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Bundesratsfoeschluss über

die Genehmigung einer Vereinbarung im Sinne von Art, 9 des Bundesratsbeschlusses über das Verbot der Eröffnung und Erweiterung von Betrieben der Schuhindustrie.

(Vom 18, März 1946.)

Der schweizerische B u n d e s r a t , gestützt auf Art. 9 des Bundesratsbeschlusses vom 28. Dezember 1945 über das Verbot der Eröffnung und Erweiterung von Betrieben der Schuhindustrie*), b.eschliesst:

Art. 1.

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Der im Anhang wiedergegebenen Vereinbarung vom 12. Juli 1945/19. Januar 1946 zwischen dem Schweizerischen Schuhmachermeisterverband, dem Verband schweizerischer mechanischer Schuhreparaturbetriebe, dem Verband schweizerischer Schuhindustrieller, dem Schweizerischen Schuhhändlerverband und dem Verband schweizerischer Filialunternehmungen über die Abgrenzung der Tätigkeitsgebiete zwischen Schuhindustrie und Schuhmacherhandwerk wird mit Ausnahme der Ziffer 5 sowie der Ziffer 12 bis 14 die Genehmigung erteilt.

Art. 2.

1

Die Bestimmungen der Vereinbarung vom 12. Juli 1945/19. Januar 1946 finden Anwendung auf alle Unternehmungen der Schuhindustrie und des Schuhmacherhandwerkes, ungeachtet dessen, ob sie einem der vertragsschliessenden Verbände als Mitglied angehören oder nicht.

2

Die Vorschriften des Bundesratsbeschlusses vom 28. Dezember 1945 über das Verbot der Eröffnung und Erweiterung von Betrieben der Schuhindustrie sowie die Verfügung Nr. l des eidgenössischen Volkswirtschafts-

*) A. S. 62, 12.

732 departements vom 28. Dezember 1945*) betreffend die Unterstellung des Schuhmachergewerbes unter den Bundesratsbeschluss vom 16, Februar 1945 über den Fähigkeitsausweis für die Eröffnung von Betrieben im Gewerbe**) "bleiben vorbehalten.

Art. 3.

1

Widerhandlungen gegen die Vereinbarung sind auf Antrag nach den Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses vom 28. Dezember 1945 über das Verbot der Eröffnung und Erweiterung von Betrieben der Schuhindustrie strafbar.

2 Antragsberechtigt sind der Verband schweizerischer Schuhindustrieller, der Schweizerische Schuhmachermeisterverband, der Verband schweizerischer mechanischer Schuhreparaturbetriebe sowie die in der Vereinbarung genannte konsultative Kommission.

Art. 4.

Dieser Beschluss tritt am 15. März 1946 in Kraft und gilt bis zum 81. Dezember 1946, Bern, den 18. März 1946.

Im Namen des Schweiz, Bundesrates, Der Bundespräsident:

Kobelt.

Der Bundeskanzler: Leimgruber.

Anhang.

Vereinbarung vom 12. Juli 1945/19. Januar 1946,

*) A. S. 62, 16.

**) A. S. 61, 93.

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Anhang.

Vereinbarung Ober

die Abgrenzung der Tätigkeitsgebiete zwischen Schuhindustrie und Schuhmacherhandwerk.

(Vom 12. Juli 1945/19. Januar 1946.)

Zur Abgrenzung der Tätigkeitsgebiete zwischen Schuhindustrie und Schuhmacherhandwerk haben der Schweizerische Schuhmachenneisterverband, der Verband schweizerischer mechanischer Schuhreparaturbetriebe, der Verband schweizerischer Schuhindustrieller, der Schweizerische Schuhhändlerverband und der Verband schweizerischer Filialunternehmungen unter Mitwirkung der eidgenössischen Fachkommission für das Schuhmachergewerbe folgende Vereinbarung abgeschlossen : I. Grundsatz.

1. Die serienmässige Herstellung von Schuhwerk aller Art gehört in das Tätigkeitsgebiet der Industrie. Die Ausbesserung schadhafter Schuhe und die Herstellung von Schuhen oder Einlagen nach Mass sowie die Anfertigung orthopädischer Schuhe gehören in das Tätigkeitsgebiet des Handwerks.

II. Mass-Schuhe und orthopädische Schuhe.

2. Als Mass-Schuhe gelten Schuhe, für die besondere Leisten hergestellt oder hergerichtet werden.müssen, als orthopädische solche, die für abnormale oder kranke Fusse bestimmt sind und für die ebenfalls besondere Leisten hergestellt oder hergerichtet werden müssen.

3. Die Mitglieder des Verbandes schweizerischer Schuhindustrieller very.ichten auf die Herstellung von Mass-Schuhen und von orthopädischen Schuhen. Dagegen bleibt ihnen die Herstellung von sogenannten Einzelpaaren vorbehalten, sofern es sich nur um Abweichungen in der Leder- oder Stofffarbe, im Schnitt oder um anderweitige Spezialausführungen handelt. Ebenso bleibt den Schuhfabrikanten, welche bisher Reitstiefel nach Mass angefertigt haben, das Recht zur Herstellung von Reitstiefel-Einzelpaaren weiterhin gewahrt.

4. Die Mitglieder des Schweizerischen Schuhmachermeisterverbandes und des Verbandes schweizerischer mechanischer Schuhreparaturbetriebe verzichten auf die Herstellung von nicht nach Mass gearbeiteten Schuhen. Dagegen bleibt ihnen unter Vorbehalt der Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses über die Schuhindustrie die serienmässige Herstellung von Schuhen in bescheidenem Umfange gestattet, Bundesblatt. 98. Jahrg. Bd. I.

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5.. Die Mitglieder des Schweizerischen Schuhhändlerverbandes und des Verbandes schweizerischer Filialunternehmungen vergeben die Ausführung entgegengenommener Schuhreparaturaufträge, sofern diese nicht unter Ziffer 7, lit. a und 6, fallen, soweit möglich an ortsansässige Handwerksbetriebe.

Die Mitgheder der genannten Verbände verzichten darauf, Bestellungen für Mass-Schuhe und orthopädische Schuhe an Schuhfabriken in Ausführung zu geben. Doch bleibt ihnen die Bestellung sogenannter Einzelpaare bei Schuhfabriken auf besondern Wunsch von Kunden vorbehalten, vorausgesetzt, dass dafür keine besondern Leisten hergestellt oder hergerichtet werden müssen und dass es sich nur um Abweichungen im Material oder in der Ausführung eines Musters handelt, nach dem Schuhe serienweise hergestellt werden.

6. Die Bezeichnung «orthopädisch» darf für sich allein oder in Zusammensetzungen nur für nach Mass hergestellte orthopädische Schuhe im Sinne von Ziffer 2 verwendet werden. Dagegen sind für serienmässig hergestellte Schuhe Bezeichnungen wie beispielsweise «hygienische Schuhe», «Gesundheitsschuhe» oder «Reformschuhe» zulässig.

III. Schuhreparaturen.

7. Die Mitglieder des Verbandes schweizerischer Schuhindustrieller beschränken die Ausführung von Schuhreparaturen auf folgende Fälle: a. «Gewährleistungsreparaturen», d.h. Reparaturen zur Behebung von Mängeln, die im Fabrikationsprozess entstanden sind; b. « Spezialreparaturen », d.h. Reparaturarbeiten an Qualitätsschuhen, die aus der betreffenden Fabrik stammen und für deren Ausführung die Verwendung von Originalleisten oder von besondern Materialien oder Werkzeugen notwendig ist, über die der landesübliche Schuhmacherbetrieb nicht verfügt; c. Reparaturen für die Arbeiter und Angestellten der betreffenden Fabrik mit Einschluss der Personen, gegenüber welchen diese Unterhalts- oder unterstützuugspflichtig sind; d. Reparaturen in Lehrwerkstätten, die als Werkschulen der beruflichen Ausbildung dienen.

IV. Militärschuhe.

8. Für die Aufträge der Kriegstechnischen Abteilung und der Kriegsmaterialverwaltung zur Herstellung und Reparatur von Militärschuhen gelten die besondem Vereinbarungen zwischen diesen und den beteiligten Verbänden bzw. Firmen.

V. Konsultative Kommission.

9. Zur Auslegung der vorstehenden Vereinbarung und zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten wird eine konsultative Kommission eingesetzt, bestehend aus je einem Vertreter der der Vereinbarung beigetretenen Verbände sowie dem Präsidenten der eidgenössischen Fachkommission für das Schuhmachergewerbe als Obmann.

Die, Parteivertreter werden mit Amtsdauer bis zum Ablauf der Geltungsdauer dieser Vereinbarung von den beteiligten Verbänden ernannt und von ihnen entschädigt. Die an den Obmann auszurichtenden Vergütungen werden von den beteiligten Verbänden zu gleichen Teilen übernommen.

Die konsultative Konimission fasst ihre Beschlüsse mit einfachem Mehr.

735 Das Sekretariat der konsultativen Kommission wird durch den Sekretär der eidgenössischen Fachkommission für das Schuhmachergewerbe besorgt, der beratende Stimme hat.

10. Die an der Vereinbarung beteiligten Verbände verpflichten sich, dafür besorgt zu sein, dass den Beschlüssen der konsultativen Kommission nachgelebt wird.

VI. Schlussbestimmungen.

11. (Obsolet, nachdem die eidgenössische Fachkommission für das Schuhmachergewerbe die von allen Verbänden unterzeichnete Vereinbarung auf den 1. September 1945 in Kraft gesetzt hat.)

12. Die Vereinbarung ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Jeder der beteiligten Verbände kann jederzeit durch eingeschriebenen Brief an den Obmann der konsultativen Kommission unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten seinen Rücktritt von der Vereinbarung erklären.

13. Die beteiligten Verbände werden diese Vereinbarung ihren Mitgliedern in geeigneter Weise zur Kenntnis bringen und sie periodisch in ihren Fachorganen veröffentlichen.

14. Die vorstehende Vereinbarung wird, gestützt auf Art. 9 des Bundesratsbeschlusses vom 28. Dezember 1945 über das Verbot der Eröffnung und Erweiterung von Betrieben der Schuhindustrie dem Bundesrat zur Genehmigung eingereicht.

Schweizerischer Schuhmachermeisterverband, Der Zentralpräsident: C. Bryner.

Der Zentralsekretär: E. Morf.

Verband schweizerischer mechanischer Schuhreparaturbetriebe, Der Präsident: E. Ebert.

Der Sekretär: H. Stöckli.

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, Verband schweizerischer Schuhindustrieller, Die Delegierten: Dr. G. A. Frey, J..Glutz.

Der Sekretär: Dr. E. Wasmer.

Schweizerischer Schuhhändlerverband, Der Zentralpräsident.

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H. Weibel.

Der Zentralsekretär: Dr. K. Hackhofer.

Verband schweizerischer Filialunternehmungen, Der Präsident: Dr. M. Bucher.

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Bundesratsbeschluss über die Genehmigung einer Vereinbarung im Sinne von Art. 9 des Bundesratsbeschlusses über das Verbot der Eröffnung und Erweiterung von Betrieben der Schuhindustrie. (Vom 18. März 1946.)

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.03.1946

Date Data Seite

731-735

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