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Bundesratsbeschluss betreffend

die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische keramische Industrie.

(Vom 7 Mai 1946.)

Der schweizerische

Bundesrat,

nach Prüfung des Antrages des Verbandes der schweizerischen keramischen Industrie, des Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverbandes, des Christlichen Holz- und Bauarbeiterverbandes der Schweiz, des Schweizerischen Verbandes evangelischer Arbeiter und Angestellter, des Landesverbandes freier Schweizer Arbeiter und des Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiterverbandes auf Allgemeinverbindlicherklärung von §§4 und 5 des am 21. Dezember 1945 abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische keramische Industrie, gestutzt auf Art. 3, Abs. 2, des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 1948 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst :

Art. 1.

Aus dem Gesamtarbeitsvertrag vom 21. Dezember 1945 für die schweizerische keramische Industrie werden folgende Bestimmungen allgemeinverbindlich erklärt: § 4. Lohn.

A. Minimalgrundlöhne.

1. a. Die Minimalgrundlohne betragen für voll arbeitsfähige über 20 Jahre alte Arbeiter: in ländlichen Verhältnissen Fr. 1.07 in halbstädtischen Verhältnissen » 1.12 in städtischen Verhältnissen » 1.17

90 6. Für Über- und Eindreher wie für Former über 20 Jahre, die diese Tätigkeit schon wenigstens 12 Monate ausgeübt haben, sind die vorgenannten Minimalgrundlöhne um 10 Rp. pro Stunde höher.

c. Für Berufsarbeiter über 20 Jahre mit bestandener Lehrabschlussprüfung, die auf ihrem gelernten Beruf arbeiten, sind in den ersten zwei Jahren nach bestandener Lehrabschlussprüfung die vorgenannten Minimalgrundlöhne für Arbeiter um 25 Rp., nach zwei Jahren nach bestandener Lehrabschlussprüfung um 35 Rp. höher.

2. Die Minimalgrundlöhne für vollarbeitsfähige Malerinnen und Keramikarbeiterinnen über 20 Jahre, die bei der Herstellung des keramischen Produktes mitwirken und diese Tätigkeit schon wenigstens 12 Monate ausüben, betragen : in ländlichen Verhältnissen 82 Rp.

in halbstädtischen Verhältnissen 86 Rp.

in städtischen Verhältnissen 90 Rp.

Die Minimalgrundlöhne für die vollarbeitsfähigen Hilfsarbeiterinnen über 20 Jahre betragen: in ländlichen Verhältnissen 72 Rp.

in halbstädtischen Verhältnissen 76 Rp.

in städtischen Verhältnissen 80 Rp.

3. Die Minimalgrundlöhne für Arbeitnehmer unter 20 Jahren (ohne Lehrlinge) betragen :

nach dem nachdem nachdem nachdem nachdem

15. Altersjähr 16. Alters jähr 17. Altersjähr 18. Altersjähr 19. Altersjähr

ländliche

Arbeiter halbstädtische Verhältnisse

Fr.

Fr.

Fr.

--.64 --.75 --.86 --.91 --.96

--.67 --.78 --.90 --.95 1.01

--.70 --.81 --.94 --.99 1.05

ländliche

Arbeiterinnen halbstädtische Verhältnisse

städtische

Fr.

Fr.

Fr.

städtische

nach dem 15. Altersjahr --.51 --.53 --.55 nach dem 16. Altersjahr --.60 --.62 --.64 nach dem 17. Altersjahr --.68 --.71 --.74 nachdem 18. Alters jähr --.72 --.75 --.78 nachdem 19. Alters jähr --.77 --.80 --.83 4. Höhere Grundlöhne sind beizubehalten, ebenso bisherige Leistungen für Werkzeu gentschädigungen.

B. Akkordarbeit.

Für Akkordarbeit sind die Ansätze so zu berechnen, dass bei einer Durchschnittsleistung unter normalen Verhältnissen die im Akkord tätigen Arbeitnehmer einen der Mehrleistung entsprechenden durchschnittlichen Mehrverdienst von 20 % auf den Minimalgrundlöhnen erreichen können.

Das Akkordsystem muss so aufgebaut sein, dass der Arbeiter in der Lage ist, die Ausrechnung des Akkordlohnes oder -Zuschlages selbst durchzuführen oder zum mindesten nachzukontrollieren.

91 C. Teuerungszulagen.

Es steht den Betrieben das Recht zu, die Teuerungszulagen nach ihrem bisherigen System auszurichten.

Minimalgrundlöhne und Teuerungszulagen zusammen haben jedoch mindestens folgende Stundenverdienste zu erreichen: ländliche

halbstädtische Verhältnisse

städtische

Fr.

Fr.

Fr.

vollarbeitsfähige Arbeiter über 20 Jahre 1. 60 1. 68 1. 76 vollarbeitsfähige Keramikarbeiterinnen und Malerinnen über 20 Jahre. . .

1.14 1.20 1.26 vollarbeitsfähige Hilfsarbeiterinnen über 20 Jahre 1.04 1.10 1.16 jugendliche Arbeiter (ohne Lehrlinge): nachdem 15. Altersjahr --.91 -- .96 1.01 nachdem 16. Altersjähr 1.02 1.07 1.12 nachdem 17. Altersjahr 1.13 1.19 1.25 nachdem 18. Altersjähr 1.18 1.24 1.30 nach dem 19. Altersjahr .

1.23 1.30 1.36 jugendliche Arbeiterinnen (ohne Lehrtöchter) : nach dem 15. Altersjähr --.78 --.82 --.86 nachdem 16. Alters jähr --.87 --.91 --.95 nachdem 17. Altersjahr --.95 1.-- 1.05 nachdem 18. Altersjähr --.99 1.04 1.09 nachdem 19. Altersjahr 1.04 1.09 1.14 Die Zuschläge gemäss Litera A, Ziffer l b und c, sind entsprechend zu berücksichtigen, i Dazu wird eine Kinderzulage von 40 Rp. je Arbeitstag und Kind bis zum vollendeten 17. Altersjahr und, soweit nicht erwerbstätig, bis zum vollendeten 18. Altersjahr ausbezahlt.

D. Regionale Zugehörigkeit.

Für die Einteilung massgebend ist der Ort des Betriebes, ferner seine Einreihung gemäss Lohnersatzordnung.

§5 Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf bezahlte Ferien, und zwar in dem dem 1. bis 6. Dienstjahr folgenden Kalenderjahr 6 Arbeitstage zu 8 Stunden, dem 7. bis 12. Dienstjahr folgenden Kalenderjahr 9 Arbeitstage zu 8 Stunden, dem 13. und späteren folgenden Kalenderjahr 12 Arbeitstage zu 8 Stunden.

Erfolgt der Diensteintritt vor dem 30. Juni, so wird das betreffende Jahr als Dienstjahr angerechnet.

Bei Austritt aus dem Betriebe oder bei Abwesenheit vom Betrieb aus irgendwelchen Gründen tritt eine Reduktion der Ferientagsansprüche von je 1/12 pro ausgefallenen Monat ein.

Der Ferienantritt wird durch die Betriebsleitung bestimmt, soweit möglich unter Würdigung gerechtfertigter Wünsche der Arbeiter.

Ferientage dürfen nicht zu Erwerbszwecken verwendet werden. Für die Ferienentschädigung ist das Lohnbetreffnis der letzten drei Zahltage vor Ferienantritt massgebend. Nicht bezogene Ferien tage werden nicht entschädigt.

92 Art 2.

Für den Arbeitnehmer günstigere Gesetzesvorschriften werden durch diesen Beschluss nicht berührt.

Art. 3.

Die Allgemeinverbindlichkeit gilt für das ganze Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft: 2 Sie erstreckt sich auf sämtliche Betriebe der keramischen Produktion, nämlich auf die Fein- und Kunstkeramik, Töpferei; Tonwaren-, Kachelofen-, Steinzeug-, Klinker- und Steinzeugbodenplattenproduktion und Fabrikation feuerfester Erzeugnisse.

3 Nicht erfasst werden gemischte Betriebe, soweit sie dem Bundesratsbeschluss vom 29. Januar 1946 betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerischen Ziegeleien unterstehen, sowie die Firmen AG. für Keramische Industrie, Laufen, und Isolawerke, Breitenbach.

4 Die Allgemeinverbindlichkeit tritt mit der amtlichen Veröffentlichung des Beschlusses in Kraft und dauert bis 31. Dezember 1946.

1

Bern, den 7. Mai 1946.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Kobelt.

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Der Vizekanzler: Ch. Oser

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09.05.1946

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