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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 (Vom 22.Februar 1963)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen das Übereinkommen über diplomatische Beziehungen und das dazugehörige Fakultativprotokoll über die obligatorische Beilegung von Streitigkeiten zur Genehmigung vorzulegen. Diese zwei Texte wurden am 18. April 1961 nach Abschluss der Konferenz der Vereinigten Nationen über diplomatische Beziehungen und Immunitäten, die vom 2. März bis 14. April 1961 in Wien stattfand, unterzeichnet.

Nach einem kurzen Eückblick auf die der Konferenz vorausgegangenen Arbeiten sollen die Gründe dargelegt werden, welche die Schweiz zur Teilnahme an dieser .Konferenz veranlasst haben. Anschliessend werden wir den Verlauf der Konferenz darstellen, die Ergebnisse ihrer Arbeiten prüfen und insbesondere die wichtigsten Bestimmungen des Übereinkommens erläutern.

I. Die Vorarbeiten der Konferenz Die Kommission für Völkerrecht der Vereinigten Nationen bezeichnete an ihrer ersten Tagung im Jahre 1949 das Problem der «diplomatischen Beziehungen und Immunitäten» als eine der Fragen, deren Kodifizierung ihr wünschenswert und auch möglich erschien.

Im Laufe ihrer 7. Session nahm die Generalversammlung der Vereinigten Nationen am 5.Dezember 1952 einen vom Vertreter Jugoslawiens eingereichten Resolutionsentwurf an (Resolution 685 (VII)), laut welchem die Kommission

242 für Völkerrecht ersucht wurde, die Kodifizierung des Rechtes betreffend die diplomatischen Beziehungen und Immunitäten an die Hand zu nehmen, sobald sie es als möglich erachte.

Im Jahre 1954 beschloss die Kommission für Völkerrecht an ihrer 6. Tagung, diese Arbeiten aufzunehmen, und ernannte Herrn A.E.F. Sandström (Schweden) zum Sonderberichterstatter. Herr Sandström legte seinen Bericht bereits an der 7. Session der Kommission vor, die jedoch aus Zeitmangel dessen Studium auf ihre S.Tagung (1956) verschob. An dieser Session erhielt die Kommission noch ein Memorandum des Sekretariates der Vereinigten Nationen über den gleichen Gegenstand.

Die Kommission befasste sich im Laufe ihrer 9. Tagung mit der Untersuchung des Problems, wobei sie den vom Sonderberichterstatter ausgearbeiteten Bericht als Grundlage ihrer Beratungen benützte. Sie einigte sich auf einen ersten Entwurf von Artikeln über diplomatische Beziehungen und Immunitäten, begleitet von Erläuterungen.

Dieser Entwurf wurde durch den Generalsekretär der Vereinigten Nationen den UNO-Mitgliedstaaten übermittelt, um ihre Bemerkungen dazu einzuholen.

Ebenso wurde er der Schweiz vorgelegt, die auf diese Weise Gelegenheit zur Meinungsäusserung erhielt. Anderseits war der Entwurf anlässlich der 12. Session der Generalversammlung der Vereinigten Nationen (Herbst 1957) Gegenstand einer kurzen Aussprache in der zur Behandlung von Eechtsfragen zuständigen 6. Kommission der Versammlung.

Anlässlich ihrer 10. Tagung (1958) überprüfte die Kommission für Völkerrecht den Text des Artikelentwurfes unter Berücksichtigung der in der 6. Kommission der Generalversammlung der Vereinigten Nationen geäusserten Meinungen und der Bemerkungen der einzelnen Eegierungen. Sie nahm am vorläufigen Entwurf eine Anzahl Änderungen vor und richtete an die Generalversammlung die Empfehlung, den Entwurf von Artikeln über diplomatische Beziehungen und Immunitäten den Mitgliedstaaten zwecks Abschlusses eines mehrseitigen Übereinkommens vorzulegen.

Mit Eesolution 1288 (XIII) vom S.Dezember 1958 lud. die Generalversammlung im Laufe ihrer 13. Session die Mitgliedstaaten der Vereinigten Nationen ein, ihre Bemerkungen zum Artikelentwurf bekanntzugeben, und sah vor, dass die Generalversammlung an ihrer 14. Session, prüf en solle, welches Organ mit der Ausarbeitung eines
Übereinkommens über diplomatische Beziehungen und Immunitäten zu betrauen sei. Bei dieser Gelegenheit übermittelte erneut das UNO-Sekretariat den. Artikelentwurf der Schweiz.

Die 6. Kommission der Generalversammlung prüfte anlässlich der 14. Session der Versammlung (1959) die Bemerkungen der Eegierungen. Auf Grund ihres Berichtes beschloss die Generalversammlung durch Eesolution 1450 (XIV), im. Laufe des Frühjahrs 1961 eine internationale Bevollmächtigtenkonferenz einzuberufen und sie zu beauftragen, die Frage der diplomatischen Beziehungen und Immunitäten zu behandeln und die Ergebnisse ihrer Arbeiten in einem internationalen Übereinkommen oder in den ihr notwendig scheinenden Zusatz-

248 Übereinkünften festzulegen. Entsprechend eine'm Vorschlag Österreichs wurde Wien als Konferenzort gewählt; dies geschah zur Erinnerung an den 1815 dort abgehaltenen Kongress, an dem die Grundlagen einer ersten Kodifikation des Diplomatenrechtes geschaffen wurden. Österreich erklärte sich bereit, die zusätzlichen Kosten zu übernehmen, die den Vereinigten Nationen infolge der Abhaltung der Konferenz in einer anderen Stadt als New York oder Genf erwachsen würden. Die Einladung zur Teilnahme an der Konferenz erging an alle Mitgliedstaaten der Vereinigten Nationen, an die Mitgliedstaaten der Spezialorganisationen und an die Vertragsstaaten des Statuts des Internationalen Gerichtshofes.

Gestützt auf diese Eesolution teilte der Generalsekretär der Vereinigten Nationen den eingeladenen Staaten mit, die Konferenz finde in Wien vom 2.März bis U.April 1961 statt.

u. Die Teilnahme der Schweiz an der Konferenz 1. Die Schweiz hat es sich seit jeher zur Aufgabe gemacht, die Bestrebungen zur Festigung und zur Fortentwicklung des Völkerrechts zu unterstützen ; soweit ihr Neutralitätsstatus es zuliess, hat sie an den in dieser Eichtung unternommenen Arbeiten tätig mitgewirkt. Bereits im letzten Jahrhundert spielte sie eine entscheidende Eolle bei der Ausarbeitung kollektiver Übereinkommen, unter denen die Eotkreu'z-Konventionen einen bedeutenden Markstein in der Geschichte der Schaffung .und Kodifizierung des Völkerrechtes bilden. In diesem Geiste hat unser Land auch an der Konferenz der Vereinigten Nationen zur Verminderung der Fälle von Staatenlosigkeit, die 1958 in Genf stattfand, sowie an den von der UNO 1958 und 1960 einberufenen Konferenzen zur Kodifizierung des Seerechtes teilgenommen.

Die Schweiz brachte dem Beschluss der Vereinigten Nationen, ein weiteres Kapitel des Völkerrechtes zu kodifizieren, ein um so grösseres Interesse entgegen, als es sich dabei um das Diplomatenrecht handelte. Die Errichtung des Internationalen Arbeitsamtes und des Völkerbundes, ferner nach dem Zweiten Weltkriege diejenige des europäischen Sitzes der Vereinigten Nationen und mehrerer anderer zwischenstaatlicher Organisationen in Genf, schufen in der Tat verschiedene Probleme in bezug auf die Immunitäten und Vorrechte dieser Organisationen und ihrer Beamten sowie der zeitweiligen und ständigen Vertreter ihrer Mitgliedstaaten. Unser
Land konnte deshalb auf einem dem eigentlichen Diplomatenrecht nahestehenden Gebiet, für das sehr weitgehend diesem Eecht entliehene Normen gelten, reiche Erfahrungen sammeln. Zudem unterhalten eine sehr grosse Zahl von Staaten in Bern diplomatische Vertretungen ; die Schweiz ist ihrerseits in den meisten Staaten der Erde, einschliesslich der neuen Staaten Afrikas und Asiens, vertreten.

Es war deshalb von grösster Bedeutung, dass die Schweiz, nachdem sie Gelegenheit erhalten hatte, sich zu den aufeinanderfolgenden Entwürfen der Kommission für Völkerrecht zu äussern, an der Konferenz teilnehmen konnte, die zur Aufgabe hatte, die Hegeln über diplomatische Beziehungen und Immuni-

244 täten in einem internationalen Übereinkommen festzulegen. Am 24. Februar 1961 beschloss der Bundesrat, die Einladung des Generalsekretärs der Vereinigten Nationen zur Teilnahme an der Konferenz anzunehmen, und bezeichnete hiefür als schweizerische Delegierte : Botschafter Paul Eüegger, Delegationschef; Professor Eudolf L. Bindschedler, damals Chef des Eechtsdienstes des Politischen Departements, Stellvertreter des Delegationschefs; Minister Eichard Aman, Chef des Protokolls des Politischen Departements ; Dr. Jean-Philippe Monnier, juristischer Beamter beim Eechtsdienst des Politischen Departements, Sekretär der Delegation.

Der B.undesrat beschloss ferner, mit Bezug auf alle Fragen betreffend die Eechtsstellung des schweizerischen Personals im Ausland der Delegation einen Vertreter der Abteilung für Verwaltungsangelegenheiten des Politischen Departements beizugeben; als solcher wurde ernannt: Dr. August Eebsamen, Stellvertreter des Chefs dieser Abteilung.

Anderseits wurde der Delegationschef ermächtigt, jederzeit Sachverständige beizuziehen; in dieser Eigenschaft nahm einige Tage an den Arbeiten der Konferenz teil: Herr Paul Senn, Dienstchef bei der Sektion Zollveranlagung der Oberzolldirektion.

Da die Konferenz zum Ziele hatte, die gewohnheitsrechtlichen Eegeln auf dem Gebiet der diplomatischen Beziehungen und Immunitäten zu kodifizieren, konnte der Bundesrat seine Instruktionen an die Delegation in der Hauptsache darauf beschränken, sie habe sich dafür einzusetzen, dass das Übereinkommen und die etwaigen weiteren Übereinkünfte von den Grundsätzen des geltenden Gewohnheitsrechtes nicht derart abweichen, dass die Eechte der Schweiz als Entsendestaat in wesentlichen Punkten eingeschränkt oder ihr als Empfangsstaat übermässige neue Pflichten auferlegt würden.

2. Die Teilnahme der Schweiz an Kodifizierungskonferenzen, wie derjenigen von Wien über die diplomatischen Beziehungen, ist von einer Tragweite, die besonders hervorgehoben zu werden verdient.

Das Völkerrecht bildet die Grundlage der Völkergemeinschaft. Es ist als solche von Belang für die Gesamtheit der Staaten der Erde, nicht nur für einen Teil derselben. Da alle Staaten den Geboten der Völkerrechtsordnung unterstellt sind, die sie alle in gleichem Masse verpflichten, ist es wichtig, dass auch alle ihre Stimme nicht nur bei der
Ausarbeitung neuer Eechtsnormen erheben können, sondern auch bei der Anpassung bestehender Normen an die sich ständig wandernden Verhältnisse oder bei der Kodifizierung der aus der Gewohnheit herausgewachsenen Eegeln. Die von den Vereinigten Nationen zur Ausarbeitung mehrseitiger Übereinkommen einberufenen Bevollmächtigtenkonferenzen bieten

245 diese Gelegenheit auch der Schweiz, der es wegen ihrer Nichtzugehörigkeit zur UNO verwehrt ist, an der Tätigkeit derjenigen Kommission der Generalversammlung teilzunehmen, welche über die Arbeiten der Kommission für Völkerrecht berät.

Anderseits bleibt unser Land, wenn es bei der Fortentwicklung und der Kodifizierung des Völkerrechtes mitwirkt, seiner Berufung zur Friedensförderung treu und bekräftigt gleichzeitig den Gedanken einer aktiven Neutralität.

m. Allgemeine Betrachtungen über die Konferenz 1. Der Generalsekretär der Vereinigten Nationen hatte Einladungen an hundertacht Staaten ergehen lassen. An der Konferenz waren die Eegierungen folgender einundachtzig Staaten vertreten: Albanien, Argentinien, Äthiopien, Australien, Belgien, Brasilien, Bulgarien, Burma, Ceylon, Chile, Eepublik China (Formosa), Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Dominikanische Eepublik, Ecuador, El Salvador, Finnland, Frankreich, Ghana, Griechenland, Grossbritannien, Guatemala, Haiti, Heiliger Stuhl, Honduras, Indien, Indonesien, Irak, Iran, Irland, Israel, Italien, Japan, Jugoslawien, Kambodscha, Kanada, Kolumbien, Kongo (Léopoldville), Eepublik Korea, Kuba, Libanon, Liberia, Libyen, Liechtenstein, Luxemburg, Malaiische Föderation, Mali, Marokko, Mexiko, Niederlande, Nigeria, Norwegen, Österreich, Pakistan, Panama, Peru, Philippinen, Polen, Portugal, Eumänien, Saudi-Arabien, Schweden, Schweiz, Senegal, Sowjetunion, Spanien, Südafrika, Thailand, Tschad, Tschechoslowakei, Tunesien, Türkei, Ukraine, Ungarn, Uruguay, Venezuela, Vereinigte Arabische Eepublik, Vereinigte Staaten von Amerika, Eepublik Vietnam, Weissrussland, Zentralafrikanische Eepublik. Von diesen einundachtzig Staaten sind sechs nicht Mitglieder der Vereinigten Nationen, und zwar neben der Schweiz die Bundesrepublik Deutschland, die Eepublik Korea (Südkorea), das Fürstentum Liechtenstein, die Eepublik Vietnam (Südvietnam), und der Heilige Stuhl.

Die Konferenz wählte zum Präsidenten Herrn Alfred Verdross, Professor an der Eechtsfakultät der Universität Wien und Leiter der österreichischen Delegation. Sie ernannte ausserdem zwanzig Vizepräsidenten; ein einziges Mal hatte einer von ihnen den Vorsitz der Konferenz zu übernehmen.

Die Einheitlichkeit des von der Kommission für Völkerrecht ausgearbeiteten Übereinkommensentwurfes ermöglichte es der Konferenz,
eine einzige Kommission -- Gesamtkommission genannt - zu bestellen. Zu ihrem Präsidenten wurde Herr A. S. Lall, Botschafter Indiens in Wien und Chef der indischen Delegation, gewählt. Die beiden Vizepräsidenten waren Herr H.Birecki (Polen) und Herr N.Iriniz Casas (Uruguay). Zum Berichterstatter der Gesamtkommission wurde der Chef der niederländischen Delegation, Herr W.Biphagen, Eechtsberater des niederländischen Aussenministeriums, bezeichnet. Die Konferenz bestellte ferner ein Bedaktionskomitee von zwölf Mitgliedern unter dem Vorsitz von Herrn E.S.S.Gunewardene (Ceylon); die Schweiz war in diesem Komitee vertreten.

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Die von der Konferenz bezeichnete Vollmachtenprüfungskommission setzte sich aus neun Mitgliedern zusammen und wurde vom Chef der australischen Delegation, Herrn C. J. G.Kevin, präsidiert.

Die Gesamtkommission bestellte ihrerseits eine Subkommission von neun Mitgliedern zum Studium eines von der Kommission für Völkerrecht ausgearbeiteten Entwurfes von Artikeln über die Sondermissionen.

Der Generalsekretär der Vereinigten Nationen war an der Konferenz durch Herrn O.A. Stavropoulos, Kechtsberater der UNO, vertreten. Exekutivsekretär der Konferenz war Herr Yuen-li Liang, Direktor der Abteilung für Kodifizierungen des Eechtsdienstes der Vereinigten Nationen.

2. Die Konferenz war von einem Geiste gegenseitigen Verständnisses zwischen den Delegationen getragen. Während die von den Seerechtskonferenzen getroffene Eegelung für eine Reihe von Staaten Fragen von erheblicher politischer Bedeutung aufwarf, stellten sich bei der Kodifizieriing der allgemein anerkannten und seit langem angewandten Kegeln auf dem Gebiet der diplomatischen Beziehungen und Immunitäten ihrer Natur nach keine damit vergleichbaren Probleme. Der technische Charakter des auszuarbeitenden Übereinkommens bewirkte, dass die Beratungen jedes ideologischen Gehaltes entbehrten.

Zwar kam es zu einigen Interventionen politischer Art, die meistens darauf zurückzuführen waren, dass eine Anzahl Nichtmitgliedstaaten der Vereinigten Nationen (Volksrepublik China, Äussere Mongolei, Ostdeutschland, Nordkorea und Nordvietnam) nicht zur Konferenz eingeladen worden waren. Aber diese Interventionen, die im Rahmen der Vereinigten Nationen und an den von dieser Organisation einberufenen Konferenzen nichts Aussergewöhnliches sind, waren nur von geringer Tragweite und hatten keinerlei Einfluss auf den Verlauf der Konferenz. Die Delegationen zeigten sich im allgemeinen bestrebt, eine Politisierung der Beratungen zu vermeiden. In diesem Sinne zog die Schweiz den von ihr im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse in Bern und Genf eingereichten Abänderungsvorschlag zurück, es sei dem Entsendestaat zu untersagen, ohne Zustimmung des Empfangsstaates den Sitz seiner Mission in einer anderen Stadt als derjenigen des Regierungssitzes zu errichten; dieser Vorschlag hatte nämlich zu einer Diskussion zwischen dem Delegierten Saudi-Arabiens und demjenigen Israels über
die Verlegung der Hauptstadt Israels von Tel-Aviv nach Jerusalem geführt. Im gleichen Sinn und Geist ging die Delegation Belgiens vor: nachdem sie in der ersten Sitzung der Gesamtkommission die Ereignisse in Erinnerung gerufen hatte, die zur Plünderung der Botschaft Belgiens in Kairo führten, beschränkte sie sich später bei der Behandlung des Artikels über die Unverletzlichkeit der diplomatischen Mission auf die Abgabe einer allgemein gehaltenen Erklärung über den Grundcharakter dieser Immunität und die Pflicht des Empfangsstaates, sie zu achten.

Es ist von Interesse festzustellen, dass bei den Auseinandersetzungen über gewisse Bestimmungen nicht etwa entsprechend der herkömmlichen ideologi-

247 sehen Trennungslinie die Staaten des Westens und die Oststaaten einander gegenüberstanden, sondern meistens auf der einen Seite die jungen Staaten Asiens und Afrikas sowie die kleinen Staaten und auf der anderen Seite die Grossmächte, deren Belange sich in mehr als einem Punkte deckten. So brachten die vor kurzem unabhängig gewordenen Staaten mit der Mehrzahl der Länder Lateinamerikas eine Mehrheit zustande, die entgegen der namentlich von der Sowjetunion, den Vereinigten Staaten und Grossbritannien vertretenen Auffassung einen Abänderungsvorschlag durchsetzte, demzufolge die Errichtung und Benützung einer Funksendeanlage durch eine Mission der Zustimmung des Empfangsstaates bedarf. Eine ähnliche Mehrheit bildete sich bezüglich des Artikels über den Personalbestand der Mission ; das Zusammengehen der jungen afrikanischen und asiatischen Staaten und der kleinen Staaten führte dazu, die Befugnis des Empfangsstaates zu verstärken, sich einer unverhältnismässigen Erhöhung des Personalbestandes der Mission zu widersetzen und die Zulassung von Beamten einer bestimmten Kategorie abzulehnen, indem es dem Empfangsstaat überlassen wird, darüber zu befinden, was er in dieser Hinsicht für normal und angemessen halten will. Auch hier sahen sich die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten in die Minderheit versetzt. Wir werden weiter unten diese beiden Bestimmungen eingehend prüfen.

Das gute Einvernehmen zwischen den Delegationen, verbunden mit dem Wunsche, jeden politischen Streit zu vermeiden, ermöglichte es der Konferenz, ihre Arbeiten innerhalb der vorgesehenen Zeit zu beendigen. Am 14. April 1961 wurden neben dem Text des Übereinkommens über diplomatische Beziehungen zwei Fakultativprotokolle - das eine betreffend das Problem des Erwerbs der Staatsangehörigkeit des Empfangsstaates durch die Mitglieder der diplomatischen Mission, das andere betreffend die friedliche Beilegung von Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung des Übereinkommens - sowie vier Resolutionen angenommen. Diese verschiedenen Texte werden weiter unten im einzelnen erläutert werden.

8. Wie die Mehrzahl der anderen Delegationen hat auch die schweizerische an den Arbeiten der Konferenz tätig teilgenommen. Als Mitglied des Redaktionskomitees konnte sie einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf die endgültige Formgebung des
Übereinkommens ausüben. Sie hat im Einvernehmen mit dem Vertreter Frankreichs in diesem Komitee den französischen Wortlaut des Übereinkommens bereinigt, der in gleicher Weise wie der chinesische, der englische, der russische und der spanische Text verbindlich ist.

Der Artikelentwurf der Kommission für Völkerrecht ist anderseits auf Veranlassung der schweizerischen Delegation in verschiedenen Punkten abgeändert worden. Diese Abänderungen betreffen die Bestimmungen über die Verkehrsfreiheit der diplomatischen Missionen und die Steuerbefreiung der Mitglieder dieser Missionen. Ferner erreichte die Schweiz, dass in die Präambel des Übereinkommens eine Erwägung über die subsidiäre Anwendung des Völkergewohnheits-

248 rechtes eingefügt wurde. Diese Abänderungen werden an späterer Stelle ausführlich erörtert. Schon hier sei aber die Bedeutung hervorgehoben, die der Bezugnahme auf das Gewohnheitsrecht zukommt. Damit werden nicht nur die Ursprünge des Diplomatenrechts in Erinnerung gerufen, sondern auch ein Grundsatz für die Lösung derjenigen Fragen aufgestellt, die von der staatsvertraglichen Eegelung nicht erfasst worden wären. Mehrere Delegationen unterliessen es nicht, die Zweckmässigkeit und den Wert einer solchen Erwägung in der Präambel zum ersten allgemeinen Kodifikationsübereinkommen - demjenigen, das die Begeln über diplomatische Beziehungen und Immunitäten kodifiziert hervorzuheben.

IV. Das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen 1. Das Übereinkommen über diplomatische Beziehungen, welches mit den bereits erwähnten Protokollen und Eesolutionen aus den Beratungen der Konferenz hervorgegangen ist, wurde am 14. April 1961 angenommen und am 18. April 19.61 von siebenunddreissig Teilnehmerstaaten unterzeichnet. Wie schon hervorgehoben wurde, kodifiziert das Übereinkommen im wesentlichen einfach die gewohnheitsrechtlichen Kegeln auf dem Gebiet der diplomatischen Beziehungen und Immunitäten. Ausser in einigen Punkten, die hier geprüft werden sollen, bringt sie nichts Neues auf dem Gebiet des Diplomatenrechtes.

Obwohl die Mehrzahl der von der Kommission für Völkerrecht ausgearbeiteten Artikel abgeändert und ergänzt wurden, bleibt das Übereinkommen in der Sache selbst dem ursprünglichen Text sehr nahe. Zwar wurden von den Delegierten ungefähr dreihundertfünfzig Abänderungsvorschläge eingereicht, doch wurden viele derselben von ihren Urhebern zugunsten des von der Kommission für Völkerrecht ausgearbeiteten Textes zurückgezogen, sei es dass diese Vorschläge nur rein formelle Änderungen angestrebt oder die Festlegung von . Regem bezweckt hatten, die lediglich die besondere Praxis eines einzelnen Staates wiedergaben.

Die Verhandlungen Hessen auch das eindeutige Bestreben der meisten Delegationen erkennen, das von der Kommission für Völkerrecht erzielte Gleichgewicht in bezug auf die Vorzugsstellung der diplomatischen Vertreter nicht zu zerstören. Dieses Bestreben äusserte sich insbesondere in der wiederholten Ablehnung derjenigen Abänderungsvorschläge, welche die Tragweite der im Artikelentwurf
festgelegten Vorrechte und Immunitäten einzuschränken trachteten. Im allgemeinen wurden in der Tat diejenigen Vorteile und Erleichterungen, die nach der weitestverbreiteten internationalen Praxis den Mitgliedern des diplomatischen Personals der Missionen gewährt werden, als ein Mindestmass betrachtet, das nicht angetastet werden sollte.

Während der Entwurf der Kommission für Völkerrecht fünfundvierzig Artikel enthielt, zählt das Übereinkommen deren dreiundf ünfzig ; die letzten sechs Artikel bilden die Schlussklauseln.

249 Wir werden im folgenden die wichtigsten Bestimmungen des Übereinkommens einlässlicher prüfen, besonders diejenigen, zu denen die Schweiz Abänderungen vorschlug.

2. Die Präambel ist aus einem von fünf Staaten (Burma, Ceylon, Indien, Indonesien und Vereinigte Arabische Eepublik) aufgestellten Entwurf hervorgegangen, der insbesondere durch Einfügung einer Erwägung ergänzt wurde, die ihrerseits auf einen Vorschlag der schweizerischen Delegation zurückgeht.

Die Schweiz hatte einen vollständigen Präambelentwurf eingereicht, den sie aber teilweise zurückzog, als sich zeigte, dass der Text der erwähnten fünf Staaten die Zustimmung einer Mehrheit fand. Die fünfte Erwägung der jetzigen Präambel (schweizerischer Vorschlag) bestimmt, dass die Kegeln des Völkergewohnheitsrechtes weiterhin für alle Fragen gelten sollen, die im Übereinkommen nicht ausdrücklich geregelt worden sind. Diese Erwägung bildet gewissermassen den Hintergrund, auf dem sich die Bestimmungen des Übereinkommens abzeichnen. Sie gibt diesem letzteren eindeutig seinen Platz in der Gesamtheit der Völkerrechtsnormen, welche auf die diplomatischen Beziehungen anwendbar sind, und schlägt gleichzeitig für den Fall von Lücken in der staatsvertraglichen Eegelung eine Lösung vor, die mit den Gegebenheiten der internationalen Praxis übereinstimmt.

Die vierte Erwägung stellt gleichfalls einen wichtigen Grundsatz auf, indem sie die allgemeine Eegel ausdrückt, dass die Auslegung der Konventionsbestimmungen sich auf das «Interesse der Funktion» zu stützen hat. Die Bezugnahme auf den repräsentativen Charakter der diplomatischen Missionen, die sich am Schlüsse dieser Erwägung findet, ist nicht im Sinne einer Abschwächung des vorhergehenden Grundsatzes, sondern vielmehr als seine Ergänzung zu verstehen. Die vierte Erwägung umschreibt sozusagen die theoretische Grundlage der diplomatischen Vorrechte und Immunitäten, die im Übereinkommen festgelegt sind.

Die Artikel l und 2 bedürfen keiner besonderen Erläuterung. Buchstabe i des Artikels l betreffend die Bäumlichkeiten der Mission wurde von der Konferenz dem Verzeichnis der Definitionen beigefügt, das die Kommission für Völkerrecht aufgestellt hatte.

Die Bestimmungen der Buchstaben a, b, o und d des Artikels 3 über die Aufgaben der diplomatischen Mission entsprechen dem Gewohnheitsrecht.

Buchstabe d
sieht zweckmässigerweise vor, dass die Mission ihre Aufgabe, sich über die Verhältnisse und Entwicklungen im Empfangsstaat zu unterrichten, mit allen rechtmässigen Mitteln auszuüben hat. Gemäss Buchstabe e hat die Mission zur weiteren Aufgabe, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Entsendestaat und Empfangsstaat zu fördern und ihre wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen auszubauen ; diese Bestimmung umschreibt eine Befugnis, die allmählich das Gewohnheitsrecht herauszubilden scheint.

Bundesblatt 115. Jahrg. Bd. I.

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Artikel 4 über die Ernennung des Missionschefs sieht zutreffend vor, dass der Empfangsstaat nicht gehalten ist, dem Entsendestaat die Gründe für eine Verweigerung des Agréments anzugeben.

Artikel 5 über die Beglaubigung eines Missionschefs bei mehreren Staaten verleiht in Absatz 8 dem Missionschef oder einem Mitglied des diplomatischen Personals der Mission die Befugnis, den Entsendestaat bei jeder auf dem Gebiet des Empfangsstaates niedergelassenen internationalen Organisation zu vertreten. Diese von einer sehr starken Mehrheit angenommene Bestimmung spiegelt eine in verschiedenen Staaten übliche Praxis wider. Dabei handelt es sich freilich um Staaten, denen eine solche Häufung von Funktionen keine Schwierigkeiten bereitet, weil sich die internationalen Organisationen an demselben Ort befinden, wo die Eegierung ihren Sitz hat und die diplomatischen Missionen niedergelassen sind. Dies trifft für die Schweiz jedoch nicht zu, wo die Mehrzahl, der internationalen Organisationen sich in Genf befinden. Es ist aber zu betonen, dass Artikel 5, Absatz 3, sich nur auf die Zulässigkeit einer Doppelbeglaubigung bezieht, weshalb der Missionschef, der sich darauf berufen möchte, nicht zugleich auch den Anspruch erheben könnte, seine Eesidenz in einer anderen Stadt als derjenigen des Eegierungssitzes zu errichten. Tatsächlich haben bereits verschiedene beim Bundesrat beglaubigte diplomatische Vertreter sich auf diese Bestimmung berufen und sind ermächtigt worden, ihr Land auch beim europäischen Sitz der Vereinigten Nationen und bei den anderen in Genf niedergelassenen internationalen Organisationen unter der Bedingung zu vertreten, dass sie ihre Eesidenz in Bern beibehalten.

Artikel 6 betrifft die Beglaubigung von Missionschefs durch mehrere Staaten; er legt eine neue Bestimmung fest. Die Klausel ist aus einer Anregung der Beneluxländer hervorgegangen, die von den skandinavischen Staaten unterstützt wurde. Diese letzteren wollen nämlich die Möglichkeit nicht ausschliessen, künftig in bestimmten Staaten gemeinsame diplomatische Vertreter zu ernennen.

Es ist zu bemerken, dass Artikel 6 jedoch die Zustimmung des Empfangsstaates vorbehält.

Artikel 7 bezieht sich auf die Ernennung des Personals der Mission.

Artikel 8 bestimmt, dass Angehörige des Empfangsstaates und auch Angehörige eines Drittstaates, die nicht
gleichzeitig die Staatsangehörigkeit des Entsendestaates besitzen, nur mit Zustimmung des Empfangsstaates zu Mitgliedern des diplomatischen Personals der Mission gewählt werden dürfen. Die schweizerische Delegation zog einen Abänderungsantrag zurück, der vorsah, dass die Mitglieder des Kanzleipersonals vom Erfordernis dieser Zustimmung auszunehmen seien. Zuvor hatte aber die schweizerische Delegation zu Protokoll gegeben, da die Freiheit der Staaten unangetastet bleibe, soweit das Übereinkommen keine ausdrückliche einschränkende Bestimmung enthalte, betrachte sie es als völlig unangemessen, dass die Mission die Zustimmung des Empfangsstaates einholen müsse, wenn ein Mitglied des nichtdiplomatischen Personals ernannt wird, das die Staatsangehörigkeit dieses Staates besitzt.

251 Die Artikel 9 (Personen, die als «non grata» erklärt werden) und 10 (Notifizierung der Ankunft und der Abreise der Mitglieder der Mission) bedürfen keiner besonderen Erläuterung. Zu beachten ist jedoch in Artikel 10, Absatz l, die Wendung «dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten oder einem anderen in gegenseitigem Einvernehmen bestimmten Ministerium des Empfangsstaates». Diese Wendung, die sich auch in den Artikeln 13,19, 39 und 41 findet, ist auf Verlangen der britischen Delegation eingefügt worden, und zwar namentlich mit Bücksicht auf den Fall der Hochkommissare der CommonwealthStaaten in London, da dort ein anderes Ministerium als das Foreign Office mit den Beziehungen zum Commonwealth betraut ist.

Artikel 11 betrifft den Personalbestand der Mission und regelt ein neues Problem. Er weicht in einem wichtigen Punkt vom entsprechenden Wortlaut des Artikelentwurfes ab. Die Kommission für Völkerrecht hatte die Befugnis des Empfangsstaates vorgesehen, nicht zuzulassen, dass der Personalbestand der Mission die Grenzen dessen übersteige, was in Anbetracht der in diesem Staat vorliegenden Umstände und Verhältnisse sowie der Bedürfnisse der betreffenden Mission «angemessen und normal ist». Demgegenüber bestimmt Artikel 11, der Empfangsstaat könne verlangen, dass dieser Personalbestand in den Grenzen gehalten wird, die er in Anbetracht der bei ihm vorliegenden Umstände und Verhältnisse sowie der Bedürfnisse der betreffenden Mission «für angemessen und normal hält». Das heisst mit anderen Worten: während der Wortlaut der Kommission für Völkerrecht eine Begrenzung des Personalbestandes der Vertretung auf Grund sachlicher Kriterien erlaubte, führt die von der Konferenz angenommene Bestimmung ein subjektives Kriterium ein, indem sie es dem Empfangsstaat überlässt, zu ermessen, ob der Personalbestand unverhältnismässig ist oder nicht. Diese Änderung hat Einwände seitens einiger Grossmächte hervorgerufen.

Es ist zu bemerken, dass Artikel 11 für unser Land in grundsätzlicher Hinsicht keine Schwierigkeiten bereitet, da die schweizerischen diplomatischen Missionen im allgemeinen einen beschränkten Personalbestand aufweisen. Dieser Artikel und insbesondere sein Absatz 2, wonach der Bmpfangsstaat innerhalb der in Absatz l umschriebenen Grenzen sich weigern kann, Beamte einer gewissen Kategorie zuzulassen,
bietet ganz im Gegenteil der Schweiz eine Handhabe, um in einem gewissen Grade den Personalbestand und die Zusammensetzung der ausländischen Missionen in Bern zu kontrollieren.

Artikel 13 legt den Zeitpunkt fest, in welchem der Missionschef sein Amt antritt.

Artikel 14 betreffend die Klassen der Missionschefs hat die von der Kommission für Völkerrecht formulierte Dreiteilung beibehalten. Die schweizerische Delegation hatte gemäss den erhaltenen Instruktionen einen Abänderungsvorschlag eingereicht, der dahin ging, jede Bezugnahme auf die Klasse der Gesandten, Minister und Internuntien sei zu streichen. Dieser namentlich

252 von Schweden und den übrigen skandinavischen Staaten sowie von Mexiko unterstützte Vorschlag wurde abgelehnt, da die Konferenz der Lage der einigen wenigen Staaten Rechnung tragen wollte, deren Gesetzgebung die Klasse der Gesandten und Minister noch vorsieht. In der Überzeugung, dass das allmähliche Verschwinden dieser Kategorie von Missionschefs eine unabänderliche Entwicklung in den internationalen Beziehungen darstellt, hat es die Konferenz vorgezogen, die Klasse der Minister von selber erlöschen zu lassen, ohne dass es nötig sei, dieses Verschwinden durch Einfügung einer Sonderbestimmung in das Übereinkommen hervorzurufen oder zu beschleunigen. Es steht ausser Zweifel - und das war auch die allgemeine Meinung - dass die Konferenz, hätte sie einige Jahre später stattgefunden, das Bestehen nur zweier Klassen von Missionschefs bestätigt haben würde: derjenigen der Botschafter und derjenigen der Geschäftsträger.

Die erste Klasse, wie sie in Absatz l, Buchstabe a, umschrieben ist, umfasst die bei Staatsoberhäuptern beglaubigten Botschafter und Nuntien sowie die anderen in gleichem Bang stehenden Missionschefs. Diese letztere Umschreibung bezieht sich auf die Hochkommissare in den Staaten des britischen Commonwealth und die Hochkommissare in den Staaten der Französischen Gemeinschaft. Pur die Hochkommissare der Commonwealth-Staaten war eine besondere Bezeichnung erforderlich, da gewisse Mitglieder der britischen Gemeinschaft das gleiche Staatsoberhaupt wie das Vereinigte Königreich haben und infolgedessen die Königin von England nicht bei sich selbst einen Hochkommissar beglaubigen kann.

Die Artikel 15, 16, 17 und 18 über Eangfolge und Form des Empfanges des Missionschefs geben nicht zu besonderen Bemerkungen Anlass.

Artikel 19 betreffend die Geschäftsträger ad intérim verdeutlicht in zweckdienlicher Weise, dass die Ernennung des Geschäftsträgers dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten des Empfangsstaates durch den Missionschef oder, wenn dieser dazu ausserstande ist, durch das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten des Entsendestaates notifiziert wird. Diese Bestimmung soll die Schwierigkeiten vermeiden, die namentlich im Falle einer Revolution oder eines politischen Umsturzes im Entsendestaat dadurch hervorgerufen werden könnten, dass durch den Missionschef eine der neuen Eegierung
des Entsendestaates nicht genehme Person zum Geschäftsträger ad intérim ernannt würde.

Artikel 21 bezieht sich auf die Unterkunft der Mission. Er mildert die im Entwurf der Kommission für Völkerrecht dem Ernpfangsstaat auferlegte Verpflichtung, dem Entsendestaat zu gestatten, auf seinem Gebiet die von der Mission benötigten Räumlichkeiten zu erwerben oder der Mission auf andere Weise eine angemessene Unterkunft zu sichern. Künftighin hat der Residenzstaat entweder im Rahmen seiner Gesetzgebung den Erwerb der von der Mission benötigten Räumlichkeiten durch den Entsendestaat zu erleichtern oder diesem Staat behilflich zu sein, sich auf andere Weise Räumlichkeiten zu beschaffen.

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Die Artikel 22 (Unverletzlichkeit der Bäumlichkeiten der Mission) und 23 (Steuerbefreiung dieser Bäumlichkeiten) verlangen keine besonderen Bemerkungen.

Artikel 24 betreffend die Unverletzlichkeit der Archive erweitert diese Immunität sowohl zeitlich als auch räumlich. Archive und Schriftstücke der Mission sind in der Tat «jederzeit unverletzlich, gleichviel wo sie sich befinden».

Der Grundsatz eines vermehrten Schutzes der Archive ist zu begrüssen; denn er wird es ermöglichen, Eingriffen und Missbräuchen vorzubeugen, für die es während des Zweiten Weltkrieges manche Beispiele gegeben hat. Es ist indessen hervorzuheben, dass diese Bestimmung zu Schwierigkeiten für den Empfangsstaat führen könnte, falls die Archive und Schriftstücke einer diplomatischen Mission keine genügenden äusseren Kennzeichen tragen sollten, die ihre Identifizierung gestatten.

Die Artikel 25 (notwendige Erleichterungen zur Wahrnehmung der Aufgaben der Mission) und 26 (Bewegungsfreiheit der Mitglieder der Mission) erfordern keine Erläuterung.

Artikel 27, der von der Freiheit des Verkehrs der Mission handelt, war Gegenstand längerer Beratungen. Er regelt verschiedene Fragen.

. Absatz l stellt den Grundsatz auf, dass der Empfangsstaat den freien Verkehr der diplomatischen Mission für alle amtlichen Zwecke gestattet und schützt. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kann die Mission mit der Begierung des Entsendestaates sowie mit den anderen diplomatischen Missionen und den Konsulaten dieses Staates verkehren. Ein von der schweizerischen Delegation instruktionsgemäss eingereichter Abänderungsvorschlag, die Bezugnahme auf die Konsulate zu streichen, wurde mit sehr grosser Mehrheit verworfen. Absatz l bestimmt ferner, dass die Mission alle für den Verkehr geeigneten Mittel, insbesondere diplomatische Kuriere und Nachrichten in geheimer Sprache, benützen kann. Hinsichtlich der Befugnis der Mission, eine Funksendeanlage zu gebrauchen, schieden sich die an der Konferenz teilnehmenden Staaten in zwei Lager: die einen wollten diese Befugnis von einer ausdrücklichen Bewilligung des Empfangsstaates abhängig machen, während die anderen das unbedingte Recht der Mission festlegen wollten, sich einer solchen Sendeanlage zu bedienen. Die ersteren, unter denen sich die neuen Staaten Asiens und Afrikas sowie die kleinen Staaten befanden,
bildeten eine bedeutende Mehrheit und ermöglichten dadurch die Annahme eines von Argentinien, Indien, Indonesien, Mexiko, Venezuela und der Vereinigten Arabischen Republik eingereichten Abänderungsvorschlages, wonach die Zustimmung des Empfangsstaates vorbehalten bleibt. Die in diesem Punkt erfolgte Beschränkung des Rechtes auf freien Verkehr erscheint wie eine unwillkürliche Abwehrbewegung der betreffenden Staaten, die verhindern wollten, dass gewisse Missionen ihre Sendeanlagen für die Zwecke einer ideologischen Propaganda verwenden. Infolge der Annahme dieses Abänderungsvorschlages wurde ein Antrag der Schweiz gegenstandslos, es sei das Recht der Mission zur Benützung einer Sendeanlage

254 von einer durch den Empfangsstaat auf Verwaltungsebene zu erteilenden Bewilligung abhängig zu machen.

Absatz 2 regelt die Unverletzlichkeit der «amtlichen Korrespondenz» der Mission und bezeichnet als solche die gesamte Korrespondenz, welche sich auf die Mission und ihre Aufgaben bezieht.

Die Absätze 3 und 4 betreffen das Kuriergepäck. Die Schweiz und Frankreich reichten einen gemeinsamen Abänderungsvorschlag ein, wonach zu präzisieren sei, die im Kuriergepäck enthaltenen Schriftstücke und Gegenstände müssten amtlichen Charakter tragen und für die Ausübung der Funktionen der Mission notwendig sein. Da die Konferenz diese Verdeutlichung als überflüssig erachtete, bestimmt der jetzige Text entsprechend dem Entwurf der Kommission für Völkerrecht, dass das Kuriergepäck nur diplomatische Schriftstücke oder für den amtlichen Gebrauch bestimmte Gegenstände enthalten darf.

Die Absätze 5 und 6 betreffen den diplomatischen Kurier. Absatz 5 ist aus einem gemeinsamen schweizerisch-französischen Abänderungsvorschlag hervorgegangen. Entgegen dem Artikelentwurf präzisiert er einerseits, dass der Kurier ein amtliches Schriftstück mit sich führen muss, aus dem seine Stellung und die Zahl der das Kuriergepäck bildenden Gepäckstücke ersichtlich sind, und anderseits, dass die Schutzpflicht des Empfangsstaates sich nur auf den Kurier während der Wahrnehmung seiner Aufgaben bezieht. Absatz 6 handelt von den diplomatischen Kurieren ad hoc.

Absatz 7 verankert die heute von der Mehrzahl der Staaten geübte Praxis, das Kuriergepäck den Kommandanten von Flugzeugen regulärer gewerblicher Luftfahrtlinien anzuvertrauen. Der betreffende Kommandant muss ein Schriftstück mit sich führen, aus dem die Anzahl der Gepäckstücke ersichtlich ist, die das Kuriergepäck bilden; er gilt aber nicht als diplomatischer Kurier. Die Mission ist befugt, eines ihrer Mitglieder abzuordnen, um im Flughafen das Kuriergepäck unmittelbar und ungehindert vom Flugzeugkommandanten entgegenzunehmen. Diese Bestimmung geht auf einen Abänderungsvorschlag zurück, welcher von der Schweiz eingereicht und dann in einen gemeinsamen schweizerisch-französischen Abänderungsantrag eingefügt wurde. Indem dadurch eine Übung festgelegt wird, die bisher von gewissen Staaten nur widerstrebend geduldet wurde, sollen für die Zukunft alle Schwierigkeiten beseitigt werden,
welche die freie Beförderung der diplomatischen Korrespondenz behindern könnten.

Die Artikel 29 und 30 regeln die Unverletzlichkeit der Person, beziehungsweise die Unverletzlichkeit der Wohnung und des Vermögens des diplomatischen Vertreters.

Die Artikel 31 und 32 beziehen sich auf die Immunität von der Gerichtsbarkeit. Ein Abänderungsantrag der schweizerischen Delegation, die Verwaltungsverfahren hinsichtlich der Erteilung oder des Entzugs der Fahrbewilligung von der Immunität auszuschliessen, wurde verworfen. Es sei bemerkt, dass

255 Artikel 81, Absatz l, Buchstabe c, in einem Widerspruch mit Artikel 42 steht.

Die erstere Bestimmung schliesst die Immunität aus bei Klagen im Zusammenhang mit einem freien Beruf oder einer gewerblichen Tätigkeit, die der diplomatische Vertreter ausserhalb seiner dienstlichen Aufgaben ausübt. Artikel 42, der auf einen Vorschlag von Kolumbien zurückgeht, untersagt überhaupt dem diplomatischen Vertreter, im Empfangsstaat einen freien Beruf oder eine gewerbliche Tätigkeit auszuüben, die auf persönlichen Gewinn gerichtet sind.

Die Mehrheit der Konferenz fand es jedoch angebracht, Buchstabe c des Artikels 31, Absatz l, beizubehalten, um jeden Missbrauch zu vermeiden.

Bezüglich des Verzichtes auf die Immunität von der Gerichtsbarkeit ist die Konferenz der Auffassung der Kommission für Völkerrecht nicht gefolgt, welche die Möglichkeit eines stillschweigenden Verzichtes auf die Immunität von der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit vorsah; die Konferenz hat den Grundsatz des ausdrücklichen Verzichtes in allen Fällen festgelegt.

Artikel 33, der die Befreiung von der Gesetzgebung über soziale Sicherheit betrifft, ist aus einem Abänderungsvorschlag der österreichischen Delegation hervorgegangen, der sich an Artikel 44 des von der Kommission für Völkerrecht ausgearbeiteten Entwurfes von Artikeln über konsularische Beziehungen und Immunitäten anlehnte. Die Konferenz war in ihrer starken Mehrheit der Ansicht, diese letztere Bestimmung sei nicht nur vollständiger als Artikel 31 des Kommissionsentwurfes über diplomatische Beziehungen und Immunitäten, sondern ermögliche es auch, das Problem der Befreiung der diplomatischen Vertreter von den Vorschriften über soziale Sicherheit befriedigender zu lösen. Der Wortlaut des Artikels 33 wurde von einer Arbeitsgruppe bereinigt, die von der Gesamtkommission aus den Vertretern Indiens, Österreichs, der Schweiz, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten gebildet wurde. Dieser Artikel bestimmt, dass der diplomatische Vertreter von den im Empfangsstaate geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit befreit ist (Abs. 1) ; dasselbe gilt für die privaten Hausangestellten, die ausschliesslich bei einem diplomatischen Vertreter beschäftigt sind, sofern sie weder Angehörige des Empfangsstaates noch in diesem ständig ansässig sind, und wenn sie bereits den im Entsendestaat
oder in einem dritten Staate geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit unterstehen (Abs. 2). Lässt der Eesidenzstaat den freiwilligen Beitritt zu seinem System der sozialen Sicherheit zu, so schliesst die in den Absätzen l und 2 vorgesehene Befreiung eine solche Beteiligung nicht aus (Abs. 4). Zwei- oder mehrseitige Übereinkünfte über soziale Sicherheit, die zwischen den Vertragsparteien abgeschlossen worden sind oder von ihnen künftig unterzeichnet werden, bleiben vorbehalten (Abs. 5).

Zu Artikel 34, der sich auf die Steuerbefreiung des diplomatischen Vertreters bezieht, reichte die schweizerische Delegation instruktionsgemäss eine Eeihe von Abänderungsvorschlägen ein. Sie zog zugunsten eines gleichlautenden Abänderungsvorschlages Nigerias eine erste Anregung zurück, welche die Präzisierung anstrebte, dass die Steuerbefreiung nur demjenigen diplomatischen Vertreter zuerkannt werde, welcher nicht Angehöriger des Empfangsstaates ist. Der Ab-

256 änderungsantrag wurde angenommen; aber das Eedaktionskomitee erachtete diese Verdeutlichung als überflüssig, und zwar namentlich in Anbetracht des Artikels 38, der die rechtliche Stellung der diplomatischen Vertreter, welche Angehörige des Empfangsstaates sind, regelt. Ein anderer schweizerischer Vorschlag erstrebte eine Erweiterung des in Buchstabe a vorgesehenen Begriffes der indirekten Steuern - d.h. der ersten Ausnahme vom Grundsatz der Befreiung durch Beifügung der Worte «seien sie (die indirekten Steuern) gesondert in Eechnung gestellt oder nicht». Die schweizerische Delegation zog diesen Abänderungsantrag zurück, da die Mehrheit der Konferenz sich eindeutig für eine von der britischen Delegation eingereichte Formulierung aussprach, welche die Tragweite dieser Bestimmung einschränkte. Bin dritter von der Schweiz eingereichter Abänderungsvorschlag bezweckte, die Liste der Ausnahmen von der Eegel der Steuerbefreiung zu ergänzen durch Erwähnung der Kapitalsteuern auf Investitionen in gewerblichen Unternehmungen, die im Empfangsstaat gelegen sind.

Da der Abänderungsvorschlag angenommen wurde, ist die Steuer am Ende von Buchstabe d erwähnt.

Artikel 84 beeinträchtigt in keiner Weise den Grundsatz, dass die Personen, welche diplomatische Vorrechte und Immunitäten gemessen, keinen Anspruch auf Befreiung von indirekten Steuern haben.

Nach der Eatifikation des Übereinkommens werden die interessierten Kantone im einzelnen über die steuerrechtliche Behandlung (Einkommens- und Vermögenssteuern) der Personen, welche die im Übereinkommen vorgesehenen diplomatischen Vorrechte und Immunitäten geniessen, sowie über die sich daraus ergebenden Änderungen der gegenwärtigen Praxis unterrichtet werden.

Artikel 35 bezieht sich auf die Befreiung von persönlichen Dienstleistungen.

Artikel 36, der die Zollbefreiung betrifft, erweitert den Geltungsbereich dieses Vorrechtes durch Erwähnung der Steuern und ähnlichen Abgaben mit Ausnahme der Gebühren für Einlagerung, Beförderung und entsprechenden Dienstleistungen. Ein Abänderungsvorschlag der schweizerischen Delegation, neben der eigentlichen Zollbefreiung die Ein- und Ausfuhrverbote und -beschränkungen wirtschaftlicher oder finanzieller Art aufzuführen, wurde mit grosser Mehrheit verworfen. Absatz 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass der diplomatische Vertreter
von der Kontrolle seines persönlichen Gepäcks befreit ist, sofern nicht triftige (der Text der Kommission für Völkerrecht sagte: «sehr triftige») Gründe für die Vermutung vorliegen, dass dieses Gepäck Gegenstände enthält, für welche die in Absatz l erwähnten Befreiungen nicht gelten oder deren Ein- oder Ausfuhr nach dem Eecht des Empfangsstaates verboten oder durch Quarantänevorschriften geregelt ist.

Artikel 37 regelt die wichtige Frage, welche Personen diplomatische Vorrechte und Immunitäten geniessen. Diese Bestimmung war Gegenstand der grössten Zahl von Abänderungsvorschlägen und führte zu langen Erörterungen sowohl in der Kommission als auch in den Plenarsitzungen.

257 Was der Artikel neu ins Diplomatenrecht einführt, ist die Ausweitung des Kreises der Nutzniesser von Vorrechten und Immunitäten auf die Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals der Mission und auf die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder (Art. 37, Abs. 2). Die Gewährung dieser bevorrechteten Stellung ist an die Voraussetzung geknüpft, dass die betreffenden Personen weder Angehörige des Empfangsstaates noch in ihm ständig ansässig sind. Sie ist ausserdem in zweifacher Hinsicht beschränkt: einerseits gilt die Immunität von der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit des Empfangsstaates nur in bezug auf Handlungen, die in Ausübung der dienstlichen Tätigkeit vorgenommen werden ; anderseits gilt die in Artikel 36, Absatz l vorgesehene Zollbefreiung nur in bezug auf Gegenstände, die bei der Ersteinrichtung eingeführt werden.

Die Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals der Mission geniessen beschränkte Vorrechte ; sie unterstehen nicht der Gerichtsbarkeit bezüglich der in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit vorgenommenen Handlungen und sind von Steuern und sonstigen Abgaben auf ihren Dienstbezügen sowie von den Leistungen für soziale Sicherheit befreit (Abs. 3). Die privaten Hausangestellten der Mitglieder der Mission geniessen lediglich Steuerbefreiung auf den Bezügen, die sie auf Grund ihres Arbeitsverhältnisses erhalten ; dem Empfangsstaat steht es im übrigen frei, ihnen weitere Vorrechte oder Immunitäten zu gewähren (Abs. 4). Für diese beiden Personenkategorien gelten ebenfalls die in. Absatz 2 mit Bezug auf die Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals aufgestellten Bedingungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit und des Fehlens ständiger Ansässigkeit im Empfangsstaat.

In seiner jetzigen Form ist der Artikel 37 das« Ergebnis eines mühsamen Kompromisses, der in der letzten Sitzung der Konferenz zustandekam. Der Entwurf der Kommission für Völkerrecht erstreckte den Genuss der diplomatischen Vorrechte und Immunitäten auf die Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals unter der einzigen Bedingung, dass sie nicht Angehörige des Empfangsstaates seien. Die schweizerische Delegation reichte in einer Kommissionssitzung einen Abänderungsvorschlag ein, wonach dem Verwaltungs- und technischen Personal zwar die Vorrechte und Immunitäten gewährt werden sollten,
aber nur für Handlungen, die in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit vorgenommen würden. Diese Anregung gelangte nicht zur Abstimmung; denn die Gesamtkommission nahm einen von der kanadischen Delegation eingereichten Abänderungsvorschlag an, der im wesentlichen den Text der Kommission für Völkerrecht wiederaufnahm, gleichzeitig aber den Umfang der Zollbefreiung auf die anlässlich der Ersteinrichtung eingeführten Gegenstände beschränkte. Nachdem dieser Wortlaut in der Plenarsitzung nicht die Zweidrittelmehrheit erlangt hatte, schloss sich die Schweiz achtzehn anderen Staaten an, um einen gemeinsamen Abänderungsantrag einzureichen, der die Zuerkennung der Immunität von der Gerichtsbarkeit an das Verwaltungs- und technische Personal einzig für die dienstlichen Handlungen vorsah. Dieser Abänderungsvorschlag fand aber nicht

258 die zur Annahme erforderliche Mehrheit. Die in letzter Stunde eingefügte Beschränkung der Immunität von der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit auf die in Ausübung der dienstlichen Tätigkeit vorgenommenen Handlungen ermöglichte es schliesslich der Konferenz, aus der Sackgasse herauszukommen, indem sich eine deutliche Mehrheit auf den ergänzten Vorschlag einigte (zweiundfünfzig gegen sieben Stimmen bei siebzehn Enthaltungen).

Sicherlich verlässt Artikel 87, Absatz 2 den Bereich der reinen Kodifizierung und legt eine neue Bestimmung im Diplomatenrecht fest. Bei der Annahme dieses Artikels trug die Konferenz namentlich der Tatsache Bechnung, dass gewisse Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals (zum Beispiel die Kanzleivorsteher und die Chiffrierbeamten) heute innerhalb der Mission bedeutsame Aufgaben erfüllen und insoweit oft eine wichtigere Bolle spielen als gewisse Mitglieder des diplomatischen Personals. Sie hat es folgerichtig als angezeigt erachtet, bezüglich der Vorrechte und Immunitäten einen Unterschied zu machen zwischen den Mitgliedern des Verwaltungs- und technischen Personals einerseits und den Mitgliedern des dienstlichen Hauspersonals und den privaten Hausangestellten anderseits. Es ist jedoch zu bemerken, dass der angenommene Wortlaut bei weitem dem Text der Kommission für Völkerrecht vorzuziehen ist, der die Vorrechte und Immunitäten ohne Einschränkung auf die Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals der Mission ausdehnte. Was die Schweiz anbetrifft, ist hervorzuheben, dass diese Bestimmung zwar die ihr im innerstaatlichen Bereich zufallenden Pflichten vermehrt, gleichzeitig aber einen sehr wichtigen Schutz für das Kanzleipersonal unserer Missionen im Ausland bedeutet, welches damit eine grössere Sicherheit gemessen wird als früher.

Artikel 38 behandelt den Fall des diplomatischen Vertreters, welcher Angehöriger des Empfangsstaates ist. In Übereinstimmung mit der in den meisten Staaten beobachteten Praxis sieht diese Bestimmung vor, dass ein solcher Vertreter, sofern ihm der Empfangsstaat keine weiteren Vorrechte und Immunitäten gewährt, nur Immunität von der Gerichtsbarkeit sowie Unverletzlichkeit geniesst, und auch dies lediglich für die in Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit vorgenommenen Handlungen (Abs. 1) ; die anderen Mitglieder des
Missionspersonals und die privaten Hausangestellten gemessen nur die Vorrechte und Immunitäten, die der Besidenzstaat ihnen zuzuerkennen bereit ist (Abs. 2).

Artikel 39 betrifft die Dauer der Vorrechte und Immunitäten. Gemäss Absatz l gelangen die Mitglieder der Mission in den Genuss der ihnen zustehenden Vorrechte und Immunitäten, sobald sie das Hoheitsgebiet des Empfangsstaates betreten oder, falls sie sich bereits dort befinden, sobald ihre Ernennung dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten notifiziert worden ist. Die schweizerische Delegation schlug vor, den Text der Kommission für Völkerrecht im Sinne unserer Praxis abzuändern, nach der allein der Missionschef sofort in den Genuss der diplomatischen Vorrechte und Immunitäten gelangt, sobald er schweizerisches Hoheitsgebiet betritt, um sich an seinen Posten zu begeben, die anderen Mitglieder der Mission hingegen erst dann, wenn ihre Ernennung dem

259 Politischen Departement notifiziert worden ist. Dieser Abänderungsvorschlag wurde aber von der Konferenz verworfen.

Artikel 40 regelt die Pflicht der Drittstaaten in bezug auf die Durchreise der Mitglieder der Mission und der diplomatischen Kuriere sowie den Durchgangsverkehr des Kuriergepäcks und der Korrespondenz der Mission durch das Hoheitsgebiet dieser Staaten.

Artikel 41 handelt vom Verhalten der Mission und ihrer Mitglieder gegenüber dem Empfangsstaat. Es sei erwähnt, dass gemäss Absatz 2 die Mission bei der Behandlung aller Amtsgeschäfte, mit denen sie vom Entsendestaat betraut ist, sich an das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten oder an ein anderes in gegenseitigem Einvernehmen hiezu bestimmtes Ministerium zu wenden hat.

Die Artikel 43 (Ende der dienstlichen Tätigkeit), 44 (Gewährung von Erleichterungen beim Verlassen des Empfangsstaates) und 45 (Schutz der Bäurnlichkeiten, Archive und Interessen) erfordern keine besonderen Erläuterungen.

Artikel 46 betrifft den Schutz der Interessen von Drittstaaten durch den Entsendestaat. Die Verhältnisse, auf die sich dieser Artikel bezieht, unterscheiden sich von der in Artikel 45, Buchstabe c vorausgesetzten Lage. Im letzteren Falle handelt es sich um den Schutz der Interessen des Entsendestaates und seiner Angehörigen durch einen dritten Staat, wenn die diplomatischen Beziehungen zwischen Entsendestaat und Empfangsstaat abgebrochen sind oder die Mission des Entsendestaates abberufen wird. Artikel 46 hingegen geht von der Annahme aus, dass der Entsendestaat auf Verlangen eines dritten Staates, der beim Empfangsstaat nicht vertreten ist, den zeitweiligen Schutz der Interessen dieses Drittstaates und seiner Angehörigen übernimmt. Hier ist die vorgängige Zustimmung des Residenzstaates notwendig, während es im anderen Fall genügt, dass der Drittstaat, den der Entsendestaat mit dem Schütze seiner Interessen betraut, dem Empfangsstaat genehm ist.

Artikel 47 bestimmt die Verpflichtung des Empfangsstaates, das Übereinkommen ohne Diskriminierung zwischen den Staaten anzuwenden; dabei gilt nicht als diskriminierende Behandlung, wenn das Übereinkommen durch den Empfangsstaat als Antwort auf eine entsprechende Anwendung durch den Entsendestaat einschränkend angewendet wird oder wenn auf Grund einer Gewohnheit oder Vereinbarung eine günstigere
Behandlung gewährt wird als es das Übereinkommen verlangt.

Die Artikel 48 bis 53 betreffen die Unterzeichnung des Übereinkommens, seine Eatifizierung, den Beitritt dazu, sein Inkrafttreten und die dem Generalsekretär der Vereinigten Nationen obliegenden Notifizierungen. Das Übereinkommen liegt für die Staaten folgender Kategorien zur Unterzeichnung oder zum Beitritt auf : den Mitgliedstaaten der Vereinigten Nationen, den Mitgliedstaaten der Speziailorganisationen, den Vertragsstaaten des Statuts des Internationalen Gerichtshofes sowie denjenigen Staaten, die von der UNO-Generalversammlung eingeladen würden, Vertragsparteien des Übereinkommens zu werden (Art. 48

260

und 50); die Unterzeichnung hatte bis zum 31.Oktober 1961 beim österreichischen Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten und von dann bis zum 31. März 1962 am Sitze der Vereinigten Nationen in New York zu erfolgen (Art. 48). Die Eatifikations- und Beitrittsurkunden sind beim Generalsekretär der UNO zu hinterlegen (Art. 49 und 50), welcher Verwahrer des Übereinkommens ist (Art. 53). Das Inkrafttreten ist auf den dreissigsten Tag nach Hinterlegung der zweiundzwanzigsten Eatifikations- oder Beitrittsurkunde festgesetzt (Art. 51, Abs. 1) ; für jeden Staat, der später das Übereinkommen ratifiziert oder ihm beitritt, tritt es am dreissigsten Tag nach der Hinterlegung seiner Katifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft (Art. 51, Abs. 2).

Diese Artikel, die aus einem von den Vereinigten Staaten gemeinsam mit fünf anderen Staaten eingereichten Vorschlag hervorgegangen sind, wiederholen im wesentlichen die Schlussklauseln der 1958 in Genf angenommenen Konvention über die Territorialgewässer. Die Bezeichnung des Generalsekretärs der Vereinigten Nationen zum Verwahrer des Übereinkommens entspricht einer ständigen Praxis, die sich hinsichtlich der von den Vereinigten Nationen oder unter ihren Auspizien angenommenen allgemeinen Übereinkommen herausgebildet hat. Die in Artikel 48 vorgesehene Mehrzahl von Zeiten und Orten für die Unterzeichnung des Übereinkommens entspricht ähnlichen Bestimmungen in den vier Seerechtsübereinkommen von 1958. Die Bezeichnung des österreichischen Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten (anstelle des europäischen Sitzes der Vereinigten Nationen, der in den vorerwähnten vier Übereinkommen dazu bestimmt wurde) zum ersten Unterzeichnungsort ist eine der österreichischen Eegierung erwiesene Ehrung für die der Konferenz gewährte Gastfreundschaft.

Die mit starker Stimmenmehrheit erfolgte Annahme des Vorschlages, der sechs Mächte machte einen von Polen und der Tschechoslowakei eingereichten Entwurf zu Schlussklauseln gegenstandslos, demzufolge das Übereinkommen allen Staaten zum Beitritt offengestanden hätte, in deren Namen es nicht unterzeichnet worden wäre; nach jenem Entwurf hätte ferner die österreichische Bundesregierung zum Verwahrer des Übereinkommens bezeichnet werden sollen.

V. Von der Konferenz angenommene Zusatzübereinkünfte

Die Konferenz hat zwei Fakultativprotokolle angenommen : das eine betrifft den Erwerb der Staatsangehörigkeit des Empfangsstaates durch die Mitglieder der Mission ; das andere betrifft die obligatorische Beilegung von Streitigkeiten.

1. Der Entwurf der Kommission für Völkerrecht enthielt einen Artikel 35, wonach die Mitglieder der Mission, die nicht Angehörige des Empfangsstaates sind, und ihre Familienmitglieder die Staatsangehörigkeit in diesem Staat nicht lediglich kraft seiner Gesetzgebung erwerben. Diese Bestimmung fand nicht die Zweidrittelmehrheit infolge des Widerstandes zahlreicher Staaten - worunter auch der Schweiz -, deren Eecht in gewissen Fällen den Erwerb ihrer Staatsangehörigkeit von Gesetzes wegen vorsieht. Die Bestimmung wurde daraufhin in ein

261 Protokoll gekleidet, das denjenigen Staaten zur Unterzeichnung offensteht, für die eine derartige Vorschrift keine Schwierigkeiten verursacht.

2. Das zweite Protokoll ersetzt den im Artikelentwurf enthaltenen Artikel 45 betreffend die Beilegung von Streitigkeiten. Er hat denselben Wortlaut wie das Protokoll über den gleichen Gegenstand, das 1958 an der Seerechtskonferenz unterzeichnet wurde und aus einem damaligen Vorschlag der Schweiz hervorgegangen war. Während aber in Genf die Annahme des Protokolls logischerweise nach der Ablehnung einer Konventionsbestimmung betreffend die Beilegung von Streitigkeiten erfolgt war, gelangte in Wien das von drei Staaten (Irak, Italien und Polen) in Form eines Abänderungsvorschlages zu Artikel 45 des Entwurfes vorgelegte Fakultativprotokoll in der Weise zur Abstimmung, dass die Gesamtkommission keine Gelegenheit erhielt, sich zuvor über den Artikel 45 zu äussern.

Die schweizerische Delegation versuchte, die Reihenfolge der Beratungen umzukehren, um eine eindeutige Abstimmung über die Übereinkommensbestimmung zu erreichen, jedoch ohne Erfolg, da gemäss Konferenzreglement Abänderungsanträge an erster Stelle zur Abstimmung gebracht werden mussten. Die Schweiz beantragte daraufhin in der Plenarsitzung, Artikel 45 des Artikelentwurfes in das Übereinkommen wiederaufzunehmen; gleichzeitig erklärte sie aber, sie sei wohlverstanden zur Unterzeichnung des Protokolls bereit, falls der Artikel 45 des Entwurfes abgelehnt würde. Neun Staaten unterstützten formell diesen Antrag (Belgien, Frankreich, Iran, Italien, Kolumbien, Norwegen, die Philippinen, Schweden und die Vereinigten Staaten). Aber ein Ordnungsantrag seitens Indiens, die Konferenz habe zuerst über den Text des Protokolls abzustimmen, erhielt die Stimmenmehrheit.

Es ist bedauerlich, dass die meisten an der Konferenz vertretenen Staaten sich nicht zur Annahme .eines Artikels über die obligatorische Beilegung von Streitigkeiten bereit fanden ; denn das Wiener Übereinkommen wirft im' Gegensatz zu den 1958 in Genf unterzeichneten Übereinkommen keine lebenswichtigen politischen Fragen auf. Gewiss enthält das Protokoll die hiefür notwendigen Bestimmungen; aber der Fakultativcharakter seiner Unterzeichnung sowie die Tatsache, dass mehrere Staaten, die dem Gedanken der obligatorischen Gerichtsund Schiedsgerichtsbarkeit
grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen, zugunsten des Protokolls stimmen konnten, vermindert erheblich seine Tragweite. Es sei noch hervorgehoben, dass die zwei Fakultativprotokolle ähnliche Schlussklauseln aufweisen wie das Übereinkommen. Beide treten jedoch am gleichen Tage wie das Übereinkommen in Kraft oder, sofern der letztere Zeitpunkt später liegt, am dreissigstea Tage nach der Hinterlegung der zweiten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde zum Protokoll beim Generalsekretär der Vereinigten Nationen.

8. Von der Konferenz wurden ferner vier Resolutionen angenommen.

Die erste bezieht sich auf die Sondermissionen. (Der Ausdruck « Sondermission» wird verwendet für eine offizielle Mission von Eegierungsvertretern, die ein Staat zu einem anderen zwecks Erfüllung einer Sonderaufgabe entsendet ; er bezeichnet auch den reisenden Sondergesandten, der sich in verschiedene Staaten

262 begibt, um dort Sonderaufgaben zu erfüllen). Die Konferenz hatte sich neben dem Entwurf von Artikeln über diplomatische Beziehungen und Immunitäten auch mit einem von der Kommission für Völkerrecht ausgearbeiteten Artikelentwurf über Sondermissionen zu befassen ; dieser Entwurf war von der Kommission im Sinne einer ersten Voruntersuchung abgefasst worden und enthielt nur drei Artikel. Die Konferenz genehmigte den Bericht der Subkommission, die von der Gesamtkommission mit der Prüfung dieser Artikel beauftragt worden war; der Bericht empfahl, die Frage an die Generalversammlung der Vereinigten Nationen zurückzuweisen und ihr nahezulegen, die Kommission für Völkerrecht mit dem weiteren Studium des Gegenstandes zu beauftragen. Die von der Konferenz angenommene Eesolution enpfiehlt der Generalversammlung, diese Frage zum ergänzenden Studium an die Kommission für Völkerrecht zurückzuweisen. (Die Versammlung ist dieser Empfehlung gefolgt und hat in ihrer Eesolution 1687 (XVI) die Kommission für Völkerrecht beauftragt, das Studium der Frage der Sondermissionen wiederaufzunehmen; die Kommission hat im .Laufe ihrer vierzehnten Tagung am 27. Juni 1962 beschlossen, dieses Thema auf die Tagesordnung ihrer nächsten Tagung zu setzen.)

Die zweite Eesolution betrifft 'die Prüfung der Klagen von Privatpersonen ; sie geht auf einen Vorschlag der israelischen Delegation zurück. Sie empfiehlt, dass der Entsendestaat wenn immer möglich auf die Immunität der Mitglieder seiner Mission von der Gerichtsbarkeit verzichte, wenn Zivilklagen von Angehörigen des Empfangsstaates vorliegen, oder statt dessen sich bemühe, eine gerechte Beilegung der Streitigkeit zu erlangen.

Mit den beiden letzten Eesolutionen dankte die Konferenz der Kommission für Völkerrecht für die von ihr geleistete Arbeit sowie der Eegierung und Bevölkerung Österreichs für die der Konferenz erwiesene Gastfreundschaft.

VI. Schlussfolgerungen Die Ergebnisse der Arbeiten der Wiener Konferenz, wie sie im Übereinkommen über diplomatische Beziehungen und in den oben erläuterten Zusatzübereinkünften niedergelegt sind, dürfen in ihrer Gesamtheit als befriedigend betrachtet werden. Gewiss lag es in der Natur der von der Konferenz behandelten Fragen, dass sich ein allgemeines Einvernehmen leichter erzielen liess als an den Seerechtskonferenzen in Genf, indem
die Meinungsverschiedenheiten der in Wien versammelten Staaten meistens nur Unterschiede in der Anwendung von grundsätzlich unbestrittenen Eegeln des Gewohnheitsrechtes widerspiegelten.

Nichtsdestoweniger stellt das von der Konferenz einstimmig und mit einer einzigen Enthaltung (derjenigen Tunesiens) angenommene Wiener Übereinkommen ein wichtiges Ereignis in der Geschichte der Kodifizierung und der Fortentwicklung des Völkerrechtes dar. Nach der sehr bruchstückweisen Kodifizierung des Diplomatenrechtes im Wiener Eeglement vom 19.März 1815 und im Aachener Protokoll vom 21. November 1818 stellt das Übereinkommen vom 18. April 1961

268 die erste Übereinkunft dar, in der auf multilateraler Ebene die Gesamtheit der Normen festgelegt und systematisiert sind, die sich auf dem Gebiete der diplomatischen Beziehungen und der zur ungehinderten Ausübung der diplomatischen Tätigkeit notwendigen Immunitäten und Vorrechte aus der internationalen Praxis entwickelt haben.

Die aufgestellte Eegelung weicht zwar in einigen Punkten von der in der Schweiz gehandhabten Praxis ab; eine internationale Übereinkunft kann aber ihrem Wesen nach nur auf der Grundlage zahlreicher Kompromisse Gestalt annehmen. Keiner der in Wien vertretenen Staaten kann behaupten, der schliesslich angenommene Text entspreche völlig seinen Wünschen. Entscheidend ist für jeden Staat, zu welchem Preis die nach Ansicht der Mehrheit notwendigen Zugeständnisse gemacht worden sind. Was die Schweiz anbetrifft, so darf dieser .

Preis letztlich als massig und mithin als annehmbar bezeichnet werden, wenn man sich die Vorteile vor Augen hält, welche diese Kodifikation des Diplomatenrechtes im ganzen bietet. Dies gilt vor allem auch für die harmonische Lösung, die das besonders schwierige Problem.eines Gleichgewichtes zwischen den widerstreitenden Interessen des Staates, der gleichzeitig Entsendestaat und Empfangsstaat ist, ira Übereinkommen gefunden hat.

In Anbetracht der positiven Ergebnisse der Konferenz konnte deshalb der Chef der schweizerischen Delegation von der ihm durch den Bundesrat am 24. Februar 1961 erteilten Ermächtigung Gebrauch machen, das internationale Übereinkommen über diplomatische Beziehungen und Immunitäten sowie weitere Zusatzübereinkünfte, die am Ende der Konferenz abgeschlossen würden, unter Vorbehalt der Eatifikätion zu unterzeichnen. Der Chef der Delegation unterzeichnete im Namen der Schweiz, abgesehen von der Schlussakte der Konferenz, das Übereinkommen über diplomatische Beziehungen sowie das Protokoll über die obligatorische Beilegung von Streitigkeiten.

Das am 18. April 1961 von siebenunddreissig Staaten unterzeichnete Übereinkommen ist bis zum 31.März 1962, dem äussersten hierfür festgelegten Zeitpunkt, von weiteren sechsundzwanzig Staaten unterzeichnet worden; damit erhöht sich die Gesamtzahl der Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens auf dreiundsechzig. Bis jetzt haben vier Staaten das Übereinkommen ratifiziert und ihre Eatifikationsurkunden
beim Generalsekretär der Vereinigten Nationen hinterlegt ; es sind dies Pakistan, Liberia, Ghana und Tanganjika. Anderseits sind fünf Staaten (Mauretanien, Sierra Leone, Elfenbeinküste, Laos und Niger) dem Übereinkommen heigetreten.

Das ara 18. April 1961 von fünfzehn Staaten unterzeichnete Fakultativprotokoll über die obligatorische Beilegung von Streitigkeiten trägt heute die Unterschriften von einunddreissig Staaten. Bisher hat ein Staat (Tanganjika) es.

ratifiziert, und ein Staat (Laos) ist ihm beigetreten.

Auf Grund der vorstehenden Erwägungen beantragen wir Ihnen, das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 sowie das Fakultativprotokoll über die obligatorische Beilegung von Streitigkeiten vom

264 18. April 1961 zu genehmigen. Da diese Übereinkünfte auf unbestimmte Dauer abgeschlossen sind und keine Kündigungsklausel enthalten, untersteht der Bundesbeschluss, um dessen Annahme wir Sie ersuchen, dem fakultativen Beferendum gemäss Artikel 89, Absatz 3, der Bundesverfassung.

Über die Verfassungsmässigkeit unserer Vorlage haben wir nichts zu bemerken.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 22. Februar 1963.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Spühler Der Bundeskanzler: Ca. Oser

265 (Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen und des FakultativprotokoUs über die obligatorische Beilegung von Streitigkeiten

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Artikel 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 22. Februar 1963, beschliesst: Art.l Es werden genehmigt : a. das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961; b. das Fakultativprotokoll über die obligatorische Beilegung von Streitigkeiten vom 18. April 1961.

Der Bundesrat wird ermächtigt, sie zu ratifizieren.

Art. 2 Dieser Beschluss untersteht den Bestimmungen von Artikel 89, Absatz 3 der Bundesverfassung betreffend die Unterstellung der Staatsverträge unter das Keferendum.

Bundesblatt. 115 Jahrg. Bd. I.

21

266 Übersetzung

Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen Die Vertragsstaaten dieses Ü b e r e i n k o m m e n s , eingedenk dessen, dass die Völker aller Staaten von alters her die besondere Stellung des diplomatischen Vertreters anerkannt haben, in Anbetracht der in der Satzung der Vereinigten Nationen verkündeten Ziele und Grundsätze in bezug auf die souveräne Gleichheit der Staaten, die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit und auf die Förderung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen, überzeugt, dass ein internationales Übereinkommen über den diplomatischen Verkehr, diplomatische Vorrechte und Immunitäten geeignet ist, ungeachtet der unterschiedlichen Verfassungs- und Sozialordnungen der Nationen zur Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen ihnen beizutragen, in der Erkenntnis, dass diese Vorrechte und Immunitäten nicht dem Zweck dienen, Einzelne zu bevorzugen, sondern zum Ziel haben, den diplomatischen Missionen als Vertretungen von Staaten die wirksame Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu gewährleisten, unter B e k r ä f t i g u n g des Grundsatzes, dass die Hegeln des Völkergewohnheitsrechts auch weiterhin für alle Fragen gelten sollen, die nicht ausdrücklich in diesem Übereinkommen geregelt sind, haben folgendes v e r e i n b a r t : Artikel l In Sinne dieses Übereinkommens haben die nachstehenden Ausdrücke folgende Bedeutung: a. der Ausdruck «Missionschef» bezeichnet die Person, die vom Entsendestaat beauftragt ist, in dieser Eigenschaft tätig zu sein; b. der Ausdruck «Mitglieder der Mission» bezeichnet den Missionschef und die Mitglieder des Personals der Mission; c. der Ausdruck «Mitglieder des Personals der Mission» bezeichnet die Mitglieder des diplomatischen Personals, des Verwaltungs- und technischen Personals und des dienstlichen Hauspersonals der Mission ; d. der Ausdruck «Mitglieder des diplomatischen Personals» bezeichnet die in diplomatischem Eang stehenden Mitglieder des Personals der Mission; e. der Ausdruck «diplomatischer Vertreter» bezeichnet den Missionschef und die Mitglieder des diplomatischen Personals der Mission;

267 /. der Ausdruck «Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals» bezeichnet die im Verwaltungs- und technischen Dienst der Mission beschäftigten Mitglieder ihres Personals ; g. der Ausdruck «Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals» bezeichnet die als Hausbedienstete bei der Mission beschäftigten Mitglieder ihres Personals ; h. der Ausdruck «privater Hausangestellter» bezeichnet eine im häuslichen Dienst eines Mitglieds der Mission beschäftigte Person, die nicht Bediensteter des Entsendestaats ist ; i. der Ausdruck «Räumlichkeiten der Mission» bezeichnet ungeachtet der Eigentumsverhältnisse die Gebäude oder Gebäudeteile und das dazugehörige Gelände, die für die Zwecke der Mission verwendet werden, einschliesslich der Eesidenz des Missionschefs.

Artikel 2 Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Staaten und die Errichtung ständiger diplomatischer Missionen erfolgen in gegenseitigem Einvernehmen.

Artikel 3 (1) Aufgabe einer diplomatischen Mission ist es unter anderem, a. den Entsendestaat im Empfangsstaat zu vertreten, o. die Interessen des Entsendestaats und seiner Angehörigen im Empfangsstaat innerhalb der völkerrechtlich zulässigen Grenzen zu schützen, G. mit der Regierung des Empfangsstaats zu verhandeln, d. sich mit allen rechtmässigen Mitteln über Verhältnisse und Entwicklungen im Einpfangsstaat zu unterrichten und darüber an die Regierung des Entsendestaats zu berichten, e. freundschaftliche Beziehungen zwischen Entsendestaat und Empfangsstaat zu fördern und ihre wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen auszubauen.

(2) Dieses Übereinkommen ist nicht so auszulegen, als schliesse es die Wahrnehmung konsularischer Aufgaben durch eine diplomatische Mission aus.

Artikel 4 (1) Der Entsendestaat hat sich zu vergewissern, dass die Person, die er als Missionschef bei dem Empfangsstaat zu beglaubigen beabsichtigt, dessen Agrément erhalten hat.

(2) Der Empfangsstaat ist nicht verpflichtet, dem Entsendestaat die Gründe für eine Verweigerung des Agréments mitzuteilen.

268

Artikel 5 (1) Der Entsendestaat kann nach einer Notifikation an die beteiligten Empfangsstaaten die Beglaubigung eines Missionschefs oder gegebenenfalls die Bestellung eines Mitglieds des diplomatischen Personals für mehrere Staaten vornehmen, es sei denn, dass einer der Empfangsstaaten ausdrücklich Einspruch erhebt.

(2) Beglaubigt der Entsendestaat einen Missionschef bei einem oder mehreren weiteren Staaten, so kann er in jedem Staat, in dem der Missionschef nicht seinen ständigen Sitz hat, eine diplomatische Mission unter der Leitung eines Geschäftsträgers ad intérim errichten.

(3) Ein Missionschef oder ein Mitglied des diplomatischen Personals der Mission kann den Entsendestaat bei jeder internationalen Organisation vertreten.

Artikel 6 Mehrere Staaten können dieselbe Person bei einem anderen Staat als Missionschef beglaubigen, es sei denn, dass der Empfangsstaat Einspruch erhebt.

Artikel 7 Vorbehaltlich der Artikel 5, 8, 9 und 11 kann der Entsendestaat die Mitglieder des Personals seiner Mission nach freiem Ermessen ernennen. Bei Militär-, Marine- und Luftattaches kann der Empfangsstaat verlangen, dass ihm ihre Namen vorher zwecks Zustimmung mitgeteilt werden.

Artikel 8 (1) Die Mitglieder des diplomatischen Personals der Mission sollen grundsätzlich Angehörige des Entsendestaats sein.

(2) Angehörige des Empfangsstaats dürfen nur mit dessen Zustimmung zu Mitgliedern des diplomatischen Personals der Mission ernannt werden; die Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden.

(3) Der Empfangsstaat kann sich das gleiche Eecht in bezug auf Angehörige eines dritten Staates vorbehalten, die nicht gleichzeitig Angehörige des Entsendestaats sind.

Artikel 9 (1) Der Empfangsstaat kann dem Entsendestaat jederzeit ohne Angabe von Gründen notifizieren, dass der Missionschef oder ein Mitglied des diplomatischen Personals der Mission persona non grata oder dass ein anderes Mitglied des Personals der Mission ihm nicht genehm ist. In diesen Fällen hat der Entsendestaat die betreffende Person entweder abzuberufen oder ihre Tätigkeit bei der

269 Mission zu beenden. Eine Person kann als non grata oder nicht genehm erklärt werden, bevor sie im Hoheitsgebiet des Empfangsstaats eintrifft.

(2) Weigert sich der Entsendestaat oder unterlässt er es innerhalb einer angemessenen Frist, seinen Verpflichtungen auf Grund des Absatzes l nachzukommen, so kann der Empfangsstaat es ablehnen, die betreffende Person als Mitglied der Mission anzuerkennen.

Artikel 10 (1) Dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten oder einem anderen in gegenseitigem Einvernehmen bestimmten Ministerium des Empfangsstaats ist folgendes zu notifizieren: a. die Ernennung von Mitgliedern der Mission, ihre Ankunft und ihre endgültige Abreise oder die Beendigung ihrer dienstlichen Tätigkeit bei der Mission; b. die Ankunft und die endgültige Abreise eines Familienangehörigen eines Mitglieds der Mission und gegebenenfalls die Tatsache, dass eine Person Familienangehöriger eines Mitglieds der Mission wird oder diese Eigenschaft verliert ; c. die Ankunft und die endgültige Abreise von privaten Hausangestellten, die bei den unter Buchstabe a bezeichneten Personen beschäftigt sind, und gegebenenfalls ihr Ausscheiden aus deren Dienst ; d. die Anstellung und die Entlassung von im Empfangsstaat ansässigen Personen als Mitglied der Mission oder als private Hausangestellte mit Anspruch auf Vorrechte und Immunitäten.

(2) Die Ankunft und die endgültige Abreise sind nach Möglichkeit im voraus zu notifizieren.

Artikel!!

(1) Ist keine ausdrückliche Vereinbarung über den Personalbestand der Mission getroffen worden, so kann der Empfangsstaat verlangen, dass dieser Bestand in den Grenzen gehalten wird, die er in Anbetracht der bei ihm vorliegenden Umstände und Verhältnisse sowie der Bedürfnisse der betreffenden Mission für angemessen und normal hält.

(2) Der Empfangsstaat kann ferner innerhalb der gleichen Grenzen, aber ohne Diskriminierung,.die Zulassung von Bediensteten einer bestimmten Kategorie ablehnen.

Artikel 12 Der Entsendestaat darf ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung des Empfangsstaats keine zur Mission gehörenden Büros an anderen Orten als denjenigen einrichten, in denen die Mission selbst ihren Sitz hat.

270

Artikel 13 (1) Als Zeitpunkt des Amtsantritts des Missionschefs im Empfangsstaat gilt der Tag, an welchem er nach der im Empfangsstaat geübten und einheitlich anzuwendenden Praxis entweder sein Beglaubigungsschreiben überreicht hat oder aber dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten oder einem anderen in gegenseitigem Einvernehmen bestimmten Ministerium des Empfangsstaats seine Ankunft notifiziert hat und diesem eine formgetreue Abschrift seines Beglaubigungsschreibens überreicht worden ist.

(2) Die Eeihenfolge der Überreichung von Beglaubigungsschreiben oder von deren formgetreuen Abschriften richtet sich nach Tag und Zeit der Ankunft des Missionschefs.

Artikel 14 (1) Die Missionschefs sind in folgende drei Klassen eingeteilt : a. die Klasse der Botschafter oder Nuntien, die bei Staatsoberhäuptern beglaubigt sind, und sonstiger in gleichem Eang stehender Missionschefs; b. die Klasse der Gesandten, Minister und Internuntien, die bei Staatsoberhäuptern beglaubigt sind; c. die Klasse der Geschäftsträger, die bei Aussenministern beglaubigt sind.

(2) Abgesehen von Fragen der Eangfolge und der Etikette wird zwischen den Missionschefs kein Unterschied auf Grund ihrer Klasse gemacht.

Artikel 15 Die Staaten vereinbaren die Klasse, in welche ihre Missionschefs einzuordnen sind.

Artikel 16 (1) Innerhalb jeder Klasse richtet sich die Eangfolge der Missionschefs nach Tag und Zeit ihres Amtsantritts gemäss Artikel 13.

(2) Änderungen im Beglaubigungsschreiben des Missionschefs, die keine Änderung der Klasse bewirken, lassen die Eangfolge unberührt.

(3) Dieser Artikel lässt die Übung unberührt, die ein Empfangsstaat hinsichtlich des Vorrangs des Vertreters des Heiligen Stuhls angenommen hat oder künftig annimmt.

Artikel 17 Die Eangfolge der Mitglieder des diplomatischen Personals der Mission wird vom Missionschef dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten oder dem anderen in gegenseitigem Einvernehmen bestimmten Ministerium notifiziert.

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Artikel 18 Das in einem Staat beim Empfang von Missionschefs zu befolgende Verfahren muss für jede Klasse einheitlich sein.

Artikel 19 (1) Ist der Posten des Missionschefs unbesetzt oder ist der Missionschef ausserstande, seine Aufgaben wahrzunehmen, so ist ein Geschäftsträger ad intérim vorübergehend als Missionschef tätig. Den Namen des Geschäftsträgers ad intérim notifiziert der Missionschef oder, wenn er dazu ausserstande ist, das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Entsendestaats dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten oder dem anderen in gegenseitigem Einvernehmen bestimmten Ministerium des Empfangsstaats.

(2) Ist kein Mitglied des diplomatischen Personals der Mission im Empfangsstaat anwesend, so kann der Entsendestaat mit Zustimmung des Empfangsstaats ein Mitglied des Verwaltungs- und technischen Personals mit der Leitung der laufenden Verwaltungsangelegenheiten der Mission beauftragen.

Artikel 20 Die Mission und ihr Chef sind berechtigt, die Flagge und das Hoheitszeichen des Entsendestaats an den Eäumlichkeiten der Mission einschliesslich der Eesidenz des Missionschefs und an dessen Beförderungsmitteln zu führen.

Artikel 21 (1) Der Empfangsstaat erleichtert nach Massgabe seiner Bechtsvorschriften dem Entsendestaat den Erwerb der für dessen Mission in seinem Hoheitsgebiet benötigten Räumlichkeiten oder hilft ihm, sich auf andere Weise Eäumlichkeiten zu beschaffen.

(2) Erforderlichenfalls hilft der Empfangsstaat ferner den Missionen bei der Beschaffung geeigneten Wohnraums für ihre Mitglieder.

Artikel 22 (1) Die Eäumlichkeiten der Mission sind unverletzlich. Vertreter des Empfangsstaats dürfen sie nur mit Zustimmung des' Missionschefs betreten.

(2) Der Empfangsstaat hat die besondere Pflicht, alle geeigneten Massnahmen zu treffen, um die Eäumlichkeiten der Mission vor jedem Eindringen und jeder Beschädigung zu schützen und um zu verhindern, dass der Friede der Mission gestört oder ihre Würde beeinträchtigt wird.

(3) Die Eäumlichkeiten der Mission, ihre Einrichtung und die sonstigen darin befindlichen Gegenstände sowie die Beförderungsmittel der Mission ge-

272 messen Immunität von jeder Durchsuchung, Beschlagnahme, Pfändung oder Vollstreckung.

Artikel 23 (1) Der Entsendestaat und der Missionschef sind hinsichtlich der in ihrem Eigentum stehenden und der von ihnen gemieteten bzw. gepachteten Eäumlichkeiten der Mission von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Steuern oder sonstigen Abgaben befreit, soweit diese nicht als Vergütung für bestimmte Dienstleistungen erhoben werden.

(2) Die in diesem Artikel vorgesehene Steuerbefreiung gilt nicht für Steuern und sonstige Abgaben, die nach den Rechtsvorschriften des Empfangsstaats von den Personen zu entrichten sind, die mit dem Entsendestaat oder dem Missionschef Verträge schliessen.

Artikel 24 Die Archive und Schriftstücke der Mission sind jederzeit unverletzlich, wo immer sie sich befinden.

Artikel 25 Der Empfangsstaat gewährt der Mission jede Erleichterung zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben.

Artikel 26 Vorbehaltlich seiner Gesetze und anderen Bechtsvorschriften über Zonen, deren Betreten aus Gründen der nationalen Sicherheit verboten oder geregelt ist, gewährleistet der Empfangsstaat allen Mitgliedern der Mission volle Bewegungsund Eeisefreiheit in seinem Hoheitsgebiet.

Artikel 27 (1) Der Empfangsstaat gestattet und schützt den freien Verkehr der Mission für alle amtlichen Zwecke. Die Mission kann sich im Verkehr mit der Eegierung, den anderen Missionen und den Konsulaten des Entsendestaats, wo immer sie sich befinden, aller geeigneten Mittel einschliesslich diplomatischer Kuriere und verschlüsselter Nachrichten bedienen. Das Errichten und Betreiben einer Funksendeanlage ist der Mission jedoch nur mit Zustimmung des Empfangsstaats gestattet.

(2) Die amtliche Korrespondenz der Mission ist unverletzlich. Als «amtliche Korrespondenz» gilt die gesamte Korrespondenz, welche die Mission und ihre Aufgaben betrifft.

(8) Das Kuriergepäck darf weder geöffnet noch zurückgehalten werden.

(4) Gepäckstücke, die das Kuriergepäck bilden, müssen äusserlich sichtbar als solches gekennzeiclinet sein ; sie dürfen nur diplomatische Schriftstücke oder für den amtlichen Gebrauch bestimmte Gegenstände enthalten.

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(5) Der diplomatische Kurier muss ein amtliches Schriftstück mit sich führen, aus dem seine Stellung und die Anzahl der Gepäckstücke ersichtlich sind, die das Kuriergepäck bilden ; er wird vom Empfangsstaat hei der Wahrnehmung seiner Aufgaben geschützt. Er geniesst persönliche Unverletzlichkeit und unterliegt keiner Festnahme oder Haft irgendwelcher Art.

(6) Der Entsendestaat oder die Mission kann diplomatische Kuriere ad hoc ernennen. Auch in diesen Fällen gilt Absatz 5 ; jedoch finden die darin erwähnten Immunitäten keine Anwendung mehr, sobald der Kurier das ihm anvertraute Kuriergepäck dem Empfänger ausgehändigt hat.

(7) Kuriergepäck kann dem Kommandanten eines gewerblichen Luftfahrzeugs anvertraut werden, dessen Bestimmungsort ein zugelassener Einreiseflugplatz ist. Der Kommandant muss ein amtliches Schriftstück mit sich führen, aus dem die Anzahl der Gepäckstücke ersichtlich ist, die das Kuriergepäck bilden; er gilt jedoch nicht als diplomatischer Kurier. Die Mission kann eines ihrer Mitglieder entsenden, um das Kuriergepäck unmittelbar und ungehindert von dem Kommandanten des Luftfahrzeugs entgegenzunehmen.

Artikel 28 Die Gebühren und Kosten, welche die Mission für Amtshandlungen erhebt, sind von allen Steuern und sonstigen Abgaben befreit.

Artikel 29 Die Person des diplomatischen Vertreters ist unverletzlich. Er unterliegt keiner Festnahme oder Haft irgendwelcher Art. Der Empfangsstaat behandelt ihn mit gebührender Achtung und trifft alle geeigneten Massnahmen, um jeden Angriff auf seine Person, seine Freiheit oder seine Würde zu verhindern.

Artikel 30 (1) Die Privatwohnung des diplomatischen Vertreters geniesst dieselbe Unverletzlichkeit und denselben Schutz wie die Eäumlichkeiten der Mission.

(2) Seine Papiere, seine Korrespondenz und - vorbehaltlich des Artikels 31 Absatz 3 - sein Vermögen sind ebenfalls unverletzlich.

Artikel 81 (1) Der diplomatische Vertreter geniesist Immunität von der Strafgerichtsbarkeit des Empfangsstaats. Ferner steht'ihm Immunität von dessen Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit zu; ausgenommen hiervon sind folgende Fälle: a. dingliche Klagen in bezug auf privates, im Hoheitsgebiet des Empfangsstaats gelegenes unbewegliches Vermögen, es sei denn, dass der diplomatische

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Vertreter dieses im Auftrag des Entsendestaats für die Zwecke der Mission im Besitz hat; b. Klagen in Nachlaßsachen, in denen der diplomatische Vertreter als Testamentsvollstrecker, Verwalter, Erbe oder Vermächtnisnehmer in privater Eigenschaft und nicht als Vertreter des Entsendestaats beteiligt ist ; c. Klagen im Zusammenhang mit einem freien Beruf oder einer gewerblichen Tätigkeit, die der diplomatische Vertreter im Empfangsstaat neben seiner amtlichen Tätigkeit ausübt.

(2) Der diplomatische Vertreter ist nicht verpflichtet, als Zeuge auszusagen.

(3) Gegen einen diplomatischen Vertreter dürfen Vollstreckungsmassnahmen nur in den in Absatz l Buchstaben a, b und c vorgesehenen Fällen und nur unter der Voraussetzung getroffen werden, dass sie durchführbar sind, ohne die Unverletzlichkeit seiner Person oder seiner Wohnung zu beeinträchtigen.

(4) Die Immunität des diplomatischen Vertreters von der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaats befreit ihn nicht von der Gerichtsbarkeit des Entsendestaats.

Artikel 32 (1) Auf die Immunität von der Gerichtsbarkeit, die einem diplomatischen Vertreter oder nach Massgabe des Artikels 37 einer anderen Person zusteht, kann der Entsendestaat verzichten.

(2) Der Verzicht muss stets ausdrücklich erklärt werden.

(3) Strengt ein diplomatischer Vertreter oder eine Person, die nach Massgabe des Artikels 37 .Immunität von der Gerichtsbarkeit geniesst, ein Gerichtsverfahren an, so können sie sich in bezug auf eine Widerklage, die mit der Hauptklage in unmittelbarem Zusammenhang steht, nicht auf die Immunität von der Gerichtsbarkeit berufen.

(4) Der Verzicht auf die Immunität von der Gerichtsbarkeit in einem Ziviloder Verwaltungsgerichtsverfahren gilt nicht als Verzicht auf die Immunität von der Urteilsvollstreckung; hierfür ist ein besonderer Verzicht erforderlich.

Artikel 33 (1) Vorbehaltlich des Absatzes 3 ist ein diplomatischer Vertreter in bezug auf seine Dienste für den Entsendestaat von den im Enpfangsstaat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit befreit.

(2) Die in Absatz l vorgesehene Befreiung gilt auch für private Hausangestellte, die ausschliesslich bei einem diplomatischen Vertreter beschäftigt sind, sofern sie a. weder Angehörige des Empfangsstaats noch in demselben ständig ansässig sind und

275 b. den im Entsendestaat oder in einem dritten Staat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit unterstehen.

(3) Beschäftigt ein diplomatischer Vertreter Personen, auf welche die in Absatz 2 vorgesehene Befreiung keine Anwendung findet, so hat er die Vorschriften über soziale Sicherheit zu beachten, die im Empfangsstaat für Arbeitgeber gelten.

(4) Die in den Absätzen l und 2 vorgesehene Befreiung schliesst die freiwillige Beteiligung an dem System der sozialen Sicherheit des Empfangsstaats nicht aus, sofern dieser eine solche Beteiligung zulässt.

(5) Dieser Artikel lässt bereits geschlossene zwei- oder mehrseitige Übereinkünfte über soziale Sicherheit unberührt und steht dem künftigen Abschluss weiterer Übereinkünfte dieser Art nicht entgegen.

Artikel 34 Der diplomatische Vertreter ist von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personal- und Eealsteuern oder -abgaben befreit; ausgenommen hiervon sind a. die normalerweise im Preis von Waren oder Dienstleistungen enthaltenen indirekten Steuern; b. Steuern und sonstige Abgaben von privatem, im Hoheitsgebiet des Empfangsstaats gelegenem unbeweglichem Vermögen, es sei denn, dass der diplomatische Vertreter es im Auftrag des Entsendestaats für die Zwecke der Mission im Besitz hat ; c. Erbschaftssteuern, die der Empfangsstaat erhebt, jedoch vorbehaltlich des Artikels 39 Absatz 4; d. Steuern und sonstige Abgaben von. privaten Einkünften, deren Quelle sich im Empfangsstaat befindet, sowie Vermögenssteuern von Kapitalanlagen in gewerblichen Unternehmen, die im Empfangsstaat gelegen sind; e. Steuern, Gebühren und sonstige Abgaben, die als Vergütung für bestimmte Dienstleistungen erhoben werden ; /. Eintragungs-, Gerichts-, Beurkundungs-, Beglaubigungs- und Hypothekengebühren sowie Stempelabgaben in bezug auf unbewegliches Vermögen, jedoch vorbehaltlich des Artikels 23.

Artikel 35 Der Empfangsstaat befreit diplomatische Vertreter von allen persönlichen Dienstleistungen, von allen öffentlichen Dienstleistungen jeder Art und von militärischen Auflagen wie zum Beispiel Beschlagnahmen, Kontributionen und Einquartierungen.

276 Artikel 36 (1) Nach Massgabe seiner geltenden Gesetze und anderen Kechtsvorschriften gestattet der Ernpfangsstaat die Einfuhr der nachstehend genannten Gegenstände und befreit sie von allen Zöllen, Steuern und ähnlichen Abgaben mit Ausnahme von Gebühren für Einlagerung, Beförderung und ähnliche Dienstleistungen : a. Gegenstände für den amtlichen Gebrauch der Mission; b. Gegenstände für den persönlichen Gebrauch des diplomatischen Vertreters oder eines zu seinem Haushalt gehörenden Familienmitglieds, einschliesslich der für seine Einrichtung vorgesehenen Gegenstände.

(2) Der diplomatische Vertreter geniesst Befreiung von der Kontrolle seines persönlichen Gepäcks, sofern nicht triftige Gründe für die Vermutung vorliegen, dass es Gegenstände enthält, für welche die in Absatz l erwähnten Befreiungen nicht gelten oder deren Ein- oder Ausfuhr nach dem Eecht des Empfangsstaats verboten oder durch Quarantänevorschriften geregelt ist. In solchen Fällen darf die Kontrolle nur in Anwesenheit des diplomatischen Vertreters oder seines ermächtigten Vertreters stattfinden.

Artikel 37 (1) Die zum Haushalt eines diplomatischen Vertreters gehörenden Familienmitglieder gemessen, wenn sie nicht Angehörige des Empfangsstaats sind, die in den Artikeln 29 bis 36 bezeichneten Vorfechte und Immunitäten.

(2) Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals der Mission und die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder gemessen, wenn sie weder Angehörige des Empfangsstaats noch in demselben ständig ansässig sind, die in den Artikeln 29 bis 35 bezeichneten Vorrechte und Immunitäten; jedoch sind ihre nicht in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit vorgenommenen Handlungen von der in Artikel 31 Absatz l bezeichneten Immunität von der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit des Empfangsstaats ausgeschlossen. Sie gemessen ferner die in Artikel 36 Absatz l bezeichneten Vorrechte in bezug auf Gegenstände, die anlässlich ihrer Ersteinrichtung eingeführt werden.

(3) Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals der Mission, die weder Angehörige des Empfangsstaats noch in demselben ständig ansässig sind, gemessen Immunität in bezug auf ihre in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit vorgenommenen Handlungen, Befreiung von Steuern und sonstigen Abgaben auf ihre Dienstbezüge sowie die in Artikel 83 vorgesehene Befreiung.
(4) Private Hausangestellte von Mitgliedern der Mission gemessen, wenn sie weder Angehörige des Empfangsstaats noch in demselben ständig ansässig sind, Befreiung von Steuern und sonstigen Abgaben auf die Bezüge, die sie auf Grund ihres ArbeitsVerhältnisses erhalten. Im übrigen stehen ihnen Vorrechte und Immunitäten nur in dem vom Empfangsstaat zugelassenen Umfang zu.

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Der Empfangsstaat darf jedoch seine Hoheitsgewalt über diese Personen nur so ausüben, dass er die Mission bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht ungebührlich behindert.

Artikel 38 (1) Soweit der Empfangsstaat nicht zusätzliche Vorrechte und Immunitäten gewährt, geniesst ein diplomatischer Vertreter, der Angehöriger dieses Staates oder in demselben ständig ansässig ist, Immunität von der Gerichtsbarkeit und Unverletzlichkeit lediglich in bezug auf seine in Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit vorgenommenen Amtshandlungen.

(2) Anderen Mitgliedern des Personals der Mission und privaten Hausangestellten, die Angehörige des Empfangsstaats oder in demselben ständig ansässig sind, stehen Vorrechte und Immunitäten nur in dem vom Empfangsstaat zugelassenen Umfang zu. Der Empfangsstaat darf jedoch seine Hoheitsgewalt über diese Personen nur so ausüben, dass er die Mission bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht ungebührlich behindert.

Artikel 39 (1) Die Vorrechte und Immunitäten stehen den Berechtigten von dem Zeitpunkt an zu, in dem sie in das Hoheitsgebiet des Empfangsstaats einreisen, um dort ihren Posten anzutreten, oder, wenn sie sich bereits in diesem Hoheitsgebiet befinden, von dem Zeitpunkt an, in dem ihre Ernennung dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten oder dem anderen in gegenseitigem Einvernehmen bestimmten Ministerium notifiziert wird.

(2) Die Vorrechte und Immunitäten einer Person, deren dienstliche Tätigkeit beendet ist, werden normalerweise im Zeitpunkt der Ausreise oder aber des Ablaufs einer hierfür gewährten angemessenen Frist hinfällig ; bis zu diesem Zeitpunkt bleiben sie bestehen, und zwar auch im Fall eines bewaffneten Konflikts. In bezug auf die von der betreffenden Person in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit als Mitglied der Mission vorgenommenen Handlungen bleibt jedoch die Immunität auch weiterhin bestehen.

(3) Stirbt ein Mitglied der Mission, so geniessen seine Familienangehörigen bis zum Ablauf einer angemessenen Frist für ihre Ausreise weiterhin die ihnen zustehenden Vorrechte und Immunitäten.

(4) Stirbt ein Mitglied der Mission, das weder Angehöriger des Empfangsstaats noch in demselben ständig ansässig ist, oder stirbt ein zu seinem Haushalt gehörendes Familienmitglied, so gestattet der Empfangsstaat die Ausfuhr des beweglichen Vermögens des Verstorbenen
mit Ausnahme von im Inland erworbenen Vermögensgegenständen, deren Ausfuhr im Zeitpunkt des Todesfalles verboten war. Von beweglichem Vermögen, das sich nur deshalb im Empfangsstaat befindet, weil sich der Verstorbene als Mitglied der Mission oder als Familienangehöriger eines solchen in diesem Staat aufhielt, dürfen keine Erbschaftssteuern erhoben werden.

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Artikel 40 (1) Eeist ein diplomatischer Vertreter, um sein Amt anzutreten oder um auf seinen Posten oder in seinen Heimatstaat zurückzukehren, durch das Hoheitsgebiet eines dritten Staates, oder befindet er sich im Hoheitsgebiet dieses Staates, der erforderlichenfalls seinen Pass mit einem Sichtvermerk versehen hat, so gewährt ihm dieser Staat Unverletzlichkeit und alle sonstigen für seine sichere Durchreise oder Eückkehr erforderlichen Immunitäten. Das gleiche gilt, wenn Familienangehörige des diplomatischen Vertreters, denen Vorrechte und Immunitäten zustehen, ihn begleiten oder wenn sie getrennt von ihm reisen, um. sich zu ihm zu begeben oder in ihren Heimatstaat zurückzukehren.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes l dürfen dritte Staaten auch die Eeise von Mitgliedern des Verwaltungs- und technischen Personals und des dienstlichen Hauspersonals einer Mission sowie ihrer Familienangehörigen durch ihr Hoheitsgebiet nicht behindern.

(3) Dritte Staaten gewähren in bezug auf die amtliche Korrespondenz und sonstige amtliche Mitteilungen im Durchgangsverkehr, einschliesslich verschlüsselter Nachrichten, die gleiche Freiheit und den gleichen Schutz wie der Empfangsstaat. Diplomatischen Kurieren, deren Pass erforderlichenfalls mit einem Sichtvermerk versehen wurde, und dem Kuriergepäck im Durchgangsverkehr gewähren sie die gleiche Unverletzlichkeit und den gleichen Schutz, die der Empfangsstaat zu gewähren verpflichtet ist.

(4) Die Verpflichtungen dritter Staaten auf Grund der Absätze l, 2 und 8 gelten gegenüber den in jenen Absätzen bezeichneten Personen sowie in bezug auf amtliche Mitteilungen und das Kuriergepäck auch dann, wenn diese sich infolge höherer Gewalt im Hoheitsgebiet des dritten Staates befinden.

Artikel 41 (1) Alle Personen, die Vorrechte und Immunitäten gemessen, sind unbeschadet derselben verpflichtet, die Gesetze und anderen Rechtsvorschriften des Empfangsstaats zu beachten. Sie sind ferner verpflichtet, sich nicht in dessen innere Angelegenheiten einzumischen.

(2) Alle Amtsgeschäfte mit dem Empfangsstaat, mit deren Wahrnehmung der Entsendestaat die Mission beauftragt, sind mit dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten oder dem anderen in gegenseitigem Einvernehmen bestimmten Ministerium des Empfangsstaats zu führen oder über diese zu leiten.

(8) Die Räumlichkeiten
der Mission dürfen nicht in einer Weise benutzt werden, die unvereinbar ist mit den Aufgaben der Mission, wie sie in diesem Übereinkommen, in anderen Regeln des allgemeinen Völkerrechts oder in besonderen, zwischen dem Entsendestaat und dem Empfangsstaat in Kraft befindlichen Übereinkünften niedergelegt sind.

279 Artikel 42 Ein diplomatischer Vertreter darf im Empfangsstaat keinen freien Beruf und keine gewerbliche Tätigkeit ausüben, die auf persönlichen Gewinn gerichtet sind.

Artikel 43 Die dienstliche Tätigkeit eines diplomatischen Vertreters wird unter anderem dadurch beendet, a. dass der Entsendestaat dem Empfangsstaat die Beendigung der dienstlichen Tätigkeit des diplomatischen Vertreters notifiziert, oder b, dass der Empfangsstaat dem Entsendestaat notifiziert, er lehne es gemäss Artikel 9 Absatz 2 ab, den diplomatischen Vertreter als Mitglied der Mission anzuerkennen.

Artikel 44 Auch im Fall eines bewaffneten Konflikts gewährt der Empfangsstaat den Personen, die Vorrechte und Immunitäten gemessen und nicht seine Staatsangehörigen sind, sowie ihren Familienmitgliedern ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die erforderlichen Erleichterungen, um es ihnen zu ermöglichen, sein Hoheitsgebiet so bald wie möglich zu verlassen. Insbesondere stellt er ihnen im Bedarfsfall die benötigten Beförderungsmittel für sie selbst und ihre Vermögensgegenstände zur Verfügung.

Artikel 45 Werden die diplomatischen Beziehungen zwischen zwei Staaten abgebrochen oder wird eine Mission endgültig oder vorübergehend abberufen, a. so hat der Empfangsstaat auch im Fall eines bewaffneten Konflikts die Räumlichkeiten, das Vermögen und die Archive der Mission zu achten und zu schützen; b. so kann der Entsendestaat einem dem Empfangsstaat genehmen dritten Staat die Obhut der Räumlichkeiten, des Vermögens und der Archive der Mission übertragen; c. so kann der Entsendestaat einem dem Empfangsstaat genehmen dritten Staat den Schutz seiner Interessen und derjenigen seiner Staatsangehörigen übertragen.

Artikel 4(5 Ein Eritsendestaat kann mit vorheriger Zustimmung des Empfangsstaats auf Ersuchen eines im Empfangsstaat nicht vertretenen dritten Staates den zeitweiligen Schutz der Interessen des dritten Staates und seiner Angehörigen übernehmen.

280 Artikel 47 (1) Bei der Anwendung dieses Übereinkommens unterlägst der Empfangsstaat jede diskriminierende Behandlung von Staaten.

(2) Es gilt jedoch nicht als Diskriminierung, a. wenn der Empfangsstaat eine Bestimmung dieses Übereinkommens deshalb einschränkend anwendet, weil sie im Entsendestaat auf seine eigene Mission einschränkend angewandt wird ; b. wenn Staaten auf Grund von Gewohnheit odor Vereinbarung einander eine günstigere Behandlung gewähren als es nach diesem Übereinkommen erforderlich ist.

Artikel 48 Dieses Übereinkommen liegt für alle Mitgliedstaaten der Vereinigten Nationen oder ihrer SpezialOrganisationen, für Vertragsstaaten des Statuts des InternationalenGerichtshofs und für jeden anderen Staat, den die Generalversammlung der Vereinigten Nationen einlädt, Vertragspartei des Übereinkommens zu werden, wie folgt zur Unterzeichnung auf: bis zum 31.Oktober 1961 im österreichischen Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten und danach bis zum 31. März 1962 am Sitz der Vereinigten Nationen in New York.

Artikel 49 Dieses Übereinkommen bedarf der Eatifizierung. Die Katifikationsurkunden sind beim Generalsekretär der Vereinigten Nationen zu hinterlegen.

Artikel 50 Dieses Übereinkommen liegt zum Beitritt für jeden Staat auf, der einer der in Artikel 48 bezeichneten vier Kategorien angehört. Die Beitrittsurkunden sind beim Generalsekretär der Vereinigten Nationen zu hinterlegen.

Artikel 51 (1) Dieses Übereinkommen tritt am dreissigsten Tag nach Hinterlegung der zweiundzwanzigsten Katifikations- oder Beitrittsurkunde beim Generalsekretär der Vereinigten Nationen in Kraft.

(2) Für jeden Staat, der nach Hinterlegung der zweiundzwanzigsten Eatifikations- oder Beitrittsurkunde das Übereinkommen ratifiziert oder ihm beitritt, tritt es am dreissigsten Tag nach Hinterlegung seiner eigenen Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

Artikel 52 Der Generalsekretär der Vereinigten Nationen notifiziert allen Staaten, die einer der in Artikel 48 bezeichneten vier Kategorien angehören,

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a. die Unterzeichnungen dieses Übereinkommens und die Hinterlegung der Katifikations- oder Beitrittsurkunden gemäss den Artikeln 48, 49 und 50; b. den Tag, an dem dieses Übereinkommen gemäss Artikel 51 in Kraft tritt.

Artikel 53 Die Urschrift dieses Übereinkommens, dessen chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, ·wird beim Generalsekretär der Vereinigten Nationen hinterlegt ; dieser übermittelt allen Staaten, die einer der in Artikel 48 bezeichneten vier Kategorien angehören, beglaubigte Abschriften.

Z V; U r kund dessen haben die unterzeichneten, von ihren Eegierungen hierzu gehörig befugten Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Geschehen zu Wien am 18. April 1961.

Bundesblatt. 115. Jahrg. Bd. I.

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Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen Fakultativprotokoll über die obligatorische Beilegung von Streitigkeiten Die V e r t r a g s s t a a t e n dieses Protokolls und des Wiener Ü b e r einkommens ü b e r diplomatische Beziehungen, im folgenden als «Übereinkommen» bezeichnet, das von der vom 2.März bis zum 14.April 1961 in Wien abgehaltenen Konferenz der Vereinigten Nationen angenommen wurde, von dem Wunsch geleitet, zur Eegelung aller sie betreffenden Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung des Übereinkommens die obligatorische Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofs in Anspruch zu nehmen, sofern die Parteien sich nicht innerhalb einer angemessenen Frist, über eine andere Form der Beilegung geeinigt haben, sind wie folgt ü b e r e i n g e k o m m e n : Artikel I Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung des Übereinkommens unterliegen der obligatorischen Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofs und können di.esem daher durch Klage einer Streitpartei unterbreitet werden, die Vertragspartei dieses Protokolls ist.

Artikel II Binnen zwei Monaten, nachdem eine Partei der anderen notifiziert hat, dass nach ihrer Auffassung eine Streitigkeit vorliegt, können die Parteien übereinkommen, diese nicht dem Internationalen Gerichtshof, sondern einem Schiedsgericht zu unterbreiten. Nach Ablauf der genannten Frist kann jede Partei die Streitigkeit im Klagewege dem Gerichtshof unterbreiten.

Artikel III (1) Innerhalb derselben Frist von zwei Monaten können die Parteien vereinbaren, vor Anrufung des Internationalen Gerichtshofs ein Vergleichsverfahren einzuleiten.

(2) Die Vergleichskommission hat binnen fünf Monaten nach ihrer Einsetzung ihre Empfehlungen abzugeben. Nehmen die Streitparteien diese Empfehlungen nicht binnen zwei Monaten nach ihrer Abgabe an, so kann jede Partei die Streitigkeit im Klagewege dem Gerichtshof unterbreiten.

288 Artikel IV Vertragsstaaten des Übereinkommens, des Fakultativprotokolls über den Erwerb der Staatsangehörigkeit sowie des vorliegenden Protokolls können jederzeit erklären, dass sie dieses Protokoll auch auf Streitigkeiten anwenden werden, die sich aus der Auslegung oder Anwendung des Fakultativprotokolls über den Erwerb der Staatsangehörigkeit ergeben. Diese Erklärungen sind dem Generalsekretär der Vereinigten Nationen zu notifizieren.

Artikel V Dieses Protokoll liegt für alle Staaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens werden, wie folgt zur Unterzeichnung auf: bis zum 31.Oktober 1961 im österreichischen Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten und danach bis zum 31.März 1962 am Sitz der Vereinigten Nationen in New York.

Artikel VI Dieses Protokoll bedarf der Batifizierung. Die Eatifikationsurkunden sind beim Generalsekretär der Vereinigten Nationen zu hinterlegen.

Artikel VII Dieses Protokoll liegt zum Beitritt für alle Staaten auf, die Vertragsparteien des Übereinkommens werden. Die Beitrittsurkunden sind beim Generalsekretär der Vereinigten Nationen zu hinterlegen.

Artikel VIII (1) Dieses Protokoll tritt an demselben Tag wie das Übereinkommen oder aber am dreissigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, an dem die zweite Eatifikations- oder Beitrittsurkunde zu dem Protokoll beim Generalsekretär der Vereinigten Nationen hinterlegt worden ist, je nachdem, welcher Tag später liegt.

(2) Für jeden Staat, der dieses Protokoll nach seinem gemäss Absatz l erfolgten Inkrafttreten ratifiziert oder ihm beitritt, tritt es am dreissigsten Tag nach Hinterlegung seiner eigenen Eatifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

Artikel IX Der Generalsekretär der Vereinigten Nationen notifiziert allen Staaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens werden, a. die Unterzeichnungen dieses Protokolls und die Hinterlegung der Eatifikations- und Beitrittsurkunden gemäss den Artikeln V, VI, und VII; b. die gemäss Artikel IV abgegebenen Erklärungen; c. den Tag, an dem dieses Protokoll gemäss Artikel VIII in Kraft tritt.

284 Artikel X Die Urschrift dieses Protokolls, dessen chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, wird beim Generalsekretär der Vereinigten Nationen hinterlegt; dieser übermittelt allen in Artikel V bezeichneten Staaten beglaubigte Abschriften.

Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten, von ihren Eegierungen hierzu gehörig befugten Bevollmächtigten dieses Protokoll unterschrieben.

Geschehen zu Wien am 18. April 1961.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 (Vom 22.Februar 1963)

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