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Bundesblatt 115. Jahrgang

Bern, den 16. Mai 1963

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis 33 Franken im Jahr, 18 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 60 Happen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Änderung des Bundesbeschlusses über die Förderung des Anbaues von Zuckerrüben und die vermehrte Sicherung der Landesversorgung mit Zucker (Vom 19. April 1963)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen über die Änderung des Bundesbeschlusses vom 20.

Dezember 1957, AS 1959, 405, über die Förderung des Anbaues von Zuckerrüben und die vermehrte Sicherung der Landesversorgung mit Zucker Bericht zu erstatten und gleichzeitig den Entwurf eines entsprechenden Bundesbeschlusses zu unterbreiten.

· , Die Notwendigkeit, den Zuckerbeschluss fünf Jahre nach seiner Inkraftsetzung zu ändern, liegt kurz zusammengefasst darin begründet, dass der freie Weltzuckermarkt, auf dem sich die Schweiz versorgt, in den letzten Jahren starke Wandlungen erfahren hat. Diese wirkten sich vor allem in einem Preiszerfall aus, der zu steigenden Verlusten der Zuckerfabrik Aarberg führte. Obschön in jüngster Zeit eine starke Preissteigerung auf dem Weltzuckermarkt eingetreten ist, zeigen die Erfahrungen der letzten Jahre, dass die finanziellen Leistungen des Bundes gemäss dem heute geltenden Zuckerbeschluss nach der Inbetriebnahme der Zuckerfabrik Frauenfeld nicht mehr ausreichen werden, um die Verluste auch bei erneut eintretenden Preiszusammenbrüchen decken zu können. Da der einheimischen Zuckerproduktion versorgungs- und agrarpolitisch eine grosse Bedeutung zukommt und die Zuckerfabrik Frauenfeld gemäss heute geltendem Beschluss ihren Betrieb bis spätestens 31. Dezember 1963 aufBundesblatt 115. Jahrg. Bd. I.

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zunehmen hat, sollen zur Verwirklichung der Ziele unserer Zuckerordnung rechtzeitig die sich aus der heutigen Situation ergebenden Anpassungen beantragt werden.

Die folgenden Abschnitte fassen den Inhalt des Zuckerbeschlusses vom 20.

Dezember 1957 zusammen und berichten über den heutigen Stand der Verwirklichung der Ziele dieses Beschlusses. Die Abschnitte geben weiter im einzelnen Eechenschaft über die Entwicklung der Verhältnisse auf dem schweizerischen Zuckermarkt in den letzten Jahren, die Notwendigkeit, den Zuckerbeschluss von 1957 zu revidieren, die Vorarbeiten zur heutigen Vorlage und den Abänderungsantrag.

A. Der Zuckerbeschluss vom 20. Dezember 1957 und die Verwirklichung seiner Ziele I. Allgemeines Der Bundesbeschluss vom 28. Juni 1946 über die Ordnung der schweizerischen Zuckerwirtschaft wurde in der Volksabstimmung vom 14. März 1948 abgelehnt. Nach einer Zwischenperiode von knapp zehn Jahren konnte der Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1957 über die Förderung des Anbaues von Zukkerrüben und die vermehrte Sicherung der Landesversorgung mit Zucker auf den 15.Mai 1959 in.Kraft gesetzt werden. Es handelt sich bei diesem Beschluss um ein allseitig abgewogenes Verständigungswerk, das den Interessen der landwirtschaftlichen Produktion, der einheimischen Zuckerindustrie, des Handels und der Konsumenten Eechnung trägt. Die Annahme erfolgte in den eidgenössischen Bäten einstimmig; das Beferendum wurde nicht ergriffen.

Der Beschluss verfolgt zwei einander gleichwertige Ziele, nämlich ein agrarpolitisches und ein versorgungspolitisches. Agrarpolitisch soll die durch eine zweite Zuckerfabrik ermöglichte Ausdehnung des Zuckerrübenbaues dazu beitragen, eine Kulturpflanze zu fördern, die den klimatischen Verhältnissen im schweizerischen Ackerbaugebiet entspricht, eine gesunde Fruchtfolge erleichtert und zu einem besseren Gleichgewicht zwischen tierischer und pflanzlicher Produktion beiträgt.

Versorgungspolitisch bedeutet die Erweiterung des Zuckerrübenbaues eine gewisse Verbesserung, indem ein etwas grösserer Anteil eines wichtigen Nahrungsmittels im Inland produziert wird. Weiter erlaubt der vermehrte Zuckerrübenbau die Erhaltung einer Ackerfläche, die bei Störungen der Zufuhr vom Ausland die rechtzeitige Ausdehnung des Ackerbaues erleichtert.

Um die gesteckten Ziele zu erreichen, ging der
Zuckerbeschluss namentlich von folgenden zwei Grundgedanken aus: 1. Für die Konsumenten in der Schweiz darf keine Verteuerung des Zuckers erfolgen.

2. Die Lösung muss für den Handel möglichst frei von staatlichen Interventionen sein.

1079 Gemäss der Zielsetzung und unter Berücksichtigung der zwei Grundgedanken entstand im wesentlichen ein Subventionsbeschluss. Er ist die finanzielle Grundlage für den Bau einer zweiten Zuckerfabrik. Um den Zuckerrübenanbau zu ermöglichen, setzt der Bundesrat jährlich einen produktionskostendeckenden Rübenpreis fest (Art. 9). Die Zuckerfabriken sind verpflichtet, den von ihnen erzeugten Zucker und seine Nebenprodukte zu Preisen zu verkaufen, die sich im Rahmen gleichwertiger Importware bewegen, ausgenommen bei aussergewöhnlichen Preissteigerungen auf dem Weltzuckermarkt (Art. 10). Sollten sich bei diesen Verpflichtungen Verluste ergeben, so leistet der Bund eine Subvention in Form einer Ausfallgarantie an die Zuckerfabriken (Art. 13).

Als weitere Einzelheiten aus dem heute geltenden Zuckerbeschluss sind zu erwähnen, dass sich der Bund am Aktienkapital der zweiten Fabrik nicht beteiligt (Art. 3), und dass der Bundesrat die notwendigen Massnahmen zu treffen hat, um eine ungerechtfertigte Konkurrenzierung schweizerischer Unternehmen durch die beiden Zuckerfabriken zu verhindern (Art. 5).

II. Der Bau der Zuckerfabrik Frauenfeld Gemäss Artikel 2 des Bundesbeschlusses vom 20. Dezember 1957 soll sich der Standort der neuen Fabrik östlich der Kantone Baselland, Solothurn und Bern befinden. Der Beschluss fällt für die zweite Zuckerfabrik dahin, sofern diese nicht bis 31. Dezember 1960 gegründet und bis 31. Dezember 1963 in Betrieb genommen wird (Art. 19).

Die Gründungsversammlung der Aktiengesellschaft zweite Zuckerfabrik AG fand am 21.Mai 1959 in Zürich statt. Die erste Generalversammlung der , Gesellschaft wurde hierauf am 18. Januar 1961 in Bern abgehalten. Die Versammlung bestimmte Frauenfeld als Standort der neuen Fabrik und als Firma «Zuckerfabrik Frauenfeld AG».

Mit dem Landerwerb in Frauenfeld hatte man im Frühjahr 1960 begonnen.

Im März 1961 setzten die Arbeiten für die Nivellierung des Geländes, der Kanalisation und des Strassennetzes ein; gleichzeitig wurden die Vorarbeiten für den Bahnanschluss in Angriff genommen. Infolge mehrerer Einsprachen konnte mit dem Hochbau hingegen erst am 1. September 1961 begonnen werden. Die Grundsteinlegung erfolgte am 14. September gleichen Jahres.

Der Bau der Zuckerfabrik Frauenfeld macht gute Fortschritte. Wie vorgesehen, hat die Fabrik erstmals im
Frühjahr 1963 Anbauverträge für Zuckerrüben abgeschlossen. Man wird mit der Rübenverarbeitung in Frauenfeld im Herbst 1963 beginnen können. Die Tageskapazität der Fabrik wird 2200 Tonnen Zuckerrüben betragen. Deren gesamte Verarbeitungsmöglichkeiten sind gemäss Artikel 4 des Zuckerbeschlusses auf in der Eegel 160 000 Tonnen Zuckerrüben festgelegt, wobei den von Jahr zu Jahr möglichen Ernteschwankungen Rechnung zu tragen sein wird.

1080 III. Der inländische Rübenanbau Folgende Zahlen belegen den Umfang des schweizerischen Zuckerrübenanbaues : Jahre

Anaahl Pflanzer

Anbaufläche n. Verträgen ha

Verarbeit.

Rübenmenge 1000 q

Rübenertrag pro ha q

Zuckergehalt %

1955 · 1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962

8437 8494 8385 8320 8234 8144 7899 7670

5295 5625 5591 5698 5428 5317 5052 4978

2099 2236 2448 2822 2606 2302 2237 1678

897 397 438 495 480 475 480 370

16.84 15.90 16.51 14.67 17.86 16.40 16.98 18.45

Diese Zusammenstellung zeigt, dass sich in den letzten acht Jahren die Zahl der Eühenpflanzer etwas vermindert hat, und die Anbaufläche von Zuckerrüben gemäss den Anbauverträgen mit der Zuckerfabrik Aarberg ziemlich stabil geblieben ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Kapazität der Zuckerfabrik Aarberg und damit auch die Abnahme von Eüben zur Verarbeitung beschränkt ist. Im Eübenertrag pro Hektare und im Zuckergehalt ist trendmässig ein Anstieg festzustellen, der auf bessere Sorten der angepflanzten Eüben zurückzuführen ist. Freilich kann nicht übersehen werden, dass auch heute noch ab und zu Eückschläge auftreten ; so war das Jahr 1958 infolge des nassen und kalten Wetters ein Bübenjahr mit unterdurchschnittlichem Zuckergehalt. 1962 hat · wegen der Trockenheit mengenmässig einen unterdurchschnittlichen Eübenertrag zu verzeichnen.

In den Diskussionen um die Eevision des Zuckerbeschlusses wurde u.a.

auch der Einwand erhoben, bei der Inbetriebnahme der zweiten Zuckerfabrik würden zu wenig Zuckerrüben zur Auslastung der vorgesehenen Verarbeitungskapazität beider Zuckerfabriken zur Verfügung stehen, so dass durch die Inbetriebnahme der zweiten Zuckerfabrik die Selbstversorgung mit Zucker gar nicht verbessert werde. Zu diesem Einwand ist folgendes zu bemerken: Die beiden Zuckerfabriken haben im Sommer 1961, zusammen mit den beiden Vereinigungen der Eübenpflanzer, eine Erhebung bei den Interessenten für Zuckerrübenbau durchgeführt, um die Zahl der Eübenpflanzer und die Eübenanbaufläche im Jahre 1963 im Hinblick auf die Betriebseröffnung der Fabrik Frauenfeld zu ermitteln. Die Erhebung ergab rund 4000 neue Pflanzer, so dass sich die Gesamtzahl der voraussichtlichen Eübenpflanzer für 1968 gegenüber 1960 auf etwa 12 000 erhöhen wird. Die Erhebung ergab weiter die provisorische Anmeldung von 9106 Hektaren Eübenfläche. Nimmt man an, dass sich der durchschnittliche Eübenertrag auf rund 450 q pro Hektar beläuft, kann ab 1963 mit einer Ernte von ungefähr 410 000 Tonnen gerechnet werden, welche die

1081 im Zuckerbeschluss festgelegte Kapazität der beiden Zuckerfabriken (Aarberg 220 000 t, Frauenfeld 160 0001) sogar um 30 000 Tonnen übersteigt. Freilich muss nocb mit Verschiebungen gerechnet werden. Bei einer Aufhebung der heutigen mengenmässigen Kontingentierung für die Ablieferungen dürfte aber doch die Auslastung der Verarbeitungskapazität der beiden Zuckerfabriken sichergestellt sein. Es wird sich anderseits weisen, ob allenfalls später wiederum die Abnahme von Zuckerrüben durch die Fabriken beschränkt werden muss, um eine rationelle Verarbeitung der Eüben innerhalb der Kapazitäten der beiden Zuckerfabriken zu gewährleisten.

Im internationalen Vergleich weist der schweizerische Zuckerrübenbau überdurchschnittliche Leistungen auf. Sowohl im Zuckerertrag wie im Eübenertrag pro Hektar befinden sich die Niederlande und die Schweiz in den beiden ersten Eängen der westeuropäischen Zuckerrübenproduktion, wie folgende Zusammenstellung zeigt : Land

Deutschland (West) Österreich Frankreich Belgien Niederlande Dänemark Schweden Italien Spanien Jugoslawien . . .

Schweiz Grossbritannien. .

Irland Finnland Türkei Westeuropa, Mittel

Rübenertrag pro Hektare in q Mittel 1952/61

.

.

.

.

358.2 328.6 314.4 391.3 443.0 347.9 363.3 296.6 , 196.7 202.9 426.2 323.0 380.6 215.2 187.9 309.6

Bang

5 7 9 3 .' l 6 4 10 14 13 2 8 11 12 15 --

Zuckerertrag pro Hektare in q Mittel 1952/61

53.5 52.1 47.3 58.5 62.8 54.3 55.2 40.9 27.8 28.4 65.3 46.2 42.8 26.9 31.1 45.8

Bang ·

6 7 8 3 2 5 4 11 14 13 l 9 10 15 12 --

Zusammengestellt und berechnet von der Schweizerischen Fachstelle für Zuckerrübenbau, Aarberg, aus F.O.Licht «Weltzuckerstatistik 1958/59,1960/61 und 1961/62».

Diese Zahlen belegen, dass mit einer Ausdehnung der Anbaufläche für Zukkerrüben eine Kulturpflanze gefördert wird, die den klimatischen Verhältnissen der Schweiz gut angepasst ist.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass unter der Voraussetzung der Sicherstellung der finanziellen Grundlage für den Betrieb der beiden Zuckerfabriken Aarberg und Frauenfeld die Ziele des Zuckerbeschlusses von 1957'vor ihrer Verwirklichung stehen.

1082

B. Der schweizerische Zuckermarkt in den letzten Jahren Im folgenden möchten wir die grundlegenden Verhältnisse auf dem schweizerischen Zuckerraarkt darlegen. Für die Landesversorgung sind der Zuckerverbrauch und der Anteil der Inlandproduktion am Konsum von Bedeutung. Die Geschäftsergebnisse der Zuckerfabrik Aarberg und später beider Fabriken sind in starkem Masse von den Besonderheiten unserer Marktordnung abhängig.

Ferner ist darüber Eechenschaft zu geben, welches möglicherweise die Auswirkungen der europäischen Integration auf unsere Zuckerwirtschaft sein werden.

I. Zuckerverbrauch, Import und Inlandproduktion Der Gesamtkonsum und der Pro-Kopf-Verbrauch ari Zucker haben seit 1955 in der Schweiz stark zugenommen. So gibt der internationale Zuckerrat in seinem zuckerwirtschaftlichen Jahrbuch von 1961 als Gesamtverbrauch der Schweiz für 1955 rund 201 000 Tonnen Eohwert an, der im Jahre 1961 auf beinahe 300 000 Tonnen anstieg. Der schweizerische Pro-Kopf-Konsum zählt zu einem der höchsten unter den westeuropäischen Ländern; er wird vom internationalen Zuckerrat für das Jahr 1955 mit 40,2 kg Eohwert angegeben. Bis zum Jahre 1961 stieg dieser Verbrauch auf 54,4 kg. Einen etwas höheren ProKopf-Verbrauch haben unter andern Dänemark, die Niederlande und England, während Österreich, Deutschland, Italien, Schweden, Frankreich usw. den ProKopf-Konsum der Schweiz nicht erreichen.

Werden die Zahlenangaben des internationalen Zuckerrates als Grundlage genommen, ergibt sich für Produktion, Einfuhr, Ausfuhr und Konsum für unser Land folgendes Bild : Kai.

jähr

Produktion

1955 1956 1957 1958 1959 1960 1961

32422 33 025 34000 37000 36808 41063 35151

(in Tonnen Rohwert) Einfuhr Ausfuhr

·

172368 224 097 210336 248944 199071 217608 269337

2916 2226 2413 3617 3608 2860 3588

Nettoeinfuhr

Konsum

169452 221 871 207923 245327 195463 214748 265749

200819 235157 247827 273202 228131 248572 298701

Quelle: Sugar Year Book 1961 ; der Zuckerrat verarbeitet die Zahlen, welche ihm von der Abteilung für Landwirtschaft des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zur Verfügung gestellt werden.

Diese Zusammenstellung zeigt, dass der Hauptanteil des inländischen Zuckerverbrauches in normalen Zeiten durch Importe gedeckt wird. Der Prozentanteil der Inlandproduktion an der verfügbaren Menge an Zucker in den letzten Jahren geht aus folgender Zusammenstellung hervor, die neben der Schweiz auch andere westeuropäische Länder umfasst :

1083 Land

Deutschland (West) England Finnland Niederlande Österreich Schweden Schweiz

Dreijahresdurchachnitte des Anteils der Selbstversorgung 1951-53 1958-60 %

%

70.2 28.0 17.3 71.8 71.2 80.4 15.5

93.9 28.3 24.6 81.0 95.2 82.9 14.9

Quelle: Internationaler Zuokerrat; verfügbare Menge = 100 Prozent.

Frankreich, Belgien und Dänemark produzieren über ihren Eigenbedarf; diese Länder sind traditionelle Zuckerexporteure. Italien deckt seinen Eigenbedarf ebenfalls praktisch zu 100 Prozent und ist in den letzten Jahren verschiedentlich als Netto-Exporteur von Zucker aufgetreten. Norwegen hat keine eigene Zuckerproduktion.

Die Zahlen zeigen deutlich, dass die Schweiz unter den zuckerproduzierenden westeuropäischen Ländern jenes Land ist, das den geringsten Teil des Zuckerbedarfes selber erzeugt. Während in den in obiger Tabelle angeführten Ländern der Grad der Selbstversorgung in den letzten zehn Jahren zum Teil beträchtlich zugenommen hat, ist er in der Schweiz infolge des stark steigenden Konsums sogar noch etwas abgesunken. Durch die Inbetriebnahme der zweiten Zuckerfabrik im Jahre 1963 dürfte hingegen der Anteil der Eigenproduktion am gegenwärtigen Friedensbedarf auf ungefähr 20 Prozent ansteigen, was uns aber unter den zuckerproduzierenden westeuropäischen Ländern immer noch als Land mit dem kleinsten Selbstversorgungsanteil belässt.

Dem hohen Friedensverbrauch an Zucker in der Schweiz und dem verhältnismässig geringen Anteil der Selbstversorgung kommt versorgungspolitisch eine Bedeutung zu. So müsste auch in kommenden Notzeiten mit einer Zuckerrationierung gerechnet werden, selbst wenn die beiden Zuckerfabriken bei voller Ausnützung ihrer Kapazität einen gewissen Minimalbedarf decken können. Zusätzlich stünden allfällige Importe und die Lager zur Verfügung.

II. Besonderheiten des einheimischen Zuckermarktes Es ist eines der Hauptmerkmale unserer Zuckerordnung, dass keine mengenmässigen Einfuhrbeschränkungen bestehen. Die Bewilligung der Einfuhr von Zucker wird einzig vom Abschluss und der Erfüllung eines Pflichtlagervertrages abhängig gemacht. Die Preisbildung auf dem Inlandmarkt ist frei. Sowohl für den importierten wie indirekt für den im Inland erzeugten Zucker sind gegenwärtig folgende Faktoren massgebend :

1084 ct. Der Preis der Importware franko Schweizergrenze; 6. der Zollansatz, der gegenwärtig für Rohzucker 18, für Kristallzucker 22 und für Würfelzucker 27 Franken je 100 kg Verzolluugsgewicht beträgt; c. die kleinen Grenzspesen (ungefähr 1.25 Franken je 100 kg); d. der für die Finanzierung der Pflichtlager zu erhebende Garantiefondsbeitrag, zurzeit 7 Franken je 100 kg Kristall- und Würfelzucker und 6 Franken je 100 kg Rohzucker; e. die Transportkosten ab Schweizergrenze; /. die Margen des Gross- und Detailhandels.

Die Baisse auf dem Weltzuckermarkt während der letzten Jahre ist, bedingt durch die freiheitliche Einfuhrordnung, dem Schweizer-Konsumenten zugute gekommen. Die Detailpreise zählen zu den niedrigsten in Europa, wie folgende Zahlenangaben des internationalen Zuckerrates zeigen.

Land

Belgien Dänemark Deutschland (Bundesrepublik) England Frankreich Finnland Niederlande Italien Norwegen Österreich Schweden Schweiz Spanien Quelle: Sugar Year Book 1961; auf Sfr./kg umgerechnet.

Detailpreis Sfr./kg (1. Januar 1962)

1.84 -.91 l. 83 -.95 1.12 1.55 1.16 1.48 -.75 1.02 1.16 -.82 1.18

Den bis vor kurzem tiefen Konsumentenpreisen für Zucker stehen die gegenwärtigen Verluste der Zuckerfabrik Aarberg und die voraussichtlichen Verluste beider Zuckerfabriken gegenüber. Diese Verluste sind eine Folge der freiheitlichen Marktordnung. Sie entstehen dadurch, dass die aus inländischen Zuckerrüben erzeugten Produkte zu Weltmarktpreisen verkauft werden müssen. Diese Preise vermögen die Gestehungskosten der Zuckerfabriken nicht zu decken, solange für die Zuckerfabriken ein produktionskostendeckender Zuckerrübenpreis massgebend ist.

In bezug auf die Pflichtlagerhaltung hat sich seit der Inkraftsetzung des heutigen Zuckerbeschlusses nichts Grundlegendes geändert.

Was die freien Vorräte anbelangt, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass das Preisrisiko wegen der gestörten internationalen Marktlage die Haltung solcher Vorräte sehr erschwert.

1085 IH. Mögliche Auswirkungen der europäischen Integration Eine allfallig engere Verbindung der Schweiz mit der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) wird voraussichtlich ebenfalls eine Überprüfung der schweizerischen Zuckerordnung bedingen. Die Einzelheiten der Zuckerordnung der EWG sind zurzeit noch nicht bekannt, wohl sind aber deren Umrisse in den Vorschlägen der EWG-Kommission vom Juni 1960 enthalten.

Die sechs Länder der EWG haben im Durchschnitt der letzten Jahre ihren Zuckerbedarf vollständig aus der eigenen Produktion gedeckt. Beim Einbezug der ehemaligen Kolonialgebiete ergibt sich sogar ein gewisser Exportüberschuss.

Die Zielsetzung der gemeinsamen Agrarpolitik der EWG besteht nun darin, die nationalen Zuckerordnungen durch eine einheitliche europäische Zuckerordnung abzulösen, die durch einen freien Handel zwischen den Mitgliedländern, durch ein einheitliches Preisniveau innerhalb der EWG sowie durch gemeinsame Schutzmassnahmen gegenüber Drittländern charakterisiert sein wird. Der Aussenschutz soll insbesondere durch die Einführung einer Abschöpfung auf den Importen erzielt werden, um den Preisunterschied zwischen den günstigsten Einkaufsmöglichkeiten auf dem Auslandmarkt und dem internen EWG-Eichtpreis auszugleichen.

Zur Sicherung eines angemessenen inländischen Preisniveaus werden Interventionspreise festgesetzt, die unter den Eichtpreisen liegen. Zu diesen Preisen soll eine Interventionsstelle zur Marktentlastung Ankäufe vornehmen und wenn nötig mit Verlust exportieren. Die Kosten für diese Marktinterventionen sollen durch einen Fonds getragen werden, der durch die vorerwähnten Abschöpfungen auf den Importen und durch Beiträge der Zuckererzeuger gespiesen werden soll.

Wenn durch diese Massnahmen kein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage hergestellt werden kann, so soll die Einführung einer Produktionskontingentierung geprüft werden. Im weitern erstrebt die Zuckerordnung der EWG eine Vereinheitlichung der Zuckerbesteuerung in den verschiedenen EWG-Ländern.

Ein Vergleich der auf Grund der Vorschläge der EWG-Kommission skizzierten EWG-Zuckerordnung mit der schweizerischen Regelung der Zuckerwirtschaft zeigt, dass unser Land den Aussenhandel mit Drittländern offener gestaltet. Das Abschöpfungssystem der EWG ist nämlich noch mit einem Lizenzverfahren verbunden und
verhindert, dass billige Weltmarktpreise an die Konsumenten weitergegeben werden können. Der in Aussicht genommene gemeinsame Zuckerzoll, auf den jedoch bei Vornahme der Abschöpfung verzichtet wird, beträgt 80 Prozent ad valorem, währenddem vergleichsweise die schweizerische Belastung des Kristallzuckers im Jahre 1961, auf das System des Wertzolles umgerechnet, nur 61 Prozent ausmachte. Gegenüber den Zuckerproduzenten und insbesondere den Eübenpflanzern geht dagegen die Preisgarantie für Vertragsrüben der schweizerischen Zuckerordnung weiter als das in Aussicht genommene Eicht- und Interventionspreissystem der EWG.

Bei allfälligen Assoziationsverhandlungen mit der EWG wird schweizerischerseits davon auszugehen sein, dass die einheimische Zuckerproduktion

1086 einen festen Bestandteil unserer Agrar- und Versorgungspolitik bildet. Die Verwirklichung der Ziele unserer heutigen Zuckerordnung könnte aus diesen Gründen auch im Falle einer künftigen engeren Zusammenarbeit mit der EWG nicht preisgegeben werden. In den Verhandlungen wird auch zu berücksichtigen sein, dass der grossie Teil des Inlandverbrauches durch Importe gedeckt wird. Wir sind uns jedoch bewusst, dass im Hinblick auf die Besonderheiten des relativ hohen schweizerischen Produzentenpreisniveaus und des relativ tiefen schweizerischen Konsumentenpreisniveaus gewisse Anpassungen unserer Zuckerordnung eventuell nicht zu umgehen sein werden, um den EWG-Handelspartnern einen möglichst freien Zutritt zum Schweizermarkt zu ermöglichen. Da aber weder über den Ausgang allfälliger Verhandlungen mit der EWG im Zuckersektor, noch über das Inkrafttreten solcher Vereinbarungen irgendwelche Prognosen gestellt werden können, kann im Hinblick auf die besondere Lage auf dem Weltzuckermarkt mit der Änderung der heutigen Zuckerordnung nicht zugewartet werden.

C. Die Notwendigkeit, den Zuckerbeschluss von 1957 zu revidieren Gemäss Artikel 18 des Zuckerbeschlusses dürfen die Zuwendungen des Bundes für beide Zuckerfabriken den Betrag von 6 Millionen Franken jährlich nicht überschreiten. Artikel 19, Absatz 2 bestimmt, dass die Zuwendungen an die Zuckerfabrik Aarberg bis zur Betriebsaufnahme der zweiten Zuckerfabrik jährlich höchstens 8,6 Millionen Franken betragen dürfen.

Die Bemessung des Bundesbeitrages richtet sich nach der Höhe des Defizites jeder Zuckerfabrik. Dieses ist abhängig von den Importpreisen für Zucker, den Produktionskosten des schweizerischen Zuckerrübenbaues und den Gestehungskosten für Zucker, hergestellt aus inländischen Zuckerrübon und bei Aarberg auch aus ausländischem Eohzucker. Die jährlichen Verluste müssen aus allfällig vorhandenen Beserven der Zuckerfabriken zur Hälfte gedeckt werden, wenn dieselben einen genügend hohen Stand aufweisen. - Die einzelnen Umstände, welche zu den gegenwärtigen Verlusten der Zuckerfabrik Aarberg und zu den voraussichtlichen 'Verlusten beider Zuckerfabriken führen, werden in den folgenden Abschnitten näher erörtert.

I. Jüngste Entwicklungen in der Weltzuckerwirtschaît Die Importpreise für Zucker sind in den letzten Jahren stark gesunken.

Dies ist vor allem
der allgemeinen Überschuss- Situation in der Weltzuckerwirtschaft, den Strukturveränderungen im Weltzuckerhandel und dem Misserfolg des internationalen Zuckerabkommens zuzuschreiben.

1. Die Überschuss-Situation Weltproduktion, Weltkonsum und Weltvorräte an Zucker haben von 1955 bis 1961 stark zugenommen. Das zuckerwirtschaftliche Jahrbuch liefert hiezu folgende Zahlen (ausgedrückt in 1000 Tonnen Bohwert) :

1087 1955

Produktion Konsum Vorräte

38950 38 760 14 349

1956

40329 41 856 12 552

1957

44015 42 507 13 824

1958

47200 45 015 16 381

1959

49633 46 417 19 452

1960

52113 48 293 21022

1961

54784 51207 21776

Quelle: Sugar Year Book 1961; Vorräte per 31.Dezember.

Was an diesen Zahlen insbesondere auffällt, ist die Tatsache, dass seit 1958 der Weltkonsum verhältnismässig weniger zugenommen hat als die Weltproduktion. Als Folge davon sind die Vorräte beträchtlich angestiegen, bis sie 1960 beinahe einen halben Weltjahresbedarf, erreichten. Dieses Auseinanderklaffen von Produktion und Verbrauch hat sich naturgeniäss auf die freien Weltmarktpreise ausgewirkt, welche nach der Sausse während und kurz nach der Suez-Krise seit 1958 sehr stark gesunken sind.

Die statistische Lage des Zuckers erlebte 1962 eine Verbesserung, indem seit 1956 erstmals wieder ein leichter Konsumüberschuss in Aussicht steht. Da zudem Kuba und Europa für 1962/63 erneut nur relativ bescheidene Ernten in Aussicht haben, wird die Welternte wahrscheinlich auch im Jahre 1963 etwas hinter dem zu erwartenden Konsum zurückbleiben.

2. Der Weltzuckerhandel und seine Strukturveränderung in den letzten Jahren Im Durchschnitt der Jahre 1955 bis 1961 machten die Weltnettoexporte an Zucker 30 Prozent der Welterzeugung aus. Bund zwei Drittel der Weltzuckerproduktion wurden demnach in den Ländern verbraucht, in denen sie erzeugt wurden, oder sie trugen zu einer Erhöhung der Weltvorräte bei.

Im Weltzuckerhandel kann von vier grossen Märkten gesprochen werden, in denen sehr ungleiche Bedingungen vorliegen. Es sind dies : 1. Die sogenannten internen Zuckerbewegungen zwischen Mutterländern und ihren überseeischen oder angeschlossenen Gebieten. Bund 17 Prozent der Gesamtmenge der Nettoexporte entfielen im Durchschnitt der Jahre 1954 bis.1960 auf diesen Handel.

2. Der Zuckermarkt der USA - ein Präferenzmarkt, mit festen und variablen Quoten und Preisen, der Ende Juli 1962 wesentliche Änderungen erfahren hat. Im Durchschnitt der Jahre 1954 bis 1960 entfielen 26 Prozent der Weltnettoausfuhren auf diesen Markt.

3. Der Markt unter dem Commonwealth-Zuckerabkommen - ein Präferenzmarkt innerhalb des sogenannten freien Weltmarktes, auf dem gewisse Bestimmungen des internationalen Zuckerabkommens Anwendung finden.

Etwa 15 Prozent der Weltnettoexporte entfielen im Durchschnitt der Jahre 1954 bis 1960 unter dieses Abkommen.

4. Der durch das Internationale Zuckerabkommen erfasste sogenannte freie Weltmarkt. Der Anteil dieses Marktes an den Nettoausfuhren betrug im Durchschnitt der Jahre 1954 bis 1960 rund 42 Prozent, gemessen an der Weltzuckererzeugung hingegen lediglich etwa 14 Prozent.

1088 Pur die Zuckereinfuhren der Schweiz und indirekt für deren Eigenproduktion ist der sogenannte freie Weltmarkt massgebend. Es dürfte interessant sein hier festzuhalten, dass die Wettbewerbsgleichheit auf diesem Weltmarkt nur scheinbar besteht. Die rund 42 Prozent der gesamten Weltnettoausfuhren, die auf diesem Markt gehandelt werden, stammen nämlich sowohl aus Ländern, die keinen Anteil an Präferenzmärkten haben, als auch aus solchen, bei denen ein mehr oder weniger grosser Anteil der Gesamtexporte auf geschützte Märkte mit im allgemeinen wesentlich höheren Preisen entfällt. Diese Länder sind gegenüber den andern im Vorteil, weil sie ihre Konkurrenten mit gewissen Mengen zu unter den Gestehungskosten liegenden Preisen auf .dem freien Weltmarkt unterbieten und dabei trotzdem für ihre Gesamtexporte einen einigermassen zufriedenstellenden Durchschnittspreis erzielen können. Diese Tatsache hat sich zusammen mit der in den letzten Jahren bestehenden Überschuss-Situation erschwerend auf das Funktionieren des internationalen Zuckerabkommens ausgewirkt und zum Sinken der Preise beigetragen.

Kuba war bis und mit 1961 der grösste Zuckerlieferant auf dem bevorzugten Importmarkt der Vereinigten Staaten. Durch den Ausbruch des Konfliktes zwischen diesen beiden Ländern wurde aber Kuba ab 1961 von sämtlichen Lieferungen ausgeschlossen, so dass die grosse kubanische Zuckerproduktion (sie machte 1959 rund 12 Prozent der gesamten Welterzeugung aus) auf neuen Absatzmärkten untergebracht werden musste. Diese Märkte fanden sich in der USSR und in der Volksrepublik China. Die Vereinigten Staaten decken sich seit 1961 teils durch eine erweiterte Eigenproduktion und teils durch eine neue Zuteilung der Lieferungsquoten an verschiedene Länder ein.

Diese strukturellen Veränderungen des Welthandels mit Zucker brachten eine grosse Unsicherheit auf den sogenannt freien Weltmarkt. Einmal steht nicht fest, welche Zuckermengen aus Kuba via Oststaaten wiederum auf den Weltmärkten erscheinen werden. Weiter war lange Zeit nicht bekannt, wie und zu welchen Bedingungen die neue Verteilung der Quoten der Vereinigten Staaten vorgenommen würde. Eine Eevision der Zuckergesetzgebung der USA stand bevor, welche dann Ende Juli 1962 in Kraft gesetzt wurde.

Die strukturellen Veränderungen im Weltzuckerhandel und die damit verbundenen
Unsicherheiten haben sich im Jahre 1961 und in der ersten Hälfte 1962 auf die Preise für Rohzucker und auch Weisszucker ausgewirkt. Die unsichere Situation wurde aber auch noch dadurch verstärkt, dass es Ende 1961 nicht gelang, das internationale Zuckerabkommen wirkungsvoll zu gestalten.

3. Der Misserfolg des Internationalen Zuckerabkommens Das Internationale Zuckerabkommen von 1958 verfolgt das Ziel, die Importländer mit genügend Zucker zu versorgen und den Exportländern Märkte zu sichern, auf denen sie ihr Produkt zu befriedigenden und stabilen Preisen absetzen können. Der Hauptmechanismus der Marktregulierung besteht darin,

1089 dass je nach dem Preisniveau für Bohzucker auf dem freien Weltzuckermarkt die gestatteten Exportmengen der Mitgliedländer vollständig frei gegeben oder mehr oder weniger eingeschränkt werden. Liegen die freien Weltmarktpreise über einem gewissen Niveau, so bestehen keine Quoteneinschränkungen. Fallen die Preise unter ein gewisses Niveau, werden zunehmend strengere Ausfuhreinschränkungen in Kraft gesetzt.

In der Zuckerkonferenz, welche am 12. September 1961 in Genf eröffnet wurde, galt es, die Basisausfuhrquoten der einzelnen Mitgliedländer neu festzusetzen. Trotz den über sieben Wochen dauernden Verhandlungen konnte man sich aber nicht einigen, da der Kubakonflikt eine Einigung verunmöglichte. Die Konferenz schloss daher mit einer Vertagung auf unbestimmte Zeit. Die Teilnehmerländer kamen überein, die Quotenbestimmungen und andere wirtschaftliche Bestimmungen des internationalen Zuckerabkommens von 1958 ausser Kraft zu setzen und neue Verhandlungen erst wieder aufzunehmen, wenn eine veränderte Marktsituation dies als angebracht erscheinen lässt. Damit verlor der internationale Zuckerrat seinen Hauptzweck, nämlich die der Eegelung des sogenannt freien Weltmarktes für Zucker. Er bleibt weiterhin Informationszentrum und das Forum für eine internationale Zusammenarbeit in Zuckerfragen.

Da das gegenwärtige Abkommen am 31. Dezember 1963 abläuft, wird sich bis dahin zeigen müssen, ob der Abschluss eines neuen Abkommens zustande kommt.

Das Scheitern der Verhandlungen im Jahre 1961 hat noch vermehrt zum Preiszerfall auf dem internationalen Zuckermarkt beigetragen.

Die Schweiz ist nicht Mitglied des internationalen Zuckerabkommens. Sie war aber an den Verhandlungen von 1961 durch eine Beobachterdelegation vertreten.

4. Preisentwicklungen auf dem sogenannt freien Weltmarkt Wie in den vorausgehenden Abschnitten dargelegt wurde, haben die Preise für Kohzucker und Weisszucker entsprechend der allgemeinen Überschuss-Situation und den Unsicherheiten auf dem freien Weltmarkt, hervorgerufen durch die Strukturwandlungen und den Misserfolg eines wirkungsvollen Zuckerabkommens, reagiert. Da die Weltmarktpreise für den Verkaufserlös der inländischen Zuckerproduktion massgebend sind, seien im einzelnen die Preisentwicklungen für Eohzucker und Kristallzucker in den letzten Jahren und Monaten kurz dargestellt.
Kürzungen und Erhöhungen der Ausfuhrquoten unter dem internationalen Zuckerabkommen von 1958 stützten sich auf die in der folgenden Tabelle zusammengestellten Preisnotierungen. Die Quoten wurden erhöht, wenn die Preise über 3.45 cents je Ib anstiegen und gesenkt, wenn sie unter 3.25 cents je Ib sanken. Die Zusammenstellung zeigt, dass eine aktive Marktregulierung seit Februar 1959 notwendig war und auch noch unter den im Herbst 1962 festgestellten Preisen notwendig gewesen wäre, wenn in den Verhandlungen vom Herbst 1961 eine Einigung über die Quotenzuteilungen zustande gekommen wäre.

1090 Eohzucker, US cents je Ib (454 g) : Januar Februar März April Mai Juni · Juli August September 'Oktober November Dezember Jahresdurchschnitt

1958

1959

1960

1961

1962

8.74 3.55 3.42 3.45 3.47 3.42 3.50 3.46 3.48 3.41 3.42 3.64 3.50

3.27 3.11 3.05 2.88 2.94 2.81' 2.66 2.78 3.09 3.10 2.96 2.99 2.97

2.97 3.02 3.05 3.04 3.05 2.97 3:26 3.31 3.25 3.25 3.25 3.25 3.14

2.93 2.83 2.84 3.03 3.19 2.97 2.76 2.43 2.46 2.39 2.31 2.21 2.70

2.11 2.26 2.53 2.59 2.51 2.55 2.82 2.93 2.84 3.02 3.65 4.29.

--

Quelle: Internationaler Zuckerrat bis 1960 : Monatsdurchschnitt der Tagespreise, verladebereit in kubanischen Häfen; Weltkontrakt Nr. 4; ab 1961: Monatsdurchschnitte, berechnet durch den Internationalen Zuckerrat auf Parität mit vorangehender Serie.

Für den inländischen Zuckermarkt sind nicht in erster Linie die Preise für Eohzucker, sondern diejenigen für Kristallzucker massgebend. Der Erlös aus dem im Inland produzierten Zucker der Zuckerfabrik Aarberg und später beider Fabriken ist von diesen Preisen abhängig. Während sich die Kristallzuckerpreise in Zeiten des Gleichgewichtes zwischen Angebot und Nachfrage auf dem freien Weltzuckermarkt mit den Eohzuckerpreisen auf eine Preisdifferenz von zirka 20 Prozent einspielten, konnte seit 1959 eine zunehmende Unabhängigkeit zwischen den Preisangeboten für Rohzucker und Kristallzucker festgestellt werden. Der Preiszerfall bei Kristallzucker ging sogar so weit, dass solcher Ende 1961/Anfang 1962 der Schweiz billiger angeboten wurde als Eohzucker. Diese Verhältnisse sind ausschlaggebend für die Eentabilität der Eohzuckerraffination in der Zuckerfabrik Aarberg.

Die Preise für Feinkristallzucker per 100 kg, franko Grenze verzollt, jeweils am Monatsende, haben sich seit 1956 wie folgt entwickelt: Monat

1956 Fr./q

1957 Fr./q

1958 Fr./q

1959 Fr./q

I960 Fr./q

1

79.25 79.25 80.-- 81.25 81.25 81.75 81.75

116.90 114.75 111.25 115.-- 104.-- 105.-- 95.75

81.-- 78.-- 76.75 76.75 78.25 78.-- 80.75

74.50 72.75 72.75 69.50 69.50 69'.75 67.50

71.--

1961 lfr./q 67.--

72.50 72.50 73.50 74.50 71.50 75.--

66.-- 65.50 67.25 68.-- 65.25 65.--

2 3 4 5 6 7

1962 Fr./q

60.25 62.75 65.-- 63.50 64.-- 63.-- 62.25

1091 Monat

8 9 10 11 12

1956

Fr./q 81.75 81.-- 79.50 104.-- 99.--

1957 Fr./q

1958 Fr./q

1959 Fr./q

I960 Fr./q

1961 Fr./q

1962 Fr./q

87.75 82.25 82.75 84.75 83.75

77.75 77.25 76.75 77.75 78.50

70.25 72.75 72.75 72.25 71.75

73.25 68.90 67.75 67.50 67.50

61.-- 61.75 61.-- 61.50 61.75

63.25 63.-- 67.50 73.35 80.--

Mitgeteilt von der Zuckerfabrik und Raffinerie Aarberg AG.

Diese Preisserie gibt den Preisanstieg während der Suezkrise wieder. Die hohen Preise hielten an von November 1956 bis ungefähr Januar 1958. Die Zukkerfabrik Aarberg hat diese Preissituation aber nicht voll ausgenützt, sondern gab auf Ersuchen der Eidgenössischen Preiskontrollstelle den Feinkristallzucker der Eübenernte 1956 zu 86 bis 88 Franken je 100 kg ab. Ein Eestposten wurde zu 92 bis 94 Franken je 100 kg verkauft. Diese Preispolitik hat demnach zur Tiefhaltung der Lebenskosten etwas beigetragen.

Die Abwärtsbewegung der Preise für Kristallzucker hat von Anfang 1958 mit kleinen Schwankungen bis Anfang 1962 ununterbrochen angehalten. Der Tiefstand wurde Ende 1961/Anfang 1962 erreicht. Seither ist eine gewisse Erholung eingetreten. Die Kubakrise brachte Ende Oktober für einige Tage wiederum eine namhafte Hausse; seither sind die Preise weiter gestiegen. Diese Entwicklungen zeigen deutlich, wie empfindlich die Zuckerpreise auch auf die politischen Verhältnisse ansprechen ; es sind sehr grosse Schwankungen möglich, die sich auf den einheimischen Zuckermarkt übertragen.

H. Produktionskosten des schweizerischen Zuckerrübenbaues Gemäss Artikel 9 des Zuckerbeschlusses vom 20. Dezember 1957 wird der von beiden Zuckerfabriken zu entrichtende Preis für die laut Anbauvertrag zu übernehmenden Zuckerrüben jährlich vom Bundesrat festgesetzt. Dieser Preis soll die mittleren Produktionskosten der Zuckerrüben in rationell geführten und zu normalen Bedingungen übernommenen landwirtschaftlichen Betrieben dekken. Dabei wird nicht auf die Ergebnisse eines einzelnen Jahres abgestellt, sondern der Durchschnitt mehrerer Jahre berücksichtigt. Seit der Inkraftsetzung des Zuckerbeschlusses, d.h. seit der Eübenernte 1959, wird regelmässig vom dreijährigen Durchschnitt ausgegangen. In den Jahren 1953, 1960 und 1961 wurden über die Produktionskosten im schweizerischen Zuckerrübenbau Erhebungen durchgeführt. Weitere Erhebungen sind für die Jahre 1963 und 1964 vorgesehen. In den Jahren, in denen keine Erhebungsresultate vorliegen, werden die Kosten nach der Indexmethode aufgerechnet.

Für die Preisfestsetzung wird den Produktionskosten der effektive Eübenerlös gegenübergestellt. Dieser setzt sich im wesentlichen zusammen aus dem Eübengrundpreis, Basis 15 Prozent Zucker, den Zuschlägen bzw. Abzügen für Über- oder Untergehalte an Zucker und den Früh- und Spätablieferungsprämien.

1092 Auf Grund der vorliegenden Verhältnisse haben wir im Jahre 1959 den Grundpreis für Zuckerrüben (Basis 15 Prozent Zucker) von 7.40 auf 7.10 Franken je 100 kg herabgesetzt. Preiserhöhungen wurden hierauf in den Jahren 1961 und 1962 vorgenommen. Sie betrugen jedes Mal 20 Eappen je 100 kg Eüben.

In den folgenden Schätzungen über die Gestehungskosten für Zucker aus Eüben und das mögliche Defizit der beiden Zuckerfabriken nach 1963/64 ist ein Zuckerrübenpreis von 7.50 Franken je 100 kg (Stand 1962) zugrunde gelegt.

m. Die Gestehungskosten für Zucker in den beiden Fabriken 1. Zuckerfabrik Aarberg Da auch in den Jahren der tiefen Weltmarktpreise die Produktionskosten des einheimischen Zuckerrübenbaues eine namhafte Herabsetzung des Eübenpreises nicht rechtfertigten, sind die Geschäftsabschlüsse der Zuckerfabrik Aarberg seit dem Geschäftsjahr 1958/59 defizitär. In runden Zahlen ausgedrückt liegen folgende Verluste vor : 1958/59 8,4 Millionen Franken 1959/60 2,8 Millionen Franken 1960/61 3,5 Millionen Franken 1961/62 5,6 Millionen Franken Solange die Zuckerfabrik Aarberg über Eeserven verfügt, hat der Bund die Defizite zur Hälfte zu übernehmen, wobei der Höchstbeitrag 3,6 Millionen Franken ausmacht.

Die Zuckerfabrik Aarberg stellt Kristallzucker aus inländischen Zuckerrüben und ausländischem Eohzucker her. Die Gestehungskosten sind für diese beiden Ausgangspunkte getrennt zu betrachten.

a. Zucker aus Eüben Nach den Angaben der Zuckerfabrik Aarberg von Ende Oktober 1962 stellten sich die Gestehungskosten für 100 kg Zucker aus Eüben im Jahre 1960/61 auf 77.88 Franken. Als Folge der Erhöhung des Eübenbasispreises von 7.80 auf 7.50 Franken je 100 kg abgelieferte Eüben, der vorgenommenen Lohnanpassung an die Teuerung und der steigenden Kohlenpreiso sind für das laufende Geschäftsjahr - bei Ausserachtlassung der noch nicht erfassbaren Verteuerung als Folge der kleineren Produktion - Gestehungskosten von rund 79 Franken zu erwarten. Würde auf der Basis der Tiefstpreise vom Januar 1962 mit einem Durchschnittserlös von ungefähr 60 Franken gerechnet, so ergäbe sich eine Differenz von ungefähr 19 Franken je 100 kg Zucker.

Im Durchschnitt der Jahre 1955-1961 produzierte die Zuckerfabrik Aarberg jährlich rund 880 000 q Zucker aus Eüben. Unter der obigen Annahme für Gestehungskosten und Erlöse könnte demnach das Defizit der Zuckerfabrik Aarberg ungefähr 6,3 Millionen Franken betragen, wovon der Bund die Hälfte zu über-

1093 nehmen hätte. Hiezu ist nun aber zu bemerken, dass die Eeserven von Aarberg, die zur Verlustdeckung herangezogen werden können, in den letzten Jahren bereits empfindlich geschmälert wurden und in den nächsten Jahren umfangreiche Neuinvestitionen notwendig sind.

b. Eohzuckerraffination Der Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1957 sieht in Artikel 5 vor, dass der zweiten Zuckerfabrik die Raffination von importiertem Rohzucker nicht gestattet ist. Für die Zuckerfabrik Aarberg hat der Bund das zur Raffination zugelassene Quantum an importiertem Rohzucker zu bestimmen, wobei die Menge auf höchstens 30 000 Tonnen pro Jahr begrenzt ist. Allfällige Verluste, die aus dem Raffinationsgeschäft entstehen, sind gleich wie die Verluste aus der Zuckerrübenverarbeitung Einzelposten in der Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens und damit unter dem Gesichtspunkt eines Geschäftsverlustes gemäss Artikel 13 subventionierbar.

Es fragt sich nun aber, ob die Rohzuckerraffination durch die Zuckerfabrik Aarberg unter den heutigen Umständen überhaupt noch gerechtfertigt ist. Für sich allein betrachtet, ist nämlich die Raffination seit den Geschäftsjahren 1958/ 59 defizitär, auch wenn man berücksichtigt, dass die Rohzuckerraffination einen Teil der festen Kosten der Rübenzuckerproduktion abnimmt. Der Hauptgrund der ungünstigen Ergebnisse der Rohzuckerraffination liegt darin, dass die Differenz zwischen den Preisen für Rohzucker und jenen für Kristallzucker zu gering war, um die Raffinationskosten zu decken.

Die Zolldifferenz zwischen Roh- und Kristallzucker beträgt 4 Franken je 100 kg Verzollungsgewicht. Durch das Postulat Gfeller vom 19.Dezember 1961 und verschiedene Eingaben der Zuckerfabrik Aarberg hat sich die Frage gestellt, ob nicht der Rohzuckerzoll herabgesetzt werden könnte. Würde eine solche Herabsetzung vorgenommen, so wirkte sich dies unmittelbar auf das Ergebnis der Rohzuckerraffination aus ; die Rohzuckerrechnung würde im Ausmass der zugebilligten Zollherabsetzung verbessert. Damit würde aber das Rohzuckerproblem nur scheinbar gelöst, indem der Verbesserung der Rechnung der Zuckerfabrik Aarberg ein ebenso hoher Einnahmeausfall bei den Zöllen gegenüberstünde.

Diese Art der Beitragsleistung des Bundes wurde mit dem Zuckerbeschluss von 1957 definitiv aufgegeben; es wurde der Weg einer offenen Subventionierung
der Zuckerfabriken gewählt, im Gegensatz zur früheren auf einem Verzicht von Zolleinnahmen bei Rohzucker beruhenden Stützung des Rübenpreises.

Es stellte sich auch die Frage, ob im Rahmen der Zollgesetzgebung eine Herabsetzung des Rohzuckerzolles möglich wäre. Eine Senkung könnte nämlich dann vorgenommen werden, wenn es sich zeigte, dass die bereits bestehende Zollbegünstigung von 4 Franken je 100 kg sich nicht im Rahmen ähnlicher Zollbegünstigungen hielte. Diese Frage wurde von der Eidgenössischen Oberzolldirektion eingehend geprüft. Aus den Untersuchungen ging hervor, dass entsprechend dem Grundsatz, die Zollbelastung mit fortschreitendem VerarbeiBundesblatt. 115. Jahrg. Bd. I.

75

1094 tungsgrad in angemessener Weise zu erhöhen, die Zolldifferenz zwischen Rohund Kristallzucker in der heutigen Höhe richtig ist. Unter dem Gesichtspunkt der Zollgesetzgebung ist Rohzucker nämlich nicht ein Rohprodukt, sondern bereits ein Halbfabrikat. Rohprodukt der Zuckerfabrikation ist die Zuckerrübe oder das Zuckerrohr, aber nicht der Rohzucker. Im Hinblick auf die Zollgesetzgebung ist deshalb eine Herabsetzung des Rohzuckerzolles nicht durchführbar.

Wir geben uns Rechenschaft darüber, dass die Frage der Rohzuckerraffination in Aarberg nicht nur ein rein betriebswirtschaftliches Problem darstellt. Es hängt damit noch eine ganze Reihe von Fragen zusammen, denen wie den betriebswirtschaftlichen Überlegungen entscheidende Bedeutung zukommen kann.

Hier ist zunächst namentlich das Problem der dauernden Beschäftigung eines gewissen Bestandes an Fachpersonal zu erwähnen, welches auch im Postulat Gfeller in den Vordergrund gestellt wird. Einer der Wirtschaftsverbände hat in seiner Stellungnahme zum Revisionsentwurf vom 28. März 1962 ebenfalls darauf hingewiesen, dass im Interesse einer dauernden Beschäftigung auf die Rohzuckerraffination nicht verzichtet werden sollte. In den bundesrätlichen Vollzugsbestimmungen zum Zuckerbeschluss vom S.Mai 1959 ist ferner festgehalten, dass das Rohzuckerkontingent so hoch angesetzt werden darf, als sich die Verarbeitung von Rohzucker gesamtbetrieblich lohnt oder für die Sicherung des erforderlichen Personalbestandes unbedingt notwendig ist. Dieses Problem wird vielleicht in kommenden Jahren an Bedeutung verlieren, da gewisse arbeitssparende Erneuerungen vorgesehen sind.

Die Marktstellung des Unternehmens und die Vorratshaltung an Zucker sind weitere Aspekte des Rohzuckerproblems in Aarberg. Die Zuckerfabrik Aarberg macht namentlich geltend, dass die Preisgabe des Raffinationsgeschäftes ihren Kundenkreis einengen würde. Auch die Pflichtlagerhaltung an Zucker würde wahrscheinlich durch die vollständige Einstellung der Rohzuckerraffination berührt, weil sich die Lagerhallen für Rohzucker zu langfristiger Einlagerung von Kristallzucker nicht eignen sollen.

Die Darlegungen deuten darauf hin, dass die Frage der Rohzuckerraffination in Aarberg sehr komplexer Natur ist. Die Untersuchungen sind bis heute noch nicht so weit gediehen, um einen abschliessenden Entscheid
über die Frage der Weiterführung oder Aufgabe der Rohzuckerraffination fällen zu können.

Es darf immerhin festgehalten werden, dass Aarberg in den letzten Jahren mit Rücksicht auf die Preisentwicklung auf dem Zuckermarkt die Rohzuckerraffination stark gedrosselt und ihr Kontingent nur zu etwa zwei Dritteln ausgenützt hat. Es wurden jeweils nur die Mengen verarbeitet, welche für die Beschäftigung des Personals bis in den Frühling und für die Aufrechterhalfcung der Pflichtlager erforderlich erschienen.

Sollte es sich zeigen, dass in Würdigung aller Umstände die Rohzuckerraffination in Aarberg noch mehr'eingeschränkt oder ganz aufgegeben werden sollte, böte Artikel 5 in Verbindung mit Artikel 10, Absatz l (Pflicht zur rationellen Betriebsführung) des Zuckerbeschlusses die Möglichkeit, die Bundesbeiträge an die Rohzuckerraffination einzustellen.

1095 Nach den Angaben von Aarberg wurden im Jahre 1960/61 rund 200 000 q Kristallzucker aus Bohzucker hergestellt. Die Gestehungskosten beliefen sich auf rund 81 Franken je 100 kg. Unter der Annahme dieser Gestehungskosten und von erneuten Preisbaissen mit Verkaufserlösen von rund 60 bis 66 Franken je 100 kg Zucker würde der Fehlbetrag der Zuckerproduktion ans Eohzucker demnach ungefähr 15 bis 21 Franken je 100 kg oder insgesamt 3 bis 4,2 Millionen Franken betragen.

Es ist nun aber zu berücksichtigen, dass die Bohzuckerraffination die Produktion von Zucker aus Eüben (bei rund 330 000 q) um ungefähr 5 Franken je 100 kg oder insgesamt um ungefähr 1,65 Millionen Franken verbilligen kann.

Um die Nettokosten der Eohzuckerraffination za berechnen, ist dieser Betrag von den Gesamtkosten abzuziehen. Es ergibt sich daraus, dass die Betriebsrechnung der Zuckerfabrik Aarberg durch die Eohzuckerraffination netto um rund 1,35 bis 2,55 Millionen Franken belastet werden kann, was pro 100 kg Kristallzucker aus Eohzucker 6.75 bis 12.75 Franken ausmacht.

2. Zuckerfabrik Frauenfeld Die Kosten für die Zuckerrüben sowie der voraussichtliche Erlös aus dem verkauften Zucker werden für beide Zuckerfabriken mit geringfügigen möglichen Abweichungen gleich sein. Anders verhält es sich mit den Gestehungskosten, die in Frauenfeld von Zinsendienst und Amortisationen viel stärker beeinflusst werden als in Aarberg.

Nach den Angaben der Zuckerfabrik Frauenfeld wird der gesamte Finanzbedarf für den Bau rund 60 Millionen Franken betragen (Stand März 1963).

Gedeckt ist' diese Finanzierung durch das Aktienkapital von 30,5 Millionen Franken und den Beitrag der Stadt Frauenfeld von l Million Franken. Die Eestfinanzierung hat durch Bankdarlehen zu erfolgen, die soweit als möglich grundpfändlich sichergestellt werden.

Auf Grund der im Jahre 1957 vorhandenen Unterlagen wurden die Erstellungskosten für die Zuckerfabrik Frauenfeld mit zirka 34 Millionen Franken geschätzt (Botschaft des Bundesrates vom 26.August 1957). Über die Deckung dieses damals geschätzten Finanzbedarfes wurde in der Botschaft ausgeführt: «Davon sollen 24 Millionen Franken durch die Ausgabe von Aktien beschafft werden ; ist deren Zeichnung in diesem Umfang nicht möglich, so muss doch mindestens ein Aktienkapital von 22 Millionen Franken als Voraussetzung für die
im Bundesbeschluss vorgesehenen Zuwendungen durch den Bund betrachtet werden. Es sollte aber wirklich nur beim Vorliegen ganz besonderer Umstände unter den Betrag von 24 Millionen Franken gegangen werden. Für die Eestkosten sind Hypotheken und allfällige weitere Anleihen vorgesehen. Eine Beteiligung des Bundes an der Zeichnung von Aktien wird im Bundesbeschluss ausdrücklich ausgeschlossen. Nach der geltenden Eechtslage kann der Bund auch keine Darlehen zur Eestfinanzierung gewähren.»

1096 Zwischen dem 1957 angenommenen Finanzbedarf von rund 84 Millionen Franken und den heute geschätzten 60 Millionen Franken besteht demnach eine Differenz von 26 Millionen Franken. Die Frage ist deshalb berechtigt, ob unter diesen Umständen die gesamte Finanzierung im Hinblick auf die vom Bund zu übernehmenden Verluste neu überprüft werden muss.

Zur Beantwortung dieser Frage soll zunächst Eechenschaft darüber abgegeben werden, wie sich die Aktienzeichnung für die zweite Zuckerfabrik entwikkelte. Die als absolute Minimalforderung gestellte Voraussetzung für die Bundesbeiträge von 22 Millionen Franken wurde schon zur Zeit der Gründung der Aktiengesellschaft stark überschritten. So erhöhte bereits die Gründungsversammlung das Aktienkapital auf 28,5 Millionen Franken. Eine weitere Erhöhung des Aktienkapitals auf 80,5 Millionen Franken wurde an der ersten Generalversammlung vorgenommen.

Der ursprüngliche Finanzierungsplan der Vereinigung für Zuckerwirtschaft hat sich seit 1957 wie folgt entwickelt: 1. Landwirtschaftverbände und lokale Gènossenschaften 2. Eübenpflanzer 8. Kantone, Gemeinden und Korporationen 4. Zuckerfabrik Aarberg 5. Zuckerhandel, Industrie, Gewerbe, Versicherungen 6. Banken 7. Private Zeichner (Kleinaktionäre) . . . .

19571)

MÌO Fr.

8,130 4,000 8,570 3,000

1. Nov. 1962

MÌO Fr.

8,680 3,570 8,450 3,000

2,000 1,000 2,300

2,900 1,000 2,900

24,000

80,500

Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, dass der Hauptanteil der Überzeichnung des ursprünglich vorgesehenen Aktienkapitals von der Landwirtschaft mit ihren Verbänden und Genossenschaften herrührt ; ferner hat die Gruppe des Zuckerhandels, des Gewerbes, der Industrie und der Versicherungen sowie diejenige der privaten Zeichner, welche sich aus Bauern und mit der Landwirtschaft eng verbundenen Leuten zusammensetzt, einen grösseren Anteil der Aktien übernommen als seinerzeit vorgesehen war.

Die Aktionäre der zweiten Zuckerfabrik haben aber noch mehr als nur eine höhere Aktienzeichnung auf sich genommen. Seit dor Gründung der Aktiengesellschaft wurden keine Dividenden ausbezahlt, obwohl die Zinserträge des einbezahlten Aktienkapitals in den ersten zwei Eechnungsjahren eine solche ermöglicht hätten. Dieser Verzicht auf eine Dividende machte nach Angabe der Zuckerfabrik Frauenfeld bis zum Abschluss des Geschäftsjahres 1961/62 den Betrag von rund 1,8 Millionen Franken aus, welche der Zuckerfabrik Frauenfeld zur Verwendung im eigenen Betrieb zur Verfügung stehen.

*) Gemäss Botschaft vom 26. August 1956.

1097 Welches waren die Ursachen, die zum stark angestiegenen Finanzbedarf der Zuckerfabrik Frauenfeld geführt haben? Hier ist vor allem die Teuerung zu nennen. Die Oberbauleitung der Fabrik hat den Kostenanstieg für die Bauten im August 1962 gegenüber September 1958 mit 30,4 Prozent berechnet. Für den Landerwerb mussten ebenfalls grössere Auslagen getätigt werden als ursprünglich angenommen war.

Ein weiteres wesentliches Moment des grösseren Investitionsbedarfes ist die Entwicklung der Technik des Fabrikbaues. Seit den Arbeiten der Studienkommission anfangs der Fünfziger jähre hat der Bau von Zuckerfabriken eine stürmische Entwicklung in Eichtung vermehrter Automation erfahren. Der Planungsstab der zweiten Fabrik musste sich über diese Entwicklung Rechenschaft geben, um eine den modernen Anforderungen entsprechende Fabrik zu bauen. Als Folge davon waren zusätzliche Investitionen in Apparaten und Einrichtungen vorzusehen. Diese Investitionen werden sich in einem späteren Zeitpunkt in Form niedrigerer Betriebsaufwendungen bezahlt machen. Über das tatsächliche Ausmass der Einsparungen können jedoch erst Angaben gemacht werden, wenn die Fabrik im Betrieb ist.

In Würdigung all dieser Umstände, nämlich bereits zweimalige Erhöhung des Aktienkapitals, Verzicht auf Dividende in den Geschäftsjahren vor dem Betrieb der Zuckerfabrik, Teuerung und vermehrter Finanzbedarf für Investitionen zur Automation können wir, wenigstens im heutigen Zeitpunkt, nicht verlangen, das Aktienkapital der Zuckerfabrik Frauenfeld noch weiter zu erhöhen. Eine solche Bedingung mit der gegenwärtigen Revision des Beschlusses zu verbinden, könnte die rechtzeitige Inbetriebsetzung der Fabrik gefährden, was der Zielsetzung des Zuckerbeschlusses von 1957 widerspräche.

Es ist auch zur Diskussion gestellt worden, ob die jährlichen Betriebsausgaben der Zuckerfabrik durch einen einmaligen Bundesbeitrag vermindert werden könnten. Wir sind der Auffassung, dass ein solches Vorgehen der Konzeption des Beschlusses von 1957 widersprechen würde. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass die gegenwärtigen Verlustjahre von Jahren mit einem günstigen Kechnungsabschluss abgelöst werden.

Die Zuckerfabrik Frauenfeld hat die mutmasslichen Selbstkosten für die Erzeugung von 100 kg Zucker aus inländischen Eüben unter Verwendung der Anfang November 1962 bekannten
Verhältnisse zu schätzen versucht. Sie ging hiefür von einer Zuckererzeugung von 230 000 q aus. Zinsen und Amortisationen wurden zu den üblichen Ansätzen verrechnet;'diese Berechnungsweise ermöglicht es, die Amortisation der Schulden ausser Betracht zu lassen. Der so geschätzte Selbstkostenpreis für Zucker beläuft sich auf rund 91 Franken je 100 kg, d.h. er ist um ungefähr 13 Franken höher als in Aarberg.

Wird auch hier den geschätzten Gestehungskosten ein Zuckererlös von 60 bis 66 Franken je 100 kg Zucker gegenübergestellt, würde sich für Frauenfeld ein mutmassliches jährliches Defizit von 6 bis 7,4 Millionen Franken ergeben. Da die Zuckerfabrik Frauenfeld über keine Reserven verfügt, musste in solchen Ausfalljahren der Bund dieses Defizit einstweilen voll übernehmen.

1098

IV. Das mutmassliche Defizit der beiden Zuckerfabriken Werden die in den beiden vorangegangenen Abschnitten auf der Basis eines Zuckerpreises von 60 bis 66 Franken gemachten Schätzungen und Berechnungen zusammengestellt, würde für das mutmassliche Defizit der beiden Zuckerfabriken folgendes Bild entstehen : i n i o ,, Aaroerg

Zucker aus Rüben Eohzuckerraffination

Produktion q

330 000 200000

Verlust/q Franken

Verlust Total Mio Franken

13.- bis 19.. 4,3 bis 6,3 6.75 bis 12.75 l,3 bis 2,5 Aarberg:

5,6 bis 8,8

Frauenfeld Zucker aus Eüben

230 000

26.- bis 32.- . ' 6,0 bis 7,4 Beide F a b r i k e n :

11,6 bis 16,2

Diese Zusammenstellung zeigt, dass sich ein Fehlbetrag der einheimischen Zuckererzeugung bis 16 Millionen Franken ergeben kann. In den obigen Schätzungen ist eine nach 1962 allfällig weitere Erhöhung des Zuckerrübenpreises nicht berücksichtigt. Eine Erhöhung des Bübenpreises um 10 E.appen je 100 kg entspräche bei voller Ausnützung der Verarbeitungskapazität der beiden Fabriken rund 400 000 Franken. Da es kaum anginge, für die kommenden Jahre einen Zuckerrübenpreis anzusetzen, der unter den Produktionskosten läge, kann der heute geltende Zuckerbeschluss, der einen jährlichen Bundesbeitrag an beide Fabriken von 6 Millionen Franken vorsieht, den rasch wechselnden Verhältnissen auf dem Zuckermarkt nicht mehr genügen.

D. Vorarbeiten für eine Revision des Beschlusses von 1957 I. Parlamentarische Vorstösse Auf die Probleme der schweizerischen Zuckerproduktion wurde in verschiedenen parlamentarischen Vorstössen hingewiesen. Es waren dies die Kleine Anfrage von Nationalrat Hackhofer vom 20. September 1961, die Motion von Ständerat Müller, Thurgau, die gleichlautende Motion von Nationalrat Bühler, Winterthur und das Postulat von Nationalrat Gfeller, alle vom 19. Dezember 1961.

Die Motion Müller, Thurgau wurde am 15. März 1962 im Ständerat und die Motion Bühler, Winterthur und das Postulat Gfeller wurden am 6. Juni 1962 im Nationalrat angenommen.

Durch die Annahme der Motionen Bühler und Müller wurden die Grundsätze für eine Anpassung des Zuckerbeschlusses vom 20. Dezember 1957 festgelegt.

Der Text der beiden Motionen lautet :

1099 «Seit dem Erlass des Bundesbeschlusses vom 20.Dezember 1957 über die Versorgung mit Zucker hat sich die Spanne zwischen dem internationalen und dem inländischen Zuckerpreis in aussergewöhnlicher Weise entwickelt. _ Der Bundesrat wird eingeladen, eine Anpassung des Bundesbeschlusses vorzunehmen, welche a. die Ausrichtung eines kostendeckenden Eübenpreises und die Erhaltung eines für den Ackerbau angemessenen Zuckerrübenanbaues gestattet.

b. zusätzliche Belastungen der Konsumenten durch den Zuckerpreis vermeidet, c. die finanzielle Grundlage der Zuckerfabriken Aarberg und Frauenfeld sicherstellt.» Der Text des Postulates Gfeller lautet : « Seit längerer Zeit leidet die schweizerische Zuckerwirtschaft unter der Einfuhr von Zucker zu abnormal tiefen Importpreisen. Dadurch sind die Preisgrundlagen der Inlandp.roduktion erheblich gestört. Im Zuge einer beabsichtigten Revision des Bundesbeschlusses vom 20. Dezember 1957 über die Förderung des Anbaues von Zuckerrüben und die vermehrte Sicherung der Landesversorgung mit Zucker wirdo der Bundesrat eingeladen, zu prüfen : 1. Ob in Zeiten abnormal tiefer Weltmarktpreise durch einen angemessenen Preiszuschlag auf Importzucker oder eine andere ausgleichende Massnahme der Anbau von Zuckerrüben und deren Verarbeitung preislich gesichert werden kann.

2. Ob nicht durch eine Herabsetzung des Rohzuckerzolles die Raffination von Rohzucker im Sinne von Artikel 5 des obenerwähnten Bundesbeschlusses zum Zwecke dauernder Beschäftigung eines gewissen Bestandes an Fachpersonal auch weiterhin zu ermöglichen wäre.

3. Wie das Ziel einer vermehrten Sicherung der Landesversorgung mit Zucker nach der Betriebsaufnahme der neuen Zuckerfabrik in Frauenfeld und damit eine möglichst grosse Anbaufläche für Zuckerrüben erreicht werden kann.» In unserer Antwort auf die Kleine Anfrage von Nationalrat Hackhofer wiesen wir am I.Dezember 1961 darauf hin, dass die notwendigen Massnahmen für eine Revision des Zuckerbeschlusses bereits eingeleitet worden seien. Die Inkraftsetzung der revidierten Bestimmungen sollte im Jahre 1963 auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der zweiten Zuckerfabrik erfolgen können.

II. Diskussion verschiedener Lösungsmöglichkeiten Es wurden verschiedene Möglichkeiten zu einer langfristigen Verbesserung der Verhältnisse der schweizerischen Zuckerproduktion
geprüft. An ersten Gesprächen beteiligten sich neben verschiedenen Amtsstellen die Zuckerfabriken, die Rübenpflanzerorganisationen, der Schweizerische Bauernverband und die in der Fachkommission für Zucker der Treuhandstelle der Schweizerischen Lebensmittelimporteure (TSL) zusammengefassten Kreise.

1100 Im Verlaufe der Diskussionen wurden einige Grandsätze herausgearbeitet, die wie folgt zusammengofasst werden können : 1. Die Zielsetzung des heute geltenden Zuckerbeschlusses ist in der Grundkonzeption beizubehalten.

. 2. Für den Konsumenten darf durch die Bevision des Beschlusses keine Verteuerung des Zuckers resultieren.

8. Der Grundsatz eines kostendeckenden Kübenpreises ist aufrecht zu erhalten.

4. Der Beitrag des Bundes an die Zuckerfabriken sollte aus sachlichen Gründon nicht zur Defizitdeckung der Fabriken in den jährlichen Geschäftsabschlüssen erscheinen, sondern als Zuwendung des Bundes zur Verbilligung der Zuckerrüben' ausgewiesen werden.

5. Die Anpassung des Bundesbeschlusses muss mit unseren heutigen internationalen Verpflichtungen im Einklang stehen und so gestaltet werden, dass künftige internationale Vereinbarungen nicht erschwert werden.

Werden diese Grundsätze angewendet, die übrigens im Einklang mit den später vom Parlament angenommenen Motionen Bühler und Müller stehen, zeigt es sich, dass die Zahl der theoretisch möglichen Lösungen sehr eingeschränkt wird. Im Vordergrund einer Prüfung standen insbesondere : a. Die Erhebung einer Ausgleichsabgabe auf eingeführtem Zucker.

- Dieses Vorgehen wurde auch im Postulat Gfeller vom 19. Dezember 1961 zur Prüfung vorgeschlagen und war zudem Gegenstand einer Eingabe der Zuckerfabrik Aarberg an das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement.

Es hätte sich um eine zweckgebundene Abgabe handeln sollen, die je nach der Höhe der zu erwartenden Verluste der Zuckerfabriken festzusetzen gewesen wäre. Zum Vorschlag ist zu sagen, dass seine Verwirklichung den Zucker für den Konsumenten, wenn auch unbedeutend, verteuert und zu handelspolitischen Komplikationen geführt hätte. Ähnlich ist eine allgemeine Zollerhöhung für Weisszucker zu beurteilen. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass eine Ausgleichsabgabe auf den Zuckereinfuhren einen wesentlichen Bestandteil des Finanzierungsprogrammes der schweizerischen Zukkerordnung darstellte, welche in der Vorlage des Jahres 1946 im Jahre 1948 vom Volk verworf en wurde ; fc. die Einführung variabler Zölle, d.h. hoher Zölle bei tiefen Weltmarktpreisen und niedriger Zölle bei hohen Preisen. Im heutigen Zeitpunkt hätte sich diese, Lösung nur mit einer Verteuerung des Zuckers verwirklichen lassen. Weiter
wäre sie handelspolitisch schwierig durchzuführen und hätte eine Änderung der heute geltenden Zollgesetzgebung bedingt ; c. die S e n k u n g ' d e s Eohzuckerzolles. Eine solche brächte keine langfristige Lösung für die Zuckerfabrik Frauenfeld, da diese keinen Eohzucker raffiniert. Als Beitrag an die Zuckerfabrik Aarberg liesse sich dieses Vorgehen, wie bereits weiter vorn ausgeführt wurde, zollrechtlich nicht rechtfertigen und widerspräche der Konzeption des Zuckerabschlusses, welcher nur direkte Bundesbeiträge an die Zuckerfabriken vorsieht;

noi d. die Ausrichtung einer A n b a u p r ä m i e an die Eübenpflanzer. Diese Lösung stünde an und für sich mit den aufgestellten Grundsätzen im Einklang, würde aber zur Durchführung bedeutende administrative Umtriebe und Schwierigkeiten verursachen.

III. Der Entwurf zu einem Bundesgesetz vom 28. März 1962 Am 28. März 1962 hat das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement Kantone und Wirtschaftsverbände zur Stellungnahme zum Entwurf zu einem «Bundesgesetz über die Förderung des Anbaues von Zuckerrüben und die vermehrte Sicherung der Landesversorgung mit Zucker» eingeladen.

Zusammengefasst wies diese Vorlage folgende Neuerungen auf : 1. In Ausführung des neuen Geschäftsverkehrsgesetzes vom 23. März 1962 wurde die Form eines Bundesgesetzes gewählt, da der Erlass als. unbefristet gedacht war.

2. Auf eine obere Begrenzung der Bundesbeitfäge an die Zuckerfabriken wurde verzichtet, da mit den Kontroll- und Einspruchsmöglichkeiten des Bundes hinsichtlich der Geschäftsführung der Zuckerfabriken eine genügend starke Bremse vorhanden gewesen wäre, die möglichen Verluste auf ein Minimum zu halten. Diese Lösung hätte den unsicheren Verhältnissen auf dem internationalen Zuckermarkt Rechnung getragen.

3. Die obligatorische Heranziehung von allfälligen Reserven der Fabriken wurde im Grundsatz beibehalten. Deren Beanspruchung zur Verlustdeckung wurde hingegen in die Entscheidungskompetenz des Bundesrates gestellt, wodurch auf die grundsätzliche hälftige Teilung der Verluste verzichtet wurde. Ferner war vorgesehen, den Zuckerfabriken die Möglichkeit einzuräumen, mit einer ausgeglichenen Rechnung vor die Generalversammlung zu treten, indem die Bundeszuwendungen als Einnahmen eines laufenden Geschäftsjahres hätten verbucht werden können.

4. Für die Bundeszuwendungen an die Zuckerfabriken sollten nur so weit allgemeine Bundesmittel eingesetzt werden, als die Rückstellung für Ackerbau und Absatzförderung, die aus den Erträgnissen der Preiszuschläge auf Futtermitteln gespiesen wird, nicht ausreichte.

Die Vorlage entsprach in Zielsetzung, Konzeption und wesentlichen Leitgedanken dem Zuckerbeschluss, der abgelöst werden sollte. Die mit dem heute geltenden Beschluss erreichte Verständigung zwischen den Interessen der landwirtschaftlichen Produktion, der einheimischen Zuckerindustrie, des Handels und der Konsumenten
wurde durch den Entwurf nicht angetastet. So wurde vor vor allem die freiheitliche Einfuhrpolitik beibehalten, für die Konsumenten hätte aus der Revision keine Verteuerung des Zuckers resultiert und die finanzielle Grundlage der beiden Zuckerfabriken wären in Anpassung an die neuen Verhältnisse sichergestellt worden.

1102 IV. Die Stellungnahme der Kantone, Wirtschaftsorganisationen und der Beratenden Kommission für die Durchführung des Landwirtschaftsgesetzes zur Revision des 1957er Zuckerbeschlusses Der Revisionsentwurf zu einem Bundesgesetz wurde den Kantonen und 34 Wirtschaftsorganisationen unterbreitet, deren Vernehmlassungen bis Mitte Juni 1962 eintrafen. Es antworteten 23 Kantone und Halbkantone sowie 25 Verbände und Organisationen.

In allen Vernehmlassungen wurde die Notwendigkeit einer Anpassung des Zuckerbeschlusses vom 20. Dezember 1957 bejaht, um die finanzielle Grundlage der beiden Zuckerfabriken sicherzustellen. Zwei Interessenorganisationen haben die Vorlage abgelehnt. Gesamthaft betrachtet war der Entwurf vom März 1962 in seinen wichtigsten Punkten umstritten. Nach Gruppen getrennt.lassen sich die Vernehmlassungen wie folgt zusammenfassen : 1. Kantone Sämtliche Kantonsregierungen, welche sich zur Vorlage äusserten, erklärten sich mit einer Revision des heute geltenden Zuckerbeschlusses einverstanden.

Verschiedene Kantone wiesen auf die Bedeutung eines kostendeckenden Rübenpreises hin. In bezug auf die Begrenzung einer Ausfallgarantie gingen die Meinungen stark auseinander; einzelne Kantone begrüssten die Neuerung, andere äusserten Bedenken und wieder andere gaben ihr stillschweigendes Einverständnis. Die Befristung des Revisionserlasses wurde von keinem Kanton vorgeschlagen. Verschiedene Kantone äusserten Bedenken zur neu in Aussicht genommenen Änderung in der Verbuchung der Bundesbeiträge durch die beiden Zuckerfabriken; die meisten stimmten hingegen stillschweigend dieser Neuerung zu.

Zwei Gebirgskantone konnten sich nicht damit einverstanden erklären, die Erträgnisse aus den Preiszuschlägen für Futtermittel für die Verlustdeckung der Fabriken heranzuziehen. Sie befürchten eine Verteuerung der Futtermittel oder Schwierigkeiten in der Beschaffung der Mittel für den Viehabsatz.

Als weitere Wünsche für eine Revision wurden angemeldet : Die Verarbeitungskapazität der beiden Zuckerfabriken sei nicht im Gesetz festzulegen; eine kleine Dividende sei auch in Verlustjahren auszuzahlen; die Rohzuckerraffination sei nicht einzuschränken; eine Ausgleichsabgabe sei einzuführen und endlich der Zuckerfabrik Frauenfeld sei zur Entlastung der Jahresrechnungen ein à fonds perdu Beitrag zu leisten.
2. Wirtschaftsorganisationen Die Stellungnahmen der Wirtschaftsorganisationen ergaben ein Bild sich zum Teil stark widersprechender Standpunkte und Wünsche, obwohl auch hier die Notwendigkeit einer Revision an sich unbestritten war. Mehrere Stellen wiesen darauf hin, dass durch den Stand der Bauarbeiten der zweiten Zuckerfabrik eine Revision bereits präjudiziert und deshalb unumgänglich sei. Vier Orga-

1108 nisationen verlangten die Schaffung eines befristeten Bundesbeschlusses; als Zeitspanne wurden 10, 6 und 5 Jahre genannt. Sehr umstritten war die Frage, ob der Eevisionsentwurf einen Plafond für die Bundesbeiträge enthalten solle und wie die Bundesbeiträge in den Geschäftsabschlüssen der beiden Zuckerfabriken auszuweisen seien. Der Entwurf des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom März 1962 fand zu diesen beiden Punkten teils ausdrückliche und teils stillschweigende Genehmigung seiner Neuerungsvorschläge, aber auch strikte Ablehnung. Angefochten wurde zum Teil ebenfalls, dass für die Bundesbeiträge an die Zuckerfabriken die Erträgnisse aus den Preiszuschlägen auf Futtermitteln herangezogen werden sollen. Praktisch unbestritten war der Grundsatz, den Eübenpflanzern einen kostendeckenden Eübenpreis zuzugestehen. Von einer Organisation wurde darauf hingeweisen, dass das Geschehen auf dem Weltmarkt für die Preisfestsetzung ebenfalls in Betracht zu ziehen sei.

An einzelnen weiteren Änderungsvorschlägen, denen grösstenteils Gegenvorschläge anderer Organisationen gegenüberstehen, seien festgehalten: Die Verarbeitungskapazität der beiden Zuckerfabriken sei nicht zahlenmässig festzulegen; verschiedene Begehren zielten auf eine weitere Konkurrenzeinschränkung der beiden Zuckerfabriken ; auch der Zuckerfabrik Frauenfeld sei die Möglichkeit zu geben, Eohzucker zu raffinieren ; der Schutz der Hartkäsefabrikation sei zwingender zu formulieren; der Bundesrat sei zu ermächtigen, einen differenzierten Eübenpreis festzusetzen ; es sei eine Ausgleichsabgabe auf Zuckerimporten einzuführen; auf Heranziehung der Eeserven der Zuckerfabriken zur Verlustdeckung sei zu verzichten; der Rohzuckerzoll sei zu ermässigen; eine Dividendenauszahlung sei auch in Verlustjahren zu ermöglichen; der Zuckerfabrik Frauenfeld sei ein Bundesbeitrag à fonds perdu zu leisten; in Frauenfeld sei das Aktienkapital zu erhöhen.

3. Beratende Kommission In der Sitzung vom 29. Juni 1962 kam die gegensätzliche Beurteilung der Vorlage und ihrer wesentlichen Neuerungsvorschläge erneut zum Ausdruck. Die umstrittenen Punkte waren die gleichen, wie sie aus den Vernehmlassungen der Kantone und Wirtschaftsorganisationen hervorgingen. Unter anderem wurde aber auch darauf hingewiesen, dass die Revision weniger eine agrarpolitische als eine
finanzpolitische Angelegenheit sei, da unter den heutigen Verhältnissen die im Jahre 1957 vorgesehene Ausfallgarantie von 6 Millionen Franken nicht mehr ausreiche. Was die Limitierung des Bundesbeitrages im Gesetz anbelangt, wurde vorgeschlagen, eine solche mit genügender Sicherheitsmarge einzuführen, wobei man auch an eine weitere höhere Limite denken könne, welche das Parlament zu bewilligen hätte. Wichtig sei auf jeden Fall, im neuen Erlass einen Plafond vorzusehen, wobei dessen Höhe nicht im Vordergrund stünde. Im weitern wurde eine Erhöhung des risikotragenden Aktienkapitals in Frauenfeld vorgeschlagen. Die beratende Kommission empfahl, die Eevisionsvorlage vom 28. März 1962 auf die umstrittenen Punkte nochmals zu prüfen.

1104 Aus den Vernehmlassungen und der Diskussion in der Beratenden Kommission für die Durchführung des Landwirtschaftsgesetzes lassen sich folgende Punkte einer Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung der Standpunkte zur Eevisionsvorlage vom 28.März 1962 zusammenfassen: Übereinstimmung herrscht darüber, dass der Zuckerbeschluss vom 20. Dezember 1957 revidiert werden muss. Die Eevision ist aber auf der Grundlage dieses Beschlusses durchzuführen, indem der Inhalt desselben im Grundsätzlichen unverändert gelassen wird. Unbestritten ist, dass bei einem kostendeckenden Zuckerrübenpreis und bei einer Abgabe des Zuckers an die Konsumenten zu Weltmarktpreisen die beiden Zuckerfabriken finanziell genügend sichergestellt werden müssen. Ferner besteht Übereinstimmung darüber, dass die Teilung der Verluste der Zuckerfabriken in Zukunft elastischer gestaltet werden sollte, als dies im heute geltenden Beschluss festgelegt war.

Einwendungen wurden gegen eine unbefristete Eegelung in Form eines Bundesgesetzes erhoben. Eine nach oben uniimitierte Ausfallgarantie für die beiden Zuckerfabriken blieb umstritten, ebenso die Art der Verbuchung der Bundesbeiträge in den Eechnungsabschlüssen der Zuckerfabriken sowie die Heranziehung von Erträgnissen aus den Preiszuschlägen auf Futtermitteln für die Beiträge an die Fabriken.

Die auf Grund der Vernehmlassungen ausgearbeitete Vorlage trägt den Einwendungen und kritischen Stimmen weitgehend Eechnung. Sie wird im folgenden Kapitel in ihren Einzelheiten erläutert.

E. Die neue Vorlage und deren einzelne Bestimmungen Die neue Vorlage beschränkt sich darauf, die Höhe des möglichen Bundesbeitrages neu festzusetzen, die Verlustboteiligung der Fabriken elastischer zu regeln und den Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1957 bis zum 30. September 1969 zu befristen.

Der Änderungserlass stützt sich wie schon der Zuckerbeschluss vom 20. Dezember 1957 auf Artikel 31bls, Absatz 3, Buchstaben b und e sowie Absatz 4 der Bundesverfassung. In der Botschaft zum heute geltenden Zuckerbeschluss wurde zur Verfassungsmässigkeit des Bundesbeschlusses bereits Stellung genommen.

Es sei hier auf die dortigen Ausführungen verwiesen (Botschaft des Bundesrates vom 26. August 1957).

Die Eevision des heute geltenden Beschlusses ist auf das Ungenügen der vorgesehenen Ausfallgarantie des Bundes zurückzuführen, welche nach den Schätzungen aus der Situation der frühen Fünfzigerjahre auf 6 Millionen Franken für beide Zuckerfabriken vorgesehen war. Obwohl es schwer hält, eine Prognose zu stellen, könnte nach den Schätzungen, die in Abschnitt C, Ziffer III und IV angestellt wurden, das mutmassliche Defizit der beiden Zuckerfabriken auf ungefähr 12-16 Millionen Franken ansteigen. Als neuer Plafond für die Ausfallgarantie wird deshalb der Betrag von 15 Millionen Franken beantragt. Um allen Eventualitäten während der Gültigkeitsdauer des Ergänzungsbeschlusses

1105 Bechriung zu tragen, enthält der Antrag weiter die Bestimmung, dass der Bundesbeitrag bei ausserordentlichen Verhältnissen durch das Parlament je nach Bedarf und von Fall zu Fall bis auf 20 Millionen Franken erhöht werden kann.

Die obligatorische Heranziehung von Eeserven, welche die Zuckerfabriken in günstigen Jahren äufnen können, bzw. die Zuckerfabrik Aarberg noch besitzt, wird im Eevisionsbeschluss beibehalten. Neu hingegen ist eine'elastische Lösung indem es dem Ermessen des Bundesrates anheimgestellt wird, die Höhe des Betrages festzusetzen, die jede Zuckerfabrik aus ihren Eeserven an die Verlustdeckung zu leisten hat.

Diese beiden Neuerungen, höherer Plafond und elastischere Verlustbeteiligung durch die Fabriken, bedingten eine neue Fassung der alten Absätze 1-3 von Artikel 13.

Absatz 4 und 5 des alten Beschlusses werden neu als Absatz 3 und 4 in die Eevisionsvorlage übernommen.

Artikel 9 des Zuckerbeschlusses enthält die Bestimmungen über die Festsetzung der Preise für Zuckerrüben. Die Änderungen in Artikel 13 bedingen eine redaktionelle Anpassung des 2. Satzes von Artikel 9, Absatz 2. Wenn die erhöhte Ausfallgarantie und die Eeserven der Fabriken zur Verlustdeckung nicht ausreichen, ist nötigenfalls vom Grundsatz eines kostendeckenden Zuckerrübenpreises abzuweichen, eine Bestimmung, die schon der heute geltende Zuckerbeschluss enthält.

Was den Abrechnungsmodus der beiden Zuckerfabriken mit dem Bund anbelangt, sind keine Änderungen vorgesehen. Auf den ursprünglichen Vorschlag, die Bundesbeiträge an die Zuckerfabriken auf Grund des vom Bund genehmigten Abschlussergebnisses und der entsprechenden Beitragszusicherung bzw. -aüsrichtung in der Bilanz zu aktivieren, wird demnach in der heutigen Eevisionsvorlage verzichtet.

In diesem Zusammenhang ist auch die bisherige Eegelung mit den Abrechnungen der Zuckerfabrik Aarberg über ihre Landwirtschaftsbetriebe zu erwähnen. Diese Landwirtschaftsbetriebe, heute sechs an der Zahl, haben seit jeher von der Zuckerproduktion und den damit zusammenhängenden Nebenbetriebszweigen streng getrennte Eechnung geführt, über die in den Geschäftsberichten jeweils gesonderte Eechenschaft abgelegt wird. Obwohl rechtlich betrachtet die Landwirtschaftsbetriebe einen Bestandteil des Unternehmens bilden, hat der Bund bis jetzt die Mittel unangetastet gelassen. Die
Landwirtschaftsbetriebe wiesen immer einen Eeingewinn aus, der im langjährigen Mittel rund 50 000 Franken ausmacht und in besondere Fonds (Versicherungsfonds usw.)

eingelegt wurde. Zurzeit wird geprüft, ob diese Praxis weitergeführt werden soll.

Auf jeden Fall wird aber vorausgesetzt, dass in Verlustjahren auch aus diesen Gewinnen keine Dividende oder andere Vergünstigungen an die Aktionäre ausgeschüttet werden dürfen.

Was die Frage der Beschränkung der Konkurrenzierung schweizerischer Unternehmen durch die beiden Zuckerfabriken anbelangt, sei auf die Ausführungen in der Botschaft vom 26. August 1957 verwiesen. Überdies hat eine Be-

1106 sprechung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes mit der Zuckermühle Eupperswil folgende Bestätigung bzw. Neuumschreibung der Begeluhg der Konkurrenzfrage erbracht : 1. Die mie unserer Zustimmung am 81. Januar 1958 abgegebene Erklärung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes an den aargauischen Begierungsrat wird bestätigt. Sie lautet dahin, dass die Zuckerfabrik Frauenfeld in den ersten fünf Jahren nach Aufnahme ihres Betriebes keine Abfüllanlage für Kleinpackungen (Packungen unter 5 kg) erstellen werde.

2. Die Zuckerfabrik Frauenfeld sieht verbindlich vor, während den ersten fünf Jahren nach Inbetriebnahme keine Einrichtungen für die Herstellung von Würfelzucker und von Mahlprodukten zu installieren.

8. An sich sollen weder die Zuckerfabrik Aarberg noch jene von Frauenfeld Importgeschäfte von Kristall- und Würfelzucker tätigen.

4. Die Baffination von Bohzucker in Aarberg bleibt - wie im geltenden Zuckerbeschluss festgelegt - auf eine jährliche Höchstmenge von 30 000 Tonnen beschränkt.

Wenn die Zuckerfabrik Frauenfeld nach Ablauf der Sperrfrist von fünf Jahren aus den erwähnten Beschränkungen der Geschäftstätigkeit entlassen werden möchte, hat sie eine Bewilligung gemäss Artikel 10, Absatz 8 des geltenden Zuckerbeschlusses einzuholen. Bei der Prüfung solcher Gesuche ist der Bundesrat gemäss Artikel 5 des Zuckerbeschlusses gehalten, die Interessen der in Frage stehenden Unternehmen zu wahren. Selbstverständlich behält sich der Bundesrat vor, die genannten vier Punkte im Bahmen der gesetzlichen Bestimmungen wesentlich veränderten Verhältnissen anzupassen; dabei wird er die interessierten Kreise anhören.

Gemäss dem neuen Artikel 19 wild der ganze Bundesbeschluss bis zum 30.

September 1969 befristet. Diese Befristung auf sechs Jahre ist auf das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens zurückzuführen, bei dem insbesondere von verschiedenen Wirtschaftsorganisationen gewünscht wurde, nach einigen Jahren Gelegenheit zu erhalten, zur schweizerischen Zuckerpolitik erneut Stellung zu nehmen. Die befristete Lösung lässt sich umso eher rechtfertigen, als die Verhältnisse auf dem internationalen Zuckermarkt nach wie vor undurchsichtig sind. Was den schweizerischen Anschluss an die europäischen Integrationsbestrebungen anbelangt, dürfte sich die Situation in einigen Jahren ebenfalls
besser geklärt haben als dies heute der Fall ist.

Der Zuckerbeschluss von 1957 war unbefristet. Es stellte sich deshalb die Frage, ob nur die heute vorgeschlagene Neuerung befristet werden sollte. Da aber die Verwirklichung der Ziele des Beschlusses von 1957 bevorsteht, werden dadurch etliche Bestimmungen des Erlasses hinfällig. Weiter werden in einigen Jahren Erfahrungen vorliegen, wie sich die gesetzlichen Bestimmungen auf die Zusammenarbeit zwischen den beiden -Zuckerfabriken auswirkten. Es dürfte deshalb auch aus diesen Gründen zweckmässig sein, den ganzen Zuckerbeschluss zu befristen und in sechs Jahren einer Überprüfung zu unterziehen.

1107 Alle übrigen Bestimmungen des Beschlusses von 1957 bleiben unverändert.

Auf Grund der Vernehmlassungen zeigte es sich nämlich, dass es im heutigen Zeitpunkt am zweckmässigsten sein dürfte, Ihnen keinen neuen Erlass über die schweizerische Zuckerwirtschaft vorzulegen, sondern'eine blosse Novelle, welche die in Anbetracht der Weltrnarktlage für Zucker notwendig gewordene erweiterte finanzielle Sicherstellung der beiden Zuckerfabriken gewährleistet. Die zahlreichen Wünsche und Anregungen in den Vernehmlassungen gingen davon aus, dass ursprünglich die Absicht bestand, ein neues unbefristetes Gesetz zu beantragen. Da sich die heutige Fassung aufdrängte, konnten im vorliegenden Entwurf jene Wünsche und Anregungen für Änderungen nicht berücksichtigt werden, welche nicht direkt mit der finanziellen Sicherung der beiden Zuckerfabriken in Zusammenhang stehen.

Der Bundesbeschluss über die Änderung wird dem fakultativen Eeferendum unterstellt. Er soll, wenn es die Verhältnisse erfordern, rückwirkend auf den I.Oktober 1963, d.h. auf den Beginn des Bechnungsjahres 1963/64 der beiden Zuckerfabriken in Kraft gesetzt werden.

Wir beantragen Ihnen, die in Abschnitt D, Ziffer I aufgeführten, vom Parlament angenommenen Motionen Nr. 8409 und 8412 sowie das vom Nationalrat angenommene Postulat Nr. 8406, denen die Botschaft Rechnung trägt, abzuschreiben.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beehren wir uns, Ihnen die Annahme des beiliegenden Beschlusses-Entwurfes zu beantragen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 19. April 1963.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Spühler Der Bundeskanzler: Ch. Oser

1108 (Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Änderung des Bundesbeschlusses über die Förderung des Anbaues von Zuckerrüben und die vermehrte Sicherung der Landesversorgung mit Zucker

Die Bundesversammlung deir Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht, in eine Botschaft des Bundesrates vom 19. April 1968, beschliesst :

Der Bundesbeschluss vom 20. Dezember 19571) über die Förderung des Anbaues von Zuckerrüben und die vermehrte Sicherung der Landesversorgung mit Zucker wird, wie folgt geändert : Art. 9, Abs. 2, letzter Satz Wenn die gemäss Artikel 13, Absätze l und 2 verfügbaren Mittel zur Dekkung der Geschäftsverluste nicht ausreichen, ist nötigenfalls von diesem Grundsatz abzuweichen.

Art. 13 Ergeben sich, gestützt auf die Überprüfung gomäss Artikel 11, trotz sorgfältiger Geschäftsführung und vorgängiger Anwendung von Artikel 6, bei einer der beiden Zuckerfabriken oder bei beiden Verluste, so hat deren Deckung in einem für jede Fabrik jeweils vom Bundesrat festzulegenden Verhältnis zu erfolgen : a. aus ihren vorhandenen Eeserven; b. durch Zuwendungen des Bundes, die für beide Zuckerfabriken insgesamt den Betrag von 15 Millionen Pranken jährlich nicht überschreiten dürfen.

Liegen ausserordentliche Verhältnisse vor, kann die Bundesversammlung den Betrag von Fall zu Fall bis auf 20 Millionen Franken erhöhen.

1

!) AS 1959, 405.

1109 2

Über die Aufteilung der Zuwendungen des Bundes gemäss Absatz l, Buchstabe b unter die beiden Zuckerfabriken beschliesst je nach den Geschäftsergebnissen und je nach den verfügbaren Eeserven der Bundesrat.

3 Kann ein Verlust auf diese Weise nicht ganz gedeckt werden, so wird der Best auf neue Eechnung vorgetragen. Dieser auf neue Eechnung vorgetragene Verlust ist, sofern er im nachfolgenden Geschäftsjahr nicht oder nur teilweise aus dem Geschäftsergebnis gedeckt werden kann, ebenfalls nach Massgabe der Absätze l und 2 zu decken.

4 Genügen alle diese Deckungsmöglichkeiten nicht und droht deswegen ein Kapitalverlust oder eine Überschuldung im Sinne von Artikel 725 des Obligationenrechtes, so ist, ausser den dort vorgeschriebenen Vorkehren, dem Bundesrat unverzüglich davon Kenntnis zu geben.

Art. 19 Dieser Beschluss gilt bis 80. September 1969.

II

Der Bundesrat setzt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesbeschlusses fest.

Die während der Gültigkeitsdauer der aufgehobenen Bestimmungen eingetretenen Tatsachen sind auch fernerhin nach diesen Vorschriften zu beurteilen.

III Der Bundesrat wird beauftragt, gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranlassen.

Bundesblatt. 115. Jahrg. Bd. I.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Änderung des Bundesbeschlusses über die Förderung des Anbaues von Zuckerrüben und die vermehrte Sicherung der Landesversorgung mit Zucker (Vom 19. April 1963)

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1963

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16.05.1963

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