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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Verlängerung des Bundesbeschlusses über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen.

(Vom 17. Mai 1946.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Der Bundesbeschluss vom 23. Juni 1943 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (A. S. 59, 859) gilt bis zum Jahresende 1946. Wir beehren uns hiermit, Ihnen den Entwurf für einen Bundesbeschluss vorzulegen, der die Weiterführung dieser Institution ab 1. Januar 1947 ermöglichen soll.

I.

Wenn wir uns zuerst der Frage zuwenden, ob überhaupt ein Bedürfnis besteht, weiterhin Gesamtarbeitsverträge allgemeinverbindlich zu erklären, so ist diese Frage bei Berücksichtigung der bisherigen Inanspruchnahme der seit 1. Oktober 1941 bestehenden Institution entschieden zu bejahen. Zwar wurde in den ersten Jahren von ihr durch die Verbände nur zögernd Gebrauch gemacht. Schon seit einiger Zeit aber haben diese immer mehr dazu gegriffen, ihren Verträgen auch gegenüber den Aussenseitern Geltung zu verschaffen.

Die Geschäftsberichte des Bundesrates geben ein Bild der von Jahr zu Jahr angestiegenen praktischen Bedeutung der Allgemeinverbindlicherklärung. Eine ausführliche rückschauende Darstellung über die bisherige Benützung der Einrichtung wurde unter dem Titel «Vier Jahre Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen» im Oktoberheft 1945 der «Volkswirtschaft» veröffentlicht. Wir fügen als Anlage l eine kurze Übersicht der bisherigen Betätigung des Bundesrates und der Kantonsregierungen auf Grund der Bundesbeschlüsse vom 1. Oktober 1941 und 23. Januar 1943 bei und beschränken uns hier auf die Wiedergabe der nachstehenden Zahlen: ,

153 Allgemeinverbindlicherklärungen durch den Bundesrat Beschlüsse über ausgebaute Gesamtarbeitsverträge

1942 1943 1944 1945 1946 bis Ende April

Beschlüsse über Teuerungszulagen

Allgemeinverbindlicherklärungen durch die Kantone Beschlüsse über ausgebaute Gesamtarbeitsverträge

8 2 10

' ·' ' 2 11 ·i 16 12

3 17 15 30

3

6

6

--

Beschlüsse über Teuerungszulagen

--

2 5 3 ,.

Bei Würdigung dieser Zahlen ist allerdings zu beachten, dass eine Eeihe von Beschlüssen, so namentlich betreffend Gewährung von Teuerungszulagen, immer wieder den nämlichen Wirtschaftszweig bzw. das nämliche Vertragsgebiet betreffen.

' : Bemerkenswert ist, dass, wie aus obiger Tabelle hervorgeht, seit einiger Zeit in steigendem Masse voll ausgebaute Gesamtarbeitsyerträge zur Allgemeinverbindlicherklärung angemeldet werden, ferner, dass sich darunter schon eine Eeihe von Landesverträgen befindet. Auch hat die Allgemeinverbindlicherklärung im Lauf der Zeit durchaus nicht vor der Industrie haltgemacht, wenn schon das Hauptanwendungsgebiet nach wie vor im Gewerbe liegt. Die vermehrte Beanspruchung der Institution entspricht übrigens dem starken Anwachsen des Bestandes an Gesamtarbeitsverträgen überhaupt.

Man kann feststellen, dass in der letzten Zeit in steigendem 'Masse neue Vollverträge zum vorneherein nur unter der Voraussetzung ihrer Allgemeinverbind: licherklärung zustande gekommen sind.

Zum Verzicht auf die Fortführung der Allgemeinverbindlichkeit eines Vertrages nach deren Ablauf ist es bisher nur in ganz vereinzelten Fällen gekommen.

Es darf somit durchaus erklärt werden, dass sich die Einrichtung, rein äusserlich gesehen, heute in einer Periode voller Entfaltung befindet und dass der Verzicht auf ihre Beibehaltung einen entscheidenden Eingriff in eine von den Verbänden nach und nach aufgebaute Sozialordnung bedeuten würde.

IL

]

'

Nicht ganz das nämliche vorbehaltlos günstige Bild ergibt sich, wenn man danach fragt, ob sich die Institution als solche sowie die bestehende Eegelung über das Verfahren und über die Wirkungen bewährt hat.

; Was 'zunächst die grundsätzliche Einstellung zur Einrichtung selbst betrifft, so ist zu sagen, dass wenigstens von Aussenseitern zu den Anträgen auf

154 Allgemeinverbindlicherklärung jëweilen überraschend wenige Einsprachen eingegangen sind. Aus dieser Tatsache darf aber nicht geschlossen werden, man habe sich mit der Institution allseitig ohne weiteres abgefunden. Kritische, zum Teil auf grundsätzlichen Anschauungen beruhende Stimmen werden -- bis zu einem gewissen Grade sicher mit Fug -- zu diesem neuen Bechtsetzungsverfahren immer wieder laut. Wenn die Unterordnung von Aussenstehenden unter das von den Verbänden geschaffene kollektive Arbeitsrecht bis jetzt wenig prinzipielle Anfechtung erfuhr, so ist zu berücksichtigen, dass die heutige günstige Wirtschaftslage hierzu mitgeholfen hat. Es könnte sich erst in Krisen-: zeiten zeigen, ob die Institution sich auch wirklich bewährt.

: Vernehmlicher sind die Stimmen, die sich gegen gewisse Unzukömmlichkeiten im Verfahren und in den Wirkungen der Allgemeinverbindlicherklärung wenden. Es wird in Verbandskreisen immer geklagt, das Verfahren daure zu lang, es sei zu zeitraubend und zu kostspielig. Dabei findet aber der Umstand zu wenig Beachtung, dass das Verfahren öfters durch in ihren Einzelheiten zur Allgemeinverbindlicherklärung nicht restlos reife, Verträge, die erst noch bereinigt werden müssen, verzögert wird. Grössere Bedeutung kommt den Hinweisen aus der Praxis zu, dass die Durchsetzung der allgemeinverbindlich erklärten Vertragsbestimmungen gegenüber den Aussenseitern nach 'dem gegenwärtigen System auf Schwierigkeiten stösst und dass damit die Einrichtung als solche diskreditiert wird.

. III.

Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement hat über die Erage, oh und auf welche Weise die Einrichtung der Allgenieinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen über den 31. Dezember 1946 hinaus beibehalten werden solle, die Auffassung der Kantone sowie der Spitzenverbände der Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingeholt.

In den eingegangenen Vernehmlassungen, deren Inhalt wir als Anlage 2 zu dieser Botschaft zusammengefasst wiedergeben, wird die grundsätzliche Frage der Beibehaltung der Institution der Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen einhellig bejaht. Anderseits wird von Kantonen und Verbänden doch überwiegend die Auffassung vertreten, es sollte im Hinblick auf das in Vorbereitung befindliche Bundesgesetz über die Arbeit im Handel und in den Gewerben und mit Bücksicht
auf die in Aussicht stehende Entscheidung von Volk und Ständen über die revidierten Wirtschaftsartikel nochmals eine vorübergehende Ordnung getroffen werden. Allerdings fehlt es auch nicht an Stimmen, die darauf hinweisen, dass das Schicksal der Institution nicht mit diesen Verfassungsartikeln verknüpft werden sollte, fernerdass sie schon jetzt eine genügende Grundlage in der Verfassung besitze. Man wird letzteres durchaus bejahen können, da ja sonst die bisher erlassenen Bundes, beschlüsse vom 1. Oktober 1941 und 23. Juni 1943 verfassungswidrig wären.

Anderseits ist es richtig, dass die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamt-

155 arbeitsvertragen bis jetzt in der Bundesverfassung nicht ausdrücklich vorgesehen ist, während bei Annahme der revidierten Wirtschaftsartikel die Befugnis des Bundes, über diese Institution Vorschriften aufzustellen, in Art. 34ter, lit. c, ausdrücklich erwähnt wäre. Weiter wäre bei Annahme der revidierten Wirtschaftsartikel die Eegelung der Allgemeinverbindlicherklärung von selbst in einen grössern Zusammenhang gestellt ; die Institution könnte alsdann den übrigen aus den Wirtschaftsartikeln entspringenden gesetzgeberischen Vorhaben angepasst werden. Es mag daher in der Tat angezeigt sein, mit der endgültigen gesetzlichen Ordnung der Einrichtung zu warten, bis über das Schicksal des neuen Art. 34ter der Bundesverfassung entschieden ist.

Dabei sei hier aber für alle Fälle festgelegt, dass die Institution auch schon in den heute vorhandenen Bestimmungen der Verfassung eine Verankerung findet, wenn schon sie hier nicht besonders genannt ist.

Was nun die von Kantonen und Verbänden vorgeschlagenen materiellen Änderungen am Wortlaut des Bundesbeschlusses anbelangt, so sind diese zum Teil sehr weitgehend, berühren sie doch unter anderem Fragen, welche an eine grundsätzliche Änderung der Rechtsnatur der Allgemeinverbindlichkeit von Gesamtarbeitsverträgen streifen. Das trifft besonders zu für die angeregte Ausgestaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen zu öffentlichem, hinsichtlich seiner Einhaltung von Amtes wegen kontrolliertem und durch Strafsanktionen geschütztem Hecht. Wir haben deshalb die Auffassungen der Kantone und Verbände zu dieser Frage im Anhang etwas eingehender wiedergegeben, in der Meinung, dass diese Probleme auch weitem Kreisen bekannt werden und so einer näheren Prüfung zu unterziehen seien. Die geltend gemachten Abänderungswünsche sind um so ernster zu nehmen, als sie namentlich von den Stellen kommen, die mit der bisherigen Anwendung der Institution praktische Erfahrungen gesammelt haben. Anderseits erfordert die Frage des Neuaufbaues der Institution eine einlässliche Prüfung nach der rechtlichen sowie auch nach der wirtschaftspolitischen Seite hin. Die vorläufige Belassung des Textes des Bundesbeschlusses in seinem bisherigen; Wortlaut dürfte einer übereilten Neuregelung vorzuziehen sein, so sehr es anderseits wünschbar gewesen wäre, den Interessenten schon jetzt
eine Ordnung zur Verfügung zu stellen, die allen ihren Wünschen entspricht. Man wird den Stellen, die bemerkenswerte Anregungen auf Abänderung des Bundesbeschlusses nach der einen oder andern Richtung hin einreichten, zum mindesten in der Weise entgegenkommen müssen, dass eine Verlängerung der Laufzeit des Bundesbeschlusses in seinem gegenwärtigen Wortlaut zum vorneherein nur noch für eine verhältnismässig kurze Frist erfolgt.

IV.

Wir gelangen so dazu, Ihnen vorzuschlagen, die Verlängerung der Gültigkeitsdauer des gegenwärtig geltenden Beschlusses auf zwei Jahre zu beschränken.

Dabei erklären wir ausdrücklich, dass darin keineswegs eine ein für allemal

156

abweisende Stellungnahme zu den verschiedenen Änderungswünschen erblickt werden darf. Diese sollen zu gegebener Zeit ihre Würdigung finden. Durch die befristete Beibehaltung des heute geltenden Wortlautes des Bundesbeschlusses wird Zeit gewonnen, um die neue und wenn immer möglich endgültige Eegelung so vorzubereiten, wie sie es verdient.

Unter Bezugnahme auf die vorstehend gemachten Darlegungen möchten wir Ihnen hiemit empfehlen/den nachstehend abgedruckten Entwurf für einen Bundesbeschluss betreffend die Verlängerung der Gültigkeitsdauer desjenigen vom 28. Juni 1943 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen gutzuheissen.

Genehmigen Sie, sehr geehrte Herren, die Versicherung unserer, vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 17. Mai 1946.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Kobelt.

Der Bundeskanzler: Leimgrufoer.

157 (Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die Verlängerung des Bundesbeschlusses über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 17. Mai 1946, beschliesst: Art. 1.

Die Gültigkeitsdauer des Bundesbeschlusses vom 23. Juni 1948 *) über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen wird bis zum 31. Dezember 1948 verlängert. ; Art. 2.

1

;'

Der Bundesrat wird beauftragt, gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranlassen.

2 Er setzt den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesbeschlusses fest.

i *) A. S. 59, 859.

158 Anlage 1.

Ausgebaute Verträge wurden durch den Bundesrat allgemeinverbindlich erklärt:

Teuerungs- oder Kinderzulagen wurden durch den Bundesrat allgemeinverbindlich erklärt:

1942: --

Schreiner- und Glasergewerbe

1943: Coiffeurgewerbe Engros-Möbelindustrie

Dachdeckergewerbe Elektro-Installationsgewerbe Maler- und Gipsergewerbe Schlosser- und Eisenbaugewerbe Schreiner- und Glasergewerbe Spengler- und Installationsgewerbe

1944: Coiffeurgewerbe Ziegeleien

Dachdeckergewerbe Elektro-Installationsgewerbe Engros-Möbelindustrie Maler- und Gipsergewerbe Schlosser- und Eisenbaugewerbe Schreiner- und Glasergewerbe Spengler- und Installationsgewerbe Zentralheizungsgewerbe

1945 : Bildhauer-und Grabmalgewerbe Bngros-Möbelindustrie Gärtnergewerbe Kartonagenindustrie Zivil-Herrenmaßsohneiderei

Dachdeckergewerbe Engros-Möbelindustrie Maler- und Gipsergewerbe Schlosser- und Eisenbaugewerbe Schreiner- und Glasergewerbe Zentralheizungsgewerbe Ziegeleien Zivil-Herrenmaßschneiderei

1946 (bis Ende April) : Engros-Möbelindustrie Ziegeleien Zivil-Herrenrnaßschneiderei

Coiffeurgewerbe Dachdeckergewerbe Schlosser- und Eisenbaugewerbe Schreiner- und Glasergewerbe Spengler- und Installationsgewerbe Zentralheizungsgewerbe

159 Anlage 2.

Zusammenfassung der Vernehmlassungen der Kantone und Verbände.

Die Kantonsregierungeu sowie die Spitzenverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sind mit Kreisschreiben des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements vom 19. Februar 1946 um ihre Auffassung zur Frage der Fortführung der Institution der Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen befragt worden. Insbesondere wurde die Stellungnahme zu folgenden Fragen gewünscht: 1. Soll die Institution der Allgemeinverbiudlicherklärimg grundsätzlich beibehalten werden?

. ·· Wenn ja, soll bis zum i Entscheid über die neuen Wirtschaftsartikel und über die Frage, welche Eolle den Gesamtarbeitsverträgen im kommenden Bundesgesetz über die Arbeit im Handel und in den Gewerben zu^ kommt, nochmals eine Übergangslösung getroffen werden ?

2. Im bejahenden Falle, welche Verbesserungen grundsätzlicher Art werden an der geltenden Kegelung vorgeschlagen, ist sie insbesondere bezüglich der Kontrolle und Sanktionen bei Übertretung allgemeinverbindlich erklärter Bestimmungen genügend?

Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit ^hat ausserdem mit sämtlichen schweizerischen Berufsverbänden, welche an allgemeinverbindlich erklärten Vereinbarungen beteiligt sind, zum Austausch von Erfahrungen im Vollzug von allgemeinverbindlich erklärten Vereinbarungen am 21. März 1946 eine Konferenz abgehalten..

Die Meinungen über die Fortführung und über die zu treffenden Abänderungen der Allgemeinverbindlicherklärung sind, kurz zusammengefasst, die folgenden: , .

1. Frage der Beibehaltung der Allgemeinverbindlicherklärung.

Sämtliche Kantone und befragten Verbände sprachen sich für die Beibehaltung der Institution der ^Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen aus. Es wurde ! dabei insbesondere darauf hingewiesen, dass die Allgemeinverbindlicherklärung weitgehend zur Erhaltung des Arbeitsfriedens beitrug und dass eine grosse Zahl von Gesamtarbeitsverträgen überhaupt nur deshalb abgeschlossen werden konnte, weil die Möglichkeit bestand, die Nichtverbandsmitglieder ebenfalls unter die vertraglichen Bestimmungen zu bringen. Die Allgemeinverbindlicherklärung ermöglichte mit der Erschwerung der Konkurrenzierung des sozial fortschrittlichen Arbeitgebers durch rücksichtslose Aussenseiter recht beachtliche Verbesserungen der Arbeitsbedingungen.

160 Der Allgemeinverbindlicherklärung freier Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sei gegenüber direkten staatlichen Eingriffen in das Arbeitsverhältnis der Vorzug zu geben.

Weniger einheitlich sind die Ansichten in der Frage, ob weiterhin eine Übergangslösung zu treffen sei oder nun an eine definitive Verankerung in der Gesetzgebung gegangen werden soll. In der Mehrzahl der Vernehmlassungen wird einer weitern Übergangslösung das Wort gesprochen. Die Gründe, die dafür geltend gemacht werden, sind allerdings verschiedene. Häufig findet sich das Argument, dass zunächst feststehen sollte, welche Eolle den Gesamtarbeitsverträgen in dem in Aussicht genommenen Bundesgesetz über die Arbeit im.

Handel und in den Gewerben zukomme. Im Zusammenhang mit der Aufstellung dieses Gesetzes und der damit verbundenen Eevision des Fabrikgesetzes müsse die Frage des Verhältnisses von Gesetz zu Gesamtarbeitsvertrag gründlich abgeklärt werden.

Einander entgegengesetzt sind die Auffassungen bezüglich des Verhältnisses der Allgemeinverbindlicherklärung zu den neuen Wirtschaftsartikeln. In verschiedenen Vernehmlassungen wird eine Übergangslösung bis zum Entscheid über diese neuen Verfassungsartikel vorgeschlagen, während andere eine Verquickung der Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen mit dieser Verfassungsänderung als verfehlt ansehen. Es wird dabei von der Auffassung ausgegangen, die verfassungsrechtliche Grundlage sei heute schon gegeben und die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen müsse auch im Falle der Ablehnung der Wirtschaftsartikel beibehalten werden.

Verschiedene Kantone und Verbände sind der Meinung, dass nun in den Jahren, in denen Gesamtarbeitsverträge allgemeinverbindlich erklärt wurden, genügend Erfahrungen gesammelt werden konnten, so dass an eine definitive gesetzliche Verankerung geschritten werden könne. In fast allen Fällen schlagen jedoch diese Befürworter einer endgültigen gesetzlichen Eegelung grundsätzliche Änderungen an dem geltenden Bundesbeschlusse über die Allgemein ver bindlicberklärung vor.

2, Frage der Abänderung der bestehenden Regelung betreffend die Kontrolle und Sanktionen.

Von grosser Tragweite sind besonders die in den Vernehmlassungen aufgeworfenen Fragen betreffend die Kontrollierung der Einhaltung allgemeinverbindlich
erklärter Bestimmungen und die Bestrafung derjenigen, die diese Bestimmungen missachten. Wir geben deshalb im folgenden die Auffassungen derjenigen Kantone und Verbände, die sich dazu schriftlich geäussert haben, etwas eingehender wieder: a. Kantone.

Zürich weist darauf hin, das kantonale Einigungsamt könne den Äusserungen der Parteien gelegentlich entnehmen, dass insbesondere normative Bestimmungen in Gesamtarbeitsverträgen, welche nicht den Lohn betreffen,

161 sich oft nur in unzureichender Weise oder überhaupt nicht durchzusetzen vermögen. Die Ursachen seien verschiedener Art und sowohl bei den Arbeitnehmern!

wie auch bei den Arbeitgebern zu suchen. Eine wirksamere Kontrolle scheine: notwendig und im Interesse der Institution zu liegen, da die Unabdingbarkeit allein nicht genüge, den gewollten Zweck in allen Teilen zu erreichen. Das Gewerbepolizeikommissariat der Stadt Zürich werde immer wieder ersucht, bei der Durchsetzung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen behilflich zu sein. Die Ablehnung derartiger Begehren sei den Gesuchstellern oft nicht verständlich.

: , L u z er n macht geltend, dass in den zwei Berufsgruppen, in denen gegenwärtig im Kanton allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge bestünden, sich bis heute in der Durchsetzung der Bestimmungen keine Schwierigkeiten gezeigt hätten. Da es sich hierbei jedoch um gutorganisierte Wirtschaftsgruppen des Gewerbes handle, in denen ziemlich stabile Verhältnisse herrschten, sei es wünschenswert, einen Ausbau der Kontrollvorschriften nicht ohne weiteres: von der Hand zu weisen.

Freiburg ist der Auffassung, dass die gegenwärtige Eegelung hinsichtlieh der Kontrolle über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen der Gesamtarbeitsverträge und der Bestrafung im Falle der Missachtung eines Ausbaues bedürfe.

Solothurn wirft die Frage auf, ob das den Verbänden in der bisherigen Form zugestandene Kontrollrecht nicht die Gefahr einer rechtsungleichen Behandlung zwischen Verbandsmitgliedern und Aussenseitern speziell bei den Arbeitgebern in sich schliesse. Es bestehe offenbar keine Gewähr dafür, dass die durchzuführende Kontrolle bei Verbandsmitgliedern und Aussenseitern mit gleicher Strenge durchgeführt werde. Wohl sei gemäss Art.: 17, Abs. 8, der Vollzugsverordnung zum Bundesbeschluss den Nichtverbandsmitgliedern ein Beschwerderecht an die zuständige Behörde vorbehalten. Es frage sich aber, ob dieser Schutz der Nichtverbandsmitglieder genüge, oder ob nicht dem Staat grundsätzlich das Kontrollrecht überbunden werden sollte. Es dürfte vielleicht genügen, wenn die staatliche Kontrolle auf die wichtigsten und zugleich einfachsten Bestimmungen, wie solche über Arbeitszeit und Ferien, begrenzt würde.

Ferner stelle sich die Frage, ob bei Zuwiderhandlungen die Sanktionen
bei Nichtverbandsmitgliedern nicht vom ordentlichen Eichter beurteilt werden sollten, um die Bechtsgleichheit zu gewährleisten.

Baselstadt ist der Ansicht, dass nach den heutigen Anschauungen ein Gesamtarbeitsvertrag nur als gute Ordnung angesehen werden könne, wenn er auch Bestimmungen über die Kontrolle der Vertragseinhaltung und über die Sanktionen für Übertretungen enthalte. Der Staat müsse die Schaffung ausgebauter Gesamtarbeitsverträge fördern. Dies könne dadurch geschehen, dass in den Bundesbeschluss eine Bestimmung aufgenommen werde, wonach die Allgemeinverbindlicherklärung grundsätzlich nur für Gesamtarbeitsverträge ausgesprochen werden dürfe, welche die Arbeitsbedingungen in einem Gewerbe

162 in den wichtigsteh Punkten regeln und welche auch Bestimmungen über die Kontrolle und die Sanktionen für Vertragsverletzungen enthalten. Es sei allerdings zuzugeben, dass die Parteien sich nicht immer über alle Punkte einigen können und es nicht selten vorziehen, einen Gesamtarbeitsvertrag über diejenigen Gebiete abzuschliessen, auf welchen eine Verständigung erreicht wurde, als überhaupt auf einen solchen zu verzichten. Um diesen Umständen Eechnung zu tragen, könnte der vorgeschlagenen Bestimmung beigefügt werden, dass die für die Allgemeinverbindlicherklärung zuständige Behörde ausnahmsweise beim Vorliegen triftiger Gründe auch eine Vereinbarung, welche bloss einen oder wenige Punkte des Arbeitsverhältnisses ordnet, allgemeinverbindlich erklären dürfe.

Die Einführung von öffentlichrechtlichen Kontrollbestimmungen hätte den grossen Vorteil für sich, dass sehr weitgehend Gewähr dafür bestehe, dass die Gesamtarbeitsverträge wirklich eingehalten werden. Ob aber diese stark etatistische Lösung heute eingeführt werden könne, erscheine als zweifelhaft. Das schwierige Problem sei das, ob das Ziel der möglichst, guten Durchsetzung der Gesamtarbeitsverträge verwirklicht werden könne, ohne dass eine Gefahr für die Selbständigkeit der Berufsverbände entstehe. Um die Wirkung des Gesamtarbeitsvertrages zu verstärken, ohne seine Vorschriften in ein öffentlichrechtliches Polizeigesetz zu verwandeln, liesse sich eine ähnliche Bestimmung denken, wie sie in Art. 21 des Vorentwurfes zum Bundesgesetz über die Arbeit im Handel und in den Gewerben enthalten sei, d. h. es könnte den verbandlichen Kontrollorganen die Möglichkeit gegeben werden, der für den Arbeiterschutz zuständigen Amtsstelle Anzeige zu machen, falls ein dem Gesamtarbeitsvertrag unterliegender Betrieb ihn beharrlich und in schwerwiegender Weise übertrete. Die Behörde würde dem Betriebsinhaber schriftlich die Weisung erteilen, den gesämtarbeitsvertraglichen Bestimmungen nachzuleben und damit eine Strafandrohung im Sinne von Art. 292 des schweizerischen Strafgesetzbuches (Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen) verbinden. Bei dieser Eegelung könnte der allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsvertrag privates Hecht bleiben.

· Es wird vorgeschlagen, für eine weitere Übergangszeit einen Versuch in dieser Eichtung zu unternehmen.

Schaffhausen, stellt
fest, dass sich die im Bundesbeschluss enthaltene Eegelung der Kontrolle und Sanktionen in der Praxis nicht immer als genügend erweise. Insbesondere sollten die den Kantonen zugedachten Kontrollaufgaben und die Befugnisse der Kontrollstellen näher umschrieben werden.

Appenzell A.-Eh. möchte an der bestehenden Eegelung möglichst wenig geändert haben. Sie hätte sich eingelebt und im grossen und ganzen zweifellos bewährt.

Aargau ist der Ansicht, dass die Kontrolle der Durchführung der allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge auf eine andere Grundlage gestellt werden sollte. Die Tatsache, dass die Gesamtarbeitsverträge aus-

163 schliesslich der privaten Rechtssphäre angehören, verunmögliche jede öffentliche Kontrolle. Der Arbeiter mache seine Eechte beim Gericht in der Eegel erst dann geltend, wenn das Dienstverhältnis aufgelöst sei, wobei er sich aber auf die Ansprüche beschränken müsse, welche sich in Geld ausdrücken lassen.

Die Auswirkungen dieser Eechtslage mache sich bei der heutigen Hochkonjunktur naturgemäss weniger geltend als in der Depression. Da der Arbeiter im Falle des Auftretens von Arbeitslosigkeit, um seme Stelle behalten zu können, Verletzungen von Gesamtarbeitsyerträgen in Kauf nehmen müsse, würde die Allgemeinverbindlicherklärung, die nur auf die privatrechtliche Unabdingbarkeit der Bestimmungen abstelle, gerade dann versagen, wenn sie zum Schutze der Arbeiter besonders wichtig wäre. Die Allgemeinverbindlicherklärung sollte daher öffentliches Eecht schaffen, das auch von Amtes wegen zu kontrollieren wäre. Das würde nicht heissen, dass die Kontrolle unbedingt staatlichen Organen zu übertragen wäre; meistens werde sich eine paritätische Kommission der Vertragsparteien dafür besser eignen. Diese Kommissionen würden aber in staatlichem Auftrag handeln und wären damit befugt, auch gegen den Willen der direkt beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen der Gesamtarbeitsverträge zu überwachen. Die Vertragsverletzungen müssten ebenfalls unter Strafe gestellt werden.

Thurgau würde aus praktischen Gründen von materiellen Änderungen Umgang nehmen.

W a a d t hält das Fehlen einer Bestimmung, welche die öffentliche Verfolgung von Missachtungen allgemeinverbindlich1 erklärter Bestimmungen ermöglichen würde, für die grösste Lücke in der geltenden Regelung. Dieser Zustand habe die Wirkung der Allgemeinverbindlicherklärurig wesentlich herabgemindert. ' Wallis ist der Ansicht, dass der Kanton mit der Kontrolle über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge betraut werden sollte.

Neuenburg hält die geltende Regelung über die Kontrolle für ungenügend.

Es habe keinen Zweck, Bestimmungen von Gesamtarbeitsverträgen allgemeinverbindlich zu erklären, wenn sich die Aussenseiter ohne grosse Schwierigkeiten der Anwendung entziehen können. Es sei deshalb notwendig, dass die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen
kontrolliert und die Missachtung bestraft werden könne. Mit der Durchführung der notwendigen Kontrollen könnten wohl am zweckmässigsten die Vertràgschliessenden betraut werden. Sollte dies nicht möglich sein, so müsste die Aufgabe von der Behörde, welche die Allgemeinverbindlicherklärung ausspricht, übernommen werden. Dieses System würde jedoch die Gefahr einer zu verwaltungsmässigen Regelung in sich tragen, die verschiedene Unzukömmlichkeiten mit sich bringen würde.

164 b. Verbände.

Der Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrievereins und der Z e n t r a l v e r b a n d schweizerischer A r b e i t g e b e r Organisationen sind der Auffassung, dass von grundsätzlichen Änderungen am geltenden Bundesbeschluss Umgang genommen werden sollte. Auf alle Fälle sei entschieden eine Änderung abzulehnen, die eine Umgestaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen in öffentliches Eecht mit sich bringen würde. Der Zweck der Allgemeinverbindlicherklärung sei die Unterstellung der nicht organisierten Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages. Es sei daher nicht zulässig, darüber hinaus den allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen den Charakter von öffentlichem Eecht zu geben, indem in gewissem Sinne ein Berufsstatut eingeführt würde. Auch bezüglich der Kontrolle müsse das bisherige System, das sich auf das Zivilrecht stütze, beibehalten werden. ; Der Schweizerische G e w e r b e v e r b a n d weist darauf hin, die praktischen Erfahrungen der letzten zwei Jahre hätten eindeutig ergeben, dass der Bundesbeschluss unbedingt ergänzender Vorschriften über die Kontrolle und die Sanktionen bedürfe, wenn ihm die nötige Wirksamkeit verliehen werden soll. Die Kontrollaufgaben könnten in erster Linie den intetessierten Verbänden und den durch die Allgemeinverbindlicherklärung eingesetzten paritätischen Kommissionen übertragen werden.

Kontrolle und Kontrollorgane hätten aber keinen Sinn, wenn die von ihnen festgestellten Vertragsverletzungen nicht durch Sanktionen geahndet werden können. Es müssten deshalb im Zusammenhang mit den Kontrollvorschriften auch Bestimmungen über Sanktionen privatrechtlicher Natur vorgesehen werden. Ebenso wäre die Aufnahme weiterer Sanktionen strafrechtlicher Natur zu prüfen. Für die Ausfällung dieser Sanktionen kämen die Behörden in Betracht, welche die Allgemeinverbindlicherklärung verfügt haben.

Der Schweizerische G e w e r k s c h a f t s b u n d schlägt eine Eegelung vor, wonach die Kontroll- und Strafbefugnisse von den Verbänden eingesetzten paritätischen Berufskommissionen übertragen und der Staat hierüber die Oberaufsicht ausüben würde. Dieser könnte jederzeit, wenn er es für nötig hält, und auch wenn Interessierte es wünschen, selbst eingreifen. Die Übertragung dieser Befugnisse an
paritätische Kommissionen wird als eine Notwendigkeit betrachtet, da der Staat allein nicht in der Lage sei, bei einer so grossen Zahl von Betrieben eine wirksame Kontrolle durchzuführen.

Eine solche Eegelung würde auch die Selbständigkeit der Verbände nicht beeinträchtigen.

Die Vereinigung schweizerischer A n g e s t e l l t e n v e r b ä n d e hält die bisherigen Bestimmungen vom Standpunkt der Angestelltenschaft aus für ungenügend. Infolge des Vorliegens besonderer Verhältnisse stosse der Vollzug

165 von Gesamtarbeitsverträgen bei den Angestellten auf grosse Schwierigkeiten.

Das Gesamtarbeitsvertragsrecht sollte daher im Sinne der Mitwirkung staatlicher Vollzugsorgane bei der Durchführung von Bestimmungen allgemeinverbindlich erklärter Natur ausgebaut werden.

Aus den gleichen Gründen müssten bei Widerhandlungen gegen allgemeinverbindlich erklärte Bestimmungen von Gesamtarbeitsverträgen öffentlichrechtliche Sanktionen durch den Strafrichter ergriffen werden können.

Der L a n d e s v e r b a n d freier Schweizer Arbeiter hält die Aufnahme weitergehender Bestimmungen bezüglich der Kontrolle und Sanktionen für notwendig. Die Erfahrungen hätten gezeigt, dass durch das Fehlen solcher Vorschriften der Wert der Allgemeiriverbindlicherklärung stark herabgesetzt, wenn nicht sogar illusorisch gemacht werde. Unter Umständen liesse sich in den Bundesbeschluss eine Bestimmung aufnehmen, dass die Kontrolle von jedem der beteiligten Verbände oder von einer paritätischen Kommission durchgeführt werden könne.

' 3. Weitere Abänderungsvorschläge grundsätzlicher Natur.

Von verschiedener Seite wurde der Vorschlag gemacht, es sollten die Anträge auf Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, die sich lediglich auf ein Kantonsgebiet beziehen, inskünftig nur noch in den kantonalen Amtsblättern und nicht mehr irn Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht werden müssen. Im Schweizerischen Handelsamtsblatt sollte ein Hinweis auf die Publikation im kantonalen Amtsblatt genügen. Im Interesse einer Beschleunigung des Verfahrens sollte auch die Einsprachefrist verkürzt und weniger häufig eine Begutachtung der Allgemeinverbindlicherklärung durch unabhängige Sachverständige verlangt werden.

In einzelnen Vernehmlassungen wird dem Wunsche Ausdruck gegeben, dass in dem Erlass über Allgemeinverbindlicherklärung die absolute Friedengpflicht und nicht nur die relative, d.h. diejenige hinsichtlich der i in den allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen geordneten Verhältnisse vorgesehen werde. Ferner findet sich das Begehren, dass auch Bestimmungen sollten allgemeinverbindlich erklärt werden können, wonach eine paritätische Kommission oder das kantonale Einigungsamt sämtliche aus dem Gesamtarbeitsvertrag entstehenden Streitigkeiten zu behandeln hätte.

In einer Vernehmlassung findet sich der Wunsch, Art. 2, Abs. 3, des geltenden Bundesbeschlusses so zu fassen, dass solche Bestimmungen von der Allgemeinverbindlicherklärung auszunehmen wären, die zwar zwingenden Vorschriften der Bundes- oder der kantonalen Gesetzgebung nicht widersprechen, dem Arbeitgeber aber Leistungen auferlegen, die über das gesetzlich festgelegte Ausmass hinausgehen, ihn z. B. verpflichten, bei Überzeitarbeit mehr als die im Fabrikgesetz vorgesehenen 25 % Lohnzuschlag auszurichten.

Eine weitere Anregung geht dahin, die Frage zu prüfen, ob nicht Bestimmungen, welche Kollisionen zwischen allgemeinverbindlich erklärten GeBundesblatt. 98. Jahrg. Bd. II.

12

166 Samtarbeitsverträgen und insbesondere zwischen Allgemeinverbindlicherklärungen des Bundesrates und solchen der Kantonsregierungen verhindern sollten, in den Beschluss aufgenommen werden könnten. Das Bestehen zweier sich überschneidender Allgemeinverbindlicherklärungen habe zahlreiche Schwierigkeiten im Gefolge, die noch vermehrt würden und zu chaotischen Zuständen führen müssten, wenn mit Bezug auf die Geltungsdauer der Allgemeinverbindlicherklärung keine Übereinstimmung bestehe.

Endlich sei hier noch erwähnt, dass Art. 5, Abs. l, des geltenden Bundesbeschlusses, soweit er vorsieht, dass andere als die vertragschliessenden Verbände ebenfalls einen Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung stellen können, als nicht richtig empfunden wurde. Dem Vertragsabschluss würden meistens bedeutende Opfer an persönlichem und materiellem Aufwand der Vertragspartner vorausgehen und es wäre deshalb unbillig, wenn nachher irgendeine andere Gruppe, die vielleicht für das Zustandekommen des Gesamtarbeitsvertrages keinen Finger rührte, sich unter Umständen gegen den Willen der Vertragsparteien in den Genuss des Eechtes setzen könnte.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Verlängerung des Bundesbeschlusses über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen.

(Vom 17. Mai 1946.)

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