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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die antidemokratische Tätigkeit von Schweizern und Ausländern im Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen 1939 --1945 (Motion Boerlin).

Dritter Teil.

(Vom 21. Mai 1946.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Der dritte Teil des Berichtes zur Motion Boerlin befasst sich mit den kommunistischen Umtrieben in der Schweiz. Dieser Teil unserer Berichterstattung kann kürzer gehalten sein als die Darstellung der nationalsozialistischen Bewegung, da der Bundesrat und die eidgenössischen Räte sich schon oft über die kommunistische Gefahr ausgesprochen und da .die Gerichtsverhandlungen sich immer in aller . Offentlichkeit abgespielt haben. Über die kommunistische Gefahr wurde namentlich gesprochen: bei der Beratung der drei Staatsschutzgesetze, nämlich des Bundesgesetzes vom 31. Januar 1922 betreffend Abänderung des Bundesstrafrechts in bezug auf Verbrechen gegen die verfassungsmässige Ordnung und die innere Sicherheit etc., des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1933 über den Schutz der öffentlichen Ordnung und des Entwurfes vom 7. Dezember 1936 zu einem Bundesbeschluss über den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Vgl. namentlich die Botschaft zum letztgenannten Entwurfe, Bundesbl. 1936 n 393, Sten. Bull.

1937, St.-R. 55 f. Diskussionen über die kommunistischen Umtriebe fanden ferner statt bei der Beratung des Geschäftsberichtes des Bundesrates ÇBundesanwaltschaft) für 1920 (Bundesbl. 1921 n 381), bei der Behandlung von Motionen betreffend Wiederaufnahme der Beziehungen zu Eussland (Sten.

Bull. Nat.-R. 1936, 1033 f.) und bei der Genehmigung der gestützt auf die ausserordentlichen Vollmachten erlassenen Bundesratsbeschlüsse vom 4. Dezember 1939 betreffend das Verbot der staatsgefährlichen Propaganda in der Armee (2. Vollmachtenbericht vom 10. Mai 1940, Sten. Bull. 1940, Nat.-R. 594, St.-R. 317), vom 6. August 1940 betreffend Massnahmen gegen die kommuni-

·213 «tische und anarchistische Tätigkeit (3. Vollmachtenbericht vom 19.: November 1940, Sten. Bull. 1940.. Nat,-E, 637, St.-E. 441), vom 26. .November 1941 betreffend die Auflösung der Kommunistischen Partei der Schweiz und den Ausfiihrungsbeschluss vom 17. Dezember 1940 (4. Vollmachtenbericht: vom 21. Mai 1941, Sten. Bull. Nat.-E. 1941,171 f.) und vom 4. August 1942 über Straf-' und Verfahrensbestimmungen (Sten. Bull. Nat.-E. 1942^ 281 f.). Über die linksextremistischen Umtriebe wurde im weitern gesprochen bei der Genehmigung- der Änderung der Verfassung des Kantons Genf, bei der Petition Nicole auf Aufhebung des Verbotes der Fédération socialiste suisse; (Sten. Bull. Nat.-E.

1943, l f., St.-E. 141), bei der Petition Miville betreffend Amnestie Hofmaiers {Septembersession 1943), beim Postulat Z-illweger betreffend Aufhebung der Parteiverbote (Sten. Bull. Nat.-E. 1944, 163 f.) und endlich bei .der Diskussion über die Aufhebung der Parteiverbote (12. Vollmachtenbericht vom 27. Aprii 1945).

Das Bundesgericht (Staatsgerichtshof) erklärte die Kommunistische Partei der Schweiz als einen staatsgefährlichen Verein im Sinne des Art. 56 BV, weil sie den gewaltsamen Umsturz der gesellschaftlichen Ordnung bezweckt, von der Kommunistischen Internationalen abhängig und verpflichtet ist, die Sowjetunion im Frieden und im Krieg zu unterstützen, und weil sie ihr Ziel auf gewaltsamem Wege, durch die Diktatur des Proletariates erreichen will.

Das Gericht erklärt, dass eine Partei, die derart mit einer ausländischen Macht verhängt ist, nicht nur eine Gefahr für die verfassungsmässige Ordnung und die demokratischen Einrichtungen, sondern auch für die äussere Sicherheit und die Neutralität ist. Vgl. BGE 6l1 264: 631 281. Zu grundsätzlichen Fragen haben ferner Stellung genommen: der Kassationshof des Bundesgerichts in Sachen Singer und .Konsorten, vom 20. November 1942 (BGE 68* 145), das Bundes Strafgericht in den Strafsachen Hof maier, Nicole und Konsorten, vom 1. Februar 1943, und in Sachen Seiler und Konsorten, vom 18. März 1943 (BGE 69* 12 f.: 30 f.), das Militärkassationsgericht in Sachen Nelz und Konsorten, vom 19. September 1942, und in Sachen Teutschmann, vom 13. März 1943 (Nrn. 69 und 98 der Entscheidungen des Militärkassationsgerichtes, 4. Band), und kantonale Gerichte, z. B. das Obergericht des Kantons
Zürich in Sachen Humbert-Droz, vom 29. Januar 1942, in Sachen Anderfuhren, vom 2 . Juni 1943.

' · · . . . · Die Gefährlichkeit der kommunistischen Bewegung vor und während des 2. Weltkrieges bestand hauptsächlich darin, dass sie die alten revolutionären Parolen der Kommimistisehen Internationalen wie die Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg und die Aufrichtung der Diktatur des Proletariates übernahm und hiefür gemäss den Beschlüssen des VII. Weltkongresses eine umfangreiche, systematische Propaganda betrieb. Vor dem Kriege begnügte sich der Bundesrat mit administrativen Massnahmen (Aus-.

Weisungen, Beschlagnahmungen,^ Verbot der Schulungskurse etc.). Als sich nach Beginn des Krieges die kommunistische Propaganda verstärkte und in die Armee getragen wurde, erliess er zunächst das Verbot der staatsgefährlichen Bundesblatt. 98. Jahrg. Bd. II.

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15

214 Propaganda in der Armee, vom 4. Dezember 1939, und später gestützt auf die im Parlament geäusserten Wünsche den Beschluss vorn 6. August 1940 über Massnahrnen gegen die kommunistische und anarchistische Tätigkeit, der durch den Beschluss vom 26. November 1940 betreffend die Auflösung der Kommunistischen Partei der Schweiz ergänzt wurde. Die Übernahme ausländischer revolutionärer Kampfmethoden zur Eroberung der politischen Macht konnte in der schweren Kriegszeit mit den aussenpolitischen Gefahren nicht zugelassen werden.

, Im nachfolgenden werden wir im einzelnen über die Zusammenhänge zwischen der Kommunistischen Internationalen und der schweizerischen Bewegung und über die kommunistischen Umtriebe vor und während des Krieges berichten.

D r i t t e r Teil.

A. Die Vorkriegsjahre.

I. Die Kommunistische Partei der Schweiz und die Kommunistische Internationale, 1. Unter den linksextremen Organisationen spielte in der Schweiz die Kommunistische Partei der Schweiz (KPS) die grösste Eolle. Diese Partei war unserem demokratischen Staat vornehmlich aus folgenden 3 Gründen gefährlich: a. Die KPS erstrebte als politisches Endziel die D i k t a t u r des Proletariats ; o. dieses Ziel sollte auf gewaltsamem, d. h. revolutionärem Wege verwirklicht werden; c. die Partei war organisatorisch an ausländische Stellen gebunden.

Dieser dritte Punkt sei zur Einführung in den Aufbau der kommunistischen Weltorganisation vorweggenommen.

2. Die KPS war, wie alle übrigen koniniunistischen Landesparteien, eine Sektion der Kommunistischen I n t e r n a t i o n a l e (Komintern -- KI) oder auch 3. Internationale genannt.

Oberstes Organ der KI waren die Weltkongresse, deren letzter (VII.)

vom 25. Juli bis 31. August 1935 in Moskau tagte. ; Die KPS war vertreten durch Bodenmann, Müller und Panetti.

Höchstes ausführendes Organ der KI war das Exekutivkomitee der Kommunistischen I n t e r n a t i o n a l e (EKKI), das seinen Sitz in Moskau hatte. Letzter Generalsekretär des EKKI war bis zur Auflösung der KI im Jahre 1943 der aus dem Beichstagsbrandprozess bekannte Bulgare Dimitroff.

Das EKKI hatte nach den Statuten der KI eine fast unbeschränkte Macht über die einzelnen kommunistischen Landesparteien. Schon deren Namen war in § 2 des internationalen Statuts vorgeschrieben und hatte zu lauten :

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«Kommunistische Partei (Landesbezeichnung), Sektion der Kommunisti: schen Internationale»).

Dementsprechend lautete Art. l der Statuten der KPS: : «Die Kommunistische Partei der Schweiz (KPS) ist eine Sektion der KommuT nistischen Internationale und heisst: Kommunistische Partei der Schweiz, Sektion der Kommunistischen Internationale.»

Die Beschlüsse des EKKI waren für alle Sektionen der KI verbindlich.

Die Statuten der KPS bestimmten deshalb in Art. 6, lit. c: , «Bindende Anerkennung der Beschlüsse höherer Parteiorgane durch die unteren, strenge Disziplin und schnelle und genaue Durchführung der Beschlüsse des EKKI»;

Das EKKI konnte aber auch unmittelbar auf : die Sektionen der KI; d. h. die kommunistischen Landesparteien, einwirken. Die Funktionäre dieser Parteien waren nicht nur ihren eigenen Parteiorganen verantwortlich, sondern nach § 14 des internationalen Statuts auch dem EKKI. Das EKKI hatte nach der gleichen Bestimmung das Eecht, Beschlüsse der Landesparteitage zu annullieren oder abzuändern, ja sogar neue Beschlüsse für die betreffenden Sektionen verbindlich zu fassen. Auch die Programme der kommunistischen Landesparteien mussten nach § 16 des internationalen Statuts vom EKKI : genehmigt werden.

· j :· Bei einem im Jahre 1936 aus Russland kommenden Funktionär der KPS wurden u. a. zwei Besolutionsentwürfe für den VI. Parteitag der KPS gefunden.

' ·'V Selbst der Parteitag der KPS durfte nur im Einverständnis mit dem EKKI einberufen werden, was sich aus der nachstehenden Bestimmung von Art. 30 der Parteistatuten ergab: ;
Die unmittelbarste Einwirkung des EKKI auf die kommunistischen Landesparteien war auf Grund vpn § 22 des internationalen Statuts möglich, der folgendermassen lautete : «Le C. E. de l'I. C. et son Présidium ont le droit d'envoyer leurs représentants dans les sections de l'Internationale communiste. Ces représentants reçoivent les instructions du C. E. de l'I. C. et sont responsables devant lui de leur: activité. Ils ont le droit d'assister à toutes les réunions et séances des organismes centraux et des organisations locales des sections auxquelles ils sont affectés. Us remplissent leur mission dans leur contact le plus étroit avec le Comité central de: la section intéressée.

Mais dans certains cas leurs interventions dans les congrès, les conférences et les réunions des sections peuvent être dirigées contre ce Comité central, si sa ligne politique n'est pas conforme aux directives du C. E. de l'I. C. Les représentants ont, en particulier,, pour fonction de veiller à l'exécution des décisions des congrès et du Comité exécutif de l'Internationale communiste.

; Le Comité exécutif et son Présidium ont aussi le droit d'envoyer des instructeurs dans les, diverses sections de l'Internationale communiste. Les droits et les devoirs des instructions sont fixés par le C.:E. de l'I. C. devant lequel ils sont responsables de leur travail.» , , :

216 3. Die Kommunisten aller Länder gaben sich besonders nach dem VII.

Weltkoiigress als militante Verteidiger der Demokratie aus. Wie jedoch aus zahlreichen an diesem Kongress gehaltenen Eeden und den dort gefassten Resolutionen hervorging, hielt die KI nach wie vor am Endziel der Errichtung der Diktatur des Proletariats auf revolutionärem Wege fest. Es genügt hier der Hinweis, dass der VII. Weltkongress die vom II. Kongress im Jahre 1920 angenommenen «21 Aufnahmebedingungen der KI» durch 5 neue ersetzte, von denen die dritte folgenden Wortlaut hatte: «Anerkennung der Notwendigkeit des revolutionären Sturzes der Herrschaft der Bourgeoisie und der Aufrichtung der Diktatur des Proletariats in der Form von Sowjets.» 4. Über die Mittel zur Verwirklichung dieses Zweckes fasste der VII. Weltkongress eine grössere Zahl verbindlicher Weisungen, von denen hier nur die wesentlichsten erwähnt seien: a. Das EKKI wird aufgefordert, «den kommunistischen Parteien in ihrem, ideologischen Kampf mit den politischen Gegnern wirksame Hilfe zu erweisen. » Der damalige Nationalrat Bodenmann erklärte als Delegierter der KPS am VIT. Weltkongress: «Mit aktiver und-kameradschaftlicher Hilfe der Exekutive der Kommunistischen Internationale gelang es, diese Schwierigkeiten (Unterdrückung jeder Partei-Opposition) zu überwinden und eine feste proletarische Führung heranzubilden.» Die internationale Kontrollkommission (IKK) wies am erwähnten Kongress für die Jahre 1928--1934 u. a. folgende Ausgabeposten in amerikanischen Dollars nach: «Zuwendungen an Parteizeitungen, Verlage und Ausgaben für Kultur- und Bildungszwecke 3966209,72 Abkommandierungen 325559,98» l. Das EKKI wird in einer Besohltion aufgefordert, «systematisch mitzuhelfen an der Schaffung und Schulung von Kaders sowie wahrhaft bolschewistischer Führung in den kommunistischen Parteien, damit die Parteien imstande sind, auf der Grundlage der Beschlüsse der Kongresse der Komintern und der Plenartagungen des EKKI bei jähen Wendungen der Ereignisse rasch und selbständig die richtige Lösung der politischen und taktischen Aufgaben der kommunistischen Bewegung zu finden.» Dimitroff bezeichnet es als besonders notwendig, den kommunistischen Kaders eine «systematische Hilfe» zukommen zu lassen. Es müsse verstanden werden, «Kaders rechtzeitig zurückzuziehen, sie durch neue
abzulösen, wenn es die Umstände erfordern. Wir müssen besonders in den illegalen Parteien strengste Verantwortung der Leitungen für die Erhaltung der Kader fordern. Die richtige Erhaltung der Kader setzt auch die ernsthafteste Organisierung der Konspiration in der Partei voraus.» c. Besonderes Gewicht legte das EKKI auf die Erhaltung eines neben dem legal bestehenden illegalen Parteiapparates in den Sektionen der KI.

Diese Pflicht wird in folgendem § 36 des internationalen Statuts begründet:

217 «Les Partis communistes doivent être prêts à passer dans l'illégalité; le G. E.

de l'I. C. doit les aider à sy préparer.» d. Früher lehnte es die KI ah, mit andern politischen Organisationen ein Bündnis irgendwelcher Art abzuschliessen. Im Jahre 1925 bot die KP der SP ein Wahlbündnis für die:Wahlen in den Kleinen Stadtrat von Zürich an. Dieses Vorgehen der KP wurde vom EKKI missbilligt, wie der nachstehend gekürzt wiedergegebene Brief beweist , «Exekutive der Kommunistischen Internationale.

: : Moskau, den '3. März 1925.

An die Zentrale der K. P. der Schweiz.

Werte Genossen !

Im Protokoll der Sitzung der Zentrale der K. P. Schweiz vom 7. und 8. Februar 1925 findet sich ein Beschluss über Wahlen in den Kleinen Stadtrat Züricli, in welchem ein weitgehendes Wahlbündnis mit der sozialdemokratischen Partei festgelegt ist.

. . . Wir fordern Euch daher auf, in .Zukunft derartige Bündnisangebote nicht wieder zu stellen und die Zürcher Organisation anzuweisen, auf keinen Fall im zweiten Wahlgang die sozialdemokratische Partei zu unterstützen.

Mit kommunistischem Gruss, Sekretariat des EKKI : Stempel: Komm. Intern. EKKI. , gez. Kuusinen» Dei" VII. Weltkongress brachte hierin grundlegende Änderungen. Die neuen Losungen lauteten auf Eingehen von Aktionseinheiten und die Bildung von Einheits- und Volksfronten.: In einer Resolution des VII. Weltkongresses wird den Sektionen der KI vorgeschlagen, .

« . . . im Prozess des Kampfes um die Einheitsfront des Proletariats und die Volksfront aller Werktätigen gegen Kapitaloffensive des Faschismus und die Gefahr eines neuen Krieges ihre Aufmerksamkeit auf die weitere Festigung ihrer Reihen und die Gewinnung der Mehrheit der Arbeiterklasse für den Kommunismus zu konzentrieren... Die Verbindungen mit der Arbeiterklasse zu erweitern, das Vertrauen der Millionen von Werktätigen zu gewinnen, die Sektionen der Komintern in Massenparteien zu verwandeln, die Mehrheit der Arbeiterklasse unter dem Einfluss der kommunistischen Parteien zu bringen und auf diese Weise die Bedingungen zu schaffen, die für die proletarische Revolution notwendig sind.» Insbesondere wurde die Einheit bei der Jugend und für die Gewerkschaften erstrebt.

, Der VI. Weltkongress der. Kommunistischen Jugend-Internationale (K JI), welcher nach dem VII. Weltkongress der KI tagte, stellte als neue
Eichtlinie fest, die kommunistischen Jugendverbände in überparteiliche Massenorganisationen umzuwandeln. Diese Eichtlinie war veranlagst durch folgende Besolution des VII. Weltkongresses : ; «Der siebente Weltkongress der Komintern fordert das EKKI und das EK und KJI auf, wirksame Massnahmen zur Überwindung der sektiererischen Abkapselung einer Reihe von KJV-Orga,nisationen zu treffen und die KJV-Mitglieder zu verpflichten, allen von bürgerlich-demokratischen, reformistischen und faschistischen Parteien sowie den religiösen Vereinigungen geschaffene Massenorganisationen der v/erktätigen Jugend (Gewerkschaften, Kultur- und Sportorganisationen), beizutreten

218 und in diesen Organisationen systematisch um Einfluss auf die breiten Jugendmasseii zu kämpfen und zu diesem Zweck auf die Herstellung einer breiten Einheitsfront aller nichtfaschistischen Massenorganisationen der Jugend hinzuarbeiten.» Auch die Gewerkschaftseinheit sollte mit allen Mitteln hergestellt werden.

Die Verwirklichung dieses Zieles wurde insbesondere durch die Intensivierung der sogenannten Fraktionsarbeit innerhalb der Gewerkschaften versucht.

Schon § 6 des internationalen Statuts schreibt vor : «Dans toutes les organisations hors du Parti et groupant des masses d'ouvriers et de paysans (syndicats, coopératives, sociétés sportives, associations des anciens combattants) dans leurs organismes dirigeants, leurs congrès et conférences ainsi que dans les conseils municipaux, les Parlements, etc., une fraction communiste doit être organisée -- s'il y a au moins deux membres du Parti -- dans le but d'étendre l'influence du Parti et d'appliquer sa politique dans ces organisations et institutions.» Dimitroff bemerkte hiezu am VII. Weltkongress : «Darum besteht die Hauptaufgabe der kommunistischen Parteien des Westens im gegenwärtigen Moment darin, die Kampagne für die Einheit der Gewerkschaftsbewegung weiter zu entwickeln und zu Ende zu führen, dass alle Kommunisten ausnahmslos in die Gewerkschaften eintreten, dort eine systematische, geduldige Arbeit im Interesse des Zusammenschlusses der Arbeiterklasse gegen das Kapital leisten und dadurch erreichen, dass die kommunistischen Parteien sich auf die Gewerkschaften stützen können . . .

In dem Masse, wie die Bewegung wächst, und die Einheit der Arbeiterklasse sich verstärkt, müssen wir weitergehen und den Übergang von der Verteidigung zum Angriff gegen das Kapital vorbereiten und auf die Organisierung des politischen Massenstreiks hinsteuern.» Die deutschen Gewerkschaften verlangten seinerzeit von den Kommunisten die Unterzeichnung eines Eeverses. Hiezu wurde seitens des EKKI am VII.

Weltkongress folgendes bemerkt: «Die kommunistische Partei Deutschland schlug gegen diese Massnahmen eine durchaus richtige Kampftaktik ein. als sie ihren Anhängern empfahl, die ihnen von den reformistischen Gewerkschaftsführern vorgelegten Reverse über die Unterordnung unter die Gewerkschaftsdisziplin zu unterschreiben, um sich dadurch die Möglichkeit des
weitern Verbleibens in den Gewerkschaften zu erhalten.» Für die Auswirkungen der kommunistischen Fraktionstätigkeit in der Schweiz sei auf die Broschüre des schweizerischen Gewerkschaftsbundes: «Die Wahrheit über die Taktik der Kommunisten -- Dokumente über die ,Einheitsfront'-Manöver», Bern, 1936. hingewiesen. , e. Wie verhielt sich die KI zur Frage des Krieges ?

Eine Resolution des VII. Weltkongresses erklärt : «dass im Falle eines konterrevolutionären Krieges gegen die Sowjetunion die Kommunisten alle Werktätigen aufrufen sollen, mit allen Mitteln und um jeden Preis den Sieg der Boten Armee über die Armeen der Imperialisten herbeiführen zu helfen.» Seitens des EKKI wurde im Kongress gesagt: «Jetzt bestimmen die Interessen der Verteidigung der Sowjetunion die Hauptlinie des Weltproletariats gegenüber dem Krieg, ·während 1914 die besten proletarischen Revolutionäre den Standpunkt der Niederlage der eigenen imperialistischen Regierung im Kriege vertraten.» Die Notwendigkeit der Umwandlung des «imperialistischen Krieges» in den Bürgerkrieg wurde im Weltkongress stets vertreten:

219 « . . . wir werden an der Spitze der Massen mit allen Kräften für die Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg gegen die Bourgeoisie kämpfen, ·wir werden kämpfen .für die Revolution und für die Eroberung der Macht . ....» Zur Erreichung dieses Zieles wurden die Kommunisten am ' VII. Weltkongress aufgefordert, in die Armeen einzutreten: ' «Wir müssen in ; ihnen arbeiten,... In der Armee ein Gegengewicht gegen den Paschismus zu schaffen, ist die beste Voraussetzung zur praktischen Durchführung; der bolschewistischen Linie im Augenblick des Kriegsausbruchs; die'Kommunisten dürfen in diesem Augenblick die Massen nicht zum Boykott oder zur Kriegsdienstverweigerung aufrufen, sondern sie müssen in die Armee gehen und das Schwergewicht ihrer Arbeit dorthin verlegen.» /. Am VII. Weltkongress wurde eine leichtere und verständlichere kommunistische Propaganda verlangt; Die «Zeitschrift des EKEI», 1936 -- Heft 5, enthält folgende Angaben über das Wesen und die Durchführung der Agitation and Propaganda (Agitprop.) : «Wir werden in der Agitation das Nächstliegende, mit Erregungsstoff geladene, den Massen unmittelbar Einleuchtende herausgreifen, den Hungertod eines Arbeitslosen, einen Korruptionsfall, das Bluturteil eines Klassengerichtes usw., werden uns darauf konzentrieren und bewusst eine Reihe von anderen, weniger empörenden Ereignissen: vernachlässigen. Gleichzeitig aber werden wir in der Propaganda zeigen, dass der Hungertod des Arbeitslosen usw. nicht ein zufälliges Ereignis ist, sondern ein Symptom des Kapitalismus, dass wir die endlose Wiederkehr solcher Ereignisse nur durch den Sturz des Kapitalismus, durch den Aufbau des Sozialismus verhindern können.. .

In bestimmten Augenblicken kann eine scheinbare Nebenfrage-- ein Skandalprozess, eine Fahnenfrage, eine Filmvorführung usw. -- die Massen unmittelbarer; erregen als ein neuer Getreidezoll. Zu dem, was die Menschen augenblicklich bewegt, erregt, beunruhigt, müssen wir augenblicklich Stellung nehmen, auch auf die Gefahr hin, dass diese rasche Stellungnahme mitunter nicht hundertprozentig richtig ist.» Die Zeitschrift fordert eine qualitative und quantitative Verstärkung der Propaganda, um dem Gegner «eine Armee, von Büchern, Broschüren, Zeitschriften entgegenzuwerfen. Propaganda für die Sowjetunion -- aber neue, lebendige
Propaganda!» i Am VII. Weltkongress wurde gefordert, ' « . . . alles zu tun, um vor den werktätigen Massen die Vergangenheit ihres eigenen Volkes historisch richtig im wahren Geiste Lenins-Stalins zu beleuchten und ihren^ gegenwärtigen Kampf mit den revolutionären Traditionen der Vergangenheit zu verknüpfen.» , .

. : , ; 5. Die vorangegangenen Ausführungen sollen zeigen, dass die KP S in weitgehender Abhängigkeit von ausländischen Stellen auf revolutionärem Wege die Diktatur des Proletariats erstrebte; deshalb war es nach Art. 102.

Ziff. 8--10, der Bundesverfassung die Pflicht des Bundesrates, die Tätigkeit dieser Partei zu überwachen und ije nach dem Grade der Gefahr für die innere oder äussere Sicherheit unseres Landes die nötigen Massnahmen zu ergreifen.

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II. Die Tätigkeit der schweizerischen Linksextremisten.

1. Die Umtriebe der Linksextremisten und ihrer Organisationen, zu denen nicht nur die KP, sondern auch die Anarchisten, die Trotzkisten (auch IV. Internationale genannt) sowie die unter der Führung von Nicole stehenden politischen Gruppen in der Westschweiz gehörten, beschäftigten die Behörden seit langer Zeit. Die weiter zurückliegenden Ereignisse können im Bahmen dieses Berichtes nur kurz erwähnt werden: a. Auffallend war in den Jahren 1931--1935 die öftere V e r w e n d u n g von S p r e n g s t o f f e n zu Anschlägen oder zu blossen politischen Demonstrationen. Wir erwähnen hiebei das Auffinden von Sprengstoff im Auto des italienischen Konsuls in Lugano ini Jahre 1981. Im folgenden Jahre wurden Bomben im italienischen Konsulat in Lugano gefunden. Ebenfalls im Jahre 1932'erfolgte der Sprengstoffanschlag auf das italienische Klubhaus in Zürich.

Tm Jahre 1933 wurde auf das Stadthaus in Lausanne und 1935 auf das Wehrmänner-Denkmal in Genf ein Sprengstoffanschlag verübt.

b. Von besonderer Gefahr für die innere Sicherheit des Landes war der A u f r u h r in Genf im Jahre 1932; vgl. Abschnitt B, Ziff. II, 3 / hienach.

Im gleichen Jahre erfolgte der Sturm auf die M i l i t ä r k a s e r n e in Zürich zum Zwecke der Gefangenen-Befreiung.

c. Die linksextremistische Propaganda bildete verschiedentlich Gegenstand parlamentarischer Behandlung. Zu erwähnen ist das Postulat Müller-Grosshöchstetten vom 22. Juni 1933 betreffend die Bekämpfung der GottlosenPropaganda und die Interpellation Vallotton betreffend Hetze gegen die Armee; es kann hiefür auf die vom Bundesrat in der Dezember-Session des Jahres 1934 erfolgte Antwort verwiesen werden.

2. In den Vorkriegsjahren wurde versucht, unser Land mit einer Masse von kommunistischem P r o p a g a n d a m a t e r i a l zu überschwemmen. Zur Hauptsache handelte es sich um gedruckte oder vervielfältigte Schriften, um.

Bücher, Broschüren. Hefte und Flugblätter. Ein grosser Teil dieser Propagandaschriften wurde vorn Ausland eingeführt. Merkwürdigerweise hinderten auch die deutschen nationalsozialistischen Behörden die Durchfuhr des Materials nach unserem Lande nicht.

Viele dieser Schriften waren zum Schmuggel nach Deutschland bestimmt.

Diese trugen öfters nationalsozialistisch getarnte Titel, wie
z. B. «Germanische Bassenlehre», und sie waren vielfach auf dünnstem Papier so klein gedruckt, dass das. Lesen ohne Verwendung einer Lupe kaum möglich war.

Gegen die kommunistische Propagandaliteratur wandte sich zunächst Art. l des Bundesratsbeschlusses vom 3. November 1936 betreffend Massnahmen gegen die kommunistischen Umtriebe in der Schweiz. Die Bundesanwaltschaft wurde mit der Beschlagnahme dieser Schriften beauftragt. Die vorerwähnte Bestimmung wurde ersetzt und teilweise erweitert durch die Art. l und 2 des Bundesratsbeschlusses vom 27. Mai 1938 betreffend Massnahmen gegen staatsgefährliches Propagandamaterial.

221 3. Ein besonderes Propaganda- und Agitationsmittel der KP S war die «Marxistische Arbeiterschule» (MASCH). Es handelte sich um Kurse, zu denen öffentlich eingeladen wurde. Bezweckt war die Gewinnung neuer, Parteimitglieder, die Verbreitung der kommunistischen Theorie sowie des Programms !

und der Taktik ' dieser Partei.

Der Staatsrat des Kantons Waadt verbot diese Kurse gestützt auf die folgende Bestimmung von Art. 8, Abs. 2, der Staatsverfassung: !

«Les assemblées dont le but et les moyens ne sont pas contraires à l'ordre public et aux bonnes moeurs, ne peuvent être ni restreintes, ni interdites.» '.. Ein gegen das Verbot eingereichter staatsrechtlicher Eekurs wurde vom Bundesgericht mit Entscheid vom 20. September 1935 (BGE 61 * 264 ff.)

abgewiesen. Im Urteil wird wesentlich folgendes ausgeführt : «Le Conseil d'Etat s'élève surtout contre la préparation de la révolution au sein de l'armée; il décrit la tactique communiste: Renonçant à l'ancienne méthode de la rébellion ouverte, le communiste ne doit plus refuser de servir mais au contraire s'engager dans l'armée, se montrer, bon soldat, prendre de l'avancement, gagner la confiance de ses frères d'armes et de ses chefs. H devra faire tout son possible pour être incorporée dans les troupes qui utilisent les armes les plus modernes, les plus rapides et les plus meurtrières. Une fois la confiance gagnée, le communiste commencera le travail de désorganisation, n s'efforcera de provoquer dans :: la troupe le mécontentement et de créer un état d'esprit hostile à la discipline et au principe hiérarchique: c'est le défaitisme. Le révolutionnaire formera ensuite des cellules communistes de soldats, dont il se gardera d'être le chef . . . L'action révolutionnaire comprend non seulement la désorganisation de : l'armée, mais aussi l'espionnage et la trahison pour le compte du Komintern. Le but de cet espionnage, c'est de, donner tous les renseignements dont peut avoir besoin le parti communiste ou l'armée russe, qui est son armée; mais en outre il sert aussi à signaler aux communistes de chaque pays les officiers et les hommes qui devront être considérés comme des ennemis au moment voulu, contre lesquels ils devront retourner les armes meurtrières qu'ils auront appris à;manipuler, pour les abattre plus sûrement et plus facilement., ; . » Das Bundesgericht
stellt weiter fest : «On est ainsi en présence d'un travail de sape et de désagrégation interne de l'armée. La discipline, base de l'organisation militaire, doit être ruinée. Au moment, critique, lorsque l'armée devrait rétablir l'ordre à l'intérieur ou protéger le pays contre l'étranger, elle s'y refusera et se fera l'instrument de la révolution. C'est la tactique de la dissimulation et de la trahison. Sous le masque du soldat discipliné, zélé, fidèle, se cache l'ennemi, le saboteur, le traître. . . Sans doute, le recourant n'a pas invité directement ses auditeurs à pratiquer dans l'armée la tactique dont il leur exposait les principes, mais pareille invitation y était implicitement contenue... L'ordre public institué dans le pays exige pour son maintien non seulement qu'on empêche par l'intervention de la police les actes qui troublent la paix et la sécurité publiques (RO 57 1, 272 et suiv. = Pr 21 n° 8), mais également qu'on prévienne la commission d'autres actes illicites ou délictueux. '. . Il saute aux yeux que l'invitation de ruiner la discipline de l'armée présente un danger imminent pour cette institution essentielle de l'Etat et partant pour l'Etat lui-même...» ; .

In Art. 3, Abs. l, des B.undesratsbeschlusses vom 3. November 1936 betreffend Massnahmen gegen die kommunistischen Umtriebe in der Schweiz wurden hierauf Schulungskurse, die der kommunistischen Propaganda und Taktik dienten, allgemein verboten.

222 4. Ein Agitationsmittel von besonderer Bedeutung war die sogenannte F r a k t i o n s t ä t i g k e i t der Kommunisten. Gemäss den am VII. Weltkongress gegebenen Losungen hatten die Kommunisten in alle möglichen Organisationen einzutreten, in ihnen Zellen zu bilden, um sie nach erhaltenen Weisungen kommunistisch zu zersetzen. Interessant sind hiezu die Feststellungen des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, die er in seiner 1936 herausgegebenen Broschüre: «Die Wahrheit über die Taktik der Kommunisten --· Dokumente über die ,,Einheitsfront''-Manöver>> machte. Aus dieser Broschüre geben wir die nachfolgenden 3 Zitate wieder: «Die kommunistischen Parteien haben auch, stets ihre Politik in den Dienst der Politik des russischen Kommunismus stellen müssen, ob das der Arbeiterschaft ihres eigenen Landes dienlich war oder nicht. Noch in keinem einzigen Lande ist von den Kommunisten eine selbständige, den gegebenen Verhältnissen Rechnung tragende Politik geführt worden» (S. 4.).

«Es gibt immer wieder einzelne Kollegen, die meinen, die erwähnten Beschlüsse der Kommunistischen Internationale seien hier nicht massgebend, denn die schweizerischen Kommunisten hätten etwas gelernt aus der Vergangenheit und seien jetzt gewillt, sich in den Kampf für die Erhaltung der Demokratie ohne Hintergedanken einzusetzen. Diese Kollegen vergessen, dass die Anhänger der Einheits- und Volksfront, selbst wenn sie wollten, gar nichts anderes tun dürfen, als die von der RGI und der KI befohlene Spaltungs- und Zerstörungstätigkeit weiterführen. Massgebend für sie sind die Beschlüsse der Internationale, deren Filiale die KP der Schweiz ist. Sobald einzelne Kommunisten anders handeln wollten, so würden sie auf die Seite gestellt und durch zuverlässigere KP-Leute ersetzt.

Dass dem so ist, geht auch unzweideutig hervor aus der Resolution des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Schweiz vom 26. Januar 1936, die wir nachstehend'in ihren wesentlichen Stellen veröffentlichen: Die gegenwärtige Lage der Schweiz stellt die KP vor die dringende Aufgabe, die Einheits- und Volksfrontpolitik des VII. Weltkongresses auf breitester Grundlage anzuwenden.

Das ZK begrüsst deshalb die Beschlüsse des VII. Weltkongresses und verpflichtet die Partei, sie restlos durchzuführen, als die einzige der gegenwärtigen Lage der Schweiz gerecht
werdenden Politik (S. 13.).

Wie es gemeint ist mit der Einheitsfront, wird auch bewiesen durch das Verhalten mancher Kommunisten, die wieder den Gewerkschaften beigetreten sind.

Sofort haben sie wieder Zellen organisiert, um einen Keil in die Organisationen zu treiben. Aus der kommunistischen Presse und aus Zirkularen ist zu ersehen, dass diese Zellen regelmässig zusammenkommen, um die Instruktionen der kommunistischen Parteizentrale für ihre Zellenarbeit entgegenzunehmen» (S. 15.)

5. Für den 17. Juni 1936 war in Genf eine grosse öffentliche Versammlung angekündigt, an der 7 französische Politiker über das Thema «La semaine de 40 heures et les événements de France» sprechen sollten. In einem Aufruf zu dieser Versammlung wurde gesagt, dass die französischen Arbeiter durch einen Gesamtarbeitsvertrag: die 40-Stunden-Woche und bezahlte Ferien erreicht hätten; «Comment y sont-ils parvenus ? C'est ce que les chefs du mouvement syndical français vous expliqueront.» In Frankreich löste zu dieser Zeit ein Streik den andern ab, wobei das von der damaligen französischen Eegierung selbst als ungesetzlich bezeichnete Mittel der F a b r i k b e s e t z u n g e n angewandt worden ist. Die Fabrikbesetzungen

223 gehörten zur kommunistischen Taktik. Einem «Aktionsprogramm», angenommen vom Gründungskongress der, Boten Gewerkschaftsinternationale: Handtuch, verfasst von Sekretär Losowsky (Paris 1923), wird in Kapitel?: «Occupation des fabriques et des usines par les ouvriers» (S. 34--41), Ausgeführt: «Man muss sich in Erinnerung rufen, dass die widerrechtliche Verfügung über die Unternehmungen, in den Fällen, wo sie einen Massencharakter annimmt, rasch das bürgerliche Regime desorganisieren kann; denn es ist dies die verwundbarste Stelle der herrschenden Klasse. .. Die praktischen Beispiele des Angriffs auf das Privateigentum finden ihren höchsten Ausdruck in den Besetzungen der Unternehmungen; sie zerstören im Geist der grossen Massen den religiösen Respekt vor dem Regime des Privateigentums. Wenn sie einen Massencharakter annehmen, stellen sie die höchste Drohung für das bürgerliche Regime dar; deshalb darf die Arbeiterklasse auf die Kampfmethoden unter keinen Umständen verzichten... Es ist dies ein hervorragendes Mittel zur Herbeiführung der sozialen Revolution.» Die Fabrikbesetzung wurde auch in der Schweiz propagiert.

«Lernen wir von Frankreich, wie man's macht. Französisch sprechen mit den Unternehmern, und sie werden recht bald verstellen, was die Stunde geschlagen hat.

. . . Die einfache Grundwahrheit, dass nur der Klassenkampf Erfolge zeitigt, diese einfache, harte Wahrheit wurde wieder einmal erhärtet. Handeln wir danach!», schrieb das damalige kommunistische Presseorgan «Vorwärts» am 27. Juni 1936.

Der Bundesrat verbot gestützt auf Art. 102, Ziff. 10, der, Bimdesverfassung das Auftreten der erwähnten ausländischen Politiker an jener Versammlung.

· . 6. In Zürich befand sich die «Bundschau-Nachrichten-Agentur» (Buna), .eine als! Genossenschaft eingetragene kommunistische Nachrichtenagentur.

Genossenschafter waren, soweit sie überhaupt festgestellt' werden konnten, bekannte schweizerische Kommunisten. Zur Hauptsache bezog die «Buna» ihre Nachrichten von der «Inprekorr» (Internationale Pressekorrespondenz) in Moskau. Die Nachrichten dieser Stelle wurden von der «Buna» wörtlich weitergegeben, und zwar auch solche, deren falscher oder entstellter Inhalt in der Schweiz ohne weiteres erkennbar war; z. B. wurde über den früheren polnischen Staatspräsidenten.u. a. gemeldet,,dass er seit 1908
Schweizerbürger sei, «da er in der Schweiz unbewegliches Eigentum besitzt». In der Schweiz weiss aber jedermann, dass der Besitz : von Grundeigentum noch lange nicht das Schweizerbürgerrecht verleiht.

, Die «Buna» war ferner in enger Verbindung mit anderen verwandten Unternehmen im Ausland. Von einer dieser ausländischen Firmen wurde die Tätigkeit der «Buna» kritisiert, und es wurden ihr auch Weisungen über den Inhalt sowie die Gestaltung der Nachrichten erteilt; hiefür zwei : Beispiele : «13. 10.19S8: . .. Im Dienst Nr. 245 sind wieder Prager Meldungen aus Moskau datiert... Seite 3 schaut abscheulich aus, überhaupt hat die technische Qualität der Arbeit nachgelassen...» \ «22.10. 1938: . . . Ausweisung wegen unerwünschten politischen Umtrieben. -- Abgesehen von zwei Fehlern im Titel ist diese Meldung wertlos. Man muss sagen, dass es sich um einen Nazispion handelte, und der Nachsatz klingt absolut nach SDA. Es kann nicht die Aufgabe der «Runa» sein, die amtliche Depesohenagentur zu kommentieren, Ein Nichtsohweizer muss aus so einer Meldung ersehen können, dass es sich hier um einen Nazispion handelt, dass aber gleichzeitig die Absicht be-

224 steht, diesen Zwischenfall zum Vorwand für Massnahmen gegen antifaschistische Emigranten auszunutzen.»

Zu Beginn des Krieges wurde auf Veranlassung militärischer Stellen bei der «Buna» eine Hausuntersuchung durchgeführt. Aus der mangelhaft geführten Buchhaltung ergab sich, dass der «Buna» aus Abonnenten monatlich Fr. 3427 zuflössen, ungefähr die Hälfte dieses Betrages stammte jedoch aus Moskau und von andern der «Buna» verwandten ausländischen Unternehmen.

Die «Buna» wurde durch Verfügung I des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes vom 27. Januar 1941 betreffend die Auflösung kommunistischer Organisationen verboten.

III. Die Tätigkeit der ausländischen Kommunisten in der Schweiz.

1. Nach der Machtergreifung der NSDAP in Deutschland erfolgte ein Zustrom von Flüchtlingen. Der Bundesratsbeschluss vom 7. April 1933 über die Behandlung der politischen Flüchtlinge regelte die Voraussetzungen und Bedingungen, unter denen Ausländer als politische Flüchtlinge anzuerkennen waren und ihnen Asyl gewährt werden konnte. Eine dieser Bedingungen war nach Art. 2, Abs. 2, das Verbot der Ausübung einer politischen Tätigkeit in der Schweiz. Zahlreiche Ausländer, insbesondere frühere Funktionäre der KP Deutschlands, kamen jedoch illegal in unser Land und hielten sich unangemeldet bei uns auf, wo sie ihre politische Tätigkeit fortsetzten.

Wie die .nachstehende Statistik über die auf Grund von Art. 70 der Bundesverfassung wegen kommunistischer Umtriebe verfügten Ausweisungen zeigt, steigerten sich dieselben bis zum Jahre 1936, um dann dank der verstärkten Abwehr der Behörden bis 1939 wieder abzunehmen: 1931: 1; 1934: 9; 1937: 5; 1932: 4; 1935: 15; 1938: 6; 1933: 4; 1936: 27; 1939: 4.

Mehrere dieser Ausländer legitimierten sich mit gefälschten oder verfälschten schweizerischen Pässen. Bekannt war die Methode, dass ein Schweizerbürger seinen Pass «verlor», der dann vom betreffenden Ausländer «gefunden» oder ihm von einem «Unbekannten» übergeben wurde. Die ursprüngliche Passphoto wurde dann durch diejenige des betreffenden Ausländers ersetzt und darauf folgende Teile von Stempeln mehr oder weniger gut nachgezeichnet.

Daneben wurden auch gefälschte in- oder ausländische Pässe gebraucht, oder entwendete echte Passformulare wurden zur unrechtmässigen Ausstellung von Pässen unter Verwendung gefälschter Stempel benützt.

2. Eine besondere Bolle bei der illegalen Unterbringung fremder Kommunisten und deren Einreihung in die Partei-Arbeit spielte die Bote Hilfe Schweiz (BHS).

225 Diese Organisation war eine Sektion der im Jahre 1922 in Bussland gegründeten «Internationalen Eoten Hilfe» (IBH). Die zentrale Leitung und Kontrolle der einzelnen Landessektionen lag beim Exekutivkomitee der IBH in Moskau. Über den Z\veck der Organisation erklärte Dimitroff am :VII. Weltkongress der KI: '.

«Die Bote Hilfe muss ihre Pflicht in bezug auf die Unterstützung der Kämpfer der proletarischen und antifaschistischen Bewegung und im besondern in bezug auf die physische und moralische Erhaltung der Kader der Arbeiterbewegung noch besser begreifen und erfüllen. Und die an der Organisation der IRH mitarbeitenden Kommunisten und revolutionären Arbeiter /müssen bei jedem Schritte die ungeheure Verantwortung vor der Arbeiterklasse und vor der Kommunistischen Internationale fühlen, die sie für die erfolgreiche Erfüllung der Rolle und der Aufgaben der IRH tragen. » Im Jahre 1936 wurde bei einem ausländischen Kommunisten die nachstehend auszugsweise wiedergegebenen Briefe gefunden, welche vom damaligen Leiter der BHS als ihr Eigentum anerkannt worden sind. Daraus ergeben sich die Bichtlinien und Weisungen, nach denen die BHS zu handeln hatte.

Der erste Brief ist datiert mit 22. April 1935 und stammt sehr wahrscheinlich aus Moskau: «Die politische Emigration nimmt von Tag zu Tag mehr einen Massencharakter an. Die aktive Beteiligung der Emigranten an den ökonomischen und ! politischen Kämpfen der Arbeiter der Zufluchtsiänder auf der Grundlage einer Aktionseinheitsfront macht immer breitere Schichten der Wirtschaftsemigration zu ;politischen Emigranten.

Die politische Arbeit unter den Emigranten ist ungenügend entwickelt. . . Fast überall werden die Regeln der Konspiration schlecht beachtet. Man richtet sich nicht nach den Beschlüssen des Weltkongresses, wer als politischer Emigrant anzusehen ist. Ein grosser Teil der Emigranten, die nach der UdSSR kommen, entsprechen nicht den hiefür erforderlichen Bedingungen. Es wird keine fortlaufende politische Arbeit geleistet, keine Massenmobilisierung zum Kampfe für die Rechte der politischen Emigranten durchgeführt. Das Fehlen einer politischen Erziehungsarbeit unter den Emigranten führt zur Demoralisierung und Zersetzung. Es muss noch unterstrichen werden, dass mit wenigen Ausnahmen nicht mit genügendem ; Nachdruck (durch Strassenkundgebungen vor
Botschaften usw.) gekämpft wurde, um die Regierung zum Rückzug zu zwingen, obgleich einige Beispiele zeigen, dass es möglich ist, in ·solchen Fällen Siege davonzutragen .i . . Gegenwärtig haben die Sektionen der Einwanderungsländer folgende Hauptaufgaben: a. Führung einer breiten Kampagne, um für die politischen Emigranten das Asylrecht und das Recht auf Arbeit durchzusetzen; b. Organisierung der materiellen Hilfe für die Emigranten und ihre Familien; c. Durchführung einer politischen Emigration; . !'

d. Kontrolle der Emigration und Kampf gegen Spitzelei und Provokation.. .

Was die politische Erziehungsarbeit imter den Emigranten betrifft, die von ganz besonderer Wichtigkeit ist, so müssen spezielle Kaders hiefiir geschaffen und fähige Genossen beauftragt werden, sie zu führen und Kurse einzurichten . .. Die RH-Sektionen müssen die Provokateure und Spitzel in aller Öffentlichkeit entlarven, melden, wenn ein Politemigrant in ein anderes Land fährt, ihren unteren Organen ausführliche Instruktionen über die Arbeit unter den Emigranten geben. . .

In der Schweiz hat die RH-Sektion eine gute Kampagne für Heinz Neumann durchgeführt. Sie hat in Zürich, Basel und Genf intellektuelle Komitees geschaffen und führt eine politische Arbeit unter den Emigranten durch. Die materielle Hilfe ist gut, ebenso die zur Unterbringung der Emigranten ergriffenen Massnahmen.»

226 Der im vorstehenden Brief erwähnte Heinz Neumann, Deutscher, war Funktionär der KPD und der KI. Als solcher hielt er sich in verschiedenen Ländern Europas und Asiens auf. In Deutschland war er 1922 Führer der Revolutionären Arbeiter-Union» und später der «Ultra-radikalen 'revolutionären Arbeiter-Union» (URA). Neumann wurde zur Zeit der Weimarer Republik in Deutschland verschiedentlich wegen revolutionärer Umtriebe verfolgt.

Er kam im Januar 1934 illegal in die Schweiz und war im Besitz eines auf den Namen Karl Bieler lautenden tschechischen Passes. In .Zürich war er unter dem Namen «Octavio» Mitglied der KP Zürich. Die deutschen Behörden stellten im Januar 1935 ein Auslieferungsbegehren wegen Mordes an einem Polizeioffizier, das jedoch abgelehnt wurde. Neumann wurde eine Zeitlang in der Schweiz interniert.

'.

' Der zweite Brief, mit Datum vom 22. Februar 1936, stammt aus Moskau und wurde an die EHS adressiert: «Während der Dauer der WH-Kampagne haben auch eine Keihe konkreter Vorgänge in der Schweiz Euch die Möglichkeiten aufgezeigt, auf welchem Wege, mit welchen Methoden man neue Kreise, neue Schichten erfassen kann. Wir meinen hier die Asylrechts-Kampagne (Lausanner Konferenz), die öffentlichen Veranstaltungen bürgerlicher und pazifistischer Kreise gegen die faschistische Kulturbarbarei, die Einheitskundgebungen und Demonstrationen der Sozialdemokraten mit den Kommunisten und Gewerkschaftlern. .. . Der 18. März als Internationaler Tag der IRH und jetzt besonders der einheitlichen internationalen Solidarität aller antifaschistischen Organisationen wird von Euch bestimmt ausgenützt werden, dass unter Eurer Führung nicht nur grosse Massenkundgebungen stattfinden werden, sondern auch neue Schichten und Organisationen und : human denkende Persönlichkeiten mit herangezogen werden. Diesen Tag kann man in der Hauptsache durchführen als Kampftag für die Amnestie in den Ländern des Faschismus, wobei Ihr Eure eingekerkerten Genossen Hirt, Kehrli, Wasem besonders erwähnen und all die Organisationen und Persönlichkeiten veranlassen könnt, dass sie durch Tausende von gesammelten Unterschriften deren Freilassung erwirken sollen. Dabei erinnern wir daran, dass bis jetzt der Wesemann-Prozess nicht stattgefunden hat. Wir können uns diese Verschleppung dieses Prozesses nur so erklären, dass die Schweizer
Justizbehörden versuchen, den unerhörten Menschenraub möglichst in Vergessenheit geraten zu lassen, um dann ein mildes Urteil fällen zu können. Wir sollten die Gelegenheit benützen, diesen Fall in der Öffentlichkeit in Verbindung mit den neuesten Vorgängen (Fall Gusti off und Anti-Nazi-Bewegung) erneut aufzurollen...

Die Veranstaltungen zum 18. März sind auch in geeigneter Form auszunützen zur Popularisierung der SU. Das Jahr 1935 brachte entscheidende Siege im weiteren Aufbau der sozialistischen Industrie und des kollektivwirtschaftlichen Systems .. .

Wir hoffen sehr, dass Euch diese Kampagne endlich einen ernsthaften Schritt vorwärts bringen wird zur Verbreiterung der Basis der RH-Bewegung in der Schweiz, und dass Ihr uns bald berichten könnt über einige Fortschritte auf der Linie der Verwirklichung der Beschlüsse des II. Plenums.» Ein dritter Brief von Moskau an die BHS trägt das Datum vom 26. Mai

1936: « . . . Die grossen Schwierigkeiten, die Ihr zu überwinden habt bei der Durchführung der Beschlüsse des II. Plenums, sind uns bekannt, und wir haben uns ja auch persönlich schon besprochen, wie man die Schwierigkeiten überwinden kann.

Die Kritik an dem Material und der Tatsache, dass die RH-Organisation sich ausschliesslich der kommunistischen Presse bedient, war nicht so aufzufassen, dass das.

i

,

227

letztere ganz zu vermeiden sei. Wir glauben aber, dass durch die Heranziehung neuer Kräfte und der entsprechenden Gestaltung dea Materials, es den Gegnern der Einheitsfront, vor allem den sozialdemokratischen und Gewerkschaftsführern möglichst erschwert werden soll, mit dem alten Popanz von der ,,kommunistischen Filiale" die Massen zu verwirren. Z. B. Eure Karte zu Thälmanns Geburtstag, die sonst sehr gut war, war aber wieder nur auf die KP eingestellt («Ernst Thälmann, Führer der KPD», «Es lebe die proletarische Solidarität»). Das wirkt doch einengend und entspricht nicht dem Charakter unserer Arbeit für die werdende grosse Hilfsorganisation mit Volksfrontcharakter. Zu der Frage der Delegation der aktivsten Roteri Helfer nach der SU bemerken wir. dass Ihr uns rechtzeitig mitteilen müsst, wieviele Delegierte, deren Namen, Charakteristik und Lebenslauf, dann kann'man dazu Stellung nehmen und eventuell eine solche Sache organisieren.» ' ; Aus einem Bundschreiben der Exekutive der IEH in Moskau: « . . . Ohne das zu wiederholen, was in den Richtlinien der Exekutive betreffend der Politemigranten ausführlich behandelt wurde, bestehen wir : darauf, Eure Aufmerksamkeit auf folgende Einzelpunkte, welche in der Praxis besonders zur Geltung kommen, zu lenken: : : Es ist zu bemerken, dass man allzu prompt die Emigranten aus einem Land in das andere reisen lägst ; dagegen ist in den Richtlinien angeordnet, dass der in ein Land eingereiste Emigrant nicht eher nach einem andern Land geschickt werden darf, als bis hierzu besonders ernste Gründe vorliegen. Und selbst in solchen Fällen muss im voraus das Einvernehmen der Sektionen des Landes, nach dem man den Emigranten schicken will, eingeholt werden. . . Die Hauptrichtlinie ist, dass die Emigranten in den kapitalistischen Ländern untergebracht werden müssen. Die Exekutive unterstreicht, dass die Emigration nach der SU nur dann genehmigt werden darf, wenn Todesstrafe oder sehr lange Einkerkerung droht oder in Fällen, wo die Auslieferungsgefahr unmittelbar besteht und wo die SU die allerletzte Möglichkeit der Asylgewährung darstellt.»

An der Landeskonferenz der EHS ini November 1935 erklärte der Delegierte der KPS u. a. : : ; «Es muss alles daran gesetzt werden, damit nicht mehr so viele Emigranten, hochgehen. Es müssen auch neue Mittel und Wege gefunden werden, uni die Emigration unterzubringen. Es müssen Leute gefunden werden, die illegal lebende Genossen ohne Gefahr für beide aufnehmen können. Es muss umgekrempelt werden, auf die neue Linie... Die KP kann stolz sein auf ihre RH-Organisationen. »

Der Landesleiter der EHS führte aus :

' '

,

«Wir veranstalteten revolutionär-sozialistische Wettbewerbe unter den Sektionen (Protestversammlungen etc. mit Geldsammlungen etc.), dann werden wir eine neue Stosstruppe erhalten im Sinne der Udarniki in der Sowjetunion.. . Wir müssen Kollektiv-Organisationen schaffen und versuchen, in andere Organisationen, auch bürgerliche, einzudringen . . . Aber nebst all diesen dürfen wir auch nie vergessen, dass wir eine politische Organisation sind. Wir sind im Kampfe gegen die Bourgeoisie auch eine nicht neutrale Organisation, die auch eine rote Fahne hat. » : Ein weiterer Delegierter erklärte: : «Ohne Hilfe der RH der Sowjetunion wäre es nicht möglich, allen! Aufgaben gerecht zu werden. . . Neben den eigentlichen Antifaschisten gibt es noch, die Leute des Kleinbürgertums. Hier kann man sagen, sie haben unpolitisches Mitleid. Warum aber soll man nicht an dieses Mitleid ; appellieren und mit ihnen Fühlung ' nehmen ?

Es gibt doch ungeahnte Möglichkeiten. Wir haben bei den Wahlen auch gesehen, wie mit dem Mantel der Wohltätigkeit etwas zustande gebracht werden kann.»

Aus den vorstehenden Zitaten ergeben sich folgende Feststellungen über die EHS: ,

228

a. Die EÏÏS war eine Sektion der IEH, die ihren Sitz in Moskau hatte; sie war eine Nebenorganisation der KI.

T}. Die Tatsache, dass wichtige Instruktionen der Zentralleitung der IEH in Moskau an die EHS im Besitze eines Ausländers waren, lässt die höhere Führung der EHS nicht bei der offiziellen Leitung dieser Organisation, sondern bei speziellen ausländischen Instruktoren vermuten.

c. Die Zentralleitung in Moskau erteilte Weisungen über die zu befolgende politische Tätigkeit, insbesondere über die Herstellung einer Einheitsfront mit andern Organisationen und über die Art und Weise der Propaganda.

Die Ausländer hatten sich aktiv an der Parteipolitik zu beteiligen.

Die EH entschied über den zu erfolgenden politischen Einsatz der von ihr betreuten Ausländer.

d. In gleicher Weise wurden Weisungen erteilt für die «Anerkennung» als politischer Flüchtling, für die illegale Unterbringung derselben und für die eventuell notwendige Abschiebung nach einem anderen Lande.

e. Die EHS hatte der Zentralleitung der IEH über ihre Tätigkeit Bericht zu erstatten.

Aus diesen Feststellungen ergibt sich, dass die EHS unmittelbar widerrechtliche Ziele verfolgte, indem sie Ausländern illegal Unterschlupf gewährte und sie so der fremdenpolizeilichen Kontrolle der Behörden entzog, sowie Ausländer entgegen der Bestimmung von Art. 2, Abs. 2, des Bundesratsbeschlusses vom 7. April 1933 über die Behandlung der politischen Flüchtlinge zu einer politischen Tätigkeit heranzog.

Unter den im Jahre 1936 ausgewiesenen Ausländern waren nicht weniger als 14 illegal Anwesende, denen die EHS Unterschlupf verschaffte und die zur Parteiarbeit herangezogen wurden. Als Beispiel wurde bei einem illegal Anwesenden ein Zettel1 mit folgender Aufschrift gefunden: «Anbei die Adresse für den gewünschten Arbeitsraum. Wie mir gesagt wird, ist die betreffende Frau nicht viel in ihrer Wohnung, für die Arbeit ist das gut . . . » Zur Hauptsache bestand die zugewiesene Arbeit im Vertrieb kommunistischer Literatur am Aufenthaltsort. Aber auch höhere, den Organen der EHS sogar übergeordnete Funktionen wurden festgestellt.

Bei einem Deutschen, der sich illegal aufhielt, wurde ein Schreiben eines andern deutschen Emigranten gefunden, in welchem letzterer um Beschaffung der Einreiseerlaubnis in die Sowjetunion bat. Bemerkenswert war folgende Stelle im
erwähnten Brief: «Seit Frühjahr ist eine Verschärfung zwecks Einreise in die Sowjetunion eingetreten, die Bote Hilfe kann nicht mehr ohne Eure Zustimmung verfügen.»

Bei einem andern deutschen Emigranten, welcher offenbar massgebend über die zuzuweisende Arbeit befand, wurden Berichte über deutsche Flüchtlinge gefunden, wie z.B. folgende: «Er war früher ein guter Funktionär, u. a. Stadtverordneter. Er wird auch jetzt noch für kleinere Arbeiten zu verwenden sein.»

229 «Seine Emigration ist als Flucht vor der Arbeit zu werten und deshalb kommt !

er für eine Funktion nicht in Frage.» : «Wir sind nicht in der Lage, den Fall genau zu überprüfen, raten aber, ihn unter keinen Umständen in eine Funktion zu setzen. Er kommt höchstens für1 Literaturvertrieb in Frage.» i ' .

Der gleiche Emigrant war auch, im Besitz eines aus Paris stammenden Schreibens an die BHS, in welchem diese Organisation aufgefordert wird, tei derjenigen, in Prag Erkundigungen über einen bestimmten Emigranten einzuziehen, da Paris selbst keine Verbindung mit Prag unterhalte. Die BHS war offenbar auch Verbindungsstelle zwischen Paris und Prag.

Die höheren Funktionäre verfügten öfters über ansehnliche Geldbeträge.

Bei einem derselben wurde ein grösserer Betrag in 12 verschiedenen Währungen gefunden.

.

· Selbstverständlich wurde die Parteitätigkeit dieser Ausländer nach Möglichkeit getarnt. So wurden selten andere als mit nichtssagenden Decknamen wie «Fritz» oder «Max» unterschriebene Schriftstücke gefunden. Für die Korrespondenz wurden wenn möglich entwendete Kuverts mit dem Aufdruck einer Firma oder sonst einer öffentlichen oder privaten Stelle verwendet; beispielsweise wurden bei einem prominenten ausländischen Funktionär zahl. reiche Kuverts mit dem Aufdruck «Nationalrat-Presse» bzw. «Ständerat: . Presse» gefunden.

, In den polizeilichen Ermittlungsverfahren verlegten sich diese Ausländer .auf die Taktik des Leugnens, oder sie verweigerten überhaupt jede Auskunft über ihre Tätigkeit.

Wegen der insgesamten staatsgefährlichen Tätigkeit der PuHS wurde dieser Organisation in Art. 2 des Bundesratsbeschlusses vom 9. November 1936 betreffend Massnahmen gegen die kommunistischen Umtriebe in der Schweiz jede, politische Tätigkeit untersagt und die Geschäftsführung der RHS unter polizeiliche Überwachung gestellt. Die Auflösung der BHS erfolgte später durch Verfügung I des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes vom 27. Januar 1941 betreffend die Auflösung kommunistischer Organisationen.

3. Neben der BH befasste sich die KP mit der organisatorischen Erfassung fremder Kommunisten und deren Einsatz in die Parteitätigkeit. Nach Bichtlinien. die bei einem Emigranten gefunden wurden, sollten aus Deutschland emigrierte Mitglieder der KP sofort nach ihrer Ankunft im Emigrationsland die Aufnahme
in die KP dieses. Landes beantragen; , «im Emigrationsland werden sie wie die Mitglieder der Landespartei auf die zuständigen Betriebs- und Strassenzellen aufgeteilt; sie nehmen hier, soweit keine begründeten Hindernisse dafür bestehen, an dem Leben dieser Organisation teil; den Emigranten soll ausreichende Möglichkeit zur Information über die Fragen des Heimatlandes und der Arbeit der Heimatpartei gegeben werden; die Landespartei muss mit der Partei des Emigrantenlandes vereinbaren, welche: Emigranten als Verbindungsleute sollen zu den Sitzungen der Landesorganisationen, in denen zur politischen Arbeit unter den Emigranten oder zur Politik der Partei des Emigrantenlandes Stellung genommen wird, hinzugezogen werden; die Emigranten sollen zur Bundesblatt. 98. Jahrg. Bd. II.

16

230 materiellen und finanziellen Hilfe für ihre Heimatparteien und zur Verbreitung der Literatur der Heimatparteien unter den Emigranten ständig aufgefordert werden; der Verkehr der Emigranten mit den Organen ihrer Heimatparteien soll nur unter der Kontrolle der zuständigen Organe der Landesparteien erfolgen, die Regeln der Konspiration sind dabei strengstens zu beachten...»

Die nachfolgende Stelle aus einem Schreiben eines fremden Agenten zeigt, dass sich Ausländer auch um die eigentliche Parteitätigkeit kümmerten: «Allerdings machen mir die Genossen des Kantons einen sehr guten Eindruck, und wenn ich immer etwas in der Nähe bin, könnten sie sich ganz gut machen.»

4. Besonderes Aufsehen erregte der folgende Mordfall: Am 4. September 1937 wurde auf der Strasse nach Ghamblandes, unweit von Lausanne, die Leiche eines erschossenen jüngeren Mannes aufgefunden.

Auf dem Toten fand sich ein tschechoslowakischer Pass, der auf den Namen «Eberhardt» lautete. Die in einem Nachbardorf mit ihrem Kind weilende Frau1 des Ermordeten machte folgende Personalangaben: Ignaz Eeiss, Pole, Jude, Mitglied der kommunistischen Partei der Sowjetunion, hoher Beamter des Geheimdienstes des Volkskommissariates des Innern in Moskau, Inhaber des Ordens der Boten Fahne.

Die Untersuchung der waadtländischen Polizei ergab, dass Beiss mit verschiedenen internationalen Aufträgen betraut worden war. Zur Tarnung legte sich Beiss während seiner beiden letzten Lebensjahre 7--8 verschiedene Namen bei und legitimierte sich mit falschen Pässen. Beiss fasste in Paris.

-- angeblich aus Gewissensgründen -- den Entschluss, aus der KPdSU auszutreten, und gab dies in einem an diese Partei gerichteten Schreiben bekannt.

Dieser Brief gelangte jedoch -- wie später festgestellt werden konnte -- an den in Paris weilenden höheren Beamten eines Volkskommissariates in Moskau, namens Spiegelglass, Inhaber eines Diplomatenpasses, exterritorial, welcher sich dann an der Organisierimg der Ermordung des Beiss beteiligte. Beiss wurde vor der ihm drohenden Gefahr gewarnt, und er flüchtete sich von Paris in die Nähe von Lausanne zu semer Familie. Dort erhielt Beiss bald den Besuch einer langjährig bekannten Strassburgerin namens Gertrud Schildbach, mit der er eines Abends das Nachtessen in einem Bestaurant in Chamblandes einnahm. In der Dunkelheit begaben sich die beiden auf den Rückweg" nach Hause. Unterwegs begegneten sie einem Auto, dem ein Mann entstieg, welcher Beiss mit einem Knüttel misshandelte und niederschlug. Der Fremde und die Schildbäch schleppten Beiss in das Auto und töteten ihn durch mehrere Schüsse. Seine Leiche wurde dann aus dem Wagen geworfen, welcher später blutbefleckt beim Bahnhof Cornavin gefunden wurde. Die Insassen des Wagens entkamen über die Grenze.

Die weitern polizeilichen Ermittlungen ergaben folgendes: Im fraglichen Auto befanden sich : Martignat Charles Etienne, geb. 1900, Arbeiter des Gaswerkes von Glichy.

Er dürfte der eigentliche Mörder des Beiss sein. Martignat soll sich nach Mexiko

231

geflüchtet haben. Er wurde vom Assisenhof de la Seine in contumaciam zum Tode verurteilt,; Abbiate Eoland Jacques, geb. 1905. war der Lenker des .Wagens. Er hielt sich in Indien, London. Mexiko, Cuba, den Vereinigten Staaten, Belgrad und Paris auf und gab sich als Restaurateur, Hotelier, : Kaufmann, Lehrer usw. aus. Abbiate stand im. Dienste der GPU. von der er mit der: Beobachtung des Beiss beauftragt wurde. Auch er soll sich nach Mexiko geflüchtet haben; Schildbach Gertrud, aus Strassburg. deutsche Staatsangehörige, war bekanntes Mitglied der KP Deutschlands: Im Jahre 1934 hielt sie sich in Born auf, wo sie angeblich Philosophie und Sprachen studierte. Die Schildbach ver 7 liess dann Italien und beteiligte sich in der geschilderten Weise '; an der Er: mordung des Beiss. Sie flüchtete sich angeblich nach Spanien, wo sie als kommunistische Agentin verhaftet und verurteilt werden sein soll.

Das Automobil wurde von Abbiate zusammen mit Benate Steiner, von Zürich, gemietet. Sie war Lehrerin in Zürich und begab sich 1934 nach Paris, wo sie in den Dienst der GPU trat, von der sie auch mit der Beobachtung des Beiss beauftragt wurde. Renate Steiner begab sich verschiedentlich nach Moskau und war zweimal mit Sowjetbürgern verheiratet. In der Untersuchung behauptete sie, ihren Schweizerpass auf Zwang hin einem Sowjetagenten in Paris ausgehändigt zu haben. Benate Steiner konnte eine unmittelbare Mitwirkung am Mord nicht nachgewiesen werden. Sie wurde jedoch wegen politischen Nachrichtendienstes im Interesse des Auslandes ge~ stützt auf Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 21. Juni 1935 betreffend den Schutz der Sicherheit der Eidgenossenschaft zu 8 -Monaten Gefängnis verurteilt1.

In der Untersuchung konnte eine weitere Schweizerin .namens Hélène Hesse festgestellt werden, die ebenfalls im Dienste der GPU stand. Ihre Hauptaufgabe bestand in der Übermittlung von Korrespondenzen, die .sie bei verschiedenen Poststellen in der Schweiz abholte und weiterleitete. Auch Hélène Hesse wurde wegen politischen Nachrichtendienstes im Interesse des Auslandes zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt.

Eine im einzelnen nicht abgeklärte Bolle im Mordfall Reiss spielten folgende Personen : , , !

Efron Serge, Chef eines Bureaus in Paris, das sich verschiedener Namen, wie «Handelsdelegation der Sowjetbotschaft in Paris», «union, des
amis ;de la Patrie Soviétique», «Union des rapatriements» usw., bediente. Dieses Bureau, das Verbindungen mit der Botschaft der SU hatte, war offenbar eine blosse Agentur der GPU. Efron Serge stand in Verbindung mit der vorerwähnten Benate Steiner. Sofort nach der Ermordung des Beiss verliess er Paris und begab sich vermutlich nach Spanien.

- ; . ' · ' Beim Bureau des Efron Serge war das Ehepaar Groszowsky angestellt.

Der Ehemann Groszowsky stand in Verbindung mit der vorgenannten Hélène Hesse; Nach der Ermordung des Beiss begab er sich unverzüglich nach Russland, während seine Frau Lydia in Paris verblieb. Sie wurde auf Ersuchen der waadtländischen Polizei in Paris verhaftet, jedoch gegen Kaution wieder

232

freigelassen. Auf erfolgte Vorstellungen der schweizerischen Behörden bei der französischen Eegierung sollte Lydia Groszowsky wieder in Haft gesetzt werden. Es gelang ihr jedoch, sich mit dem Auto des Pressechefs der russischen diplomatischen Vertretung nach der Sowjethotschaft in Paris zu flüchten, und ihre Festnahme gelang nicht mehr.

5. Im Jahre 1938 wurden 5 deutsche Staatsangehörige (Beifenberg Ernst, Schönstädt Henriette, Nobel Eudolf, Langensiepen Margaretha und Adolph Alfred) wegen Verdachts des politischen Nachrichtendienstes verhaftet. Die Untersuchung ergab, dass die Beschuldigten zum Teil seit dem Frühjahr 1937 in gemeinsamem Zusammenwirken im Interesse der organisierten deutschen Emigration und der KPD einen Nachrichtendienst über die politische Tätigkeit von Einwohnern unseres Landes betrieben. Insbesondere wurden die Trotzkisten bespitzelt.

Als Beispiele seien folgende von den Beschuldigten verfassten Spitzelberichte wiedergegeben: «Der Schweizer Thalmann (Paul Otto, geb. 1901, von Basel, verheiratet mit Klara geb. Ensner), Redaktor und Mitarbeiter an der Arbeiter-Zeitung, und dessen Frau befinden sich zurzeit in Spanien. Ihre Anwesenheit in Barcelona war ,unseren dortigen Freunden' mitgeteilt worden, um G-egenmassnahmen gegen sie zu veranlassen. Zurzeit halten sie sich an der aragonischen Front, auf. Einen Fronturlaub hat Thalmann vor einigen Wochen dazu benützt, um in einem hiesigen Kreise der linken Sozialdemokratischen Partei über die konterrevolutionäre' Rolle der spanischen kommunistischen Partei zu lamentieren.» «Dr. med. Felix Ippen (geb. 1911, rumänischer Staatsangehöriger) ist neben Belleville der eigentliche ,Kopf dieser zersetzenden Arbeit. Ippen ist dieser Tage ebenfalls nach Spanien gegangen. Selbstverständlich werde er dort nicht mehr als Arzt arbeiten. Man müsste unverzüglich auf diesen gefährlichen Bruder dort aufmerksam machen.»

Welche Methoden dabei von den Beschuldigten angewandt wurden, zeigt das Verhalten der Schönstädt. Um einen gewissen Dr. B. zu überwachen und auszuhorchen, erschlich sie dessen Freundschaft und Vertrauen. Sie schrieb für ihn Briefe, wobei sie jeweils eine Durchschlagskopie widerrechtlich für sich behielt, um diese an die Spitzelorganisation weiterzuleiten.

Die Beschuldigten wurde vom Obergericht des Kantons Zürich am 25. Mai 1939 wegen fortgesetzten politischen Nachrichtendienstes im Sinne von Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 21. Juni 1935 betreffend den Schutz der Sicherheit der Eidgenossenschaft zu Gefängnisstrafen verurteilt und aus der Schweiz ausgewiesen.

IV. Die behördlichen Massnahmen.

Abgesehen von den einzelnen administrativen Massnahmen, wie Ausweisungen, Beschlagnahmungen und speziellen Verboten, begann schon früh die Abwehr der linksextremistischen Umtriebe durch allgemein verbindliche Erlasse; diese gingen teils von der Eidgenossenschaft (unten Ziff. 1), teils von den Kantonen (Ziff. 2) aus. Für die nähere Begründung der einzelnen

233 Erlasse wird auf die entsprechenden Botschaften des Bundesrates und der Kantonsregierungen sowie auf die Geschäftsberichte, des Bundesrates verwiesen.

1. Eidgenössische Massnahmen.

a. Die eidgenössischen Bäte nahmen im Jahre 1922! das Bitadesgesetz i betreffend .Änderung des Bundesstrafrechtes in bezug a.uf Verbrechen gegen die verfassungsmässige Ordnung und die innere Sicherheit und in bezug auf die Einführung des bedingten Strafvollzuges an. das u. a. · besondere Bestimmungen gegen die Gefährdung der verfassungsruässigen Ordnung der innern Sicherheit und zum Schutze der militärischen Diszinlin enthielt.

Das Bundesgesetz vom 13. Oktober 1933 zum Schutze der öffentlichen Ordnung sah ähnliche Massnahmen vor.

: Die beiden Gesetze wurden Jedoch in der Volksabstimmung verworfen.

b. Durch Bundesratsbeschluss vom 2. Dezember 1932 über den Ausschluss der Kommunisten aus der Bundesverwaltung svurde dem eidgenössischen Personal die Zugehörigkeit oder, die Mitwirkung an jeder kommunistischen Organisation verboten. Der Bundesrat zog in Erwägung, dass die KP angesichts ihrer Ziele und, der von ihr angewandten Mittel unter Art. 13, Abs. 2, des Bundesgesetzes über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten falle. Dem besonderen Treueverhältnis zwischen der Eidgenossenschaft und dem in ihrem Dienste stehenden Personal widersprach die Zugehörigkeit zu Organisationen, die in weitgehender Abhängigkeit von ausländischen Stellen die Diktatur des Proletariates erstrebten.

i ' ' · Am 16. Februar 1937 wurde der Bundesratsbeschluss über .die Ergänzung desjenigen vom ,2. Dezember 1932 über den Ausschluss der Kommunisten aus der Bundesverwaltung erlassen, der in Art. l verschiedene kommunistische Organisationen bezeichnete, bei denen die Mitwirkung ! als mit der Aufnahme bzw. dem Verbleiben im Bundesdienst unvereinbar erklärt wurde! , o. Der Buridesbeschluss vorn 21. Juni 1935 betreffend den Schutz der Sicherheit der Eidgenossenschaft! war vor allem eine Massnahme gegen die Umtriebe der Rechtsextremisten. ,Wie der Mordfall Be'ss und der Fall Beifenberg zeigen, gelangte er jedoch auch gegen die Spitzeltätigkeit linksextremistischer Kreise zur Anwendung.

d. Mit Botschaft vorn 7. Dezember 1936 legte der Bundesrat den eidgenössischen Bäten den Entwurf zu einem Bmidesbeschluss betreffend den Schutz der öffentlichen Ordnung
und Sicherheit vor. der besondere Bestimmungen gegen die kommunistischen Umtriebe enthielt. Die Kommission des Nationalrates beschloss am 2. Juni 1937, die weitere Behandlung der Vorlage zu verschieben bis zürn Entscheid der eidgenössischen Bäte und eventuell des Volkes über das Strafgesetz. Dieser Entscheid erfolgte nach vorausgegangener Erklärung des Vorstehers des Justiz-und Polizeidepartementes in der Kommission, wonach der Bundesrat bis zum Inkrafttreten des Strafgesetzbuches von den

234 Kompetenzen, die ihm Art. 102 der Bundesverfassung gebe, vollen Gebrauch machen werde. Insbesondere werde der Bundesrat bei ernstlicher Gefährdung der Landessicherheit nicht davon zurückschrecken, Massnahmen gegen die Tätigkeit staatsgefährlicher Vereinigungen zu ergreifen, da es seine verfassungsmässige Aufgabe sei, für die Sicherheit des Landes jederzeit zu sorgen, was ihm im Falle der Notwendigkeit ein Handeln zur Pflicht mache.

e. Die Bundesratsbeschlüsse vom 3. November 1936 betreffend Massnahmen gegen die kommunistischen Umtriebe in der Schweiz und vom 27. Mai 1938 betreffend Massnahmen gegen staatsgefährliches Propagandamaterial sind bereits in den vorangegangenen Ausführungen erwähnt worden.

/. Der Bundesratsbeschluss vom 5. Dezember 1938 betreffend Massnahmen gegen staatsgefährliche Umtriebe und zum Schutze der Demokratie war in erster Linie gegen die rechtsextremistischen Umtriebe gerichtet. Der Beschluss gelangte jedoch, wie die vorangegangenen Ausführungen zeigten, auch gegen die Linksextremisten zur Anwendung.

g: Die zunehmende Propaganda zum wirtschaftlichen Boykott der damaligen autoritären Staaten, und ihrer Angehörigen in der Schweiz führten zu Interventionen der diplomatischen Vertretungen dieser Staaten. Das Volkswirtschaftsdepartement wies darauf hin, dass diese Propaganda Störungen unserer wirtschaftlichen Beziehungen zur Folge haben könne, und erklärte, dass die kurzsichtige und unverantwortliche Verletzung wichtiger Landesinteressen durch eine derartige Propaganda nicht weiterhin geduldet werden dürfe.

Der Bundesrat erliess deshalb den Beschluss vom 20. Januar 1939 betreffend Massnahmen gegen den wirtschaftlichen Boykott fremder Staaten, dessen Art. l die öffentliche Aufforderung zum wirtschaftlichen Boykott gegen einen bestimmten fremden Staat oder gegen die in der Schweiz wohnhaften Angehörigen eines solchen mit Strafe bedrohte.

Der Beschluss hatte ein merkliches Abflauen der Boykott-Propaganda zur Folge, so dass er selten zur Anwendung gelangen musate.

2. Kantonale Massnahmen.

Hauptsächlich im Jahre 1937 gingen, mehrere Kantone selbständig vor.

Sie verboten die KP und ihre Organisationen, teils durch Aufnahme einer besonderen Bestimmung in der Staatsverfassung, teils durch Erlass eines speziellen kantonalen Gesetzes. Soweit es sich um Verfassungsbestimmungen
handelte, erteilten die eidgenössischen B.äte die Gewährleistung. Die gegen die Verbote eingereichten staatsrechtlichen Puekurse wurden vom Bundesgericht abgewiesen.

;

·:

·

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;

235,

B. Die Kriegsjahre.

I. Die Zeit bis und mit dem Verbot der linksextremistischen Organisationen.

1. Bereits zu Beginn des Krieges mussten weitere Massnahmeri gegen die Linksextremisten getroffen werden.

.

o. Am 28. Dezember 1939 verbot der Armeestab (Abteilung Presse und Funkspruch) die kommunistische. Zeitung «Freiheit». Wie von der: Abteilung ausgeführt wurde, durfte es nicht länger geschehen, «dass derart ausschliesslich ausländisches, unschweizerisches Ideengut im Gewände einer Zeitung; propagiert wird».

; , Am 5. Juli 1940 verbot dann der Bundesrat, gestützt auf Art. 5 des Bundesratsbeschlusses vom 5. Dezember; 1938 betreffend Massnahmen gegen staatsgefährliche Umtriebe und zum Schutze der Demokratie die beiden Zeitungen «Le Travail» und «Droit du Peuple». Diese Zeitungen waren Organe von Léon Nicole, welcher früher einen massgebendeu Einfluss innerhalb der SP der Kantone Waadt und Genf ausübte. Nachdem diese Kantone die Kommunistische Partei verboten, nahm Nicole die Kommunisten unbesehen in die SP auf. Seine von jeher linksextremistische Haltung führte zum Ausschluss Nicoles aus der SP. Hierauf gründete Nicole die «Fédération socialiste suisse» (FSS), die sich nicht oder kaum wesentlich von der Kommunistischen Partei unterschied. Demgeinäss war auch die,Schreibweise der beiden Zeitungen diejenige kommunistischer Organe. Die Haltung als Ganzes und die Kichtung der beiden Zeitungen Hessen erkennen, dass beide Blätter geistig im Dienste Sowjetrusslands stunden. Nicht nur wurden in den beiden schweizerischen Zeitungen vorwiegend Artikel aus russischen Zeitungen wiedergegeben, so dass einzelne Nummern' geradezu den Eindruck einer übersetzten russischen Zeitung hinter liessen, sondern in den russischen .Zeitungen, die ja nur die Meinung der Kommunistischen Partei wiedergeben, wurden auch Artikel der beiden schweizerischen Zeitungen übernommen und die Haltung Nicoles im allgemeinen gelobt.

Die Zeitung «Le Travail» schrieb z. B. am 5. Juni 1940: «Les temps de la révolution socialiste sont arrivés.» Das gleiche Blatt enthielt am 19. Juni 1940 folgende Manchette: «En finir coûte que coûte et rapidement avec le régime capitaliste.» Die Polizeisektion des Territorialdienstes im Armeekommando verfügte bereits am 1. Mai 1940 das Verbot der Zeitungen «Le Travail» und «Le Droit du Peuple» in der Armee,
gestützt auf den Bundesratsbeschluss vom 4. Dezember 1939 betreffend das Verbot der staatsgefährlichen Propaganda in der Armee.

; , ; : b. Am 4. Dezember 1939 erliess der Bundesrat den Beschluss betreffend; das Verbot der staatsgefährlichen Propaganda in der Armee. In Art. l wurde^ in der Armee und gegenüber Angehörigen der Armee die kommunistische Propaganda in irgendwelcher Form, aber auch jede andere Propaganda, die:

236 geeignet war, die Unabhängigkeit des Landes zu gefährden oder sich auf die rechtswidrige Änderung der verfassungsmässigen Ordnung richtete, verboten.

Der Anstoss ging von der Armeeleitung aus, der verschiedene Fälle von kommunistischer Propaganda in der Armee gemeldet wurden (vgl. 2. Vollmachtenbericht, S. 7). Aus den im Laufe des Krieges durchgeführten Strafverfahren ergab sich, dass verschiedentlich Versuche gemacht wurden, in der Armee kommunistische Zellen zu bilden und sie politisch zu zersetzen: für das Weitere sei auf den Bericht des Generals sowie auf die Entscheidungen des Militärkassationsgerichtes, 4. Band, Nr. 69 i. S. Nelz .u. Kons, und 98 i. S.

Teutschmann, verwiesen.

o. Im Juni 1940 wurde ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren gegen die Trotzkisten durchgeführt, das zur Verhaftung von 16 Personen (worunter 2 Ausländer) führte. Überdies wurden bei weiteren 24 Personen (worunter ebenfalls mehrere Ausländer) Haussuchungen durchgeführt. Das Verfahren wurde durch die Verbreitung anonymer Schriften mit revolutionärem Inhalt veranlasst, die insbesondere auch die Zersetzung der Armee propagierten. Die folgenden Zitate aus den betreffenden Schriften mögen dies veranschaulichen : «Wir wissen, dass unsere Brüder gemordet werden, um die Existenz ihrer Mörder zu sichern ! Wir wissen, dass unsere Zukunft nur durch die Revolution gesichert werden kann ! » « Genossen ! Wenn die Schweiz in den Krieg einhezogen wird, so wird der Krieg nicht der unsrige sein. Erklärt euren Kameraden schon heute, warum wir die Ziele aller Kriegführenden ablehnen müssen ! Bereitet sie auf die Parole der Verbrüderung vor ! Überlegt euch schon heute die Möglichkeiten der Verständigung mit den Soldaten des ,,feindlichen" Lagers, insbesondere auch im Falle einer teilweisen Besetzung der Schweiz. Nicht Volkskrieg gegen den Angreifer, sondern Klassenkampf gegen die eigenen und die fremden Ausbeuter gemeinsam mit den Proletariersoldaten des ..feindlichen" Landes sei unsere Parole.» «Unsere Stellung zur bürgerlichen Armee ist eine unbedingt feindliche. ..Unsere Armee" ist ein Teil des bürgerlichen Herrschafts- und Staatsapparates, ein Teil des imperialistischen Krieges. Unser Ziel ist ihre Zerschlagung, Zersetzung, Zerstörung.

Wir sind revolutionäre kommunistische Antimilitaristen. Unser Ziel ist die Erzeugung
der Truppensolidarität auf der proletarischen Klassenbasis. Eine so geeinigte Truppe haut mit Leichtigkeit den ganzen bürgerlichen Spuk in Trümmer, wie das in Russland der Fall war. Das Ziel ist die Herauslösung der bewaffneten Truppe aus dem bürgerlichen Staatsgefüge und ihre Hinüberleitung ins Lager der Revolution. Dieser Prozess wird sich allgemein als Kampf zwischen Truppe und Offizierskader abspielen, wobei sich erweisen wird, dass einzelne Offiziere die revolutionäre Entwicklung mitmachen, einzelne Soldaten zu den Offizieren und Bürgern halten werden. Dass dabei ,,unsere Armee" in Trümmer geht, ist klar. Ihre Zerschlagung ist unser Ziel. Die revolutionären Soldaten werden in Arbeitergarden und Roter Armee neu organisiert.»

Das Verfahren endete mit der militärgerichtlichen Verurteilung mehrerer Beschuldigter wegen Zuwiderhandlung gegen den Bundesratsbeschluss vom 5. Dezember 1938 betreffend Massnahmen gegen staatsgefährliche Umtriebe und zum Schutze der Demokratie sowie Art. 98 IVIStG (vgl. Entscheidungen des Militärkassationsgerichtes, 4. Band, Nr. 69).

2. Der Krieg brachte ernsthafte Gefahren für die äussere Sicherheit unseres Landes, ja für dessen Unabhängigkeit und Bestand überhaupt mit sich. Zu

237 seinem Schutze musste unsere Armee mobilisiert werden. Insbesondere von ihren Angehörigen, aber auch von allen anderen Schichten unseres Volkes wurden grosse Opfer getragen, um die verfassungsmässig verankerte Neutralität und dem Lande den Frieden'wahren zu können. Das'war nur möglich, wenn der äussern Gefahr die innere Geschlossenheit und Abwehrbereitschaft gegenüberstand. Deshalb war jede auf die innere Zersetzung gerichtete Agitation, gleichgültig, von wem und auf welchem Sektor sie betrieben wurde, nipht nur eine Gefährdung der innern, sondern ebensosehr der äussern Landessicherheit. Alle auf demokratischem Boden stehenden Parteien erkannten den Notstand, in dem sich die Eidgenossenschaft befand, und sie stellten ihre partei, politischen Belange hinter die gesamten Landesinteressen. So wenig dies aber -- wie der I. Teil des Berichtes zur Motion Boerlin zeigte -- die Rechtsextremisten taten, sowenig taten es die Linksextremisten. Seit dem Beginn der kriegerischen Verwicklungen in Europa haben die Kommunisten ihre bekannte Agitation gegen unsere demokratische Staatsordnung und die! damit verbundene Propaganda für die Errichtung der Sowjets nach russischem Vorbild: verstärkt.

Die Kommunisten aller Länder hofften, dass die mit längerer Kriegsdauer zunehmende Not und Verarmung dem Kommunismus den Boden ebne. Sie erwarteten, dass sich die Sowjetunion vom Kriege fernhalten könne, damit dieser Staat dann das ungeschwächte Gewicht seiner politischen und militärischen Macht zugunsten der internationalen proletarischen Revolution wirken lasse. Die vollständige ideologische und organisatorische Abhängigkeit der kommunistischen Parteien zeigte sich wiederum bei der überraschenden und mit der vorausgegangenen Lehre im Widerspruch stehenden Schwenkung der russischen Politik unmittelbar vor und während der ersten Kriegsmonate. Die Kommunisten unterstützten vorbehaltlos die Politik Eusslands. An einer kommunistischen Versammlung wurde sogar das Erstellen von Befestigungsanlagen an unserer Nordgrenze bedauert, weil diese unter Umständen aucli gegen sowjetrussische Truppen verwendet werden könnten. Aus Polizeirapporten über kommunistische Versammlungen ergab sich,, dass die kommunistische Propaganda betont revolutionär war. «Jetzt ist der Moment gekommen, wo die Arbeiterschaft selbst Krieg führen muss,
aber nicht auf Seite der Kapitalisten, sondern Seite an Seite mit den Arbeitern der übrigen Welt», erklärte ein führender Kommunist an einer Versammlung. Ein anderer Funktionär der KPS führte an einer im April 1940 stattgefundenen. Versammlung, aus, dass das Bundeshaus und andere wichtige Gebäude durch entschlossene Männer besetzt werden müssten und die Bundesräte verhaftet werden sollten.

Im weitern würde eine defaitistische Propaganda getrieben, indem die Verteidigung unseres Landes als nutzlos bezeichnet wurde. Misstrauen ist gegen Bundesrat und Armeeleitung gesät worden. Die führenden Männer unseres Landes seien Repräsentanten eines internationalen kapitalistischen! Systems, das die Schuld am Kriege trage. Die Aufrichtung der proletarischen Diktatur durch die Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg sei das einzige Mittel, um Glück, Frieden und Freiheit der Völker sicherzustellen.

238

·

An Stelle der grossen öffentlichen Versammlungen traten geheim einberufene und unter Decknamen getarnte Zusammenkünfte. Seit dem Verbot der kommunistischen Tageszeitung «Freiheit» wurden nichtgezeichnete vervielfältigte Blätter vertrieben, deren Inhalt aber weit revolutionärer war als derjenige des verbotenen Presseorgans. Es konnte festgestellt werden, dass die KP unter Beobachtung der konspirativen Eegeln zur Hauptsache bereits durch ihren illegalen Apparat arbeitete und die öffentliche Tätigkeit nur noch nebensächliche Bedeutung hatte. Ein führender Kommunist erteilte an einer Versammlung im April 1940 Instruktionen für das Verhalten verhafteter Kommunisten, wobei er verlangte, der Polizei nie die Wahrheit zu sagen; in dieser Beziehung mustergültig nannte er die seinerzeit wegen Spanienfahrerei verhafteten Kommunisten, die sich durch ihre Lügen vor Militärgericht vor längeren Freiheitsstrafen bewahrten und die Partei retteten.

Diese Feststellungen führten zunächst zum Erlass des Bundesratsbeschlusses vom 6. August 1940 über Massnahmen gegen die kommunistische und anarchistische Tätigkeit, der der Kommunistischen Partei, ihren Hilfs- und Nebenorganisationen, den anarchistischen und den der IV. Internationale angeschlossenen Vereinigungen (Trotzkisten) jede Tätigkeit untersagte und mit Strafe bedrohte. Der Bundesratsbeschluss vom 26. November 1940 betreffend die Auflösung der Kommunistischen Partei der Schweiz zog die letzte Konsequenz, indem er die kommunistischen Organisationen auflöste und deren Tätigkeit verbot. Der Beschluss bestimmte ferner, dass Kommunisten nicht Mitglieder einer Behörde des Bundes, der Kantone und der Gemeinden sein durften. Die Durchführung der Auflösung und der Ausschluss der Kommunisten aus den Behörden wurde geregelt im Bundesratsbeschluss vom 17. Dezember 1940 über den Vollzug des Bundesratsbeschlusses betreffend die Auflösung der Kommunistischen Partei der Schweiz.

II. Die Zeit bis und mit der Aufhebung der Parteiverbote. -- Die illegale Tätigkeit.

Die Zeit nach den Bundesratsbeschlüssen vom 6. August 1940 über Massnahmen gegen die kommunistische und anarchistische Tätigkeit und vom 26. November 1940 betreffend die Auflösung der Kommunistischen Partei der Schweiz ist gekennzeichnet durch eine rege illegale Tätigkeit der verbotenen kommunistischen Organisationen, hauptsächlich in propagandistischer Hinsicht.

Für die führenden Kommunisten in der Schweiz existierten die oben erwähnten Bundesratsbeschlüsse gar nicht. Die Kommunisten stellten sich auf den Standpunkt, dass die Auflösungsbeschlüsse eine Verletzung der Bundesverfassung darstellen und dass der Bundesrat nicht berechtigt gewesen wäre, die Kommunistische Partei der Schweiz zu verbieten.

Die von Léon "Nicole, geleitete «Fédération Socialiste Suisse» gab Ende 1941 eine Flugschrift heraus, in welcher stand : «Malgré toutes les interdictions,

239 la Fédération Socialiste restera debout! Vive le socialisme révolutionnaire que rien n'empêchera de se réaliser.» , ' ;; Der bekannte Kommunist Jean Vincent aus Genf hat selber in einer Versammlung vom 5. April 1945 in La Chaux-de-Fonds ausgeführt, dass er glücklich sei, nach 5 Jahren Verbot wieder frei sprechen zu dürfen. Wörtlich sagte er: «Seine Massnahme, die der Bundesrat im Jahre 1940 getroffen hat, war für uns nicht schwerwiegend, da die Kommunistische Partei sofort nach dem Verbot wieder anfing, illegal Zeitungen herauszugeben und illegale 'Versammlungen abzuhalten.» :

1. Linksextremistische Umtriebe vom August 1940 bis Ende 1941.

a. Aktion gegen die Kommunistische Partei der Schweiz vom 27. November 1940.

Nachdem durch Bnndesratsbeschluss vom 26. November 1940; sämtliche in der Schweiz bestehenden kommunistischen Organisationen aufgelöst und ihre Tätigkeit verboten worden sind, führte die Bundespolizei in Verbindung mit den Polizeiorganen der Kantone eine umfassende Aktion gegen die Kommunistische Partei der Schweiz durch.

; Diese Aktion ergab, dass die Kommunistische Partei trotz des Verbotes der Zeitung «Freiheit», Organ der Kommunistischen Partei Schweiz, vom 28. Dezember 1939, und trotz des Verbotes jeglicher kommunistischer Tätigkeit durch Bundesratsbeschluss vom 6. August 1940 weiterhin propagandistisch tätig war, und zwar hauptsächlich durch Verbreitung illegaler Zeitschriften.

Es konnten zahlreiche vervielfältigte Schriften kommunistischen Inhalts sichergestellt werden. . ' .

; · '.

Unter dem Titel «Die Sozialdemokratie gerät immer tiefer in den Sumpf» wird folgendes geschrieben: «Pur den völligen politischen Bankrott der Sozialdemokratie ist kennzeichnend, dass im Moment,, wo das kapitalistische System seine Verfaultheit, seine Unfähigkeit beweist, wo es die Völker in Tod und Verderben stürzt, die Führung dieser Partei sich noch enger mit den Repräsentanten des niedergehenden kapitalistischen Systems verbündet und versucht, mit diesen:in eine feste Arbeitsgemeinschaft zu kommen.»

Die Aktion gegen die Kommunistische Partei der Schweiz ergab auch Anhaltspunkte dafür, dass die KPS bestrebt war, unter der neuen Bezeichnung «Sozialdemokratische Partei-Opposition» (SPO) ihre Tätigkeit trotz des Verbotes weiterzuführen. Die SPO richtete ein Manifest an das arbeitende Schweizervolk,' worin ausgeführt wird: : «Wir glauben an die sozialistische Sowjetunion, an die Stärke ihrer Roten Armee, an die Klugheit ihrer politischen Führung, an ihre Rereitsohaft, der Sache einer einsatzwilligen europäischen Arbeiterschaft zu gegebener Zeit mit allen Mitteln zum Durchbruch zu verhelfen !

Wir glauben mit aller Kraft an die internationale Front des Proletariats und aller nach Freiheit dürstenden Menschen, die soziales "Unrecht, Tyrannei und Völkermord für alle Zeiten aus unserer Welt verbannen wird!» :

240

Bine grosse Zahl illegaler Schriften ist mit Bestimmtheit in Zürich hergestellt und vertrieben worden. Sie stellen nichts anderes dar als die Fortsetzung der nach dem Verbot der «Freiheit» von der Kommunistischen Partei des Kantons Zürich herausgegebenen «Informationen» und der vom Sekretariat der KPS herausgegebenen «Mitteilungsblätter». Verschiedene KPFunktionäre gaben auch zu, diese illegalen Schriften von der Parteileitung in Zürich zwecks Verteilung erhalten zu haben.

In Bern hat die KP Bern nach dem Tätigkeitsverbot vom 6. August 1940 unter Verwendung von falschen Namen und Deckadressen eine illegale Schrift unter dem Titel «Die Wahrheit» herausgegeben und vertrieben. Auch in der übrigen Schweiz (Luzern, Schaffhausen, Borschach, Herisau, Chur und besonders in der Westschweiz) konnte durch die Aktion umfangreiches Propagandamaterial sichergestellt werden. In Genf sind fast alle Mitglieder der früheren Kommunistischen Partei zu der von Nicole ins Leben gerufenen.

«Fédération Socialiste Suisse» übergetreten.

b. Aktion gegen kommunistische Propagandaorgaiiisatiouen in Bern, Genf, Zürich und Basel.

Die illegale kommunistische Propagandatätigkeit trat hauptsächlich Mitte Februar 1941 wieder in vermehrtem Masse in Erscheinung. Es wurden Broschüren und vervielfältigte Druckschriften, Flug- und Handzettel von unbekannter Täterschaft verbreitet. Sinn und Zweck dieser Tätigkeit war ausschliesslich, Unzufriedenheit, Misstrauen und Hass zu säen. Die Bundespolizei versuchte nun in der Folge, in Verbindung mit den Polizeiorganen der Kantone der Zentrale dieser Propagandatätigkeit auf die Spur zu kommen. Das Ermittlungsverfahren ergab : In B e r n : Am 12. Februar 1941 erhielt die Bundespolizei Kenntnis, dass der Verlag W. Zbinden, Marktgasse 37, Bern, sehr wahrscheinlich als Anlaufund Verteilerstelle der kommunistischen Propagandaliteratur diene. Die Haussuchung förderte ein grosses Lager kommunistischer Literatur zu Tage und bildete zugleich den Schlüssel zur Aufdeckung eines ausgezeichnet organisierten und mit Intensität funktionierenden kommunistischen Propagandaapparates.

In G e n f : Unter dem im Verlag Zbinden beschlagnahmten Material befanden sich 2 Kisten kommunistischen Propagandamaterials. Als Aufgabeort war auf den zu den Kisten gehörenden Frachtbriefen Genf bezeichnet. Es lag nahe, dass
die «Coopérative d'Imprimerie» in Genf mit dieser Sendung im Zusammenhang stehe. Die Bundespolizei führte deshalb in Verbindung mit der Police de Sûreté in Genf in den Räumen der «Coopérative d'Imprimerie» eine Haussuchung durch. Die Haussuchung und Einvernahme des Leiters der Buchdruckerei ergaben, dass die «Coopérative d'Imprimerie» die Zentrale eines weitverzweigten Netzes kommunistischer Propagandastellen war.

241 In Zürich und Basel: Anlässlich der in der «Coopérative d'Imprimerie» angestellten Untersuchungen wurde ein Zettel gefunden, auf welchem folgende Adressen verzeichnet waren : ' !

Zürich, Ämtlerstrasse 40, 6 Kisten.

Ba.sel, Hüningerstrasse 23, 6 Kisten.

Bümpliz bei Bern, Bottigenstrasse 67, 3 Kisten.

; In Zürich konnte festgestellt werden, dass die fraglichen Kisten von der Ämtlerstrasse 40 nach der Zweierstrasse 175 transportiert worden waren. Im Keller der Zweierstrasse 175 wurde in der Folge ein grosses Lager kommunistischer Propagandaliteratur aufgefunden.

Weiter ergab sich, dass am 14. Februar 1941 6 Kisten kommunistischer Propagandaliteratur durch die Basler Filiale der Firma Toustransports S. A.

in Genf an die Hüningerstrasse 23, Basel, verbracht und dort entgegengenommen wurden. .

In Bümpliz fand man ebenfalls an der bezeichneten Stelle Propaganda: material.

, Die Untersuchung dieser Umtriebe führte zu 2 verschiedenen Urteilen des Bundesstrafgerichtes, und zwar , 1. Urteil des Bundesstrafgerichtes vom 1. Februar 1943 gegen Karl Hofmaler und, Konsorten, durch welches Karl Hofmaler, Léon Nicole. François Graisier, Franz Bartocha und Edgar Woog zu Gefängnisstrafen wegen illegaler kommunistischer Propaganda verurteilt wurden.

2. Urteil des Bundesstrafgerichtes vom 18. März, 1943, durch welches Robert Seiler, Josef Inauen, Leonhard Reichensberger, Karl Seeger, Eichard Müller, Oskar Diethelm, Ernst Stettier, Konrad Magnusson, Johann Dillier und Attilio Eodigari, wegen illegaler kommunistischer Tätigkeit mit Gefängnisstrafen verurteilt wurden. : Durch die erwähnten Urteile ist in tatbeständlicher Hinsicht folgendes festgestellt worden: aa. Die «Coopérative d'Imprimerie» wurde am 2. Dezember 1939 gegründet mit dem Ziel, die Zeitungen «Le Travail» und «Le Droit du Peuple» zu drucken.

Nicole war Chef-Bedaktor und Graisier Sekretär der Redaktion. Diese Herausgabe wurde jedoch durch den Bundesratsbeschluss vom 5. Juli 1940, in welchem die betreffenden Schriften der «Fédération Socialiste Suisse» verboten wurden, unterbunden. Die «Coopérative d'Imprimerie» kam in eine finanziell schwierige Situation und suchte neue Druckaufträge, welche sie in. den im, folgenden erwähnten Aufträgen fand.

bb. 2 führende Kommunisten der Schweiz, Edgar Woog, welcher 'am 8. Juni 1911 in Basel, und Karl Hofmaler,
welcher am 25. November 1911 auch in Basel eingebürgert wurden, hatten Kenntnis von der bedrängten Lage der «Coopérative d'Imprimerie» und sorgten für Abhilfe, indem sie bei der «Coopérative d'Imprimerie» in Genf kommunistisches Propagandamaterial drucken .Hessen. Woog bestellte kommunistische Schriften als Leiter der Stauffacher

242

Buchhandlung Zürich, festgestelltermassen im Interesse der KPS. Auch Hofmaier bestellte kommunistische Schriften, nicht auf eigene Rechnung, sondern für die KPS.

' Hofmaier, welcher die meisten Schriften und Bücher bestellte, bezahlte innerhalb einiger Monate Fr. 30 000. Mit Ausnahme von ca. Fr. 8000, die von Edgar Woog, d. h. von der Buchhandlung Stauffacher, stammten, wurden diese Zahlungen an die «Coopérative d'Imprimerie» aus dem Fonds der KPS geleistet. Nach der Ansicht ;des Bundesgerichtes wurde die KPS in finanzieller Hinsicht durch die 8. Internationale unterstützt.

cc. Die Leiter der «Coopérative d'Imprimerie», Léon Nicole und François.

Graisier, liessen die Druckaufträge ausführen. Um gegenüber dem eigenen Personal und Drittpersonen die Auftraggeber zu tarnen, wurde auf Veranlassung Nicoles in den Bestellzetteln die «Fédération Socialiste Suisse» als.

Besteller genannt. Die Buchbindereiarbeiten übergab die «Coopérative d'Imprimerie» der Firma Keliure S. A. in Genf.

da. Die fertigen Schriften gelangten von Genf aus gemäss der Anweisung Hofmaiers an bestimmte Verteilerstellen, und zwar nach Zürich, Basel und Bern. Von diesen ersten Vertriebsstellen aus wurde das Propagandamaterial weiterverteilt, bis es -- wie für einzelne Schriften nachgewiesen -- in zahlreichen Ortschaften des Landes durch Postversand, Handverteilung auf Strassen und in Fabriken, durch Einwurf in Briefkasten oder durch Anschlag abgesetzt wurde. Die in dieses Verteilungssystem eingeschalteten Personen führten ihre Aufgaben in Anwendung der von der Kommunistischen Internationale befohlenen konspirativen Regeln (Verwischung der Spuren, Leugnen, etc.)

durch.

Die Untersuchung ergab, dass die «Coopérative d'Imprimerie» in Genf fortgesetzt kommunistisches Propagandamaterial druckte und dass die Leiter dieses Unternehmens die kommunistischen Auftraggeber zu tarnen versuchten ; die «Coopérative d'Imprimerie» wurde daher durch Bundesratsbeschluss vom.

9. April 1941 aufgelöst, weil sie sich in den Dienst der Kommunisten gestellt hat und somit als kommunistisches Hilfsorgan betrachtet werden musste.

Bei den illegalen Schriften, die in der «Coopérative d'Imprimerie» gedruckt wurden, handelt es sich im wesentlichen um folgende : Die Lehre Lenins vom Imperialismus und der 2. imperialistische Krieg.

Diese Schrift schildert die
Haltung der kommunistischen Internationale zum zweiten Weltkrieg. Sie zejgt, welche Vorteile die proletarische Revolution aus diesem Krieg ziehen kann und dass die Bedingungen für eine proletarische Eevolution günstiger seien als im ersten Weltkrieg, und zwar u. a. aus folgenden Gründen: « . . . Die Arbeiterklasse erinnert sich an den ersten Weltkrieg, sie erinnert sich an die damaligen Versprechungen der Sozialdemokratie. Die Arbeiterklasse kennt.

.. .

.

·

243

sich jetzt besser aus in den Losungen, die die Sozialdemokratie aufstellt; und sieht, dass es im Grunde dieselben Losungen sind wie zur Zeit des ersten Weltkrieges.

Die Arbeiterklasse durchschaut viel besser den ganzen Betrug.

Der dritte Faktor, das ist die Existenz der Sowjetunion. Das Proletariat sieht, dass der Sturz der Bourgeoisie eine Aufgabe ist, die verwirklicht werden kann. -- Die Arbeiterklasse der ganzen Welt sieht, dass die Arbeiterklasse unter der Führung Lenins und Stalins imstande ist, den Staat zu organisieren, imstande ist, nicht nur die Produktivkräfte, die während der Epoche des Kapitalismus erzeugt wurden, zu beherrschen, sondern sie in weit rascherem Tempo entwickeln kann. Das ist ein Faktor, welcher die revolutionäre Stimmung der Arbeiter aller Länder erhöht.

Der vierte Faktor. -- Zu Beginn des zweiten imperialistischen Krieges besteht in jedem Lande eine kommunistische Partei -- legal oder illegal, gross oder klein, doch spielt hier die Zahl nicht, die entscheidende Rolle, wie das bereits Leiiin bemerkte, aber entscheidend ist-, dass die kommunistischen Parteien jetzt eine grosse Erfahrung im Kampfe, eine Leninistische-Stalinistische-bolschewistische Erziehung und in der kommunistischen Internationale eine einheitliche Führung besitzen.

Was ist Sozialismus ? von Ernst Fischer.

; Diese Schrift, zu der Léon Nicole ein Vorwort schrieb, versucht zu zeigen, dass zwischen der Sowjetunion und den Proletariern aller Länder eine Verbindung besteht. Die Sowjetunion werde mit allen Mitteln in den Klassenkampf eingreifen. Dir gehört die Sympathie aller Proletarier der Welt. : Die Europäische Föderation von Bévai.

.

Nach dieser Schrift scheint es, dass die Eevolution des Proletariats nicht zu umgehen sei. Nur der Bürgerkrieg in jedem Lande, hervorgerufen durch die Arbeiterschaft, bringe eine gerechte Lösung der europäischen Probleme.

Die Broschüre «Ein K u n d g a n g d u r c h die Schweiz».

Es handelt sich dabei um ein Manifest der Kommunistischen Partei der Schweiz, das Ende 1940 herausgegeben wurde. Dieses Manifest hebt an verschiedenen Stellen hervor, dass die KPS auf revolutionärer Basis ; stehe. Der gegenwärtige Krieg begünstige eine Eevolution. Die Sowjetunion werde ihre ganze Sache in :den'Dienst der Proletarier aller Länder stellen.

Die Broschüre « G e s c h i c h t e eines V e r b r e c h e r s » .von André Marty.

Diese Schrift ist eine Eechtfertigung der Haltung der Kommunistischen Partei. .Es handelt sich um eine i typische kommunistische: Propagandaschrift mit folgenden Ideen : Benützung des gegenwärtigen Krieges urn eine Eevolution auszulösen; Untergrabung der innern Sicherheit des Landes.

Abschliessend kann hier zur Charakterisierung dieser; Umtriebe eine im Bundesgerichtsentscheid vom 1. Februar 1943 gemachte, Feststellung wiederholt : werden: «Les visées du parti communiste sont demeurées les mêmes. Il proclame que pour parvenir à ses fins il doit recourir à la révolution et à la guerre mondiale qui lui fourniront le terrain propice pour renverser l'ordre légal par la violence: et pour instaurer la dictature, n veut que les partis communistes de tous les pays se subordonnent à l'Internationale communiste; il prescrit enfin à ses adhérents de manifester delà solidarité active envers l'URSS et s'efforce de les persuader que l'Etat soviétique: leur donnera son appui. »

244 c. Kommunistische Umtriebe in Luzern.

Verschiedene frühere Mitglieder der KP Luzern betrieben illegale kommunistische Propaganda durch Verbreitung kommunistischer Literatur. Es handelt sich u. a. um folgende Schriften: Das Flugblatt «Verlängerung, Ausdehnung und V e r s c h ä r f u n g des Krieges» wirbt für kommunistische Ideen. Es weist auf das Beispiel der Bolschewisten hin, welche den Krieg benutzt hätten, um ihre Eevolution mit aller Konsequenz durchzuführen. Anschliessend'an eine Lobrede auf die Sowjetunion, welche die sozialistische Eevolution fördere und die Völker befreien helfe, betont die Schrift, dass die Offensive der Boten Armee den Befreiungswillen der Massen nicht ersetzen könne; die Werktätigen müssten ihre eigene Bourgeoisie am Kragen packen und, die Erschütterung durch den Krieg ausnützend, eine revolutionäre Bewegung entwickeln, dann könnten sie sich auf die aktive Hilfe der Sowjetunion stützen.

.Das Plugblatt «Der 23. J a h r e s t a g der russischen Eevolution» weist darauf hin, dass Lenin unter der Diktatur des Proletariats die Niederhaltung der Unterdrücker, Ausbeuter und Kapitalisten verstehe, deren Widerstand mit Gewalt gebrochen werden müsse. Das Flugblatt schliesst mit dem Aufruf: «Unter der Führung der kommunistischen Internationale, gestützt auf die grandiosen Erfahrungen der Sowjetmacht, werden die Werktätigen der ganzen Welt die Erschütterung des Krieges ausnützen, um ihre eigene Bourgeoisie zu stürzen und der ganzen Menschheit Frieden, Brot und Freiheit, wie in der Sowjetunion, zu sichern.» Die Zeitschrift «Zeigt der Sozialismus einen A u s w e g ? » arbeitet auf den gewaltsamen Umsturz hin. Sie preist das Werden und Sein der Sowjetunion und den nach dem Losungswort «Der Feind steht im eigenen Land» geführten Kampf von Lenin, an welchen der klassenbewusste Arbeiter sich erinnere. Für die Arbeiterklasse sei einzig der eine Ausgang des Krieges annehmbar: dass der Kapitalismus gestürzt werde. Die durch den Krieg herbeigeführte wirtschaftliche und politische Krise müsste hiezu ausgenützt werden.

Die sozialistische Jugend trete für die Sowjetunion ein, weil dort die Arbeiterklasse herrsche.

Durch Entscheid des Kassationshofes des Bundesgerichtes vom 26. Februar 1948 wurde festgestellt, dass es sich bei den erwähnten Schriften um kommunistisches Propagandamaterial handle, da dieselben für die typischen
kommunistischen Ideale (Hinarbeiten auf einen gewaltsamen Umsturz) werben.

Dureh Entscheid des Obergerichtes des Kantons Luzern vom 26. Juni 1942 wurden wegen der Verbreitung dieser kommunistischen Propagandaschriften 7 Kommunisten zu Gefängnisstrafen verurteilt. Durch das Urteil konnte festgestellt werden, dass sämtliches Propagandamaterial und sämtliche "Weisungen von der Parteileitung aus Zürich stammten.

245 d. Kommunistische Umtriebe in der Ostschweiz.

Durch, Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur vom 28. Juni 1943 gegen Bootz Fritz und 29 Mitbeteiligte konnte festgestellt werden, dass in der Ostschweiz im Jahre 1941 eine illegale kommunistische Parteitätigkeit entfaltet wurde. Die verschiedenen. Angeklagten betätigten sich an der Neugrün dungi Weiterführung und Neuorganisation der verbotenen kommunistischen Partei in Winterthur, St. Gallen, Flawil :und Aadorf sowie zum Teil in'Zürich. Es wurden verschiedene Sitzungen, Zusammenkünfte, Zellenbildungen und vor allem eine rege illegale Propagandatätigkeit durchgeführt. Die KPW wurde auch nach dem Verbot der Kommunistischen Partei weitergeführt. :Nachdem vorerst einige Parteizusammenkünfte abgehalten worden waren, wurde die verbotene Partei neu organisiert und die Organisation den illegalen Verhältnissen in der Weise angepasst, dass man Gruppen (sogenannte Zellen) mit wenigen Mitgliedern bildete, die von einem Zellenobmanu geleitet wurden.

Es bestanden einerseits sogenannte Strassenzellen, denen Mitglieder aus einem bestimmten Wohngebiet zugewiesen wurden, z. B. eine Zelle Veitheim, Wülflingen, Deutweg, anderseits sogenannte Betriebszellen, denen Arbeiter bestimmter Fabrikbetriebe angehörten, z. B. Zelle «Loki» (Lokomotivfabrik Winterthur), Zelle « Sulzer » (Gebrüder Sulzer AG.).

Die Parteileitung bestand vorerst in einer noch nicht straff organisierten Gruppe aktiver Mitglieder und wurde dann anfangs Herbst 1941 ; endgültig konstituiert. Parteileiter war der bekannte Kommunist Meier Max, Winterthur, und Kassier Burlet Edwin aus Winterthur; Frei Josef, Winterthur, war Obmann der Betriebszellen, Wolfensberger Paul, Winterthur, Obmann der Betriebszelle «Lóki», Müller Werner, Winterthur, Vertrauensmann für Gewerkschaftsfragen, und Gustav Bracher, Winterthur, Obmann der Strassenzellen.

Vom Spätherbst an gab die KPW monatlich ein Parteiorgan: «Der Funke» heraus. Es erschienen insgesamt 5 Nummern. Zudem versuchte die KPW in der Öffentlichkeit durch Herausgabe von Flugschriften, Flugblättern und Fingzetteln zu wirken.

Die KPW stand mit der KP der Schweiz in Verbindung. Wiederholt wurden Sendungen des Organs der KP, «Die Freiheit», der kommunistischen Mitteilungsblätter «Russische Informationen» und der «Information» von Zürich nach Winterthur geschickt und hier durch die KPW vertrieben.

Folgende
kommunistische Propagandaliteratur wurde durch : die KPW vertrieben: · , · '' Das Flugblatt «Sie haben Euch angelogen». Dieses war-eine reine Propaganda für Eussland und den Kommunismus. Der Schluss lautete: «Der Sieg gehört der revolutionären Eoten Armee und der internationalen Arbeiterklasse, geführt durch die illegalen kommunistischen Parteien». Das Flugblatt bringt die Absicht zum Ausdruck, mit Hilfe einer siegreichen russischen Armee dem Kommunismus in Europa jzum Siege zu verhelfen. Dieses Flugblatt wurde von Meier Max entworfen.

· Bundesblatt.

98. Jahrg

Bd. II.

17

246 Im November 1941 wurde die Flugschrift verteilt «Allein sind wir nichts, zusammen sind wir alles». Gemäss ihrem Motto propagiert die Schrift den Zusammenschlug» des arbeitenden Volkes zum revolutionären Kampf unter Anwendung der Gewalt für ein siegreiches 1918, für die sozialistische Umgestaltung der Schweiz, wobei der baldige Beginn des illegalen Bndkampfes verheissen wird. Auch in dieser Flugschrift kommt die Hoffnung auf. einen russischen Sieg als einschneidende Voraussetzung für den Sieg der kommunistischen Revolution in Europa zum Ausdruck.

: . Die Flugschrift «Zum 18. Todestag Lenins» ist eine Verherrlichung des Lebenswerkes Lenins und der bolschewistischen Eevolution. Sie wirbt für die Treue zur kommunistischen Internationale und für das Bekenntnis, Lenins Gebote zu halten, und verheisst, dass der ersten bolschewistischen Eevolution andere folgen werden.

, · . .

. .

Die illegale Zeitschrift der KPW «Der Funke». Der Funke Nr. l bespricht im Leitartikel «Wann und Wie» die Aussichten des Weltkrieges und kommt zum Schluss, dass als Folge des Krieges und aus dem durch ihn erzeugten Höllenleben der Völker mit; unaufhaltsamer Konsequenz die Flammen des Bürgerkrieges und der Völker befreienden Eevolution schlagen werden.

Unter der Eubrik «Kurzbericht» befindet sich zum Thema «Edy Brunner verhaftet» eine Instruktion über das Verhalten der Kommunisten nach einer Verhaftung: «Edy wird seinen Untersuchungsrichtern das Frag- und Antwortspiel sehr sauer machen und uns allen ein Beispiel geben, dass wir den Hunden nichts über die Arbeit der Partei verraten dürfen, und dass wir die Polizei als elende Schufte mit Hass und Verachtung und hartem Schweigen strafen müssen. Edy Brunner ist ein Schweizer mit heissem Tellenblut».

Der «Funke Nr. 2» bespricht im Leitartikel «Wer-Wen» das Wesen des imperialistischen Krieges und des Krieges an der inneren Front zwischen der Arbeiterklasse und dem Kapitalismus. An die Spitze der Weltarmee der Arbeiterklasse sei jetzt die heldenhafte russische Arbeiterklasse getreten. Der Artikel schliesst mit der kommunistischen Hoffnung auf den Sieg Eusslands, der zum Sturz des europäischen Kapitalismus führen könnte.

Der «Funke Nr. 4» bespricht in seinem Leitartikel wiederum den Krieg.

U. a. wird folgendes propagiert: «Arbeiter! Wartet nicht auf die Bote Armee.

Der Sturz
der schweizerischen Kapitalisten soll das Werk der Schweizer Arbeiter sein. Erst wenn ihr selbst aufsteht, wird und kann Euch die Bote Armee helfen.

Hinein in die KP!» .

Sehr aufschlussreich ist ein anlässlich der Untersuchung bei Jules HumbertDroz in Zürich am 17. Juni 1942 beschlagnahmtes Dokument mit der Überschrift: «Selbstschulung, Kurse für Strategie und T a k t i k » . Dort heisst es u. a. : · ,.

, «Die theoretische Schulung der sozialistischen Arbeiterfunktionäre ist heute notwendiger denn je. In einer nahen Zukunft können Arbeiter und Funktionäre vor eine gewaltige Verantwortung gestellt werden, d. h. in der Schweiz den revolutionären Kampf der werktätigen Massen gegen den Kapitalismus für die sozialistische Gesellschaft führen müssen».

247

Was ist die S t r a t e g i e ? : : Die Strategie ist die Festlegung der Richtung, des Hauptangriffes des Proletariats in der betreffenden revolutionären Etappe, die Ausarbeitung eines entsprechenden Planes der Verteilung der revolutionären Kräfte, der Kampf um die Durchführung dieses Planes während des ganz m Verlaufes der betreffenden Eevolutionsetappe.

; Das Endziel ist und bleibt unveränderlich : die Übernahme der Macht durch das ; Proletariat und die sozialistische Gesellschaft.

Die V o r a u s s e t z u n g e n einer sozialen Revolution.

Sind diese allgemeinen Bedingungen in der jetzigen Epoche erfüllt ? Ohne Zweifel. Die Profitinteressen einer kleinen Minderheit von Grosskapitalisten stehen im Widerspruch zu den ' Lebensinteressen der grossen werktätigen Massen, hindern die Produktion und bewirken jenes Massenelend, jene Krisen und Kriege, jene Massenempörung, die zur revolutionären Erhebung führt.

Seit dem letzten Weltkrieg ist die Lage der kapitalistischen Gesellschaft in der Schweiz für die soziale Umwälzung noch reifer, ihre Last für die werktätigen Massen noch untragbarer geworden. Nicht nur ist die ökonomische Möglichkeit der sozialistischen Umgestaltung unseres Landes vorhanden, ihre Notwendigkeit wird eine Existenzfrage für die Arbeiter,; Angestellten und Kleinbauern.

, '' ' Reserven.

Besitzt die Arbeiterschaft Verbündete und Reserven für den revolutionären Kampf?

Die Arbeiterschaft kämpft nicht allein. Sie besitzt Verbündete im Kampf.

: Welches sind die Reserven: ; aa. die Bauernschaft und überhaupt die in Not geratenen Zwischenschichten des eigenen Landes, : bb. das Proletariat der benachbarten Länder, cc. die revolutionäre Bewegung in den Kolonien und in den abhängigen Ländern, dd. die Sowjetunion und die Errungenschaften der Diktatur des Proletariats.

In einem andern bei Humbert-Droz beschlagnahmten Dokument steht : «Unsere Offensive in der Schweiz muss gegen den Bundesrat und seine reaktionäre und achsenfreundliche Politik geführt werden. Der Bundesrat und die Grossbourgeoisie haben jedoch eine sehr einflussreiche fünfte Kolonne innerhalb der Schweizerarbeiterschaft. Es sind die reformistischen Bonzen der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie, die den entschlossenen Kampf hindern und sabotieren. Die Verjagung dieser Agenten des Feindes aus den Reihen der Arbeiterschaft,
die Säuberung der Arbeiterorganisationen muss eines unserer Ziele sein.

: Die Illegalität zwingt uns zu drei bis fünf Genossen die Sitzungen abzuhalten, um die Arbeit zu besprechen. Wie Kämpfer sollen unsere Gruppen

248 ihre Tätigkeit und ihr Arbeitsgebiet sorgfältig vorbereiten -- steigern und ständig überprüfen, Literaturverkauf, Flugblattverteilen -- Streuzettel und Klebeaktionen sollen 'forciert werden. Die Kreisleitung wird die Gruppen, die ihre Aufgaben mit oben angeführten Vorsätzen durchführen, als Stossgruppen auszeichnen».

Bezüglich « K o n s p i r a t i o n » wird folgendes ausgeführt: : Die konspirativen Massnahmen sind ständig in Erinnerung zu rufen -- ihre Ausführungen zu kontrollieren und Beobachtungen und Erfahrungen weiterzuleiten. Bei Polizeiaktionen sofort Mitteilung zu machen. Es wird regelmässig oder der Situation entsprechende Mitteilung von konspirativen Massnahmen gemacht.» ' In einem beschlagnahmten Dokument werden Lehren der Konspiration erteilt. Es heisst dort-u. a.: «Die Polizeier sind für uns keine Behörde, sondern Knechte und Zuhälterkreaturen. Nicht wir, sondern der Bundesrat und die Polizei haben die Verfassung gebrochen. Das ist sehr wichtig für das Verhalten bei einer Verhaftung. Anstatt auf die vielen Fragen der Polizei einzugehen, sollen die Genossen bei der ersten Frage eine Erklärung abgeben, die im wesentlichen besagt: «Die polizeilichen Massnahmen gegen die Kommunisten und Antifaschisten widersprechen den demokratischen Rechten der Verfassung. Nicht wir, sondern Bundesrat und Polizei verletzen die Gesetze, und zwar auf Befehl der deutschen Gesandtschaft. Eine solche vom Ausland geleistete und gegen unsere Demokratie gerichtete Aktion unterstütze ich nicht und verweigere daher jede Auskunft». Die Polizei wird solchen Genossen damit drohen, sie solange in Haft zu behalten, bis sie reden. Aber das sind nur leere Drohungen, tatsächlich ist die Polizei machtlos gegenüber Genossen, die die Auskunft verweigern.

Im übrigen ist es besser, einige Tage oder Wochen länger verhaftet zu bleiben, als seine Organisation und die Sache der Eevolution zu verraten.

Nun müssen wir noch einige der wichtigsten konspirativen Regeln kennen lernen. An die.Spitze der gesamten konspirativen Arbeit müssen wir das Wort Lenins stellen: «Wer in Zeiten der Illegalität auch nur im geringsten die Disziplin der Bolschewiki bricht, hilft, ob er will oder nicht, unserem Feind, der Bourgeoisie».

Das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur kommt zum Schluss, dass das Propagandamaterial diejenigen Mittel und
Ziele der kommunistischen Politik vertritt, wegen welcher die Partei verboten worden ist, nämlich die Übernahme der politischen Macht durch Gewaltanwendung, die Diktatur des Proletariats nach den Richtlinien der Kommunistischen Internationale.

e. Illegale kommunistische Tätigkeit in Zürich.

Durch verschiedene Urteile des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 2. Juni 1948 ist über die Tätigkeit der Kommunistischen Partei Zürich im Jahre 1941 folgendes festgestellt worden:

249 Es wurde der Beweis erbracht, dass eine illegale komrnunistische Stadtorganisation in Zürich bestand, der verschiedene Kreisgruppen angegliedert waren, u. a. : die K r e i s g r u p p e A l t s t e t t e n (Kommunistische Partei Zürich 9), die K r e i s g r u p p e Altstad't (Kommunistische Partei Zürich 1), die K r e i s g r u p p e N e u m ü n s t e r (Kommunistische Partei Zürich 8).

Die Untersuchung ergab auch Anhaltspunkte dafür, dass in Zürich eine Oberleitung der Kommunistischen Partei bestand, eine sogenannte Zentrale. So war z. B. Anderfuhren Johann in der Oberleitung der Kommunistischen Partei der Stadt Zürich. Es scheint, dass Anderfuhren die Beschlüsse der Oberleitung -- wie nach dem Parteiverbot nun im einzelnen vorzugehen sei -- in deren Auftrag den Zellen übermittelte. Durch das Obergericht wurden verschiedene Mitglieder der illegalen Kommunistischen Partei zu Gefängnisstrafen verurteilt.

î. Tätigkeit der aufgelösten Sozialistischen Jugend.

Die Anhänger dieser Partei setzten ihre Tätigkeit auch nach dem Verbot vom 27. Januar 1941 fort, was speziell aus der Tätigkeit der Sozialistischen J u g e n d Biel hervorgeht.

Kurz nach dem Verbot der Tätigkeit der KP S kam von der Zentrale der Sozialistischen Jugend Zürich, d. h. von Zogg Hans, der Bericht an Lehrnann Hans nach Biel, dass trotz dem Verbot illegal weitergearbeitet werde.

Lehmann setztq sich mit den Gesinnungsgenossen in Biel in Verbindung, und alle waren einverstanden, illegal ihre politische Tätigkeit fortzusetzen. Es fanden in Biel verschiedene Zusammenkünfte statt, und : es wurde der Beschluss gefasst, die Tätigkeit auf die Illegalität zu verlegen. Die SJ Biel hat aus Zürich verschiedentlich die illegale Zeitschrift «Das Feuer» erhalten und vertrieben. Die Weisungen für die illegale Tätigkeit kamen immer von der Zentrale in Zürich.

Die SJ Biel setzte sich auch in Verbindung mit der SJ Bern. Die SJ Biel und Bern veranstalteten am 19./20. Juli 1941 in Sugiez (Fribourg) eine Zusammenkunft in Form eines Zeltlagers. Anlässlich dieser Zusammenkunft wurden kommunistische Propagandareden gehalten, und es wurde auch die Frage von eventuellen Sabotageakten und Sprengstoffattentaten besprochen.

Nach dieser Zusammenkunft unternahmen die an der Zusammenkunft in Sugiez anwesenden Stauffer Hans und Lehmann Hans Versuche mit
Sprengkörpern im Berghaus «Le Eoe» ob Biel. Es besteht der begründete Verdacht, dass diese Aktion im Zusammenhang mit der an der Zusammenkunft zur Sprache gekommenen Sabotagehandlung steht.

Am 24. August 1941 versammelten sich die S J Biel und Bern erneut zu einem Zeltlager in Avenches. An dieser Versammlung hielt Inauen Josef von Bern eine kommunistische Ansprache.

In der Folge wurden 18 Mitglieder der S J Biel und Bern wegen kommunistischer Umtriebe zu Gefängnisstrafen verurteilt.

:

250 g. Verbot der «Fédération Socialiste Suisse» und die Auflösung weiterer kommunistischer Organisationen.

Mit Datum vom 24. Mai 1941 beantragte das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement auf Anraten der Kommission des Nationalstes für das Geschäft «Ausschluss von Nationalräten» (Tagung in Vitznau 2.8. April 1941) dem Bundesrat das Verbot der «Fédération Socialiste Suisse» im wesentlichen mit folgender Begründung: «Wenn sich die Fédération Socialiste Suisse auch nicht als kommunistische Organisation bezeichnet, so kann nach dem heute vorliegenden Beweismaterial über den kommunistischen Charakter dieser Partei kein Zweifel mehr bestehen. Die kommunistisch eingestellte Führung der Partei durch Herrn Nicole ergibt sich aus den Erwägungen des Entscheides des Bundesgerichts vom 12. Juli 1940 in: Sachen Nicole ca. Staatsrat Waadt. Zusammenfassend kann in dieser Beziehung festgestellt werden: .Nicole unterstützt in Wort und Schrift vorbehaltlos die Révolutions- und Kriegspolitik Eusslands und billigt den Angriff auf Finnland, die Besetzung eines Teils von Polen sowie die Annexion der baltischen Staaten, die endlich vom kapitalistischen Joch befreit worden seien. Er schreibt öfters Artikel in der ausländischen kommunistischen Zeitschrift «Die neue Welt»,-worin er die Leiter der Schweizer Sozialdemokratischen Partei heftig angreift und den revolutionären Oktobergeist verherrlicht, und ist bezahlter Korrespondent der Agentur Supress in Moskau. Er hat die Genfer Kommunisten in seine Partei aufgenommen, ohne dass sie ihr Bekenntnis zum Kommunismus aufgeben mussten. Bussische Zeitungen loben seine Haltung und zitieren seine Artikel. Er steht mit dem Schweizer Kommunisten Karl Hofmaler, den er in einer Versammlung in Genf als «homme de confiance de Moscou en Suisse» bezeichnet und mit dem er im Jahre 1939 eine Reise nach Russland unternahm, in besten Beziehungen. In Verbindung mit diesem kommunistischen Führer und andern Kommunisten liess er in der;von ihm geleiteten Druckerei «Coopérative d'Imprimerie» kommunistische Propagandaliteratur drucken. Im Jahre 1940 eröffnete er die Librairie du Faubourg, deren Leitung er der Kommunistin Pinggera anvertraute; der Genfer Staatsrat schloss diese Buchhandlung, weil sie sich hauptsächlich mit dem Vertrieb kommunistischer Literatur befasste. An den Genfer
Parteiversammlungen verherrlichen Nicole und andere Redner die Révolutions- und Kriegspolitik Russlands.» Der Bundesrat hat gestützt auf diese Ausführungen die «Fédération Socialiste Suisse» am 27. Mai 1941 verboten.

Im Anschmss daran hat der Nationalrat am 12. Juni 1941 die Herren Dicker, Masson, Gloor und Nicole aus dem Nationalrat ausgeschlossen.

Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat am 27. Januar und 5.,September 1941 gestützt auf Art. l , Abs. l, des Bundesratsbeschlusses vom 17. Dezember 1940 über den Vollzug des Bundesratsbeschlusses betreffend die Auflösung der Kommunistischen Partei der Schweiz u. a. folgende kommunistische Organisationen gestützt auf die erwähnte Begründung aufgelöst : Die Bote Hilfe der Schweiz.

Diese Organisation ist eine Sektion der internationalen Koten Hilfe, deren Sitz in Moskau war. Die Verbindung zur Kommunistischen Internationale ist erwiesen.

·

251

D i e Freunde d e r S o w j e t u n i o n .

. ·''' Es handelt ; sich hier ebenfalls um eine internationale Organisation, die Verbindungen zur Kommunistischen Internationale hat. Der Zweck der Vereinigung ist die Propaganda für die Sowjetunion und die Verherrlichung kommunistischer Zustände. Die von den Freunden der Sowjetunion betriebene Propaganda ist ein Teil der kommunistischen Agitationspropaganda und bildet das Gegenstück zur Agitation, die die Aufreizung zum Hass gegen den Staat betreibt. , , : Die Sozialistische Jugend mit ihren Untergruppen, insbesondere der Sozialistischen S t u d e n t e n g r u p p e .

Nach Auflösung der «Kommunistischen Jugend» hat die Sozialistische Jugend die Jungkommunisten aufgenommen. Dadurch sollte die Jugendeinheit, wie sie vom 7. Weltkongress der Kommunistischen Internationale propagiert wurde, verwirklicht werden. Die Sozialistische Jugend betrieb seit längerer Zeit eine kommunistische Politik, und sie wurde deshalb von der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz ausgeschlossen. Der Sozialistischen Jugend gehört als Untergruppe die Sozialistische Studentengruppe an.

Die B u n d s c h a u - N a c h r i c h t e n - A g e n t u r in Zürich (Buna) vgl.

:

s. 2237224;

."..·.

" '. ' ;

2. Linksextremistische Umtriebe im Jahre 1942.

a. Dlegale Propagandatätigkeit.

Auch im Jahre: 1942 setzte die KPS ihre illegale Tätigkeit hauptsächlich durch Herausgabe und Verteilung von kommunistischem Propagandamaterial fort. So wurden im Monat April 1942 durch die Kommunisten in Bern, Langenthal und Biel Streu- und Briefkastenaktionen durchgeführt, die Bezug hatten auf die Wahl des bernischen Grossen Bates und des Begierungsrates. In Schaffhausen und St. Gallen wurden Flugblätter kommunistischen Inhalts verteilt.

In einem Flugblatt wurde u. a. geschrieben: «Die Änderung der internationalen Lage wirkt sich in der Schweiz in einem gewissen Nachlassen der Polizeiaktionen gegen die Kommunisten aus. Man darf sich jedoch nicht dadurch einschläfern lassen, dass die Verhaftungen seltener geworden und die Urteile relativ milde geblieben sind. Die zur Sicherung der Partei ergriffenen Massnahmen müssen in voller Schärfe aufrechterhalten und die Begeln der Konspiration genau befolgt werden.» : . 1 . 1 .

; In Basel fanden illegale kommunistische Versammlungen statt. Die Einladungen erfolgten auf dem Flüsterwege.

; : > Im November 1942 fanden in Zürich aus Protest gegen die Inhaftierung der KP-Führer Humbert-Droz, Otto Brunner und Edgar Woog Demonstrationen und Massenkundgebungen statt.

; Im Laufe des Jahres 1942 sind verschiedene klischierte illegale kommunistische Schriften erschienen mit den Titeln «Die Freiheit», «Die Wahrheit»,

252 «Der Funke», «Das Feuer», «Der Kämpfer», «Der Freiheitskampf», «Le Travail», «L'Etincelle», «La Vague», «Pinocchio» und «Les Lettres Carougeoises». Zudem sind unter Ausnützung der Verdunkelung immer wieder gedruckte und vervielfältigte Flugblätter verteilt worden.

In einer von der KP S nur für Funktionäre herausgegebenen Orientierung wurden folgende Instruktionen erteilt: «Einender wichtigsten Aufgaben der Leitung besteht in der Ausnützung aller legalen Möglichkeiten, um in das politische Leben einzugreifen. Jeder Kommunist soll Mitglied einer oder mehrerer Massenorganisationen sein, z. B.

Gewerkschaft, Genossenschaft, Sport- und Kulturorganisationen etc. Es ist Pflicht, sich persönliche Beziehungen zu schaffen und sie zu Diskussionen, zur Beeinflussung und Überzeugung der Kollegen zu benützen.

. Die KP Zürich sieht sich gezwungen, einige Personen wegen provokatorischen oder unproletarischen Verhaltens bei der Arbeit oder vor der Polizei aus der Partei auszuschliessen.» (Bei den ausgeschlossenen Kommunisten handelt es sich um solche, die im Ermittlungsverfahren Geständnisse abgelegt haben. Wenn also ein Kommunist seine Tätigkeit bei der Polizei zugibt, wird er aus der Partei ausgeschlos' sen. Gibt er aber gernäss der Parteiparole keine Auskunft und muss infolgedessen länger in Haft behalten werden, so werden in Gerichtsverhandlungen oder in der Presse den polizeilichen und richterlichen Behörden Vorwürfe wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gemacht.)

In einem Exemplar der «Freiheit» wurde folgendes geschrieben: «Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, dass ihre Ziele nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnungen. Möge die herrschende Klasse vor einer kommunistischen Eevolution zittern, die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder vereinigt Euch!» In einem Manifest der KP Winterthur wurde geschrieben: «Die;Bote Armee besitzt Soldaten in allen Ländern; jahrelang hat man den Bolschewiken einen Vorwurf .darüber gemacht, dass sie mit Gewalt, mit Gewehr und Kanone die Kapitalisten enteignen. Heute beschäftigt uns die Frage der Gewaltanwendung nicht mehr, die Problemstellung blutiger oder unblutiger,,
gewaltsamei oder freiheitlicher Weg steht nicht mehr zur Diskussion, weil schon jetzt täglich und stündlich die Gewalt das Wort hat.» Über .die illegale Tätigkeit der «Fédération Socialiste Suisse»-in Genf wird unter 8 f berichtet.

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b. Illegale Tätigkeit der Sozialdemokratischen Jugend Zürich und der Sozialistischen Jugend Zürich und Winterthur.

Anfangs 1942 wurde in Zürich.die «Sozialdemokratische Jugend» gegründet. Bei den Mitgliedern handelt es sich zur Hauptsache um frühere Angehörige

253 der verbotenen Sozialistischen Jugend. Innerhalb der Sozialdemokratischen Jugend wurde die illegale Zeitschrift «Das Feuer» verbreitet.

In der Ausgabe vom 28. September 1942 der Zeitschrift «Das Feuer» steht u.a. folgendes: i, «Genau so wie die Sowjetunion eine internationale Massenpolitik führt, genau so ist die gegenwärtige Aufgabe der schweizerischen revolutionären Arbeiterschaft, : eine breite nationale Massenpolitik gegen die Grossbourgeoisie und ihren Bundesrat zu führen.» Am 12./18. September 1942 wurde durch die Sozialdemokratische Jugend eine Sportveranstaltung mit folgenden Disziplinen durchgeführt : Stafette, Geländelauf, Hindernislauf, Schwimmen, Handgranatenwerfen und Schiessen.

Diese Veranstaltung fand sicher nicht zur Stärkung der Wehrhaftigkeit statt, da ja die S J den militärischen Vorunterricht bekämpfte.

Anlässlich eines am 15. September 1942 in Zürich stattgefundeneu Gruppenabends erklärte der Referent Karl Odermatt u.a. folgendes: « In der Schweiz müsse man sich für den Kampf gegen die Kapitalisten bereithalten. Man müsse nicht unbedingt das Material, welches man für den Krieg produziere, für den Krieg brauchen. Es könne nämlich auch im Innern verwendet werden.

Man müsse sich darüber klar sein, dass die kapitalistischen Kräfte nicht so ohne weiteres abdanken. Es heisse deshalb für die internationale Arbeiterklasse,, sich auf alles vorzubereiten.» ,

In Bern und Schaffhausen sind im Dezember 1942 ebenfalls Gruppen der Sozialdemokratischen Jugend gebildet worden.

: In Winterthur bestand vor dem Verbot als Untergruppe der Sozialistischen Jugend der Schweiz die Sozialistische Jugend Winterthur (S JW). Durch eine Strafuntersuchung, die zu Urteilen des Bezirksgerichtes Winterthur führte ist klargestellt worden, dass nach dem Verbot der Sozialistischen Jugend Max Meier aus Winterthur zusammen mit einer Anzahl Mitangeklagter sich im Frühjahr 1941 mit der Frage der Weiterführung der verbotenen Vereinigung beschäftigten. In der Versammlung im Frühjahr 1941 wurde die Weiterführung endgültig beschlossen, die Organisation festgelegt und die Ämter verteilt.

Die Organisation wurde den illegalen Verhältnissen in der Weise angepasst, ; dass man Gruppen, sogenannte Zellen mit wenigen Mitgliedern bildete. Es konnten 4 solche Zellen festgestellt werden. Schliesslich wurde an den Sitzungen auch die Verbreitung von Flugschriften und Flugblättern organisiert. In der Folge organisierte die SJW ;nach Weisungen der KP W nächtliche Streuaktionen mit den von der KP zur Verbreitung übergebenen Flugzetteln und Flugblättern; es handelte sich um Werbematerial für die KP S, in einzelnen Fällen auch um Propaganda der ^Revolution und der Diktatur des Proletariates.

Es konnte festgestellt werden, dass die SJW in Verbindung stand sowohl mit der SJ der Schweiz als auch mit der KPW.

Durch das erwähnte Urteil wurden 18 Angeklagte wegen kommunistischer Propagandatätigkeit zu Gefängnisstrafen oder Haft verurteilt.

25*4 3. Linksextremistische Umtriebe im Jahre 1943.

a. Herausgabe und Verteilung illegaler kommunistischer Zeitschriften und Plugblätter.

Auch im Jahre 1943 entfaltete die KP S eine rege illegale Propagandatätigkeit für die kommunistischen Ideen. Es erschienen die bereits früher erwähnten illegalen Vervielfältigungen.

In den verschiedenen Propagandaschriften wurden hauptsächlich die Sozialdemokratische Partei und ihre Führer angegriffen.

Die «Neue Berner Tagwacht» vom Juni 1943 richtete sich vor allein gegen die Sozialdemokratische Partei der Schweiz und im speziellen gegen die «Berner Tagwacht», als dem Organ der Burgfriedensstrategen. Es wird folgendes ausgeführt: «Zum 1. Mai brachte die ,,Tagwacht" auf der ersten Seite das Bild Stalingrads.

Auf den folgenden Seiten erschienen spaltenlange Zitate aus Reden und Schriften Stalins, Lenins und Gorlds. Mit diesem scheinbar linken Getue will die ,,Tagwacht" ihre Leser lediglich täuschen. Die ,,Tagwacht" möchte sich damit den Arbeitern als wirklich sozialistische und revolutionäre Zeitung präsentieren. Ist es nicht eine widerliche Heuchelei, für den Ausschluss Nicoles zu sein, den Polizeiterror ohne weiteres zu dulden und im gleichen Atemzug Lenin und Gorki zu zitieren. Die Verbindung Grimm-Ilg-Politik mit der scheinheiligen Bewunderung des Sowjetstaates ist tatsächlich eine Schändung der Verteidiger von Stalingrad.»

Über den Eedaktor des «Volksrecht», Herrn Meierhans, wird geschrieben, dass er die untertänigste Burgfriedenspolitik betreiben In der «Neuen Berner Tagwacht» vom August 1943 steht u. a. folgendes: « Die Kapitalisten werden aber ihre Fabriken nicht freiwillig aus der Hand geben. Es wird zum Kampf kommen. Das arbeitende Volk kann aber diesen Kampf gegen die Sache des Grosskapitals nur mit Erfolg führen, wenn es in einer .einheitlichen Kampf organisation seine Kräfte vereinigt.» In der Dezember-Nummer 1943: «Die Sozialdemokratische Partei hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie im Begriffe ist, sich zur zuverlässigsten Stütze (der zwangsläufigen reaktionären Herrschaft des Grosskapitals zu entwickeln.» Betreffend die Armee wird geschrieben: «In den Schulen lernen unsere Gradierten nicht den Eespekt vor den Soldaten, sondern ganz im Gegenteil werden sie gelehrt, die Truppe als eine verächtliche Bande zu betrachten, die man bändigen müsse, um für den Kriegsfall einen automatischen und stupiden Gehorsam zu erreichen.» b. Umtriebe der Sozialdemokratischen Jugend in Luzern.

Am 20. April 1943 wurde in Luzerri eine Vereinigung gegründet mit dem Namen «Sozialdemokratische Jugend». Der Zweck dieser Vereinigung war ein politischer. Die Jungen sollten zur Sozialdemokratischen Partei in Opposition treten und ihre Weisungen nicht befolgen. Initiant der Gründung war Ulrich Kägi aus Zürich. Als illegale Zeitschrift wurde von Zürich aus «Das Feuer»

255 in Luzern vertrieben. In den verschiedenen Versammlungen wurde u. a. folgendes ausgeführt: : «Wir müssen die Mehrheit im Schweizerland erlangen. Dies iwird nicht nur mit dem Stimmzettel gehen ; die alten Eidgenossen haben ihre Freiheit auch nicht so erkämpft, sondern mit den Hellebarden die Vögte vertrieben.

Es wird uns nichts anderes übrigbleiben, als unsere jetzigen Vögte auch mit den Waffen zu vertreiben.» ' Der tschechische Emigrant Franz Kail. der ebenfalls an den Versammlungen teilnahm, referierte über die von ihm geführte Jugendgruppe in der Tschechoslowakei, die mit Schlag-, Stich- und Schusswaffen ausgerüstet gewesen sei.

Er unterwies die Jugendlichen in revolutionären Theorien.

; Anlässlich eines Ausfluges nach Buchholzerschwendi referierte Kail über seine kommunistische Tätigkeit. Er stellte die Forderung auf,, es müsse in der Schweiz eine Änderung eintreten. Kail warf die Frage auf, wie in Luzern ein gewaltsamer Umsturz durchzuführen sei. Er sagte;dazu, es seien schlagartig Verwaltungsgebäude, Zeughäuser, Lebensmitteldepot?, Landessender, etc.

zu besetzen.

j !

Ein anderes Mitglied sprach auch zu diesem Thema und sagte, dass die Behörden, welche gegen die Besetzung Widerstand leisten würden, erschossen werden müssten.

; Der ebenfalls der Sozialdemokratischen Jugend Luzern angehörende Walter Buff referierte in einer Versammlung über die motorisierte Heerespolizei, insbesondere über Zweck der Truppe, Organisation, Anzahl der Kompagnien etc. Er behauptete, die Heerespolizei sei geschaffen worden, um gegen die Arbeiter eingesetzt zu werden. In der illegalen Zeitschrift der SJ «Das Feuer» \uirde in einem Artikel über die Heerespolizei folgendes ausgeführt: «Wir protestieren dagegen, dass unsere Armee dazu benutzt werden soll, die Arbeiter niederzumachen, wenn sie für ihre Eechte und Freiheiten kämpfen.

Wir empfehlen jedem, der die Gelegenheit dazu hat, die mot. H. P. zu absolvieren, diesen Türk mitzumachen, damit verhindert werden kann, dass dieses Zeug jemals gegen die Arbeiter eingesetzt werden kann.» Kägi, Buff, Kail und weitere Angeschuldigte wurden wegen dieser Umtriebe zu Gefängnisstrafen verurteilt. Kail wurde ausserdem durch Bundesratsbeschluss vom 1. September 1944 aus der Schweiz ausgewiesen. , c. Aktionen gegen Kommunisten in Basel und Bern.

Basel.

Am 13. April 1943
wurde in Basel eine komplett eingerichtete kommunistische Geheimdruckerei ausgehoben mit einem Vervielfältigungsapparat, zwei Schreibmaschinen und verschiedenen andern Utensilien. Das polizeiliche Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass in dieser Geheimdruckerei zahlreiche illegale kommunistische Schriften hergestellt wurden.

256 Bern.

" Anlässlich einer am 9. November 1943 durchgeführten Polizeiaktion in Bern wurde ebenfalls eine kommunistische Geheimdruckerei im Keller des Ernst Wegmiiller, Scheibenstrasse 33, Bern, gefunden. Es konnte festgestellt werden, dass die kommunistischen Schriften «Neue Berner Tagwacht», «Die Neue Welt» und «Bussische Informationen» in dieser Druckerei hergestellt worden sind. Es wurde folgendes Material beschlagnahmt: Eine Druckereimaschine, 10 Stück Schriftsätze, Holzschnitte mit Kopfdruck und Hunderte von illegalen kommunistischen Zeitschriften. Im weitern konnten in einer ' Werkstatt am Blockweg 6 in Bern 3 weitere noch nicht fertiggestellte Druckereimaschmen, die ebenfalls ,zur Herstellung illegaler kommunistischer Schriften vorgesehen waren, beschlagnahmt werden.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass diese Geheimdruckereien im Auftrag der KP eingerichtet worden sind.

Zahlreiche Personen wurden in das Verfahren einbezogen, welches jedoch in der Folge eingestellt, wurde, weil die kommunistischen Verbote aufgehoben wurden.

d. Auflösung der Kommunistischen Internationale.

Am 22; Mai 1943 gab der sowjetrussische Bundspruch bekannt, dass die im Jahre 1919 in Moskau geschaffene revolutionäre Weltorganisation, die III. Internationale oder Komintern, am 15. Mai ihre Auflösung beschlossen habe.

Diese Erklärung von weltgeschichtlicher Bedeutung hatte nach der Darstellung des Moskauer Senders folgenden Wortlaut: «Es muss festgestellt werden, dass die kommunistische Internationale, so wie sie durch den 1. Kongress im Jahre 1919 organisiert wurde, wenn sie auch den Bedürfnissen jener Zeit durchaus entsprach, inzwischen durch die Ereignisse überholt worden ist. Heute übersteigen die Aufgaben, die sich der internationalen Arbeiterbewegung stellen, die Möglichkeiten der gegenwärtigen Organisation der Komintern.

Diese steht somit einer stärkeren Konsolidierung der Arbeiterbewegung im Wege.

Der Weltkrieg hat die Unterschiede in der Stellung der kommunistischen Partei in den verschiedenen Ländern noch verschärft. Gegenwärtig besteht die Hauptaufgabe für die Völker und besonders für die Arbeiterklasse in Deutschland und den Achsenstaaten im Kampf um die Beseitigung des heutigen Regimes...»

Und weiter: «Die Kommunisten haben nie an überholten Organisationsformen festgehalten.

So hatte auch Karl Marx nicht gezögert, die 1. Internationale aufzulösen, als er den Zeitpunkt für gekommen erachtete.»

Die Auflösung der Komintern wurde durch die Schweizerische Kommunistische Partei ausdrücklich gebilligt, und zwar mit folgenden Worten : Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Schweiz hat zum Vorschlag des Vollzugsausschusses folgende Resolution gefasst: Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei nimmt Kenntnis vom Vorschlag des Präsidiums des Vollzugsausschusses der Kommunistischen Internationale betreffend die Auflösung der kommunistischen Internationale.

Das Zentralkomitee der Schweizerischen Kommunistischen Partei billigt diesen Vorschlag und hat beschlossen, der «Fédération Socialiste Suisse» beizutreten, deren

257 konsequente sozialistische Politik die Einheit und den Zusammenhang der Arbeiter-

bewegung in Genf aufrechterhalten und sie zum Siege geführt hat.

Basel und Zürich, am 30. Mai 1943.

Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei.

Aus dieser Entscheidung geht hervor, dass die Gruppe von Nicole und die Schweizerische Kommunistische Partei von diesem Zeitpunkt an eine einheitliche revolutionäre Organisation bilden.

Tm Juni 1943 fand die Versammlung sämtlicher Leiter der FS S und der KP S in Genf statt, um die Fusion der FS S mit der KP S zu vollziehen. Léon Nicole und Karl Hofmaier wurden Präsident und Sekretär. An der Fusiousversammlung wurde festgestellt, dass eine totale Übereinstimmung der politischen Ansichten über innen- und aussenpolitische Fragen bestehe zwischen der FSS und der KPS.

Die Auflösung der Kommunistischen Internationale bildet jedoch keinen Grund, anzunehmen, der Kommunismus in der Schweiz sei von nun an vom Ausland unabhängig. Das Gegenteil zeigen folgende Vorkommnisse. Nicole sagte am 1. Mai 1944 an einer Versammlung im Friedhof St-Georges in Genf: « . . . de la voix chère que nous recevons de l'étranger. Quoiqu'on ait changé l'organisation par la dissolution du Komintern, l'idée n'a pas été changée, mais au contraire fortifiée.» .

In der kommunistischen Schrift «Die Neue Welt» vom Oktober 1943 steht der Satz: «Heute richten wir im Namen aller an,unsere Brüder in der Sowjetunion, die wir als unsere älteren Brüder betrachten, den Ausdruck unserer grenzenlosen Bewunderung, und wir sagen ihnen auf Wiedersehen in Moskau, in Leningrad, in Rostov und in Charkov, in Bern, in Genf, in Basel und in Zürich».

: .' .

e. Petition auf Amnestie von Hofmaier, Nicole und Konsorten.

Nationalrat Dr. Miville hat am 21. Juni 1948 der Bundesversammlung folgende Petition eingereicht: «1. Es seien Karl Hofmaier,, Léon Nicole, Edgar Woog und François Graisier, die vom Bundesgericht gestützt auf Vollmachtenverfügungen des Bundesrates verurteilt worden sind, zu amnestieren.

, 2. Es seien die Verbote von Arbeiterorganisationen und deren Zeitungen, die ebenfalls durch Vollmachtenbeschlüsse des Bundesrates erlassen wurden, aufzuheben.» .

In der Session vom September 1943 hat der Nationalrat mit 95 gegen 41 Stimmen die Petition gestützt auf den Antrag des Bundesrates abgelehnt, u.a. mit folgender Begründung: : Zu Ziffer l der Petition: Die Amnestie bedeutet ein,en ganz ausserordentlichen Eingriff in den Gang der Justiz, und sie kann nur verantwortet werden, wenn sie im höheren Interesse des Landes liegt, was jedoch im vorliegenden1 Fall nicht gesagt werden kann: denn Hofmaier, Nicole, Woog und Graisier

258 sind vom Bundesgericht nicht wegen ihrer Gesinnung, sondern wegen ihrer kommunistischen Partei- und Propagandatätigkeit verurteilt worden. Wer in so gefahrvoller Zeit in strenger Befolgung ausländischer Eichtlinien eine direkt oder indirekt auf gewaltsamen - Umsturz gerichtete Propaganda betreibt, gefährdet die innere und äussere Sicherheit des Landes. Weiteste Volkskreise wären beunruhigt, wenn Personen des Vollzuges des rechtskräftigen Strafurteils entzogen würden, die in so schwerer Zeit, in der Geschlossenheit und Einigkeit des Schweizervolkes besonders nottun, eine die Sicherheit des Landes gefährdende Tätigkeit entfalten.

Zu Ziffer 2 der Petition: Es liegt kein Anlass vor, während der gegenwärtigen Notzeit die Parteiverbote aufzuheben. Die Kommunisten denken nicht daran, ihre Umtriebe aufzugeben, was die Petenten ausdrücklich bemerken.

Insbesondere bildet die Auflösung der Kommunistischen Internationale keinen Grund zur Aufhebung der Verbote. Wie im vorigen Abschnitt gezeigt wurde, ist einzig die bisherige Organisationsform aufgegeben, an den Methoden und Zielen des Kommunismus jedoch nichts geändert worden.

î. Linksextremistische Umtriebe in der Westschweiz.

aa. Bildung von Ersatzorganisationen für die a u f g e l ö s t e «Fédération Socialiste Suisse».

Die «Fédération Socialiste Suisse» hat nach ihrer Auflösung ihre Tätigkeit auf illegalem Wege durch das Mittel der Gründung von Ersatzorganisationen weitergeführt. Die Seele und der Initiant dieser illegalen Tätigkeit war Léon Nicole, welcher in einem als streng geheim bezeichneten Dokument vorschrieb, man müsse, um die FS S weiterzuführen, getarnte Organisationen (kulturelle, wirtschaftliche) bilden.

Diese «Organisations de défense», wie Nicole sie nannte, wurden in der Folge auch gegründet, und zwar handelt es sich um folgende: ·''··· La Ligue de défense des droits et des libertés populaires.

' Diese Organisation hatte den Zweck, Léon Nicole bei den Nationalratswahlen vom September 1941 zu portieren.

Le Lien C o n f é d é r a l .

Diese Gründung wurde von André Ehrler im Einverständnis mit Léon Nicole vollzogen, und der Zweck war, alle Massnahmen, die gegen die FSS getroffen wurden, zu bekämpfen.

Le Comité de d é f e n s e des créanciers de la C o o p é r a t i v e d'Imprimerie.

Diese Organisation wurde von Léon Nicole und
Jean Vincent geschaffen, um den Prozess Hofmäier und Konsorten politisch-propagandistisch auszuwerten.

Zu Beginn des Jahres 1942 gründete Léon Nicole die «Défense Populaire», welche ebenfalls den Zweck hatte, alle Massnahmen gegen kommunistische Organisationen zu bekämpfen. Die Tätigkeit der «Défense Populaire»

259 beschränkte sich jedoch nicht auf die Wiederzulassung der aufgelösten FSS und der verbotenen Zeitungen, sondern erstreckte sich auf eine allgemein politische Parteipropaganda, wobei die Sowjetunion und kommunistische Ideen verherrlicht wurden und vor revolutionären Drohungen nicht zurückgeschreckt wurde. Der Bundesrat hat die «Défense Populaire» am 17. April 1942 als Ersatzorganisation der FSS verboten.

«Liste du Travail».

' ' Léon Nicole und Jean Vincent organisierten die sogenannte .«Liste du Travail», um sich aktiv an den kantonalen Wahlen vom November 1942 (Erneuerung des Grossen Rates des Kantons Genf) beteiligen, zu können. Léon Nicole hielt zu diesem Zweck zahlreiche Versammlungen ab,; auf die i wir später noch zu sprechen kommen.

' Um an den Gemeindewahlen im Mai 1943 im Kanton Genf mitwirken zu können, entschlossen sich Léon Nicole und seine Gesinnungsgenossen, sogenannte «Listes ouvrières» aufzustellen.

: Am 4. und 8. Juni 1948 berief Léon Nicole 2 Versammlungen seiner Gesinnungsgenossen ein. An diesen Versammlungen wurde die «Parti Ouvrier» (PO) gegründet. Obschon als Präsident Charles Gorgerat vorgeschoben wurde, war es Léon Nicole, der für diese Gründung verantwortlich war.

&6. Illegale Tätigkeit von Léon Nicole und Konsorten.

Vorerst kurz ein Wort über die Person Leon Nicoles: , Der frühere Postbeamte und spätere Eedaktor des «Travail», Léon Nicole, hat die Polizei- und Gerichtsbehörden vielfach beschäftigt.

Nicole war der Haupturheber am Aufruhr in Genf vom 9. November 1982. Er wurde mit sechs andern Angeklagten von den Bundesassisen des Aufruhrs (Art. 46, 52 BStR.) schuldig erklärt; die Kriminalkammer verurteilte ihn zu sechs Monaten Gefängnis und Fr. 100. -- Busse. Vgl. Geschäftsbericht des Bundesrates für 1983 (S. 848/349) und des Bundesgerichtes (S. 959).

Als Vorsteher des genf erischen Justiz- und Polizeidepartementes liêss Nicole im Januar 1985 dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement Mitteilungen zugehen, die sich in der Folge als derart unrichtig herausstellten, dass ein gewisser Jaquier, der eine Reihe von Dokumenten fälschlich angefertigt hatte, zusammen mit dem Redaktor des «Travail», Choux, wegen Fälschung verurteilt wurde; Im Entscheid der staatsrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts in Sachen Nicole gegen den Staatsrat des Kantons Waadt vom 12.,
Juli 1940 wird festgestellt; dass die mündliche und schriftliche Propaganda Nicoles als revolutionär und kommunistisch und Nicole selbst als kommunistischer Agitator erscheine, der blind und servil die russische Aussenpolitik verherrliche.

Schon im Urteil der I. Zivilabteilung des Bundesgerichts in Sachen Fonjallaz kontra Nicole und Choux vom 30. März 1988 wurde festgestellt, dass Nicole in.seiner politischen Leidenschaft keine Zügel kennt und mit ausgesprochen

260 schlechtem Glauben handelt. Er war bezahlter Korrespondent der russischen Presseagentur Supress und ständiger Mitarbeiter der kommunistischen Zeitschrift die «Welt», dem offiziellen Organ der Komintern, und ist seit August 1944 ständiger bezahlter Korrespondent der «Pravda»; in dieser Tätigkeit wird er durch seinen Sohn Pierre unterstützt.

Im Jahre 1940 fielen die Beziehungen zwischen Nicole und dem Rechtsextremisten Dr. Michel auf.

Im folgenden werden die hauptsächlichsten Umtriebe in Genf angeführt : Versammlungen.

Während der Jahre 1941--1943 organisierten die früheren Leiter der FSS verschiedene politische Versammlungen und nahmen ihrerseits an verschiedenen Versammlungen anderer politischer Parteien teil. Verschiedentlich kam es hauptsächlich in Genf zu Demonstrationen. Es konnte folgendes festgestellt werden: Die oben erwähnten Ersatzorganisationen der FSS hielten zahlreiche illegale Versammlungen ab, an welchen fast immer Léon Nicole und Jean Vincent das Wort ergriffen. So sagte z. B. Léon Nicole am 2. Februar 1942 anlässlich einer Versammlung der «Défense Populaire», dass die Petition zur Wiederzulassung der FSS der letzte Versuch der Arbeiterklasse sei, um zu ihrem Eecht zu kommen, und seine politischen Gegner könnten ihm einmal keinen Vorwurf machen, er habe nicht alle gesetzlichen Mittel ergriffen, bevor er zu Tätlichkeiten schreiten würde.

Am 80. Mai 1948 sprach Jean Vincent an einer Versammlung über internationale Probleme. Vincent erwähnte, das Heil werde vom Ausland kommen.

Am 22. September 1943 sagte Jean Vincent: «Les bourgeois craignent les règlements de comptes annoncés par les dirigeants ouvriers»; il ajouta que ces règlements de comptes seraient pacifiques, mais que si les bourgeois s'avisaient de ne pas rester calme, ils porteraient eux-mêmes la responsabilité de ce qui pourrait arriver».

Am 12. Januar 1948 nahm Léon Nicole mit seinen Gesinnungsgenossen an der Sitzung des Conseil Municipal de Genève auf der Tribüne teil. Nicole mischte sich in die Verhandlungen ein und wurde vom Präsidenten verwarnt.

Trotz dieser Warnung ergriff er wieder das Wort, so dass der Präsident die Räumung der Tribüne verfügte. Bevor Nicole mit seinen Gesinnungsgenossen auszog, wurde gerufen: «On se retrouvera, nous reviendrons avec des mitrailleuses».

Am 9. Mai 1948 nahmen Léon Nicole
und seine Getreuen wiederum an der Sitzung des Conseil Municipal teil. Sie störten die Sitzung durch laute Zwischenrufe, durch Lächerlichmachung der Gemeinderäte, etc. Der Präsident konnte infolge der Tumultszenen auf den Tribünen die Sitzung nicht weiterführen und liess wiederum die Tribüne räumen. Dieses Mal gingen jedoch Nicole und seine Anhänger nicht freiwillig, sondern die Polizei musste zu Hilfe geholt werden. Nicole schrie laut in den Saal: «Sales fascistes, vous n'en avez plus pour longtemps, je vous retrouverai, on a des comptes à régler».

261

Am 8. August 1943 fand auf der Place Cornavin in Genf eine Manifestation zugunsten der Befreiung Hof maiers statt. Diese Demonstration zeigte, zu welchen Exzessen eine aufgereizte Volksmenge fähig ist. Anlässlich dieser Demoristration, an welcher Nicole, Vincent und ihre Getreuen teilnahmen, wurden Beleidigungen und Drohungen gegen die Polizei ausgestossen, und es kam1 am Schluss zu Tätlichkeiten. Die Polizeiorgane wurden umringt, von hinten angegriffen, geschlagen und belästigt. Die erregte Menge sang mit erhobener Faust die Internationale. Um Kühe und Ordnung aufrechtzuerhalten, musste die Feuerwehr aufgeboten ;werden.

Herausgabe illegaler Presseorgane.

Die FSS und ihre Ersatzorganisationen gaben auch nach dem Verbot der FSS illegale Zeitschriften heraus, u. a. «Le Travail», «Le Bulletin socialiste», «Les Informations soviétiques», «Notre opinion». «L'Etincelle» und «La Vague».

In einem Artikelbeitrag an die illegale kommunistische Zeitschrift «Die Welt» schrieb:Léon Nicole, dass der Kampf für die Verteidigung des Sozialismus in Genf nur geführt werden könne durch eine illegale Presse. Die hauptsächlichsten Beiträge zu allen diesen illegalen Zeitungsorganen lieferte Léon Nicole.

Die meisten Artikel überstiegen das zulässige Mass der Kritik an unseren politischen Einrichtungen. Die Behörden, hauptsächlich der Vorsteher des Genfer Polizeidepartementes, wurden stark angegriffen.. Dafür wurden die Sowjetunion und ihre kommunistischen Einrichtungen als, vorbildlich dargestellt.

, , . ' · ! · · , Das vom eidgenössischen Untersuchungsrichter für die Westschweiz gegen Léon Nicole und Konsorten durchgeführte Untersuchungsverfahren würde vom Bundesrat am 23. März 1945 eingestellt wegen Wegfalles der Strafbarkeit in bezug auf die kommunistische Tätigkeit infolge der Aufhebung der ParteiVerbote durch Bundesratsbeschluss vom 27. Februar 1945.

cc. Petition L é o n N i c o l e b e t r e f f e n d «Fédération Socialiste Suisse».

Léon Nicole .reichte an die eidgenössischen Räte am 15. März 1942 in seiner Eigenschaft als Präsident der Fédération Socialiste Suisse und als Chefredaktor der Zeitungen «Le Travail» und «Le Droit du Peuple» eine Petition ein um Aufhebung des Bundesratsbeschlusses vom 27. Mai 1941 betreffend die Auflösung der Fédération Socialiste Suisse und um Aufhebung der Verbote der Zeitungen «Le Travail» und «Le Droit du Peuple».

Der Nationalrat befasste sich mit dieser Petition in der Sitzung vom 29./30. März 1943. Gemäss Antrag der Petitionskommission wurde die Petition mit 107 Stimmen abgelehnt, und .zwar u. a. mit folgender i Begründung.: Was das Verbot der beiden Zeitungen anbetrifft, : so sind die Gründe, die zum Verbot derselben geführt haben (Unterstützung der kommunistischen Politik und der bolschewistischen Ziele) unverändert geblieben. Die Fédération Socialiste Suisse verfolgt ebenfalls kommunistische Ziele: Umsturz und Eroberung der politischen Macht/ Diktatur des Proletariats. Eine Änderung ist Bundesblatt. 98. Jahrg. Bd. II.

18

262 durch das Verbot der FSS nicht eingetreten. Die Lage hat sich im Gegenteil zuungunsten Nicoles verschärft, indem der Bundesrat auch noch die von Nicole ins Leben gerufene «Défense Populaire» auflösen musste. Nicole hat selber in einem Schreiben vom 10. Februar 1948 an den Bundesrat folgendes ausgeführt : « Je tiens à, répondre de la façon la plus claire au Conseil fédéral.

Je ne songe nullement à modeler mes convictions politiques sur ce qui plaît ou déplaît aux hommes actuellement au pouvoir en Suisse. J'ajoute que je considère que la politique communiste telle qu'elle me fut décrite maintes fois par mon ami Karl Hof maier me paraît être une politique juste.» Auch in der Haltung Nicoles ist keine Änderung eingetreten, die eine Aufhebung des Verbotes der FSS rechtfertigen würde.

Der Ständerat lehnte dièse Petition in seiner Sitzung vom 7. Juni 1943 einstimmig ab.

· .

g. Spionageaìfare Bado und Konsorten.

Die Behauptung, dass die Kreise um Nicole und die Partei der Arbeit nie mit verbotenem Nachrichtendienst zu tun hatten, wird widerlegt durch den Fall Bado.

Im September 1943 gelang es herauszufinden, dass in der Westschweiz ein sehr starker Geheimsender tätig war. Die sofortige Untersuchung ergab, dass ein Sender in Genf, Boute de Florissant 192, bei einem gewissen Edmond Hamel installiert war und ein anderer an der Bue Henri Mussard 8 bei Fräulein Margareta Bolli. Die beiden Sender wurden sofort beschlagnahmt. Hamel gab an, dass er von einem Unbekannten, genannt Albert, angegangen worden sei, für ihn zu arbeiten, d. h. für ihn Botschaften telegraphisch weiterzugeben.

Hamel erhielt in der Folge unzählige Telegramme, die chiffriert waren und die er senden musste. Später wurde Hamel in das Geheimnis der Chiffrierarbeit eingeweiht; er musste diese auch noch neben der Sendetätigkeit übernehmen.

Hamel erhielt für seine Dienste von Ende 1941 bis 1943 rund Fr. 8000. Frl. Bolli lernte den unbekannten Albert in Bern kennen. Sie zog dann von Bern nach Genf und erhielt von Albert in der Folge die nötigen Apparaturen; im November 1942 fing sie mit den Sendungen an. Frl. Bolli wurde von Albert finanziell unterstützt.

' Die Untersuchung ergab, dass der unbekannte Albert identisch war mit dem Ungarn Alexander Bado, wohnhaft gewesen an der Bue de Lausanne 118 in Genf. Bado war seit längerer Zeit in
der Schweiz und ist den Behörden verschiedentlich als wichtiger Agent der Komintern gemeldet worden. Sein Aufenthaltsort ist gegenwärtig unbekannt.

Es konnte festgestellt werden, dass die durch Hamel und Frl. Bolli weitergegebenen Meldungen militärischer, wirtschaftlicher und politischer Natur waren. Die Meldungen waren für die Alliierten, hauptsächlich aber für Bussland bestimmt. Nur ganz wenige Meldungen hatten Bezug auf die Schweiz. Qhne Zweifel war Bado der Chef einer sowjetrussischen Spionageorganisation in

263 der Schweiz. Es standen ihm grosse Geldmittel zur Verfügung ; er hat vom April 1941 bis September 1943 mehr als Fr. 800 000 für die Spionageorganisation ausgegeben.

. ·: Hamel war den Polizeibehörden bekannt als Mitglied des Parti socialiste genevois und als Sympathisant yon Nicole. Frl. Bolli liess sich um so eher in die Spionageorganisation eingliedern, als sie in politischer Hinsicht mit Bado vollständig übereinstimmte. Beide waren überzeugte Kommunisten.

!

Das Strafverfahren ist immer noch vor dem Divisionsgericht I A hängig.

4. Linksextremistische Umtriebe in den Jahren 1944/45.

a. Allgemeines.

Zu Beginn des Jahres 1944 wurden wieder die üblichen illegalen kommunistischen Zeitschriften fast im ganzen Gebiet der Schweiz vertrieben. Spezielle Bemerkungen oder Vorkommnisse sind jedoch keine zu melden.

Im Laufe des Jahres 1944/45 hat dann die illegale kommunistische Propagandatätigkeit abgenommen, und zwar um so stärker, je mehr in den verschiedenen Ortschaften der Schweiz eine Partei der Arbeit gegründet wurde.

In diesem Zusammenhang kann festgestellt werden, dass im ganzen von 1989 bis 1945 447 Fälle wegen kommunistischer Tätigkeit dem Bundesgericht ; und der kantonalen Gerichte delegiert wurden.

'

!'

b. Gründung der Partei dei Arbeit.

Die Führer der linksextremen Bewegungen, Nicole, Graisier, Hofmaier, Bodenmann und Arnold, entwickelten hauptsächlich in der Ost-, West- und Nordschweiz eine ausserordentlich rege Tätigkeit zwecks Gründung von Arbeiterparteien. Unter Assistenz von Nicole fand in Biel am 12. Dezember 1948 die Gründungsversammlung der Parti Ouvrier Biel statt.

Die Partei der Arbeit Basel-Stadt wurde am 28. März 1944; die Parti Ouvrier Neuchâtelois am 80./81.März 1944 gegründet.

Die verschiedenen kantonalen Gruppen schlössen sich ani 21. Mai 1944| in Basel zu einer Föderation der Parteien der Arbeit zusammen (FPA).

Im Juni 1944 fanden Versammlungen einer sogenannten sozialdemokratischen Linken (SL) statt. Es handelte sich um eine Versammlung von aus der SP ausgeschlossenen Mitgliedern.

, !

Die SL Zürich führte am 1. Juni 1944 im Volkshaus Zürich eine Ver-; Sammlung durch mit 1200 Teilnehmern. Das Ordnerkorps der SP Zürich (Sportklub U'to) erklärte, dass sie sich geschlossen zur SL stelle. Es war derselbe Sportklub Uto, mit welchem sich bereits im Jahre 1943 das Divisionsgericht 6 befassen musste.

Es kann hier daran erinnert werden, dass durch Urteil des Divisionsgerichtes 6 vom 10: Oktober 1943 drei Linksextremisten, die in enger Beziehung standen zum Sportklub Uto wegen Diebstahl von Sprengmaterial in der Armee, Her-; Stellung von Sendeeinrichtungen und kommunistischer Tätigkeit zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden., '

264 Im Juli 1944 fand in Ölten eine Ausschussversammlung der Föderation der Parteien der Arbeit und der sozialdemokratischen Linken zwecks Fusionierung der beiden Parteien statt. Es wurde beschlossen, die sofortige Fusion kantonal vorzunehmen.

Im August 1944 erhielt die Parti Ouvrier in Genf die Bewilligung, eine Zeitung unter dem Titel «La Voix Ouvrière» herauszugeben.

Im Volkshaus Zürich fand am 14./15. Oktober 1944 der erste Parteitag der Parteien der Arbeit der Schweiz statt. Der Parteitag, war von 857 Delegierten aus 12 Kantonen und 86 Sektionen besucht. Die beiden Hauptreferenten waren Karl Hof maier und Léon Nicole.

Im Laufe des Jahres 1945 wurden weitere örtliche Sektionen der PdA gegründet.

c. Tätigkeit der Partei der Arbeit.

Die PdA entfaltete im Laufe des Jahres 1944 und hauptsächlich im Jahre 1945 eine rege Tätigkeit. Es wurden zahlreiche Versammlungen durchgeführt, Eeden gehalten, Zeitungen, Flugschriften und Broschüren herausgegeben, und sie beteiligte sich auch an den verschiedenen kantonalen Wahlen.

Ein grosser Teil der früheren führenden Kommunisten war an der Gründung der Partei der Arbeit massgeblich beteiligt und befindet sich heute in leitender Stellung dieser Partei. Das kann als Indiz dafür gewertet werden, dass die Partei der Arbeit wie die frühere Fédération Socialiste Suisse und die KP S kommunistischen, wenn nicht sogar revolutionären Ideen huldigt.

Ein weiteres Indiz für die kommunistisch-revolutionäre, :auf landesfremder Ideologie beruhende und mit ausländischer Unterstützung rechnende Einstellung der leitenden Persönlichkeiten der PdA sind folgende, anlässlich von Eeden gemachten Aussprüche. Aus einer- Eede Nicoles anlässlich des Parteitages am 15. Oktober 1944 wurde festgehalten: «Des poursuites ont été commencées contre moi; j'en suis heureux, car il faut sortir de prison pour arriver à des succès considérables. Bientôt nous enverrons les bourgeois en prison à notre place. Il ne faut pas avoir peur de se bagarrer et il nous faut agir comme les camarades russes l'on fait à Stalingrad.» Über die Beziehungen Schweiz/Sowjetunion äusserte sich Nicole wie folgt: «Molotov a précisé que la Eussie n'avait pas besoin de la Suisse, mais que la Suisse avait grandement besoin de la Eussie. Cet homme politique russe a félicité la classe ouvrière suisse de son courage et
l'a assuré que la Eussie lui viendra bientôt en aide.» !

Am 7. November 1944 fand in Zürich die Novemberfeier zum Jahrestag der russischen Eevolution statt, veranstaltet durch die Partei der Arbeit des Kantons Zürich. An dieser Feier erklärte Heinrich Grübler im Zusammenhang mit kommunistischen Strafverfolgungen : «Es sei jetzt genug, es sei jetzt an der Zeit, dass alle Arbeiter auf dem Platze Zürich mit gemeinsamen Kräften den Sturm organisierten. Ohne Überwindung des Kapitalismus sei der Sozialismus unmöglich.»

265 Anlässlich einer Rede in Lugano vom 7. November 1944 erklärte Nieole.

das einzig mögliche und natürliche Regime für irgendein Volk sei das Regime Stalins.

An einer Versammlung der Partei der Arbeit und der Freien: Jugend in Winterthur vom 8. November 1944 erhob Heinrich Grübler folgende Forderung : «Sofortige Anerkennung der Kommunistischen Partei. Weg mit der Bupo.

Amnestie für die verurteilten Kommunisten -- Sturz unserer heutigen Regie!

rung».

·' ' Anlässlich einer Versammlung der Partei der Arbeit:in Birsfelden vom 16. November 1944 führte Karl Hofmaiër u. a. folgendes aus: «Bundesrat von, Steiger möchte die Partei der Arbeit verbieten. Dies wird ihm aber nicht mehr gelingen. ;Wir lassen uns nichts mehr verbieten, sonst nehmen wir uns das Recht, frei zu handeln und frei zu sein. Wilhelm Teil hat auch nicht gefragt, ob er Gessler erschiessen dürfe oder nicht. Er ist für das Recht eingestanden und .hat für die Sache des Volkes gekämpft. Der schweizerische Bundesrat ist faschistisch.» Anlässlich einer Versammlung der Partei der Arbeit in Aarau am 18. November 1944 erklärte Harry Gmür u.a.: «um den nötigen Kurswechsel in der Schweizerpolitik herbeizuführen, müsste auch Bundesrat von Steiger aus, der Regierung verschwinden ; überhaupt der ganze Bundesrat, der dank seiner Vollmachten eine für die Schweiz verderbliche Politik geführt habe. Unter dem Druck Berlins habe der Bundesrat eine Politik des Kollaborationismus getrieben und das Volk entrechtet».

, Am 24. November 1944 hielt Aeschbacher Gustav in Baden eine Rede, in der er erklärte: «Es müsse mit dem Bundesrat Schlass gemacht werden,: damit die Verbindung mit der Sowjetunion aufgenommen werden könne. Die PdA forderte eine Delegation nach Moskau zur Verhandlung. Für die Führung dieser Delegation eigne sich Nicole».

Am 6. Dezember 1944 erklärte Nicole in Vevey: «Le Conseil fédéral et les Chambres fédérales doivent être balayés et remplacés par un gouvernement, populaire. Cette.forme (la classe ouvrière) doit être sur la rue et nous devons tenir la rue».

An einer Versammlung in Genf am l. Mai 1945 führte Nicole folgendes aus :' «Nous serons au pouvoir l'automne prochain. Nous sommes des révolutionnaires. Nous voulons absolument liquider cette société capitaliste, même par des moyens révolutionnaires».

. ::· An einer Versammlung der
POP in La Chaux-de-Fonds am 4.:Mai 1945 er!

klärte Léon Nicole: «Croyez-vous que l'ami Joseph Stalin s'abaissera à négocier avec notre gouvernement, qui depuis six ans a trahi notre peuple en observant une politique capitaliste et profasciste. Nous devrons nous débarasser des Conseillers

266 fédéraux qui ne sont pas à la hauteur de leur tâche. Faudra-t-il leur faire signe avec ,,des portes de granges" pour qu'ils comprennent que leur place n'est plus sous la coupole du Palais fédéral ?» Die Presseorgane der PdA, insbesondere die «Voix Ouvrière» und der «Vorwärts», verschärften im Laufe des Jahres 1945 ihre Angriffe auf den Bundesrat immer mehr. In Verbindung mit Eednern in den Versammlungen führen diese Zeitungen eine auf Zersetzung der Staatsautorität gerichtete Hetzkampagne durch. Vor allem tun sich hier die kommunistischen Agitatoren Nicole und Hofmaier hervor. Die beiden Zeitungen unterstützen die Interessen des Auslandes zum Nachteil der Schweiz. Sie billigen die Angriffe russischer Zeitungen und des russischen Eadios gegen die Schweiz. Sie heben durch Entstellung, Übertreibung oder unvollständige Wiedergabe von Tatsachen planmässig alles hervor, was der Schweiz schaden kann. Sie werfen der Landesregierung und einzelnen Mitgliedern eine profaschistische Haltung, Verrat usw.

vor, behaupten, dass der Bundesrat verschiedene Massnahmen, wie Zeitungsund Parteiverbote, unter dem Druck des Auslandes erlassen habe, und sprechen von einem verfaulten und korrumpierten System. Sie wiederholen zum Teil Vorhalte, die früher von rechtsextremistischen Bewegungen gemacht worden sind. Die Angelegenheit der russischen Internierten und Flüchtlinge wurde mit unwahren und entstellenden Behauptungen dargestellt. Durch eine den Tatsachen nicht entsprechende Schilderung der Heimkehr spanischer Internierter in der «Voix Ouvrière» wurde der Angriff auf den Heimkehrerzug in Ghambery mitverursacht. Eine unübersehbare Schädigung schweizerischer Interessen im Auslande wurde durch die Badiogramme verursacht, die Nicole an die Pravda sendet. Diese Agentur « Jourtravail» gibt Auszüge aus der Presse, insbesondere der «Voix Ouvrière», an die Pravda weiter. Es werden alle Presseäusserungen über Bussland sofort nach Moskau weitergemeldet. Alle politischen und wirtschaftlichen Belange der Schweiz erscheinen in dieser Nachrichtenübermittlung in schlechtestem Lichte, ausgenommen die Haltung der «Voix Ouvrière», der Partei der Arbeit und ihres Präsidenten. Durch die unwahren Informationen dieses Korrespondenzbureaus musste im Ausland Misstrauen gegen die Schweiz erweckt werden; viele Angriffe auf unser Land in Presse
und Radio erklären sich daraus. Mitunter übermittelt Nicole auch Meldungen über eine angeblich sowjetfeindliche Tätigkeit bestimmter Personen, die nicht der Presse entnommen sind. So bezichtigte er den in Genf weilenden Metropoliten Anastasius der sowjetfeindlichen Einstellung; auch Angaben über den Aktienbesitz einer Fabrik. Als Beispiele einer unwahren Berichterstattung seien die folgenden Badiogramme angeführt: Am 6. November 1945 meldete das Korrespondenzbureau Jourtravail, im Anschluss an die Angriffe des Eadiosprechers Oslow auf Bundesrat Petitpierre, an die Pravda u.a.: « . . . Malheureusement opinion suisse au courant composition sociale conseil fédéral ses membres actuels gouvernement représentent non peuple suisse dans son ensemble mais oligarchies industrielles et surtout financières liées étroitement avec

267 trusts internationaux. Or ces derniers qui furent supports fascisme et hitlérisme intriguent contre paix. Est incontestable trouvent aujourd'hui en Suisse terrain favorable pour conduire leurs intrigues. Des anciens propriétaires fonciers Pologne Hongrie Roumanie des industriels et banquiers Pays balkaniques sont réfugiés en Suisse!» ... «Certains conseillers fédéraux comme Petitpierre, Stampfli issus conseils administration sociétés assurance et grandes entreprises industrielles sont enclins participer intrigues conduites par industriels et financiers internationaux: et les riches réfugiés balkaniques se trouvant en Suisse ou en Autriche. -- Si conseil fédéral s'émeut pas critiques formulées à Moscou à en croire le journaliste Tribune Genève, par contre opinion suisse y est sensible. Se rend compte peu à peu politique gouvernement actuel contribue maintenir pays dans isolement.»

Im Badiogramm vom 25. November 1945 wird behauptet, der Bundesrat missbrauche die Neutralität, indem er während des Krieges das nationalsozialistische Deutschland durch Kriegslieferungen unterstützt habeiund jetzt unter Berufung auf die Neutralität die Mitwirkung am friedlichen Aufbau der Welt ablehne und das Land zu einem Zentrum der Intrigen gegen die demokratische Regierung von Russland und den Balkanstaaten werden lasse.

Am 14. Februar 1946 meldete Nicole : «On attendait à Légation bulgare Berne arrive de Dianko Sottirof nommé récemment chargé affaire en France venant de Sofia et se rendant Paris. Le voyant pas venir on s'inquiéta. On apprit était entré en Suisse mais au lieu venir à Légation s'était rendu à St. Moritz auprès fascistes bulgares bien connus Gueneff, général Gantchef aide camp exroi Ferdinand et autres personnages même acabit. Leur raconta dans lieu public tout allait très mal en Bulgarie, pays se trouvait veille faillite financière, opposition s'organisait et se renforçait pour lutter contre régime établi qui était dictature communiste camouflé sous couvert front national. Dianko Sottirof semble pas vouloir se rendre Paris. Ses «révélations» ont naturellement été immédiatement rapportées dans milieux officiels palais fédéral qui écoutent préférence tous racontars des traîtres et ennemis gouvernements démocratiques Europe orientale.

Ce sont en effet anciens diplomates et hommes affaires pays balkaniques réfugiés en Suisse qui renseignent département politique suisse sur situation dans balkans.

Ce fait explique politique étrangère pratiquée par conseil fédéral ce dernier continue spéculer sur revanche réaction fasciste.» :

Am 11. März wurde folgendes Radiogramm an die Pravda gesandt: «Fabrique automobiles et armes de Barcelone Hispano Suiza était jusqu'ici propriété quelques espagnols et nombreux allemands. Inquiets voir tournure événements et redoutant sans doute chute prochaine Franco les propriétaires cette entreprise ont échangé leurs actions espagnoles contre valeurs suisses notamment contre actions de succursale Hispano Suiza installée à Genève. Suite cette opération Hispano Suiza de Barcelone devient propriété suisse. Si demain peuple espagnol libéré joug franquiste exprimait volonté procéder nationalisation ou socialisation usine Hispano de Barcelone gouvernement suisse interviendrait alors pour protéger propriété «nationale suisse». Ces arrangements ont été conclus entre un représentant grand patronat suisse et Miguel Mateu y Pia ambassadeur général Franco à Paris. Remarquons en passant opérations semblables ont été faites pour sauver biens ressortissants. Allemagne et pays Balkaniques.» · j · .'

; ·

Über die Waffenlieferung der Genfer Fabrik Hispano-Suiza nach Spanien wurde der Pravda am 17. März u.a. gemeldet: ; '

268 «Campagne déclanchée par Voix Ouvrière et vigoureuse réaction presse étrangère notamment radio Moscou ont eu pour résultat paralyser action munitionnair.es suisses.

Apprenons en effet commande 50 000 fusées obus 20 mm Hispano est pas encore partie. Légation anglaise Berne a transmis demande transit via Italie à Londres.

Hispano de Genève a pas encore reçu réponse si bien caisses munition restent pour moment entreposées Genève.» Nach der Wiederaufnahme der Beziehungen Schweiz-Bussland sandte Nicole am 21. März folgendes Eadiogramm: « . . . Cependant campagne presse conduite en avant garde par journaux Voix Ouvrière et Vorwärts du parti suisse travail et certains organes socialistes et libéraux devenait plus en plus vive en faveur reprise relations avec soviets. Finalement sous pression conjuguée opinion publique et clan des industriels, conseil fédéral dut finalement accepter idée devait abord reconnaître fautes passées commises par Suisse envers URSS en désavouant entre autres le discours idiot et provocateur Motta 1934 et s'engager adopter nouvelle attitude égard URSS. Or y a peine une année lorsque président parti suisse travail proposait cette ligne d? conduite au conseil fédéral presse bourgeoise lui répondait par injures. Est pourquoi la phrase du communiqué conseil fédéral annonçant reprise relations avec URSS qui dit: la Suisse modifie son attitude antérieure dans mesure où a été inamicale égard URSS, a provoqué grande sensation en même temps vive satisfaction dans classe travailleuse qui a desapprouvé politique profasciste et antisoviétique suivie par gouvernants grande bourgeoisie suisse.» , ; ' Am 81. März 1946 wurde folgendes Eadiogramm an die Pravda geschickt: Avons appris 50 000 obus 20 mm fabriqués par Hispano Suiza pour Espagne qui étaient restés dépôt usine suite fermeture frontière Franco-Espagnole ont été chargés jeudi 28 sur wagons et acheminés sur Altdorf. Or Altdorf se trouve sur ligne Gothard dont une des branches aboutît à Gênes (armes fabriquées en Suisse).

On craint vont rejoindre autres wagons chargés armes fabriquées en Suisse.

De là partirait train pour Gênes où bateau espagnol prendrait en charge livraison.» Über diese Vorkommnisse führte die Bundesanwaltschaft Erhebungen durch. Beim Abschluss des Berichtes lag ein Entscheid des Bundesrates, ob ein gerichtliches
Verfahren durchzuführen sei, noch nicht vor.

d. Internationale Kommunistische Partei der Schweiz (IEFS).

Am 10. März 1945 fand eine Versammlung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Schweiz statt, an welcher die IKPS gegründet worden ist. Vanoni Max, Zürich, wurde Präsident und Teuscher Lorenz, Zürich, Sekretär.

!

Es handelt sich hier nur um den Versuch der Neugründung eines links^ extremen Gebildes.

Diese IKPS stellt sich in Gegensatz zu der PdA und greift deren Führer dauernd an. Den Höhepunkt erreichte diese kommunistische Partei im Sommer 1945, in welcher Zeit sie über 700 Mitglieder zählte. Als Ableger dieser kommunistischen Partei wurde im Juli 1945 die christlich kommunistische Gesellschaft gegründet. Die von Teuscher geleitete IKPS bekennt sich offen zum revolutionären Kommunismus nach den Lehren von Marx, Engels und Lenin.

Grosse Bedeutung kommt jedoch heute dieser IKPS nicht mehr zu, da diese Ende des Jahres 1945 nur noch ca. 10 eingeschriebene Mitglieder aufwies.

269 Die russische Zeitung «Pravda» bezeichnet in einem Artikel vom 13. April 1946 diese Organisation als eine solche von Provokateuren, die nichts mit der früheren KP S zu tun habe. Es handle sich dabei um verkappte Kapitalisten, die hauptsächlich gegen die PdA einen Pressefeldzug ausgelöst habe.

Die früheren führenden Kommunisten der Schweiz seien nun in der PdA.

G. Die Stellung der Behörden zur linksextremistischen Bewegung in der Nachkriegszeit.

Mit dem Biuidesratsbeschluss vom 27. Februar 1945 betreffend Massnahmen zum Schutze der verfassungsmässigen Ordnung und die Aufhebung der Parteiverbote wurden sämtliche gegen links- und rechtsextremistische Organisationen bestehenden Verbote aufgehoben, gleichzeitig aber die Strafbestimmungen der sogenannten Demokratieschutzverordnung erweitert und verschärft. Die Parteiverbote waren zur Zeit ihres Erlasses gerechtfertigt und trugen zur Aufrechthaltung der innern Sicherheit bei. Gleich wie die Pressekontrolle gelockert wurde, konnte bei Kriegsende auch auf diese ausserordentlichen kriegsrechtlichen Massnahmen verzichtet werden. Es liess sich namentlich der Ausschluss der Kommunisten aiis den Behörden nicht länger aufrechthalten. Mit der Aufhebung der Parteiverbote wurden auch die hängigen Strafprozesse wegen verbotener Partei- und Propagandatätigkeit eingestellt. Bei der Bekämpfung der staatsgefährlichen Umtriebe ist das Schwergewicht nunmehr auf die Bestrafung der einzelnen staatsgefährlichen Handlung gelegt worden.

Der Bundesrat hat sich lediglich vorbehalten. Vereinigungen oder Unternehmungen, die die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft gefährden,.

auf bestimmte Zeit zu verbieten und ihre Tätigkeit unter Strafe zu stellen (Art. 9). (Vgl. 12. Vollmachtenbericht vom 27. April 1945, Sten. Bull. 1945, Nat.-R; 146 f., St.-E. 42.) Nach der neuen Regelung wird also die kommunistische Partei- und Propagandatätigkeit nicht mehr als solche, sondern nur bei Vorliegen der in den Art. l und 2 vorgesehenen Tatbestandsmerkmale strafrechtlich verfolgt. Es muss insbesondere bei der Propaganda (Reden, Schriften) nachgewiesen werden, dass sie darauf gerichtet ist, die verfassungsmässige Ordnung rechtswidrig zu ändern oder zu gefährden. Das Verbreiten voll Schriften, die einzig kulturelle öder wirtschaftliche Fragen aus autoritär regierten Staaten behandeln, ist selbstverständlich nicht strafbar. Es ist heute nicht mehr wesentlich, ob eine Organisation kommunistisch ist, sondern es kommt darauf an, ob sie staatsgefährliche Ziele verfolgt, z. B. die auf nicht gesetzmässigem Wege erstrebte Änderung unserer demokratischen Einrichtungen. Zu diesen Zielen gehört auch die hemmungslose Hetze der Linksextremisten gegen
den Bundesrat. Die f o r t w ä h r e n d e n A n g r i f f e auf das Ansehen der Landesregierung ist ein Mittel der Staatszersetzung. Mit einer erlaubten Kritik an der A m t s f ü h r u n g haben die unwahren und entstellenden B e h a u p t u n g e n der Zeitungen, Zeitschriften und

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Eedner der Partei der Arbeit, nichts zu t u n ; ihnen ist es nicht um A u f k l ä r u n g oder Beformen, sondern einzig darum zu t u n , das Vertrauen des Volkes in die Landesregierung zu untergraben.

D. Schlussbetrachtung.

Nach den Besuchen ihrer prominenten Vertreter an ausländischen kommunistischen Tagungen und nach der Erklärung ihres Präsidenten in Nr. 98 des «Vorwärts» vom 29. April 1946 kann heute am kommunistischen Charakter der Partei der Arbeit nicht mehr gezweifelt werden. Sie erscheint jedenfalls als eine ausgesprochen revolutionäre Organisation. In unserm demokratischen Staate setzt sich in erster Linie die öffentliche Meinung mit extremistischen Bewegungen auseinander; dies liegt hauptsächlich den politischen Parteien und der Presse ob. Die Behörden befassen sich mit solchen Bewegungen insoweit, als eine Gefährdung der innern oder äussern Sicherheit des Staates, insbesondere Verbrechen und Vergehen gegen den Staat, in Frage kommen.

Die kommunistische Bewegung in der Schweiz erfordert die Aufmerksamkeit der Behörden wegen ihrer revolutionären Tendenzen und ihren ausländischen Beziehungen. Die Èedner und Publikationsorgane dieser Partei vertreten zwar nicht mehr offen die revolutionären bolschewistischen Forderungen, wie Einführung der Diktatur des Proletariates und Ausübung der Staatsmacht durch eine Einheitspartei, sondern reden von einer Volks- oder volksnahen Demokratie. Es zeigt sich aber, dass sie darunter nicht unsere liberalen, sondern autoritäre demokratische Staatseinrichtungen verstehen,, wenn sie nicht sogar mit. jenen Begriffen ihre Bestrebungen zur Aufrichtung einer proletarischen Diktatur tarnen wollen. Diese Änderung der Taktik ist auch auf internationalem Gebiete festzustellen. Aus gelegentlichen Äusserungen schweizerischer Linksextremisten geht jedenfalls hervor, dass sie unter günstigen Umständen auch vor einem gewaltsamen Umsturz unserer verfassungsmässigen Ordnung nicht zurückschrecken. Die ausländischen Beziehungen der Linksextremisten gehen von der ideologischen Abhängigkeit, über die Ausrichtung ihrer Taktik nach internationalen Bichtlinien, bis zur Unterstützung ausländischer Interessen zum Nachteil der Schweiz durch leitende Persönlichkeiten der PdA. Solche Verbindungen mit, dem Auslande bilden für unsere Staatssicherheit ähnliche Gefahren wie früher die
Beziehungen der rechtsextremistischen Gruppen zum Ausland. Die- Gefahr wird bei einem Anwachsen der revolutionären kommunistischen Bewegung in andern europäischen Staaten zunehmen. Zu höchster Wachsamkeit geben namentlich die Unterstützungen der ausländischen Interessen zum Nachteilder Schweiz Anlass. Von einem systematischen Zuträgerdienst und einem unaufhörlichen Anschwärzen der Schweiz im Ausland bis zur Gefährdung der Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft im Sinne des Art. 266 StGB ist nur ein kleiner Schritt. Wie früher bei der Bekämpfung der rechtsextremistischen Umtriebe haben sich jetzt die Strafverfolgungsbehörden

271 des Bundes, der Kantone und der Gemeinden für die Abwehr der Gefahren einzusetzen, die aus der Tätigkeit der Linksextremisten entstehen können.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 21. Mai 1946.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Kobelt.

6569

Der Bundeskanzler:

Leimgruber.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die antidemokratische Tätigkeit von Schweizern und Ausländern im Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen 1939 --1945 (Motion Boerlin). Dritter Teil. (Vom 21. Mai 1946.)

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23.05.1946

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