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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Bern für die Korrektion der Simme vom Reidenbach bis zum Bäuertweidli in der Gemeinde Boltigen.

(Vom 16. Dezember 1946.)

Herr Präsident l Hochgeehrte Herren!

Der Regierungsrat des Kantons Bern hat mit Eingabe vom 25. April 1946 dem eidgenössischen Departement des Innern ein Projekt für die Korrektion der Simme vom Beidenbach bis zum Bäuerfrweidli in der Gemeinde Boltigen unterbreitet, mit dem Gesuche um dessen Genehmigung und um Zusicherung eines Bundesbeitrages an die vorgesehenen Arbeiten auf Grund des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1877 über die Wasserbaupolizei. Der vorgelegte Kostenvoranschlag beläuft sich auf Fr. l 720 000.

Wir haben die Ehre, Ihnen nachfolgend Bericht und Antrag über die Projektvorlage zu unterbreiten.

1. Allgemeines.

Die Simme besitzt bei Boltigen ein Einzugsgebiet von 295 km2. Bergschutt nnd Alluvionen bilden das Bett des Talflusses, weswegen bei Hochwasser die noch unbewehrten Ufer öfters angegriffen werden. Die zahlreichen Zuflüsse der Simme, meist Wildbäche mit grober, murgangartiger Geschiebeführung, erschweren ebenfalls den ungehinderten, gleichmässigen Abfluss der Hochwasser,, was da und dort zu Überschwemmungen führt und nicht unbedeutende Kulturschäden verursacht. Seit vielen Jahren wurden an der Simme mit Bundeshilfe an den bedrohten Stellen Schutzbauten errichtet, die sich als solche im allgemeinen gut bewährt haben. Aus Mangel an finanziellen Mitteln erfolgten jedoch bis jetzt nur wenige systematisch entwickelte Korrektionen auf längere Strecken. Im besondern erfolgten die Teilkorrektionen ohne ausreichende Berücksichtigung der gesetzmässigen Zusammenhänge zwischen Flusslängen-

1296 profil und Bemessung des Abflussquerschnittes, welche Zusammenhange bei der Korrektion eines geschiebeführenden Flusses befriedigt sein müssen, wenn ein stabiles Sohlenlängenprofil erzielt werden soll. Diese Zusammenhänge sind aber erst in neuester Zeit soweit erforscht worden, dass sie praktisch ausgewertet werden können.

2. Die Unwetterkatastrophe vom November 1944.

Nach sehr starkem Schneefall in der zweiten Hälfte des Monates November 1944 (in Zweisimmen wurde l m Schneehöhe gemessen) trat im ganzen Simmental eine ausgesprochene Föhnlage ein. Starke und ausgiebige Regenfälle brachten die gewaltigen Anhäufungen von Neuschnee zum raschen Schmelzen, so dass am 28. November das ganze Simmental von der Lenk bis hinunter nach Wimmis durch Überschwemmungen, Murgänge und Bodenrutschungen schwer heimgesucht wurde. Überall wurden die Dorffeuerwehren aufgeboten und die gesamte Bevölkerung half mit die unheilbringenden Fluten einigermassen einzudämmen. Aber der Schaden war dennoch gewaltig.

In der Gemeinde Boltigen, wo sich schon früher die Sohle der Simmelangsam aber stetig erhöhte, hatte man seit Jahren Uferschutzbauten und Hochwasserdämme erstellt. Diese Schutzmassnahmen waren jedoch nicht für so katastrophale Hochwasser berechnet. Besonders die linksufrigen Dämme wurden an verschiedenen Stellen durchbrochen, wobei wertvolles Kulturland überschwemmt und an einigen Stellen meterhoch mit feinem und grobem Geschiebe überführt wurde. Da gleichzeitig der Dürrsmühlegraben, ein rechtufriger Zubringer, durch einen gewaltigen Murgang den Lauf der Simme abgeriegelt hatte, wurden ebenfalls Staatsstrasse und Bisenbahnlinie ernstlieb gefährdet, und nur mit Mühe und Not konnte der Verkehr aufrechterhalten werden. Wenn, auch Hütten, Wege und Brücken beschädigt oder zerstört wurden, waren glücklicherweise keine Menschenleben zu beklagen.

3. Örtliche Feststellungen und Notmassnahmen nach dem Hochwasser vom 23. November 1944.

Am 18. Dezember 1944 traten die eidgenössischen und kantonalen Fachinstanzen im Beisein von. Vertretern der Gemeinde Boltigen zu einer gemeinsamen Beratung zusammen, wobei der allgemeine, nunmehr total veränderte Zustand des Flusslaufes sowie das Ausmass des Schadens eingehend überprüft und die zu treffenden Notmassnahmen besprochen wurden.

Von der oberen bis zur unteren Durchbruchstelle (hm 47 bis 49) war das Flussbett mit Schotter aufgefüllt, während weiter flussabwärts infolge der Abriegelung des Simmebettes durch das sehr grobe Geschiebe de? Dürrsmühlegrabens die Simme hart an den Bahnkörper gedrängt worden war.

Es hatte sich ein neues, unerwünschtes Flussbett gebildet; der alte Simmenlauf war auch hier weitgehend aufgeschottert.

Man war sich bewusst, dass sofortige Schutzmassnahmen getroffen werden mussten, und zwar noch im Laufe des Winters, um einem noch grosseren

1297 Unheil bei der Schneeschmelze im Frühjahr vorzubeugen. Diese Massnahmen entsprachen auch dem notwendigen Schutze des Kulturlandes im Interesse des Mehranbaues.

Mit Zustimmung des eidgenössischen Oberbauinspektorates wurden daher <-lie dringendsten Hochwasserdammbauten im Herbst 1944 erstellt. Das benötigte Baumaterial wurde dem aufgefüllten Simmebett entnommen, das so gleichzeitig wieder geöffnet werden konnte.

Mit dem grundsätzlichen Beschluss auf Wiedereinleitung der Simme in ihr altes Bett und Erstellung umfangreicher Hochwasserdämme waren die grossen Linien für das aufzustellende Korrektionsprojekt festgelegt. Die notwendigsten Arbeiten konnten deshalb in systematischer Anpassung an diesen Grundgedanken durchgeführt werden.

4. Das Korrektionsprojekt vom Dezember 1945.

Das neue Korrektionswerk ist so zu gestalten, dass die Abflussbedingungen eine gleichmässige Geschiebeabfuhr gewährleisten. Da nun die Geschiebefracht von der Schleppkraft des Gewässers, diese Kraft wieder vom vorhandenen Gefalle, von der Sohlenbreite und der Wassertiefe abhängig ist, bestand das Problem einmal darin, die baulichen Vorkehrungen diesen Erfordernissen gemäss zu treffen. Ausserdern müssen die Abme'ssungen des korrigierten Gerinnes der selbstverständlichen Forderung der künftigen Vermeidung von Überschwemmungen gerecht werden.

Die fragliche Gewässerstrecke in der Gemeinde Boltigen wurde daher einer eingehenden Untersuchung unterworfen, wobei die von der Versuchsanstalt für Wasserbau an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich in der Mitteilung Nr. 4 «Theoretische Grundlagen der Fluss- und Wildbachverbauungen» niedergelegten Entwicklungen zur Anwendung gelangten.

Da das Gefalle der Simme unterhalb der Einmündung des Eeidenbaches erheblich geringer ist als oberhalb, war schon auf Grund bisheriger flussbaulicher Erfahrungen vorauszusehen, dass zur Ermöglichung eines stetigen Geschiebetriebes das Bett der Simme in der flacheren Strecke im Vergleich zur oberhalb anschliessenden, annähernd irn Gleichgewicht befindlichen Flußstrecke einer Verschmälerung bedürfe. Das Ergebnis der anhand der ermittelten Abflussrnengen und der Terrainaufnahmen durchgeführten Berechnungen und Feststellungen wies denn auch auf die Notwendigkeit hin, das Simmebett einer starken Einengung zu unterziehen und lieferte zugleich
das Mass dieser Einengung.

Das anzustrebende Beharrungsgefälle muss auf der ganzen Länge der flacheren Simmestrecke vorhanden sein, wenn der Geschiebetransport fortlaufend gesichert sein soll; die Korrektion hat deshalb von der Beidenbachmündung hinab bis zum sogenannten «Bäuertweidli» zu erfolgen und erhält damit rund 3400 m Länge. Aus der Höhenlage der heutigen Flußsohle der Simme an diesen Endpunkten folgt, bezogen auf die eben genannte Korrektionslänge, das anzustrebende Beharrungsgefälle des Korrektionslängenprofils von

1298 6>8%o. Für dieses Beharrungsgefälle führten die rechnerischen Untersuchungen.

unter Berücksichtigung der Abflussmengen bis 40 ra3/sek, die infolge ihrer zeitlichen Dauer noch einen wesentlichen Einfhiss auf die Grosse des regelmässigen jährlichen Geschiebetransportes ausüben können, zum Ergebnis, dass für den Geschiebetransport eine Binne von 8 m Sohlenbreite zu erstellen ist. Das Abflussprofil hat aber auch die Hochwasser aufzunehmen, deren Grösstwert aus der amtlichen Wassermeßstation an der Simme in Oberwil/Heidenweidli, für den 23. November 1944 und bezogen auf die in Frage stehende Korrektionsstrecke, zu 190 m3/sek bestimmt worden ist. Aus dieser weiteren Bedingung folgt die Notwendigkeit, das neue Simmebett als Doppelprofil auszubilden, das allen gestellten Anforderungen genügt.

Die Versuchsanstalt für Wasserbau an der Eidgenössischen Technischen Hochschule, die um Begutachtung des Projektes ersucht worden ist, hat sich zu dieser Form des Abflussprofils wie folgt geäussert: «In der eigentlichen Geschieberinne mit 8 m Sohlenbreite müssen Wassermengen bis mindestens 40 m3/sek geschlossen abfliessen. Im so korrigierten Gerinne besitzen Wassermengen unter 30 m3/sek Erosionstendenz und werden, da sie häufig sind, das Gefalle der Korrektionsstrecke auf ca. 6--6,5°/00 zu reduzieren versuchen. Sie tendieren also auf die ursprüngliche Projektsohle 1891--1916, ein Umstand, der bei der Fundation des vorgeschobenen Wuhre> berücksichtigt werden muss. Anderseits besitzen die selteneren und kurzfristigen Wassermengen über 40 m3/sek Auflandungstendenz, werden also das von den normalen Abflussmengen unter die Projektsohle (6,8°/00) erodierte Geschiebe ersetzen, möglicherweise zeitweilig auch zusätzlich über die Projektsohle auf landen. Ein Mass für diese Auflandung kann bei der Zufälligkeit des Auftretens und der Aufeinanderfolge, aber auch wegen der unbestimmten Grosse und Dauer der Höchsthochwasser, nicht angegeben werden. Diese Unsicherheit muss daher bei der Festlegung der Höhe des vorgeschobenen Wuhres, wie auch derjenigen der Hochwasserdämme berücksichtigt werden.

Die Kronen dieser Längsbauten müssen höher angenommen werden als sie sich rechnerisch mit Hilfe des zeitlich mittleren Gefalles von f),8°/w ergeben.

Dies vor allem in der obern Hälfte der Korrektionsstrecke, zwischen dem Dürrsmühlegraben
und der Oey-Brücke.» Das bereinigte Projekt trägt diesen Erkenntnissen in der Bestimmung der Höhe des vorgeschobenen Wuhres und der Hochwasserdämme Rechnung.

Der Kanton Bern vertritt immerhin die Auffassung, dass mit Bücksicht auf die der hydraulischen Dimensionierung zugrunde gelegte Katastrophenwassermenge von 190 m3/sek das Freibord der Hochwasserdämme auf ein Mindestmass sollte beschränkt werden können, das er auf rund 20 cm bemisst.

Da, wo die Hochwasserdämme in der Aussenseite von Flusskrümmungeii liegen, werden sie nach Auffassung des Oberbauinspektorates in jedem Falle um das Mass der Schräglage des Hochwasserspiegels zu überhöhen sein.

Endlich muss betont werden, dass alle Untersuchungen, um durchführbar zu sein, notwendigerweise eine normale jährliche Geschiebeführung der Simme

1299 zur Voraussetzung haben. Die Seitenbäche, wie der schon genannte Dürrsmühlegraben und andere gefährliche Bunsen, die Murgänge mit schwerem Material zu Tale befördern, müssen unbedingt verbaut werden, da sonst auch die bestdurchdachte Korrektion des Vorfluters versagen kann. Die Talbehörden sind sich dessen bewusst. und verschiedene Verbauungsprojekte, die das Grundübel an der Wurzel fassen sollen, befinden sich in Vorbereitung.

5. Der Bauvorgang bei der Durchführung der Korrektionsarbeiten.

Unmittelbar nach der eingetretenen Katastrophe wurden mit Bewilligung der eidgenössischen technischen Instanz die dringendsten Arbeiten ausgeführt, um im Frühjahr 1945 bei eintretender Schneeschmelze erneute Überschwemmungen zu verhindern. Es wurden unter Verwendung abgelagerten Geschiebelängs des Simmelaufes au den bedrohtesten Stellen Hochwasserdämme derart erstellt, dass sie später als Bestandteile des nun vorliegenden Projektes in dieses sollten einbezogen werden können. Als nächste Bauetappe ist dieser erste Hochwasserschutz zu verstärken und ergänzen. Weitere Bauperioden werden das Einbringen des Vorwuhres gemäss den Normalien des Doppelprofiles umfassen. Dieser Einbau soll von der Oeybrücke, d. h. vom obern Anfang der Korrektion an flussabwärts erfolgen. Dieser Bauvorgang bezweckt, mögliche Störungen und Schäden aus Hochwasserführung der Simme auf ein Mindestmass zu beschränken. Als letzte Bauetappe ist endlich der Durchstich im «Bäuertweidli». als unterste Teilstrecke, vorgesehen. In der Annahme.

es werde der Bauvorgang durch keine unvorhergesehenen Naturereignisse gestört, ist eine totale Bauzeit von 10 bis 11 Jahren vorgesehen. Je nach den Umständen und dem meteorologischen Ablauf der kommenden Jahre ist es aber möglich, dass die Gemeinde sich für eine kürzere Bauzeit entschliessen muss 6. Der Kosteuvoranschlag.

Im Gegensatz zu den Schwierigkeiten der Lösung des Problems gestaltet, sich die Ausführung der Arbeiten einfach. Der Kostenvoranschlag ist infolge einer ursprünglich in der Projektvorlage nicht vorgesehenen, notwendigen Ergänzung durch Erstellung eines rechtsufrigen Hochwasserdammes im Bäuertweidli um Fr. 50 000 auf insgesamt Fr. l 770 000 zu erhöhen. Zusammengefasst enthält der Kostenvoranschlag nur zwei Hauptarbeitsgattungen: a. die Materialgewinnung aus dem Flussbett zur Erstellung
der Hochwasserdämme und zum Vorbau des Doppelprofiles, wofür 90 100 m 3 benötigtwerden ; 1). die Erstellung der Böschungsplästerungen der Hochwasserdämme und das Einbringen von Blockwürfen zur Sicherung der flußseitigen Böschungen mit einer Kubatur von rund 14 000 m3.

Diese beiden Positionen allein belasten den Voranschlag mit Fr. l 400 000.

Eigentliche Kunstbauten kommen nicht in Frage. Das zu verwendende Baumaterial, wie Kies, Sand und Pflästerungssteine, wird aus örtlichen Vor-

1300 kommen bezogen; Zement und Eisen spielen bei diesem Bau eine ganz untergeordnete Eolle. Ein weiterer Torteil dieser Bauart besteht darin, dass die hauptsächlich während der Niederwasserzeit, also im Winter durchzuführenden Arbeiten weitgehend die einheimischen Arbeitskräfte zu beschäftigen gestatten.

Das eidgenössische Oberbauinspektorat hat von Anfang an die Grundlinien der Vorlage mit den kantonalen Behörden erörtert und geht grundsätzlich mit ihr einig. Vorbehalten bleiben natürlich allfällige bauliche Abänderungen, die während der Ausführung sich als notwendig erweisen würden, wobei jedoch die das Projekt bestimmenden Elemente unverändert beizubehalten sind. Die heutige Korrektionsvorlage berechtigt, vermöge der Verwertung der neuesten flussbaulichen Untersuchungen, zur Hoffnung, dass allmählich in der verheerten Strecke innerhalb jener Schwankungen, die in einem geschiebeführenden Flusse dem natürlichen Spiel der Kräfte entsprechen, eine Gleichgewichtslage der Flußsohle erzielt und damit künftige Schäden abgewendet werden. Bei fachgerechtem Unterhalt sollten alsdann Gefährdungen nur noch durch aussergewöhnliche Ereignisse, wie Murgänge und Ansteigen der Wasserführung über den bisherigen Grösstwert hinaus, verursacht werden können, durch Faktoren also, deren Unschädlichmachung sich gleicherweise der Voraussicht und der Begrenzung der finanziellen Aufwendungen auf ein tragbares Mass entzieht.

Mit Schreiben vom 13. Mai 1946 teilt die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei mit, das& in Übereinstimmung mit dem kantonalen jForstdienst an die Genehmigung dieses Korrektionsprojektes keine forstlichen Bedingungen zu knüpfen sind.

Den Interessen der Fischerei kommt die aus flussbaulichen Gründen vorzuschreibende Erstellung des vorgeschobenen Wuhres der Geschieberinne in rohem Blockwurf entgegen, der den Fischen, namentlich bei stärkerer Wasserführung und entsprechenden Wassergeschwindigkeiten, viele Unterschlupfmöglichkeiten bietet.

7. Die Bundessubvention.

In seiner Eingabe an das eidgenössische Departement des Innern vom 25. April 1946 führt der .Regierungsrat des Kantons Bern unter anderem aus, dass seit dem Jahre 1890 an der Simme in der Gemeinde Boltigen Arbeiten im Gesamtkostenaufwand von Fr. 760 000 mit Bundeshilfe ausgeführt wurden.

Die hieran geleistete Bundeshilfe belief sich auf Fr. 280 860 oder durchschnittlich 37 %. Der Kanton Bern leistete Fr. 228 000. während Gemeinde und Beitragspflichtige Fr. 250 740 aufzubringen hatten. Von den insgesamt zehn Teilprojekten haben die drei letzten nur noch die gemäss Finanznotrecht des Bundes herabgesetzten Bundesbeiträge zugesprochen erhalten.

Infolge der Hochwasserkatastrophe von 1944 sind nun die Gemeinde und die Schwellenpflichtigen gezwungen, nicht nur den Lauf der Simme vollständig umzugestalten, sondern auch die geschiebeführenden Seitenbäche zu verbauen.

Wenn auch Boltigen nicht zu den Gemeinden geringer finanzieller Leistungs-

1301 fähigkeit des Kantons Bern gezählt werden kann, so bedeutet die Ausführung eines solchen Bauprogrammes innerhalb der nächsten Jahre doch eine ausserordentliche finanzielle Beanspruchung.

Vor 1932 wurden alle wichtigeren Teilprojekte der Simmekorrektion in der Gemeinde Boltigen mit 40 % vom Bunde subventioniert. Gemäss den Bichtlinien der eidgenössischen Finanzordnung 1946--1949 erscheint, in Berücksichtigung des Charakters der Vorlage als eines Gesamtprojektes von.

entsprechender Kostenhöhe und in Anbetracht der aussergewöhnlichen Belastung der Beitragspflichtigen, hinsichtlich der ordentlichen wasserbaupolizeilichen Bundeshilfe die Zusicherung eines abgebauten Beitrages von 28 % der Kosten als gegeben. Das Jahresmaximum könnte einerseits mit Bücksicht auf die auf höchstens 10 Jahre zu erstreckende Bauzeit, anderseits in Ansehung des Umstandes, dass unter dem Zwang der eingetretenen Verhältnisse im Einvernehmen mit dem Bunde bereits umfangreiche Bauten ausgeführt werden mussten, für das Jahr 1947 auf Fr. 150 000, für die nachfolgenden Jahre auf Fr. 80 000 festgesetzt werden.

Mit Eingabe vom 24. Mai 1946 an das Oberbauinspektorat hat der Kanton Bern auch die Gewährung eines zusätzlichen Bundesbeitrages gemäss Bundesbeschluss vom 3. Oktober 1945 über die zusätzliche Subventionierung von Gewässerverbauungen und -korrektionen nachgesucht. Zugunsten des Eintretens auf dieses Gesuch spricht, neben der Schwere der Aufgabe für die Beitragspflichtigen, die Tatsache, dass es sich um eine der Auswirkungen handelt, die ein das ganze Simrnental heimsuchendes Unwetter verursachte.

Anderseits sind die finanziell gefestigte Lage des Kantons Bern und die finanziellen Verhältnisse der Gemeinde Boltigen bei der Abwägung der Höhe eines zusätzlichen Bundesbeitrages in Berücksichtigung zu ziehen. Der Kanton Bern hat mit Grossratsbeschluss vom 18. September 1946 seine frühere ordentliche Beitragshöhe von 30 %. ausserdem einen zusätzlichen Beitrag von 10 % zugesprochen, womit die Voraussetzungen des erwähnten Bundesbeschlusses erfüllt sind. In Würdigung aller Faktoren erachten wir einen zusätzlichen Bundesbeitrag von 12 % als angemessen, womit dem vom Kanton gestellten Gesuche hinsichtlich der gesamten Beitragshöhe des Bundes entsprochen würde.

Gestützt auf diese Darlegungen haben wir die Ehre, Ihnen den
beigefügten Entwurf eines Bundesbeschlusses zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 16. Dezember 1946.

Im Xamen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Kobelt.

Der Bundeskanzler: Leimgraber.

Bundesblatt.

98 J.ukrg

Bd III.

83

1302 (Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die Korrektion der Simme vom Reidenbach bis zum Bäuertweidli in der Gemeinde Boltigen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , auf Grund des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1877 betreffend die Wasserbaupolizei, auf Grund des Bundesbeschlusses vom 3. Oktober 1945 über die zusätzliche Subventionierung von Gewässerverbauungen und -korrektionen in den im Jahre 1944 von Unwetterkatastrophen heimgesuchten Gebieten sowie von schwer finanzierbaren Gewässerverbauungen und -korrektionen, nach Einsicht der Eingabe der Eegierung des Kantons Bern vom 25. April 1946, einer Botschaft des Bundesrates vom 16. Dezember 1946, beschliesst :

Art. 1.

Dem Kanton Bern wird für die Korrektion der Simme vom Eeidenbach bis zum «Bäuertweidli» in der Gemeinde Boltigen ein ordentlicher Bundesbeitrag von 28 % der wirklichen Kosten zugesichert bis zum Höchstbetrage von Fr. 495 600. d. h. 28 % des auf Fr. l 770 000 erhöhten Kostenvoranschlages vom 21. Dezember 1945.

Überdies wird dem Kanton Bern zu Lasten des durch Bundesbeschluss vom 3. Oktober 1945 eröffneten Kredites ein zusätzlicher Beitrag von 12 % der wirklichen Kosten bis zum Maximum von Fr. 212 400 als 12 % der Voranschlagssumme von Fr. l 770 000 in Würdigung der Tatsache gewährt, dass der Kanton mit Grossratsbeschluss vom 18. September 1946 durch Zusicherung eines kantonalen zusatzlichen Beitrages von 10 % der Voranschlagsumme die Voraussetzung für die Erwirkung eines zusätzlichen Bundesbeitrages erfüllt hat.

Der Kanton ist verpflichtet, bei eintretender Arbeitslosigkeit die Arbeiten im Einvernehmen mit dem eidgenössischen Oberbauinspektorat ohne weitere Bundesbeiträge zu fördern.

1303 Art. 2.

Die Auszahlung des ordentlichen und des zusätzlichen Beitrages erfolgt innerhalb der dem Bundesrate zur Verfügung stehenden Kredite im Verhältnis des Fortschreitens der in den jährlichen Bauprogrammen vorgesehenen Bauarbeiten gemäss den von der Kantonsregierung eingesandten und vom eidgenössischen Oberbauinspektorat geprüften Kostenausweisen.

Der ordentliche jährliche Höchstbetrag beläuft sich im Jahre 1947 auf Fr. 150 000, in den folgenden Jahren auf Fr. 80 000.

Die Auszahlung der zusätzlichen Beiträge erfolgt im Verhältnis zu den ordentlichen.

Art. S.

Für die Berechnung der Bundessubvention werden berücksichtigt die eigentlichen Baukosten, einschliesslich der Enteignungen und der unmittelbaren Bauaufsicht, die Kosten des Ausführungsprojektes, ferner die Aufnahme des Perimeters. Dagegen sind nicht in Anschlag zu bringen die Kosten anderer Verhandlungen, der Tätigkeit von Behörden, Kommissionen und Beamtungen (von den Kantonen laut Art. 7 a des Wasserbaupolizeigesetzes zu bestellende Organe), auch nicht die Kosten der Geldbeschaffung und die Verzinsung.

Art. 4.

Dem eidgenössischen. Oberbauinspektorat sind jährliche Bauprogramme und, soweit es mit der Voilage noch nicht geschehen ist, die Detailprojekte zur Genehmigung vorzulegen.

Vorgeschobene Wuhre de^ verengten Abflussgerinnes sind in Blockwurf zu erstellen; der gegenüberliegende FUSS de« Hochwasserdammes ist gegebenenfalls mit Steinvorlage zu schützen.

Die Festlegung der Höhe der Krone der Hochwasserdämme über der einer Wasserführung von 190 m3/sek entsprechenden Wasserspiegellage bleibt der endgültigen Verständigung zwischen der kantonalen Baudirektion und dem eidgenössischen Oberbauinspektorate vorbehalten.

Die Aufstellung der Bauprogramine und die Anordnung der Bauten hat, soweit dies mit der Dringlichkeit der Bauten vereinbar ist. der jeweiligen Lage des Arbeitsmarktes Bücksicht zu tragen.

Art. 5.

Die planmassige Bauausführung wird vom eidgenössischen Oberbauinspektorat überwacht. Die Kantonsregierung wird zu diesem Zwecke den Beamten dieser Amtästelle die nötige Auskunft und Hilfeleistung zuteil werden lassen.

Fertiggestellte Teilarbeiten sind abzurechnen. Spätere Ausgaben für solche Bauten gehen zu Lasten des Unterhaltes.

1304 Art. 6.

Der Kanton sorgt unter der Oberaufsicht des eidgenössischen Oberbauinspektorates für den Unterhalt der subventionierten Bauten.

Art. 7.

Die Gesichtspunkte des Natur- und Heimatschutzes sind innerhalb vertretbarer Aufwendungen zu berücksichtigen.

Art. 8.

Dem Kanton Bern wird eine Frist von einem Jahr gewährt, um sich darüber zu erklären, ob er den vorstehenden Bundesbeschluss annimmt.

Der Bundesbeschluss fällt dahin, wenn dessen Annahme nicht innert dieser Frist erfolgt.

Art. 9.

Dieser Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit seiner Vollziehung beauftragt.

6965

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Bern für die Korrektion der Simme vom Reidenbach bis zum Bäuertweidli in der Gemeinde Boltigen. (Vom 16. Dezember 1946.)

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26

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5161

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

19.12.1946

Date Data Seite

1295-1304

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