 und der Empfehlung Nr. 181 decken sich mit denjenigen der Verordnung über den Schutz vor Störfällen. Die technischen und organisatorischen Massnahmen, die im Bereich des Schutzes vor Störfällen in den Anlagen anwendbar sind, die störfallgefährdet sind, entsprechen im allgemeinen den Bestimmungen des Übereinkommens oder ermöglichen die Erreichung eines Sicherheitsniveaus, das dem mit dem Übereinkommen angestrebten Niveau entspricht.

Dagegen genügt die schweizerische Gesetzgebung über den Arbeitnehmerschutz im heutigen Zeitpunkt den Anforderungen des Übereinkommens nicht.

Folglich verzichten wir darauf, Ihnen das Übereinkommen Nr. 174 über die Verhütung von industriellen Störfällen zur Genehmigung vorzulegen.

3

Übereinkommen Nr. 175 über die Teilzeitarbeit (Anhang 3)

31

Allgemeiner Teil

Bis vor verhältnismässig kurzer Zeit galt die Vollzeitarbeit als normales Arbeitszeitmodell. Namentlich mit der Öffnung der Märkte, der zunehmenden Präsenz der Frauen in der Arbeitswelt und der Entwicklung des Dienstleistungssektors ist die Teilzeitarbeit vornehmlich in den marktwirtschaftlich orientierten Industrieländern zu einem Faktor geworden, der die Struktur der Beschäftigung beeinflusst hat und

1189

weiter beeinflussen wird. Diese Entwicklung wird bestimmt auch auf die Übergangs- und auf die Entwicklungsländer übergreifen.

Angesichts dieses Phänomens, das in den Übereinkommen und Empfehlungen der IAO nur selten ausdrücklich erwähnt wird, hat der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes anlässlich seiner 251. Tagung im November 1991 beschlossen, diese Frage auf die Traktandenliste der 80. Tagung (1993) der Internationalen Arbeitskonferenz zu setzen.

Nach dem üblichen Verfahren der doppelten Erörterung hat die Internationale Arbeitskonferenz an ihrer 8I.Tagung am 24.Juni 1994 das Übereinkommen (Nr. 175) über die Teilzeitarbeit verabschiedet.

Der Arbeitnehmerschutz und die Förderung dieser Beschäftigungsform bildeten die Grundlage für die Arbeiten der Konferenz. Die Definition der Teilzeitarbeit erhält in diesem Zusammenhang grundsätzliche Bedeutung: Die schliesslich verabschiedeten Instrumente betreffen nur diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Nonnalarbeitszeit geringer ist als diejenige vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter, sie decken jedoch die Gesamtheit der möglichen Arbeitszeitmodelle ab. Der Schutz der Teilzeitbeschäftigten kann sichergestellt werden, wenn man davon ausgeht, dass zwischen der Berechnung ihrer Ansprüche auf anteiliger Grundlage und der Gleichbehandlung zwischen den Teilzeit- und den Voilzeitbeschäftigten keine Antinomie besteht. Die Bestimmungen des Übereinkommens Nr. 175 sind deshalb so elastisch, weil den unterschiedlichsten wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten der IAO Rechnung getragen werden muss.

32 321

Besonderer Teil Erläuterung der Bestimmungen und Haltung der Schweiz gegenüber dem Übereinkommen

Das Übereinkommen Nr. 175 enthält 19 Artikel; I I davon sind grundlegender Art.

Zur Beurteilung der Frage, ob unser Land die Pflichten nach dem Übereinkommen Nr. 175 erfüllt, sind die Bestimmungen dieses Übereinkommens im Lichte der verschiedenen in der Schweiz geltenden Gesetze zu untersuchen.

Das schweizerische Arbeitsvertragsrecht enthält keine Vorschriften zur Teilzeitarbeit; zur Anwendung gelangen die Bestimmungen zur Vollzeitarbeit. Diese sind im Obligationenrecht vom 30. März 1911 (OR, SR220) zu finden. In diesem Zusammenhang ist auch das Bundesgesetz vom 6. Oktober 1989 über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih (AVG; SR 823.11) und die entsprechende Vollzugsverordnung vom 16. Januar 1991 zu erwähnen.

Die Bestimmungen über die Gesundheit und die Arbeitssicherheit sind im Bundesgesetz vom 13. März 1964 über Arbeit in Industrie, Handel und Gewerbe (ArG, SR 822.11), in der Verordnung3 vom 18. August 1993 (ArGV3; SR822.113), in der Verordnung 4 vom 18. August 1993 (ArGV4; SR822J14), im Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) und der Verordnung vom 19. Dezember 1993 über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV; SR 832.30) enthalten.

Für den Bereich des Übereinkommens, der die Sozialversicherung betrifft, sind in der Schweiz folgende Erlasse relevant: das Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG; SR 831.10), das Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20), das

1190

Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR83L40), das Bundesgesetz vom 18.März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10), das Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (UVG; SR832.20), das Bundesgesetz vom 20. Juni 1952 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG; SR 836.1), 26 kantonale Familienzulagenordnungen, das Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und Insolvenzentschädigung (AVIG; SR 837.0).

Artikel I umschreibt die verwendeten Begriffe. So bedeutet der Ausdruck «Teilzeitarbeitnehmer» eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer, deren Normalarbeitszeit geringer ist als diejenige vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter (Bst. a). Die Buchstaben b und c erklären die Begriffe «Normalarbeitszeit» und «vergleichbarer Vollzeitarbeitnehmer». Buchstabe d schliesslich präzisiert, dass Vollzeitbeschäftigte, die von Teilarbeitslosigkeit betroffen sind, nicht als Teilzeitbeschäftigte angesehen werden. Für diese Begriffe und Definitionen sind keinerlei zusätzliche Erklärungen erforderlich. Sie können von der Schweiz angenommen werden. Obschon sie nicht Gegenstand ausdrücklicher Regelungen sind, entsprechen sie der geltenden Praxis in unserem Land.

Vorbehalten bleiben nach Artikel 2 günstigere Bestimmungen, die aufgrund anderer internationaler Arbeitsübereinkommen gelten. Dieser Vorbehalt bedarf keines besonderen Kommentars. Wir sind also in der Lage, diesen Artikel anzunehmen.

Artikel 3 umschreibt den Geltungsbereich des Übereinkommens: grundsätzlich gilt dieses Übereinkommen für alle. Teilzeitbeschäftigten. Ein Mitgliedstaat hat indessen die Möglichkeit, besondere Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder von Betrieben ganz oder teilweise von seinem Geltungsbereich auszunehmen (Abs. I). Die Gründe für diese Ausnahme müssen in den Berichten angegeben werden (Abs. 2).

Die Frage, ob eine mögliche Ausnahme beansprucht werden soll, stellt sich nur, falls die Ratifikation dieses Übereinkommens ins Auge gefasst wird. Wir werden daher diese Möglichkeit mit Blick auf die entsprechenden Bestimmungen des Übereinkommens untersuchen.

Gemäss Artikel 4 müssen die Teilzeitbeschäftigten in bezug auf das Vereinigungsrecht, das Recht auf Kollektivverhandlungen und das Recht,
als Arbeitnehmervertreter tätig zu sein (Bst. a) den gleichen Schutz erhalten wie die Vollzeitbeschäftigten. Der gleiche Schutz ist im Bereich der Gesundheit und der Arbeitssicherheit (Bst. b) sowie der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (Bst. c) zu gewährleisten.

Diese Bestimmung verursacht keine Probleme, denn in den genannten Schutzbereichen, namentlich auf dem Gebiete der Gesundheit und der Arbeitssicherheit, gemessen die Teilzeitbeschäftigten denselben Schutz wie die Vollzeitbeschäftigten in vergleichbarer Situation. Wir können damit Artikel 4 annehmen.

Nach Artikels sind der innerstaatlichen Gesetzgebung'und Praxis entsprechende Massnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass Teilzeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer nicht allein deshalb, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, ein Grundentgelt erhalten, das, nach der gleichen Methode berechnet, tiefer ist als dasjenige vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter.

Die Festsetzung der Löhne wird in der Schweiz nicht gesetzlich geregelt, die Löhne werden nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit festgesetzt. Dies bedeutet,

1191

dass es den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern freisteht, den Teilzeitbeschäftigten einen Lohn auszuzahlen, der geringer ist als der gemäss der gleichen Methode berechnete Lohn für vergleichbare Vollzeitbeschäftigte. In der Praxis erfüllen die allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge (GAV) die Forderungen nach Gleichbehandlung, indem sie einen Stundenlohn vorsehen oder Lohngleichheit für Teil- und .Vollzeitbeschäftigte festlegen. Zu bedenken ist jedoch, dass in der Schweiz lediglich 50 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einem GAV unterstellt sind. Die Gesetzgebung und die Praxis in der Schweiz genügen den Anforderungen des Artikels 5 somit nicht. · Gemäss Artikel 6 des Übereinkommens sind die gesetzlichen Systeme der Sozialen Sicherheit, die auf einer Beschäftigung beruhen, so anzupassen, dass Teilzeitbeschäftigte in den Genuss von Bedingungen kommen, die denen vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter gleichwertig sind; diese Bedingungen können im Verhältnis zur Arbeitszeit, zu den Beiträgen oder zum Verdienst oder durch andere der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis entsprechende Methoden festgesetzt werden.

Nicht alle Bereiche unseres Systems der sozialen Sicherheit sind an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gebunden, so die Sachleistungen in der Krankenversicherung. Bei den Geldleistungen (Taggelder) ist die Situation eine spezielle, wie wir weiter unten darlegen werden. In der Alters- und Hinterlassenenversicherung und in der Invalidenversicherung gibt es beide Formen: Für diejenigen Personen, die eine Erwerbstätigkeit ausüben, sind die Leistungen an diese Tätigkeit gebunden.

Die Versicherungen sind aber auch für nicht Erwerbstätige obligatorisch. Wir haben die Versicherungszweige unseres gesetzlichen Systems der sozialen Sicherheit auf ihre Kompatibilität mit den Bestimmungen des Übereinkommens hin überprüft.

Was die Krankenversicherung anbelangt, so ist am 1. Januar 1996 das neue Bundesgesetz vom 19. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG) in Kraft getreten.

Es sieht eine obligatorische Grundpflegeversicherung vor. Da diese nicht an eine Erwerbstätigkeit gebunden ist, wirft Artikel 6 keine Probleme auf. Die Taggeldversicherung hat zwar zum Zweck, die Versicherten für krankheitsbedingten Erwerbsoder Lohnausfall zu entschädigen. Doch sie kommt nicht automatisch
für die Dekkung aller krankheitsbedingten Einkommensausfälle oder eines Teiles davon auf.

Damit steht sie im Gegensatz zu den meisten ausländischen Versicherungssystemen. Die Höhe oder der Prozentsatz der Entschädigung hängt in der Tat von der Wahl der versicherten Person oder der sie beschäftigenden Person in einer Kollektivversicherung ab, und entsprechend variiert auch die Versicherungsprämie. Diese Art von Versicherung stellt im Hinblick auf Artikel 6 keine Probleme.

Nach dem Bundesgesetz über die Familienzulagen (FLG) und nach den kantonalen Gesetzen über diese Zulagen werden die Familienzulagen in der Regel aufgrund der geleisteten Arbeitszeit ausgerichtet. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen, erhalten demzufolge nur Teilzulagen, die nach Arbeitsstunden oder -tagen berechnet werden. Verschiedene Kantone richten die gesamte Zulage aus, sofern eine bestimmte Mindestanzahl Arbeitsstunden oder -tage geleistet worden sind. Man kann daraus schliessen, dass das FLG und die kantonalen Gesetze über die Familienzulagen den Anforderungen nach Artikel 6 genügen.

Aufgrund des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG) gelten für die Teilzeitbeschäftigten in der Schweiz bei Berufsunfällen und Berufskrankheiten dieselben Bedingungen wie für die vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten. Teilzeitbe-

1192

schäftigte sind dagegen nicht gegen Nichtberufsunfälle versichert, wenn ihre Arbeitszeit bei einem Arbeitgeber weniger als zwölf Stunden pro Woche beträgt.

Im Bereich der Sachleistungen (medizinische Pflege und Medikamente) schafft dieser Schwellenwert kein Problem; das KVG sieht nämlich eine obligatorische Versicherung für Pflege nach einem Unfall für diejenigen Personen vor, die für dieses Risiko durch das UVG nicht vollumfänglkh gedeckt sind. Bei den Geldleistungen, Taggeldern und Renten hingegen genügt das UVG den Anforderungen des Artikels 6. Allerdings wird diese Vorschrift aufgrund von Artikel 8 des Übereinkommens gelockert, wie wir noch sehen werden. Dadurch lässt sich möglicherweise dieses Problem lösen.

Das Bundesgesetz über die Alters- und Hinierlassenenversicherung (AHVG) und das Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG) schützen die gesamte Wohnbevölkerung der Schweiz sowie diejenigen Personen, die hier eine Erwerbstätigkeit ausüben. Die ordentlichen Renten werden den Anspruchsberechtigten ausgerichtet, sofern sie mindestens ein volles Beitragsjahr nachweisen können. Sie werden auf der Grundlage des durchschnittlichen Jahreseinkommens der versicherten Person berechnet. Die Rente kann bei einer vollständigen Versicherungsdauer einen bestimmten Betrag nicht unterschreiten.

Diejenige Person, welche einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht, bezieht einen ihrem Beschäftigungsgrad entsprechenden Lohn. Damit wird sie im Vergleich zu Vollzeitbeschäftigten ein tieferes durchschnittliches Jahreseinkommen aufweisen und deswegen eine geringere Rente beziehen können. Die Teilzeitbeschäftigten geniessen somit gleichwertige Bedingungen wie die Vollzeitbeschäftigten. Dass der Rentenbetrag bei vollständiger Versicherungsdauer einen bestimmten Betrag nicht unterschreiten darf, bedeutet für sie in gewisser Hinsicht sogar einen gewissen Vorteil. Die Alters- und Hinterlassenenversicherung und die Invalidenversicherung entsprechen somit den Vorschriften des Übereinkommens.

Das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) beruht auf folgendem System: Unselbständig Erwerbende unterliegen einer obligatorischen Versicherung, wenn sie ein Jahreserwerbseinkommen von über 23 280 Franken (Stand 1. Jan. 1996) bei ein und demselben Arbeitgeber erzielen. Dieser Wert
basiert auf einer Vollzeiterwerbstätigkeit und hat zur Folge, dass ein Grossteil der Teilzeitbeschäftigten nicht unter das Obligatorium fallen. Darüber hinaus erleiden diejenigen unter ihnen, die den Mindestwert erreichen und damit dem BVG unterstellt sind, einen zusätzlichen Nachteil, weil der koordinierte Lohn (das heisst derjenige Teil des Einkommens zwischen der Mindestgrenze für die Unterstellung unter das BVG und Fr. 69840.-, Stand I.Jan. 1996), auf dem die Berechnung der Leistungen beruht, im Verhältnis zu den Vollzeitbeschäftigten gekürzt wird; die Leistungen, die sie beanspruchen könnten, fallen entsprechend geringer aus, weil der minimale Koordinationsabzug nicht vom Beschäftigungsgrad abhängt.

Das BVG ist in seiner aktuellen Fassung nicht vereinbar mit Artikel 6 des Übereinkommens, denn die Bedingungen für die Teilzeitbeschäftigten sind denjenigen für Vollzeitbeschäftigte nicht gleichwertig. Dieses Problem wurde schon von mehreren parlamentarischen Vorstössen aufgegriffen, und es ist vorgesehen, ihm anlässlich der ersten Revision des BVG Rechnung zu tragen.

Der Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung beruht auf dem Beitragsprinzip. Sowohl von den Löhnen von Teilzeit- als auch von Vollzeitbeschäftigten sind Beiträge zu entrichten, und zwar je zur Hälfte von den Arbeitnehmerinnen

1193

und Arbeitnehmern und ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. Die Teilzeitbeschäftigten sind daher im Falle von Arbeitslosigkeit ebenso versichert wie die Vollzeitbeschäftigten, sofern sie einen versicherten Verdienst haben und einen anrechenbaren Arbeitsanfall. Unter diesen Bedingungen stehen ihnen bei Stellenverlust namentlich hinsichtlich Höhe und Dauer der Entschädigung dieselben Leistungen zu wie den.Voilzeitbeschäftigten. Das Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG) entspricht damit dem Artikel 6 des Übereinkommens Nr. 175.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Artikel 6 mangels gleichwertiger Bedingungen für Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte im Bereich der beruflichen Vorsorge nicht angenommen werden kann.

Gemäss Artikel 7 sind Massnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass Teilzeitbeschäftigte in den Bereichen Mutterschutz (Bst. a), Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Bst. b), bezahlter Jahresurlaub und bezahlte Feiertage (Bst. c) und krankheitsbedingte Abwesenheit vom Arbeitsplatz (Bst. d) in den Genuss von Bedingungen kommen, die denen vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter gleichwertig sind.

Was den Mutterschutz anbelangt, so werden in der Schweiz Mutterschaft und Krankheit gleich behandelt. Entsprechend werden Sach- und Geldleistungen gestützt auf das Krankenversicherungsgesetz erbracht. Das Gesetz sieht also bei Mutterschaft dieselben Leistungen vor, wie sie bei Krankheit erbracht werden; es kann daher auf die Ausführungen zu Artikel 6 des Übereinkommens verwiesen werden.

Der Vorentwurf zum Gesetz über die Mutterschaftsversicherung (MsVG) sieht eine Mutterschaftszulage vor, die den Lohnausfall zu 100 Prozent ersetzen soll, und zwar für alle Arbeitnehmerinnen, also auch die Teilzeitbeschäftigten. Der Entwurf entspricht vollumfänglich den Anforderungen des Übereinkommens, in dessen Artikel 7, letzter Satz, präzisiert wird, dass die Geldleistungen aufgrund der Arbeitszeit oder des Verdiensts festgesetzt werden können. Der Entwurf entspricht dem Anreizcharakter dieser Bestimmung des Übereinkommens.

Das schweizerische Recht kennt keinen eigentlichen Mutterschaftsurlaub. Nach Obligationenrecht hat die Arbeitnehmerin, die wegen Schwangerschaft oder Niederkunft nicht arbeitsfähig ist, jedoch einen auf eine bestimmte Dauer beschränkten Lohnfortzahlungsanspruch. Im ersten Jahr des
Arbeitsverhältnisses sind dies drei Wochen. Je länger das Arbeitsverhältnis beim gleichen Arbeitgeber dauert, desto länger wird der Lohn fortgezahlt. Dieser Anspruch gilt auch für die Teilzeitarbeitnehmerinnen. Darüber hinaus darf während acht Wochen nach der Niederkunft keine dem Arbeitsgesetz unterstellte Arbeitnehmerin beschäftigt werden. Mit ihrem Einverständnis kann sie frühestens sechs Wochen nach der Niederkunft wieder beschäftigt werden. Diese Dauer des Beschäftigungsverbotes für Frauen, die geboren haben, entspricht zwar nicht unbedingt der Dauer der Lohnfortzahlungspflicht gemäss ÖR, aber sie schützt sowohl die Vollzeit- als auch die Teilzeitarbeitnehmerinnen.

Das schweizerische Recht gewährt Voll- und Teilzeitarbeitnehmerinnen die gleichen Ansprüche.

Die Lohnzahlung während der Feiertage stützt sich einzig auf den Einzelarbeitsvertrag oder auf Gesamtarbeitsverträge. Eine Ausnahme bildet einzig der 1. August. In der Tat wurde mit der am I.Juli 1994 in Kraft getretenen Verordnung vom 30. Mai 1994 über den Bundesfeiertag der erste gesetzliche Feiertag eingeführt, der bezahlt werden muss. Diese Verordnung verpflichtet Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, den arbeitsfreien Bundesfeiertag voll zu entschädigen. In den Genuss der

1194

Lohnzahlung kommen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, also auch die Teilzeitbeschäftigten. Die Ungleichbehandlung der Teilzeitbeschäftigten hinsichtlich anderer Feiertage ist nicht verboten. In der Praxis enthalten die meisten allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge (GA'V) bei den bezahlten Feiertagen keine Diskriminierung, mit Ausnahme des GAV des Hôtellerie- und Gastgewerbes. Die Gleichbehandlung bei den bezahlten Feiertagen stellt in der Schweiz also keine allgemein anerkannte Praxis dar.

Die Teilzeitbeschäftigten geniessen für die anderen in Artikel 7 des Übereinkommens genannten Fälle Bedingungen, welche mit denen für vergleichbare Vollzeitbeschäftigte gleichwertig sind. Artikel 7 kann nicht angenommen werden, weil unser positives Recht den Anforderungen des Buchstabens c dieses Artikels nicht genügt.

Artikel 8 Absatz l führt gewisse Lockerungen bezüglich der Verbindlichkeit des Übereinkommens ein. Die Mitgliedstaaten können in der Tat Teilzeitbeschäftigte, deren Arbeitszeit oder Verdienst bestimmte Schwellenwerte unterschreitet, vom Geltungsbereich aller in Artikel 6 erwähnten gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit ausnehmen. Absolut verbindlich ist die Gleichbehandlung einzig in bezug auf die Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten (Bst. a). Die Teilzeitbeschäftigten können auch vom Geltungsbereich aller Massnahmen in den Bereichen nach Artikel 7 ausgenommen werden. Nicht ausgenommen werden können sie lediglich von Massnahmen des Mutterschutzes, die nicht in gesetzlichen Systemen der sozialen Sicherheit vorgesehen sind (Bst. b).

Nach Absatz? müssen die Schwellenwerte nach Absatz l so niedrig sein, damit nicht ein unangemessen hoher Prozentsatz der Teilzeitbeschäftigten ausgeschlossen wird.

Der für die 2. Säule geltende Wert basiert auf einer Vollzeiterwerbstätigkeit und ist damit so hoch, dass der Anteil der Teilzeit beschäftigten, die nicht in der 2. Säule versichert sind, zu hoch ist. Wir können daher von der Ausschlussmöglichkeit nach Artikel 8 keinen Gebrauch machen.

Nach UVG ist eine Person ab zwölf Arbeitsstunden pro Woche für Nichtberufsunfälle versichert (Schwellenwert, der im Hinblick auf Artikel 6 im Bereich Taggelder und Renten zu Schwierigkeiten Anlass gab). Damit ist der Schwellenwert so tief angesetzt, dass nicht zu viele Teilzeitbeschäftigte
vom Genuss von Geldleistungen im Falle eines Nichtberufsunfalles ausgeschlossen sind. Zudem können sich aufgrund des KVG die nicht gegen Unfall versicherten Personen bei einer Krankenversicherung dagegen versichern.

Nach Absatz 3 muss der Mitgliedstaat, der die Möglichkeit nach Absatz l für sich in Anspruch nimmt, die geltenden Schwellenwerte regelmässig überprüfen, in seinen Berichten über die Durchführung des Übereinkommens die geltenden Schwellenwerte und die Gründe dafür angeben und mitteilen, ob die schrittweise Ausdehnung des Schutzes auf die ausgenommenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erwogen wird.

Auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung ist ein Lohn von weniger als 500 Franken nicht versichert. Man geht davon aus. dass der Lohnausfall nicht genügend erheblich ist und daher von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer getragen werden kann. Beim Arbeitsausfall Hegt die Grenze bei mindestens zwei vollen Arbeitstagen innerhalb von zwei Wochen oder 20 Prozent der Arbeitszeit. Personen, die weniger als 20 Prozent arbeiten, sind somit bei Verlust der Stelle durch das Arbeitslosenversicherungsgesetz nicht geschützt. Auch in diesem Fall wird angenommen, dass der Verlust von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer

1195

getragen werden kann. Das Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG) entspricht somit dem Artikel 8 des Übereinkommens Nr, 175, Gestützt auf Artikel 8 Absatz 4 sind die massgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände zur Festsetzung, Überprüfung und Änderung der Schwellenwerte anzuhören. Das übliche Gesetzgebungsverfahren genügt dieser Anforderung.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich mit der Ausschlussklausel nach Artikel 8 die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem BVG nicht lösen lassen.

Artikel 8 kann daher nicht angenommen werden.

Artikel 9 Absatz / sieht vor, dass Massnahmen zu treffen sind, um Hindernisse, die den Zugang zur Teilzeitarbeit erschweren könnten, abzuschaffen. Die Absätze 2 und 3 enthalten eine Beschreibung der Massnahmen, mit denen der Zugang zur Teilzeitarbeit erleichtert werden kann.

Wie bereits im besonderen Teil dieses Berichts erwähnt worden ist, enthält das Arbeitsgesetz keine speziellen Normen über die Teilzeitarbeit. Die Voll- und die Teilzeitbeschäftigten sind folglich der gleichen gesetzlichen Regelung unterstellt und unterstehen hinsichtlich des Zuganges zum Stellenmarkt denselben Bedingungen.

Die Arbeitsvermittlungen versuchen, die Arbeitsmarktressourcen mittels vertiefter Studien der Bedürfnisse der Arbeitgeberseite und besonderer Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu optimieren. Massnahmen, die im Rahmen von Beschäftigungsprogrammen ergriffen werden, kommen Voll- und Teilzeitbeschäftigten gleichennassen zugute, das heisst, sie werden gleichbehandelt, namentlich hinsichtlich Information und Stellenvermittlung, In Form einer Broschüre erhalten die Teilzeitbeschäftigten und die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber alle erforderlichen Informationen über anwendbare Gesetze, Sozialversicherungen usw. Diese Broschüre wird periodisch überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht.

Nach Artikel9 soll demnach,nicht eine aktive Politik zur Förderung einer einzigen Beschäftigungskategorie eingeschlagen werden. Dies würde nämlich den Grundsatz der Gleichbehandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten in Frage stellen.

Darüber hinaus entspricht dieser Artikel in der Praxis den Anstrengungen, die die Arbeitsämter unternehmen, um für den optimalen Einsatz der verfügbaren Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt günstige Bedingungen zu schaffen. Artikel 9 kann
somit angenommen werden.

Gemäss Artikel 10 müssen gegebenenfalls. Massnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass der Wechsel von Vollzeit- zu Teilzeitarbeit oder umgekehrt freiwillig erfolgt. Dies hat in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis zu geschehen.

Nach privatem Arbeitsrecht können die Vertragsparteien frei einen Wechsel von Vollzeit- zu Teilzeitarbeit vereinbaren. Dies ist mit einer Änderung des Einzelarbeitsvertrages verbunden. Die Vertragspartei, die der anderen Vertragspartei eine Vertragsänderung vorschlägt, muss dieser die Möglichkeit anbieten, den ursprünglichen Vertrag innerhalb der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist aufzulösen und einen neuen Arbeitsvertrag mit der vorgeschlagenen Änderung abzu- .

schliessen. Nach Ablauf dieser Frist hat die Partei, welcher die Änderung vorgeschlagen worden ist, die Wahl, den neuen geänderten Arbeitsvertrag abzuschliessen oder darauf zu verzichten. Diese Möglichkeit ist im Obligationenrecht nicht ausdrücklich vorgesehen, sie lässt sich jedoch aus der Rechtsprechung zu Artikel 335 OR ableiten (betreffend die Kündigung im allgemeinen bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen).

1196

Das Gesetz über die Arbeitslosenversicherung (AVIG) erlaubt es den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, die Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten zu verkürzen (Art. 32 bis 41 AVIG).

Diese Kürzung ist grundsätzlich vorübergehend, und die Betroffenen erhalten eine Erwerbsausfallentschädigung von 80 Prozent des Lohnes ausbezahlt. Auch wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Einführung der Kurzarbeit ihr Einverständnis geben müssen, ist es fraglich, ob man von einem freiwilligen Übergang sprechen kann. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass nach Artikel l Vollzeitbeschäftigte, die Kurzarbeit leisten, nicht als Teilzeitarbeitnehmende gelten. Artikel 10 kann somit angenommen werden.

Artikel!! gibt an, mit welchen Mitteln die Bestimmungen des Übereinkommens umgesetzt werden sollen: nämlich durch die Gesetzgebung, die GAV oder auf andere der innerstaatlichen Praxis entsprechende Weise. Der Arbeitnehmerschutz beruht in der Schweiz auf denselben Mitteln. Indessen entsprechen das Recht wie auch die aus den GAV fliessende Praxis nicht den Anforderungen des vorliegenden Übereinkommens. Dieser Artikel kann daher nicht angenommen werden.

Die Artikel 12-19 enthalten die üblichen Schlussbestimmungen; sie bedürfen keines Kommentars.

322

Haltung im Hinblick auf die Empfehlung

Die Empfehlung Nr. 182 (Anhang 4) nimmt verschiedene der im Übereinkommen enthaltenen Rechte auf und führt sie näher aus und fügt neue Rechte hinzu. Die Empfehlung hat keinerlei zwingenden Charakter: die Frage einer Ratifizierung stellt sich somit nicht. Wir beschränken uns deshalb auf die Zusammenfassung ihres Inhaltes, ohne zu beurteilen, ob sie mit dem positiven schweizerischen Recht vereinbar wäre oder nicht.

Nach Absatz4 sollte die Arbeitgeberseite die Arbeitnehmervertreterinnen und -Vertreter zur Einführung oder Ausweitung von Teilzeitarbeit in grossem Ausmass, zu den für eine solche Arbeit geltenden Regeln und Verfahren und zu den in Frage kommenden Schutz- und Förderungsmassnahmen anhören. Gemäss Absatz 5 sollten die Teilzeitbeschäftigten über ihre Arbeitsbedingungen schriftlich oder auf eine andere der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis entsprechende Weise unterrichtet werden.

Die Absätze 6, 7 und 8 betreffen die schrittweise Herabsetzung der Schwellenwerte, die den Zugang zu gewissen Systemen der sozialen Sicherheit (Abs. 6) und zu privaten beruflichen Systemen (Abs. 7) ermöglichen sowie die Herabsetzung der Schwellenwerte gemäss Artikel 8 des Übereinkommens (Abs. 8).

Nach Absatz 9 sollten für Teilzeitbeschäftigte, die mehr als eine Tätigkeit ausüben, die Gesamtarbeitszeit, die Gesamtbeiträge und der Gesamtverdienst den Ausschlag geben, wenn es darum geht festzustellen, ob sie die Voraussetzungen erfüllen/ die ihnen den Zugang zu den gesetzlichen Systemen der sozialen Sicherheit ermöglichen, die auf einer Beschäftigung beruhen.

Nach den Absätzen !0 und 11 sollten die Teilzeitbeschäftigten auf gleichberechtigter Grundlage in den Genuss von finanziellen Leistungen kommen, die zusätzlich zum Grundentgelt gewährt werden, und Zugang zu den Sozialeinrichtungen und Sozialdiensten des betreffenden Betriebes haben. Gemäss Absatz 12 Ziffer 2 sollte festgelegt werden, dass Änderungen der vereinbarten Arbeitszeit und deren Über-

50 Bunclesblatl 148. Jahrgang. Bd. III

1197

schreiten nur innerhalb bestimmter Grenzen möglich sind und zuvor bekannt gegeben werden müssen.

Die Absätze 13 und 14 betreffen die Urlaube. Die Teilzeitbeschäftigten sollten auf gleichberechtigter Grundlage und, soweit möglich, unter gleichwertigen Bedingungen Zugang zu allen den vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten gewährten Arten des Urlaubs haben (Bildungsurlaub, Elternurlaub, Urlaub im Krankheitsfall eines Kindes). Absatz 14 empfiehlt auch die gleichen Vorschriften für Teilzeitbeschäftigte und vergleichbare Vollzeitbeschäftigte in bezug auf die Planung des Jahresurlaubes und der Einteilung zur Arbeit an den üblichen Ruhetagen und an Feiertagen.

Nach Absatz 15 sollten Massnahmen getroffen werden, die es erlauben, spezifische Hindemisse, die den Zugang zur Ausbildung, zu beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten und zur beruflichen Mobilität erschweren, zu beseitigen. Nach Absatz 16 sollten die Systeme der sozialen Sicherheit, die auf einer Beschäftigung beruhen und von der Annahme von Teilzeitarbeit abhalten können, angepasst werden.

Nach Absatz 17 sollten die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Massnahmen zur Erleichterung des Zugangs zur Teilzeitarbeit auf allen Ebenen des Unternehmens, auch in Fach- und Führungspositionen, wenn dies angemessen ist, in Erwägung ziehen.

Die Absätze 18, 19 und 20 betreffen die Versetzung von einem Vollzeitarbeitsplatz zu einem Teilzeitarbeitsplatz und umgekehrt. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollten die Versetzungswünsche berücksichtigen (Abs. 18). Die Weigerung einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers, sich versetzen zu lassen, sollte allein keinen triftigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses darstellen.

Die Möglichkeit, Arbeitsverhältnisse in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis aus anderen Gründen, wie sie sich aus den betrieblichen Erfordernissen des betreffenden Betriebs ergeben können, zu beenden, wird dadurch nicht tangiert (Abs. 19). Schliesslich sollte die Versetzung zu Teilzeitarbeit in berechtigten Fällen (Schwangerschaft, Notwendigkeit der Betreuung eines Familienangehörigen) möglich sein, ebenso die spätere Rückkehr zur Vollzeitarbeit (Abs. 20).

Nach Absatz21 sollten die Teilzeitbeschäftigten wie Vollzeitbeschäftigte zählen, wenn die den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern auferlegten Verpflichtungen
von der Anzahl der von ihnen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern abhängen.

Absatz 22 empfiehlt die Verbreitung von Informationen über die für die Teilzeitarbeit geltenden Schutzmassnahmen sowie über die praktischen Vorkehrungen für verschiedene Formen der Teilzeitarbeit.

323

Schlussfolgerung

Die Analyse des Übereinkommens Nr. 175 hat gezeigt, dass die erforderlichen Bedingungen für die Ratifizierung dieses Instrumentes im jetzigen Zeitpunkt noch nicht vollumfänglich erfüllt sind. Die wichtigsten Hindernisse sind in den Bereichen der Löhne und der beruflichen Vorsorge anzutreffen.

Unter diesen Umständen verzichten wir darauf, Ihnen das Übereinkommen Nr. 175 über die Teilzeitarbeit zur Genehmigung vorzulegen.

8493

1198

Anhang l

Übereinkommen Nr. 174 Übersetzung» über die Verhütung von industriellen Störfallen

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 2. Juni 1993 zu ihrer achtzigsten Tagung zusammengetreten ist.

verweist auf die einschlägigen internationalen Arbeitsübereinkommen und -empfehlungen, insbesondere das Übereinkommen und die Empfehlung über den Arbeitsschutz, 1981, und das Übereinkommen und die Empfehlung über chemische Stoffe, 1990, und unterstreicht die Notwendigkeit eines globalen und in sich geschlossenen Vorgehens.

verweist ferner auf die 1991 vom Internationalen Arbeitsamt veröffentlichte Richtliniensammlung über die Verhütung von industriellen Störfällen.

weist auf die Notwendigkeit hin sicherzustellen, dass alle geeigneten Massnahmen getroffen werden, um a) Störfälle zu verhüten; b) die Risiken von Störfällen so gering wie möglich zu halten; c) die Auswirkungen von Störfällen so gering wie möglich zu halten; verweist auf die Ursachen solcher Störfälle, darunter organisatorische Fehler, der Faktor Mensch, das Versagen von Bauteilen, Abweichungen von den normalen Betriebsbedingungen, Fremdeinwirkungen und Naturgewalten.

verweist auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit im Rahmen des Internationalen Programms für chemische Sicherheit zwischen der Internationalen Arbeitsorganisation, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen und der Weltgesundheitsorganisation sowie mit anderen in Frage kommenden zwischenstaatlichen Organisationen.

hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Verhütung von industriellen Störfällen, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 22. Juni 1993, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die Verhütung von industriellen Störfällen, 1993, bezeichnet wird.

" Übersetzung des französischen Originaltextes.

1199

Verhütung von industriellen Störfallen

Teil I: Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen Artikel l 1. Der Zweck dieses Übereinkommens ist die Verhütung von Störfällen, an denen gefährliche Stoffe beteiligt sind, und die Begrenzung der Folgen solcher Störfälle.

2. Dieses Übereinkommen gilt für störfallgefährdete Anlagen.

3. Dieses Übereinkommen gilt nicht für a) nukleare Anlagen und Betriebe, die radioaktive Stoffe aufarbeiten, ausgenommen Einrichtungen dieser Anlagen, in denen nichtradioaktive Stoffe behandelt werden; b) militärische Anlagen; c) den Transport ausserhalb des Standorts einer Anlage, soweit er nicht über Rohrleitungen erfolgt.

4. Ein Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, kann nach Anhörung der in Betracht kommenden repräsentativen Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie anderer beteiligter Parteien, die betroffen sein können, von der Anwendung des Übereinkommens Anlagen oder Wirtschaftszweige ausnehmen, für die ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist.

Artikel 2 Wenn besondere Probleme von erheblicher Bedeutung auftreten, so dass eine unverzügliche Durchführung aller in diesem Übereinkommen vorgesehenen Verhütungsund Schutzmassnahmen nicht möglich ist, hat ein Mitglied in Beratung mit den massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und mit anderen beteiligten Parteien, die betroffen sein können, Pläne für die schrittweise Durchführung der betreffenden Massnahmen innerhalb eines festgelegten zeitlichen Rahmens aufzustellen.

Artikel 3 Im Sinne dieses Übereinkommens a) bedeutet der Ausdruck «gefährlicher Stoff» einen Stoff oder eine Mischung von Stoffen, die aufgrund chemischer, physikalischer oder toxikologischer Eigenschaften, entweder allein oder in Verbindung mit anderen, eine Gefahr darstellen; b) bedeutet der Ausdruck «Schwellenmenge» für einen bestimmten gefährlichen Stoff oder eine bestimmte gefährliche Stoffkategorie diejenige in der innerstaatlichen Gesetzgebung unter Hinweis auf spezifische Bedingungen festgelegte Menge, deren Überschreiten eine störfallgefährdete Anlage kennzeichnet; c) bedeutet der Ausdruck «störfallgefährdete Anlage» eine Anlage, in der entweder ständig oder vorübergehend ein oder mehrere gefährliche Stoffe oder Stoffkategorien in Mengen hergestellt, verarbeitet, gehandhabt, verwendet, entsorgt oder gelagert werden, die die Schwellenmenge überschreiten; d) bedeutet der Ausdruck «Störfall» ein plötzliches Ereignis - wie eine grössere Emission, einen grösseren Brand oder eine grössere Explosion - während

1200

Verhütung von industriellen Störfallen

e)

f)

einer Tätigkeit innerhalb einer störfallgefährdeten Anlage, bei dem ein gefährlicher Stoff oder mehrere gefährliche Stoffe beteiligt sind und das sofort oder später eine ernste Gefahr für die Arbeitnehmer, die Bevölkerung oder die Umwelt zur Folge hat; bedeutet der Ausdruck «Sicherheitsanalyse» eine schriftliche Darlegung der Informationen hinsichtlich Technik, Betriebsleitung und Betriebsablauf, die sich auf die Gefahren und Risiken einer störfallgefährdeten Anlage und ihre Abwehr erstrecken und die für die Sicherheit der Anlage getroffenen Massnahmen rechtfertigen; bedeutet der Ausdruck «Beinahe-Störfall» jedes plötzliche Ereignis, bei dem ein gefährlicher Stoff oder mehrere gefährliche Stoffe beteiligt waren und das ohne abschwächende Wirkungen, Massnahmen oder Systeme sich zu einem Storiali hätte steigern können.

Teil II: Allgemeine Grundsätze Artikel 4 1. Jedes Mitglied hat unter Berücksichtigung der innerstaatlichen Gesetzgebung, Verhältnisse und Gepflogenheiten und in Beratung mit den massgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie mit anderen beteiligten Parteien, die betroffen sein können, eine in sich geschlossene innerstaatliche Politik zum Schutz der Arbeitnehmer, der Bevölkerung und der Umwelt vor dem Risiko von Störfällen festzulegen, durchzuführen und regelmässig zu überprüfen.

2. Diese Politik ist durch Verhütungs- und Schutzmassnahmen für störfallgefährdete Anlagen umzusetzen und hat, soweit durchführbar, die Verwendung der besten verfügbaren Sicherheitstechnologien zu fördern.

Artikel 5 1. Die zuständige Stelle oder ein von ihr zugelassenes oder anerkanntes Organ hat nach Anhörung der massgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie anderer beteiligter Parteien, die betroffen sein können, ein System zur Ermittlung von störfallgefährdeten Anlagen im Sinne des Artikels 3 Buchstabe c) einzurichten, und zwar auf der Grundlage eines Verzeichnisses von gefährlichen Stoffen oder von Kategorien gefährlicher Stoffe oder von beiden, zusammen mit ihren jeweiligen Schwellenmengen, in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung oder mit internationalen Normen.

2. Das in Absatz l erwähnte System ist regelmässig zu überprüfen und auf den neuesten Stand zu bringen.

Artikel 6 Die zuständige Stelle hat nach Anhörung der in Betracht kommenden repräsentativen Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer besondere Vorkehrungen zum Schutz von vertraulichen, ihr gemäss den Artikeln 8, 12, 13 oder 14 übermittelten oder zugänglich gemachten Informationen zu treffen, deren Weitergabe dem

1201

Verhütung von industriellen Störfällen

Betrieb eines Arbeitgebers voraussichtlich Schaden zufügen würde, soweit diese Massnahme nicht zu einer ernsten Gefährdung der Arbeitnehmer, der Bevölkerung oder der Umwelt führt.

Teil III: Verantwortlichkeiten der Arbeitgeber Ermittlung Artikel 7 Die Arbeitgeber haben jede störfallgefährdete Anlage, die ihrer Verfügungsgewalt unterliegt, anhand des in Artikel 5 erwähnten Systems zu ermitteln.

Meldung Artikel 8 1. Die Arbeitgeber haben der zuständigen Stelle jede von ihnen ermittelte störfallgefährdete Anlage zu melden: a) innerhalb eines festgelegten zeitlichen Rahmens im Fall einer bestehenden Anlage; b) vor ihrer Inbetriebnahme im Fall einer neuen Anlage.

2. Die Arbeitgeber haben der zuständigen Stelle auch jede endgültige Stillegung einer störfallgefährdeten Anlage im voraus zu melden.

Anlagebezogene Vorkehrungen Artikel 9 Die Arbeitgeber haben für jede störfallgefährdete Anlage ein dokumentiertes System zur Abwehr von Störfallgefahren einzurichten und aufrechtzuerhalten, das Vorkehrungen enthält für a) die Bestimmung und Analyse von Gefahren und die Einschätzung von Risiken, einschliesslich der Berücksichtigung möglicher Wechselwirkungen zwischen Stoffen; b) technische Massnahmen, einschliesslich der Auslegung, der Sicherheitssysteme, der Ausführung, der Wahl der chemischen Stoffe, des Betriebs, der Wartung und der systematischen Inspektion der Anlage; c) organisatorische Massnahmen, einschliesslich der Ausbildung und Unterweisung des Personals, der Bereitstellung von Ausrüstung zur Gewährleistung seiner Sicherheit, der Personalausstattung, der Arbeitszeit, der Festlegung der Verantwortlichkeiten sowie der Kontrolle fremder Auftragnehmer und vorübergehend beschäftigter Arbeitskräfte am Standort der Anlage; d) Notfallpläne und -verfahren, einschliesslich i) der Ausarbeitung wirksamer Notfallpläne und -verfahren, einschliesslich medizinischer Notfall verfahren, die bei Störfällen oder drohenden Störfällen an Ort und Stelle anzuwenden sind, mit regelmässiger Prüfung und

1202

Verhütung von industriellen Störfällen

e) 0 g)

Beurteilung ihrer Wirksamkeit und erforderlichenfalls ihrer Überarbeitung; ii) der Weitergabe von Informationen über potentielle Störfälle und an Ort und Stelle anzuwendende Notfallpläne an die Behörden und Stellen, die für die Ausarbeitung von Notfallplänen und -verfahren zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt ausserhalb des Standorts der Anlage verantwortlich sind; iü) aller erforderlichen Beratungen mit diesen Behörden und Stellen; Massnahmen zur Begrenzung der Folgen eines Störfalls; Beratungen mit den Arbeitnehmern und ihren Vertretern; Verbesserungen des Systems, einschliesslich Massnahmen zur Sammlung von Informationen und zur Auswertung von Störfällen und Beinahe-Störfallen.

Die daraus gezogenen Lehren sind mit den Arbeitnehmern und ihren Vertretern zu erörtern und in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis aufzuzeichnen.

Sicherheitsanalyse Artikel 10 1. Die Arbeitgeber haben eine Sicherheitsanalyse entsprechend den Erfordernissen des Artikels 9 auszuarbeiten.

2. Die Analyse ist auszuarbeiten a) für bestehende störf allgefährdete Anlagen innerhalb einer durch die innerstaatliche Gesetzgebung vorgeschriebenen Frist nach der Meldung; b) für jede neue störfaflgefährdete Anlage vor deren Inbetriebnahme.

Artikel 11 Die Arbeitgeber haben die Sicherheitsanalyse zu überprüfen, auf den neuesten Stand zu bringen und abzuändern a) im Fall einer Änderung, die einen erheblichen Einfluss auf den Grad der Sicherheit der Anlage oder ihrer Verfahren oder der Mengen der vorhandenen gefährlichen Stoffe hat; b) wenn die Entwicklung in den technischen Kenntnissen oder in der Gefahreneinschätzung dies angezeigt erscheinen lässt; c) in den durch die innerstaatliche Gesetzgebung vorgeschriebenen Zeitabständen; d) auf Verlangen der zuständigen Stelle.

Artikel 12 Die Arbeitgeber haben die in den Artikeln 10 und 11 erwähnten Sicherheitsanalysen der zuständigen Stelle zu übermitteln oder zugänglich zu machen.

1203

Verhütung von industriellen Störfällen

Störfallmeldung Artikel 13 Die Arbeitgeber haben die zuständige Stelle und die anderen für diesen Zweck bezeichneten Organe zu informieren, sobald sich ein Störfall ereignet.

Artikel 14 1. Die Arbeitgeber haben innerhalb eines festgelegten zeitlichen Rahmens nach einem Störfall der zuständigen Stelle einen detaillierten Bericht vorzulegen, der eine Analyse der Ursachen des Störfalls enthält und seine unmittelbaren Folgen am Standort der Anlage sowie alle zur Abschwächung seiner Auswirkungen ergriffenen Massnahmen beschreibt.

2. Der Bericht hat Empfehlungen zu enthalten, in denen im einzelnen die Massnahmen dargelegt werden, die zur Vermeidung einer Wiederholung des Störfalls zu treffen sind.

Teil IV: Verantwortlichkeiten der zuständigen Stellen Notfallvorsorge ausserhalb des Standorts der Anlage Artikel 15 Die zuständige Stelle hat unter Berücksichtigung der vom Arbeitgeber bereitgestellten Informationen sicherzustellen, dass Notfallpläne und -verfahren, die Vorkehrungen zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt ausserhalb des Standorts jeder störfallgefährdeten Anlage enthalten, ausgearbeitet, in geeigneten Zeitabständen auf den neuesten Stand gebracht und mit den betroffenen Behörden und Organen koordiniert werden.

Artikel 16 Die zuständige Stelle hat sicherzustellen, dass a) Informationen über Sicherheitsmassnahmen und das richtige Verhalten bei einem Storiali unaufgefordert unter den Teilen der Bevölkerung verbreitet werden, die wahrscheinlich von einem Störfall betroffen würden, und dass solche Informationen in geeigneten Zeitabständen auf den neuesten Stand gebracht und erneut verbreitet werden; b) bei einem Störfall so bald wie möglich eine Warnung erfolgt; c) bei einem Störfall, der grenzüberschreitende Auswirkungen haben könnte, die gemäss den Buchstaben a) und b) erforderlichen Informationen den betreffenden Staaten übermittelt werden, um Vorkehrungen für eine Zusammenarbeit und Koordinierung zu unterstützen.

1204

Verhütung von industriellen StörfüUen

Wahl des Standorts von störfallgefahrdeten Anlagen Artikel 17 Die zuständige Stelle hat eine umfassende Standortpolitik festzulegen, die eine zweckmässige Trennung geplanter störfallgefährdeter Anlagen von Arbeits- und Wohngebieten und öffentlichen Einrichtungen sowie geeignete Massnahrnen für bestehende Anlagen vorsieht. Eine solche Politik hat den in Teil II des Übereinkommens dargelegten allgemeinen Grundsätzen Rechnung zu tragen.

Inspektion Artikel 18 1. Die zuständige Stelle hat über ordnungsgemäss qualifiziertes und ausgebildetes Personal mit entsprechenden Fähigkeiten sowie über ausreichende technische und fachliche Unterstützung zu verfügen, um in der Lage zu sein, die in diesem Übereinkommen behandelten Angelegenheiten zu prüfen, zu untersuchen und zu beurteilen und entsprechenden Rat zu erteilen und die Einhaltung der innerstaatlichen Gesetzgebung sicherzustellen.

2. Vertreter des Arbeitgebers und Vertreter der Arbeitnehmer einer störfallgefahrdeten Anlage müssen Gelegenheit haben, die Aufsichtspersonen zu begleiten, die die-Anwendung der gemäss diesem Übereinkommen vorgeschriebenen Massnahmen überwachen, es sei denn, die Aufsichtspersonen sind in Anbetracht der allgemeinen Weisungen der zuständigen Stelle der Ansicht, dass sich dies nachteilig auf die Erfüllung ihrer Aufgaben auswirken kann.

Artikel 19 Die zuständige Steife muss das Recht haben, jeden Arbeitsgang, bei dem die unmittelbare Gefahr eines Störfalls besteht, vorübergehend einstellen zu lassen.

Teil V: Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter Artikel 20 Die Arbeitnehmer und ihre Vertreter in einer störfallgefahrdeten Anlage sind im Wege geeigneter Verfahren der Zusammenarbeit anzuhören, damit ein sicheres Arbeitssystem gewährleistet wird. Die Arbeitnehmer und ihre Vertreter müssen insbesondere a) über die mit der störfallgefahrdeten Anlage verbundenen Gefahren und deren voraussichtliche Folgen ausreichend und in geeigneter Weise unterrichtet werden; b) über alle Anordnungen, Weisungen oder Empfehlungen der zuständigen Stelle unterrichtet werden;

1205

Verhütung von industriellen Störfallen

c)

bei der Ausarbeitung i) der Sicherheitsanalyse; ü) der Notfallpläne und -verfahren; iü) der Störfallberichte; angehört werden und Zugang zu diesen Unterlagen haben; d) regelmässig in den Methoden und Verfahren zur Verhütung von Störfällen und zur Beherrschung von Vorgängen, die voraussichtlich zu einem Störfall führen würden, und in den bei einem Störfall anzuwendenden Notfallverfahren unterwiesen und ausgebildet werden; e) im Rahmen ihres Aufgabenbereichs, und ohne irgendeinen Nachteil zu erleiden, Gegenmassnahmen treffen und erforderlichenfalls die Arbeit unterbrechen, wenn sie aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung hinreichenden Grund zu der Annahme haben, dass die unmittelbare Gefahr eines Störfalls besteht, und je nach den Umständen ihren Vorgesetzten benachrichtigen oder Alarm auslösen, bevor sie eine solche Massnahme treffen oder so bald wie möglich danach; f) mit dem Arbeitgeber alle potentiellen Gefahren erörtern, die ihrer Ansicht nach einen Störfall hervorrufen können, und das Recht haben, die zuständige Stelle über diese Gefahren zu unterrichten.

Artikel 21 Die am Standort einer störfallgefährdeten Anlage beschäftigten Arbeitnehmer haben a) alle Methoden und Verfahren bezüglich der Verhütung von Störfällen und der Beherrschung von Vorgängen, die voraussichtlich zu einem Störfall führen würden, innerhalb der störfallgefährdeten Anlage einzuhalten; b) alle Notfallverfahren einzuhalten, falls ein Störfall eintritt.

Teil VI: Verantwortung der exportierenden Staaten Artikel 22 Wenn in einem exportierenden Mitgliedstaat die Verwendung von gefährlichen Stoffen, Technologien oder Verfahren als potentielle Störfallquelle verboten ist, sind die Informationen über dieses Verbot und die Gründe dafür von dem exportierenden Mitgliedstaat jedem importierenden Land zugänglich zu machen.

Teil VII:

Schlussbestimmungen

Artikel 23 Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.

1206

Verhütung von industriellen Störfüllen

Artikel 24 1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.

2. Es tritt, zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind, in Kraft.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.

Artikel 25 1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren seit seinem erstmaligen Inkrafttreten durch förmliche Mitteilung an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Sie wird erst ein Jahr nach der Eintragung wirksam.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und binnen eines Jahres nach Ablauf der in Absatz l genannten zehn Jahre von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für weitere zehn Jahre gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Artikel 26 1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.

2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, zu dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

Artikel 27 Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Massgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.

Artikel 28 Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes erstattet der Allgemeinen Konferenz, wann immer er es für nötig erachtet, einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens und prüft, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Neufassung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

1207

Verhütung von industriellen Störfällcn

Artikel 29 1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise neufasst, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gilt folgendes: a) Die Ratifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied hat ungeachtet des Artikels 25 ohne weiteres die Wirkung einer sofortigen Kündigung des vorliegenden Übereinkommens, sofern das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. In jedem Fall bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt für diejenigen Mitglieder in Kraft, die dieses, nicht jedoch das neugefasste Übereinkommen, ratifiziert haben.

Artikel 30 Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise verbindlich.

Es folgen die Unterschriften 8493

1208

Empfehlung Nr. 181

Anhang 2 Übersetzung^

betreffend die Verhütung von industriellen Störfallen

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,

die vom Venvaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 2. Juni 1993 zu ihrer achtzigsten Tagung zusammengetreten ist.

hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Verhütung von industriellen Störfällen, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung zur Ergänzung des Übereinkommens über die Verhütung von industriellen Störfällen, 1993, erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 22. Juni 1993, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend die Verhütung von industriellen Störfällen, 1993, bezeichnet wird.

1. Die Bestimmungen dieser Empfehlung sollten in Verbindung mit denen des Übereinkommens über die Verhütung von industriellen Störfällen, 1993, (im folgenden «das Übereinkommen» genannt) angewendet werden.

2. (1) Die Internationale Arbeitsorganisation sollte in Zusammenarbeit mit anderen in Frage kommenden internationalen zwischenstaatlichen und nichtstaatlichen Organisationen für einen internationalen Informationsaustausch sorgen über a) gute Sicherheitsmethoden in störfallgefährdeten Anlagen, einschliesslich des Sicherheitsmanagements und der Verfahrenssicherheit; b) Störfälle; c) aus Beinahe-Störfällen gezogene Lehren; d) Technologien und Verfahren, die aus Gründen der Sicherheit und Gesundheit verboten sind; e) die medizinische Organisation und die medizinischen Methoden zur Bewältigung der Folgen eines Störfalls; f) die von den zuständigen Stellen zur Durchführung des Übereinkommens und dieser Empfehlung verwendeten Mechanismen und Verfahren.

(2) Die Mitglieder sollten soweit wie möglich Informationen über die in Unterabsatz (1) erwähnten Angelegenheiten dem Internationalen Arbeitsamt übermitteln.

3. Die im Übereinkommen vorgesehene innerstaatliche Politik und die innerstaatliche Gesetzgebung oder sonstige Massnahmen zu ihrer Umsetzung sollten sich gegebenenfalls von der 1991 vom Internationalen Arbeitsamt veröffentlichten Richtliniensammlung über die Verhütung von industriellen Störfällen leiten lassen.

" Übersetzung des französischen Originaltextes.

1209

Verhütung von industriellen Störfällen

4. Die Mitglieder sollten Politiken entwickeln mit dem Ziel, den Störfallrisiken und -gefahren und ihren Folgen in den Sektoren und Tätigkeitsbereichen zu begegnen, die gemäss Artikel l Absatz 3 des Übereinkommens aus dessen Geltungsbereich ausgenommen sind.

5. In Anbetracht dessen, dass ein Störfall wegen seiner Auswirkungen auf Menschenleben und die Umwelt ernste Folgen haben könnte, sollten die Mitglieder die Einrichtung von Systemen fördern, die geeignet sind, die Arbeitnehmer so bald wie möglich nach Eintritt des Ereignisses zu entschädigen und die Auswirkungen dieses Störfalls auf die Bevölkerung und die Umwelt in angemessener Weise zu bewältigen.

6. Gemäss der vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes angenommenen Dreigliedrigen Grundsatzerklärung über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik sollte ein nationales oder multinationales Unternehmen mit mehr als einem Betrieb unterschiedslos für die Arbeitnehmer in allen seinen Betrieben, ungeachtet des Ortes oder Landes, in dem sie liegen, Sicherheitsmassnahmen zur Verhütung von Störfällen und zur Beherrschung von Vorgängen vorsehen, die voraussichtlich zu einem Störfall führen würden.

8493

1210

Anhang 3

Übereinkommen Nr. 175 über die Teilzeitarbeit

Übersetzung»

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 7. Juni 1994 zu ihrer einundachtzigsten Tagung zusammengetreten ist.

verweist auf die Bedeutung der Bestimmungen des Übereinkommens über die Gleichheit des Entgelts, 1951, des Übereinkommens über die Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf), 1958, und des Übereinkommens und der Empfehlung über Arbeitnehmer mit Familienpflichten, 1981, für Teilzeitarbeitnehmer.

verweist auf die Bedeutung des Übereinkommens über Beschäftigungsförderung und den Schutz gegen Arbeitslosigkeit, 1988, und der Empfehlung betreffend die Beschäftigungspolitik (ergänzende Bestimmungen), 1984, für diese Arbeitnehmer.

anerkennt die Bedeutung der produktiven und frei gewählten Beschäftigung für alle Arbeitnehmer, die wirtschaftliche Bedeutung der Teilzeitarbeit, die Notwendigkeit, dass die Beschäftigungspolitik der Rolle der Teilzeitarbeit bei der Förderung zusätzlicher Beschäftigungsmöglichkeiten Rechnung trägt, und die Notwendigkeit, den Schutz der Teilzeitarbeitnehmer in den Bereichen des Zugangs zur Beschäftigung, der Arbeitsbedingungen und der Sozialen Sicherheit zu gewährleisten.

hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Teilzeitarbeit, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 24. Juni 1994, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die Teilzeitarbeit, 1994, bezeichnet wird.

Artikel l Im Sinne dieses Übereinkommens a) bedeutet der Ausdruck «Teilzeitarbeitnehmer» einen Arbeitnehmer, dessen Normalarbeitszeit geringer ist als diejenige vergleichbarer Vollzeitarbeitnehmer; b) kann die in Unterabsatz a) genannte Normalarbeitszeit wöchentlich oder im Durchschnitt einer bestimmten Beschäftigungszeit berechnet werden; c)

bezieht sich der Ausdruck «vergleichbarer Vollzeitarbeitnehmer» auf einen Vollzeitarbeitnehmer, der:

') Übersetzung des französischen Originaltextes.

1211

Teilzeitarbeit

i) ii)

d)

die gleiche Art von Beschäftigungsverhältnis hat; eine gleichartige oder ähnliche Arbeit verrichtet oder einen gleichartigen oder ähnlichen Beruf ausübt; und üi) im gleichen Betrieb oder, wenn es in diesem Betrieb keinen vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmer gibt, im gleichen Unternehmen oder, wenn es in diesem Unternehmen keinen vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmer gibt, im gleichen Wirtschaftszweig beschäftigt ist wie der betreffende Teilzeitarbeitnehmer: werden Vollzeitarbeitnehmer, die von Teilarbeitslosigkeit betroffen sind, d. h.

von einer kollektiven und vorübergehenden Verkürzung ihrer Normalarbeitszeit aus wirtschaftlichen, technischen oder strukturellen Gründen, nicht als Teilzeitarbeitnehmer angesehen.

Artikel 2 Dieses Übereinkommen berührt nicht günstigere Bestimmungen, die aufgrund anderer internationaler Arbeitsübereinkommen für Teilzeitarbeitnehmer gelten.

Artikel 3 1. Dieses Übereinkommen gilt für alle Teilzeitarbeitnehmer, mit der Massgabe, dass ein Mitglied nach Anhörung der in Betracht kommenden repräsentativen Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer besondere Gruppen von Arbeitnehmern oder Betrieben ganz oder teilweise aus seinem Geltungsbereich ausnehmen kann, wenn seine Anwendung auf diese Gruppen besondere Probleme von erheblicher Bedeutung aufwerfen würde.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und das die im vorstehenden Absatz gebotene Möglichkeit für sich in Anspruch nimmt, hat in seinen Berichten über die Durchführung des Übereinkommens nach Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation die besonderen Gruppen von Arbeitnehmern oder Betrieben, die auf diese Weise ausgenommen worden sind, sowie die Gründe, weshalb diese Ausnahme als erforderlich erachtet worden ist oder noch erachtet wird, anzugeben.

Arükel 4 Es sind Massnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass Teilzeitarbeitnehmer den gleichen Schutz wie vergleichbare Vollzeitarbeitnehmer erhalten in bezug auf: a) das Vereinigungsrecht, das Recht zu Kollektivverhandlungen und das Recht, als Arbeitnehmervertreter tätig zu sein; b) den Arbeitsschutz; c) die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.

Artikel 5 Es sind der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis entsprechende Massnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass Teilzeitarbeitnehmer nicht allein deshalb, weil

1212

Teilzeitarbeit

sie teilzeitbeschäftigt sind, ein Grundentgelt erhalten, das, anteilig auf Stunden-, Leistungs- oder Akkordbasis berechnet, niedriger ist als das nach der gleichen Methode berechnete Grundentgelt eines vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmers.

Artikel 6 Die gesetzlichen Systeme der Sozialen Sicherheit, die auf einer Beschäftigung beruhen, sind so anzupassen, dass Teilzeitarbeitnehmer in den Genuss von Bedingungen kommen, die denen vergleichbarer Vollzeitarbeitnehmer gleichwertig sind; diese Bedingungen können im Verhältnis zur Arbeitszeit, zu den Beiträgen oder zum Verdienst oder durch andere der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis entsprechende Methoden festgesetzt werden. · Artikel 7 Es sind Massnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass Teilzeitarbeitnehmer in den folgenden Bereichen in den Genuss von Bedingungen kommen, die denen vergleichbarer Vollzeitarbeitnehmer gleichwertig sind:

a)

Mutterschutz;

b) Beendigung des Arbeitsverhältnisses; c) bezahlter Jahresurlaub und bezahlte Feiertage; und d) krankheitsbedingte Abwesenheit vom Arbeitsplatz.

mit der Massgabe, dass Geldleistungen im Verhältnis zur Arbeitszeit,oder zum Verdienst festgesetzt werden können.

Artikel 8 1. Ein Mitglied kann Teilzeitarbeitnehmer, deren Arbeitszeit oder Verdienst bestimmte Schwellenwerte unterschreitet, ausnehmen: a) vom Geltungsbereich aller in Artikel 6 erwähnten gesetzlichen Systeme der Sozialen Sicherheit, ausser in bezug auf Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten; b) vom Geltungsbereich aller Massnahmen in durch Artikel 7 erfassten Bereichen, ausser in bezug auf andere Massnahmen des Mutterschutzes als solche, die in gesetzlichen Systemen der Sozialen Sicherheit vorgesehen sind.

2. Die in Absatz l erwähnten Schwellenwerte müssen so niedrig sein, dass nicht ein unangemessen hoher Prozentsatz der Teilzeitarbeitnehmer ausgeschlossen wird.

3. Ein Mitglied, das die in Absatz l vorgesehene Möglichkeit für sich in Anspruch nimmt, hat: a) die geltenden Schwellenwerte in regelmässigen Zeitabständen zu überprüfen; b) in seinen Berichten über die Durchführung des Übereinkommens nach Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation die geltenden Schwellenwerte und die Gründe dafür anzugeben und mitzuteilen, ob die schrittweise Ausdehnung des Schutzes auf die ausgenommenen Arbeitnehmer erwogen wird.

4. Die massgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sind zur Festsetzung, Überprüfung und Änderung der in diesem Artikel erwähnten Schwellenwerte anzuhören.

1213

Teilzeitarbeit

Artikel 9 1. Es sind Massnahmen zu treffen, um den Zugang zu produktiver und frei gewählter Teilzeitarbeit zu erleichtern, die den Bedürfnissen sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer entspricht, vorausgesetzt, dass der in den Artikeln 4 bis 7 erwähnte Schutz gewährleistet ist.

2. Diese Massnahmen haben zu umfassen: a) die. Überprüfung von Gesetzen und Vorschriften, die die Inanspruchnahme oder Annahme von Teilzeitarbeit verhindern oder davon abhalten können; b) die Heranziehung der Arbeitsvermittlungsdienste, soweit solche bestehen, zur Feststellung und Bekanntmachung von Möglichkeiten für Teilzeitarbeit im Rahmen ihrer Informations- und Vermittlungstätigkeiten; c) in der Beschäftigungspolitik eine besondere Beachtung der Bedürfnisse und Wünsche bestimmter Gruppen wie der Arbeitslosen, der Arbeitnehmer mit Familienpflichten, der älteren Arbeitnehmer, der Arbeitnehmer mit Behinderungen und der Arbeitnehmer, die an einer Bildungs- oder Ausbildungsmassnahme teilnehmen.

3. Diese Massnahmen können auch Untersuchungen und die Verbreitung von Informationen darüber umfassen, inwieweit Teilzeitarbeit den wirtschaftlichen und sozialen Zielen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer gerecht wird.

Artikel 10 Gegebenenfalls sind Massnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die Versetzung von Vollzeit- zu Teüzeitarbeit oder umgekehrt freiwillig erfolgt, in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis.

Artikel 11 Die Bestimmungen dieses Übereinkommens sind durch die Gesetzgebung durchzuführen, soweit sie nicht durch Gesamtarbeitsverträge oder auf eine andere der innerstaatlichen Praxis entsprechende Weise durchgeführt werden. Die massgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sind vor der Annahme einer solchen Gesetzgebung anzuhören.

Artikel 12 Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.

Artikel 13 1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.

2. Es tritt, zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind, in Kraft.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.

1214

Teilzeitarbeit

Artikel 14 1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren seit seinem erstmaligen Inkrafttreten durch förmliche Mitteilung an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Sie wird erst ein Jahr nach der Eintragung wirksam.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und binnen eines Jahres nach Ablauf der in Absatz l genannten zehn Jahre von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für weitere zehn Jahre gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.

Artikel 15 1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.

2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, zu dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

Artikel 16 Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Eintragung nach Artikel 102 der Ghana der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte Über alle von ihm nach Massgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.

Artikel 17 Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes erstattet der Allgemeinen Konferenz, wann immer er es für nötig erachtet, einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens und prüft, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Neufassung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

Artikel 18 1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise neufasst, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gilt folgendes: a) Die Ratifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied hat ungeachtet des Artikels l 4 ohne weiteres die Wirkung einer sofortigen Kündigung des vorliegenden Übereinkommens, sofern das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens-des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

1215

Teilzeitarbeit

2. In jedem Fall bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt für diejenigen Mitglieder in Kraft, die dieses, nicht jedoch das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

Artikel 19 Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise verbindlich.

Es folgen die Unterschriften

8493

1216

Anhang 4

Empfehlung Nr. 182 betreffend die Teilzeitarbeit

Übersetzung»

Die Allgemeine Konferenz der internationalen Arbeitsorganisation, die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 7. Juni 1994 zu ihrer einundachtzigsten Tagung zusammengetreten ist, hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Teilzeitarbeit, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer Empfehlung zur Ergänzung des Übereinkommens über die Teilzeitarbeit, 1994, erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 24. Juni 1994, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend die Teilzeitarbeit, 1994, bezeichnet wird.

1. Die Bestimmungen dieser Empfehlung sollten in Verbindung mit denen des Übereinkommens über die Teilzeitarbeit, 1994, (im folgenden «das Übereinkommen» genannt) berücksichtigt werden.

2. Im Sinne dieser Empfehlung a) bedeutet der Ausdruck «Teilzeitarbeitnehmer» einen Arbeitnehmer, dessen Normalarbeitszeit geringer ist als diejenige vergleichbarer Vollzeitarbeitnehmer; b) kann die in Buchstabe a) genannte Normalarbeitszeit wöchentlich oder im Durchschnitt einer bestimmten Beschäftigungszeit berechnet werden; c) bezieht sich der Ausdruck «vergleichbarer Vollzeitarbeitnehmer» auf einen Vollzeitarbeitnehmer, der: i) die gleiche Art von Beschäftigungsverhältnis hat; ii) eine gleichartige oder ähnliche Arbeit verrichtet oder einen gleichartigen oder ähnlichen Beruf ausübt; und iii) im gleichen Betrieb oder, wenn es in diesem Betrieb keinen vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmer gibt, im gleichen Unternehmen oder, wenn es in diesem Unternehmen keinen vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmer gibt, im gleichen Wirtschaftszweig beschäftigt ist wie der betreffende Teilzeitarbeitnehmer; d) werden Vollzeitarbeitnehmer, die von Teilzeitarbeitslosigkeit betroffen sind, d. h. von einer kollektiven und vorübergehenden Verkürzung ihrer Normalarbeitszeit aus wirtschaftlichen, technischen oder strukturellen Gründen, nicht als Teilzeitarbeitnehmer angesehen.

" Übersetzung des französischen Originaltextes.

1217

Teilzeitarbeit

3. Diese Empfehlung gilt für alle Teilzeitarbeitnehmer.

4. In Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis sollten die Arbeitgeber die Vertreter der betreffenden Arbeitnehmer zur Einführung oder Ausweitung von Teilzeitarbeit in grossem Ausmass, zu den für eine solche Arbeit geltenden Regeln und Verfahren und zu den in Frage kommenden Schutz- und Förderungsmassnahmen anhören.

5. Die Teilzeitarbeitnehmer sollten über ihre besonderen Beschäftigungsbedingungen schriftlich oder auf eine andere der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis entsprechende Weise unterrichtet werden.

6. Die gemäss Artikel 6 des Übereinkommens vorzunehmenden Anpassungen der auf einer Beschäftigung beruhenden gesetzlichen Systeme der Sozialen Sicherheit sollten darauf abzielen: a) gegebenenfalls die Verdienst- oder Arbeitszeitschwellen, die die Voraussetzung für den Schutz durch diese Systeme bilden, schrittweise herabzusetzen; b) den Teilzeitarbeitnehmern gegebenenfalls die vorgesehenen Mindest- oder Pauschalleistungen zu gewähren, insbesondere die Leistungen bei Alter, bei Invalidität und bei Mutterschaft sowie die Familienbeihilfen; c) grundsätzlich anzuerkennen, dass Teilzeitarbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis beendet ist oder ruht und die nur eine Teilzeitbeschäftigung suchen, die Voraussetzung der Arbeitsbereitschaft erfüllen, die für die Gewährung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit verlangt wird; d) das Risiko zu mindern, dass Teilzeitarbeitnehmer durch Systeme benachteiligt werden, die; i) den Anspruch auf Leistungen von einer Wartezeit abhängig machen, ausgedruckt in Beitrags-, Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten während eines bestimmten Bezugszeitraums; oder Ü) die Höhe der Leistungen unter Berücksichtigung sowohl des Durchschnitts des früheren Verdienstes als auch der Dauer der Beitrags-, Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten festsetzen.

7. (O Gegebenenfalls sollten die Schwellenwerte, die die Voraussetzung für den Schutz durch private berufliche Systeme bilden, welche die gesetzlichen Systeme der Sozialen Sicherheit ergänzen oder ersetzen, schrittweise herabgesetzt werden, damit Teilzeitarbeitnehmer so umfassend wie möglich geschützt werden können, (2) Teilzeitarbeitnehmer sollten durch solche Systeme unter Bedingungen geschützt werden, die denen vergleichbarer Vollzeitarbeitnehmer
gleichwertig sind.

Diese Bedingungen können gegebenenfalls im Verhältnis zur Arbeitszeit, zu den Beiträgen oder zum Verdienst festgesetzt werden.

8. (1) Gegebenenfalls sollten Arbeitszeit- oder Verdienstschwellen, die gemäss Artikel 8 des Übereinkommens in den in dessen Artikel 7 erwähnten Bereichen als Voraussetzung festgelegt worden sind, schrittweise herabgesetzt werden.

(2) Die als Voraussetzung für den Schutz in den in Artikel 7 des Übereinkommens erwähnten Bereichen erforderlichen Zeiten der Tätigkeit sollten für Teilzeitarbeitnehmer nicht länger sein als für vergleichbare Vollzeitarbeitnehmer.

1218

Teilzeitarbeit

9. Wenn Teilzeitarbeitnehmer mehr als eine Tätigkeit ausüben, sollten ihre Gesamtarbeitszeit, ihre Gesamtbeiträge oder ihr Gesamtverdienst berücksichtigt werden, um zu bestimmen, ob sie die Seh wellen Voraussetzungen der auf einer Beschäftigung beruhenden gesetzlichen Systeme der Sozialen Sicherheit erfüllen.

10. Teilzeitarbeitnehmern sollten auf gleichberechtigter Grundlage die zusätzlich zum Grundentgelt gewährten finanziellen Leistungen zugute kommen, die vergleichbare Vollzeitarbeitnehmer erhalten.

11. Es sollten alle geeigneten Massnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass Teilzeitarbeitnehmer soweit wie praktisch möglich auf gleichberechtigter Grundlage Zugang zu den Sozialeinrichtungen und Sozialdiensten des betreffenden Betriebs haben: diese Einrichtungen und Dienste sollten, soweit möglich, an die Bedürfnisse der Teilzeitarbeitnehmer angepasst werden.

12. (O Bei der Festlegung der Zahl und der Einteilung der Arbeitsstunden der Teilzeitarbeitnehmer sollten sowohl die Interessen des Arbeitnehmers als auch die Erfordernisse des Betriebs berücksichtigt werden.

(2) Soweit möglich, sollten Änderungen und das Überschreiten der vereinbarten Arbeitszeit Beschränkungen unterliegen und vorher bekanntgegeben werden.

(3) Das System der Vergütung bei Überschreiten der vereinbarten Arbeitszeit sollte Gegenstand von Verhandlungen in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis sein.

13. In Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis sollten Teilzeitarbeitnehmer auf gleichberechtigter Grundlage, und soweit wie möglich unter gleichwertigen Bedingungen, Zugang zu allen den vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmern gewährten Arten des Urlaubs haben, insbesondere zu bezahltem Bildungsurlaub, Elternurlaub und Urlaub im Krankheitsfall eines Kindes oder eines anderen unmittelbaren Familienangehörigen eines Arbeitnehmers.

14. In bezug auf die Planung des Jahresurlaubs und die Einteilung zur Arbeit an den Üblichen Ruhetagen und an Feiertagen sollten für die Teilzeitarbeitnehmer gegebenenfalls die gleichen Vorschriften gelten wie für die vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmer.

15. Gegebenenfalls sollten Massnahmen getroffen werden, um spezifische Hindernisse zu beseitigen, die Teilzeitarbeitnehmern den Zugang zur Ausbildung, zu beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten und
zur beruflichen Mobilität erschweren.

16. Die Bestimmungen der auf einer Beschäftigung beruhenden gesetzlichen Systeme der Sozialen Sicherheit, die von der Inanspruchnahme oder Annahme von Teilzeitarbeit abhalten können, sollten angepasst werden, insbesondere solche, die: a) zu anteilmässig höheren Beiträgen für Teilzeitarbeitnehmer führen, es sei denn, dass diese durch entsprechende anteilmässig höhere Leistungen gerechtfertigt sind; b) die Leistungen bei Arbeitslosigkeit für arbeitslose Arbeitnehmer, die vorübergehend eine Teilzeitarbeit annehmen, ohne triftigen Grund erheblich vermindern; c) bei der Berechnung der Leistungen bei Alter dem verminderten Einkommen aufgrund von Teilzeitarbeit, die ausschliesslich während des Zeitraums vor

1219

Teilzeitarbeit

dem Eintritt in den Ruhestand verrichtet wird, übermässige Bedeutung beimessen.

17. Die Arbeitgeber sollten Massnahmen zur Erleichterung des Zugangs zur Teilzeitarbeit auf allen Ebenen des Unternehmens in Erwägung ziehen, gegebenenfalls einschliesslich Fach- und Führungspositionen.

18. (I) Gegebenenfalls sollten die Arbeitgeber folgendes berücksichtigen: a) Wünsche von Arbeitnehmern nach Versetzung von Vollzeit- zu Teilzeitarbeit, die im Unternehmen verfügbar wird; und b) Wünsche von Arbeitnehmern nach Versetzung von Teilzeit- zu Vollzeitarbeit, die im Unternehmen verfügbar wird.

(2) Die Arbeitgeber sollten die Arbeitnehmer rechtzeitig über verfügbare Teilzeitund Vollzeitarbeitsplätze im Betrieb informieren, um die Versetzung von Vollzeitzu Teilzeitarbeit oder umgekehrt zu erleichtern.

19. Die Weigerung eines Arbeitnehmers, sich von Vollzeit- zu Teilzeitarbeit oder umgekehrt versetzen zu lassen, sollte allein keinen triftigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses darstellen, unbeschadet der Möglichkeit, Arbeitsverhältnisse in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis aus anderen Gründen, wie sie sich aus den betrieblichen Erfordernissen des betreffenden Betriebs ergeben können, zu beenden.

20. Wenn es die innerstaatlichen oder betrieblichen Verhältnisse gestatten, sollte es einem Arbeitnehmer ermöglicht werden, sich in gerechtfertigten Fällen, z. B.

Schwangerschaft oder Notwendigkeit der Betreuung eines Kleinkinds oder eines behinderten oder kranken unmittelbaren Familienangehörigen, zu einer Teilzeitarbeit versetzen zu lassen und später zur Voll zeitarbeit zurückzukehren.

21. Wenn die den Arbeitgebern auferlegten Verpflichtungen von der Anzahl der von ihnen beschäftigten Arbeitnehmer abhängen, sollten Teilzeitarbeitnehmer wie Vollzeitarbeitnehmer zählen. Indessen können Teilzeitarbeitnehmer gegebenenfalls im Verhältnis zu ihrer Arbeitszeit gezählt werden, mit der Massgabe, dass sie in den Fällen, in denen solche Verpflichtungen den in Artikel 4 des Übereinkommens vorgesehenen Schutz betreffen, wie Vollzeitarbeitnehmer zählen sollten.

22. Es sollten Informationen über die für die Teilzeitarbeit geltenden Schutzmassnahmen und über die praktischen Vorkehrungen für verschiedene Formen der Teilzeitarbeit verbreitet werden.

8493

1220

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht über die von der Internationalen Arbeitskonferenz anlässlich ihrer 80. und 81.

Tagungen 1993 und 1994 genehmigten Übereinkommen und Empfehlungen vom 15. Mai 1996

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1996

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

37

Cahier Numero Geschäftsnummer

96.037

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

17.09.1996

Date Data Seite

1178-1220

Page Pagina Ref. No

10 053 984

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.