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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Abänderung der Militärorganisation.

^Teilrovision des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939.)

(Vom 6. September 1946.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Abänderung der Militärorganisation vorzulegen.

I.

Kurz vor Kriegsausbruch erfolgte in den eidgenössischen Bäten am 2l./ 22. Juni 1939 die Schlussabstimmung über die Novelle zum Bundesgesetze vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft (A. S. 61, 425). Diese Novelle trug den Untertitel: «Organisation des Militärdepartementes und Armeeleitung», womit kundgetan wurde, dass sich die Änderungen zur Hauptsache auf die Abschnitte II «Militärverwaltung des Bundes» und III «Truppenführung» des vierten Teiles der Militärorganisation bezogen. Was vorab die Organisation des Militärdepartementes anbelangte, brachte die Novelle die Zusammenfassung der Dienstabteilungen des Departementes in Gruppen, nachdem bis zu diesem Zeitpunkte dem Departementschef nicht weniger als 15 Abteilungen direkt unterstellt waren, ein Zustand, der weder vom verwaltungsmässigen noch vom militärischen Gesichtspunkte aus zu befriedigen vermochte. Mit der Zusammenfassung der Abteilungen in Gruppen konnte die Zahl der dem Departementschef direkt unterstellten Dienste von 15 auf 6 herabgesetzt und durch die Aufteilung in eine Gruppe für Ausbildung und eine Gruppe für mehr organisatorische Belange (Generalstab) eine zweckmässige Scheidung nach Sachgebieten vorgenommen werden, die zudem einen reibungslosen Übergang vom Friedenszustand zum Aktivdienste ermöglichte.

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Im Abschnitt «Armeeleitung und Truppenkommandanten» wurden vor allem die Zusammensetzung und die Stellung der Landesverteidigungskommission behandelt. Als neuen Mitgliedern der Landesverteidigungskommission kamen dabei dem Armeeinspektor und dem Oberwaffenchef besondere Bedeutung zu.

Die Eeferendumsfrist des vorgenannten Bundesgesetzes lief am 26. September 1939 unbenutzt ab. In Anbetracht des mittlerweile erklärten Aktivdienstzustandes und der Übertragung weitgehender Befugnisse an den Oberbefehlshaber der Armee hatte sich der Bundesrat nun über die Inkraftsetzung dieser Neuordnung, die ja vornehmlich eine Organisation für den Friedenszustand darstellte, schlüssig zu werden.

In der Erwägung, dass die Landesverteidigungskommission während des Aktivdienstes ausser Funktion stand und, solange ein Oberbefehlshaber der Armee eingesetzt war, für einen Armeeinspektor kein Platz blieb, somit also die Grundlagen, auf denen das Bundesgesetz die Organisation des eidgenössischen Militärdeparternentes und der neuen Armeeleitung aufbaute, vorläufig nicht vorhanden waren, beschloss der Bundesrat am 17. November 1939 von der Inkraftsetzung des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939 bis auf weiteres abzusehen. Diese Massnahme hinderte jedoch nicht, dass zufolge der Organisation des Armeestabes und der Verordnung des Bundesrates vom 4. Januar 1938 über die Obliegenheiten und die Organisation des eidgenössischen Militär departementes nach einem allgemeinen Aufgebote der Armee zum Aktivdienste (nicht veröffentlicht) eine ganze Reihe der im Bundesgesetze vom 22. Juni 1939 vorgesehenen Neuerungen bei der Aufstellung des Armeestabes tatsächlich wirksam wurden. Dies betraf namentlich die Vereinigung der Abteilungen der fechtenden Truppen im Armeestab unter einem Chef der Ausbildung, der die gleiche Stellung einnahm, wie sie das Bundesgesetz vom 22. Juni 1939 dem Oberwaffenchef zudachte. Die andern Abteilungen, deren Aufgaben vornehmlich die Dienste hinter der Front betreffen, d. h. die Abteilung für Sanitat, die Abteilung für Veterinärwesen, das Oberkriegskommissariat und die Kriegsmaterialverwaltung, standen während des Aktivdienstes unter der Leitung des Chefs des Generalstabes der Armee. Diese Organisation stimmte ebenfalls mit der Neuordnung des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939 überein.

Unter der Leitung des eidgenössischen
Militärdepartementes verblieben die Kriegstechnische Abteilung, die Landestopographie, die Abteilung für Luftschutz, die Militärversicherung und das Departementssekretariat. Auch hier griff somit die Neuordnung im Sinne der Gesetzesnovelle Platz, wobei lediglich noch die Umbenennung des Departementssekretariates in «Direktion der eidgenössischen Militärverwaltung» vorläufig ausfiel.

Diese ganze Ordnung war ein getreues Abbild des Artikels 167 des neuen Bundesgesetzes mit dem einzigen Unterschied, dass während des Aktivdienstes an der Spitze der militärischen Hierarchie nicht das eidgenössische Militärdepartement und die Landesverteidigungskommission, sondern der General stand. Die sechs Jahre Aktivdienst gaben sodann reichlich Gelegenheit, die

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Vor- und Nachteile des neuen Systems abzuwägen. Heute darf festgestellt werden, dass sich die Zusammenfassung der Dienstabteilungen in Gruppen in allen Teilen bewährt, die angestrebte Entlastung auch wirklich gebracht hat und auch in der Friedenszeit beibehalten werden sollte. Das eidgenössische Militärdepartement ging von der Auffassung aus, dass nach Ende des Aktivdienstes das Bundesgesetz vom 22. Juni 1939 vollinhaltlich in Kraft gesetzt werden müsse. Es ersuchte kurz nach Einstellung der Feindseligkeiten am 5. Juni 1945 den General, zu den vorbereiteten bei Aufhebung des Aktivdienstzustandes zu treffenden Massnahmen Stellung zu nehmen.

In seiner Vernehmlassung vom 8. Juni 1945 führte der General aus, das Gesetz vom Jahre 1939 trage die Zeichen der Zeit, in der es erlassen worden sei, so dass es in verschiedenen Punkten als überholt erscheine, Unklarheiten enthalte und zu. gefährlichen Kompetenzkonflikten fuhren werde. Wenn es aber in der gegenwärtigen Form in Kraft gesetzt werden müsse, sei es nötig, seine Schwächen so weitgehend als möglich durch geeignete Wahl der obersten Chefs auszugleichen. Die Frage der Inkraftsetzung des Gesetzes könne nicht unabhängig von der Frage der personellen Besetzung der höchsten Posten in der Armee erfolgen. Er befürwortete eine weitgehende Verjüngung und empfahl dem Chef des eidgenössischen Militärdepartementes mit einlässlicher Begründung «persönlich und geheim», die Ernennimg von 2--6 neuen Oberstkorpskommandanten und von 8 -- 9 neuen Oberstdivisionären. Eine Änderung des Gesetzes im Sinne seiner im Berichte über den Aktivdienst enthaltenen Vorschläge hatte der General in seinem Schreiben weder erwogen noch in Vorschlag gebracht.

Der Bundesrat wurde über die Ansichtsäusserung und die Vorschläge des Generals eingehend orientiert. In Würdigung der vom General gegen das Bundesgesetz vom Jahre 1939 vorgebrachten Bedenken und aus andern wichtigen Gründen, die später näher dargelegt werden sollen, warf der Bundesrat die Frage auf, ob es unter den gegebenen Umständen notwendig und zweckmässig sei, den Posten eines Armeeinspektors zu besetzen und beauftragte den Chef des eidgenössischen Militärdepartementes, die beiden Vollmachtenkommissionen hierüber zu konsultieren. Die Vollmachtenkommissionen der beiden Bäte gelangten einstimmig zur Auffassung, die Funktion
eines Armeeinspektors sei nicht einzuführen. Um dieser Auffassung die rechtliche Grundlage zu verleihen, gaben die Vollmachtenkommissionen beider Bäte dem Artikel l eines ihnen vorgelegten Entwurfes zu einem Bundesratsbeschlusse betreffend die Aufhebung des Aktivdienstzustandes folgende Fassung: «Der mit den Truppenaufgeboten vom August/September 1939 eingeführte allgemeine Aktivdienstzustand endigt am 20. August 1945.

Das Bundesgesetz vom 22. Juni 1939 über die Abänderung des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation (Organisation des eidgenössischen Militärdepartementes 'und der Armeeleitung) tritt mit Ausnahme der Bestimmungen über den Armeeinspektor in Kraft. Die hiefür nötigen Anpassungsmassnahmen sind durch die Dienstordnung zu treffen.»

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In einer Besprechung vom 28. Juni 1946 und mit Schreiben vom 2. August 1945 orientierte der Chef des eidgenössischen Militärdepartementes den General über die Gründe, die zu der vom Bundesrate getroffenen Lösung führten.

Der Bundesrat fasste am 3. August 1945 den entsprechenden Beschluss.

Die beiden Volhnachtenkomrnissionen waren darüber im klaren, dass eine teilweise Inkraftsetzung eines Bundesgesetzes durch einen Vollmachtenbeschluss in allen Fällen nur eine vorübergehende Lösung und nur dann zulässig sei, wenn die nicht mehr als zweckmässig erkannten einzelnen Gesetzesbestimmungen Gegenstand einer Eevision bildeten. Die beiden Vollmachtenkommissionen drückten dementsprechend die bestimmte Erwartung aus, dass der Bundesrat unverzüglich die Abänderung des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939 in die Wege leite und den eidgenossischen Bäten darüber Antrag stelle.

Dem Auftrage, die nötigen Anpassungsmassnahmen vorläufig durch die Dienstordnung zu treffen, kam der Bundesrat nach und übertrug in seiner Verordnung vom 3. August 1945 «über die Obliegenheiten der Armeeleitung, Truppenkommandanten und Abteilungen des eidgenössischen Militärdepartementes (Dienstordnung) (A. S. 61, 581), Pflichten und Bechte des Armeeinspektors grösätenteils der Landesverteidigungskommission, zum andern Teil dem Ausbildungschef und dem Generalstabschef. Es bestand nie die Meinung, dass die Befugnisse des Armeeinspektors auf den Chef des eidgenössischen Militärdepartementes übergehen sollten.

In der Wintersession 1945 genehmigten beide Räte ohne jeden Einspruch im Kapitel D des dreizehnten Berichtes des Bundesrates über die auf Grund der ausser ordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen auch die Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses vom 3. August 1945 betreffend die Aufhebung des Aktivdienstzustsndes (A. S. 61, 571) und gaben damit ihr Einverständnis zur Mchtbesetzung des Postens eines Armeeinspektors. Mittlerweile sind nun vom eidgenössischen Militärdepartement auftragsgemäss die Vorarbeiten zu einer Abänderung des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939 über die Militârorganisation beendigt worden. Der Bundesrat ist heute in der Lage, Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetze über die Abänderung der Militärorganisation (Teilrevision des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939) vorzulegen.

II.

Bis zum Jahre 1938 waren die Armeekorpskommandanten die Inspektoren, die zur Verfügung des Departementschefs standen und als solche das Kriegsgenügen einer Anzahl Divisionen und Armeetruppen nach einem festgelegten Inspektionsplan festzustellen hatten; denn solange feste Armeekorpsverbände fehlten, waren die Divisionen und Armeetruppen den Armeekorpskommandanten nicht dauernd unterstellt.

Am l. Januar 1938, mit der Inkraftsetzung der neuen Bestimmungen der Truppenordnung 1936 (A. S. 52, 881), änderte sich das Bild grundlegend, denn

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die Armeekorpskommandanten waren von da an nicht mehr nur Inspektoren, sondern Kommandanten festgefügter Armeekorpsverhände mit 3 Divisionen, einer Gehirgsbrigade und einer grossen Zahl von Korpstruppen. Es ist daher verständlich, dass damals das Bedürfnis entstand, eine Inspektion durch eine höchste Stelle im Friedensdienste einzuführen und damit eine Stelle zu betrauen, die für die Gleichheit und Übereinstimmung der Ausbildung in den Schulen einerseits und in den Offizierskursen und Wiederholungskursen andererseits verantwortlich "wäre. Von verschiedenen Seiten wurde allerdings nicht nur die Einsetzung eines über den Armeekorpskommandanten stehenden Inspektors vorgeschlagen, sondern sogar die Unterstellung aller Truppenverbände, also auch der Armeekorps, unter einen Kommandanten in Friedenszeiten gefordert.

Das Bundesgesetz vom 22. Juni 1939 trug diesen offensichtlich allzuweit gehenden Wünschen nicht Rechnung und beschränkte sich aus Gründen, die später noch zu erörtern sein werden, auf die Schaffung eines Armeeinspektors, der zugleich Stellvertreter des Vorsitzenden der Landesverteidigungskommission sein sollte. Es darf heute rückblickend festgestellt werden, dass die stark nach oben zugespitzte neue Kommandoordnung und die Einsetzung eines Armeeinspektors wohl vielfach auch deshalb gutgeheissen wurden, weil damals die politische Hochspannung der Jahre 1938 und 1939 allen Einwänden zum Trotz einer für normale Verhältnisse übermässig straffen Organisation Vorschub leistete.

Am Ende des Aktivdienstes trat immer mehr die Auffassung in den Vordergrund, dass der Ausschlag des Pendels zugunsten einer bis zur Spitze durchorganisierten militärischen Hierarchie, wie sie stehenden Heeren eigen ist, aber der nach demokratischer Auffassung natürlichen Unterordnung der militärischen unter die zivile Gewalt widerspricht, einer Korrektur bedürfe.

Vor allem können wir heute, ein Jahr nach Schluss des Aktivdienstes, feststellen, dass die Armeekorpskommandanten als Mitglieder der Landesverteidigungskommission nach wie vor auch die Funktion von Inspektoren ausüben können. Sie sind deswegen in ihren neuen Obliegenheiten als Truppenkommandanten nicht gehindert, denn die Gelegenheit zur tatsachlichen Führung ihres Armeekorps fehlt in Friedeiiszeiten vollständig. Es ging wohl seinerzeit zu weit, anzunehmen, die
nunmehr mit einem Befehlsbereich und mit unterstellten Heereseinheiten bedachten Armeekorpskommandanten würden in Zukunft als Inspektoren ausfallen.

Der Aktivdienst und die Kriegserfahrungen lehrten aber auch, dass nur bei klaren Unterstellungsverhältnissen eine erspriessliche Zusammenarbeit möglieh ist. Ein Armeeinspektor, der nicht zugleich Vorgesetzter der Armeekorpskommandanten ist und diesen gegenüber Befehlsgewalt besitzt, ist von vorneherein in seiner Tätigkeit stark gehemmt. Selbst wenn der rangälteste der aktiven Oberstkorpskommandanten mit der Funktion eines Armeeinspektors betraut würde, hätte er Mühe, sich durchzusetzen.

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Keben den Kommandanten der Armeekorps tragen aber auch der Ausbildungschef und der Generalstabschef für die Kriegsbereitschaft unserer Armee einen grossen Teil der Verantwortung, und es stellen sich bei diesen beiden höchsten Funktionären der Militärverwaltung die gleichen Fragen hinsichtlich der Unterstellung unter einen Armeeinspektor wie bei den Kommandanten der Armeekorps. Ist der Armeeinspektor nur ein prinius inter pares, so fällt seine Aufgabe der Koordinierung mangels der Möglichkeit, sich bei festgestellten Mängeln durchzusetzen, in sich zusammen, denn er besitzt keine Befehlsgewalt über Ausbildungschef und Generalstabschef.

Das Bundesgesetz vom 22. Juni 1939, in dem der Armeeinspektor Aufnahme fand, war eben ein Kompromiss zwischen der früheren Ordnung und den bereits damals noch viel weiter gehenden Strömungen, blieb aber mit dem Nachteil behaftet, dass der Zuständigkeitsbereich des Inspektors ungenügend war und eine zmeckmässige Entfaltung seiner Tätigkeit nicht erlaubt hätte.

Auch General Guisan erklärt in seinem Berichte über den Aktivdienst, dass ihm die Kompetenzen des Armeeinspektors in ihrer Gesamtheit weder weit genug gef asst, noch im Wortlaut genau genug umschrieben zu sein scheinen ; aber sie stellten einen Schritt dar in der Eichtung auf die Ernennung eines «obersten Verantwortlichen» in Friedenszeiten.

Will man die im Bundesgesetze vom 22. Juni 1939 bewusst hingenommenen Unzulänglichkeiten ausschalten, muss entweder der Schritt zum Oberbefehlshaber im Frieden gewagt werden, oder aber es ist eine nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf vorgezeichnete Lösung zu wählen.

Ein Oberbefehlshaber im Frieden oder Friedensgeneral, wie er früher genannt und vom Bundesrate und den eidgenössischen Bäten bereits bei der Beratung der Gesetzesnovelle vom Jahre 1939 abgelehnt wurde, müsste über weitgehende Befehlsgewalt verfugen, wenn er die ihm zugedachten Aufgaben erfüllen soll. Es müssten ihm die Armeekorpskommandanten, der Ausbildungschef und der Generalstabschef unterstellt werden. Damit wären ihm auch die meisten Dienstabteilungen des eidgenössischen Militardepartementes unterstellt. Der Verkehr des Departemeutbchefs mit den Dienstabteilungen seines Departementes ginge ausschliesslich über den Oberbefehlshaber im Frieden.

Dieser wäre in den wichtigsten Fragen der Landesverteidigung
der einzige Untergebene des Departementschefs. Es untersteht keinem Zweifel, dass in einem derartigen Verhältnis viele Konfliktmöglichkeiten liegen. General Wille schrieb in seinem Berichte über den Aktivdienst 1914--1918: «Der Chef des Militärdepartements braucht, da er nach der Organisation des Bundesrates als Kollegium nicht selbständiger .Kriegsminister' ist, selbstverständlich verantwortliche Dienststellen unter sich, über denen er als Verwaltungschef steht.» Wenn, wie General Guisan dies vorschlägt, ein «oberster Verantwortlicher» in Friedenszeiten ernannt werden soll, der durch die Bundesversammlung zu wählen wäre und darunter nicht der Chef des eidgenössischen Militärdepartementes, sondern ein oberster militärischer Führer verstanden wird, so würde

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Wohl vermöchte sich ein Oberbefehlshaber im Frieden, auch wenn er nicht den Grad eines Generals bekleiden würde, zufolge seiner Wahl durch die Bundesversammlung bei den übrigen Oberstkorpskommandanten die nötige Autorität zu verschaffen. Das Verhältnis zum Chef des eidgenössischen Militär departementes und zur Landesregierung wäre aber unklar und müsste zu ständigen Auseinandersetzungen und Konflikten führen, was der Armee zum Schaden gereichen würde. Selbst wenn der Friedensgeneral dem Chef des eidgenössischen Militärdepartementes formell unterstellt würde, wäre er ihm praktisch doch nebengeordnet. Wenn der Friedensgeneral mit seinen Anträgen nicht die Zustimmung des Departementschefs findet oder glaubt, seine Ansicht werde vom Departementschef im Bundesrate oder in der Bundesversammlung nicht genügend vertreten, wäre der nächste Schritt das Verlangen, an den Sitzungen des Bundesrates selber teilnehmen zu können. Die Leitung des Wehrwesens im Frieden kann nicht zwei Chefs übertragen werden, von denen der eine befiehlt und der andere gegenüber dem Parlament die Verantwortung trägt. Wenn der Oberbefehlshaber im Frieden auch der «oberste Verantwortliche» (Seite 270 des Berichtes an die Bundesversammlung über den Aktivdienst 1939--1945 von General Guisan) sein soll, wäre der Chef des eidgenössischen Militärdepartementes lediglich sein Sprachrohr oder sein Anwalt vor dem Bundesrate und dem Parlament. Man kann die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zwischen Friedensgeneral und Departementschef ausscheiden wie man will, immer wird man erkennen, dass sich aus der Überorganisation unerfreuliche Verhältnisse ergeben.

Oberstkorpskommandant Huber, der Generalstabschef während des letzten Krieges, vertritt in seinem Berichte die Auffassung, dass sich selbst für den Aktivdienst wirklich klare Verhältnisse nur erzielen lassen -- dann aber mit Leichtigkeit --, wenn der Oberbefehlshaber der Armee der Landesregierung nicht neben-, sondern untergeordnet ist. «Wie das meines Wissens in jedem andern demokratischen Staate, dessen Oberhaupt nicht zugleich Oberbefehlshaber der Armee ist, üblich ist, muss der Oberbefehlshaber der Armee der Eegierung unterstellt sein.» (Bericht des Chefs des Generalstabes
der Armee über den Aktivdienst 1939--1945, Seite 423.)

Dies gilt in noch viel höherem Masse für die Friedenszeit. Im Frieden ist die Armee als Ganzes nicht zu kommandieren, sondern zu reorganisieren und auszubilden. Viele der Befürworter der Einführung eines Armeeinspektors oder Oberbefehlshabers im Frieden übersehen die Tatsache, dass einer Armeeleitung im Frieden, werde sie von einer oder mehreren Personen, einer militärischen oder zivilen Instanz ausgeübt, nicht die gleichen weitgehenden Befugnisse zustehen, wie einer Armeeleitung im Aktivdienst oder Krieg.

Die dem Oberbefehlshaber der Armee im Aktivdienst auf Grund der Art. 208--210 der Militärorganisation zufallenden Kompetenzen können niemals einer Armeeleitung im Frieden übertragen werden. Auch verfügt der

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Bundesrat nicht mehr uber die Vollmachten, die ihm während des Aktivdienstes ermöglichten, den Kreditgesuchen des Generals frei zu entsprechen und unverzüglich die vom General gewünschten Änderungen au bestehenden gesetzlichen Bestimmungen vorzunehmen. Im Frieden haben die eidgenössischen Bäte und das Volk ein weitgehendes Mitspracherecht in allen militärischen Angelegenheiten. Alle militärischen Ausgaben müssen vom Parlament bewilligt werden. Wesentliche organisatorische Änderungen können nur mit Zustimmung des Parlamentes oder des Volkes vorgenommen werden.

Vom rein militärischen Standpunkte aus ist es sehr wohl verständlich, wenn aus Kreisen der Offiziere, selbst von einem Teil der Mitglieder der Landesverteidigungskommission, ein Armeeinspektor oder ein Oberbefehlshaber im Frieden befürwortet wird. Die politische Behörde kann jedoch aus staatspolitischen Erwägungen eine Organisation nicht gutheissen, bei der die militärische Gewalt der politischen Staatsfuhrung nicht in klarer Weise untergeordnet ist.

Nach Art. 95 der Bundesverfassung ist der Bundesrat die oberste vollziehende und leitende Behörde der Eidgenossenschaft. Er wacht über die äussere Sicherheit für die Behauptung der Unabhängigkeit und Neutralität der Schweiz (Art. 102, Ziff. 9, der Bundesverfassung), und er besorgt das eidgenössische Militärwesen (Art. 102, Ziff. 12, der Bundesverfassung). Diese Aufgabe ist nach Art. 146 der Militarorganisation dem eidgenössischen Militärdepartemente übertragen.

Damit wird auch gleich festgehalten, dass letzten Endes die zivilen politischen Behörden entscheiden. Selbst im Aktivdienste hat der den Oberbefehl führende General sich an die Weisungen des Bundesrates zu halten (Art. 204 der Militärorganisation). Das Übergewicht der zivilen uber die militärische Gewalt -- das arma cedunt togae der römischen Eepublik -- ist daher bei uns ganz bewusst gesetzlich verankert.

Was guter, demokratischer "Überlieferung entspricht, erhält im Zeitalter des totalen Krieges noch erhöhte Bedeutung. Nicht nur die Kriegführung selbst, sondern auch die Vorbereitung auf die Abwendung eines Krieges, erstreckt sich heute nicht mehr nur auf rein militärische Vorkehren. Die Landesverteidigung reicht weit hinein in das politische, wirtschaftliche, finanzielle und kulturelle Leben eines Staates. Der Bundesrat wirkt auf all
diesen Gebieten koordinierend und muss fortlaufend über die Kriegstüchtigkeit unserer Armee bestens orientiert sein, um den jeweiligen Wert dieses letzten Machtmittels unseres Staates zur Behauptung der Unabhängigkeit abwägen und dementsprechend seine Entschlüsse fassen zu können.

Der Vorsteher des eidgenossischen Militärdepartementes ist als Mitglied des Bundesrates dazu berufen, die Interessen der Armee in der Landesregierung zu vertreten und dafür zu sorgen, dass die Armee in Form und Aufbau den Absichten der Landesregierung Genüge leistet. Er hat aber auch dafür zu sorgen, dass die Lösung der militärischen Probleme mit derjenigen aller übrigen Prägen der zivilen Staatsführung in Einklang gebracht wird. Er darf deshalb

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in dor Entfaltung dieses Amtes nicht durch einen Armeeinspoktor oder Friedensgeneral gehemmt werden.

Die Entscheidungsbefugnisse der Armeeleitung im Frieden können sich nur auf die rein militärischen Fragen erstrecken. Diese sollen den militärischen Fachleuten nicht vorenthalten werden. Sowie aber militärische Probleme mit Fragen der Politik, der Wirtschaft und der Staatsfinanzen verknüpft sind -- und das ist weitgehend der Fall --, liegen die Entscheidungsbefugnisse bei den zivilen Behörden und insbesondere beim Parlament. Die militärischen Instanzen üben alsdann beratende Funktionen aus.

III.

Diesen staatspolitischen Überlegungen trägt die Ihnen im Beschlussesentwurf vorgeschlagene Lösung weitgehend Rechnung, die von der Ernennung eines Armeeinspektors oder Friedensgenerals Umgang nimmt, dafür aber der Landesverteidigungskommission vermehrte Kompetenzen, zuerkennt. In rein militärischen Angelegenheiten entscheidet die Landesverteidigungskommission selbständig, in allen übrigen Fragen, die der Entscheidungsbefugnis der zivilen Behörden anheimgestellt sind, ist sie oberstes, beratendes Organ.

Die höchsten militärischen Sachverständigen waren schon früher in der Landesverteidigungskommission vereinigt, hatten dort jedoch nur ein Mitspracherecht in ausschliesslich begutachtendem Sinne. Hier setzte sich nun die neue Auffassung durch. Schon die Gesetzesnovelle von 1939 übertrug der Landesverteidigungskommission eine erweiterte Zuständigkeit. Während bis 1939 die Bestimmungen dahin lauteten, dass zur V o r b e r a t u n g wichtiger, die Landesverteidigung betreffender Fragen eine Kommission, bestehend aus dem Departementschef, den Kommandanten der Armeekorps, dem Chef der Generalstabsabteilung und dem damaligen Waffenchef der Infanterie eingesetzt wurde, ging die Gesetzesnovelle vom Jahre 1939 einen Schritt -weiter.

Nach dem Bundesgesetze vom 22. Juni 1939 blieb die Landesverteidigungskommission oberstes beratendes Organ in allen Fragen der Landesverteidigung.

Sie bezeichnete nun jedoch neu: Rahmen und Ziele der Truppenübungen und der Offizierskurse und erhielt Entscheidungsbefugnisse über die Auslegung der Dienstvorschriften und Réglemente.

Als dann die Vollmachtenkommissionen, unter nachträglicher Zustimmung beider Eäte, den Auftrag erteilten, das Bundesgesetz vom 22. Juni 1939 ohne den Armeeinspektor in Kraft zu setzen und die hieiiir nötigen Anpassungsmassnahmen in der Dienstordnung zu treffen, ging der Bundesrat auf dem auch heute noch als richtig erkannten Wege der Stärkung der Landesverteidigungskommission weiter und baute ihre Zuständigkeit zielbewusst aus.

Ausser den ihr durch das Gesetz bereits zugewiesenen Befugnissen übertrug man ihr nun in operativer Hinsicht auch die Festsetzung der Richtlinien für, die Bereitstellung und den ersten Einsatz der Armee und die Verpflichtung, die in Verfolgung dieses Zieles getroffenen Vorbereitungen zu überprüfen.

45 Auf dem Gebiete der Ausbildung hat die Landesverteidigungskommission zudem die Oberaufsicht auszuüben, und sie entscheidet in allen grundsätzlichen Prägen der Ausbildung nunmehr selbständig. Sie kann von nun an auf diesem Gebiet auch Weisungen erteilen. Damit wird ihr die Möglichkeit in die Hand gegeben, ihre Entscheide auf dem Gebiete der Ausbildung zu erzwingen.

Endlich hat die Landesverteidigungskommission die Arbeitspläne der Kurse, die durch die Armeekorpskommandanten geleitet werden, zu genehmigen und Bahmen und Umfang der von den Armeekorpskommandanten geleiteten Truppenübungen festzulegen. Alles in allem bedeuten diese zurzeit nur in der Dienstordnung verankerten neuen Obliegenheiten eine ganz wesentliche Stärkung der Landesverteidigungskommission, indem man ihr nahezu alle ursprünglich dem Armeeinspektor zugedachten Aufgaben übertragen hat.

Mit der alsdann von den Vollmachtenkommissionen verlangten Bevision des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939 sollen nun in Anbetracht der endgültigen Streichung des Armeeinspektors diejenigen Bestimmungen, die vorübergehend in der Dienstordnung geregelt sind, in die neue Passung des Bundesgesetzes über die Militärorganisation aufgenommen werden. Im grossen und ganzen handelt ßs sich dabei um die schon in der Dienstordnung umschriebenen Befugnisse, die nun Gesetzeskraft erlangen sollen.

Die Landesverteidigungskommission wird oberstes beratendes Organ in allen Prägen der Landesverteidigung, so namentlich in folgenden Belangen: Organisation der Truppen, Kreditbedarf der Armee, Bewaffnung und Ausrüstung der Armee, Festsetzung der jährlichen Schulen und Kurse, Keueinteilung und Beförderung der Offiziere, Ausgabe allgemeiner Dienstvorschriften und Réglemente, soweit sie diese nicht selbst erlässt, sowie alle Erlasse des Bundesrates und der Bundesversammlung, die die Landesverteidigung betreffen.

Die Landesverteidigungskommission wird zuständig zum endgültigen E n t s c h e i d in folgenden Belangen: Festlegung von Bichtlinien und Zielen für die Kriegsvorbereitung und den Einsatz der Armee, Bezeichnung der Ausbildungsgrundsätze und der. Ziele der Truppenübungen und der Offizierskurse, Aufstellung von Dienstvorschriften und Beglementen, soweit hiefür nicht andere Stellen zuständig sind, sowie die Entscheidung über die Auslegung sämtlicher Dienstvorschriften
und Beglemente, vor allem aber über die grundsätzlichen Fragen der Ausbildung. Durch Beschluss des Bundesrates können der Landesverteidigungskommission weitere Geschäfte zum endgültigen Entscheid zugewiesen werden. Damit wird festgehalten, dass die Landesverteidigungskommission in rein militärischen Fragen selbständig ist, dagegen überall dort, wo neben dem militärischen Paktor noch auf politische, wirtschaftliche, finanzielle und kulturelle Belange Bücksicht zu nehmen ist, die Entscheidungsbefugnis den zivilen politischen Behörden bleibt.

Die Landesverteidigungskommission wird über die Übereinstimmung der Ausbildung in allen Schulen und Kursen der Armee sowie über die Einheitlichkeit der Führungsgrundsätze wachen. Jedes Mitglied der Landesverteidigungs-

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kommission wird in seinem Befehlsbereiche verantwortlich sein für die Durchführung der Beschlüsse und Anordnungen der Landesverteidigungskommission.

Die Landesverteidigungskommission wird aber nicht nur in ihrer Stellung ganz beträchtlich gestärkt, sondern auch erweitert, da bis anhin die Belange der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen in der Landesverteidigungskommission nicht durch den Kommandanten vertreten waren. In Zukunft wird der Kommandant der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen zur Landesverteidigungskommission gehören und in allen Fragen mit beratender Stimme mitwirken können.

Es wird neuerdings vorgesehen, nach Bedarf die Landesverteidiguagskommission durch Zuzug von Sachverständigen zu erweitern. Wenn grundsätzliche politische, wirtschaftliche, kulturelle und finanzielle Fragen mit den militärischen verknüpft sind, sollen die entsprechenden Vertreter anderer Departemente und Abteilungen zu den Beratungen zugezogen werden.

Mit dieser Lösung ist eine zweckmässige Zusammenarbeit der zivilen Behörden mit den militärischen Instanzen sichergestellt. Konfliktmöglichkeiten sind durch eine klare Unterstellung der militärischen Instanzen unter die zivilen Behörden weitgehend ausgeschaltet.

Die mit neuen und erweiterten Befugnissen ausgestattete Landesverteidigungskommission wird sich in Zukunft viel eingehender mit allen Fragen der Landesverteidigung befassen, Vorschläge und Anregungen aus dem Kreise der Truppenoffiziere und aus dem Volke prüfen und diese einer eingehenden Würdigung unterziehen. Der Austausch gegenseitiger Erfahrungen und Erkenntnisse wird diesem Kollegium höchster militärischer Fachleute Gelegenheit geben, sich zur besten Lösung zu bekennen, wobei nicht nur eines Mannes Bede -- der Armeeinspektor -- sich Gehör und Geltung verschaffen kann.

Die Landesverteidigungskommission wird auch von sich aus oder auf Anordnung des Bundesrates (Art. 144 der Militärorganisation) einzelnen Mitgliedern den Auftrag zu besondern Inspektionen der Kriegsvorbereitungen erteilen und sich allgemein anhand der Berichte und Feststellungen Bechenschaft geben können, wo es noch gilt, Mängel zu beheben. Der Bundesrat kann diese Inspektionen auch hohen Offizieren, die nicht Mitglieder der Landesverteidigungskommission sind, übertragen.

In den Fragen der Kriegsvorbereitung gehen die Meinungen selbst der
Fachleute oft weit auseinander. Die gegenseitige Aussprache und das gemeinsame Abwägen der Vor- und Nachteile verschiedener Vorschläge im Schosse der Landesverteidigungskommission hat sich als eine zwingende Notwendigkeit erwiesen. Das kollegiale System, wie es durch die Landesverteidigungskommission verkörpert wird, bietet unbeschadet des Wechsels der Mitglieder weit mehr Gewähr für eine stetige Fortentwicklung auf dem Gebiete der Ausbildung und der materiellen Kriegsbereitschaft, als wenn nur ein einzelner die Eichtlinien nach seinem Kopfe festlegen wollte. Ein hoher militärischer Führer hat normalerweise einen ausgeprägten eigenen Willen und ist naturgemäss versucht, diesen auch durchzusetzen. Es wäre durchaus möglich,

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dass ein solcher bei seinem Amtsantritte dazu neigen würde, nicht in den ausgefahrenen Geleisen des Vorgängers weiterzufahren, sondern etwas Neues, Originelles zu schaffen. Man könnte dann in die Lage kommen, dass während der Amtszeit eines Oberbefehlshabers im Frieden wohl Anstrengungen zur Verwirklichung einer Einheit der Führungsgrundsätze und Ausbildungsziele vorhanden wären, dass jedoch diese Bemühungen unter Umständen durch einen Kachfolger mit andern Auffassungen wieder zunichte gemacht würden.

Durch die Erweiterung der Befugnisse der Landesverteidigungskommission wird ferner die Möglichkeit geschaffen, dass die obersten militärischen Führer sich mit allen Fragen der Landesverteidigung und des Wehrwesens zu befassen haben, so namentlich auch mit den Vorbereitungen der operativen Massnahmen der eigentlichen Armeeführung im Kriegsfalle. Hierzu ist vorerst festzustellen, dass für die operativen Massnahmen vom eidgenössischen Militärdepartemente gestützt auf Art. 142 der Militärorganisation alle zwei Jahre operative Übungen angesetzt werden, an denen die Armeekorps- und Divisionskommandanten, ihre Stabschefs und die Festungskommandanten und andere vom Militärdepartement zu bestimmende Offiziere teilnehmen. Die Erfahrung hat nun gezeigt, dass diese Übungen häufiger durchgeführt werden sollten. Der Bundesrat beantragt deshalb, den Wortlaut von Art. 142 entsprechend abzuändern.

Die Mitglieder der Landesverteidigungskommission haben eingehend an den zukünftigen Aufgaben des Oberbefehlshabers im Aktivdienste mitzuarbeiten und sich mit diesen Massnahmen vertraut zu machen. Wenn ein Oberbefehlshaber im Frieden mit der Begründung ernannt werden wollte, dass er sich so am besten für seine Funktionen als Oberbefehlshaber im Kriege vorzubereiten in der Lage sei, so setzt dies voraus, dass er auch wirklich im Kriegsfalle den Oberbefehl übernehmen wird. Das ist aber in keiner Weise sicher. Es ist sehr wohl denkbar, dass er aus Altersrücksichten, aus politischen oder andern Gründen im entscheidenden Momente ersetzt werden muss. Alsdann wären die übrigen Anwärter ungenügend auf den Generalsposten vorbereitet. Bei der Wahl eines Armeeinspektors oder Oberbefehlshabers im Frieden müssen ferner auch andere Gesichtspunkte massgebend sein als bei der Wahl eines Kriegsgenerals, denn die Aufgaben, die ein Oberbefehlshaber
im Frieden zu erfüllen hätte, sind wesentlich verschieden von jenen, denen der General im Kriege nachkommen muss.

Durch die Behandlung der wesentlichen militärischen Fragen in der Landesverteidigungskommission gewinnt der Chef des eidgenössischen Militär departementes als Präsident dieser Kommission wertvollen Einblick in die Fähigkeiten der höheren militärischen Führer im Hinblick auf eine zukünftige Wahl des Generals. Die Mehrzahl der Anwärter verschafft dem Parlament als Wahlbehörde die sicherlich erwünschte Wahlfreiheit, ohne dass durch den Inhaber der Stelle eines Armeeinspektors oder Friedensgenerals tatsächlich ein Präjudiz geschaffen wäre.

Wir stellen das fest in bewusstem Gegensatze zu der Auffassung, die der Bundesrat in seiner Botschaft vom 19. Dezember 1938 (Bundesbl. 1938, II, 1117)

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vertreten hat, weil der Armeeinspektor als primus inter pares in Tat und Wahrheit doch die freie "Wahl des Generals beeinträchtigt haben würde. Warum das nicht erwünscht ist, ist in der soeben erwähnten Botschaft -- allerdings im Hinblick auf die Einsetzung eines Chefs der Heeresleitung -- mit durchaus zutreffenden Gründen, die nach unserer Auffassung auch für den Armeeinspektor gelten, auseinandergesetzt worden.

Aber auch der Einwand, dass die Bundesversammlung mit einer Generalswahl im Ernstfalle zu spät käme und aus diesem Grunde ein Armeeinspektor oder Friedensgeneral schon im tiefsten Frieden eingesetzt werden müsste, ist nicht stichhaltig. In Zeiten drohender Gefahr ist es Sache des Bundesrates, rechtzeitig die Wahl eines Generals vorzuschlagen. Der Bundesrat wird diese Zeitspanne nicht unbenutzt verstreichen lassen, denn es darf doch wohl angenommen werden, dass die dem Bundesrate zur Verfügung stehenden Mittel diese Gefahr rechtzeitig erkennen lassen. In Fällen von Dringlichkeit ist der Bundesrat befugt, sofern die Bäte nicht versammelt sind, die erforderliche Truppenzahl aufzubieten und über solche zu verfügen, unter Vorbehalt unverzüglicher Einberufung der Bundesversammlung (Art. 102, Ziff. 11, der Bundesverfassung). Er wird in diesem Falle ein Oberkommando für diese einsetzen bis zu dem Zeitpunkte, da eine Wahl des Generals erfolgen kann.

Der Wahlbehörde darf das Hecht auf ihren politischen Einfluss bei der Generalswahl nicht genommen werden. Die Bundesversammlung soll in der Wahl des Mannes, in dessen Hand unter Umständen das Schicksal des Landes ruht, frei sein. Diese Freiheit würde aber dadurch ausgeschaltet, dass in der Person eines sogenannten Friedensgenerals die Wahl eigentlich bereits in Friedenszeiten getroffen oder präjudiziert worden wäre.

Die dargelegten Gründe haben den Bundesrat und auch die Bundesversammlung schon 1939 veranlasst, von der Einsetzung eines Oberbefehlshabers im Frieden -- wie er nun wieder von General Guisan und anderen militärischen Fachleuten vorgeschlagen wird -- abzusehen. Heute glaubt sich der Bundesrat gut beraten, wenn er vorschlägt, auch von der damals als Kompromiss gedachten Lösung eines Armeeinspektors ohne Befehlsgewalt und Unterstellung der Kommandanten der Armeekorps abzusehen.

Es liegt entschieden im Wesen unseres Milizsystems, wenn die
in der Militärorganisation gesetzlich verankerten Grundsätze ohne Einsetzung eines Friedensgenerals ihre volle Geltung beibehalten. Das Gesetz bestimmt heute, wie wir weiter oben ausführten, dass die oberste Leitung der Militärverwaltung dem Bundesrate zusteht, der sie durch das eidgenössische Militärdepartement besorgen lässt. Der Chef des eidgenössischen Militärdepartementes verfügt zu diesem Zwecke über sein Departement mit den Dienstabteilungen, die heute in Gruppen unter dem 'Ausbildungschef und dem Generalstabschef zusammengefasst sind, und über die Landesverteidigungskommission, die vor allem auch die Eechte der Truppenkommandanten zu wahren hat, denn «allen Truppenkommandanten soll der ihrem Kommando zukommende Einfluss auf die Kriegstüchtigkeit und die Kriegsbereitschaft ihrer Truppe gewährt

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werden» (Art. 192, Absatz l, der Militärorganisation). Diese Einflussnahme der Truppenkommandanten, die einen Grundpfeiler unseres Milizsystems darstellt, wird am zuverlässigsten in der Landesverteidigungskornmission gewahrt, wo die Möglichkeit besteht, Wünsche und Anregungen aus der Truppe selbst vorzubringen. Die Hebung und Ausdehnung der begutachtenden Zuständigkeit der Laiidesverteidigungskorumission vermag vor allem die Einwände zu entkräften, die gegen einen allzu grossen. Einfluss der Militärverwaltung gegenüber den Truppenkommandanten erhoben wurden. Auch die Behauptung, die Armee werde verwaltet anstatt geführt, entbehrt damit der Grundlage.

Andererseits stehen diesen soeben umschriebenen Eechten auch Pflichten der Truppenkommandanten gegenüber, die um so ernster zu werten sind, als die Versuchung besteht, sich ihrer gerade dort zu entschlagen, wo nicht der ausgeprägte Befehlsaufbau stehender Heere zur Unterordnung zwingt. Auch da kommt der Landesverteidigungskommission nun als der entscheidenden und verfügenden Instanz eine Bedeutung zu, die von einem einzelnen nicht in dieser umfassenden Weise wahrgenommen werden könnte, ohne damit die Grundzüge des Milizsystems zu verwischen. Die höchsten Offiziere sind durch die Beschlüsse der Landesverteidigungskommission, an denen sie mitwirken, gebunden und verantwortlich dafür, dass in ihrem Befehlsbereiche den Weisungen der Landesverteidigungskommission Nachachtung verschafft wird. Diese Entscheide und Verfügungen betreffen ausschliesslich Belange der Ausbildung und der Führung, also gerade diejenigen militärischen Sachfragen, die bis anhin vielleicht eher zu verwaltungsmässig entschieden wurden.

Jedes einzelne Mitglied der Landesverteidigungskommission hat in seinem Befehlsbereiche die Kriegsbereitschaft der Truppe im Sinne der von der Landesverteidigungskommission aufgestellten Hegeln zu fördern und zu gewährleisten.

In Friedenszeiten werden, wie wir zusammenfassend nochmals feststellen möchten, die Armeekorpskommandanten wohl nie in die Lage kommen, ihr Armeekorps zu führen. Sie sind die Inspektoren der ihnen unterstellten Truppen und verfügen über Kommandogewalt. Ihre Aufgabe bei der Truppe besteht in der Hauptsache darin, deren Kriegsbereitschaft zu überprüfen und dank ihrer Kommandogewalt sicherzustellen. Sie werden die für die ganze
Armee gültigen, von der Landesverteidigungskommission erlassenen Weisungen ebenso gut durchsetzen, wenn diese von der Landesverteidigungskommission statt von einem Oberbefehlshaber im Frieden erlassen werden, und ohne dass ihre Tätigkeit noch durch einen Armeeinspektor überwacht werden müsste.

Der Bundesrat bekennt sich mit den einstimmigen Vollmachtenkommissionen beider Eäte zur Auffassung, dass die Einsetzung eines Armeeinspektors nicht zu empfehlen ist, wogegen sich eine Verstärkung der Stellung der Landesverteidigungskommission heute in jeder Beziehung rechtfertigt. Der Kompromisslösung im Bundesgesetze vom 22. Juni 1939 mit dem Armeeinspektor ohne Unterstellung der Kommandanten der Armeekorps, des Ausbildungsund des Generalstabschefs und ohne Befehlsgewalt würde stets der Nachteil Bundesblatt.

98.. Jahrg.

Bd. III.

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50 der Halbheit anhaften. Ein Armeeinspektor jedoch mit Befehlsgewalt, dem die Kommandanten der Armeekorps, der Ausbildungs- und der Generalstabschef unterstellt sind, ist gleichbedeutend mit einem General in Friedenszeiten, den die eidgenössischen Bäte bereits im Jahre 1939 abgelehnt haben.

Die Wahl eines Friedensgenerals durch die Bundesversammlung ist aus den dargelegten staatspolitischen Gründen abzulehnen.

Der Bundesrat ist überzeugt, dass, so wie dies nunmehr beantragt wird, Eechte und Pflichten in zweckmässiger Art zwischen der auch für die Landesverteidigung verantwortlichen Landesregierung und den militärischen Instanzen aufgeteilt sind und dabei vor allem der demokratischen Grundlage unseres Milizsystems in einer Weise Eechnung getragen wird, die sich durchaus mit dem Begriff der straffen militärischen Kommandoordnung in Übereinstimmung befindet.

IV.

Die heutige Vorlage bringt neben der Umschichtung der Obliegenheiten hinsichtlich Armeeinspektor und Landesverteidigungskommission einige weitere Änderungen, deren gesetzliche Eegelung sich als dringend und unumgänglich notwendig erwiesen hat. In einzelnen Fällen handelt es sich um die Überführung von Vollmachtenbeschlüssen in eine endgültige Fassung in der Militärorganisation. In verschiedenen Artikeln wurde in Anlehnung an die oben erwähnte «Dienstordnung» die Bezeichnung «Oberwaffenchef», wie sie im Bundesgesetze vom 22. Juni 1939 geprägt wurde, aus Zweckmässigkeitsgründen abgeändert in « A u s b i l d u n g s c h e f » .

Der Bundesrat beehrt sich, über die einzelnen Artikel der Militärorganisation nachstehend folgendes auszuführen: Art. 11. Seit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 über die Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft (A. 8. 23, 781) ist die Bestimmung von Artikel 11, Absatz 2, wonach die Eegelung der Soldverhältnisse einem Bundesgesetze vorbehalten bleibt, überhaupt nie verwirklicht worden. Die Soldansätze, die sich auf die Militärorganisation von 1874 stützten und im Verwaltungsreglement als Anhang wiedergegeben sind, wurden in den Jahren 1917 und 1918 verschiedentlich durch Vollmachtenbeschlüsse abgeändert. Der mit Bundesratsbeschlüssen vom 6. April 1918 (A. S. 34, 415) und 8. November 1918 (A. S. 34, 1140) festgesetzte Sold galt sowohl für den Instruktions- wie für den Aktivdienst, während der Bundesratsbeschluss vom 13. November 1925 (A. S. 41, 725) mit Wirkung ab 1. März 1926 die Ansätze für den Instruktionsdienst teilweise herabsetzte. Der Militärsold erfuhr durch den Bundesbeschluss vom 31. Januar 1936 über neue ausserordentliche Massnahmen zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts im Bundeshaushalte (A. S. 52, 17) in den Jahren 1936 und 1937 neuerdings eine Herabsetzung. Diese Eegelung wurde für das Jahr 1938 verlängert und hat in die Finanzordnung 1939/41 (Bundesbeschluss vom 22. Dezember

51

1938 über die Durchführung der Übergangsordnung des Finanzhaushalts [A. S. 54, 953]) Eingang gefunden. In einem nicht veröffentlichten Beschlüsse vom 81. August 1989 hat sodann der Bundesrat festgestellt, dass mit dem Eintritte des aktiven Dienstverhältnisses die Soldansätze gemäss den Vollmachtenbeschlüssen vom 6. April und 8. November 1918 wieder in Kraft getreten seien. Im Laufe des Aktivdienstes ist der Sold der Unteroffiziere durch Vollmachtenbeschluss vom 10. Januar 1941 (A. S. 57, 26) erhöht worden.

Eine Neuregelung im Sinne einer Zusammenfassung der geltenden Bestimmungen, wobei gleichzeitig die Ansätze der höheren Grade herabgesetzt wurden, ist schliesslich mit Vollmachtenbeschluss vom 15. Februar 1946 (A. S. 62, 271) betreffend die Soldverhältnisse vorgenommen worden. Bei dieser Gelegenheit konnten sämtliche noch geltenden, die Soldordnung betreffenden Vollmachtenbeschlüsse aufgehoben werden.

Nachdem bereits mit der Aufstellung des Artikels 20Ms der Militärorganisation (vgl. Bundesgesetz vom 22. Dezember 1938 [A. S. 54, 953]) die Zuständigkeit der Bundesversammlung zum Erlass der Grundsätze betreffend die Soldverhältnisse der Hilfsdienstpflichtigen begründet wurde, drängt sich eine ähnliche Begelung in bezug auf die Zuständigkeit zum Erlasse der Vorschriften über den Sold der Militärdienstpflichtigen auf. Diese ist um so eher notwendig, als seit Erlass der Militärorganisation das vorgesehene Bundesgesetz über die Soldverhältnisse überhaupt nicht erlassen wurde. Gerade weil auf diesem Gebiete zeitweise eine gewisse Anpassung an die veränderlichen Lebensverhältnisse notwendig ist, rechtfertigt es sich, die Festsetzung der Soldansätze der Bundesversammlung zu überlassen. Diese ist ja unter anderem auch zuständig zum Erlasse von Bestimmungen über weitere Bedürfnisse der Truppe, wie Unterkunft und Verpflegung.

Art. 31. Artikel 31, Ziffer 2, ist in der vorliegenden Fassung bereits durch Vollmachtenbeschluss vom 27. Mai 1941 über die Unterkunft der Truppe während des Aktivdienstes (A. S. 57, 577) mit Wirkung ab 1. Juni 1941 in Kraft gesetzt worden. Es handelt sich hier einfach um die Überführung dieser Bestimmung, die auch für den Instruktionsdienst beibehalten werden soll, in die ordentliche Gesetzgebung. Im Gegensatz zur früheren Regelung wird, wie es während des Aktivdienstes der Fall war,
in Zukunft auch die Inanspruchnahme der Lokale für die Bureaux der Stäbe und für die Krankenzimmer entschädigt werden, während die Zurverfügungstellung der Wacht- und Arrestlokale nach wie vor zu Lasten der Gemeinden za erfolgen hat.

Art. 38. Mit dem Vollmachtenbeschlusse Nr. 468 des Bundesrates vom 16. August 1944 (nicht veröffentlicht) erfolgte eine Neuordnung der Festungsartillerie. Entsprechend den Kriegserfahrungen kamen die bisherigen GebirgsScheinwerferkompagnien der Truppenordnung 1936 ganz in Wegfall, da Scheinwerfer nurmehr der Fliegerabwehrtruppe zugeteilt sind und die Bedienung der Scheinwerfer in den Festungen den Festungsartillerie-Kompagnien zufällt.

Damit bestanden die Voraussetzungen zur Nennung der Scheinwerfer als Untergattung der Artillerie nicht mehr. Dagegen werden der Artillerie die

52 schweren Minenwerfer neu zugewiesen. Eine entsprechende Vorlage zur Abänderung der Truppenordnung wird demnächst den eidgenössischen Eäten unterbreitet werden. Dementsprechend ist in der Militärorganisation Artikel 88, Absatz l, Ziffer 3, lit. c, die Bezeichnung « Scheinwerfer» durch, «schwere Minenwerfer» zu ersetzen.

Zur gleichen Zeit wurden durch den Vollmachtenbeschluss Nr. 467 des Bundesrates vom 16. August 1944 (nicht veröffentlicht) betreffend die Übermittlungstruppen die bisherigen Verkehrstruppen der Genietruppen umbenannt in Übermittlungstruppen. Das hat eine Namenänderung ebenfalls in Artikel 38, Absatz l, Ziffer 8, lit. /, der Militärorganisation zur Folge.

Art. 45. Mit dem Vollmachtenbeschlusse Nr. 467 des Bundesrates vom 16. August 1944 (nicht veröffentlicht) erfolgte ferner eine Neueinteilung und Neubenennung der Einheiten und Truppenkörper der Genietruppen. Die «Pontonier-Lastwagenkolonne» fiel weg. Dafür war neu aufzunehmen die «Übermittlungsabteilung». Der Absatz über die Genietruppen heisst deshalb nun neu: «Artikel 45, Genietruppen: aus mehreren Einheiten das Sappeur-, das Mineur- und das Pontonier-Bataillon, die Übermittlungs- und die Funkerabteilung».

Art. 70Ms. Nach dem Bundesgesetze vom 22. Juni 1939 stellt die Landesverteidigungskommission die Anträge für die Beförderung, Einteilung und Entlassung von Stabsoffizieren auf Grund von Vorschlägen der Heereseinheitskommandanten und des Armeeinspektors. Mit Rücksicht auf den Wegfall des Armeeinspektors werden die Vorschläge in Zukunft nurmehr von den Heereseinheitskommandanten ausgehen, was bis anhin übrigens immer so gehandhabt wurde und sich auch bewährte. Der Armeeinspektor wurde deshalb in Artikel 70bis gestrichen.

Art. 106. Während im Bundesgesetze vom 22. Juni 1939 noch durchwegs vorn «Oberwaffenchef» gesprochen wurde, erfolgte, in Anlehnung an die Organisation des Armeestabes, in der Dienstordnung vom 3. August 1945 die Umbenennung in «Ausbildungschef». Diese neue Bezeichnung ist zweckmässiger, weil sie die Funktion des Leiters dieser Gruppe besser umschreibt. Im vorliegenden Entwurfe wurde dementsprechend überall das Wort Oberwaffenchef ersetzt durch Ausbildungschef.

Art. 117. Nach dem derzeit geltenden Wortlaut des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1989 prüfen die Heereseinheitskommandanten, Waffen- und Abteilungschefs
die Berichte über den Verlauf von Schulen und Kursen und leiten wichtige Anträge und Bemerkungen auf dem Dienstwege an den Armeeinspektor. Der Armeeinspektor wäre kaum in der Lage gewesen, alle diese Anträge nochmals zu prüfen, ohne sich mit einem Stabe von Sachverständigen zu umgeben oder Ausbildungschef und Generalstabschef zur Stellungnahme aufzufordern. Es ist nach neuer Ordnung durchaus angezeigt, diese Berichte je nach Sachgebieten dem Ausbildungschef oder Generalstabschef zuzustellen, die ihrerseits die Landesverteidigungskommission orientieren.

53 Art. 124. Durch das Bundesgesetz vom 21. September 1939 (Bundesbl. 1939 II, 383) ist Artikel 124 der Militärorganisation in dem Sinne abgeändert worden, dass die bisher nur für die Wehrmänner des Auszuges und der Landwehr geltende Schiesspflicht auf den Landsturm ausgedehnt wurde. Die Referendumsfrist lief am 27. Dezember 1939, also in einem Zeitpunkte ab, da unsere Armee bereits mobilisiert und die Schiesspflicht ausser Dienst eingestellt war. Heute ist zu entscheiden, ob das Bundesgesetz vom 21. September 1939 in Kraft zu setzen sei und damit die Schiesspflicht des Landsturmes Platz greifen, oder ob wieder zur früheren Ordnung der Militärorganisation (Beschränkung der Schiesspflicht auf Auszug und Landwehr) zurückgekehrt werden soll. Wir möchten Ihnen diese zweite Lösung vorschlagen aus folgenden Gründen: Es müsste mit ungefähr 100 000 Schiesspflichtigen des Landsturmes gerechnet werden, was ohne Berücksichtigung der Nach- und VerbliebenenSchiesskurse einer Ausgabe von etwa Fr. 630 000 gleichkäme. Wenn man überlegt, dass infolge der beginnenden Weitsichtigkeit der Landsturmpflichtigeii die Schiessanforderungen herabgesetzt werden müssten, wenn man weiter bedenkt, dass diese Wehrmänner im Falle ihrer aktiven Verwendung eher auf kurze Entfernungen zum Schiessen kommen würden und dass schliesslich ein ansehnlicher Teil ohnehin freiwillig an Schiessübungen teilnimmt, dann liegt der Schluss nahe, dass sich diese beträchtliche Ausgabe angesichts der heutigen Finanzlage des Bundes kaum rechtfertigen lässt und dass auf die militärischen Vorteile, die eine Ausdehnung der Schiesspflicht zweifellos bringen würde, verzichtet werden muss.

Um diese Ordnung gesetzlich zu verankern, ist es notwendig, das Bundesgesetz vom 21. September 1939 aufzuheben (Artikel 3 des Entwurfes) und den alten Wortlaut des Art. 124 der Militärorganisation wieder herzustellen.

Art. 128 und 130. Das Bundesgesetz vom 28. September 1934 (A. S. 51, 177) brachte eine Neuordnung der Ausbildung im Sinne einer Vermehrung der Diensttage. Im Interesse einer angemessenen Verteilung der Dienstleistung wurde damals festgesetzt, dass die Offiziersanwärter der Artillerie, deren Offiziersschulen wesentlich länger dauern als diejenigen der übrigen Truppen, in der Eegel nur eine halbe Eekrutenschule als Korporal zu bestehen haben.

Mit dem
Vollmachtenbeschlusse Nr. 346 des Bundesrates vom 13. Oktober 1942 (A. S. 58, 950) wurde die gleiche Ordnung, wie sie für die Artillerie und die Fliegerabwehrtruppen bestand, auch für die Offiziersanwärter der Genietruppen eingeführt. Nach bisheriger Ordnung hatte der angehende Genieoffizier nach Bestehen der Unteroffiziersschule eine ganze Rekrutenschule als Korporal zu bestehen. Diese Regelung erwies sich als unzweckmässig aus folgenden Gründen: Die Schulen und Kurse, welche bis zum Abverdienen des Leutnantsgrades bestanden werden müssen, können nicht so angesetzt werden, dass es möglich ist, sie sozusagen ohne Unterbruch zu durchlaufen. Dies ist namentlich für Studierende der Eidgenössischen Technischen Hochschule nachteilig, da ein dort Studierender bei Verlust eines Semesters jeweilen ein ganzes Jahr ein-

54 büsst. In den letzten Jahren ist denn auch die Zahl der Polytechniker unter den neu ernannten Genieoffizieren stark zurückgegangen.

Die Prüfung der Frage hat ergeben, dass diesen Schwierigkeiten am besten abgeholfen werden kann, wenn auch für die Ausbildung der angehenden Genieoffiziere eine ähnliche Eegelung getroffen wird, wie sie für die Artillerieoffiziere in der Militärorganisation bereits vorgesehen ist (Art. 128 und 130 der Militärorganisation). Angehende Genie-Offiziersschüler haben demnach nach der Unteroffiziersschule einen Spezialkurs zu bestehen, dessen Dauer vier Wochen beträgt. Nachher leisten sie Dienst als Korporal nur noch in einer halben Bekrutenschule. Dafür wurde die Dauer der Aspirantenschule auf 102 Tage heraufgesetzt, wi'e dies für die Artillerie, die Flieger- und Fliegerabwehrtruppen bereits festgelegt war.

Durch diese Neuregelung wird erreicht, dass der angehende Genieoffizier seine Dienste von der Bekrutenschule hinweg bis und mit der Aspirantenschule sozusagen ohne Unterbruch leisten kann. Er verliert auf diese Art am wenigsten Zeit für seine berufliche Weiterbildung. Diese Begelung entspricht zudem bedeutend besser den Erfordernissen der Ausbildung, indem die angehenden Genieoffiziere nunmehr in ungefähr der gleichen Zeit wesentlich besser auf ihre zukünftige Aufgabe vorbereitet werden können. Mit der heutigen Vorlage soll diese Begelung endgültig in das Bundesgesetz über die Militärorganisation aufgenommen und gleichzeitig der Vollmachtenbeschluss aufgehoben werden. Es bedingt dies die Abänderung von Artikel 128, Absatz 2, der Militär organisation hinsichtlich des Bestehens einer halben Bekrutenschule und eines Spezialkurses, sowie von Artikel 130, Ziffern l und 2, der Militärorganisation hinsichtlich der Heraufsetzung der Offiziersschule der Genietruppen auf 102 Tage.

Art. 142. Der Bundesrat hat dargelegt, dass es dringend notwendig ist, die operativen Übungen sich häufiger folgen zu lassen. Aus diesem Grunde beantragt er eine kleine Abänderung des Art. 142, wonach das eidgenössische Militärdepartement operative Übungen ansetzen kann, ohne an eine zeitliche Frist gebunden zu sein. Solche Übungen dauern in der Begel 5 bis 8 Tage.

Art. 167. Es ist schon erwähnt worden, dass die Zusammenfassung der Dienstabteilungen des eidgenössischen Militärdepartementes in
Gruppen sich in jeder Beziehung bewährt hat. Im Verlaufe des Aktivdienstes, insbesondere aber seit dessen Aufhebung, machten sich anhand der praktischen Erfahrungen wettere Wünsche geltend, die in der neuen Fassung von Artikel 167 der Militärorganisation Berücksichtigung finden sollen. In die Gruppe des Ausbildungschefs ist entsprechend Artikel 16 und 46 der Dienstordnung nun auch die Abteilung für Flugwesen und Fliegerabwehr aufgenommen worden. In die Gruppe des Generalstabschefs findet neu die Abteilung für Luftschutz Aufnahme, nachdem sich auch eine mit der Prüfung der Luftschutzfragen beauftragte Sonderkommission mit dieser Lösung einverstanden erklärt hat. Sie rechtfertigt sich durch die dem Luftschutze obliegenden Aufgaben, durch seine

55

militärische Organisation und durch die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit als bisher mit dem Territorialwesen, welches zur Generalstabsabteilung gehört.

Unter Ziffer 3 wurde die bisherige Direktion der Militärverwaltung zur bessern Unterscheidung von den kantonalen Militärverwaltungen als «Direktion der eidgenössischen Militärverwaltung» gekennzeichnet.

Unter Ziffer 6 ist neu aufgenommen die Verwaltung der Militärstrafrechtspflege. Sie findet sich schon seit Jahren in den Etats des eidgenössischen Militär departementes, im eidgenössischen Voranschlage und in der Staatsrechnung als Dienstabteilung des eidgenössischen Militärdepartementes aufgeführt. Die gesetzliche Grundlage dafür fehlte aber bis heute. Die Militärorganisation von 1907 führt in Artikel 54 die Militärjustiz als Dienstzweig auf. Sie unterscheidet dabei zwischen den Militärgerichten und der Verwaltung der Militärjustiz. Die Leitung dieser Verwaltung ist dem Oberauditor übertragen. Seine übrigen sich aus seiner prozessualen Stellung im Militärstrafverfahren ergebenden Aufgaben sind in Artikel 25 der Militärstrafgerichtsordnung von 1889 umschrieben. Diese sind selbständiger Natur und nach dem Grundsatze der Gewaltentrennung der Einmischung von Kommandostellen oder Verwaltungsbehörden entzogen.

Der Oberauditor übt seine Punktionen nicht als im Dienste stehender Offizier, sondern als Beamter in nebenamtlicher Stellung aus. Sie bestehen ausser seinen rein prozessualen Funktionen und der allgemeinen Verwaltung und Aufsicht über das Personal der Militärjustiz, insbesondere auch in der Tätigkeit eines Bechtskonsulenten des eidgenössischen Militärdepartementes für Fragen strafrechtlicher, allgemein militärrechtlicher oder administrativer, wie auch gesetzgeberischer Natur, die mit der Handhabung der Straf rechtspf lege in Beziehung stehen. Seine rechtliche Stellung ist in dieser Hinsicht die gleiche wie diejenige der übrigen Abteilungschefs, die direkt dem Chef des eidgenössischen Militärdepartementes unterstellt sind. Dazu kommt die Notwendigkeit, eine klare Grundlage für die zu seiner Amtsführung erforderlichen Kredite zu schaffen.

Der weitern Besetzung der Stelle des Oberauditors im Nebenamte steht die Schaffung einer besonderen Dienstabteilung für die Verwaltung der Militärjustiz im eidgenössischen Militärdepartement nicht im Wege.
Um darüber Klarheit zu schaffen, dass jede Binflussnahme von Armeeöder Verwaltungsinstanzen auf die prozessualen Funktionen des Oberauditors wie bisher ausgeschlossen und die Unabhängigkeit der Militärjustiz gewahrt bleibt, ist es wünschbar, dies in einer besonderen Bestimmung (Art. 183ter der Militärorganisation) in der Gesetzesvorlage noch ausdrücklich festzulegen.

Unter Ziffer 7 wurde die eidgenössische Turn- und Sportschule verankert.

Die Aufgaben dieser Schule sind keine andern, als wie sie sich aus der MilitärOrganisation und aus der Verordnung über den Vorunterricht vom 1. Dezember 1941 (A. S. 57, 1369) für den Bund ergeben. Sie ersetzt die bisherige Zentralstelle für Vorunterricht, Turn-, Sport- und Schiesswesen, die gestützt auf den Bundesratsbeschluss vom 13. Februar 1942 (A. S. 58, 139) über die Schaf-

56 fung dieser Zentralstelle entstanden ist. Die Schule soll zur Förderung der körperlichen Erziehung der schulentlassenen Jugend im Rahmen der dafür bewilligten Kredite Kurse durchführen, insbesondere für den freiwilligen Vorunterricht. Ferner sollen die Turn- und Sportverb ände an der Schule verbandseigene Kurse durchführen können. Endlich soll die Schule auch die wissenschaftliche Forschung der mit dem Turn- und Sportwesen im Zusammenhang stehenden Fragen verfolgen und auch das Turn- und Spbrtwesen des Auslandes studieren.

Art. 171. In Absatz 8 dieses Artikels muss lediglich die Bezeichnung «Oberwaffenchef» durch «Ausbildungschef» ersetzt werden.

Art. 185. Dieser regelt die Zusammensetzung der Landesverteidigungskommission. Im zweiten Absatz dieses Artikels wurde der Hinweis auf den Armeeinspektor als Stellvertreter des Vorsitzenden gestrichen. Ein Reglement wird inskünftig den Geschäftsgang der Landesverteidigungskommission ordnen und dabei auch bestimmen, wie in Abwesenheit des Departementschefs als Vorsitzendem die Stellvertretung Platz zu greifen hat. Im Weitern wurde die Reihenfolge der Mitglieder geändert und neu als Mitglied mit beratender Stimme der Kommandant der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen aufgeführt.

Art. 186. Dieser enthält die haupsächlichsten Änderungen hinsichtlich der neuen Umschreibung der Aufgaben der Landesverteidigungskommission, worüber weiter oben einlässlich berichtet wurde. Der Artikel bringt den ganzen Katalog der Aufgaben der Landesverteidigungskommission in systematisch klarer Trennung zwischen Begutachtungs- und Entscheidungsbefugnis.

Absatz l führt nicht abschliessend eine Reihe von Sachfragen an, in denen der Landesverteidigungskommission «als oberstes beratendes Organ in allen Fragen der Landesverteidigung» ein Mitspracherecht zukommt, während Absatz 2 abschliessend festlegt, in welchen Belangen die Landesverteidigungskommission selbständig entscheidet. Der Bundesrat kann ihr im übrigen weitere Geschäfte zum endgültigen Entscheide zuweisen.

Endlich wird die Landesverteidigungskommission darüber wachen, dass Übereinstimmung herrscht in der Ausbildung in allen Schulen und Kursen der ganzen Armee und dass die Einheitlichkeit der Führungsgrundsätze gewahrt wird. Um gerade dieser Kontrolle entsprechendes Gewicht zu verleihen, sind die Mitglieder der
Landesverteidigungskommission für die Durchführung der Beschlüsse und Anordnungen in ihrem Befehlsbereich verantwortlich erklärt worden. Wie bisher haben die Mitglieder der Landesverteidigungskommission Besuchsrecht in allen Schulen, Kursen und Übungen aller Stäbe und Truppen, ebenso in sämtlichen Anstalten, die der Armee oder der Landesverteidigung dienen.

Art. 191. Die Aufgaben des Ausbildungschefs können im neuen Text wesentlich kürzer und klarer umschrieben werden als in der Fassung des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939. Er leitet die soldatische, taktische und technische Ausbildung in den Rekruten- und Kaderschulen aller Truppengattungen und in den zentralen Schulen und Kursen mit Ausnahme der durch Bundesrats-

57 beschluss andern Mitgliedern der Landesverteidigungskommission unterstellten Kurse. Diese Obliegenheiten gewährleisten eine einheitliche und kriegsgenügende soldatische und taktische Ausbildung in der ganzen Armee, wenn die Landesverteidigungskommission durch ihre Mitglieder ihrerseits dafür sorgt, dass auch bei den Truppen ausserhalb der Schulen und Kursen, die dem Ausbildungschef unterstehen, die festgelegten Grundsätze zur Anwendung gelangen.

Damit die Ausbildung wirklich auf einheitlicher Grundlage aufbauen kann, müssen vor allem auch die theoretischen Hilfsmittel von einer Stelle aus bearbeitet werden. Der Ausbildungschef hat deshalb die Bearbeitung der auf Grund von Beschlüssen der Landesverteidigungskommission zu erlassenden Eeglemente und Vorschriften für die Ausbildung zugewiesen erhalten. Wichtig ist ausserdem, dass, zur Erzielung der Einheitlichkeit, das Instruktionskorps von einer Stelle aus geleitet und für die zweckentsprechende Weiterausbildung der Instruktoren gesorgt wird. Auch diese Aufgabe wird dem Ausbildungschef übertragen.

Es darf im übrigen festgestellt werden, dass diese Obliegenheiten schon im Text von 1939 umschrieben waren und in der neuen Fassung nur klarer zum Ausdruck kommen, nachdem die Erfahrungen während des ersten Jahres seit der Beendigung des Aktivdienstes die Wünschbarkeit hierfür erkennen liessen.

Art. 193. In diesem Artikel ist die Bestimmung, wonach der Armeeinspektor bei Vorschlägen für Beförderung von Stabsoffizieren und Kommandoübertragungen an diese mitzuwirken habe, gestrichen worden.

Neben diesen abgeänderten Artikeln wird ein neuer Artikel 183ter aufgenommen werden müssen: Art. 183fà. Nachdem wir in den Erläuterungen zu Artikel 167 des vorgelegten Entwurfes auf die Grunde, die zur Einfuhrung einer besonderen Dienststelle als «Verwaltung der Militärstrafrechtspflege» führten, hingewiesen haben, können wir uns darauf beschränken, in bezug auf Artikel 183ter der Militärorganisation die formelle Notwendigkeit der Aufnahme eines Artikels, wonach der Oberauditor die Leitung der Verwaltung der Militärstrafrechtspflege besorgt, festzustellen. Dabei sollen jedoch die unabhängigen prozessualen Funktionen der Militärjustiz in allen Teilen gewahrt bleiben.

Art. 3 des Entwurfes sieht die Aufhebung folgender Artikel der Militärorganisation vor: Art. 172. Die
Artikel 172--183Ms regeln die besonderen Obliegenheiten der Dienstabteilungen. Bei der Abteilung für Infanterie fiel darunter die Leitung des Vorunterrichtes und des Schiesswesens. Da beabsichtigt ist, die Leitung des Vorunterrichtes der eidgenossischen Turn- und Sportschule und die Leitung des Schiesswesens dem Ausbildungschef zu übertragen, können die besonderen Obliegenheiten der Abteilung für Infanterie in Artikel 172 gestrichen werden.

Damit fällt dieser Artikel dahin.

58

Art. 18S^is. Dieser Artikel wurde gestrichen, weil feststellt, dass die Landes Verteidigungskommission mit ihrem wesentlich erweiterten Aufgabenkreis ohnehin viel häufiger zusammentritt und eine Bestimmung, wie sie in der Fassung des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939 enthalten war, nicht mehr notwendig ist.

Art. 188. Dieser behandelt den Aufgabenkreis des Arnieeinspektors.

Unter Bezugnahme auf die Ausführungen dieser Botschaft können wir uns darauf beschränken, festzustellen, dass dieser Artikel hinfällig wird.

Indem wir Sie bitten, dem nachstehenden Entwurfe zu einem Bundesgesetze Ihre Genehmigung zu erteilen, benützen wir den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 6. September 1946.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Kobelt.

Der Bundeskanzler: Leimgruber.

59 (Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Abänderung der Militärorganisation.

(Teilrevision des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 6. September 1946, beschliesst : Art. 1.

Art. 11, 31, Ziff. 2, 38, Abs. l, Ziff. 3, lit. c und /, 45 (Genietruppen), 70fls, 106, 117, 124, 128, Abs. 2, 130, Ziff. l und 2,142, 167, 171, 185,186,191 und 193 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907/9. November 1938/22. Juni 1939/21. September 1939 betreffend die Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft werden aufgehoben und durch die nachstehenden Bestimmungen ersetzt: Art. 11. Der im Dienst stehende Wehrmann erhält vom Staate Sold und Verpflegung. Der Staat sorgt für seine Unterkunft und kommt für seine Dienstreisen auf.

Die Bundesversammlung erlässt die Bestimmungen über Sold, Verpflegung, Unterkunft und Transporte.

Art. 31. Die Gemeinden haben unentgeltlich anzuweisen: 2. die Wacht- und Arrestlokale.

Art. 38, Abs. l, Ziff. 3, Ut. G und f. Das Heer umfasst : 3. c. Artillerie (Eeld-, Gebirgs-, Motor-, Festungs-, Beobachtungsartillerie, Schwere Minenwerfer, Parkartillerie); /. Genietruppen (Bautruppen, Übermittlungstruppen); Art. 45. Genietruppen : aus mehreren Einheiten das Sappeur-, das Mineur- und das Pontonier-Bataillon, die Übermittlungs- und die PunkerAbteilung.

60

Art. 70Us. Die Anträge zuhanden der entscheidenden Stelle für die Beförderung, Einteilung und Entlassung stellt bei Subalternoffizieren und Hauptleuten der Kommandant der Heereseinheit, bei Stabsoffizieren die Landesverteidigungskommission auf Grund der Vorschläge der Heereseinheitskommandanten. Für die nicht in Hoereseinheiten eingeteilten Offiziere werden die Anträge von den zuständigen Waffen- und Abteilungschefs gestellt.

Der Antrag zur Übertragung eines Kommandos kann von der entscheidenden Stelle unter Angabe der Grunde zurückgewiesen werden. In diesem Falle ist ein neuer Antrag zu stellen.

Art. 106. An der Spitze des Instruktionskorps jeder Truppengattung steht der Chef der betreffenden Abteilung des eidgenössischen Militärdepartements.

Vorbehalten bleiben die Befugnisse des Ausbildungschefs.

Art. 117. Über den Verlauf von Schulen und Kursen hat der Kommandant einen kurzen Bericht zu erstatten, dem der Inspektor seinen Befund beifügt. Die Heereseinheitskommandanten; Waffen- und Abteilungschefs prüfen die Berichte und leiten wichtige Anträge und Bemerkungen auf dem Dienstweg je nach Sachgebieten an den Ausbildungschef oder an den Generalstabschef.

Art. 124. Die mit dem Gewehr oder Karabiner ausgerüsteten Unteroffiziere, Gefreiten und Soldaten des Auszuges und der Landwehr und die subalternen Offiziere dieser Truppen sind verpflichtet, jährlich an vorschriftsgemäss abzuhaltenden Schiessübungen in Schiessvereinen teilzunehmen. Wer dieser Schiesspflicht nicht nachkommt, hat einen besonderen Schiesskurs ohne Sold zu bestehen, Art. 128, Abs. 2. Diese Verpflichtung besteht nicht für die zum Besuch der Sanitäts- oder Veterinär-Offiziersschule vorgeschlagenen Unteroffiziere.

Die zum Besuche der Offiziersschule vorgeschlagenen Korporale der Fliegertruppe haben in der Hegel keine Eekrutenschule zu bestehen. Korporale der Artillerie, der Fliegerabwehrtruppe und der Genietruppe, die zum Besuch der Offiziersschule vorgeschlagen sind, bestehen in der Eegel eine halbe Eekrutenschule, die Artillerie- und Geniekorporale ausserdem einem Spezialkurs, dessen Dauer der Bundesrat festsetzt.

Art. 130, Ziff. l und 2. Die Ausbildung zum Offizier erfolgt in einer Offiziersschule; ihre Dauer beträgt: 1. bei der Infanterie und den leichten Truppen achtundachzig Tage; 2. bei der Artillerie, der Flieger- und Fliegerabwehrtruppe sowie den Genietruppen einhundertzwei Tage.

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Art. 142. Das eidgenössische Militärdepartement kann nach Bedarf operative Übungen anordnen, die unter der Leitung eines vom eidgenössischen Militärdepartemente bezeichneten Offiziers stehen. An den operativen Übungen haben die Heereseinheitskormnandanten mit ihren Stabschefs und andere vom eidgenössischen Militärdepartemente zu bestimmende Offiziere teilzunehmen.

Art. 167. Dem Chef des eidgenössischen Militärdepartements sind unterstellt : 1. die Gruppe des Ausbildungschefs (Gruppe für Ausbildung) mit der Abteilung für Infanterie, der Abteilung für leichte Truppen, der Abteilung für Artillerie, der Abteilung für Flugwesen und Fliegerabwehr, der Abteilung für Genie; 2. die Gruppe des Generaltsabschefs mit der Generalstabsabteilung, der Abteilung für Sanität, der Abteilung für Veterinärwesen, dem Oberkriegskommissariat, der Abteilung für Luftschutz, der Kriegsmaterialverwaltung, der Abteilung für Landestopographie; 3. die Direktion der eidgenössischen Militärverwaltung; 4. die Abteilung für Militärversicherung; 5. die Kriegstechnische Abteilung; 6. die Verwaltung der Militärstrafrechtspflege; 7. die eidgenössische Turn- und Sportschule.

Art. 171. Chef der Abteilungen für Infanterie, für leichte Truppen, für Artillerie, für Flugwesen und Fliegerabwehr und für Genie ist der betreffende Waffenchef.

Diesen. Abteilungen liegen ob: a. die Bearbeitung der ihre Waffe betreffenden Angelegenheiten; b. die Ausbildung der Waffe und die Organisation der Schulen und Kurse, soweit sie nicht den Kommandanten der Heereseinheiten unterstehen; c. die Begutachtung der persönlichen Angelegenheiten der Offiziere ihrer Waffe (Beförderung, Einteilung, Entlassung usw.), sowie die Ausstellung der Fähigkeitszeugnisse für die Ernennung der Hauptleute und Subalternoffiziere; d. die Verwaltung der vom Bund zu bildenden Einheiten und Stäbe; e. die Behandlung von Dispensationsbegehren soweit sie nicht den Kantonen zufällt.

62 Der Waffenchef steht an der Spitze des Instruktionskorps seiner Waffe.

Er verfügt über die Instruktionsoffiziere, unter Vorbehalt der Weisungen des Ausbildungschefs.

Der Waffenchef hat Besuchsrecht bei allen Truppenübungen, bei denen seine Waffe Verwendung findet.

Die gleichen Obliegenheiten kommen zu dem Oberfeldarzt für die Sanitätstruppe, dem Oberpferdarzt für die Veterinärtruppe, dem Oberkriegskommissär für die Verpflegungstruppe.

Art. 185. Dem Chef des Militärdepartements ist die Landesverteidigungskommission beigegeben.

Sie besteht aus dem Chef des Militärdepartements als Vorsitzendem, dem Ausbildungschef, dem Generalstabschef, den Kommandanten der Armeekorps und dem Kommandanten der Flieger- und Flab-Truppen, dieser mit beratender Stimme.

Die Landesverteidigungskommission kann Heereseinheitskommandanten, Abteilungschefs und andere Sachverständige zur Beratung beiziehen.

Ist der General ernannt, so stellt die Landesverteidigungskommission ihre Tätigkeit ein.

Art. 186. Die Landesverteidigungskommission ist oberstes beratendes Organ in allen Fragen der Landesverteidigung, so namentlich in folgenden Belangen : Organisation der Truppen; für die Armee erforderliche Kredite; Bewaffnung und Ausrüstung der Armee; jährliche Schulen und Kurse; Neueinteilung und Beförderung der Offiziere (Art. 70Ws) ; allgemeine Dienstvorschriften, Beglemente usw., für deren Brlass eine höhere Stelle zuständig ist; weitere Erlasse des Bundesrates und der Bundesversammlung.

Die Landesverteidigungskommission entscheidet endgültig in folgenden Belangen: Festlegung von Richtlinien und Zielen für die Kriegsvorbereitung und den Einsatz der Armee; Bezeichnung der Ausbildungsgrundsätze und der Ziele der Truppenübungen und der Offizierskurse; Aufstellung von Dienstvorschriften, Eeglementen usw., soweit für deren Brlass nicht andere Stellen zuständig sind; Entscheidung über die Auslegung sämtlicher Dienstvorschriften und Eeglemente, vor allem über die grundsätzlichen Fragen der Ausbildung.

Durch Beschluss des Bundesrates können der Landesverteidigungskommission weitere Geschäfte zum endgültigen Entscheid zugewiesen werden.

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Die Landesverteidigungskommission wacht über die Übereinstimmung der Ausbildung in allen Schulen und Kursen der Armee sowie über die Einheitlichkeit der Führungsgrundsätze. Insbesondere ist jedes Mitglied in seinem Befehlsbereiche verantwortlich für die Durchführung der Beschlüsse und Anordnungen der Landesverteidigungskommission.

Die Mitglieder der Landesverteidigungskommission haben das Besuchsrecht in allen Schulen, Kursen und Übungen der Stäbe und Truppen, ebenso in sämtlichen Anstalten, die der Armee oder derLandesverteidigung dienen.

Art. 191. Der Ausbildungschef bearbeitet auf Grund der Beschlüsse der Landesverteidigungskommission die Réglemente und andern Vorschriften für die Ausbildung.

Er leitet die soldatische, taktische und technische Ausbildung in den Eekruten- und Kaderschulen aller Truppengattungen und in zentralen Schulen und Kursen, mit Ausnahme der durch Bundesratsbeschluss andern Mitgliedern der Landesverteidigungskommission unterstellten Schulen und Kurse.

Der Ausbildungschef steht an der Spitze des Instruktionskorps der Armee, ist verantwortlich für dessen Ausbildung und sorgt für die Abkommandierung der Instruktionsoffiziere zu andern Truppengattungen und ins Ausland.

Er regelt die Belegung der Waffen- und Schiessplätze und stellt zuhanden der Landesverteidigungskommission den Entwurf des Schultableau auf.

Art. 193. Jeder Truppenkommandant hat bei den "Vorschlägen zur weitern Ausbildung und zur Beförderung der ihm untergebenen Offiziere mitzuwirken, ebenso bei der Besetzung der ihm unmittelbar unterstellten Kommandos und bei Zuteilungen zu seinem Stab.

Das Nähere wird in einer durch den Bundesrat zu erlassenden Dienstordnung geregelt.

Art. 2.

Das Bundesgesetz über die Militärorganisation wird durch Art. 183ter folgenden Wortlauts ergänzt: Art. ISS*6*. Die Verwaltung der Militärstrafrechtspflege wird durch den Oberauditor besorgt. Die Unabhängigkeit der Militärstrafrechtspflege ist gewährleistet.

Art. 3.

Es werden aufgehoben: die Art. 172, 185bls und 188 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft in der Fassung des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939,

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das Bundesgesetz vom 21. September 1939 über die Abänderung des Art. 124 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation (Ausdehnung der Schiesspflicht auf den Landsturm).

Art. 4.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

Er erlässt die nötigen Ausführungsvorschriften.

6805

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Abänderung der Militärorganisation. Teilrevision des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1939.) (Vom 6.

September 1946.)

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1946

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19

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5069

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12.09.1946

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36-64

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