343

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer normalspurigen Eisenbahn von Le Pont nach Le Brassus auf dem linken Ufer des Joux-Sees.

(Tom 16. März 1896.)

Tit.

Mit Eingabe vom 23. Oktober 1895 bewerben sich die Herren Sam. R o c h a t , Ingenieur in Morges, und M a u r i c e d'Allèves, Ingenieur in Sitten, um die K o n z e s s i o n für eine normalspurige Eisenbahn von Le P o n t auf dem westlichen Ufer des Joux-Sees nach Le B r a s s u s .

Dem allgemeinen Bericht zu diesem Konzessionsgesuche ist im wesentlichen folgendes zu entnehmen : Die projektierte Eisenbahn bildet die Verlängerung der Linie Vallorbe-Pont im Joux-Thale über Le Lieu und Le Sentier bis nach Le Brassus hinauf; sie beginnt beim jetzigen Stationsgebäude von Le Pont, 1011 m. über Meer, übersetzt unmittelbar nach dem Austritt aus dem Bahnhof Le Pont mittelst eiserner Brücke von 25 m.

Öffnung die Orbe, beziehungsweise den Verbindungskanal des JouxSees mit dem Brenet-See, kreuzt à niveau die Straße erster Klasse von Morges ins Joux-Thal, biegt nach rechts ab, dem Ufer des Brenet-Sees folgend, zieht sich über les Crettets, den Erhebungen des Terrains folgend, durch Weideland zu den Häusern Vitourches, von da wieder durch Weideland, dem Saume des dem See entlang sich ziehenden Waldes folgend, an dem kleinen See Ter vorbei, nach Le Lieu (1052,5o m. über Meer). Von da führt das Tracé,

344

zwischen Weiden sich durchziehend, zur Höhe von les Prés-Lionnet, durchbricht den Höhenzug mittelst 2 kleiner Tunnels von 40 und 17 m. Länge, um den Abhang gegen den Joux-See zu gewinnen, durchzieht auf dieser Abdachung einen schönen Tannenwald, kreuzt die Schlucht, welche den Abhang beim Entonnoir du Rocheray durchschneidet, mittelst eines Dammes, um, dem Waldsaum folgend, bei km. 8,000 die Haltestelle von Rocheray zu erreichen, von wo die Linie, bei km. 9,ioo den Wald verlassend, den Fahrweg von Le Sentier kreuzend, zur Haltestelle von La Golisse und darauf zur Station Le Sentier gelangt, welche auch der Ortschaft Orient de l'Orbe zu dienen hat. Von Sentier fällt die Linie bis zum Übergang über den Weg zu den Mühlen, steigt von da bis zur Haltestelle von Chez-le-Maître und erreicht, nach links sich wendend, die Orbe mittelst einer eisernen Brücke überschreitend, bei km. 13,2*9, unmittelbar nach Überschreitung der Straße I. Klasse die Endstation Le ßrassus auf der Höhe von 1024 m. über Meer.

Stationen sind vorgesehen in Le Lieu, Le Sentier und Le Brassus, Haltestellen bei les Crettets-Charbonnières, Séchey, Rocheray, Golisse und Chez-le-Maître.

Die ganze Linie befindet sich auf dem Gebiete des Kantons Waadt.

Das Eisenbahnprojekt sei in zweierlei Beziehung von Bedeutung : es verbinde das industrielle Gebiet des Distrikts La Vallée mit dem schweizerischen Eisenbahnnetz und insbesondere mit Lausanne und ermögliche die rationelle und billige Ausbeutung der schönen Wälder des Risoux, des an Frankreich grenzenden Juragebirges, sowie derjenigen von Ammont und Marcheiruz, deren geographischer Mittelpunkt Le Brassus sei. Die Gemeinde Le Chenit allein besitze 5600 Hektaren Waldung.

Nach dem technischen Bericht ist die Bahn novmalspurig und eingleisig, für Adhäsionsbetrieb projektiert und soll gleiches Material wie die Eisenbahn von Vallorbe nach Pont erhalten, deren Verlängerung das vorliegende Projekt ist. Die vorgesehene Maximalsteigung beträgt 21 °/oo und der Minimalkurvenradius 200 m.

Die Ausführung soll in kürzester Frist an die Hand genommen werden.

Der summarische Kostenvoranschlag berechnet die gesamten Erstellungskosten auf Fr. 1,259,000. Derselbe weist folgende Posten auf:

345

I. B a h n a n l a g e und feste E i n r i c h t u n g e n : 1. Organisations- und Verwaltungskosten, Projektausarbeitung Fr.

2. ßauzinse ,, 3. Expropriationen ,, 4. Bahnbau: a. Unterbau und Schotter . Fr. 336,500 b. Schienen und Schwellen .

,, 339,000 c. Hochbauten u. mechanische Einrichtungen . . . .

,, 224,000 ,, H. R o l l m a t e r i a l ,, III. M o b i l i a r und G e r ä t s c h a f t e n . . . . ,, Total der eigentlichen Baukosten Unvorhergesehenes ca. 10 °/o

51,000 33,000 58,500

899,500 117,000 10,000

Fr. 1,169,000 ,, 90,000

Total. Fr. 1.259,000 oder per Kilometer Fr. 95,026.

Eine Rentabilitätsberechnung enthält der Bericht nicht.

Die zur Vernehmlassung über das Projekt eingeladene Regierung des Kantons Waadt teilte mit Schreiben vom 14. Dezember 1895 mit, daß sie die drei Gemeinden des Jouxthales, Le Lieu, Le Chenit und L'Abbaye, von dem neuen Konzessionsgesuch in Kenntnis gesetzt habe und daß die beiden erstgenannten Gemeinden demselben durchaus günstig gestimmt seien und lebhaft dessen Zustandekommen wünschen, während die Gemeinde L'Abbaye dagegen verlange, es möchte diese Konzession einstweilen nicht erteilt werden, da schon eine solche für eine Eisenbahn auf der östlichen Thalseite bestehe, für welche die Pläne bereits ausgearbeitet seien und für welche die Gemeinde L'Abbaye eine Subvention leisten solle.

Unter solchen Umständen erscheine es angezeigt, im Sinne von Art. 2 des Bundesratsbeschlusses vom 31. Mai 1895 (E. A. S. XIII, 357) vorzugehen, d. h. die beiden konkurrierenden Konzessionspetenten einzuladen, binnen einer festzusetzenden Frist sich über ihre finanziellen Mittel auszuweisen, und alsdann die definitive und ausschließliche Konzession derjenigen Bewerbergruppe zu erteilen, welche die besseren Garantien für die Ausführung des Projektes biete.

In der That ist am 16. April 1891 den Herren P. Auberjonois, R. Guisan und J. Leuba-.Toliat in Lausanne schon die Konzession für eine Eisenbahn von Pont über Sentier nach Brassus erteilt worden. Allein die beiden Projekte sind keineswegs identisch.

346

Während nach dem vorliegenden das Tracé am westlichen linken Seeufer sich hinzieht, verlegten die Herren Auberjonois und Genossen die Linie auf das östliche, rechte Seeufer, und es wurde ihnen ausdrücklich nur für eine Linie ,,auf dem r e c h t e n Ufer des JouxSees" die Konzession erteilt. Die aus verschiedenen zerstreuten Ortschaften sich zusammensetzende Gemeinde Le Chenit wird zwar nach beiden Projekten bedient, aber speciell Le Sentier direkt nur durch das neue Projekt berührt, während die bereits konzedierte Bahn 250 m. südlich von Sentier sich vorbeizieht und dieses durch eine Zweigbahn, welche aber wegen mangelnder Vorlagen damals noch nicht konzediert wurde, angeschlossen werden sollte. Sodann ist für die rechtsufrige Bahn in der Konzession in erster Linie Schmalspur vorgesehen, während die linksufrige von vornherein normalspurig in Aussicht genommen ist, was für die Fortsetzung einer Normalspurbahn an sich als das Natürlichere und Richtigere erscheint und sich im Hinblick auf die zu gewärtigenden bedeutenden Holztransporte hier noch besonders empfiehlt. Die beiden Bahnen haben nur Anfangs- und Endpunkt gemeinsam und durchziehen zwei voneinander durch die Orbe und den Joux-See getrennte Gegenden mit verschiedenen Dörfern. Sie dienen also wesentlich verschiedenen Interessen und es liegt daher eine solche Konkurrenz nicht vor, welche die Einleitung des im Buudesratsbeschluß vom 31. Mai 1895 für den Fall eines neuen Konzessionsgesuches für die g l e i c h e Linie vorgesehenen Verfahrens notwendig erscheinen ließe. Vielmehr rechtfertigt es sich, auch für diese zweite Bahn, welche für sich, neben der früher konzedierten, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, selbständige Existenzberechtigung hat, ebenfalls die Konzession zu erteilen und es der freien Konkurrenz und der Initiative der beteiligten Intereasenkreise zu überlassen, welches der beiden Projekte finanziert werden kann. Daß beide n e b e n einander zur Realisierung gelangen könnten und daraus ein schädlicher Konkurrenzkampf entstehen möchte, erscheint bei den hier vorliegenden Verhältnissen kaum gedenkbar. Es entfällt daher unseres Erachtens hier die Notwendigkeit, wie dies in ändern Fällen wohl geschehen ist, in der Konzession Vorsorge zu treffen, um einer solchen Eventualität vorbeugen zu können. Für ganz ungerechtfertigt würden
wir es halten, das vorliegende Konzessionsgesuch mit Rücksicht auf die bes t e h e n d e Konzession für die rechtsufrige Linie abzuweisen, nachdem schon im mehrgenannten Bundesratsbeschluß der Konzessionsentzug für letztere Linie ausdrücklich vorbehalten wurde und die seit der Konzessionserteilung unbenutzt verstrichene Frist von fünf Jahren an der Möglichkeit der Realisierung des Projektes mit Grund zweifeln läßt.

347

Wir beantragen Ihnen daher, die nachgesuchte Konzession ohne Vorbehalt zu gunsten des ändern Projektes zu erteilen.

Die vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen fanden am 10. Februar 1896 statt und führten zur Gutheißung des nachstehenden .Konzessionsentwurfes.

Derselbe enthält im allgemeinen die für Normalbahnen üblichen Bestimmungen mit den durch die besondern Verhältnisse des projektierten Unternehmens bedingten Modifikationen, wobei er sich an die seiner Zeit für die Linie Pont-Vallorbe, deren Fortsetzung das Projekt bildet, erteilte Konzession anlehnt.

So ist in Übereinstimmung mit letzterer die Minimalzahl der täglichen Züge auf drei normiert, die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit dem Bundesrate vorbehalten (Art. 12) und die Einführung nur einer Wagenklasse vorgesehen (Art. 14). Die Personen- und Gütertaxen sind etwas höher als die normalen angesetzt, was durch die Steigungen und die besondern Verhältnisse des Unternehmens gerechtfertigt erscheint, halten sich aber wesentlich unter den für Pont-Vallorbe admittierten. Die Gepäck- und Viehtransporttaxen hingegen sind die normalen.

Indem wir Ihnen den nachfolgenden Beschlußentwurf zur Genehmigung empfehlen, benutzen wir den Anlaß, um Sie, Tit., neuerdings unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 16. März 1896.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

A. Lacbenal.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ßingier.

348

(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Pont nach Brassas, auf dem linken Ufer des Joux-Sees.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Herren Samuel Rochat, Ingenieur in Morges, und Mithafte, vom 22. Oktober 1895; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 16. März 1896, beschließt: Den Herren Samuel R o c h a t , Ingenieur in Morges, und Maurice d ' A l l è v e s , Ingenieur in Sitten, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von P o n t nach B r a s s u s über L i e u und S e n t i e r (auf dem linken Ufer des Joux-Sees) unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Sentier.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

349

Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8.

Die Bahn wird normalspurig und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Waadt und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens · dreimal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Die Festsetzung der Fahrgeschwindigkeit bleibt dem Bundesrate vorbehalten.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

350

Art. 1.4. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit einer Klasse aufstellen.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen eine Taxe von 7 Rappen per Kilometer der Bahnlänge zu beziehen.

Die Taxen für die mit Warenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillete zu einer mindestens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Warenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : Per Stück und per Kilometer für : Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp. ; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

351

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 3 Rappen, die niedrigste nicht über 1,5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem G-elde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so

352

berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

·o" Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom i. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

353 Art. 26. Für die Geltendmachung des ßückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Waadt gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

6. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22 1 /2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, · den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztem auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

ßundesblatt. 48. Jahrg. Bd. II.

23

354 f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 27. Hat der Kanton "Waadt den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

-s*«>^$~

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer normalspurigen Eisenbahn von Le Pont nach Le Brassus auf dem linken Ufer des JouxSees. (Vom 16. März 1896.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1896

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

12

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.03.1896

Date Data Seite

343-354

Page Pagina Ref. No

10 017 373

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.