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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn von der Limmatstraße in Zürich III nach Höngg.

(Vom 7. Dezember 1896.)

Tit.

Nachdem uns schon mit Schreiben vom 27. Februar und 4. Juli 1896 der Regierungsrat und der Stadtrat von Zürich die entsprechenden Beschlüsse betreffend Bewilligung der Straßenbenutzung zugestellt hatten, erhielten wir am 26. Oktober 1896 das vom 23.

gleichen Monats datierte K o n z e s s i o n s g e s u c h des G e r n ei n dér a t é s H o n g g, sowie der Herren T h. B e r t s c h i n g e r in Lenzburg, J. H. K ü h n in Zürich und A. B o 1 1 e r - S chi n z in Zürich, betreffend eine elektrische S t r a ß e n b a h n von der L i m m a t s t r a ß e in Z ü r i c h III (in Abzweigung von der bereits konzedierten Straßenbahn Hauptbahnhof-Zürich-Hardturmstraße) über die W i pk i n g e r b r ü c k e nach H ö n g g .

Da der allgemeine und der technische Bericht, der Kosteuvoranschlag und die Rentabilitätsberechnung Ihnen gedruckt vorliegen, erlauben wir uns, auf jenes Imprimât zu verweisen.

Die konferentiellen Verhandlungen fanden am 27. November abbin statt und ergaben allseitige Zustimmung zu dem nachfolgenden Beschlußentwurf. Derselbe giebt uns lediglich zu der Bemerkung Anlaß, daß im dritten Alinea des Artikels 16, in Übereinstimmung mit der kantonalen Konzession, die Verpflichtung zur

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Abgabe halber Billette an Kinder aufgenommen wurde. Die Konzessionsbewerber beabsichtigen, den Betrieb der neuen Linie durch die gleiche Gesellschaft, welche die Straßenbahn HauptbahnhofHardturmstraße betreiben wird, ausführen zu lassen. Auf diesel' Strecke gelangen aber laut der bezüglichen Konzession keine Kinderbillette zur Ausgabe, weshalb die projektierte Vereinheitlichung in diesem Punkte nicht ohne Komplikationen durchführbar sein wird.

Es würde sich daher empfehlen, auch auf der neuen Linie die Abgabe von Billetten zur halben Taxe auszuschließen. Da dies aber auf den Widerstand der kantonalen Regierung stoßen würde, und da vor allem die Konzessionsbewerber ein solches Begehren nicht gestellt haben, wurde diese, von der Konzession der Straßenbahn Hauptbahnhof - Hardturmstraße abweichende Bestimmung aufgenommen.

Wir beehren uns, Ihnen die Annahme des nachstehenden Beschlußentwurfs zu empfehlen, und Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 7. Dezember 1896.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : A. Lacheiial.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

1021 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Straßenbahn von der Limmatstraße in Zürich III nach Höngg.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Gemeinde Höngg und des Herrn Th. Bertschinger in Lenzburg und Konsorten vom 23. Oktober 1896 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 7. Dezember 1896, beschließt: Der p o l i t i s c h e n G e m e i n d e H ö n g g und den Herren T h. Ber t s c h i n g e r , Baumeister in Lenzburg, J. H. K ü h n in Zürich und A. B o 11 e r - S c h i n z in Zürich, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer e l e k t r i s c h e n S t r a ß e n b a h n von der L i m m a l s t r a ß e in Z ü r i c h III über Wi pkingen nach H ö n g g unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie all« übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 50 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, orteil t.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Höngg.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

1022 Art. 5. Binnen einer Frist von 6 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert ß Monaten nach stattgefundenov Plaugenehmigung ist der Anf'a Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen einem Jahre, vom Beginn der Erdarhoiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dein Betriebe zu übergehen.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebe der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausfiihrungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und cingeleisig erstellt, mit Ausnahme der als Ausweichestellen erforderlichen doppelspurigen Strecken.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u.-s. w., sind Eigentum des Kantons Zürich und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt bloß die Beförderung von Personen und von Handgepäck bis auf 50 kg. Gewicht. Zum Viehtransport ist sie nicht verpflichtet.

102* Über die Einrichtung eines Güterdienstes entscheidet der Bundesrat.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportregloment der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

Art. 14. Der Gesellschaft ist im allgemeinen anheim gestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzusetzen.

Immerhin sind alle derartigen Projekte, welche sich auf fahrplanmäßige Züge beziehen, dem Eisenbahndepartemente vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen worden.

Das Maximum der Fahrgeschwindigkeit wird vom Bundesrate bestimmt.

Art. 15. Es wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus durch den Bundesrat genehmigt werden muß.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für Befahrung der ganzen Strecke oder eines Teiles derselben eine Taxe von 10 Rappen per Person für den ersten und 5 Rappen für jeden folgenden Kilometer zu beziehen.

T)io Gesellschaft ist zur Ausgabe von Abonnementsbilleten zu ermäßigten Taxen nach mit dem Bundesrate zu vereinbarenden Bestimmungen verpflichtet.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts zu bezahlen. Für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Jahre ist die Hälfte der normalen Taxen zu bezahlen, in der Meinung, daß im Minimum 10 Rappen bezogen und Bruchteile unter 5 Rappen auf diese aufgerundet werden können.

Handgepäck ist soweit frei, als es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann ; soweit dafür besonderer Platz in Anspruch genommen wird, ist für solches die Personentaxe zu bezahlen.

Im Falle der Einrichtung eines Güterdienstes setzt der Bundesrat die Taxen fest.

Art. 17. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 18. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens y.wei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

1024 Art. 19. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 20. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 21. In Bezug auf die Benützung der öffentlichen Straßen für die Anlage und den Betrieb gelten die vom Regierungsrate des Kantons Zürich, durch Beschluß vom 27. Februar 1896, und vom Stadtrat von Zürich, durch Beschluß vom 4. Juli 1896, aufgestellten Vorschriften, soweit dieselben nicht mit den Bestimmungen der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

Art. 22. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich desPensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte .auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds

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dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachon Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 221/2fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Erneucrungsund Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durcli diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Botrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundcsgerichtes.

Art. 23. Haben der Kanton oder die Gemeinden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Kecht, wie es im Art. 22 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton oder die Gemeinden haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 24. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt, -H»H"

BundesbJatt. 48. Jahrg. Bd. IV.

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09.12.1896

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