992 # S T #

5137

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Bereitstellung der Kredite für den Ankauf von Liegenschaften sowie für Neu- und Umbauten und die Abänderung des Bundesgesetzes über die Wasserbaupolizei.

(Vom 12. November 1946.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren ! '

-

·

Wir beehren uns, Ihnen zwei Abänderungen von Kompetenzvorschriften der geltenden Gesetzgebung zu beantragen, die sich im Hinblick auf die veränderten Verhältnisse aufdrängen.

I.

Der Bundesbeschluss vom 13. Juni 1928*) betreffend die Erhöhung der Kompetenz des Bundesrates für den A n k a u f von L i e g e n s c h a f t e n oder für Neu- und Umbauten bestimmt: Kreditbegehren für den Ankauf von Liegenschaften oder für Neu- und Umbauten sind vom Bundesrate den eidgenössischen Räten mit besonderer Botschaft zu unterbreiten, wenn die Ausgabe für das einzelne Geschäft Fr. 200 000 übersteigt.

Beträgt die Ausgabe Fr. 200 000 oder weniger, so genügt die Einstellung des Betrages in den ordentlichen Voranschlag oder in die Nachtragskreditbegehren.

Damit wurde die im Jahre 1899 festgesetzte Grenze von 100 000 Franken verdoppelt.

Seither sind die Liegenschaftenpreise und vor allem die Baukosten weiter gestiegen. Dies veranlasste Herrn Nationalrat Moine, am 5. Juni 1946 folgende Interpellation einzureichen : «Ist der Bundesrat nicht der Ansicht, dass im Hinblick auf die seit mehr als zwanzig Jahren bestehende Geldentwertung eine Änderung des Bundesbesohlusses vom 13. Juni 1928 angezeigt wäre im Sinne einer Erhöhung der Kompetenz des Bundesrates für den Ankauf von Liegenschaften und für Neu- und Umbauten ?» *) A. S. 44, 385.

993 Da der Kauf von Liegenschaften und die Erstellung von Bauten hauptsächlich zu Verwaltungszwecken erfolgt, erachten wir es als gegeben, die Vorlage besonderer Botschaften grundsätzlich beizubehalten, um. damit die nach der Bundesverfassung, Art. 85, Ziff. 11, der Bundesversammlung zustehende Oberaufsicht über die eidgenössische Verwaltung nicht zu schmälern. Dabei ist aber nicht zu verkennen, dass die Grenze von 200 000 Tranken heute nicht mehr zeitgemäss ist. An der Abänderung sind neben dem Finanz- und Zolldepartement vor allem das Departement des Innern (Direktion der eidgenössischen Bauten) und das Militärdepartement sowie das Post- und Eisenbahndepartement (Generaldirektion der PTT-Verwaltung) interessiert, da sie am häufigsten in die Lage kommen, für den Ankauf von Liegenschaften sowie für Um- und Neubauten Kredite anzufordern.

Die Verteuerung der Baukosten im. ersten Weltkrieg betrug ungefähr 70 % und veranlasste die eidgenössischen Bäte im Jahre 1928, die Grenze von 100000 auf 200000 Franken zu erhöhen. In der Stadt Bern beträgt die Baukostenverteuerung gegenüber 1928 heute rund 80 %. Dazu kommt, dass neben der Teuerung heute auch die neuzeitlichen Installationen und technischen Einrichtungen grössere Baukredite erfordern. Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Neufestsetzung um eine Regelung für längere Dauer handeln .soll, wobei die künftige Entwicklung des Preisnivea us mitzuwürdigen ist.

- Seit 1928 musste der Bundesrat nach der geltenden Ordnung rund 60 mal mit besonderen Botschaften für Baukredite an die eidgenössischen Eäte gelangen. Namentlich die zunehmende Mechanisierung der PTT-Betriebe erfordert mehr und mehr verwaltungseigene Zweckbauten, deren Kosten durchwegs über 200 000 Franken lagen. Dass die eidgenössischen Eäte von den über 40 .Baukreditbegehren der PTT-Verwaltung kein einziges zu beanstanden hatten, geht wohl darauf zurück, dass sich diese Bauten nach den jeweiligen konkreten Bedürfnissen zu richten haben, die von den Fachleuten stets gründlich und gewissenhaft abgeklärt wurden.

Wenn wir Ihnen gestützt auf diese Überlegungen vorschlagen, inskünftig bei Kreditbegehren für Liegenschaftenkäufe sowie Neu- und Umbauten bis zu 400 000 Franken auf besondere Botschaften zu verzichten, so glauben wir damit auf alle Fälle nicht zu hoch gegriffen zu haben. Wir
halten uns damit im Eahmen der Anpassung von 1928 und sehen davon ab, Ihnen zu beantragen, mit der Ansetzung dieser Grenze wesentlich weiter zu gehen oder die in Betracht fallenden Kreditbegehren der PTT-Verwaltung inskünftig überhaupt ohne Botschaften vorzulegen. Die der PTT-Verwaltung im Eahmen des gesamten Bundeshaushaltes eingeräumte Sonderstellung geht nicht so weit, dass wir in diesem Punkte eine Lösung von den allgemeinen Vorschriften befürworten möchten.

Durch die vorgeschlagene Erhöhung wird die Zahl der den eidgenössischen Eäten mit besonderer Botschaft vorzulegenden Kreditbegehren vermindert^ womit auch die Druckkosten der Botschaften und die Spesen der parlamentarischen Behandlung sinken. Zur Abklärung der Tragweite unseres Vorschlages

994

hinsichtlich des Budgetrechtes der Eäte sei namentlich darauf hingewiesen, dass sowohl der Bundesbeschluss vom 13. Juni 1928 wie auch, der von uns vorgelegte Beschlussesentwurf lediglich bestimmen, von welchem Betrag an die Vorlage einer besonderen; Botschaft erforderlich ist. Es handelt sich also vielmehr um eine Formvorschrift über die Bereitstellung der Kredite als um eine Erhöhung der Ausgabenkompetenz des Bundesrates.

Ohne besondere Vollmachten kann der Bundesrat grundsätzlich nur über die Kredite verfügen, die ihm mit dem Voranschlag und den Nachtragskrediten gewährt worden sind. Eine von dieser allgemeinen Begel abweichende Kompetenz für besondere Sachgebiete, wie etwa den Kauf von Grundstücken oder die Erstellung von Bauten, besteht nicht. In der Praxis hat sich allerdings eine Vorschussgewährung auf noch nicht bewilligte Nachtragskredite eingebürgert. Dieses Verfahren drängt sich insbesondere beim Kauf von Liegenschaften öfters auf, weil dem Verkäufer nicht zugemutet werden kann, abzuwarten, ob die Bundesversammlung .den notwendigen Budget- oder Nachtragskredit gewährt. Für den Fall, dass der Ankauf einer Liegenschaft oder die Vornahme von Bauarbeiten so dringlich ist, dass damit bis zur Bewilligung der Nachtragskredite nicht ohne grössere Nachteile zugewartet werden kann, soll die vorschussweise Kreditbereitstellung auch im Eahmen der auf 400 000 Franken erhöhten Kostengrenze weiterhin vorbehalten bleiben. Für weitergehende Kredite werden wir es uns angelegen sein lassen, wie bis dahin die Finanz délégation der eidgenössischen Eäte vor der Gewährung des Vorschusses zu begrüssen.

II.

.

In diesem Zusammenhang erlauben wir uns, Ihnen eine zweite, ähnliche Abänderung der Bundesgesetzgebung zu beantragen. Sie betrifft Art. 10, Abs. 2, des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1877/8. Oktober 1920 über die Wasserbaupolizei. Seine heutige Fassung lautet wie folgt: Über Beiträge, welche für ein und dasselbe Werk die Summe von 200 000 Pranken überschreiten, entscheidet die Bundesversammlung durch besondere Beschlüsse.

Bis zum Jahre 1920 waren Beiträge über 50 000 Franken für ein und dasselbe Korrektions- oder Verbauungswerk der besonderen Beschlussfassung der Bundesversammlung unterstellt. In seiner Botschaft vom 25. Mai 1920 wies der Bundesrat darauf hin, dass sich die Kosten der öffentlichen Bauten seit 1877 mehr als verdreifacht haben, und die Bundesversammlung stimmte am 8. Oktober desselben Jahres einem Bundesgesetz zu, durch das die Grenze von 50 000 auf 200 000 Franken erhöht wurde.

Heute besteht wieder eine ähnliche Sachlage wie damals, so dass es sich empfiehlt, die Begrenzung neuerdings zu ändern. Nachdem bis dahin für die Behandlung von Beiträgen gestützt auf das Wasserbaupolizeigesetz die gleiche Wertgrenze bestand wie für die Liegenschaftskäufe, liegt es nahe, diese Gleichstellung beizubehalten. Demzufolge beantragen wir Ihnen, auch Art. 10, Abs. 2,

995 des Wasserbaupolizeigesetzes vom 22. Juni 1877/8. Oktober 1920 im Sinne einer Erhöhung auf 400 000 Franken abzuändern.

Die Interpellation Moine hat nur die Liegenschaftskäufe und Baukredite im Auge, aber die Sachlage ist bei den Beiträgen nach dem Wasserbaupolizeigesetz ganz ähnlich, nur handelt es sich hier um eine tatsächliche Kompetenz des Bundesrates. Da die eidgenössischen Räte die grundlegenden Bestimmungen über die Ausrichtung der Bundesbeiträge in Form des Gesetzes beschlossen haben und jedes Jahr die für. diesen Zweck verfügbaren Kredite bestimmen, könnte man sich fragen, ob sie es dem Bundesrat inskünftig nicht überlassen sollten, alle Beiträge dieser Art zuzusprechen. Um keine grundsätzlich neuen Wege einzuschlagen, haben wir uns auch hier auf die zeitbedingte Anpassung beschränkt. Es soll lediglich verhütet werden, dass die eidgenössischen Bäte zu oft mit Geschäften in Anspruch genommen werden müssen, die ihrer Bedeutung nach unter den heutigen Verhältnissen nicht mehr das ganze Parlament belasten sollten. Erfolgte nicht eine Anpassung in dem von uns beantragten Sinne, so müssteu die eidgenössischen Bäte sich inskünftig mit Geschäften befassen, die vor dem Kriege ihrer Geringfügigkeit wegen ihrem Entscheid entzogen waren. Seit dem Inkrafttreten der im Jahre 1920 abgeänderten Bestimmung hat sich der Bundesrat 45 mal veranlasst gesehen, mit Botschaften an die eidgenössischen Bäte zu gelangen. In einem Drittel dieser Fälle lag der zu bewilligende Bundesbeitrag unter 400 000 Franken. Oft hat sich die Vorlage einer besonderen Botschaft bis jetzt darum erübrigt, weil die Projekte aus technischen Gründen nur etappenweise vorbereitet werden konnten, so dass die für einmal zu bewilligenden Beiträge unter 200 000 Franken blieben.

Den eidgenössischen Bäten bleibt also auch bei Annahme unseres Antrages noch ein weitgehendes Mitspracherecht in der Zusprechung von Bundesbeiträgen gestützt auf das Wasserbaupolizeigesetz gewahrt.

Der Umstand, dass es sich bei den Krediten für Liegenschaftskäufe und Bauten um einen Bundesbeschluss, bei den Beiträgen für ' Korrektionen und Verbauungswerke dagegen um ein Bundesgesetz handelt, soll die gleichzeitige Erledigung nicht hindern. Es mag auf den ersten Blick überraschen, dass für die Erhöhung von 200 000 auf 400 000 Franken im einen Fall ein einfacher Bundesbeschluss, im andern aber ein Bundesgesetz vorgeschlagen wird, das dem fakultativen Beferendum zu unterstellen ist. Der Unterschied ist aber begründet in der verschiedenen Bechtsnatur der abzuändernden Erlasse.

Wenn Art. 10, Abs. 2, des Wasserbaupolizeigesetzes auch mehr formelle als materielle Bedeutung hat, so kommt für eine Abänderung, wie schon 1920, doch nur ein Bundesgesetz in Frage. Nachdem schliesslich kein zwingender Grund für eine Generalrevision des allerdings schon seit 70 Jahren in Kraft stehenden Wasserbaupolizeigesetzes vorliegt, scheint es uns gegeben, in diesem Zusammenhange lediglich dessen Art. 10, Abs. 2, abzuändern.

996 Gestützt auf diese Darlegungen empfehlen wir Ihnen, die beiliegenden Entwürfe zu einem Bundesbeschluss über die Bereitstellung der Kredite für den Ankauf von Liegenschaften sowie für Neu- und Umbauten, und einem Bundesgesetz über die Abänderung des Bundesgesetzes über die Wasserbaupolizei gutheissen zu wollen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den'12. November 1946.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Kobelt.

Der Vizekanzler: Ch. Oser.

997 (Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die Bereitstellung der Kredite für den Ankauf von Liegenschaften sowie für Neu- und Umbauten.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 12. November 3.946, beschliesst :

Art. 1.

Kreditbegehren für den Ankauf von Liegenschaften sowie für Neu- und Umbauten sind vom Bunderat den eidgenössischen Bäten mit besonderer Botschaft zu unterbreiten, wenn die für den Bund in Aussicht stehenden Gesamtausgaben 400 000 Franken übersteigen. Beträgt die Ausgabe 400 000 Franken oder weniger, so genügt die Einstellung des Kredites in den Voranschlag oder in die Nachtragskreditbegehren.

Art. 2.

Dieser Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft. , Auf den gleichen Zeitpunkt wird der Bundesbeschluss vom 13. Juni 1928 betreffend.die Erhöhung der Kompetenz des Bundesrates für den Ankauf von Liegenschaften oder für Neu- und Umbauten aufgehoben. .

Art. 3.

Der Bundesrat wird mit dem Vollzug dieses Bundesbeschlusses beauftragt.

998 (Entwurf.)

.

·

Bundesgesetz über

die Abänderung des Bundesgesetzes über die Wasserbaupolizei.

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 12. November 1946, beschliesst :

Art. 1.

Art. 10, Abs. 2, des Bundesgesetzes, vom 22. Juni 1877/8. Oktober 1920 über die Wasserbaupolizei wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt : .

. ·.

.

Art. 10, Abs. 2: Über Beiträge,, welche für ein und dasselbe Werk die Summe von 400 000 Franken überschreiten, entscheidet die Bundesversammlung durch besondere Beschlüsse.

Art. 2.

Der Bundesrat setzt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes fest.

2 Er wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Bundesgesetzes zu veranlassen und den Zeitpunkt seines Inkrafttretens festzusetzen.

1

6916

---3S~-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Bereitstellung der Kredite für den Ankauf von Liegenschaften sowie für Neu- und Umbauten und die Abänderung des Bundesgesetzes über die Wasserbaupolizei. (Vom 12. November 1946.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1946

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

24

Cahier Numero Geschäftsnummer

5137

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.11.1946

Date Data Seite

992-998

Page Pagina Ref. No

10 035 693

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.