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4978 Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über eine gleichmässige Besteuerung der eidgenössischen Magistratspersonen.

(Vom 4. Mai 1946.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Am 29. September 1944 hat Herr Nationalrat Holenstein folgendes Postulat eingereicht: ' · .

Da einzelne Kantone dazu übergehen, die Bundesräte und Bundesrichter, die ihre Bürger sind, am Heimatort zu besteuern, entsteht eine empfindliche ungleiche Behandlung der Mitglieder unserer obersten Behörden hinsichtlich ihrer Besoldung.

Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen und Bericht zu erstatten, wie diesem unbefriedigenden Zustand abgeholfen werden kann.

Am 19. September 1945 hat der Bundesrat das Postulat entgegengenommen.

Wir beehren uns, Ihnen hiermit zu der erörterten Frage Bericht zu erstatten und den Antrag auf eine Abänderung von Art. 9 des Garantiengesetzes zu begründen.

I.

Die Mitglieder des Bundesrates und des Bundesgerichts sowie der Bundeskanzler gemessen am Amtssitz, wo sie nach der geltenden Ordnung in der Eegel auch wohnen, eine rechtliche Sonderstellung. Art. 9 des Garantiengesetzes von 1934, der unverändert aus dem Gesetz von 1851 übernommen worden ist, bestimmt, dass diese Magistratspersonen1 ihr politisches und bürgerliches Domizil in ihrem Heimatkanton beibehalten. Sie stehen unter der Hoheit und der Gesetzgebung des betreffenden Kantons, soweit ihre Eigenschaft als Privatperson in Frage kommt. Dieser Grundsatz bezieht sich jedoch nicht auf den Besitz von Liegenschaften und auf die indirekten. Steuern.

Die Steuerhoheit bildet, einen Ausf luss der dergestalt dem Heimatkanton über die Magistratspersonen zugewiesenen Hoheit. In der Ausübung ihres speziellen Besteuerungsrechts halten die meisten Kantone auch heute zurück.

Wenn sich der Steuerpflichtige nicht in ihrem Gebiete dauernd aufhält, so beschränken sie sich, in Anlehnung an die vom Bundesgericht entwickelte Praxis der interkantonalen Doppelbesteuerung, auf die Erfassung von im

141 Kantonsgebiet gelegenen Liegenschaften und verzichten, -was besonders die Bundesräte betrifft, nicht zuletzt deshalb auf die volle Ausschöpfung ihrer Besteuerungsrechte, um ihrem Mitbürger die Ausübung eines finanziell grosse Ansprüche stellenden, auch für den Heimatkanton als ehrenvoll empfundenen Amtes zu erleichtern.

Seit dem Erlass des Bundesratsbeschlusses über die eidgenössische Krisenabgabe vom 19. Januar 1934 (Art. 6) hat der Bund die Veranlagung der Magistratspersonen zu den direkten Bundessteuern gefordert (Wehrsteuerbeschluss Art. 4, Wehropferbeschluss Art. 3). Das mag mit dazu geführt haben, dass in den letzten Jahren revidierte kantonale Steuergesetze, wie das von Bern in Art. 6 und dasjenige von St. Gallen in Art. 7, ausdrücklich die Steuerpflicht der dem Garantiengesetz unterstehenden Personen regeln. Diese Steuern sind auf die'Verhältnisse des Heimatkantons und der Heimatgemeinde; und nicht auf die für das Amtseinkommen massgebenden Bedingungen am Amtssitz zugeschnitten. Die jetzige Ordnung führt damit zu empfindlichen Unterschieden in der steuerlichen Belastung der einzelnen Magistratspersonen bei gleicher wirtschaftlicher Stellung.

II.

Die Ausschaltung der geschilderten Ungleichheiten rechtfertigt sich bestimmt., Der Erlass eines Steuerprivilegs von Bundes wegen, womit eine verbreitete Übung rechtlich verankert würde, wäre undemokratisch und unter den heutigen Verhältnissen kaum vertretbar. Der notwendige Ausgleich kann nur durch eine Vereinheitlichung der Besteuerung, nicht durch deren Ausschluss erreicht werden. Nachdem die Magistratspersonen die öffentlichen Einrichtungen an ihrem tatsächlichen Wohnsitz, der meist mit dem Amtssitz identisch ist, in gleichem Masse beanspruchen wie andere Einwohner, ist eine Vereinheitlichung, die diesem Gemeinwesen ein Besteuerungsrecht zuweist, die gerechte Lösung. Mit Rücksicht auf diejenigen Kantone, welche die Sonderregelung des Domizils der Magistratspersonen im Garantiengesetz als Ausfluss ihrer Hoheit betrachten, soll am hergebrachten Zustand nur ein notwendiges Minimum geändert werden. Wir möchten deshalb das Besteuerungsrecht am Amtssitz auf das Arbeitseinkommen beschränken. Dem Heimatkanton verbleibt die Steuerhoheit über das Vermögen und den Vermögensertrag sowie das Eecht, der Erhebung von Erbschafts- und Schenkungssteuern.

III.

Im Ergebnis hat diese Neuordnung für die überwiegende Mehrheit der Betroffenen eine Verkürzung ihrer Einkünfte zur Folge. Wenn die Frage erwogen wird, ob ein gewisser Ausgleich angebracht sei, so kann man sich der Tatsache nicht verschliessen, dass die Einkünfte der Bundesräte und der Bundesrichter bis anhin, gemessen an den Verpflichtungen ihrer Stellung und an den Möglichkeiten, die ein Einsatz ihres fachlichen Könnens ausserhalb des Staatsdienstes bieten würde, nicht übersetzt waren.

142 Nach dem Bundesbeschluss vom 17. Dezember 1942 über Bezüge der Mitglieder des Bundesrates beträgt das Jahresgehalt eines Bundesrates bis zum 31. Dezember 1947 Fr. 40 000. Die Besteuerung des Amtseinkommens in Bern wird die Einkünfte eines Bundesrates ungefähr auf den früheren Gehaltsansatz von Fr. 32 000 vermindern, der bei seiner Festsetzung im Jahre 1927 als Beineinkommen betrachtet werden konnte. Einkünfte in dieser Höhe erlauben es heute einem Bundesrat nicht, den Verpflichtungen, die ihm privat als Mitglied der Landesregierung erwachsen, nachzukommen Man dürfte es deshalb kaum als unangemessen bezeichnen, dass als Folge der vorliegenden Neuerung (Einführung der Steuerpflicht am Wohnsitz) eine sehr bedeutende Einkommensverminderung vermieden werden sollte. Der Bundesrat will sich indessen zur Höhe einer Kompensation nicht äussern. Er überlässt 6s wie bisher dem Ermessen der eidgenössischen Bäte, darüber zu befinden.

Der Jahresgehalt eines Bundesrichters wurde 1928 auf Fr. 25 000 festgesetzt und beträgt für 1946 mit der Teuerungszulage Fr. 27 750. Dieses Gehalt durfte, wie das der Bundesräte, als Beineinkommen betrachtet werden. Das Bundesgericht hat darauf hingewiesen, dass der seinen Mitgliedern ausgesetzte Gehalt etwas erhöht werden sollte,, damit namentlich eine Ergänzung des Kollegiums durch erfolgreiche Anwälte oder aus dem Lehrkörper unserer Hochschulen in Zukunft nicht noch mehr als bis anhin erschwert wird. Um den geltend gemachten berechtigten Bedenken Bechnung zu tragen, sehen wir vor, das Grundgehalt eines Bundesrichters auf jährlich Fr. 30 000 zu erhöhen. Der Präsident des Bundesgerichts würde weiterhin Fr. 2000 Zulage erhalten.

Der Bundeskanzler bezieht ein Jahresgehalt von Fr. 23 000 und Teuerungszulagen. Er hätte sein Arbeitseinkommen in der Gemeinde Bern heute mit etwa Fr. 3500 jährlich zu versteuern. Die Bezüge des Bundeskanzlers sollten daher von jährlich Fr. 23 000 auf Fr. 26 000 erhöht werden, damit bei Berücksichtigung der Teuerungszulage der angestrebte Ausgleich hergestellt wäre.

Wir empfehlen Ihnen, den beiliegenden Abänderungsantrag von Art. 9 des Bundesgesetzes vom 26. März 1934 über die politischen und polizeilichen Garantien zugunsten der Eidgenossenschaft und den Bundesbeschluss über die Besoldung der Mitglieder des Bundesgerichts anzunehmen, und versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 4. Mai 1946.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates,

Der Bundespräsident: Kobelt.

Der Vizekanzler:

Ch.Oser,

143 (Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Abänderung des Bundesgesetzes über die politischen und polizeilichen Garantien zugunsten der Eidgenossenschaft.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 4. Mai 1946, beschliesst: Art. 1.

Art. 9 des Bundesgesetzes vom 26. März 1934 über die politischen und polizeilichen Garantien zugunsten der schweizerischen Eidgenossenschaft wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt : Art. 9: Die Mitglieder des Bundesrates und des Bundesgerichts sowie der Bundeskanzler behalten ihr politisches und bürgerliches Domizil in denjenigen Kantonen bei, in welchen sie verbürgert sind. Besitzen sie in mehreren Kantonen das Bürgerrecht, so sind sie mit Beziehung auf Art. 96 der Bundesverfassung als demjenigen Kantone angehörig zu betrachten, in welchem sie zur Zeit der Wahl ihren Wohnsitz hatten, und, in Ermangelung des Wohnsitzes in einem dieser Kantone, als demjenigen angehörig,1 in welchem das Bürgerrecht zuletzt erworben worden ist.

Das bürgerliche Domizil gemäss Absatz l hiervor macht auch Eegel für die Besteuerung des beweglichen Vermögens, seiner Erträgnisse und eines daraus fliessenden Vermögensgewinns sowie für ; die Erhebung von Erbschafts- und Schenkungssteuern auf dem beweglichen Vermögen. Zur Besteuerung des Arbeitseinkommens sind Kanton und Gemeinde befugt, in , denen die Mitglieder des Bundesrates und des Bundesgerichts sowie der Bundeskanzler tatsächlich Wohnsitz nehmen (Art: 23 ZGB). Die Erhebung der Steuern auf dem unbeweglichen Vermögen, seinen Erträgnissen und einem daraus fliessenden Vermögensgewinn sowie der Erbschafts- und Schenkungssteuern richtet sich nach den bestehenden Grundsätzen betreffend das Verbot der Doppelbesteuerung (Art. 46, Abs.2, der Bundesverfassung).

144 Art. 2.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses GeAuf diesen Zeitpunkt wird der durch Bundesgesetz vom 13. Juni 1928 abgeänderte Art. 197 des Gesetzes vom 22. März 1893 über die Organisation der Bundesrechtspflege aufgehoben.

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145 :

(Entwurf.)

Bundesbeschluss :

über

die Besoldung der Mitglieder des Bundesgerichtes.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 85, Ziff. 8, der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 4. Mai 1946, 1

beschliesst :

Art. 1.

:

Das Jahresgehalt der Mitglieder des Bundesgerichtes wird auf Fr. 80 000 festgesetzt. Der Präsident des Bundesgerichts bezieht eine Zulage von Fr. 2000.

Art. 2.

.

·

;

.

Für die Bemessung der Buhegehälter an ehemalige Mitglieder des Bundesgerichtes und der Leistungen an ihre Hinterbliebenen ist der Betrag von Fr. 25 000 massgebend.

; '

Art. 8.

: Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlicher Natur und tritt rückwirkend auf den 1. Januar 1946 in Kraft.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über eine gleichmässige Besteuerung der eidgenössischen Magistratspersonen. (Vom 4. Mai 1946.)

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1946

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

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4978

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23.05.1946

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140-145

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