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Schweizerisches Bundesblatt.

48. Jahrgang. IV.

Nr. 41.

7. Oktober 1896.

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Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & de, in Bern.

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Nachtrags-Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Er. richtung einer land- und milch wirtschaftlichen Versuchsund Untersuchungsanstalt.

(Vom 29. September 1896.)

Tit.

In seiner Sitzung vom 12. Juni hat der Nationalität auf (leu Antrag seiner betreffenden Kommission beschlossen, die Verhandlungen über die Errichtung einer schweizerischen land- und milchwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsanstalt zu verschieben und in einer Nachtrags Botschaft weitere, zum Teil schon der genannten Kommission gegebene Aufschlüsse zu verlangen, namentlich mit Bezug auf die Befürchtungen, es möchte unter der in Aussicht genommenen Anstalt die Subventionierung kantonaler Institute leiden, und es würde dieselbe hauptsächlich nur der nächsten Umgebung, nicht aber weitern Kreisen zu gute kommen.*) Wir kommen diesem Auftrage nach und bestätigen vorab, daß das Bedürfnis einer Anstalt für das land- und milchwirtschaftliche Versuchswesen von keiner Seite bestritten oder auch nur angezweifelt worden ist.

Da wir schon seit mehr als zehn Jahren eine Centralstelle für das fürstliche Versuchswesen haben, wäre es übrigens schwer verständlich, wenn die Notwendigkeit einer ähnlichen Anstalt für dio Landwirtschaft geleugnet werden wollte, da letztere ein dreifach *) Protokoll der 11. Sitzung des Nationalste? vom 12. Juni 1896.

Bundesblatt. 48. Jahrg. Bd. IV.

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größeres Gebiet bebauen muß, das vielfach höhere und durch die Betriebsweise weit stärker beeinflußbare Erträge liefert, als dies beim Wald der Fall ist.

Auch betreffend die Aufgaben, die wir in unserer Botschaft vom 12. März 1. J. der Anstalt zugedacht haben, herrscht unseres Wissens keine Meinungsverschiedenheit.

Widersprüche sind dagegen in Bezug auf die von uns beantragte Organisation und auf den vorgeschlagenen Sitz der Anstalt erhoben worden. Wir glauben indes, annehmen zu dürfen, daß die Organisation ebenfalls genehm wäre, wenn selbe auch für Zürich, welcher Kanton sich von Anfang an um die Anstalt beworben hat, geeignet wäre. Es ist denn auch von dieser Seite uns und unserem die Angelegenheit behandelnden Landwirtschaftsdepartemeut der Vorwurf gemacht worden, wir seien auf geheimthuerische, unkorrekte Weise vorgegangen und den Behörden des Kantons Zürich, sowie den Fachvereinen sei die Gelegenheit benommen gewesen, das Projekt zu prüfen und sich darüber auszusprechen.

Von der Lehrerschaft der landwirtschaftlichen Abteilung des Polytechnikums, sowie von der Gesellschaft schweizerischer Landwirte wurde behauptet, das Projekt schädige unsere eidgenössische landwirtschaftliche Hochschule, und es wird eine Teilung der Anstalt in eine milchwirtschal'tliche mit Sitz im Kanton Bern und in eine landwirtschaftliche mit Sitz in Zürich verlangt.

In der Presse und in Vereinsversarnmlungen wurden Befürchtungen für die künftige Wirksamkeit der kantonalen landwirtschaftlichen Anstalten laut, und es wurde ferner die Ansicht geäußert, bei der großen Verschiedenheit der topographischen, sowie der landund milchwirtschaftlichen Verhältnisse genüge eine einzige Versuchsanstalt nicht, und müßten deren mehrere erstellt, oder kantonale Institute durch Bundesbeiträge in den Stand gestellt werden, auf dem Gebiete des Versuchswesens mitzuarbeiten.

Von der nationalrätlichen Kommission wurde dann noch ein ungefährer Voranschlag der jährlichen Betriebskosten der in Aussicht genommenen Anstalt gewünscht.

Endlich traten in der elften Stunde noch die Kantone Luzern, Graubünden und Aargau neben Zürich und Bern als Bewerber um den Sitz der Anstalt auf, und zwar Luzern mit Anerbietungen von Terrain mit Gas- und Wasserzuleitung auf dem Althof oder dem Emmenfeld. Graubünden macht mit seinem Schreiben vom 6. Juni auf den
ihm durch testamentarische Schenkung zugefallenen Plantahof aufmerksam und stellt das Gesuch, die eidgenössische Anstalt möchte auf demselben errichtet werden. Es stellt die Benutzung von Versuchsfeldern auf demselben und auf dea dazugehörigen

55 Alpweiden, die alleinige Benutzung eines Stalles und die Mitbenutzung einer Sennerei, sowie die Zuleitung von Gas und Wasser in Aussicht. Aargau offeriert hierfür Teile der ehemaligen Staatsdomäne Muri.

Alle diese Einwände, Vorschläge und Bewerbungen rechtfertigen das Verlangen nach ausführlicherer Darlegung des Zweckes, der Aufgaben und der Organisation der Anstalt, obwohl dadurch der endgültigen Organisation auf dem Wege des Vollzuges des beantragten Bundesbeschlusses vorgegriffen und vielleicht ersterer nachteilig präjudiziert wird, was wir mit unserer nur auf die Hauptgesichtspuukte abstellenden Botschaft vom 12. März vermeiden wollten. Wir müssen nämlich neuerdings betonen, daß unsere Land- und Milchwirtschaft an das Forschungs- und Versuchswesen ganz eigene, besondere Forderungen stellen, denen die betreffende Anstalt zu entsprechen hat.

Wir können folglich nicht ausländische, ganz ändern Vorhältnissen angepaßte Institute einfach kopieren, sondern haben etwas für uns passendes, deshalb originales zu schaffen. Daß bei solchen Schöpfungen Widersprüche, namentlich bezüglich der Einzelheiten der Ausführung erhoben werden, darf wohl nicht befremden.

L Zweck der Anstalt.

Die Aufgaben, die wir in unserer mehrerwähnten Botschaft der in Aussieht genommenen Anstalt glaubten stellen zu müssen, bedingen mehrere Arten von Thätigkeit, und zwar: 1. Die streng wissenschaftliche Erforschung der naturgesetzlichen Grundlagen, auf denen die Erzeugung und Verarbeitung unserer land- und milch wirtschaftlichen Produkte beruht.

2. Die ebenfalls auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende, indes mehr praktische Prüfung und Erforschung sämtlicher Faktoren des land- und milchwirtschaftlichen Betriebes.

3. Die Übertragung der Forschungsergebnisse in die Praxis in a l l e L a n d e s t e i l e durch die Lehre in Wort und Schrift (Kurse, Vorträge), hauptsächlich aber durch sogenannte d e m o n strative Versuche.

4. Die Kontrolle der landwirtschaftlichen Bedarfsartikel: Futtor, Dünger und Samen des Handels, um den Landwirt vor Betrug und Übervorteilung zu schützen.

Versuchen wir an nur einem Beispiel aus dem unbegrenzten Gebiet des landwirtschaftlichen Forschungswesens diese Arten der Thätigkeit klar zu legen :

56 Es ist ein Naturgesetz, daß die Kulturpflanze zu ihrem vollen Gedeihen einer gewissen Menge bestimmter Bodenbestandteile bedarf.

Fehlt ein einziger dieser notwendigen Nährstoffe oder ist ein solcher nicht in genügender Menge vorhanden, so kann sich die Pflanze entweder gar nicht oder nur nach Maßgabe des im Minimum vorhandenen Nährstoffes entwickeln, selbst wenn Überfluß an allen ändern herrscht.

Da die Pflanzenerzeugung die Grundlage aller landwirtschaftlichen Produktion ist, muß es für den Landwirt von außerordentlicher Wichtigkeit sein zu wissen, welche der seinen Kulturen notwendigen Nährstoffe in seinem Boden in geringster Menge vorhanden sind, die er somit durch die Düngung ergänzen muß, wenn er volle Ernten erzielen will.

Die chemische Analyse kann ihm wohl sagen, was sein Boden enthält, aber sie kann ihm über die Aufnahmefähigkeit der vorhandenen Stoffe keine oder doch nur sehr ungenügende Auskunft geben.

Das feinste Reagens ist die Pflanze selbst, wie dies zum Beispiel ein Versuch über die Phosphorsäurewirkung verschiedener Düngmittel zeigt, den die Herren Dr. Liechti und Dr. Vogt an der bernischen agrikulturchemisehen Station im laufenden Jahre ausgeführt haben. Ein an assimilierbarer Phosphorsäure sehr armer Wiesenboden aus dem botanischen Garten, der in Versuchstöpfe gefüllt, mit allen übrigen Nährstoffen (Kali und Stickstoff) im Überschuß gedüngt wurde, erzeugte in 17 Wochen aus 30 Samen 31 schmächtige Haferhalme von 54 cm. Höhe mit einem Erntegewicht von 5,i g. Körner und 9,a g. Stroh, indes der ganz gleiche Boden unter vollständig gleichen Vegetationsbedingungen bei einem Zusatz von nur O,OOB % (0,36 g. auf 6,e kg. Erde) löslicher Phosphorsäure, einer Menge, die als solche in der Erde quantitativ iiichl^ mehr bestimmbar gewesen wäre, in derselben Zeit aus der gleichen Anzahl Samen der gleichen Pflanze 91 üppige 100 cm. hohe Halme mit einem Erutegewicht von 54,3 g. Körner und 112,7 g. Stroh ergab. *) Der Landwirt kann allerdings mittelst Feldversuchen seinen Boden selbst nach dessen Gehalt befragen; allein ihm fehlen hierfür meist die Kenntnisse, die Zeit und die Mittel. Im freien Feld ist zudem das Wachstum der Pflanzen, der Ertrag, nicht allein von den Bodenbestandteilen, sondern ebensosehr von der Witterung, tierischen und pflanzlichen Feinden und einer Menge anderer meist
uubeherrsch barer Einflüsse abhängig, folglich eine klare, unzweideutige Antwort selten erhältlich. Solche Antworten geben die *) Die beigegebene, auf photographischor Aufnahme beruhende Abbildung zeigt einige der Vei'suchstöpt'e mit den Haferpfianzen im Zustand der Blüte.

Vide auch landw. Jahrb., Bd. X.

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Autotypie Brunner & Hauser, Zürich

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Anstalten mît TopfversucheD, bei denen sämtliche Vegetationsbedingungeu bis auf den Fragepunkt völlig gleich und nachteilige Einflüsse wie Trockenheit, Schlagregen, Verluste an Nährstoffen durch Auswaschung in den Untergrund, Wind, Hagel, tierische und pflanzliche Schädlinge fern gehalten werden können.

Da mittelst dieser Topfkulturen nicht nur das Düngerbedürfnis des Bodens, sondera auch die Wirkung der verschiedenen, bekannten und stets neu auftauchenden Düngemittel des Handels, überhaupt die Wechselbeziehungen zwischen Boden, Düngemittel und Pflanzen w i s s e n s c h a f t l i c h g e n a u erforscht und noch andere Probleme der Land- und Milchwirtschaft gelöst werden können, haben wir in der von uns beantragten Anstalt den Topfkulturversuchen eine bedeutende Stelle zugedacht. Von den zu prüfenden Feldern ist je eine gewisse Menge nach Vorschrift zu enthebende Erde einzusenden, die dann mit aller wünschbaren Genauigkeit auf ihr Düngerbedürfnis untersucht wird.

Die p r a k t i s c h e Thätigkeit in diesem Falle würde darin bestehen, daß durch Vermittlung des Anstaltspersonals auf den betreffenden Feldern in kleinen abgegrenzten Parzellen das Ergebnis des wissenschaftlichen Versuchs angewendet, beziehungsweise nachgeprüft und dadurch zugleich den Landwirten praktisch vorgezeigt wird.

Auf andere Weise d e m o n s t r a t i v kann mittelst der Topfversuche gewirkt werden, indem Bilder nach photographischeu Aufnahmen verbreitet uod die Töpfe mit den Kulturen zur Ausstellung gebracht und an Kursen oder Vorträgen vorgezeigt werden. Dies wird namentlich zweckmäßig sein, um die geringe Wirksamkeit der Phosphorsäure im rohen Knochenmehl, sowie in den liohphosphaten und die Wertlosigkeit des Steinmehles etc. den Landwirten, die dafür noch Hunderttausende von Franken jährlich ausgeben, überzeugend vor Augen zu führen.

Im vorliegenden Falle wird die ko n t r o i l i e r en d e Thätigkeit der Anstalt der Landwirtschaft Garantien bieten für den zweckmäßigen Bezug der nicht in ausreichender Menge vorhandenen Bodenoälirstoffe und reiner, keimfähiger Samen der gewünschten Art.

Derartige Beispiele ließen sich zu hunderten aus allen Betriebszweigen der Land- und Milchwirtschaft anführen. Alles was in den Laboratorien, auf den Versuchsfeldern, in den Ställen und in der Versuchskäserei der Anstalt vorteilhaftes
für den land- oder milchwirtschaftlichen Betrieb beobachtet, erforscht oder entdeckt worden ist, wird durch die Organe der Anstalt oder durch dereu Vermittlung mit Hülfe kantonaler Anstalten und Fachmänner auf den Feldern, Wiesen, Alpen und in den Sennhütten aller Landesteile nachprobiert, der Einfluß lokaler Faktoren geprüft und, falls es sich bewährt, verbreitet werden müssen.

58 Die Milchversuchsstation in Kopenhagen übt bekanntlich die größte Einwirkung auf die Milchwirtschaft und auf die Butterausfuhr Dänemarks dadurch aus, daß sie von Zeit zu Zeit von den mit ihr in Verbindung stehenden Butterproduzenten (Meiereien) des ganzen Landes jeweilen das betreffende Tageserzeugnis einfordert und dasselbe auf eine, die vollste Unparteilichkeit sichernde Weise durch Experten (Exporteure) prüfen und das Prüfungsergebnis sowohl den Produzenten als den Konsumenten mitteilen läßt, jenen mit geeigneten Räten zur Vermeidung allfällig gefundener Mängel und Fehler.

Der Wetteifer unter den dänischen Meiereien, der durch dieses Verfahren geweckt und die Thatsache, daß die Butterausfuhr dadurch auf eigentlich großartige Weise gehoben wurde, machen den Wunsch rege, es möchte etwas ähnliches durch die projektierte Anstalt auch für unsere Käsefabrikatiou geschaffen werden. Die Schwierigkeiten dabei sind ungleich größer als bei der Butter.

Unsere Experten hoffen indes, bei sorgfältigem und vorsichtigem Vorgehen und entgegenkommendem Verhalten der Interessentenkreise sei eine segensreiche Wirkung auf jenem Gebiete ebenfalls möglich.

Soviel -- in Ergänzung unserer Botschaft -- über Zweck uud Thätigkeit der projektierten Anstalt. Es ist daraus ersichtlich, daß der Wille herrscht und auch der Weg gefunden werden wird, um selbe -- mag 8i0 errichtet werden, wo sie will -- dem ganzen Land, zu Berg und zu Thal gleich nützlich zu machen. Es erübrigt noch, über die Verteilung der Aufgaben und der Arbeit unter die drei Institute in Bern, Zürich und Lausanne etwas zu sagen.

In Zürich, sowie in Lausanne werden sowohl Futter- und Düngemittel als auch Samen, in der Centralanstalt nur Futter- und Düngemittel kontrolliert werden. Um die Freizügigkeit dieser Kontrolle zu wahren, werden die Kontrol i vertrage mit der Centralverwaltung abgeschlossen. Sollte eine der drei Anstalten von den Händlern und Fabrikanten oder von den Landwirten mit Analyseaufträgen überlastet werden, so ist ein Ausgleich leicht möglich, und es wird eine ungefähr gleich starke Bethätigung für jede derselben angestrebt werden müssen.

Das wissenschaftliche Forschungsgebiet ist ein so ausgedehntes, daß alle drei Institute dasselbe nie erschöpfen werden, und wir denken, jedem derselben die nötigen Einrichtungen zu verschaffen, die es
dem leitenden Personal ermöglichen, nach gemeinsam verabredetem Plan und auch unabhängig nach individueller Neigungfruchtbar zu arbeiten. Im Interesse der Verbreitung der Versuchsergebnisse und der demonstrativen Thätigkeit des Personals durch Anlage und Überwachung der Versuchsfelder in den Kantonen, der

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Versuche in den Sennhütten und Käsekellern, sowie der Kontrolle der Versuchsergebnisse glauben wir indes verlangen zu müssen, daß lang andauernde und teuere Einrichtungen erfordernde Versuche nur am Centralsitz gemacht werden sollen, damit das übrige Personal für jene Thätigkeit, auf die wir das größte Gewicht legen, die notwendige Kraft und Zeit finde.

Als Beispiel führen wir gerade die oben erwähnten Topfversuche wieder an. Sollen selbe ein zuverlässiges Ergebnis liefern, so müssen sie durch die verantwortliche Stelle vom Beginn der Vegetation bis zu deren Ende, d. h. vom April bis zum beginnenden Herbst fortwährend ohne jeden Unterbruch auf das peinlichste überwacht, sowie gepflegt werden, und diese Überwachung darf man nicht gewöhnlichen Angestellten übertragen. Wir halten es dagegen für möglich, daß der Versuchsleiter eine sehr große Zahl von derartigen Versuchen überwachen kann, wenn er zuverlässige Arbeiter zur Verfügung hat. Da das Versuchsergebnis, wenn nicht absolut, so doch -- worauf es allein ankommt -- relativ überall das gleiche sein wird, seien die Versuche da oder dort gemacht worden, so wäre es nicht nur eine Verschwendung von Kräften und Finanzen, wenn an allen drei Orten Topfkulturversuche gemacht werden müßten, sondern die Versuchsthätigkeit würde geradezu in ihrer nützlichsten Form, in der applikatorischen und demonstrativen, unnülzerweise schwer geschädigt.

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II. Die Organisation.

Der hierüber in unserer Botschaft gemachte Vorsehlag ist ein wohldurchdachter, auf mehrjährigem eingehendem Studium beruhender, und wir können trotz gegenteiliger -- zum Teil von sonst berufener Seite stammenden -- Stimmen daran keiue Änderung vorschlagen.

Die GrUnde, die gegen eine Teilung der Anstalt in eine milchwirtschaftliche, mit Sitz in Bern, und eine landwirtschaftliche, mit Sitz in Zürich (Vorschlag der landwirtschaftlichen Lehrerschaft des Polytechnikums und der Gesellschaft schweizerischer Landwirte), sprechen, sind in unserer Botschaft angeführt. Es ist dort gezeigt worden, daß gerade die wichtigsten Fragen für die praktische Milchwirtschaft, wie zum Beispiel die betreffend deo Einfluß der Dünger- und Futtermittel auf die Milch und die Milchprodukte, nur gelöst werden können, wenn mit den chemischen und bakteriologischen Laboratorien ein eigener Gutsbetrieb mit eigenem Stall, sowie einer Versuchskäserei unmittelbar verbunden sind.

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Eine Kontrollstelle fui- die Dünger- und Futtermittel des Handels muß schon aus Gründen der Ökonomie mit jeuer Anstalt vereinigt werden, damit das Personal, das mit diesen Untersuchungen nur im Winter voll beschäftigt ist, in der bessern Jahreszeit die bei allen land- und milchwirtschaftlichen Versuchen notwendigen zahlreichen Analysen besorgen und dadurch die eigentlichen Versuchsleiter von dieser mehr mechanischen Thätigkeit entlasten und sich auch bei den Topfversuchen und den Versuchen im freien Felde bethätigen kann.

Dieser milchwirtschaftlichen Versuchsanstalt, von der selbst die Lehrerschaft der landwirtschaftlichen Schule des Polytechnikums, sowie die Gesellschaft schweizerischer Landwirte zugehen, daß sie in den Kanton Bern gehöre, würde folglich ganz die gleiche Organisation, sowie die gleichen Mittel gegeben werden müssen, wie sie in unserer Botschaft beantragt sind.

Weil sie aber nur eine ,, m i l c h w i r t s c h a f t l i c h e " Anstalt sein dürfte, ao würde ihr nach Ansicht der erwähnten Körperschaften wohl untersagt werden müssen, sich mit eigentlichen landwirtschaftlichen Versuchen abzugeben.

Dagegen würde die ,, l a n d w i r t s c h a f t l i c h e " Versuchsanstalt in Zürich, obwohl die milchwirtschafllichen Versuche und Untersuchungen bei ihr ausgeschlossen wären, in Bezug auf das Personal und die Kosten kaum weniger Anforderungen stellen als die Anstalt in Bern. Da man sie dem Polytechnikum eingliedern und dem eidgenössischen Schulrate unterstellen will, müßte sie auf die demonstrative Thätigkeit in den Kantonen und in Verbindung mit den kantonalen Anstalten verzichten, was gerade der Oslschweiz am meisten zum Nachteil ausschlagen würde. Im Kontrollwescn würde ein Dualismus mit schwer zu vermeidenden moralischen und materiellen Folgen entstehen.*) Eine derartige Doppelspurigkeit, wodurch die Kosten vermehrt und der Erfolg verringert würde, wäre schon aus Sparsamkeitsrücksichten nicht zu empfehlen. Es wird zudem Mühe kosten, für die eine Anstalt geeignetes leitendes Personal zu finden, geschweige denn für mehrere. Von dem leitenden Personal hängt aber desErfolg viel mehr ab als von den Einrichtungen und den Mitteln.

Kenntnisse und Charaktereigenschaften allein genügen nicht, es *) In einer im Juli 1896 erschienenen Schrift: ,,Die landwirtschaftlichen Versuchsstationen
als Staatsinstitute" (Heidelberg, Karl Winter) weist Prof.

Dr. Adolf Mayer, Direktor der holländischen Versuchsstation Wageningen, überzeugend die Notwendigkeit der Vereinheitlichung der Untersuchungsnnethoden und demnach der Verstaatlichung und Gen trai isierung der landwirtschaftlichen Kontrollanstalten nach.

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bedarf der eigentlichen Forschungstalente, die auf dem land- und milchwirtschaftlichen Gebiete leider zu selten sind.

Die Eingabe der Gesellschaft schweizerischer Landwirte tadelt an dem Arbeitsprognimm, daß Versuche in der Tierzucht und im Obst- und Weinbau ausgeschlossen seien.

Der kleine Viehstand der Anstalt wird den jeweiligen physiologischen und wirtschaftlichen Versuchen entsprechend zusammengesetzt sein, folglich möglicherweise oft wechseln müssen. Teuere Zuchttiere eignen sich überhaupt nicht für Versuche, die nicht selten ihre Gesundheit beeinflussen können.

Sollte der Bund die kantonalen Versuchsanstalten für Obstoder Weinbau übernehmen müssen, was ihm durch das Bundesgesetz betreffend die Förderung der Landwirtschaft vom 23. Dezember 1893 (Art. 4) gestattet ist, so wird er selbe da belassen wollen, wo sie sind, und sie jedenfalls nicht mit der projektierten Anstalt verbinden können, weil sie in Bezug auf Lage und Einrichtungen besondere Anforderungen stellen.

Was die Verbindung der Versuchsthätigkeit mit ständigen Lehrstellen betrifft, so müssen wir ebenfalls auf unserem ablehnenden Standpunkt beharren. Auch die Bildung von Milchtechnikern ist nicht und nirgends Sache der Versuchsanstalten, was nicht ausschließt, d a ß a n H o c h s c h u l e n a u s g e b i l d e t e T e c h n i k e r in den Versuchslaboratorien als Assistenten beschäftigt und in das Gebiet der Forschung eingeführt werden können.

Im Ausland kommt es zwar hin und wieder vor, daß Leiter von Versuchsstationen, welch' letztere in der weitaus größten Zahl vorzugsweise landwirtschaftlichen Vereinen angehörende KontrollStationen sind, Professuren an Hochschulen bekleiden. Unsere Abordnung betont indes nochmals mit aller Schärfe, daß von keiner Seite diese Verbindung als im Interesse der Versuchsthätigkeit liegend oder als wünschenswert erklärt wurde. Was dort nicht empfohlen wird, wo die Direktoren ihre Versuchsthätigkeit selbst bestimmen, beziehungsweise frei wählen können, das kann unter unseru Verhältnissen, wo schwierige, lang andauernde Versuche das Zusammenwirken aller l e i t e n d e n Kräfte erfordern, unter keinen Umständen angehen. Wir werden demnach nicht gestatten, daß das Personal der vorgeschlagenen Anstalt ständige Lehrstelleu übernehme. Mit dieser Erklärung dürfte die Furcht vor dem Entstehen einer zweiten
landwirtschaftlichen Hochschule aus der Versuchsanstalt wohl endgültig beseitigt sein.

In der Presse ist auch der Verbindung der Anstalt mit einer land- oder milchwirtschaftlichen Schule das Wort geredet worden,

62 hauptsächlich damit die Versuchsleiter stets Fühlung mit der Praxis hätteu und der Kostenersparnis wegen.

Die Fühlung mit der Praxis ist gewiß notwendig; sie wird auch reichlich bewirkt in der dem Personal zugedachten Thätigkeit, die es in die Äcker, Wiesen, Weiden und Sennhütten zu Berg und Thal aller Landesteile führen wird.

Von der Verbindung mit einer kantonalen Schule wären Konflikte aller Art, hauptsächlich aber die Gefährdung der Versuche durch Schüler und Dienstboten, niemals aber eine Förderung der Forschungsthätigkeit und auch keine Ersparnisse zu erwarten. Der Bund müßte gleichwohl die Laboratorien, den Versuchsstall, die Versuchskäserei, überhaupt alle Gebäude erstellen, was er doch nur auf eigenem Grund und Boden thun könnte.

Die Notwendigkeit dieser Selbständigkeit soll wiederum nur sin einem Beispiele gezeigt werden, das wir einem bei den Akten liegenden Gutachten des Bakteriologen Herrn Dr. von Freudenreich entnehmen : ,,Zur Lösung mancher Fragen auf dem Gebiete des KäseReifungsprozesses wäre es von großem Nutzen, Käse aus aseptisch aufgefangener Milch (Melkmaschinen) und auf möglichst aseptischem Wege (sterile Käsekessel etc.) herstellen zu können, um den Einfluß der in der Milch stets vorhandenen Bakterien ausschalten zu können. Solches wird sich indessen nur in einer solchen Anstalt erreichen lassen, welche über eine Anzahl Kühe frei verfügen kann, und welche die nötigen Räumlichkeiten und Gerätschaften eigens zu diesem Zwecke einrichten darf. In einer Molkereischule, deren Produkte in den Handel gebracht werden, wird sich dieses schwerlich erreichen lassen, weil dadurch Betriebsstörungen veranlaßt würden, und in einem Laboratorium, welches die nötigen Stallungen und Räumlichkeiten nicht besitzt, wird man dieses nicht durchführen können. Es ist dieses eine Erfahrung, die ich bei meinen Arbeiten auf diesem Gebiete mehrfach gemacht habe.11 Herr v. Freudenreich fährt dann in seinem Gutachten fort wie folgt : ,,Auf einer Versuchsstation, welche so eingerichtet ist, daß sie, ohne jede Rücksicht auf merkantile Zwecke, Käse und Butter fabrizieren kann -- und zwar wie nie in der Praxis fabriziert werden -- lassen sich neue Methoden, wie Benutzung von Rahmsäuerungskulturen bei der Butterfabrikation u. dgl. mehr, viel besser erproben, als etwa in einer mit einem Laboratorium
ausgerüsteten Molkereischule oder ähnlichen Unterrichtsanstalt, deren Produkte durch die Anwendung neuer, noch nicht genügend erprobter Methoden nicht vielleicht verschlechtert werden dürfen, was dem An-

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sehen der Schule schaden würde. Eine Anstalt, die darauf angewiesen ist, ihre Produkte möglichst hoch zu verwerten, wird natürlicherweise Methoden, mit denen sie bisher gute Resultate erzielte, nicht gerne gegen neue vertauschen, deren Wert vorerst noch erprobt werden muß.

,,Von einem ändern Gesichtspunkte endlieh scheint es mir mißlich, wenn Versuchs- und Unterrichtswesen zu innig miteinander verbunden werden. Wie jedem Forscher bekannt ist, sind bei Versuchen die negativen Resultate leider zahlreicher als die positiven.

Es dürfte daher dem Ansehen der wissenschaftlichen Forschung bei den Praktikern kaum förderlich sein, wenn Schüler, die das Molkereiwesen erst zu erlernen haben, selber an Versuchen sich beteiligen, deren Resultate, wenn sie negativ ausfallet), sie mit Mißtrauen erfüllen würden. Meines Erachtens können solche orientierende Versuche nur in bloß dem Versuchswesen gewidmeten Anstalten gemacht werden ; aber diese Anstalten müssen auch so ausgerüstet sein, daß die Versuche in größerem Maßstabe ausgeführt werden können, als dieses in kleineren Laboratorien möglich ist.

,,Diese Erwägungen, denen manch' andere sich noch beifügen Keßen, sind es hauptsächlich, welche nach meinen bisherigen Erfahrungen gegen die Verbindung des eigentlichen Versuchs- mit dem Lehrweson und für die Errichtung einer von letzterem ganz unabhängigen Anstalt sprechen."· Unmittelbar nach Inkrafttreten des beantragten Bundesbeschlusses Bedenken wir die leitenden Organe (Aufsichtskommissiou) zu ernennen, die Pläne für die Centralanstalt, sowie für die allfällig nötigen Ergänzungen der Untersuchungsstationen in Zürich und Lausanne und die Bedingungen, unter denen diese Anstalten benützt werden können (Kontrollverträge, Untersuchungsgeuühren, Pauschalsummen), feststellen zu lassen. Ebenso sind die Bedingungen der Probenahme und die Untersuchungsmethoden, nach denen einheitlich gearbeitet werden soll, zu vereinbaren.

Das erste wird dann sein, mit den in Zürich und Lausanne vorhandenen Arbeitskräften die Saison morte der Kontrolle, d. h.

die Periode der Vegetation für die Einrichtung möglichst zahlreicher Felddüngungs- und Kulturversuche zu benützen.

Die betreffende Wissenschaft ist jetzt so weit, daß man diesen Versuchen, deren Plan unschwer festzustellen ist, einen großen, unmittelbaren Nutzen mit aller Sicherheit
voraussagen darf.

Das Land hierfür wird von den Grundbesitzern wahrscheinlich gerne unentgeltlich oder doch gegen geringe Entschädigung geliefert; sbenso dürften dieselben die grobem Arbeiten, wie Pflügen, Eggen

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und Walzen übernehmen. Für die Ausführung und Überwachung der Versuche wären, soweit das Anstaltspersonal dies nicht selbst fibernehmen kann, durch letzteres wohl instruierte Persönlichkeiten, wie landwirtschaftliche Wanderlehrer, Gärtner, absolvierte Landwirtschaftsschüler, Lehrer etc. zu gewinnen. Die notwendige« wissenschaftlichen Untersuchungen : botanische und chemische Analysen etc. besorgt das Anstaltspersonal selbst.

Ohne große Kosten für Dünger, Samen und Arbeit werden durch diese Versuchs- oder vielmehr Demonstrationsfelder die Landwirte wertvolle Aufschlüsse über das Düngerbedürfnis der betreffenden Böden, über die Wirkung verschiedener Dünger, sowie über den praktischen Wert verschiedener Kulturpflanzen und Samenmischungen erhalten, was den Anstalten schon im ersten Jahr Sympathie und Vertrauen verschaffen dürfte.

Die Anstalt in Bern wird sich neben der Leitung und Überwachung solcher Felddüngungs- und Feldkulturversuche mehr mit wissenschaftlichen Forschungen auf dem Gebiete der Land- und Milchwirtschaft befassen, die Ergebnisse derselben zuerst- im eigenen Betriebe praktisch ausprobieren, um selbe dann zuerst in einzelnen Käsereien und auf einzelnen Gütern des Landes nachprüfen und um sie schließlich -- wenn zweckmäßig -- im Lande verbreiten zu lassen, wozu das Personal in Zürich und Lausanne mitwirken wird.

Für diese Übersetzung in die Praxis zu Berg und Thal in allen Landesteilen wird die Mitwirkung der kantonalen Fachbehörden, der vorhandenen und heranzuziehender weiterer kantonaler Fachmänner und Kräfte angestrebt werden müssen.

III. Sitz der Anstalt.

Da dio Naturgesetze an keine politischen Grenzen gebunden sind, kann deren Studium und die Erforschung ihrer Beziehungen zur land- und milchwirtschaftlichen Produktion überall da betrieben werden, wo die hierfür nötigen Hülfsmittel gegeben sind. Als solche Hülfsmittel sind zu bezeichnen : entsprechende Laboratorien mit Gas- und Druckwasserversorgung, ein großes Glashaus mir, Einrichtungen für die Topfversuche, ein Versuchsstall, eine Versuchskäserei, Lokale für die Verwaltung und ein mindestens 10 ha.

großes, ebenes oder doch gleichmäßig nicht zu stark geneigtes Versuchsfeld, dessen Boden tiefgründig und gleichmäßig von mittlerer Beschaffenheit (milder Lehmboden) sein muß. Extreme Erdarten, wie stark kies-, sand- oder thonhaltige Böden eignen sich nicht für den Zweck der Anstalt. Durch Obstbau, Grundwasser oder anderes örtlich ungleich beeinflußte Felder sind für exakte

65 Versuche ebenfalls unbrauchbar. Auch die klimatischen uiad meteorologischen Verhältnisse dürfen nicht extreme sein, namentlich siud siotorische Hagelgebiete streng zu meiden.

Sämtliche Gebäude und sogar einige Wohnzimmer für Versuchsìeiter müssen auf dem Versuchsfelde selber erstellt werden. Es wird dadurch viel Kraft und Zeit erspart und viele, ja für unsere Verhältnisse wohl die wichtigsten Versuche könnten wahrscheinlich gar nicht ausgeführt werden, wenn dieser Forderung nicht entsprochen wird.

Alle diese Bedingungen erfüllt das von der Regierung des Kantons Bern dem Bunde zur Verfügung gestellte Grundstück auf dem Liebefeld nach- dem ausführlichen Gutachten der von unserem Landvvirtschaftsdepartement berufenen Experten, den Herren Direktoren Lederrey in Cernier und Moos in Sursee, und wohl auch nach dem Befund Ihrer Kommissionen in ganz vorzüglicher Weise.

Wir entnehmen diesem Gutachten folgende Stellen : ,,7. Aus diesen Eigenschaften geht hervor, daß wir es mit einem physikalisch sehr gut gearteten, namentlich leicht bearbeitbaren und doch nicht leichten Boden zu thun haben.

,,Nach unserem Dafürhalten könnte der in Rede stehende Boden für den vorschwebenden Zweck in physikalischer Hinsicht kaum bessere Beschaffenheit aufweisen, als es wirklich der Fall ist. Für ein Versuchsfeld geplanter oder verwandter Art scheint uns aber die mit ökonomisch gerechtfertigten Mitteln häußg schwer beeinflußbare physikalische Beschaffenheit des Bodens von allergrößter Bedeutung zu sein, was wir hier mit besonderem Nachdruck hervorheben möchten.

,,10. Unsern specieüen Auftrag überschreitend nahmen wir en passant auch Einsicht von den neuen Gebäulichkeiten des Hcimwesens. In erster Linie interessierten uns die Stai Jungen. Nach typisch bernischer Art sind Haus und Scheune aneinander gebaut; letztere ist mit Quereinfahrt versehen. In der Scheune sind zwei Querställe eingebaut, die für 20 Stück Rindvieh hinreichend Platz bieten und in jeder Hinsicht derart mustergültig sind, daß sie selbst in einer landwirtschaftlichen Versuchsanstalt zweckmäßige Verwendung finden können. Unter dem Einfabrtstock ist noch eine sehr entsprechende Stallung für drei Pferde eingebaut."

Es eignen sich überhaupt alle auf dem Versuchsfelde vorhandenen Gebäude und nicht zum wenigsten die außergewöhnlich groß und solid angelegten
Gülle- beziehungsweise Wasserreservoirs zu dem vorgesehenen Zwecke vortrefflich. Für größere Versuche und für solche, die auf nach allen Himmelsrichtungen geneigtem Terrain

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gemacht werden sollen, steht in der Nähe die Staatsdomäne Köniz zur Verfügung.

Es ist indes kaum zu bezweifeln, daß auch in den ändern bewerbenden Kantonen geeignete Grundstücke gefunden werden könnten. Wenn wir dessenungeachtet an unserem Vorschlag festhalten und Ihnen beantragen, auf die weitern Bewerbungen nicht einzutreten, so bestimmen uns dazu neben den in der Botschaft vom 12. März 1. J. bereits angeführten Gründen noch folgende Erwägungen : 1. Gemäß Bundesgesetz vom 23. Dezember 1893 ist das landwirtschaftliche Versuchswesen unserem Landvvirtschaftsdepartement unterstellt; die projektierte Anstalt wird deshalb eine Verwaltungsabteilung des genannten Departements bilden müssen. Wenn es sich nur um rein wissenschaftliche Untersuchungen und nur urn den Verkehr der Anstalt mit Privaten handeln würde, müßte es schon die Aufgabe des Departements empfindlich erschweren, wenn jene vom Bundessitze entfernt oder gar an der Landesgrenze, errichtet würde. Das Anstaltspersonal darf sich jedoch nicht in seine Laboratorien vergraben und sich nur mechanisch mit der Kontrolle der landwirtschaftlichen Bedarfsartikel befassen ; es soll -- wie gezeigt worden ist -- auch nach außen sich möglichst und vielseitig bethätigen, sowie mit der Praxis in steter Fühlung bleiben und mit deren Bedürfnissen vollständig vertraut sein. Dieses bedingt einen regen Verkehr sowohl mit dem Departement als mit den Kantonen.

Um unsere landwirtschaftliche Abteilung nicht mehr als nötig zu belasten und um den Verkehr der Anstalten unter sich und nach außen möglichst zu erleichtern, haben wir allerdings für letztere eine besondere Verwaltung mit einer Kanzlei in Vorschlag gebracht.

Die Verhandlungen mit den kantonalen Behörden -- die doch auch wissen sollen, was auf ihrem Gebiet und in ihren Anstalten geschieht -- die Genehmigung der Verträge der Anstalt mit Dritten, die Aufstellung der Versuchsprogramme, des Voranschlages der Einnahmen und Ausgaben, der Rechnungen, Beschwerden u. s. w.

u. s. w. werden durch den Departementsvorsteher und den Bundesrat erledigt werden müssen, indem die Anstalt nicht auf Kompetenzen Anspruch inachen darf, die unsere Abteilung Landwirtschaft nicht einmal besitzt. Der Departementsvorsteher, sowie seine Beamten müssen ohne allzugroße Schwierigkeiten persönlich und regelmäßig mit den Leitern der Anstalt
verkehren und diese letztere besichtigen können, wenn der Bundesrat die Verantwortlichkeit für den guten Gang, die Leistungen und die Kosten der ganzen Einrichtung übernehmen soll.

2. Die dem Personal zugedachte Thätigkeit und die Forderung, daß es mit der Praxis und deren vielseitigen Bedürfnissen in steter

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Vertrautheit lebe, -bedingt auch, daß es mitten in die Praxis hineingestellt werde und von seinem Sitze aus, ohne unnötige Verschwendung von Zeit, Kraft und Reisekosten sich nach allen Richtungen des Landes bewegen könne.

Dieser Forderung entspricht der Sitz bei Bern ebenfalls weitaus am besten. In diesem Kanton wird die Landwirtschaft und die Exportkäserei am intensivsten betrieben; er ist auch das Centrum der agrikolen Schweiz und des Käseexportes.

3. Die Topfversuche zur Erforschung des Düngelbedürfnisses des Bodens erfordern Zusendung bestimmter Mengen Erden von den zu prüfenden Böden. Die Prüfung und Begutachtung der Käse, nach dem Vorbilde der dänischen Butterprüfungen, sowie andere Zusendungen machen ebenfalls einen mehr oder weniger großen Prachtverkehr notwendig. Um denselben so billig wie möglich zu gestalten und zur Schonung der Objekte ist es wiederum angezeigt, der Anstalt einen möglichst centralen Sitz zu geben.

4. Würde die Wahl auf Zürich, Muri oder Landquart fallen, so hätte die Ostschweiz den Sitz der landwirtschaftlichen Hochschule, eine Samenkontrollstelle, zwei agrikulturchemische Kontrollstationen, eine Versuchsstelle für Obst- und Weinbau und dann noch eine solche für Land- und Milchwirtschaft, indes die ganze Centralschweiz leer ausginge.

Luzern ist zwar schon mehr im Centrum des Landes gelegen; aber doch am Südrande der agrikolen und milchwirtschaftlichen schweizerischen Hochebene und deshalb bei weitem nicht so günstig wie Bern oder Zürich, denn die ganze Westschweiz müßte den Kanton Bern, die Ostschweiz den Kanton Zürich durchqueren, um die Versuchsanstalt zu benutzen, während südlich im Gebiete des Hochgebirges das Bedürfnis nach der landwirtschaftlichen Versuchsund Untersuchungsthätigkeit naturgemäß stets ein verhältnismäßig geringes bleiben wird, weil die V i e h z u c h t dort die Hauptrolle spielt und die dortige Exportkäsefabrikation (Sbrinz) nicht mit so vielfachen Fabrikationsschwierigkeiten zu thun zu haben scheint wie die Thalkäsereien.

5. Das Anstaltspersonal soll nicht nur mit der Praxis, sondern auch in der Wissenschaft auf dem Laufenden bleiben. Das bedingt den Sitz der Anstalt in der Nähe eines wissenschaftlichen Ceutrums, wo wissenschaftliche Sammlungen, Einrichtungen, Apparate, Bibliotheken, Buchhandlungen, aber auch die Träger der Wissenschaft zu
finden sind. Bern mit seiner Hochschule und Tierarzneischule entspricht auch dieser Forderung. Es ist überhaupt fraglich, ob sich tüchtige Forscher und Versuchsleiter bereit finden lassen würden,

68 Stellen in abgelegenen Dörfern anzunehmen. Schon das Interesse für ihre Familien und die Erziehung ihrer Kinder dürfte hier bestimmend wirken.

Es sind folglieh nur wichtige, teilweise sogar zwingende Gründe, die für Bern als Anstaltssite sprechen. Kein Landesteil wird durch die Wahl Berns beeinträchtigt, indem die Versuchs- und Forschungsergebnisse, ja die Versuche selbst nach Möglichkeit dem ganzen Lande dienstbar gemacht werden sollen. Die materiellen Interessen des betreffenden Ortes am Institute sind sehr geringe; dasselbe ist kein Museum, das durch seine Sehenswürdigkeiten einen bedeutenden Personenverkehr herbeiführt. Im Gegenteile, je ruhiger und ungestörter gearbeitet werden kann, desto besser. Mit Ausnahme der beaufsichtigenden Behörden und einiger Fachmänner dürften schwerlich viel Besuche zu erwarten sein.

Staat und Stadt Bern bringen zu gunsten der Anstalt ein Opfer, das auf nahezu Fr. 200,000 berechnet wird. Abgesehen von den auf dem Liebefeld vorhandenen, vortrefflich geeigneten Bauten, erspart die centrale Lage dieses Sit/.es dem Bunde eine schwer zu berechnende Summe von Reisekosten, Frachtauslagen und, was noch mehr ins Gewicht fällt, eine bedeutende Summe der kostbarsten Zeit, bei wesentlich erleichterter Verwaltung.

Allen diesen Vorteilen gegenüber vermag das Anerbieten von Grundstücken, selbst wenn selbe von ebenso guter Qualität wären wie das auf dem Liebefeld, keine Rolle zu spielen.

Die landwirtschaftliche S c h u l e des P o l y t e c h n i k u m s wird dadurch, daß die land- und milchwirtschaftliche Versuchsund Untersuchungsanstalt im Kanton Bern gegründet wird, nichts verlieren, indem ihr nicht nur nichts genommen wird, was sie bisanhin besaß, sondern weil den beiden landwirtschaftlichen Kontrollanstalten ein bedeutend erweitertes Thätigkeitsfeld zugedacht ist.

Die Beziehungen, die zwischen der landwirtschaftlichen Abteilung des Polytechnikums und den beiden Untersuchungsanstalten bisher bestanden, dürfen ruhig fortbestehen, wenn letztere auch administrativ von jenem abgetrennt werden. Die Verbindung der zu errichtenden Anstalt mit dem Polytechnikum halten wir nach wie vor für unm ö g l i c h , und wir befinden uns mit dieser Überzeugung iu Übereinstimmung mit einem Gutachten der Lehrerschaft der landwirtschaftlichen Abteilung vom 16. März 1887, das sie über die
Anresun» des schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins betreffend O O die Verlegung der schweizerischen Milchversuchsstation an das eidg.

Polytechnikum zu Händen des schweizerischen Schulrates abgab.

Dort heißt es :

69 ,,Soll das zu gründende Institut -- möge man es nua als M i l c h V e r s u c h s s t a t i o n oder a l s m i l c h w i r t s c h a f t l i c h e C e n t r a l s t e l l e bezeichnen -- wirklich fähig sein, die in dem Programm des Herrn Buchi gestellten Aufgaben zu erfüllen, so muß man ihm auch die dazu erforderlichen Laboratorien und sonstige Versuchseinrichtungen zu e i g e n g e b e n . Da jene Aufgaben von nicht geringem Umfange sind, so bedürfte es auch eines umfangreichen Apparates, insbesondere der Verbindung mit einer Sennerei. Daß aber die Errichtung eines so ausgestatteten milchwirtschaftlichen Institutes in Zürich kaum empfohlen werden kann, darin stimmen wir Herrn B u c h i zu. Die Verbindung desselben mit dem Polytechnikum könnte schon in administrativer Hinsicht Bedenken erregen. Zudem würden die Kosten für Errichtung und Betrieb des Institutes sehr groß und in Z ü r i c h natürlich noch höher sein als bei Verlegung desselben an irgend einen Ort auf -dem Lande.14 Und an einer ändern Stelle des gleichen Gutachtens heißt es : ,,Gegen die Einrichtung einer großen, mit Sennerei etc. verbundenen Versuchsstation in Zürich würde auch der Umstand sprechen, daß dadurch die Zahl der Annexanstalten des Polytechnikums sich noch vermehrte. Letzteres müßte aber schon deshalb Bedenken erregen, weil die Verwaltung der genannten Lehranstalt dadurch eine immer kompliziertere wird."

Der Vorwurf, es sei in dieser Angelegenheit der schweizerische Schulrat nicht begrüßt worden, ist ein durchaus unbegründeter.

Die Anregung, die beiden Kontrollanstalten nm Polytechnikum möchten unserem Landwirtschaftsdepartement unterstellt werden, ging ursprünglich geradezu vom Schulrat aus, der dann den Abteilungschef des genannten Departements in die Aufsichtskommission jener Anstalten wählte. -- In Konferenzen, die unsere Abgeordneten mit einer Abordnung des Schulrates hatten, sowie in bei den Akten liegenden Zuschriften sprach sich letzterer einmütig für die administrative Lostrennuûg dieser Annexanstalten vom Polytechnikum aus.

Er hat sich auch nicht veranlaßt gefunden, auf die durch die Presse veröffentlichte letzte Eingabe der Lehrerkonferenz der landwirtschaftlichen Abteilung des Polytechnikums einzutreten.

Kantonale land- oder milchwirtschaftliche Versuchsanstalten giebt es nicht; es können solche durch
unser Projekt auch nicht benachteiligt werden. Es ist im Gegenteil zu hoffen, daß die Forschungs- und Versuehsthätigkeit in den Kantonen durch dasselbe geweckt und gefördert werde. Wenn nach wie vor die land -und milchwirtschaftlichen Schulen nicht als geeignete Stätten für eigentliche Versuche angesehen werden müssen, so ist es nicht ausgeBundesWatt 48. Jahrg. Bd. IV.

7

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schlössen, daß einzelne Lehrkräfte und namentlich die Lehrerschaft der Winterschulen, die das Sommerhalbjahr zum Teil frei hat, sich der Forschung und den Versuchen widmen können. Sollte für b e s o n d e r e Forschungszwecke der eine oder andere Kanton b e s o n d e r e Versuchsstätten gründen wollen, so hat der Bund gemäß dem Landwirtschaftsgesetz das Recht und gewiß auch dea Willen, nach jeder Richtung zu unterstützen.

IT. Budget der Anstalt.

Die Baukosten werden von der Direktion der eidgenössischen Bauten auf rund Fr. 500,000 veranschlagt.

Über das zukünftige Budget der Anstalt erlauben wir uns, unsere Ansicht in Folgendem darzulegen : Die E i n n a h m e n der Anstalt als ganzes, das heißt mit den Laboratorien in Zürich und Lausanne, werden, abgesehen von dem Zuschuß aus der Bundeskasse, aus dem E r t r a g des G u t s b e t r i e b e s in Bern und aus den V e r g ü t u n g e n für die K o n t r o l l e der Samen-, Dünger- und Futtermittel und aus Honoraren f ü r A n a l y s e n bestehen.

Je thätiger die Anstalt ist, desto geringer werden die Erträge des Gutsbetriebes sein, weil mehr Erzeugnisse desselben für Versuche, von denen viele unproduktiv sind, verwendet werden müssen, und weil die größere Versuchsthätigkeit auch mehr Arbeitskräfte erfordert. Immerhin soll der Ertrag des Gutes die Kosten der manuellen Arbeiten decken, so daß aus dessen Betrieb schließlich mindestens kein Kostenüberschuß erwächst.

Was die Einnahmen aus der Kontrollthätigkeit betrifft, so sind diese bedingt durch die Gebühren und Pauschalsummen, die von den Fabrikanten, Handlern und Analysen bestellenden Behörden, Vereinen, Genossenschaften und Privaten zu bezahlen sind.

Da diese Kosten meist wieder auf die konsumierende Landwirtschaft abgewälzt werden und es im Interesse der letztern liegt, daß möglichst ausgiebiger Gebrauch von der Kontrolle gemacht wird, dürfen diese Gebühren selbstverständlich keine zu hohen sein.

Die Aufsichtskommission für die Kontrollanstalten in Zürich hat nach und nach und jeweilen einstimmig Herabsetzung dieser Gebühren beantragt, und der eidgenössische Schulrat hat jedesmal diesen Anträgen zugestimmt.

Im Budget pro 1896 sind die betreffenden Einnahmen der Samenkontrollstation auf Fr. 24,000, die der agrikulturehemischen Untersuchungsstation auf Fr. 19,200 veranschlagt.

71

Aus finanziellen Rücksichten künftig eine Erhöhung eintretet!

zu lassen, wäre gegen die Interessen der Landwirtschaft. Je niedriger diese Gebühren sind, desto stärker werden die Laboratorien beansprucht und desto größer wird der Ausgabenüberschuß der Anstalten werden.

Die A u s g a b e n hangen ebenfalls von der großem oder geringern Versuchsthätigkeit ab, die die Anstalt entwickeln wird, das heißt von der Befähigung und dem Eifer der leitenden Persönlichkeiten und vom Umfang des jährlich aufzustellenden Thätigkeitsprogrammes. Auch hier haben es die Bundesbehörden in der Hand, fördernd oder beschränkend einzuwirken. Je mehr und je intensiver gearbeitet wird, desto größer ist der Verbrauch an Arbeitskräften, an Apparaten, Chemikalien, an Gas und Wasser, eventuell Elektrizität. Je mehr planmäßig gearbeitet wird, desto größer der Nutzen der Anstalt für das Land.

Aus dem Gesagten geht hervor, daß es schwer sein dürfte, jetzt schon zu bestimmen, was die Anstalt den Bund kosten wird, daß es aber möglich ist, die Kosten zu beschränken, wenn die finanzielle Lage des Bundes dies je erfordern sollte.

Preußen besitzt 34 Versuchsstationen, wovon nur die in Poppelsdorf, in Breslau, in Geisenheim und die in Proskau vom Staate gegründet und von ihm erhalten werden. Alle ändern sind Gründungen landwirtschaftlicher Vereine und erhalten staatliche Beiträge von 1500 bis 41,500 Mark. Von den eigentlichen landwirtschaftlichen Versuchsstationen hat das größte Budget die des landwirtschaftlichen Centralvereins der Provinz Sachsen in Halle mit 77,558 Mark Ausgaben und 63,055 Mark Einnahmen aus Analysen und Düngerkontrollverträgen. Die Ausgaben der Anstalten in Kiel beliefen sich im Jahr 1894 auf zusammen 64,890 Mark. Die Bremer Moorkulturversuchsstation hatte im gleichen Jahre 52,650 Mark Ausgaben, die landwirtschaftliche Versuchsstation in Münster in Westfalen 39,960 Mark.

Durch die örtliche Dreiteilung unserer Anstalt wird der Betrieb wesentlich verteuert, indem für die Kontrollthätigkeit fünf Institute mit je höher bezahlten leitenden Persönlichkeiten unterhalten werden müssen, nämlich die Samenkontrolle in Zürich und Lausanne und die chemische Kontrolle in Zürich, Bern und Lausanne, während nach dem ursprünglichen Projekt des Landwirtschaftsdepartemeuts für die einzige Kontrollanstalt in Bern nur zwei Direktoren
und zwei erste Assistenten erforderlich gewesen wären, bei ungefähr gleichen Einnahmen.

Sollen unsere Anstalten eine ersprießliche Thätigkeit entwickeln und die Gebühren mäßig gehalten werden, so glauben wir als mut-

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maßliche Ausgabenüberschüsse derselben durch den Bund in Aussicht nehmen zu sollen : 1. für die Samenkontrollstation in Zürich wie bisher Fr.

2. ,, ,, ,, ,,Lausanne. . . ,, 3. ,, ,, agrikulturchemische Station in Zürich wie bisher ,, 4. für die agrikulturchemische Station in Bern . . ,, 5. ,, ,, ,, D T » Lausanne ,, 6. ,, ,, land- und milchwirtschaftliche Versuchsstation Bern ,, zusammen

jährlich 15,300 10,000 27,000 27,000 10,000 30,000

Fr. 119,300

Da die forstliche Versuchsanstalt in Zürich pro 1896 Fr. 41,000 beansprucht, kann ein Jahreskredit für das gesamte land- und milchwirtschaftliehe Versuchs- und Untersuchungswesen von ca. Fr. 120,000 wohl nicht als übertrieben hoch angesehen werden.

"ö*-

Schluß.

Es bleibt uns noch übrig, im Anhang die Verträge mitzuteilen betreffend die Übergabe des Liebefeldes mit der darauf vorhandenen Gebäulichkeit von seiten des Kantons Bern an den Bund und betreffend die Übernahme d«r agronomischen Station des Kantons Waadt durch den Bund. Dieselben veranlassen zu keinen weitern Bemerkungen.

Auch in dieser Vorlage sind der Zweck, die Thätigkeit, die Organisation und die Hülfsmittel, welcher die in Aussicht genommene Anstalt bedarf, nicht erschöpfend behandelt worden. Ohne ganze Bände zu schreibeu ist dies auch nicht möglich.

Diese Fragen sind in mehreren veröffentlichten Gutachten, in vielen Vereinsversammlungen, in Berichten von nahezu einem Dutzend mit Stipendien des Bundes reisenden Fachmännern, in der Tagesund Fachpresse seit mehr als zehn Jahren erörtert worden. Der Vorsteher unseres Landwirtschaftsdepartements hat sie besonders einläßlich uod auch durch Besuche ausländischer ähnlicher Anstalten, sowie durch Beratung der berufensten Fachgelehrten studiert.

Das Ihnen vorliegende Ergebnis aller dieser Bemühungen hat die Billigung einer größern Anzahl der berufensten Fachmänner erhalten. Der Verband der landwirtschaftlichen Vereine der romanischen Schweiz, der romanische milchwirtschaftliche Verein, die ökonomische Gesellschaft des Kantons Bern, der Präsident des schweizerischen milchwirtschaftlichen Vereins haben, in bei den

73 Akten liegenden Schreiben, ihre Zustimmung zu unserem Projekt gegeben.

Widerspruch ist, wie eingangs erwähnt, allerdings auch erfolgt; allein derselbe betrifft hauptsächlich die Ortsfrage, die in unserem Lande bei allen eidgenössischen Projekten die Gemüter zu erhitzen vermag. Unser Vorschlag ist weder durch Sympathie noch durch Antipathie, sondern lediglich aus sachlichen, zwingenden Gründen zu erklären.

Widersprüche sind leider in den leitenden Kreisen der Landwirtschaft unseres Landes nichts seltenes, so wenig sie sich aus der Natur dieses Gewerbes erklären oder entschuldigen lassen. Unsere landwirtschaftliche Litteratur war von Anbeginn an zu einem großen Teil eine Kampflitteratur. Es darf daher nicht wundern, wenn auch in der vorwürfigen Frage die Geister aufeinanderplatzten.

Wir bitten Sie darüber wegzusehen und unserer Landwirtschaft die vorgeschlagene Anstalt zu geben. Wir sind überzeugt, daß es die vollkommenste ihrer Art sein wird, die bis jetzt besteht, daß sie ein dringendes Bedürfnis ist, um unser« Bauern im schwersten aller Berufe zu fördern, vor Schaden und Nachteil zu wahren und daß sie dem ganzen Lande zu großem Segen gereichen wird.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 29. September

1896.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Anhang: 1. Schenknngsversprechen betreffend die Grundbesitzung auf dem Liebefeld bei Bern.

2. Übereinkunft betreuend die Übernabme der landwirtschaftlichen Versuchsnnd Untersuchnngsanstalt in Lausanne.

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Beilage I.

Sch enkunds versprechen.

Der schweizerische Bundesrat hat mit Botschaft vom 12. März 1896 der Bundesversammlung einen Beschlussesentwurf vorgelegt, der in Artikel l folgende Bestimmung enthält : ,,Es wird im Kanton Bern eine schweizerische land,,und milchwirtschaftliche Versuchs- und Untersuch u ngs,,station errichtet."

Für den Fall nun, daß die Errichtung einer solchen Anstalt von den kompetenten eidgenössischen Behörden beschlossen und solche ins Leben treten wird, ist zwischen dem schweizerischen Bundesrat und dem Regierungsrat des Kantons Bern vereinbart worden folgendes

Schenkungsversprechen : 1. Der Kanton Bern verpflichtet sich, dem Bunde zum Zwecke der Errichtung einer s c h w e i z e r i s c h e n l a n d und m il c h w i r t s c h a f t l i c h e n V e r s u c h s - und U n t e r s u c h u n g s a n s t a l t in dem vom Bundesrat in seiner Botschaft vom 12. März 1896 beantragten Sinne eine ihm angehörende, durch Kaufverträge vom 24., 26. und 29. Oktober 1895 von Nikiaus Hänni, Albrecht Scherz und Johann Riesen erworbene G r u n d b e s i t z u n g a u f d e m L i e b e f e l d , Gemeinde Köniz, unentgeltlich zum Eigentum a b z u t r e t e n . Diese Besitzung enthält:

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a. Ein neu erstelltes W o h n h a u s mit S c h e u e r w e r k , aus Mauer und Holz erbaut und mit Ziegeln gedeckt, unter Nr. 60 für Fr. 35,700 gesehätzt und für Fr. 33,700 brandversichert.

b. Ein W o h n s t ö c k l e i n und O f e n h a u s mit L a u b e n , W a s c h - und B a c k o f e n , aus Stein und Rieg erbaut und mit Ziegeln gedeckt, unter Nr. 60 a für Fr. 3085 geschätzt und für Fr. 3100 gegen Brandschaden versichert.

c. E i n H o l z h a u s , aus Holz erbaut und mit Ziegeln gedeckt, unter Nr. 60 a für Fr. 500 geschätzt und brand versicher t.

d. E i n e n .Speicher, aus Holz erbaut und mit Ziegeln gedeckt, unter Nr. 60 c für Fr. 500 geschätzt und gegen Brandschaden versichert.

e. An beiliegendem E r d r e i c h , worauf die Gebäude stehen, Hausmatte und Beundacker genannt, in einem Einschlage, haltend nach dem Kataster der Gemeinde Köniz : a. als Parzelle 50, Flur C, Blatt 5 3 Hektaren 11,95 Aren, b. als Parzelle 53, Flur C, Blatt 5 5 ,, 29,35 ,, c. als Parzelle 61, Flur C, Blatt 5 3 ,, 63,70 ,, d. als Parzelle 62, Flur C, Blatt 6 l ,, · 35,65 fl Z u s a m m e n 13 Hektaren 40,65 Aren.

2. Die Parteien verpflichten sich, sobald die genannte Anstalt beschlossen sein wird, zur definitiven Verurkundung des Schenkungsaktes in amtsnotarialischer Form und überhaupt zu allen zur Perfektion desselben erforderlichen Verhandlungen mitzuwirken.

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Also übereingekommen in Bern, den 18./29. September 1896.

Im Namen des Schweiz.

Bundesrates,

Im Namen des Regierungsrates des Kantons Bern,

Der Bundespräsident:

Der Präsident:

(sig.) A. Lachenal.

(sig.) von Wattenwyl.

Der Kanzler , ,,., ,' der Eidgenossenschaft: (sig.) Ringier.

,.,,., .

Der Kanzleisubstitut (sig.) V. Giroud.

77 Beilage n.

Übereinkianft zwischen

der Eidgenossenschaft und dem Kanton Waadt betreffend die Übernahme der landwirtschaftlichen Versuchsund Untersuchungsanstalt in Lausanne durch die Eidgenossenschaft.

Die unterzeichneten Bevollmächtigten des Bundesrates einerseits und der Regierung des Kantons Waadt andererseits haben die nachstehende Übereinkunft abgeschlossen, unter Vorbehalt der Ratifikation durch die zuständigen Behörden : Artikel 1. Die Eidgenossenschaft verpflichtet sich, die landwirtschaftliche Versuchs- und Untersuchungsanstalt in Lausanne vom Kanton Waadt zu übernehmen, der sich verpflichtet, ihm dieselbe zu übergeben. Diese Anstalt umfaßt die Abteilung der Samenkontrolle und der botanischen Untersuchungen und Versuche (Samenkontroll- und Versuchsstation) und die Abteilung der agrikulturchemischen Untersuchungen und Versuche (agrikulturchemische Kontroll- und Versuchsstation). In diesen beiden Abteilungen sind die damit verbundenen Versuchsfelder inbegriffen.

Art. 2. Der Kanton Waadt verpflichtet sich, der Eidgenossenschaft die genannte Anstalt, und zwar sowohl die .beweglichen wie die unbeweglichen Bestandteile, kostenfrei zum vollen Eigentum zu übergeben in dem Zustande, in dem sich dieselbe im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesbeschlusses betreffend die Errichtung einer eidgenössischen land- und milchwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsanstalt befinden wird.

78

Art. 3. Die Eidgenossenschaft verpflichtet sich, die Anstalt, die sie übernimmt, in Gang zu halten und dieselbe, ohne daß hieraus für den Kanton Waadt Kosten erwachsen, nach Maßgabe des sich geltend machenden Bedürfnisses zu entwickeln.

Art. 4. Die vorstehende Übereinkunft erhält Gültigkeit im Zeitpunkte des Inkrafttretens des Bundesbeschlusses betreffend die Errichtung einer eidgenössischen laiid- und milchwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsanstalt.

Der Stuatsrat des Kantons Waadt, erteilt hiermit der vorstehenden Übereinkunft die Genehmigung, unter Vorbehalt der Ratifikation durch den Großen Rat.

L a u s a n n e , den 15. September

1896.

Der Präsident: (sig.) F. Virieux.

Der Kanzler : (sig.) Lecomte.

Vorstehende Übereinkunft wird hiermit ratifiziert, unter dem Vorbehalt der Genehmigung der Vorlage betreffend die Errichtung einer eidgenössischen land- und milchwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsanstalt durch die BundesTersammlung.

B e r n , den 29. September

1896.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

(sig.) A. Lachenal.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: (sig.) Ringier.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Nachtrags-Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Errichtung einer land- und milchwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsanstalt.

(Vom 29. September 1896.)

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Bundesblatt

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Jahr

1896

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

41

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

07.10.1896

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53-78

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