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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Kündigung beziehungsweise Konversion des Staatsanleihens von 1887.

(Vom 4. Dezember 1896.)

Tit.

An Stelle des frühern 4 °/o Staatsanleihen von 1880 ist im Jahre 1887 durch Konversion ein 3 Va % Anleihen von Fr. 31,247,000 getreten; durch die vorgesehenen jährlichen Auslosungen wird dieser Betrag bis Ende 1896 auf Fr. 24.248,000 heruntergehen. Dits ganze Anleihen muß bis längstens 1915 getilgt sein. Es enthält indessen der Text des Obligationentitels folgende weitere Bestimmung: ,,Die Eidgenossenschaft behält sich das Recht vor, von Beginn des Jahres 1897 an größere als die planmäßig vorgesehenen Rückzahlungen zu leisten, resp. auch die ganze Restanz zurückzuzahlen. a Bei diesem Wortlaute kann ein Zweifel darüber nicht walten, daß der Schuldner berechtigt ist, im Laufe des Jahres 1897 den ganzen Restbetrag des Anleihens zur Rückzahlung zu kündigen.

An einer bloßen Kündigung ohne gleichzeitige Konversion hätte die Eidgenossenschaft nur dann ein Interesse, wenn es ihr konvenieren würde, -Auf ihre eigenen disponibeln Mittel zu verzichten und dieselben zur Rückzahlung des Anleihens zu verwenden. Ein solches Vorgehen könnte aber in keiner Weise vom Bundesrate empfohlen werden. Unsere für ausserordentliche Verhältnisse festgelegte Geldreserve von 10 Millionen Franken ist zu unbedeutend, als daß wir

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im Ernst daran denken könnten, unsere Bankdepots, unser Wechselportefeuille und einen größern Betrag von erstklassigen Wertpapieren zu liquidieren, um aus diesem Erlös ein Anleihen von über 20 Millionen zurückzuzahlen. Die Kündigung kann vielmehr nur in Verbindung mit einer Konversion ins Auge gefaßt werden und die Entscheidung der Frage, ob eine solche Konversion anzustreben sei, hängt in erster Linie von der Würdigung ab, ob bei dieser Operation der schuldnerische Teil mit Bestimmtheit auf eine Entlastung bezüglich des Zinsfußes und auf übrige günstige Anleihensbedingungen rechnen darf, beziehungsweise, ob eine solche Konversionsofferte einer günstigen Aufnahme seitens der Titelinhaber begegnen wird. Wir glauben, beide Fragen bejahen zu dürfen.

Gewöhnt man sich auch in unserm Lande nur schwer und langsam an eine niedrigere Verzinsung der Kapitalien, so stehen wir doch vor der unbestreitbaren Thatsache, daß der Zinsfuß im allgemeinen erheblich und anscheinend bleibend zurückgegangen ist. Nicht nur die auswärtigen Staaten konvertieren ihre Anleihen zum Zwecke der Zinsreduktion, sondern auch die schweizerischen Eisenbahngesellschaften, Bankinstitute, die Kantone und selbst Gemeindeverwaltungen machen von dem ihnen zustehenden Kündigungsrecht mit Erfolg ergiebigen Gebrauch. Auch der Verkehrswert erstklassiger Staatspapiere beweist, daß dieselben, trotz des gesunkenen Zinsfußes, gesuchte Geldanlagen sind.

Wir wollen nicht etwa die 28/4 % Englischen Consols mit einem Kurse von über 110 °/o als Beispiel anführen, weil wir wohl wissen, daß dieser außerordentlich hohe Kurs durch die Überfülle des englischen Kapitals bedingt ist. Aber zur Vergleichung dürfen wir trotz des ungünstigen Einflusses der gegenwärtigen Geldversteifung heranziehen : 3 Va % Französische Rente . . . . mit 105--106 °/o SVa °/o Deutsche Reichsanleihe . . . ,, 103--104 ,, 3V2 °/o Preußische Cousols . . . . ,, 103--104 ,, 3*/2 °/o Bayerische Eisenbahnanleihe . ,, 102--103 ,, 'òlÌ2 °/o Württembergische Staatsanleihe ,, 102--103 ,, 3% Französische Rente . . . . ,, 102--103 ,, 3 °/o diverse deutsche Titel . . . bis 99 °/o Von den eidgenössischen Anleihen notieren selbst die 3 Va °/o Obligationen von 1887, deren Kündigung vor der Thüre steht, noch 104 %, und solche von später. verfallenden Anleihen waren zeitweilig zu 106--107 °/o und
selbst höher gesucht. Die eidgenössische 3 % Eisenbahnrente hat sich von ihrem Emissionskurs von cirka 87 °/o in raschem Tempo auf über pari gehoben, sie ist von der

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periodisch eintretenden Versteifung des Geldmarktes jeweilen kaum berührt worden. Im Mai laufenden Jahres notierte dieselbe in Basel bis 104 %, auch heute und trotz des hohen Disconto ist dieselbe zu 103 °/o gesucht, in Paris selbst noch höher.

Alle diese Verhältnisse lassen darauf schließen, daß die Inhaber eidgenössischer Staatsobligationen auf die Kündigung der 3Va °/o Titel je auf den nächstmöslichen Termin vorbereitet sind und daß die für das Anleihen von 1887 vorgesehene Kündigung und Konversion unter Reduktion des Zinsfußes nicht mehr überraschen wird.

Eine fernere Betrachtung, welche die Konversion als ratsam erscheinen läßt, ist die, daß das Zinserträgnis der aus dem Staatsanleihen von 1894 erworbenen Werttitel eben durch diese überall sich vollziehenden Konversionen zurückgehen muß. Denn wenn es uns auch gelungen ist, jene 20 Millionen im Jahre 1894 unter rechtzeitiger Ausnützung günstiger Konstellationen so anzulegen, daß uns für einige Jahre eine dem Zinsfuß des Anleihens entsprechende 3 Va °/o Verzinsung gesichert war, so folgen sich nunmehr die Konversionen in so rascher Folge, daß für die -Zukunft ein Mißverhältnis zwischen Aktiv- und Passivzinsen eintreten müßte, sofern die Eidgenossenschaft nicht auch ihrerseits zur successiven Kündigung und Konversion ihrer Anleihen schreitet.

Ist diese Konversion einmal als durch die Umstände geboten erachtet, so scheint uns auch die Reduktion des Zinsfußes auf 3 %, und zwar zum Parikurse, so ziemlich gegeben als die naturgemäße Anpassung an die veränderten Verhältnisse des Geldmarktes.

Wohl könnte dabei die Frage aufgeworfen werden, ob es nicht richtiger wäre, in dem Bundesheschluß bloß die Ermächtigung für den Bundesrat aufzunehmen, das Anleihen zu kündigen und dwj Titelinhabern die Konversion anzubieten, dem Bundesrat hingegen auch bezüglich des Zinsfußes und des Emissionskurses völlig freie Hand zu lassen. Wenn wir in Art. l des vorgeschlagenen Bundesbeschlusses den Zinsfuß auf 3 °/o und den Konversiouskurs auf pari festzusetzen beantragen, so ließen wir uns hauptsächlich von Rücksichten gegenüber den dermaligen Titelinhabern und von dem Wunsche leiten, daß das Placement unserer Schuldtitel ein möglichst stabiles bleibe. Unsere Gläubiger aus dem Staatsanleihen von 1887 wissen, daß von Anfang des Jahres 1897 an die Kündigung ihrer Titel
täglich bevorsteht. Geben wir Ihnen durch unsem Buudesbeschluß die Gewißheit nicht nur dafür, daß ihnen ein Vorzugsrecht für das neue Anleihen eingeräumt wird, sondern auch dafür, daß die Konversion in 3 °/o Titel trotz des gegenwärtig Bundesblatt. 48. Jahrg. Bd. IV.

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978 höhern Kurses der 3 °/o eidgenössischen Eisenbahnrente ohne Kapitalverlust, d. h. ohne Aufzahlung eines Agio für sie bewerkstelligt wird, so werden sich diese Gläubiger eher entschließen, den Vollzug unseres Bundesbeschlusses abzuwarten und seiner Zeit vorn Rechte der Konversion Gebrauch zu machen, während dio Ungewißheit über den wesentlichsten Teil der Konversionsbedingungen vielfach Veranlassung bieten könnte, sich dieser Titel durch Verkauf zu entledigen.

Anders verhält es sich mit den Übrigen Modalitäten des Konversionsanleihens, bezüglich deren wir in Art. 2 des Bundesbeschlusses vorschlagen, daß dieselben nach bisheriger Übung und unter Berücksichtigung der thatsächlichen Verhältnisse im Momente der Veröffentlichung des Konversions-Prospektes dem Ermessen des.

Bundesrates anheimzustellen seien. Zu diesen übrigen Modalitäten rechnen wir die Bestimmung des Zeitpunktes der Rückzahlung des Anleihens von 1887, die Unaufkündbarkeit für eine gewisse Anzahl Jahre der neuen Titel und die Maximaldauer des neuen Anleihens, den Amortisationsplan, den Typus des Titels und anderes. Ebenso möchten wir die Entscheidung darüber, ob mit der Konversion gleichzeitig eine Subskription eröffnet werden soll, oder ob nach vorangegangener Konversion ein allfälliger kleinerer Restbetrag durch Abzahlung gänzlich getilgt oder durch freihändigen Verkauf zu Tageskursen ausgegeben werden soll von der Situation des Geldmarktes im Momente der Ânhandnahme der Konversion abhängig machen.

Indem wir die Ordnung aller dieser Punkte der Exekutivbehörde anheimzugeben wünschen, thun wir dies allerdings mit einem ganz bestimmten Vorbehalt. Zu wiederholten Malen hat der Bundesrat, Veranlassung genommen, auf die Wünschbarkeit und selbst Notwendigkeit einer Unifikation der eidgenössischen Anleihen aufmerksam zu machen, welche nunmehr successive in den Jahren 1897, 1901, 1903 und 1904 zur Kündigung, beziehungsweise Konversion gelangen. Wir würden es für verfrüht halten, heute schon bindende und unabänderliche Vorschriften für diesen beträchtlichen Zeitraum von über sieben Jahren aufzustellen. Aber dafür muß schon bei der Konversion des Anleihens von 1887 gesorgt werden, daß weder der Typus der Titel, noch die Bestimmung betreffend die Dauer der Unaufkündbarkeit, noch die Maximaldauer des Anleihens einer Unifikation aller
eidgenössischen Anleihen und der seinerzeitigen Aufstellung eines alle Anleihen umfassenden Amortisationsplanes hindernd entgegenstehen könnte.

Im Sinne dieser Ausführungen empfehlen wir Ihnen die Annahme des nachfolgenden Bundesbeschlusses.

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Genehmigen Sie, Tit., die erneute Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 4. Dezember 1896.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: A. Lachenal.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

980 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

die Kündigung, beziehungsweise Konversion des Staatsanleihens von 1887.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 4. Dezember 1896, beschließt: Art. 1. Der anleihen von 1887 AU kündigen und 3 % Anleihen al

Bundesrat wird ermächtigt, das Staatsin seinem Restbetrage von Fr. 24,248,000 den Titelinhabern die Konversion in ein pari anzubieten.

Art. 2. Der Bundesrat wird die übrigen Modalitäten des Anleihens festsetzen, sowie die nötigen Verfügungen betreffend Begebung der nicht konvertierten Titel treffen.

Art. 3. Dieser Beschluß tritt, weil nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Kündigung beziehungsweise Konversion des Staatsanleihens von 1887. (Vom 4. Dezember 1896.)

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