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Aus den Verhandlungen des Schweiz, Bundesrates, (Vom 4. April 1896.)

Der Bundesrat hat den Rekurs des Herrn Dr. C. K e l l n e r , Generaldirektors des Konsortiums für elektrotechnische Industrie in Hallein (Österreich), gegen einen Bescheid des eidgenössischen Departements des Auswärtigen vom 23. Dezember 1895, betreffend die Löschung eines provisorischen Erfindungspatentes, abgewiesen Als Thatbestand war festgestellt worden : Am 26. September 1892, 71/2 Uhr abends, wurden Dr. C. Kellner die provisorischen Patente Nr. 6020 und Nr. 6045 erteilt. Schon im nämlichen Jahre hatte er nach diesen Patenten konstruierte Apparate im Gebrauch. Kurz vor Ablauf der gesetzlichen dreijährigen Frist gab der Rekurrent zwei Angestellten den Auftrag, die Apparate behufs Erbringung des Modellausweises nach der Schweiz abgehen zu lassen, was aber nicht befolgt wurde. Die Patente wurden nach Ablauf der dreijährigen Dauer provisorischer Patente, am 26. September 1895, abends 7'/2 Uhr, gelöscht. Dr.

Kellner stellte nun zuerst an das Departement des Auswärtigen und darauf, gegen einen abschlägigen Beseheid desselben rekurrierend, an deBundesratat das Gesuch, er möchte in den Besitz seiner Rechte wieder eingesetzt werden.

Zur Begründung seines Gesuches führte er aus: Die in Art. 70*) des Bundesgesetzes über das Verfahren vor dem Bundesgericht in bürgerliehen Rechtsstreitigkeiten, vom 22. November 1850, geregelte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei allgemeines Bundesrecht und finde daher auf alle Fristen prozessualische Natur Anwendung. Die Frist zur Leistung des B e w e i s e s der Modellexistenz sei eine solche prozessualische Frist.

*) Art. 70. Gegen den Willen der Gegenpartei ist die Wiedereinsetzung nur unter folgenden Bedingungen zulässig: c. Der Impétrant hat darzuthun, daß er oder sein Sachwalter durch unverschuldete Hindernisse abgehalten worden sei, an dem Rechtstage zu erscheinen oder innerhalb der Frist zu handeln.

861 Der Bundesrat wies das Begehren gestützt auf folgende Erwägungen ab : Nach der Meinung des Gesetzgebers und nach der bundesgerichtlichen Praxis soll Art. 70 des erwähnten Bundesgesetzes n u r auf das Verfahren vor dem Bundesgericht Anwendung enden.

Andere Gesetze, welche ein besonderes Verfahren vorsehen, würden eine solche Anwendung auch nicht gestatten. Noch viel weniger kann dieselbe auf materiellrechtliche Fristen anderer Gesetze sich erstrecken. Die in Art. 16, Absatz 3 *), des revidierten Erfindungspatentgesetzes vorgesehene Frist ist aber materiellrechtlicher Natur; der innerhalb dreier Jahre geleistete Modellausweis ist eine der Bedingungen, unter welchen allein ein provisorisches Patent zu einem definitiven wird; je nachdem er geleistet wird oder nicht, geht das materielle Recht unter oder es bleibt bestehen. Die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kraft analoger Anwendung des Art. 70 des erwähnten Bundesgesetzes ist daher nicht möglich.

Das materielle Patentrecht ist aber so streng formaler Natur, daß auch jede mildere Auslegung des Art. 16, Absatz 3, des Patentgesetzes ausgeschlossen sein muß. Bei der Erteilung des Patentrechtes wird die Erfindung gemäß Art. 23**) des Patentgesetzes veröffentlicht, und damit auch das auschließliche Recht des Inhabers, sie auszunützen, allgemein bekannt. Sobald das Patent erlischt, fällt das Recht des Inhabers auf die Erfindung weg und die Ausnützung derselben wird freigegeben. Nun knüpfen sich aber an das Erlöschen des Patentes so viele Interessen, daß die Frage, ob und wann ein Patent erloschen sei, sofort und definitiv entschieden werden muß. Die im Patentgesetz vorgesehenen Fristen sind fatale und müssen streng eingehalten werden. Wo der Gesetz*) Art. 16, Absatz 3. Der Inhaber eines provisorischen Patentes hat vor Ablauf dieser drei Jahre durch Leistung des in Ziffer 3 des Art. 14 geforderten Ausweises ein definitives Patent auszuwirken, widrigenfalls jenes Patent dahinfällt.

**) Die Titel der (provisorischen und definitiven) Patente mit deren Nummern, sowie dem Namen und Wohnort der Patentinhaber und ihrer Bevollmächtigten werden sofort nach Erteilung der Patente vom eidgenössischen Amte veröffentlicht. -- Das Amt veröffentlicht in gleicher Weise die Erlöschung der Patente und jede im Besitze derselben eingetretene Änderung.
-- Außerdem veröffentlicht das eidgenössische Amt die Beschreibungen und die den Patentgesuchen beigefügten Zeichnungen und giebt sie zu einem mäßigen Preise ab. Diese Publikation wird an folgende Stellen gratis versandt: an die Departemente des Bundesrates, an das Bundesgericht, an die kantonalen Regierungen -- speciell für die Gerichte, welche berufen sind, in Klagesachen wegen Nachahmung zu urteilen --, an die höheren öffentlichen Unterrichtsanstalten und an die Gewerbemuseen der Schweiz etc.

/ Bundesblatt. 48. Jahrg. Bd. II.

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geber die Härte dieser Bestimmungen mildern wollte, z. B. in Art. 9, Ziffer 2 *), suchte er zu bewirken, daß die Fristen thatsächlich nicht versäumt werden ; er hielt aber an der Strenge der einmal aufgestellten Fristen fest.

Der Umstand, daß Art. 17, Absatz l, des citierten Gesetzes**) von einer Notfrist spricht, während die ändern Fristen nicht als solche bezeichnet werden, beweist keineswegs, daß die letzteren milder behandelt werden können; Art. 17, Absatz l, spricht von einem prozessualischen Recht : dem Rechte, zu rekurrieren, und läßt keinen Rückschluß auf die Strenge der materiellrechtlichen Fristen zu.

Auch Art. 20, Absatz l ***), der Vollziehungsverordnung zum Patentgesetz, vom 21. Juli 1893, kann die Ansicht des Rekurrenten nicht begründen. Die Worte: ,,in der Regel1* sollen nur ermöglichen, gegebenenfalls als Datum der Beweisleistung für die Modellexistenz einen späteren als den im angeführten Artikel angegebenen Zeitpunkt, aber nicht einen früheren, anzunehmen.

Wenn aber auch Art. 16, Absatz 3, des Patentgesetzes einer milderen Auslegung zugänglich wäre, könnten dabei doch nur die Fälle in Betracht kommen, wo die Versäumung der Frist eine unverschuldete ist; ein solcher Fall liegt hier keineswegs vor.

(Vom 15. April 1896.)

Das Ministerium des Auswärtigen von Schweden und Norwegen hat unterm 13. dies den Beitritt Norwegens zur Union für den Schutz des litterarischen und künstlerischen Eigentums angezeigt.

*) Art. 9. Das erteilte Patent erlischt: 2. wenn die Jahresgebübren nicht spätestens innerhalb 3 Monaten nach der Fälligkeit (Art. 6) bezahlt werden. -- Das eidgenössische Amt für geistiges Eigentum wird, immerhin ohne Verbindlichkeit für dasselbe, den Inhaber unverzüglich vom Verfall der Jahresgebühr verständigen.

**) Art. 17, Absatz 1. Jedes Gesuch, in welchem die durch die Artikel 14, 15 und 16 vorgeschriebenen Bedingungen nicht erfüllt sind, ist vom eidgenössischen Amte für geistiges Eigentum .zurückzuweisen; gegen eine solche Verfügung kann innerhalb der Notfrist von 4 "Wochen an die vorgesetzte Verwaltungsbehörde rekurriert werden.

***) Art. 20, Absatz 1. Als Datum der Beweisleistung für die Modellexistenz vor dem eidgenössischen Amte gilt in der Regel Tag und Stunde, da seitens des Bewerbers diejenigen Beweismittel eingereicht oder an drittem Orte zur Verfügung gestellt wurden, auf Grund deren die Eintragung des definitiven Patentes erfolgen konnte.

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Der genannten Union gehören nunmehr folgende Staaten an: Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Haïti, Italien, Luxemburg, Monaco, Montenegro, Norwegen, Schweiz, Spanien und Tunis.

(Vom 17. April 1896.)

Als Ersatzmann des Divisionsgerichtes IV wird Herr Hauptmann Adalbert W y m a n n , Schützenbataillon 4/IV, in Beckenried, gewählt.

(Vom 21. April 1896.)

Das Militärdepartement erstattet dem Bundesrat über folgende Angelegenheit Bericht : Im Anschluß an die Abschiedsfeier, welche im März dieses Jahres zu Ehren des Herrn Oberst Wille in Bern stattfand, besammelten sich die Stabsoffiziere der Kavallerie zu einer Besprechung und vereinbarten, je nach dem Ausfalle der Wahl eines Waffenchefs der Kavallerie sich neuerdings zu besammeln. Diese abermalige Besammlung fand in der That am 9. dies in Often statt, nachdem der Bundesrat den Herrn Oberst Markwalder unterm 4. dies zum Waffenchef ernannt hatte. Dieselbe war von Herrn Oberst Fehr, Kommandanten der III. Kavalleriebrigade, einberufen worden, und es nahmen an derselben teil die Brigade- und Regimentskommandanten der Kavallerie mit Ausnahme des Kommandanten der IV. Kavalleriebrigade (Oberst Markwalder) und von drei Regimentskommandanten. Von den Herren Majoren von Ernst und Wäber aus Bern wurde den Anwesenden der Entwurf eines Schreibens an das Militärdepartement vorgelegt, dessen Verfasser eine Drittperson ist, welche nicht genannt wird. Das Ergebnis der Beratungen war das nachstehende Schreiben, welches im Namen und Auftrag der Anwesenden von Herrn Oberst Fehr unterzeichnet und dem Militärdepartement unter dem Datum des 11. April zugeschickt wurde. Dieses Schreiben lautet: ffAn

das eidgenössische Militär département, zu Händen des hohen Bundesrates.

Herr Bundesrat!

Der hohe Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 4. April deu Herrn Oberst Markwalder zum Waffenchef der Kavallerie ernannt.

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Die unterfertigten Brigade- und Regimentskornmandanten der Kavallerie, wie sicherlich auch die ganze Waffe, sind pflichtgemäß bereit, ihrem vom Bundesrat erwählten Chef den Respekt entgegenzubringen, auf welchem vor allem ändern Disciplin und Subordination beruhen.

Zu diesem Behufe aber halten sie sich verpflichtet, die Aufmerksamkeit eines hohen Militärdepartements darauf zu lenken, daß die schweren Anklagen gegen die Wahrhaftigkeit des Herrn Oberst Markwalder, welche aus den Deduktionen der Verteidigungsschrift des Oberst Wille vom 26. März gegen die Anklagen des Herrn Oberst Markwalder gefolgert werden müssen, noch nicht widerlegt sind.

Es liegt ebensosehr im Interesse der Person des Herrn Markwalder, wie auch des hohen Amtes, das ihm anvertraut wurde, wie auch der ganzen Waffe, an deren Spitze er gestellt worden ist, wenn ihm, bevor er sein hohes Amt antritt, Gelegenheit geboten würde, sich öffentlich gegen die verschiedenen positiven Behauptungen, welche seine Wahrhaftigkeit leugnen, zu rechtfertigen.

Es sind dies die Punkte der Broschüre von Oberst Wille vom 26. März a. c., in welchen sich die Behauptungen der Anklageschrift des Oberst Markwalder und die der Verteidigungsschrift de& Oberst Wille direkt gegenüberstehen und von denen Oberst Wille behauptet, daß die Richtigkeit aus den vorhandenen Akten des Militärdepartements konstatiert werden könne.

Sollte diese Rechtfertigung von Seiten des Herrn Markwalder nicht erfolgen, so könnten wir dem neu ernannten Waffenchef unmöglich die schuldige Achtung erweisen, und braucht wohl kaum erwähnt zu werden, welch unhaltbare Zustände daraus hervorgehen würden.

Mit vollkommenster Hochachtung!!

Namens der sämtlichen Brigade- und Regimentskommandanten der Kavallerie : (gez.) F e h r , Oberst der Kavallerie.tl In Händen des Herrn Oberst Fehr befindet sich eine Kopie der vorstehenden Zuschrift, welche die eigenhändigen Unterschriften der beiden Brigadekommandanten Fehr und Gugelmann und der sämtlichen Regimentskommandanten der Kavallerie trägt. Oberst Fehr hat überdies die Veröffentlichung des gethanen Schrittes in der ,,Thurgauer Zeitung" veranlaßt. Nach Anhörung des Oberauditors der Armee und in Anwendung von Art. 166, Ziffer 9, des Militärstrafgesetzes hat sich der (inzwischen aus dem Urlaub zurückgekehrte) Chef des Militärdepartements veranlaßt gesehen, über die

865 beiden Brigadekommandanten Fehr und Gugelmann eine Arreststrafe von 15 Tagen und über die sämtlichen Regimentskommandanten der Kavallerie (Oberstlieutenant Lecoultre und die Majore Klauser, Bilel, Waldmeyer, von Ernst, Wäber, de Loys und H.

Hilssy) eine solche von 10 Tagen zu verhängen.

Der Bundesrat hat von diesem Berichte Kenntnis genommen.

"Walilen.

(Vom 17. April 1896.)J Politisches Departement.

Gesandtschaftsattache:

Herr Dr. jur. Hans Rudolf Burekhard, von Basel, in Rom.

Finanz- und Zolldepartement.

Zollverwaltung.

Contrôleur beim Hauptzollamt Vallorbes: Herr Xavier Folly, von Freiburg, zur Zeit Zoll gehülfe in Luino.

Post- und Eisenbahndepartement.

Post V e r w a l t u n g .

Postcommis in Herzogenbuchsee: Herr Emil Schwab, von Kallnach, in Schupfen.

Postcommis in St. Gallen : ,, Adolf Flaigg, von Zürich.

,, Franz Leu, von Luzern.

Posthalter und Briefträger in Collombey : Frau Victorine Martin, von Massongex.

Telegraphenverwaltung.

Telephongehülfe in Neuenburg: Herr Emil Tobler, von Wolfhalden.

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(Vom 21. April 1896.)

Militär département.

Instruktor II. Klasse der Artillerie: Herr Generalstabshauptmann Paul Lardy, von Auvernier, in Neuenburg.

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Bekanntmachungen von

Departementen und andern Verwaltungsstellen des Bundes, Bekanntmachung.

Mit Rücksicht auf Anstände, welche sich in der letzten Zeit bei der Verzollung von sogenannten p i l c h - p i n e - H o l z und A r b e i t e n d a r a u s ergeben haben, sehen wir uns zu den nachstehenden Mitteilungen veranlaßt.

Das pitch-pine-Holz (von pinus rigida, pinus australis etc. herstammend) qualifiziert sich als eine e x o t i s c h e , d. i. als eine in Europa in schlagbaren Beständen nicht vorkommende Holzart, welche somit gemäß Anmerkung ad 144--147 des Tarifes als E b e n i s t e n h o l z verzollbar ist, und zwar in allen ihren Formen.

Es ergiebt sich hieraus die folgende Tarifanwendung: Tarif- Zollansatz Nr.

per q.

Fr.

1. Pitch-pine in rohen Stämmen 144 --. 10 2. ,, ,, gesägt, Fourniere ausgenommen . 145 --. 50 3. ,, ,, Fourniere 147 5. -- 4. ,, ,, Schreiner- und Drechslerarbeiten, Möbel und Möbelteile aller Art aus pitch-pineHolz oder mit pitch-pine-Holzfournieren . . 165 50. --

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Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrates.

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1896

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22.04.1896

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