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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Heinrich Horlacher, Schneider, von Umiken (Aargau).

(Vom 14. Dezember 1896.)

Tit.

Heinrich H o r l a c h e r , Schneider, von Umiken, hatte nach Inhalt der gegen ihn durchgeführten Untersuchung und nach seinem Geständnis am Montag don 4. April 1893, abends, in der Nähe des Dorfes Umiken zwischen den Nordostbahnstalionen Brugg und Bötzenegg zwei tannene Eisenbahnschwellen quer über das Geleise gelegt. Die Schwellen wurden von dem zwischen Basel und Brugg kursierenden Nordostbahn-Personenzug Nr. 107, welcher bald nach der That die kritische Stelle passierte, erfaßt; die eine derselben wurde vom Zug etwa 40 Meter, die andere dagegen bis zur Einfahrtsweiche der Station Brugg mitgeschleppt. Beide Schwellen wurden vom Zug auf die Seite geschleudert, ohne Schaden zu verursachen. Trotz dieses günstigen Ausganges ist es unzweifelhaft, daß durch die Handlung des Horlacher der Zug Nr. 107 ernstlich gefährdet worden ist, indem derselbe durch die hingelegten Schwellen leicht zum Entgleisen hätte gebracht werden können. Horlacher behauptet, er habe angenommen, die Schwellen würden von der an der Lokomotive angebrachten Vorrichtung zum Räumen der Schienen auf die Seite geworfen werden; er will nicht wissen, warum er dies gemacht habe, er habe es nicht in böswilliger Ab- .

sieht gethan; immerhin giebt er zu, daß er die That der Bahnverwaltung zuleide gethan, weil er bei seinen Anmeldungen zum Bahndienst abgewiesen worden sei.

Das Kriminalgericht des Kantons Aargau erklärte laut Urteil vom 4. August 1893 den Heinrich Horlacher des Vergehens der Eisenbahngefährdung schuldig und verfällte ihn in Anwendung des

1155 Art. 67, litt. «, des Bundesstrafrechtes in eine Gefängnisstrafe von 4 Jahren und zum Verlust des Aktivbürgerrechts auf die Dauer von 3 Jahren über die ausgesprochene Gefängnisstrafe hinaus.

Der Verurteilte und sein Vater suchten beim Großen Rat des Kantons Aargau um Begnadigung nach. Da jedoch in solchen Fällen das Begnadigungsrecht der Bundesversammlung zusteht, wurden die Gesuche durch die Justizdirektion des Kantons Aargau den Bundesbehörden zur Erledigung übermittelt.

Mit dem 4. August 1897 hat der Petent die Gefängnisstrafe von 4 Jahren erstanden.

In dem Begnadigungsgesuche wird ausgeführt, daß die That ohne Überlegung geschehen sei und daß ein Schaden nicht verursacht wurde; der Petent habe in der Strafanstalt die Küferei erlernt; seine betagten Eltern, deren einziger Hohn er sei, bedürfen seiner Hülfe.

Das Zeugnis der Strafanstaltsbehörden über das Verhalten des Sträflings lautet günstig.

Der Pèlent hat sich allerdings einer absichtlichen Gefährdung des Eisenbahnbetriebes schuldig gemacht, immerhin darf zu seinen Gunsten berücksichtigt werden, daß ein wirklicher Schaden nicht eingetreten ist und daß sein Verbrochen durch die bereits verbüßte Strafe genügend gesühnt erscheint.

Wir beantragen, dem Gesuche zu entsprechen und dem Petenten den Rest der Gefängnisstrafe in Gnaden zu erlassen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 14. Dezember 1896.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates-, D e r B u n d e s p r ä s i de n t:

A. Lachenal.

Der Kauzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Heinrich Horlacher, Schneider, von Umiken (Aargau). (Vom 14. Dezember 1896.)

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1896

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16.12.1896

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1154-1155

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