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Botschaft des

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Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Graubünden für die Verbauung des Schraubaches in der Gemeinde Schiers (Vom 26. Februar 1963)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Am 25. September 1957 beantwortete der Chef des Eidgenössischen Departements des Innern ausführlich eine Interpellation von Herrn Nationalrat -Philipp Schmid über die besorgniserregende Lage im Schraubachtal. Er orientierte über die zur Sicherung des Gebietes bereits getroffenen Massnahmen und gab einen Überblick über die weiteren Anstrengungen, die zu unternehmen seien, um eine möglichst umfassende und dauernde Sanierung herbeizuführen.

Dabei konnte er insbesondere auch mitteilen, dass der Kanton Graubünden bereit sei, im Einvernehmen mit den technischen Organen des Bundes ein entsprechendes Projekt auszuarbeiten. Das kantonale Bau- und Forstdepartement hat nun mit Schreiben vom 16. März 1962 dem Eidgenössischen Departement des Innern ein Verbauungsprojekt vorgelegt. Der Kanton ersucht um Genehmigung des Projektes und um Zusicherung eines Bundesbeitrages an die auf 8 800 000 Franken veranschlagten Arbeiten.

Wir beehren uns, Ihnen nachfolgend Bericht und Antrag über die Projektvorlage zu unterbreiten.

I. Allgemeines Der Schraubach ist ein bedeutender rechtsseitiger Zufluss der Landquart mit einem Einzugsgebiet von rund 64 km2. Sein Quellgebiet liegt in der Hauptsache im Rhätikongebirge, das die Grenze zwischen Graubünden und Vorarlberg bildet. Hauptquellbäche sind der Gross- oder Drusenbach und der Weiss-

290 bach, welche sich bei der sogenannten Grossen Scheere vereinigen, sowie der weiter flussabwärts liegende Salginabach. Der Schraubach gilt wegen der besonderen geologischen Verhältnisse dieses Gebietes als einer der gefährlichsten Wildbäche des Prättigaus. Die geologische Unterlage des Gebietes besteht aus mergelig-kalkigen Bändner Schiefern, auch Prättigauer Schiefer genannt.

Diesen sind im nördlichen und östlichen Teil Tonschiefer überlagert, die die Vorberge des Ehätikons bilden. Der Hauptbach wie auch die Seitenbäche sind meistens stark eingeschnitten, und längs des Plusslaufes zeigen sich starke Erosionstendenzen. Oft verlaufen die Bäche im Moränen- oder Gehängeschutt; besonders in diesen Eegionen sind ausgedehnte Rufen, starke Abwitterungen und Absackungen vorhanden.

Als bedeutendstes Rutschgebiet ist dasjenige bei Schuders, am Nordhang des Schraubachtobels unmittelbar westlich des genannten Weilers, zufolge seiner Ausdehnung und Aktivität besonders bekannt geworden. Dieses Rutschgebiet hat sich in den letzten Jahren immer weiter gegen das Salginatobel ausgedehnt. Die in Bewegung geratene Zone hat eine Gesamtbreite von rund 700 m; bergwärts reicht sie bis zu einem scharf abgegrenzten, auf etwa 1400 m Höhe liegenden Anriss; talwärts dehnt sie sich bis zur Sohle des Schraubachtobels, d. h. bis etwa auf 800 m Höhe aus.

Vom Einzugsgebiet des Schraubaches entfallen rund dreiviertel auf die Gemeinde Schiers. 27 km2 sind Kulturboden und Weiden, 20 km2 Wald, 17 km2 unproduktiver Boden, davon 4 km2 Rufen und Rutschungen.

Durch die erstmals 1902 festgestellte und seither andauernde Erdbewegung wurden nicht nur grosse Wald- und Kulturlandflächen verwüstet, sondern auch Wohnhäuser unbewohnbar gemacht sowie Ställe und Heustadel zerstört. Die · im Jahre 1931 erstellte Fahrstrasse, welche Schuders und die dahinter liegenden grossen Alpgebiete mit dem Tal verbindet, ist seit Jahren trotz kostspieligen Verlegungen im Gebiet der Rutschzone für Fahrzeuge nur schwer benutzbar.

Die ersten Anzeichen von Terrainabbrüchen bei Schuders dürften etwa hundert Jahre zurückliegen. Einen kurzen Hinweis darauf finden wir in der im Jahre 1890 von der Regierung des Kantons Graubünden dem schweizerischen Bundesrat eingereichten Eingabe betreffend die Nollaverbauung ; offenbar mass man aber diesen Rutscherscheinungen
im Schraubachtobel damals keine allzugrosse Bedeutung bei.

Vom Jahre 1910 an setzten infolge der seit langer Zeit den Hangfuss angreifenden erosiven Tätigkeit des Schraubaches im Berghang westlich oberhalb Schuders Absackungen grösseren Umfanges ein. Diese zeigten bis zum Jahre 1935 einen gleichmässigen Charakter, und die Bewegung blieb auf eine bestimmte Fläche beschränkt. Ini Frühjahr 1935 begann sich die Bewegung zu beschleunigen, und die Rutschung dehnte sich westwärts auf weitere Gebiete des Berghanges aus. An der neuen Strasse Schiers-Schuders waren in den ersten Jahren ihres Bestehens keinerlei Veränderungen festzustellen. Im Jahre 1985 jedoch wurden Setzungen und Risse im Mauerwerk der Strassenanlage sichtbar, östlich der Kehrengruppe der Strasse in der Cresta bildete sich eine neue Rutschung,

291 der in der sogenannten Bilddohle eine Waldfläche von rund 5 ha alten Fichtenbestandes zum Opfer fiel. Die Absackung des Geländes machte seit 1935 raschere Fortschritte, wie sich unterhalb und ganz besonders oberhalb der Strasse feststellen liess. Im Jahre 1940 rutschte die Strasse auf einer kurzen Strecke vor Schuders ab und musste verlegt werden. Seither ist aber die Zerstörung stets weiter fortgeschritten, so dass der Kanton jährlich grosse Summen für die Instandhaltung dieser Verbindung aufwenden musste.

Die Eutschbewegungen bedeuten auch eine gewisse latente Gefahr für die Unterlieger, da sie Stauungen und Hochwasserausbrüche verursachen könnten.

Das kantonale Bauamt nahm in den Jahren 1945 und 1951 in der Eutschzone Messungen vor, und seit 1956 führt das kantonale Meliorations-und Vermessungsamt periodisch geodätische Verschiebungsmessungen durch.

II. Bisherige Verbauungen Die ersten Verbauungsarbeiten am Schraubach wurden in den Jahren 1896, 1910 und 1926 mit Bundeshilfe durchgeführt. Sie bezweckten vor allem die Eindämmung des Baches im unteren Teil, zwischen dem Kohlplatz (Schiers) und der Einmündung in die Landquart. Diese Arbeiten kosteten insgesamt rund 300 000 Franken, wovon der Bund etwa die Hälfte leistete.

Im Zusammenhang mit der Prüfung der flussbaulichen Verhältnisse des sanktgallischen Eheins und der Wildbachverbauungen im bündnerischen Eheingebiet wurde im Jahre 1931 eine Expertenkommission damit beauftragt, ein umfassendes Projekt für die Verbauung des Schraubaches auszuarbeiten, welches zeigen sollte, wie die grosse Geschiebeführung dieses Baches am zweckmässigsten vermindert werden könnte. Das Projekt wurde 1934 fertiggestellt und sah im wesentlichen mehrere Sperrengruppen im Hauptbach, die Verbauung einer Anzahl Seitenbäche und Eunsen sowie die Entwässerung des Hanges von Schuders vor. Der Kostenvoranschlag belief sich auf 9 350 000 Franken.

Auf Grund dieses Projektes und eines geologischen Berichtes von Dr. M. Blumen thaï hat der Kanton Graubünden im Jahre 1940 ein erstes Teilprojekt ausgearbeitet, das die Sanierung des Schraubachtobels zwischen Fadiel und der Einmündung in die Landquart einleiten sollte.

Im September 1943 genehmigte die Bundesversammlung eine Gesamtvorlage für die Verbauung des Schraubaches und der Nolla sowie für die Entwässerung des linken
Talhanges des Glenners und sicherte die nötigen Beiträge zu. Für den Schraubach waren Arbeiten im Betrage von 1,45 Millionen Franken vorgesehen. Dafür wurde dem Kanton ein ordentlicher Bundesbeitrag von 87% Prozent und ein ausserordentlicher von 42% Prozent zugesprochen. Das Projekt umfasste eine Sperrengruppe bei Fadiel, eine Sperre und eine Vorsperre bei Schiers, eine Lehnenmauer bei der Bilddohle, Entwässerungen in der alten.

Eutschung bei Schuders, Ergänzungsarbeiten in der Kanalstrecke bei Schiers und weitere kleinere Arbeiten.

292 Gestützt auf den vorgenannten Bundesbeschluss wurden bis 1952 folgende Arbeiten ausgeführt: drei Sperren der Gruppe Fadiel, die Lehnenmauer in der Bilddohle, die Entwässerung der alten Eutschung in Schuders, verschiedene Ergänzungsarbeiten in der Kanalstrecke.

Die regenreichen Jahre 1954-1956 mit ihren verschiedenen Hochwassefn brachten eine weitere Ausdehnung der Eutschbewegungen zum Salginatobel hin, wobei die Schuderser Strasse zerstört wurde. Es wurden deshalb neue hydrologische und geologische Untersuchungen sowie Eutschungsmessungen durchgeführt. In den Schlussfolgerungen eines geologischen Gutachtens, das Prof. Dr. Staub 1957 erstattete, hiess es unter anderem: - Ein gesamthafter Niederbruch der in Bewegung befindlichen Massen, d. h.

ein eigentlicher Bergsturz grösseren Ausmasses, ist nicht wahrscheinlich.

- Vorkehren sind trotzdem für einen solchen Katastrophenfall zu treffen.

- Zur Verhütung von Murgängen bis ins Prättigau sind grossdimensionierte Sperren anzulegen.

- Zur Verhinderung einer Keaktivierung der alten Eutschung im Gebiet von Schuders sollen im noch ruhigen Gebiet sorgfältige Oberflächenentwässerungen mit geringster Bodenverletzung durchgeführt werden.

Auf Grund dieser Empfehlungen wurde die im Projekt 1943 bereits vorgesehene Sperre Nr. 2 bei Kohlplatz, unmittelbar hinter Schiers, bedeutend erhöht und verstärkt, um einen Eeserveraum von rund 1,5 Millionen Kubikmeter für die Geschiebeablagerung zu schaffen. Ausser verschiedenen Wiederinstandstellungsarbeiten an den Sperren von Padiel und an der Vorsperre von Schiers sowie am Kanal wurde seither auch die Entwässerung der Hangmulde von Pusserein ausgeführt. Hiebei handelte es sich urn eine Arbeit, die in der Vorlage 1943 nicht vorgesehen war, aber ohne Verzug in Angriff genommen werden musste, weil die Bewegung des Hanges, auf welchem dieser Weiler steht, in den letzten Jahren zugenommen hatte.

Nach Ausführung all dieser Sicherungsmassnahmen ist der mit Bundesbeschluss von 1943 bewilligte Kredit von 1,45 Millionen Eranken aufgebraucht.

m. Projekt 1962 Die Bewegung der Schuderser Sackung hat sich in den letzten Jahren wesentlich verlangsamt. In der näheren Umgebung des- eigentlichen Dorfgebietes von Schuders konnten keine weiteren Verschiebungen nachgewiesen werden. Dies lässt sich kaum allein mit der relativen
Niederschlagsarmut dieser Jahre erklären. Es entspricht der Voraussage der geologischen Experten. Daher hat 'sich heute auch die Furcht vor einem katastrophalen Murgang begründeterweise beruhigt. Dagegen- fliesst der untere Teil der Eutschung als langsamer Schuttstrom kontinuierlich weiter ab, was nach wie vor für die Weiler Schuders und Pusserein eine Gefahr bildet. Diese Bewegung hat ihre wesentliche Ursache wohl darin, dass der Hangfuss dauernd angegriffen wird.

298 Es geht demnach heute nicht mehr darum, den Schraubach als Geschiebelieferanten des Bheins zu verbauen, sondern die drei Dauersiedlungen Schuders, Pusserein und Schiers samt ihren Zufahrtswegen zu schützen. Die im Schraubach bereits ausgeführten Bauwerke erfüllen nur Teilaufgaben; die Erfahrungen haben gezeigt, dass die getroffenen Massnahmen noch in mehrfacher Hinsicht ergänzt werden müssen. Hauptgrundlage der Verbauung des gesamten Schraubachgebietes bleibt das generelle Projekt von 1934. Die Kosten dieses Gesamtprojektes wurden damals auf rund 9,35 Millionen Franken veranschlagt. Unter Berücksichtigung der neuen Verhältnisse im Verbauungsgebiet und auf heutige Preisbasis umgerechnet, würden sich die Auslagen für eine integrale Verbauung viel höher stellen. Aus technischen Gründen und aus finanziellen Erwägungen ist es nicht notwendig und nicht einmal rationell, das Gesamtprojekt auf einmal zu verwirklichen. In den nächsten 10 bis 20 Jahren sollen vielmehr nur die dringlichen Arbeiten ausgeführt und damit zugleich die Voraussetzungen für später allfällig notwendige Arbeiten geschaffen werden.

Weil eine gänzliche Entwässerung der Rutschhalde praktisch nicht möglich ist, besteht die erste Aufgabe darin, im Bereich des Hangrutsches die Bachsohle durch Geschieberückhalt-Sperren zu heben. Infolge der dadurch eintretenden Verringerung des Gefälles und der Verbreiterung des Bachbettes erhalten die Ufer einen wirksamen Schutz vor der Erosionswirkung des Wassers. Die Sohlenhebung wird aber auch zur Wiederherstellung des Gleichgewichtes des Hanges beitragen. Um dies zu erreichen, sieht das Projekt folgende Arbeiten vor: - Entwässerung des Geländes bei Schuders und der noch stabilen Hangteile neben und oberhalb dieses Weilers, um der Erweiterung des Rutsches entgegenzuwirken.

- Sperrerigruppe im Gebiete der Schuderser Sackung von Fadiel bis Pleisrüfe, in drei Stufen: bei Fadiel als unterste Stufe drei Betonsperren von je 5 m ÜberfaUhöhe, welche die bereits gebauten Schwellen ergänzen; eine Sperre bei Kircherstauden als mittlere und eine besonders hohe Sperre bei Pleisrüfe als oberste Stufe. Bei den zwei letzteren Stufen würde der Bach nicht über die Sperre abfliessen, sondern seitlich in Durchstiche verlegt, die linksufrig in die dortigen Felsrippen eingeschnitten werden.

- Sperrengruppe Pusserein:
Als Ergänzung der ausgeführten Entwässerungsarbeiten in der Sackungsmulde von Pusserein bezweckt sie die Hebung der Bachsohle in zwei Stufen. Die untere Stufe besteht aus zwei Betonsperren mit Versperre, die das Bachbett um rund 9 m heben, die zweite aus einer Bogensperre in Beton, welche die Sohle noch um rund 7 m erhöht.

- Sperrengruppe Kohlplatz bei Schiers : Sie hat der Sohlenvertiefung entgegenzuwirken, die hier infolge der Geschieberetention durch die hinteren Sperrengruppen eintreten würde. Sie besteht aus drei Betonsperren und einem Längsdamm; dieser soll das Ausbrechen des Hochwassers gegen das Dorf Schiers verhindern.

294 - Ergänzungs- und Instandstellungsarbeiten im Kanal vom Kohlplatz bis zur Einmüdung in die Landquart.

- Weitere auf der ganzen Verbauungsstrecke notwendige Schutzmassnahmen, über die im einzelnen erst im Laufe der Jahre entschieden werden kann. Hiezu gehört auch die Aufforstung offener Anbruchflächen mit geeigneten Holzarten wie Weiden und Erlen, die eine wertvolle Ergänzung der Verbauungsarbeiten bildet.

Weil die hohen Querwerke die Holzabfuhr im Winter verunmöglichen würden, sieht das Projekt bei den Sperren von Pusserein und Schiers Umfahrungsrampen vor. Diese Rampen erleichtern aber auch den Bau sowie später den Unterhalt der Verbauungswerke.

Näheres ist der Projekt vorläge und dem Kostenvoranschlag zu entnehmen.

Der Kostenvoranschlag wurde auf Grund der Vorausmasse der projektierten Bauten ermittelt, und zwar gemäss den Einheitspreisen vom Februar 1962. Die Baukosten setzen sich wie folgt zusammen : Franken Entwässerung Schuders 312 000 Sperrengruppe Fadiel-Kircherstauden-Pleisrüfe 8 034 000 Sperrengruppe Pusserein l 829 000 Sperrengruppe bei Schiers 732 000 Arbeiten im Gerinne bei Schiers 179 000 Mutmassliche Kosten für Ergänzungsarbeiten und forstliche Massnahmen 1414000 Voranschlag auf Preisbasis Februar 1962 7 500 000 Teuerung der Bauar'beiten vom Februar 1962 bis anfangs 1963 etwa 10 Prozent oder rund 800 000 8 300 000

In diesem Betrag sind die Aufwendungen für die Projektierung, die Bauleitung und Unvorhergesehenes inbegriffen. Es muss mit einer Bauzeit von einem bis zwei Jahrzehnten gerechnet werden.

IV. Beitrag des Bundes Das Projekt ist vom Bauamt des Kantons Graubünden in Fühlungnahme mit dem Eidgenössischen Amt für Strassen- und Flussbau ausgearbeitet worden.

Letzteres geht mit der allgemeinen Anordnung der Bauten einig, jedoch unter dem Vorbehalt, dass das Projekt laufend den während des Baues gemachten Erfahrungen angepasst wird. Dies gilt in ganz besonderem Masse für die projektierten Bauwerke bei Fadiel-Pleisrüfe.

Wie schon erwähnt, sind auf Grund der Subventionsbeschlüsse der Jahre 1896, 1916 und 1926 für die Korrektion des Schraubaches auf dem Schuttkegel rund 300 000 Franken aufgewendet worden. Von 1943 bis heute wurden auf Grund des Bundesbeschlusses vom 17. Dezember 1943 Arbeiten im Betrage von

295 1,45 Millionen Franken ausgeführt. Daran leistete der Bund einen ordentlichen Beitrag von 87% Prozent und einen ausserordentlichen von 42% Prozent, insgesamt also 80 Prozent. Der Kanton übernahm seinerseits 15 Prozent der Kosten.

Somit hatte die Gemeinde noch 5 Prozent zu tragen.

Die jetzige Vorlage unterscheidet sich von den bisherigen durch die Grosse der Bauvorhaben, die gemäss Kostenvoranschlag Aufwendungen im Betrage von 8,3 Millionen Franken erfordern. Die projektierten Arbeiten dienen dem Ziel, die Lebensgrundlagen der in Schiers, Schuders und Pusserein ansässigen Bevölkerung zu erhalten und so das Gebiet der zwei letzteren Dörfer vor der endgültigen Entvölkerung zu bewahren. Das Werk bildet auch die Voraussetzung für eine allfällige spätere Sanierung des Schraubachoberlaufes mit seinen Seitenbächen. Das Schraubachgebiet wird im Vergleich zu andern Bündner Berggegenden besonders intensiv genutzt ; es umfasst rund zwei Drittel des gesamten land- und forstwirtschaftlichen Areals der Gemeinde Schiers. Fast alle landwirtschaftlichen Betriebe haben hier Grundstücke in tiefer, mittlerer und hoher Lage als unentbehrliche Produktionsgrundlage: überdies sind sie auf die gemeinsame Alpung des Viehs in den Sommermonaten - als zusätzliche Futterbasis - angewiesen. Nur durch eine umfassende Sanierung wird der bereits in Gang befindlichen Abwanderung Einhalt geboten werden können. Anderseits aber stellt diese sich über Jahrzehnte erstreckende Gesamtsanierung des Schraubachgebietes für die Gemeinde Schiers eine fast unerträgliche Last dar. Ohne ausserordentliche Hilfe von Seiten des Kantons und des Bundes wäre das Werk undurchführbar.

Die Gemeinde Schiers wies Ende 1960 eine Bevölkerung von 2363 Seelen auf.

Die Finauzkraft kann etwa durch die nachstehend vergleichsweise aufgeführten Wehrsteuererträge der IX. Periode (1957/58) charakterisiert werden: Franken

Schiers Mittel Graubünden Mittel Schweiz

14,65 pro Kopf 40,12 pro Kopf 80,79 pro Kopf

Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Einwohner von Schiers muss als sehr bescheiden bezeichnet werden. Teilt man die Kosten von 8,8 Millionen Franken durch die Einwohnerzahl, so kommt man zu einem Aufwand von beinahe 3600 Franken pro Kopf der Bevölkerung. Jedermann kann daraus errechnen, welch gewaltige Bauwerke einer solchen Kopfbelastung in grösseren städtischen Gemeinden entsprechen würden. Darüber hinaus muss die Gemeinde noch die Kapitalbeschaffungskosten und die Zinsen bis zur Auszahlung der Subventionsraten tragen.

Das Bau- und Forstdepartement des Kantons Graubünden stellte in seiner Eingabe vom 16. März 1962 das Gesuch, die Eidgenossenschaft möge wiederum, wie im Jahre 1943, einen Bundesbeitrag von total 80 Prozent gewähren. In Anbetracht der Grosse der Aufgabe sowie der finanziellen Lage des Kantons und der Gemeinde erscheint eine Bundeshilfe in dieser Höhe gerechtfertigt.

296 Wir beantragen Ihnen daher, auf Grund des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1877 betreffend die Wasserbaupolizei einen ordentlichen Bundesbeitrag von 50 Prozent und, gestützt auf Artikel 23 und 42ter der Bundesverfassung, einen zusätzlichen Beitrag von 30 Prozent zu bewilligen. Damit ergibt sich ein Bundesbeitrag in der Höhe von insgesamt 80 Prozent, wie er auch für die Vorlage des Jahres 1943 .gewährt worden ist. Von den verbleibenden 20 Prozent wird der Kanton voraussichtlich wiederum drei Viertel übernehmen, so dass die Gemeinde 5 Prozent der Gesamtkosten zu tragen haben wird. · Die Ausführung der vorgesehenen Arbeiten erstreckt sich, wie gesagt, auf einen Zeitraum von einem bis zwei Jahrzehnten. Es ist daher nicht nur mit einer eventuellen Erhöhung des Baukostenindexes zu rechnen, sondern auch mit Naturereignissen wie Hochwassern und anderen urlvorhersehbaren Erschwernissen ; ferner können sich Ergänzungsarbeiten als nötig erweisen. Im Hinblick auf allfällige durch solche Umstände verursachte Mehraufwendungen erscheint es zweckmässig, dass der Bundesrat ermächtigt wird, auch für derartige Mehrkosten den ordentlichen und den ausserordentlichen Bundesbeitrag zu gewähren (Artikel 2 des Beschlussesentwurfes).

Angesichts der Bedeutung dieses Korrektionswerkes sowie der hohen Beiträge des Bundes müssen dem Eidgenössischen Amt für Strassen- und Flussbau vor der Inangriffnahme der Arbeiten die Vorschläge für die Einteilung der Bauetappen, die Preisangebote mit Vergebungsantrag und die entsprechenden Unterlagen zur Genehmigung eingereicht werden.

Gestützt auf diese Ausführungen beehren wir uns, Ihnen die Annahme des beiliegenden Beschlussesentwurfes zu empfehlen.

Die Verfassungssmässigkeit der Vorlage ist durch Artikel 23 und 42ter der Bundesverfassung gegeben.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 26.Februar 1963.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Spühler Der Bundeskanzler: Ch. Oser

297 (Entwurf)

Bimdesbeschluss über

die Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton Graubünden für die Verbauung des Schraubaches in der Gemeinde Schiers

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Artikel 23 und 42ter der Bundesverfassung .

° sowie auf das Bundesgesetz vom 22. Juni 1877 betreffend die Wasserbaupolizei, nach Einsicht in die Eingabe des Bau- und Forstdepartementes des Kantons Graubündens vom 16. März 1962 sowie in eine Botschaft des Bundesrates vom 26. Februar 1968, beschliesst :

Art. l Dem Kanton Graubünden wird für die Verbauung des Schraubaches in der Gemeinde Schiers ein ordentlicher Beitrag von 50 Prozent der wirklichen Kosten bis zum Maximum von 4 150 000 Franken, das heisst 50 Prozent des genehmigten Kostenvoranschlages von 8 300 000 Franken, zugesichert.

Überdies wird dem Kanton Graubünden ein ausserordentlicher Zusatzbeitrag von 30 Prozent der wirklichen Kosten bis zum Maximum von 2 490 000 Franken gewährt.

Art. 2 Der Bundesrat ist ermächtigt, den ordentlichen und den ausserordentlichen Bundesbeitrag von insgesamt 80 Prozent auch an Kostenüberschreitungen zu gewähren, die durch eine Steigerung der Baupreise seit l. Februar 1963 oder durch bewilligte Ergänzungen der Korrektionsarbeiten verursacht werden. Über die Bewilligung solcher Ergänzungen entscheidet der Bundesrat, unter Vorbehalt der entsprechenden Kreditgewährung im Voranschlag der Eidgenossenschaft.

Bundesblatt. 115. Jahrg. Bd. H.

23

298

Art. 3 Die Auszahlung des ordentlichen Beitrages erfolgt nach Massgabe der dem Bundesrat zur Verfügung stehenden Mittel, im Verhältnis des Fortschreitens der Bauarbeiten gemäss den vom Baudepartement des Kantons Graubünden eingereichten und vom Eidgenössischen Amt für Strassen -und Flussbau geprüften Kostenausweisen.

Der zusätzliche Beitrag wird im Verhältnis zum ordentlichen ausgerichtet.

Art. 4 Dem Eidgenössischen Amt für Strassen- und Flussbau sind vor der Inangriffnahme der Arbeitern die Vorschläge für die einzelnen Bauetappen, die Preisangebote mit Vergebungsantrag sowie die entsprechenden Unterlagen zur Genehmigung einzureichen. Ohne Bewilligung ausgeführte Arbeiten können von der Subventionierung ausgeschlossen werden.

Art. 5 Die Ausführung der Arbeiten wird vom Eidgenössischen Amt für Strassenund Flussbau überwacht. Fertiggestellte Teilarbeiten sind abzurechnen. Spätere Ausgaben für solche Bauten gehen zu Lasten des Unterhaltes.

Art. 6 Der Unterhalt der subventionierten Bauten ist gemäss dem eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetz vom Kanton Graubünden zu besorgen und vom Eidgenössischen Amt für Strassen- und Flussbau zu überwachen.

Für den fachgerechten und regelmässigen Unterhalt der Verbauungs- und Entwässerungsanlagen gilt die vom Kleinen Eat des Kantons Graubünden am 23. April 1957 beschlossene und vom Eidgenössischen Departement des Innern am 20.Mai 1957 genehmigte Regelung.

Art. 7 Dem Kanton Graubünden wird für die Erklärung der Annahme deises Beschlusses eine Frist von einem Jahr gewährt. Der Bundesbeschluss fällt dahin, wenn dessen Annahme! nicht innert dieser Frist erfolgt.

Art. 8 Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist. mit dem Vollzug beauftragt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Graubünden für die Verbauung des Schraubaches in der Gemeinde Schiers (Vom 26. Februar 1963)

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Jahr

1963

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

08

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8692

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.03.1963

Date Data Seite

289-298

Page Pagina Ref. No

10 042 011

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