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Botschaft dos

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf eines Bauplatzes für ein neues Post-, Telegraphenund Telephongebäude in Herisau.

(Vom 17. November 1896.)

Tit.

Das vereinigte Post-, Telegraphen- und Telephon bureau Herisau ist gegenwärtig im Erdgeschoß des dortigen Gemeindehauses untergebracht. Der erste, mit dem Gemeinderat von Herisau abgeschlossene Mietvertrag datierte vom 4. Februar 1876. Derselbe wurde unterm 11. November 1892 durch einen neuen Vertrag ersetzt, wonach die Postverwaltung einen jährlichen Mietzins von Er. 4500 zu bezahlen hat. Dieser neue Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen; beiden Kontrahenten ist das Recht eingeräumt, denselben vom 1. Oktober 1893 an jeder Zeit auf drei Jahre künden zu können.

Von diesem Recht hat der Gemeinderat von Herisau Gebrauch gemacht, indem er unterm 25. Februar 1896 ein Schreiben an die Centralpostverwaltung richtete, worin er den letzterwähnten Mietvertrag auf 31. März 1899 kündete. Dabei erklärte die genannte Gemeindebehörde, daß die Kündigung erfolge einerseits aus dem Grunde, weil anderweitige Benützung der von der Postverwaltung gemieteten Räumlichkeiten im Gemeindehause in Aussicht genommen sei und es sich anderseits immer mehr herausstelle, daß diese Räumlichkeiten trotz angebrachten Verbesserungen ihrem Zwecke durchaus nicht mehr genügen und etwas Besseres geschaffen werden müsse. Sodann wurde in dem erwähnten Schreiben die Erwartung

583 ausgesprochen, ,,daß der industrie- und verkehrsreichen Gemeinde Herisau mit ihren 13,000 Einwohnern wie anderwärts durch Bau eines Postgebäudes gründlich und dauernd geholfen werde".

Der Postverwaltung bereitete diese Vertragskündigung eine Überraschung, um so mehr, als ihrer Ansicht nach die von ihr gemieteten Lokale dem vorhandenen Bedürfnis noch auf längere Zeit vollauf genügen würden. Inwiefern der Gemeinderat von Herisau die gegenwärtigen Post-, Telegraphen- und Telephonlokale ändern Zwecken nutzbar machen will, entzieht sich der Beurteilung der interessierten Verwaltungen. Sei dem wie ihm wolle, so war die Postverwaltung, als Mieterin, vor die Thatsache der Kündigung gestellt und es blieb ihr nichts anderes übrig, als letztere anzunehmen und sich mit der Frage der Beschaffung anderer Dienstlokale in Herisau zu befassen.

Die Vertragskündigung wurde in Herisau alsbald bekannt; wenigstens gingen bei der Postverwaltung kurze Zeit nachher zwei Offerten für den Ankauf von Häusern behufs Einrichtung der nötigen Dienstlokftle ein. Die Postverwaltung hatte schon Schritte gethan, damit diese Offerten einer bautechnischen Prüfung unterworfen würden, als der Gemeinderat von Herisau ihr mitteilte, daß er sich um Baustellen für ein neues Postgebäude in Herisau umsehe und baldigst Bericht erstatten werde. Unterm 9. Mai 1896 lief dieser Bericht, von Situationsplänen etc. begleitet, ein. In demselben wurden verschiedene Bauplätze namhaft gemacht und es stellte die Gemeindebehörde von Herisau das Gesuch um Prüfung sowohl der der Postverwaltung direkt zugegangenen Offerten als auch der von ihr näher präzisierten Objekte. Diesem Gesuche wurde entsprochen, nachdem der Direktion der eidgenössischen Bauten ein vorläufiges Lokalitätenprogramm zugestellt worden war, das von der Voraussetzung ausging, es werde bei dem gegebenen Anlasse die bereits früher ventilierte Frage der Trennung des Telegraphen- und Telephondienstes in Herisau vom Postdienste in bejahendem Sinne entschieden werden. Es ist hier nicht der Ort, die Gründe, welche eine solche Diensttrennung als wünsehbar erscheinen lassen, näher auszuführen ; es genüge, wenn auf die vielen Inkonvenienzen verwiesen wird, die entstehen, wenn mit einem Postbureau von der Bedeutung desjenigen in Herisau noch das Telegraphen- und Telephonbureau verbunden ist,
Der Berichterstattung über das Resultat des Augenscheines vorgehend, haben wir uns noch kurz darüber auszusprechen, warum ein Versuch, die Gemeindebehörde von Herisau zur Rücknahme der Kündigung zu bewegen, unterblieb.

Wie hiervor erwähnt, sprach der Gemeinderat von Herisau bereits anläßlich der Kündigung der Lokale die Erwartung aus,

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es möchte der Gemeinde, wie anderwärts, d u r c h Bau e i n e s P o s t g e b ä u d e s ,,dauernd und gründlich geholfen werden11. Die Vermutung liegt nahe und es darf ihr wohl Ausdruck verliehen werden, daß der Gemeinderat von Herisau mit seiner Kündigung des Mietvertrages nicht einzig den Zweck verfolgt, die gegenwärtigder Postverwaltung vermieteten Räume anderweitig zu verwenden, sondern auch denjenigen, für den Kantonshauptort ein vom Bunde zu erstellendes Postgebäude zu erwirken. Daß unter diesen Umständen jeder Versuch, die Kündigung rückgängig zu machen, erfolglos geblieben wäre, ist einleuchtend.

Unterm 4. Juli 1896 fand der bereits erwähnte Augenschein in Herisau statt. In erster Linie erfolgte eine Prüfung der Offerten T welche bei der Postverwaltung direkt eingegangen waren. Es betrifft dies 1. den Gasthof zum ,,Löwen" in Herisau und 2. das Gebäude des Herrn Freund zum ,,Baumgarten" daselbst.

Mit Bezug auf das ersterwähnte Gebäude spricht sich der Expertenbericht der Direktion der eidgenössischen Bauten unter näherer Motivierung dahin aus, d.iß die Liegenschaft für Post- und Telegraphenzwecke als gänzlich ungeeignet betrachtet werden müsse und daß selbst mit Aufwendung beträchtlicher Kosten eine irgendwie befriedigende Lösung nicht herbeigeführt werden könnte.

Ein Kaufpreis ist seitens des Besitzers des Gasthofs zum ,,Löwen'1 nicht genannt worden.

Herr Freund hatte seine Besitzung zum ,,Baumgarren" (ad 2 hiervor) der Verwaltung zum Preise von Fr. 120,000 käuflich angeboten. Auch hier äußert sich der Expertenbericht mit Bezug auf die Verwendbarkeit des Objekts zu Post- und Telegraphenzwecken ungünstig. Es wird namentlich hervorgehoben, daß die einzelnen Geschosse so niedrig und verhältnismäßig klein seien, daß eine Verlegung des Postdienstes in dieselben gegenüber den alten Lokalen nicht eine Verbesserung, sondern eine wesentliche Verschlimmerung bedeuten würde. Sodann wird darauf aufmerksam gemacht, daß es kaum möglich wäre, dem Hause durch einen Umbau eine zweckmäßige Disposition zu geben. Die Schlußfolgerung des Expertenberichts geht dahin, daß nichts anderes übrig bleiben würde, als das Wohnhaus abzubrechen und auf dessen Platze einen' Neubau zu erstellen, was der Kosten und der unregelmäßigen Form des Platzes wegen nicht empfehlenswert erscheine.

Der Gemeinderat von Herisau seinerseits hatte folgende Objekte namhaft gemacht :

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«. das Gebäude des Herrn Brandenberger, Angebot Fr. 70,000, Größe des Platzes 720 m 2 ; 6. einen Platz am Obstmarkt, bestehend aus fünf einzelnen überbauten Liegenschaften, Angebot Fr. 285,000, Größe des Platzes 2575 m 2 ; c. einen Platz an der Landstraße neben dem Gemeindehaus, Emdwiese genannt, Angebot Fr. 61,000, Größe des Platzes 2580 m 2 .

Mit Bezug auf diese Objekte lautet der Befund folgendermaßen : Ad a. Es wird namentlich festgestellt, daß der Platz zu klein sei und eine ungünstige Form habe, so daß es unmöglich wäre, Post und Telegraph daselbst unterzubringen.

Ad b. Die einzelnen auf diesem Areal stehenden Wohnhäuser werden als in keiner Weise für Unterbringung von Post und Telegraph geeignet bezeichnet, weshalb ein Neubau nötig wäre. Da aber für den Bauplatz samt Umschwung die angegebene bedeutende Summe aufgewendet werden müßte, so werde das Projekt unrealisierbar und müsse außer Betracht fallen.

Ad c. Der erwähnte Platz, Emdwiese genannt, wird als für ·einen Neubau in jeder Beziehung vorzüglich geeignet bezeichnet.

Es wird speciell betont, daß die Größe des Areals reichlich, die Himmelsrichtung günstig, die Lage central und die Entfernung vom Bahnhof mäßig sei. Dagegen müsse der Preis, welcher für den Quadratmeter auf ungefähr Fr. 24 ansteige, als hoch bezeichnet werden.

Diesem Befund schloß sich die Postverwaltung, welche am Augenschein ebenfalls teilgenommen hatte, vollständig an. Es fragte sich für sie nur noch, ob es nicht möglich sei, auf andere Weise, als durch Erstellung eines Postgebäudes durch die Eidgenossenschaft, entsprechende Räumlichkeiten in geeigneter Lage erhältlich zu machen. Diese Frage mußte angesichts des Resultats des Augenscheins und der bei diesem Anlasse gemachten Wahrnehmungen verneint werden.

Bei diesem Stand der Angelegenheit sah sich die Postverwaltung veranlaßt, dem Gemeinderat von Herisau zu eröffnen, daß sie geneigt sei, zuständigen Orts den Ankauf der Herrn Eugen Schieß in London eigentümlich angehörenden Liegenschaft, Emdwiese genannt, als Bauplatz für ein neues Postgebäude in Herisau zu beantragen, sofern der geforderte Kaufpreis von Fr. 61,000 auf Fr. 50,000 reduziert werde.

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Gleichzeitig wurde die genannte Gemeindebehörde ersucht, mit Herrn Schieß in diesem Sinne zu unterhandeln. -- Nach Verfluß weniger Tage konnte der Gemeinderat von Herisau der Postverwaltung die Mitteilung machen, daß Herr Schieß ,,mit Rücksicht auf seine Heimatgemeinde Herisau und in der Absicht, die Erstellung eines der Poststraße und den bereits bestehenden öffentlichen Gebäuden an derselben würdigen Postgebäudes zu fördern11, das mehrgenannte Grundstück zu Fr. 50,000 erlassen werde. -- Angesichts dieser Zusage erfolgte unterm 18./22. August 1896 die Unterzeichnung einer Kaufsverschreibung durch Herrn Eugen Schieß in London einerseits und das Post- und Eisenbahndepartement der schweizerischen Eidgenossenschaft anderseits, wonach die mehrerwähnte ,,Emdwiese" (Baugrund an der Poststraße) in Herisau um den Preis von Fr. 50,000 in das Eigentum des Bundes übergeht.

Wir beehren uns, hiermit die in dieser Kaufsverschreibung der Bundesversammlung vorbehaltene Ratifikation einzuholen.

Die Lage des erworbenen Bauplatzes, zwischen dem Gemeindehaus, in weichern gegenwärtig Post und Telegraph installiert sind, und dem Realschulgebäude, kann als eine günstige bezeichnet werden. Der Flächeninhalt des Platzes, 2580 m 2 , erlaubt es, auf demselben ein Gebäude zu erstellen mit Räumlichkeiten für den Post-, Telegraphen- und Telephondienst, die den Anforderungen des sich fortwährend steigernden Verkehrs auf absehbare Zeit vollständig genügen werden. Es wird dann -immer noch mehr als genügend Platz übrig bleiben für einen geräumigen Posthof. Voraussichtlich wird es möglich sein, einen Teil des 2580 rn 2 haltenden Platzes für andere Zwecke verfügbar zu halten.

Die Erstellungskosten für das Gebäude, mit Inbegriff der Umgebungsarbeiten, werden von der eidgenössischen Bauverwaltung: veranschlagt auf cirka Fr. 320,000. Dabei ist vorgesehen, daß im Erdgeschoß das Postbureau und im ersten Stock das Telegraphenund Telephonbureau untergebracht würden.

Gegenüber den dermaligen Verhältnissen werden selbstverständlich bei Verwirklichung des Projekts der Erstellung eines Postgebäudes in Herisau Mehrkosten entstehen. Die Post- und Telegraphenverwaltung befindet sich aber, wie wir bereits dargethan haben, mit Bezug auf die Frage der Beschaffung neuer, geeigneter Dienstlokale in einer Zwangslage. Übrigens können die Mehrkosten
nicht so sehr ins Gewicht fallen, wenn der Verkehr des Postbureaus Herisau in Betracht gezogen wird und Vergleiehungen angestellt werden mit ändern Postbureaux, für deren Installation ebenfalls eigene Gebäude vom Bunde aufgeführt worden sind. So bezifferte sich der Wertzeichenverbrauch pro 1895 bei den Bureaux

Sitten . .

Thun . .

Liestal . .

Frauenfeld Glarus . .

Herisau .

.

.

.

.

.

.

. auf 376,542 Stück im Betrage . ,, 705,901 ,, ,, ,, . ,, 557,655 ,, ,, ,, . ,, 799,675 ,, ,, ,, . ,, 647,756 ,, ,, ,, .

695,835 ,, ,, fl fl

von ,, ,, ,, ,, fl

Fr.

,, ,, ,, ,,

42,282 85,426 63,335 92,162 68,856 84,908

Endlich ist in Erwägung zu ziehen, daß durch Erstellung eines Neubaues die Frage der Beschaffung neuer Post-, Telegraphen- und Telephonlokale in Herisau dauernd und in einer Weise gelöst wird, welche die interessierten Kreise allgemein befriedigt.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen empfehlen wir Ihnen die Annahme des nachstehenden Beschlußentwurfes und benutzen gerne diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 17. November 1896.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

A. Lacheual.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Ringier.

.588 ·(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

den Ankauf eines Bauplatzes fUr ein neues Post-, Telegraphen- und Telephongebäude in Herisau.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 17. November 1896, beschließt: 1. Dem Bundesrat wird behufs Ankaufs eines Bauplatzes für ein neues Post-, Telegraphen- und Telephongebäude in Hei'isau ein Kredit von Fr. 50,000 auf Rechnung des Jahres 1896 eröffnet.

2. Der gegenwärtige Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

3. Der Bundesrat ist mit dessen Vollziehung beauftragt.

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Botschaft dos Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf eines Bauplatzes für ein neues Post-, Telegraphen- und Telephongebäude in Herisau. (Vom 17.

November 1896.)

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18.11.1896

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