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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Errichtung einer land- und milchwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsanstalt.

(Vom 12. März 1896.)

Tit.

Am 17. Dezember 1887 wurde im Nationalrat eine Molion des Herrn Nationalrat H ä n i erheblich erklärt, die vom Bundesrat Bericht und Antrag über die Errichtung einer ,, S c h w e i z e r i s c h e n Milchversuchsstation" wünschte.

Die Angelegenheit wurde unserem Landwirtschaftsdepartement überwiesen, das dann im Frühjahr 1888 den Herrn Kantonschemiker Dr. Schaffer in Bern und seinen Chef der Abteilung Landwirtschaft beauftragte, milchwirtschaftliche Versuchsanstalten und ähnliche wissenschaftliche Institute in Deutschland und Holland zu besuchen und über die erwähnte Motion ein Gutachten abzugeben. Letzteres ist Ende Juli des gleichen Jahres erschienen, an Sie ausgeteilt und den Kantonsregierungen zur Vernehmlassung zugesandt worden.

Ein ferneres Gutachten : ,, Ü b e r die O r g a n i s a t i o n e i n e r schweizerischen M i l c h v e r s u c h s s t a t i o n mit Si t z 3d es I n s t i t u t e s in Z ü r i c h o d e r in Bern", das im Februar 1889 ebenfalls gedruckt erschien und zur Verteilung gelangte, holte unser Landwirtschaftsdepartement von den Herren Dr. A. K r ä m e r und Dr. E. Schul ze, Professoren an der landwirtschaftlichen Abteilung des eidgenössischen Polytechnikums, ein.

Endlich wurde noch eine größere, aus Fachmännern zusammengesetzte Kommission in Sache beraten.

278 Bei allea diesen Verhandlungen erhielten wir den Eindruck, daß weder über die Aufgaben noch über die Organisation und den Sitz einer solchen Anstalt die notwendige Einigkeit zu erzielen sei.

Deswegen und weil dem Bunde damals die gesetzliche Grundlage für die Errichtung einer derartigen, vom Polytechnikum unabhängigen Anstalt mangelte und eine Verbindung derselben mit unserer schon allzu stark belasteten technischen Hochschule aus verschiedenen Gründen nicht zweckmäßig erschien, ließen wir die Angelegenheit vorläufig auf sich beruhen.

Nicht ruhen dagegen ließen wir die wissenschaftlichen Forschungen auf dem Gebiete der Milchwirtschaft. Seit einer Reihe von Jahren wurden milchwirtschaftliche Versuche und Untersuchungen der Herren Dr. von Freudenreich, Professor Dr. Guillebeau, Professor Heß, Professor Dr. von Nencki, Dr. Schaffer -- alle in Bern -- und des Herrn Professor Zschokke in Zürich durch Vergütung der betreffenden Barauslagen unterstützt.

Diese Herren haben mit Einsicht, Fleiß und gewissenhaft gearbeitet, was die vielen lehrreichen Veröffentlichungen derselben im ,,Landwirtschaftliches Jahrbuch der Schweiz" bezeugen. Dennoch darf man sagen, daß durch ihre Forschungen die Fabrikation unseres Hauptmilchproduktes, des Fettkäses, nur wenig gefördert werden konnte.

Hierfür genügen eben ausschließlich sich auf die Milch beziehende Untersuchungen nicht; ebensowenig vermöchte eine bloße milchwirtschaftliche Versuchsstation, wie man sie ursprünglich im Auge hatte, trotz bedeutender Einrichtungs- und Betriebskosten, vielleicht während Jahren zur Förderung unseres Haupterwerbszweiges das beizutragen, was man von einer solchen Anstalt sollte verlangen dürfen.

Diese Ansicht ist durch den Hinweis auf vortrefflich wirkende ähnliche Anstalten Norddeutschlands und Dänemarks nicht zu widerlegen. Dort ist das Vieh vom Frühjahr bis zum Spätherbst Tag und Nacht auf der Weide. Fütterung und Pflege und damit ihr Einfluß auf die Milch und deren Produkte sind gegeben und können durch Einwirkung des Landwirtes nicht wesentlich geändert werden. Das Hauptgewicht wird auf die Buttergewinnung gelegt ; der Käse spielt nur eine ganz untergeordnete, als Ausfuhrgegenstand gar keine Rolle.

Bei uns ist Stallfiltterung im Sommer wie im Winter die Regel.

Futter, Aufenthaltsort (Stalleinrichlung) und Pflege siud sehr
verschiedenartig und haben einen allerdings noch wenig und ungenau erforschten Einfluß auf die Tiere, die Milch und die Milchprodukte.

Unter letztern ist der Fettkäse nicht nur die Hauptsache, sondern

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die Preise des ausgeführten Fettkäses bestimmen geradezu die Preise ·der gesamten Milchproduktion des Landes und damit indirekt die Vieh- und Güterpreise.

Einige Stunden, nachdem die Milch gewonnen, ist die Butter zum Verkauf fertig. Ihre Bereitung ist eine verhältnismäßig einfache und sichere. Günstige oder ungünstige Einflüsse auf die Qualität derselben können unschwer erkannt und meistens, wenigstens soweit sie die Fabrikation betreffen, auch beherrscht werden ; sie sind in der Regel nicht von sehr folgenschwerer Bedeutung.

Anders bei unserem Fettkäse !

Der Käser weiß oft nach einem halben Jahre noch nicht, ob er gute, mittlere oder schlechte Qualität fabriziert hat. Neben den unbekannten Einflüssen des Düngers auf das Futter und des Futters auf die Milch giebt es bei der Käsefabrikation noch eine ganze Reihe von Erscheinungen und Vorkommnissen, welche nicht selten die bewährtesten Fachmänner fast zur Verzweiflung bringen können.

Der Milchtechniker allein kann hier nicht helfen, mag er ein auch noch so tüchtiger Chemiker und Bakteriologe sein.

Es ist z. B. bekannt, welche Rolle seitens vieler Käsehändler und Käser dem Kraftfutter und dem Handelsdünger bei der Käsefabrikation zugeschrieben wird. Die Landwirtschaft ist vielerorts durch das Verbot, diese für einen rentaheln Betrieb unentbehrlichen Hülfsmittel zu verwenden, schwer geschädigt worden.

Weder in der Käserei, noch im chemischen oder bakteriolo.gischen Laboratorium allein ist es möglich, den Einfluß dieser Düngeund Futtermittel zu erforschen. Es sind hierfür mehrere und umfassende parallele Versuchsreihen so anzulegen, daß aus dem Ergebnis derselben die Wirkung jener Hülfsmittel sicher und einwandsfrei ausgeschaltet werden kann. Dabei müssen die Versuchsfelder, die Düngung, die Futtergewinnung, die Milchtiere, deren Fütterung, das Melken, die Behandlung der Milch und der Milchprodukte vom Versuchspersonal stets genau überwacht, wenn nicht selbst besorgt werden können. Ein eigener Gutsbetrieb und eine eigene Käserei, allerdings beide in möglichst kleinem Maßstab, und damit die M i t w i r k u n g des L a n d w i r t s sind zur Erfüllung dieser und einer Reihe anderer Aufgaben unabwendbares Bedürfnis.

Mit Ausnahme des Obst- und Weinbaues ist nahezu unsere ganze Landwirtschaft -- den Getreidebau nicht ausgeschlossen -- der Milchwirtschaft
dienstbar.

Unser Land besitzt eine Anstalt für das forstliche Versuchswesen, Obst- und Weinbauversuchsstationen ; aber eine eigentliche l a n d w i r t s c h a f t l i c h e Versuchsanstalt ist noch nicht vorhanden,

280 obwohl -- wie in dem eingangs erwähnten Gutachten der Herren Müller und Dr. Schaffer nachgewiesen wird -- eine Menge unserer Landwirtschaft durchaus eigener, zum Teil höchst wichtiger Fragen, nebst den besondern milchwirtschaftliehen, der Lösung dringend bedürfen. Wir erwähnen beispielsweise nur die Düngerfrage.

Der Düngerwert der Exkremente unseres Viehes wird auf mindestens 150, von Herrn Professor Dr. Krämer -- wohl richtiger -- auf mindestens 180 Millionen Franken per Jahr geschätzt, somit vier- bis fünfmal höher als der Wert unserer jährlichen Käseausfuhr.

Daß von diesem enormen Kapital durch Lagerung während weniger Monate cirka 25 °/o des wertvollsten Bestandteiles, des Stickstoffes, der im Handelsdünger mit Fr. 1. 50 per kg. und noch höher bezahlt wird, verloren geht, war längst bekannt, und es.

wurde im erwähnten Gutachten als eine Aufgabe der Versuchsstation bezeichnet, von diesen in viele Millionen sich belaufenden Verlusten der Landwirtschaft soviel wie möglich zu retten.

Dem aufmerksam beobachtenden Praktiker mußte sich aber stets die Liberzeugung aufdrängen, daß, abgesehen von diesen durch Ammoniakverdunstung entstehenden Stickstoffverlusten, noeh vieles in Bezug auf Zubereitung, Verwendung und Wirkung des natürlichen Düngers klärungsbedürftig sei, indem durch denselben selten die Erlräge erzielt werden, wie durch gleiche Mengen entsprechender Pflanzennährstoffe der Handelsdünger.

Der landwirtschaftlichen Versuchsstation in Darmstadt gelang esjüngst, wenigstens eine Seite dieser Frage aufzuhellen, indem sie mittelst der von ihr eingeführten sogenannten ,,Topfversuche"1 entdeckte, daß in den mit Stroh vermischten Viehexkretnenten, das heißt im Stallmist, Mikroben in den Boden gebracht werden, die den Salpeter, die einzige Verbindung, in welcher der Stickstoff den meisten Kulturpflanzen zugänglich ist, zerstören und dadurch die seinem Nährstoffgehalt entsprechende Düngerwirkung des Mistes um die Hälfte herabdrücken. Zur Verhinderung oder Verminderung auch dieses Schadens beizutragen, wäre allein schon eine gewiß höchst dankbare Aufgabe für eine schweizerische Versuchsanstalt!

Wenn wir von den vielen Fragen, welche die Landwirtschaft an eine schweizerische Versuchsanstalt zu stellen hätte, nur diese ausführlicher erwähnen, so geschieht es eben, um auf die überaus großen Werte
aufmerksam zu machen, um die es sich hier handelt, und um die l a n d w i r t s c h a f t l i c h e Seite der Versuchsthätigkeit neben der speci fi seh m il eh W i r t s c h a f t li eh en zu rechtfertigen.

Das Ergebnis einer Reise, die der Vorsteher unseres Landwirtschaftsdepartements nach Möckern bei Leipzig, nach Halle, Kiel

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und Kopenhagen unternahm, teils um sich aus eigener Anschauung ein Bild über die Organisation und die Wirksamkeit der dortigen land- und milchwirtschaftlichen Versuchsstationen zu verschaffen, teils um die Ansichten der sowohl in der wissenschaftlichen Welt wie in den Kreisen der ausübenden Landwirte gleich vorteilhaft bekannten Leiter dieser Anstalten über unsere Absichten kennen zu lernen, bestärkte uns in dem Entschluß, Ihnen die V e r b i n d u n g der l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n mit der speciell milchwirts c h a f t l i c h e n V e r s u c h s t h ä t ig k ei t zu empfehlen.

Einen Anfang der landwirtschaftlichen Versuchsthätigkeit bildet übrigens schon die bereits errichtete ,, T o p f k u l t u r v e r s u c h s a n s t a l t " zur Erforschung des Düngerbedürfuisses des Bodens, über die wir Ihnen in der Botschaft über die Revision des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884 betreffend die Förderung der Landwirtschaft nähere Mitteilungen gemacht haben (Bundesbl. 1892, V, 451).

Bei allen land- und milchwirtschaftlichen Forschungen und Versuchen spielt die Chemie und namentlich die chemische Analyse eine hervorragende Rolle. Die zur Düngung, Fütterung, Milchproduktenbereitung u. s. w. verwendeten Stoffe müssen auf ihre Zusammensetzung und auf ihre Eigenschaften geprüft werden. Ein größeres, gut eingerichtetes chemisch-analytisches Laboratorium muß folglich jede Versuchsanstalt haben. Dieses Laboratorium wird wohl am meisten zu der Zeit beansprucht werden, wo die Fettkäserei im Gange ist und wo die landwirtschaftlichen Versuche angelegt und kontrolliert werden müssen, nämlich während der Dauer der Vegetation vom Frühjahr bis in den Herbst. Um ein gut eingeschultes Personal ständig beschäftigen zu können, ist dann noch die Kontrolle der Dünger- und Futtermittel des Handels in Aussicht genommen worden, weil diese ihre Hauptthätigkeit gerade zu einer Zeit entfalten muß, wo die Arbeit für landwirtschaftliche Versuche naturgemäß abnimmt, nämlich vom Herbst bis zum Frühjahr.

Anfänglich hatten wir die Absicht, Ihnen zu beantragen, es sei sowohl die schweizerische agrikulturchemische Untersuchungsstation in Zürich, welche diese Kontrolle besorgt, als auch die schweizerische Samenkontrollstation mit der in Aussicht genommenen Versuchsanstalt zu vereinigen. Wir gingen dabei von der Thatsache aus,
daß bei guter Organisation eine centrale Anstalt allen Bedürfnissen des Landes genügen und im Interesse der beteiligten Landwirte sowohl als des Fiskus billiger arbeiten würde als mehrere Untersuchungsstellen. Da die Post die zu untersuchenden Warenmuster überallhin zu gleichen Bedingungen und mit genügender Schnelligkeit befördert, könnte eine centrale Anstalt allen Landesgegenden gleichmäßig dienen, zumal der persönliche Verkehr dabei nicht nur nicht nötig, sondern nicht einmal erwünscht ist, indem

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die Untersuchungsstelle völlig unparteiisch zwischen dem Landwirt einerseits und dem Dünger- und Futtermittelhändler und Fabrikanten anderseits zu walten hat und deswegen durch den persönlichen Verkehr weder selbst beeinflussen noch durch selben beeinflußt werden darf.

Dieses Projekt begegnete indes großer Gegnerschaft unter den Lehrern der landwirtschaftlichen Abteilung des Polytechnikums, die auf dem Verbleiben der beiden Untersuchungsstationen in der Nähe dieser Lehranstalt halten. Seither errichtete auch der Kanton Waadt eine agrikulturehemische Untersuchungsstation in Lausanne, die er kaum einer centralen Anstalt wird opfern wollen. Wir können um so eher auf jene Vereinigung verzichten, weil vorwiegend nur finanzielle Rücksichten für dieselbe sprechen und weil sowohl die Anstalten in Zürich, wie jene in Lausanne, wenn selbe mit der in Aussicht genommenen schweizerischen Versuchsanstalt in administrative Verbindung gebracht werden, dem Versuchswesen dadurch Dienste leisten können, daß sie, die eine iu der Ostschweiz, die andere in der Westsohweiz, die auf verschiedenen Böden und in verschiedenen Lügen anzustellenden, sowie die in die größere Praxis zu übertragenden Versuche anordnen, leiten und überwachen.

Die Samenkontrolle braucht überhaupt nicht notwendig mit «iner Versuchsanstalt verbunden zu werden, indem an letzterer die Kulturversuche · mit neuen Varietäten von Kulturpflanzen vorgenommen werden können, ohne daß die Prüfung der Samen auf Reinheit uud Keimfähigkeit am gleichen Orte stattzufinden hat.

Es wäre allerdings aus mehr als 'einem Grunde wünschenswert, daß das Kontrollpersonal selbst sich zugleich mit diesen Kulturen beschäftigen könnte.

Wir beantragen somit, vorläufig die chemische und botanische Untersuchung beziehungsweise die Kontrolle der Futter- und Düngemittel des Handels und nur eventuell auch die Samenkontrolle an der projektierten Anstalt zu betreiben.

· In den beiden eingangs erwähnten Gutachten wurde ein Hauptgewicht auf die regelmäßige Lehrthätigkeit des Anstaltspersonals zur Heranbildung von Milchtechnikern, namentlich von Käsereiinspektoren und Lehrern für milchwirtschaftliche Schulen, gelegt und eine bezügliche Organisation mit Lehr- und Studienplan vorgeschlagen.

Obwohl wir die gute Absicht dieser Vorschläge würdigen, können wir uns doch mit denselben nicht
einverstanden erklären.

Wir haben immer gesucht, an unsern niederu und höhern landwirtschaftlichen Schulen die Lehr- und die Versuchslhätigkeit auseinander zu halten, und wir haben Ihnen stets beantragt, Kredite, die für Versuche zu gunsten von bloßen Lehranstalten verlangt wurden, abzulehnen.

283 Sie haben unsern Anträgen jeweilen zugestimmt, und wir finden es um so weniger zulässig, von dem angenommenen und gegenwärtig ziemlich allgemein gebilligten Grundsätze abzugehen, da dem Vorsteher unseres Landwirtschaftsdepartements von den ausländischen Versuchsstationen überall und auf Grund gemachter Erfahrungen entschieden abgeraten wurde, Lehr- und Versuchsthätigkeit miteinander zu verbinden. Eine Seite dieser Thätigkeit müsse dabei immer leiden, meistens aber werden beide beeinträchtigt.

In der That sind die Verhältnisse an uusern höheren und mittleren landwirtschaftlichen Lehranstalten so geordnet, daß neben der lehramtlichen, erzieherischen und administrativen Thätigkeit den Lehrern weder genügend Zeit noch ausreichende Kraft für die Anordnung und Durchführung umfangreicherer Versuche oder für die wirksame Leitung einer besondern Versuchsanstalt übrig bleibt.

Die Schüler und die gewöhnlichen landwirtschaftlichen Dienstboten dürfen bei einigermaßen wichtigen Versuchen nicht beteiligt werden, weil ihre Mitwirkung die Zuverlässigkeit der Ergebnisse geradezu in Frage stellt. In den meisten Versuchsstationen geht man sogar so weit, daß nur ständige Assistenten, mit Ausschluß von Volontären, mitarbeiten dürfen.

Damit ist jedoch nicht gesagt, daß das Personal der Versuchsanstalt die Ergebnisse seiner Arbeit nicht lehrend bekannt geben dürfe. Es sind im G-egenteil hierfür schriftliche und mündliche Beratungen, Vorträge und selbst Kurse in Aussicht genommen.

Ausgeschlossen soll nur die ständige, an Lehr- oder Studienpläne gebundene Lehrthätigkeit sein, welche umfangreichere, die Mitwirkung mehrerer Forscher erfordernde und oft länger dauernde Versuche vollständig ausschließen oder deren Ergebnisse doch sehr gefährden müßte.

Es ist auch nicht gesagt, daß die Lehrer unserer landwirtschaftlichen Hochschule und die Vorsteher unserer land- und milchwirtschaftlichen Anstalten ohne Einfluß auf das land- und milchwirtschaftliche Versuehswesen sein sollen.

Die vom Bund zu schaffende Anstalt wird dankbar alle fördernden Anregungen entgegennehmen, und wir werden gerne in den leitenden und beaufsichtigenden Behörden derselben der landwirtschaftlichen Lehrerschaft eine maßgebende Vertretung verschaffen.

Auch durften die theoretisch-praktischen landwirtschaftlichen und die milchwirtschaftlichen Schulen in erster Linie berufen sein, die Versuchsergebnisse der schweizerischen Anstalt im großen zu prüfen und sie in die Praxis einzuführen.

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Wir beantragen Ihnen somit die Errichtung einer ,, S c h w e i z e r i s c h e n l a n d - u n d m i l c h w i r t s c h a f t l i eh e n V e r s u c h s und U n t e r s u c h u n g ss t a t i o n u und skizzieren in folgendem kurz deren hauptsächlichste Aufgaben, in der Meinung, daß es Sache der Behörden sei, den Zeitpunkt der Inangriffnahme der einzelnen Arbeiten festzusetzen und neue Aufgaben, deren Erforschung sich als notwendig herausgestellt hat, ins Thätigkeitsprogramm aufzunehmen.

Aufgaben.

Im allgemeinen: Untersuchungen und Versuche zur Förderung der Land- und Milchwirtschaft, mit Ausschluß des Obst- und Weinbaues, wofür schon kantonale Anstalten bestehen, der eigentlichen T i e r z u c h t , die durch eine solche Anstalt unter unseren Verhältnissen -- die Schweinezucht etwa ausgenommen -- nur mit Aufwendung unverhältnismäßig großer Mittel gefördert werden könnte, ferner mit Ausschluß der Tierpathologie und der Tiertherapie, für die wir Tierarzneischulen besitzen.

Im besondern: "1. Prüfung der Kulturböden auf ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften, hauptsächlich auf deren Düngerbedürfnis, deshalb Fortsetzung der bereits in Zürich begonnenen Topfversuche; 2. Untersuchungen und Versuche über den natürlichen Dünger (Mist und Gülle), dessen Gewinnung, Konservierung und vorteilhafteste Verwendung; damit verbunden 3. Untersuchungen und Versuche über die Zusammensetzung, den Einfluß und die Bedeutung verschiedener Streumaterialien und Einrichtungen in Bezug auf den Dünger und das Wohlbefinden der Tiere; 4. Untersuchungen über den Einfluß verschiedener Dünger auf die Vegetation, namentlich in qualitativer Beziehung; 5. Fortsetzung der Untersuchungen der Matten und Weiden der Schweiz durch die Samenkontrollstation; 6. Verfertigung von Sammlungen und Herbarien nützlicher und schädlicher Pflanzen; 7. Prüfung neuer Varietäten von Kulturpflanzen, namentlich von Kartoffeln und Getreide, Versuche, dieselben zu veredeln oder widerstandsfähiger zu machen; 8. Untersuchungen und Versuche mit neuen und mit bekannten Futter- und Streuepflanzen, einzeln, im Gemenge auf verschiedenen Böden und in verschiedenen Lagen;

285 9. Prüfung neuer oder verbesserter Kulturmethoden, Prüfung von Maschioen, Geräten und Apparaten soweit möglich (eine eigentliche Maschinenprüfungsstation soll die Anstalt nicht sein); 10. Untersuchungen über die Zusammensetzung der verschiedenen Gras- und Heusorten, über den Einfluß, den die Zeit des Schnittes, die verschiedene Behandlung beim Dörren und Aufbewahren (Braunheu, Einsäuern, Ensilage etc.) auf diese Zusammensetzung hat; 11. Pflanzenschutz ; Studien und Versuche über die Bekämpfung schädlicher klimatischer, tierischer, pflanzlicher Einflüsse, die der Mikroorganismen iubegriffen, auf die Kulturpflanzen ; 12. Ausbildung und Bekanntmachung der den jeweiligen örtlichen und zeitlichen Verhältnissen entsprechenden, möglichst zweckmäßigen Futtermischungen und Fütterungsweisen nach Alter und Nutzungszweck der Tiere; Erteilung von Rat über Aufstellung von Futternormen; 13. Untersuchung über den Einfluß verschiedenartiger, verschieden gedüngter, gewonnener und aufbewahrter Futtermittel auf die Tiere und deren Erzeugnisse, namentlich auf die Milch und die Milchprodukte; 14. Versuche über die Verwertung (Verdauung) verschiedenartiger und verschieden zubereiteter, noch nicht hierauf geprüfter Futtermittel (Alpheu, Sauerheu, Streue, einheimisches Getreide und Getreideabfälle, Kartoffeln, Obst, Obsttreber u. s. w.); 15. Prüfung verschiedener Stalleinrichtungen und Stallgeräte auf deren Zweckmäßigkeit (Ventilation, Bodenkonstruktionen, Fütterungs- und Tränkeeinrichtungen etc.) ; 16. Versuche mit der Aufzucht und der Mast von Kälbern und Schweinen mit Rücksicht auf die Futterverwertung; 17. rationelle Schweinezucht; 18. Untersuchungen und Versuche über die verschiedenen Arten der Milchgewinnung (Melkapparate, Melken in Bezug auf Modus und Zeit) ; Einfluß verschiedener Grade der Reinlichkeit beim Melken auf die Milch und die Milchprodukte; Einfluß der Abkühlung, der Erwärmung, der Elektricität etc.

auf die Milchprodukte; 19. Untersuchungs- und Forschungsarbeiten : a. über die Eiweißsubstanzen der Milch; b. über die Fettsubstanzen; c. über die Mineralsubstanzen der Milch ;

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d. über die Einflüsse einzelner Manipulationen und Temperaturen u. s. w. bei der B e r e i t u n g des Käses verschiedener Sorten auf dessen Konsistenz, Reifung und Gelingen; e. über die Einflüsse auf den Reifungsprozeß des f e r t i g e n Käses in chemischer, physikalischer und bakteriologischer Hinsicht, mit besonderer Berücksichtigung der vorkommenden Käsefehler; f. über die Rolle des Milchzuckers bei der Käse- und Butterfabrikatioa ; g. Studium aller bei der Käsefabrikation, sowie bei der Butterbereitung vorkommenden Mikroorganismen; h. über den Einfluß von Krankheiten, Medikamenten und besondern physiologischen Zuständen (Arbeit, Brunst, Trächtigkeit, Geburt etc.) auf die Milch ; i. Prüfung von Labpräparateo, Säuerungsfermenten und anderer Molkereihülfsstoffe ; k. Milch-, Butter- und Käseuntersuchungen zu Versuchs-, wie zu praktischen Zwecken ; l. Prüfung der Milchsterilisierungs- und Kondensierungsmethoden; 20. Erteilung von Rat und Auskunft an Landwirte, Käser und Käsehändler, soweit solche im Rahmen der Anstalt verlangt und gegeben werden können; 21. Kontrolle der Handelsdünger und Handelsfuttermittel in den Anstalten Bern, Zürich und Lausanne; 22. Vermittlung der Versuchs- und Untersuchungsergebnisse an die Praxis durch Veröffentlichung (Jahrbuch, Bulletin), Vorträge und Kurse.

Dieses Arbcitsjjrogramm fand die Zustimmung einer Expertenkommission, die aus nachstehenden Herren zusammengesetzt war: Herr Abt, Rektor der landwirtschaftlichen Winterschule in Brugg.

M. de Chastonay, conseiller d'Etat, à Sion.

Herr Dr. von Freudenreich, Vorsteher des bakteriologischen Instituts in Bern.

,, Dr. Grete, Vorstand der agrikultur-chemischen Kontrollstation in Zürich.

,, Gisi, Nationalrat, in Biberist.

,, Häni, National rat, in Bern.

^ Jenny, Nationalrat, in Worblaufen bei Bern.

,, Kern, Nationalrat, in Bülaeh.

M. Lederrey, directeur de l'école d'agriculture à Cernier.

287 Herr Lutz, Direktor der landwirtschaftlichen Schule Strickhof-Zürich und Sekretär des schweizerischen landwirtschaftlichen Vereins.

M. Martin, conseiller national, aux Verrières, Präsident des milchwirtschaftlichen Vereins der romanischen Schweiz.

,, Martinet, directeur de la Station laitière à Lausanne.

Herr Meyer, Nationalrat, in Liestal.

,, Moos, Direktor der landwirtschaftlichen Winterschule in Sursee.

,, Moser, Direktor der landwirtschaftlichen Schule Rutti bei Bern.

,, Dr. Müller-Thurgau, Professor, Direktor der Versuchsstation und Schule für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädensweil.

,, Dr. Schaffer, Kantonschemiker in Bern.

,, Schmid, Nationalrat, in Schüpfheim.

Dr. Schulze, Professor des eidgenössischen Polytechnikums in p Zürich.

,, Dr. Stebler, Vorstand der schweizerischen Samenkontrollstation in Zürich.

M. de Vevey, directeur de la station laitière à Fribourg.

,, Viquerat, conseiller national, à Lausanne.

Herr von Wattenwyl, Regierungsrat, in Bern.

,, Wyßmann, Direktor der Molkereischule Sornthal (St. Gallen) und Präsident des schweizerischen milchwirtschaftlichen Vereins.

Die Bewältigung dieser Aufgaben wird nach unserer Voraussicht etwa nachsiehendes Personal erfordern : 1. Eine aus 5 bis 7 Mitgliedern bestehende A u f s i c h t s k o m m i s s i o n , die vom Bundesrat ernannt wird, nach Anhörung des Direktors und der Abteilungsvorstände das Versuchsprogramm periodisch vorschlägt, dessen Aufgaben unter das Personal verteilt, für die Durchführung sorgt und dem Landwirtschaftsdepartement zu Händen des Bundesrates jährlich Bericht und Rechnung vorlegt.

Sie kann Experten zuziehen und beraten.

2. Ein V e r w a l t e r oder D i r e k t o r , praktisch erfahrener und wissenschaftlich gebildeter L a n d w i r t , der den landwirtschaftlichen Betrieb leitet, das Rechnungswesen besorgt, für die Ausführung der von der Aufsichtskommission vorgeschlagenen und von den Bundesbehörden genehmigten Versuchsprogramme sorgt, soweit selbe auf gemeinschaftlichem Zusammenwirken der verschiedenen Abteilungen beruhen. Er vertritt die Anstalt nach außen. Ihm werden unterstellt: l Sekretär-Buchhalter ; l Kanzlist-Übersetzer ; l Käser, sofern die Käserei nicht dem Chemiker unterstellt wird : die nötige Zahl von Dienstboten und Taglöhnern.

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3. Für die specifisch milchwirtschaftlichen Unters u c h u n g e n u n d F o r s c h u n g e n e i n Agrikulturchemiker oder doch ein in der organischen Chemie durchaus bewanderter und in der schweizerischen Milchwirtschaft praktisch erfahrener Chemiker mit einem Assistenten Stellvertreter, allfällig notwendigen Assistenten und einem Laboratoriumsdiener. Wenn ein im Käsen und Kässalzen erfahrener Assistent gewonnen werden könnte, wäre die Anstellung eines besondern Käsers nicht nötig und die Versuchskäserei könnte direkt dieser Abteilung statt der Verwaltung unterstellt werden.

4. F ü r die b a k t e r i o l o g i s c h e A b t e i l u n g ist ein Vorstand mit einem Assistenten und einem Laboraloriumsdiener in Aussicht genommen.

5. Die e h e m i s c h e K o n t r o l l s t a t i o n bedarf eines Vorstandes, Agrikulturchemiker und tüchtiger Analytiker, eines Assistenten-Stellvertreters, der nötigen Assistenten, eines Laboratoriumsdieners und eines Gärtners.

Diese Abteilung hätte die Kontrolle der Dünger- und Futtermittel des Handels und ' die Topfkulturversuche zu besorgen, die gewöhnlichem Analysen für die Versuchsanstalt zu inachen, eventuell sich bei ändern Versuchen zu beteiligen oder zeitweise weniger beschäftigte Assistenten an die ändern Abteilungen abzugeben.

Jede dieser vier Abteilungen wäre insofern unabhängig von den ändern, als sie besondere Aufgaben zu erfüllen hat, für deren richtige Lösung jede besonders verantwortlich ist. Eine Reihe von Aufgaben bedarf indes des Zusammenwirkens mehrerer oder sämtlicher Abteilungen, wie dies jeweilen durch die besondern Versuchsprogramme vereinbart und durch die Bundesbehörden genehmigt wird. In diesen Fällen hat der Verwalter oder Direktor, der aus dem Betriebe in der Regel die Roh- und Hülfsstoffe wird liefern und sich in vielen Fällen auch in anderer Richtung bei den Versuchen wird beteiligen müssen, für die programmgemäße Ausführung der letztem za sorgen.

Es mag auffallen, daß die Anstalt als Ganzes einem Landwirt und nicht einem gelehrten Chemiker unterstellt werden soll, wie dies in Deutschland fast bei allen Versuchsstationen der Fall ist.

Wir ließen uns dabei von der Erwägung leiten, daß der landwirtschaftliche Betrieb, der für unsere Verhältnisse unbedingt notwendig ist, musterhaft geleitet werden muß, wenn er auch keine oder doch
keine große Rente abwerfen kann, weil ein großer Teil seines Ertrages Versuchszwecken dienen muß. Ein bedeutender Teil der Aufgaben der Anstalt sind rein landwirtschaftlicher Natur. Ein musterhafter Betrieb und die Erfassung und zweckentsprechende

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Durchführung jener Aufgaben erfordern aber einen durchaus tüchtigen, selbständigen und wissenschaftlich gebildeten Landwirt, dem man die Oberaufsicht und Vertretung der Anstalt -- der n ö t i g e n Selbständigkeit der gelehrten Forscher und Abteil u n g s v o r s t ä n d e u n b e s c h a d e t -- wohl anvertrauen darf.

Ein bloßer, unter einem Chemiker oder einem Bakteriologen stehender sogenannter Meisterknecht würde niemals die Aufgaben, die dem landwirtschaftlichen, beziehungsweise milchwirtschaftlichen Betrieb gestellt werden müssen, erfüllen können.

Es ist auffallend und für die Zweckmäßigkeit dieses uns schon im Herbst 1894 gemachten Vorschlages sprechend, daß die Versuchsstation in Kopenhagen, die den allergrößten Einfluß auf die Milchwirtschaft Dänemarks ausgeübt hat und noch ausübt, ebenfalls einem Landwirt als Direktor unterstellt ist, obwohl mit derselben weder ein land- noch ein milchwirtschaftlicher Betrieb verbunden ist, ein Verhältnis, das uns erst infolge der erwähnten Reise des Vorstehers unseres Landwirtschaftsdepartements bekannt wurde, obgleich eine ganze Reihe von Berichten über Stipendieureisen von Milch tech ni kern nach jener Gegend vorliegen.

Auch der Direktor der größten deutschen Versuchsstation (Halle), obschon selbst hervorragender Agrikulturchemiker, empfahl Herrn Bundesrat Deucher dringend, an die Spitze der projektierten Anstalt einen Landwirt zu stellen.

Wenn dies bis jetzt in Deutschland nicht geschah, so liegt die Ursache darin, daß die weitaus größte Zahl der dortigen sogenannten Versuchsstationen von landwirtschaftlichen Vereinen als ,,Kontroll·stationen" gegründet wurden und zum Teil jetzt noch das Kontrollgeschäft als Hauptsache und als Gelderwerb betreiben müssen.

Gebäude und Anlagen.

Für Versuchszwecke und für den Unterhalt eines Viehbestandes von 10 bis höchstens 12 Kühen bedarf es eines nach jeder Hinsicht möglichst geeigneten A r e a l e s von 10 b i s 12 H e k t a r e n , eines S c h e u n e n b a u e s mit Ställen von entsprechender Größe und Einrichtung und einer kleinen, gut eingerichteten V e r s u c h s k ä s e r e i mit K ä s e k e l l e r und K ä s e m a g a z i n . Die Käserei sollte als unabhängiges Gebäude erstellt werden ; ob dagegen Käsekeller und Käsemagnzin im Hauptgebäude untergebracht werden können, muß noch untersucht werden. Als
unabhängiges Gebäude ist dann noch das G l a s h a u s f ü r die T o p f v e r s u c h e zu bezeichnen. Alle Übrigen Abteilungen finden im Hauptgebäude Platz, und zwar: Bnndesblatt. 48. Jahrg. Bd. 11.

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290 1. Für die a l l g e m e i n e V e r w a l t u n g .

Ein Bureau für den Direktor und ein solches für den Sekretär-Buchhalter, zusammen cirka 60 m 2 Ein Raum zum Ein- und Auspacken der ankommenden und abgehenden Waren ,, 25 ,, Ein Bibliothek- und Sammlungssaal, der zugleich als Hörsaal für Vorträge und Kurse benutzt werden kann ,, 70 ,, Eine Wohnung für den Verwalter und die Dienstboten.

2. Für die c h e m i s c h - m i i e h w i r t s c h a f t l i c h e A b t e i l u n g .

Ein Bureau, gleichzeitig Empfangszimmer für den Abteilungsvorstand cirka 30 m 2 Ein Laboratorium für denselben ,, 30 ,, Ein Laboratorium für den I. Assistenten . . . .

,, 30 ,, Ein Hauptlaboratorium ,, 50 ,, Ein Destillierraum für die Stickstoffbestimmung . .

,, 25 ,, Ein Verbrennungszimmer ,, 25 ,, Ein Dunkelzimmer für optische und mikroskopische Arbeiten ,, 25 ,, Ein Wagzimmer ,, 25 w 3. B a k t e r i o l o g i s c h e A b t e i l u n g .

Ein Bureau, zugleich Empfangszimmer für den Vorstand cirka 30 m 2 Bin Laboratorium für denselben ,, 25 ^ Bin Spül- und Sterilisierraum . . . . . . . .

,, 25 w Bin Hauptlaboratorium ,, 30 ,, Ein Wärmezimmer mit Thermostat ,, 15 ,, Ein Ein Ein Ein Ein Ein Ein

4. C h e m i s c h e U n t e r s u c h u n g s s t a t i o n .

Zimmer für den Vorstand . . . . . . . . cirka Versuchslaboratorium ^ Hauptlaboratorium ,, Destillierraum <. . . . .

,, Verbrennungszimmer ,, Mikroskopierzimmer ,, Wagzimmer ,,

30 m 2 25 ,, 50 ,, 35 ,, 25 ,, 25 ,, 25 ,,

Die Räume des Erdgeschosses wären soweit wie möglich zu unterkellern, für die Heiz- und Kraftanlage, das Brennmaterial, für das in Reserve aufzubewahrende Untersuchungsmaterial u. a. m.

Im obern Teile des Gebäudes wäre noch genügend Raum für Assistenten- und Dienstenzimmer, sowie für Magazine aller Art vorhanden.

291 Das Glashaus für die Topfversuche müßte nicht allzuweit von der chemischen Kontrollstation und die Käserei in die Nähe der chemisch-milchwirtschaftlichen Abteilungen zu liegen kommen.

Die Bauten sind zwar solid und zweckmäßig zu erstellen, können aber jedes monumentalen Schmuckes entbehren und sehr einfach gehalten werden.

Die Kosten werden von unserm Departement des Innern, Abteilung Bauwesen, auf Fr. 500,000 veranschlagt. Wir werden über die definitive Kreditforderung eine besondere Botschaft einreichen.

Sitz der Anstalt.

Für denselben kamen von Anfang an nur die zwei Städte Z ü r i c h und B e r n in Frage.

In Zürich befindet sich die einzige schweizerische landwirtschaftliche Hochschule. Wenn wir auch einer Verbindung der Lehr- mit der Versuchsthätigkeit nicht das Wort reden können, so ist doch ohne weiteres zuzugeben, daß es für beide Anstalten von Vorteil wäre, wenn die projektierte Versuchsanstalt in die Nähe der landwirtschaftliehen Abteilung des Polytechnikums verlegt werden könnte. Die Bibliotheken, Sammlungen, vielleicht auch Einrichtungen und Apparate könnten gemeinsam benutzt und die agrikultur-chemische Untersuchungs-, sowie die Samenkontrollstation ohne Nachteil der neuen Versuchsanstalt einverleibt werden. Der Verkehr des Personals würde auf beide schweizerischen Anstalten anregend und fördernd wirken.

In der Nähe des Polytechnikums war es aber bis jetzt nicht einmal möglich, zu annehmbaren Preisen geeigneten Baugrund für die bereits erwähnte Topfkulturversuchsanstalt zu finden, so daß selbe letztes Jahr nur im kleineu und provisorisch erstellt werden konnte. Der Vorstand der Samenkontrollstation, der seit Jahren mit Bundesbeiträgen aus dem Kredit des Landwirlschaftsdepartements Kulturversuche anstellt, kann hierfür in der Nähe des Polytechnikums ebenfalls nicht genügend Land finden. Er schreibt in seinem Jahresbericht vom 15. Januar laufenden Jahres: ,,Es wäre zwar wünschenswert, daß wir für jede Art Versuchsparzellen von je einer Are zur Verfügung hätten. Zur Gewinnung eines so großen Areals müßte man jedoch von der Stadt Zürich etwas weiter weg, und in diesem Falle wären an Ort und Stelle Arbeitszimmer, Gärtnerwohnung und Raum für Unterbringung der Produkte und Geräte .unvermeidlich, was eine einmalige Auslage von vielleicht Fr. 30,000 bis 40,000 zur Folge hätte."

Daraus ergiebt sich, daß es unmöglich wäre, in nützlicher Nähe des Polytechnikums, beziehungsweise des eidgenössischen

292 Chemiegebäudes, ein Grundstück von mindestens 10 ha. ausfindig zu machen, das in Bezug auf Bodenqualität, Exposition, Ebenheit u. a. m. den zu stellenden Anforderungen einigermaßen entsprechen würde, abgesehen von den Schwierigkeiten, die dem landwirtschaftlichen Betrieb, namentlich mit Rücksicht auf die Behandlung des Düngers, in einer Großstadt wie Zürich entstehen würden, und abgesehen von dem unverhältnismäßig hohen Preis, den ein derartiges Grundstück dort kosten müßte.

Kann die projektierte Anstalt nicht in unmittelbarer Nähe der landwirtschaftlichen Hochschule und der Laboratorien der genannten Untersuchungsstationen erstellt werden, so fallen die meisten Vorteile, die für eine räumliche Verbindung dieser Institute sprechen, dahin.

Betrüge die Entfernung zwischen ihnen nur einige Kilometer, so könnte von solchen Vorteilen überhaupt kaum mehr gesprochen werden.

Für B e r n als Sitz der Anstalt spricht die centrale Lage der Bundesstadt, zugleich Hauptortes des größten und agrikolen Kantons, sowie das große Interesse, das Volk und Behörden dem Unternehmen 'entgegenbringen. Die Anstalt steht in Bern unmittelbar unter der Aufsicht der Bundesbehörden und ist dort den für dieselbe sich interessierenden Mitgliedern der eidgenössischen Räte, sowie den die Bundesstadt besuchenden Landwirten und Specialisten beider Sprachen aus allen Landesteilen leicht zugänglich. Auch die Verkehrsmittel zwischen Zürich und Bern sind so günstig, daß eine Verbindung der höchsten zur Förderung der Landwirtschaft berufenen schweizerischen Anstalten mit gutem Willen leicht herzustellen ist.

Die Wahl kann um so weniger schwer fallen, da die Ostsehweiz und speciell der Kanton Zürich bereits in Wädensweil eine blühende, vom Bunde subventionierte Versuchsanstalt besitzt. In der Westschweiz, in Lausanne und Auvernier, sind ebenfalls mit Bundeshülfe Weinbauversuchsstationen entstanden. Die beiden Kontrollstationen in Zürich, sowie die chemische Untersuchungsstation in Lausanne, würden dort verbleiben, letztere wäre im Einverständnis mit den Behörden des Kantons Waadt vom Bunde zu übernehmen und alle drei, nebst der neuen Versuchs- und Untersuchungsanstalt, wurden in Aufsicht und Verwaltung dem Bundesrat, beziehungsweise seinem Landwirtschaftsdepartement, unterstellt. Durch diese Centralisation der Verwaltung ist es den
Fabrikanten und Händlern von Dünger- und Futtermitteln möglich, mit einer einzigen Stelle sogenannte Kontrollverträge abzuschließen und dadurch sich mäßigere Gebühren (sogenannte Pauschalsummen) zu sichern, was wieder dem Landwirt, auf den diese Kosten abgewälzt werden, zu gute kommt.

293 Die beantragte örtliche Décentralisation aber ermöglicht eine gleichmäßige Verteilung der Untersuchungsarbeit auf die Unteisuchungsstellen der Ost-, Central- und Westschweiz, und sichert der Anstalt sachkundige Leiter und Überwacher für die im Lande herum auf verschiedenen Böden und in verschiedenen Höhenlagen anzuordnenden Versuche und geeignete Vermittler der in die große Praxis und an alle Landwirte zu übertragenden Versuchs- und Untersuchungsergebnisse.

Der schweizerische Schulrat hat in einem bei den Akten liegenden Gutachten sein Einverständnis mit dem Plane erklärt, der die beiden Annexanstalten des Polytechnikums unter die direkte Verwaltung des Bundesrates bringen will. Ebenso lassen die Verhandlungen mit dem Regierungsrat des Kantons Waadt hoffen, daß die Übernahme der in Lausanne errichteten landwirtschaftlichen Untersuchungsanstalt dem Bunde gerne gewährt werde.

Aus den angeführten Gründen hielten wir es nicht für angezeigt, über den Sitz der Anstalt eine Art Wettbewerb zu veranlassen. Wir wandten uns einfach an den Regierungsrat von Bern mit der Anfrage, was er zu gunsten derselben, falls sie in seinem Kanton errichtet werde, zu thun gedenke.

Die Antwort erfolgte in dem Anerbieten eines 13 ha. 4155 m 2 messenden, im sogenannten Liebefeld, Gemeinde Köniz, gelegenen, mit neuen Wohn- und Ökonomiegebäuden versehenen Grundstückes, das von den hierfür von unserem Landwirtschaftsdepartement ernannten Experten, den Herren Direktoren Lederrey in Cernier und Moos in Sursee, zu den in Aussicht genommenen Zwecken als vorzüglich geeignet erklärt wird. Die Gemeinde Bern hat sich verpflichtet, dieses Grundstück unentgeltlich mit der städtischen Gasund Hoehdruckwasserleitung zu verbinden.

Da sich die darauf befindlichen Gebäude als Wohnung des Verwalters und zu Versuchszwecken sehr gut eignen, konnte das Programm für die Neubauten bedeutend eingeschränkt werden.

Indem wir Ihnen somit die Errichtung einer S c h w e i z e r i schen l a n d - u n d m i l c h w i r t s c h a f t l i c h e n V e r s u c h s und U n t e r s u c h u n g s s t a t i o n in B e r n beantragen, sind wir uns wohl bewußt, daß wir damit nicht nur erhebliche einmalige, sondern beträchtliche jährliche wiederkehrende Opfer vom Bunde verlangen. Aber wir sind auch überzeugt, daß die Landwirtschaft in dem Existenzkampf, den
sie namentlich gegenwärtig zu führen hat und der wohl der schwerste ist, den das heutige Erwerbsleben kennt, einer derartigen Anstalt dringend bedarf, und daß diese gebrachten Opfer dem Lande reichlich wieder zurückfließen werden.

294 Die geringste Errungenschaft, auf die mehr als 250,000 zählenden landwirtschaftlichen Betriebe übertragen, stellt eben gewaltige und dauernd gewonnene Werte dar.

Wir empfehlen Ihnen, den nachstehenden Entwurf eines Buudesbeschlusses anzunehmen. Die Berechtigung, für denselben die Dringlichkeit auszusprechen, ergiebt sich aus dem zweiten Alinea des Art. 4 des Bundesgesetzes betreffend die Förderung der Landwirtschaft vom 22. Dezember 1893 (A. S. n. F. XIV, 209), das dem Bunde die Errichtung landwirtschaftlicher Versuchsstationen bereits gestattet.

Genehmigen Sie, Tit., die wiederholte Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 12. März 1896.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : A. Lachenal.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

295 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Errichtung einer schweizerischen land- und milchwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsanstalt.

Die Bundesversammlung, der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 12. März 1896, beschließt: 1. Es wird im Kanton Bern eine schweizerische landun milchwirtschaftliche Versuchs- und Untersuchungsanstalt errichtet.

Diese Anstalt, die schweizerische agrikulturchemische Untersuchungsanstalt und die schweizerische Samenkontrollstation, beide in Zürich, sowie die landwirtschaftliche Untersuchungsanstalt in Lausanne werden in Bezug auf die Verwaltung dem schweizerischen Landwirtschaftsdepartement unterstellt.

2. Eine vom Bundesrat zu wählende Aufsichtskommission von fünf bis sieben Mitgliedern besorgt die Leitung dieser Anstalten und die Aufsicht über dieselben.

3. Die Organisation der Anstalten wird durch eine besondere bundesrätliche Verordnung festgesetzt.

4. Der für den Betrieb dieser Anstalten erforderliche Kredit ist jeweilen in das laufende Budget aufzunehmen.

5. Dieser Beschluß tritt sofort in Kraft. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung desselben beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Errichtung einer land- und milchwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsanstalt. (Vom 12. März 1896.)

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1896

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12

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18.03.1896

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277-295

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