5

1

N o

3

# S T #

7

Bundesblatt

98. Jahrgang.

Bern, den 28. Februar 1946.

Band I.

Erscheint in der Segel alle 1.4 Tage, Preis SO Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr; 50 Happen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli £ de. in Bern.

# S T #

4939

Vierzehnter Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen.

(Vom 19. Februar 1946.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen über die Massnahmen Bericht zu erstatten, die wir vom 1. Oktober 1945 bis zum 5. Dezember 1945 auf Grund des Bundesbeschlusses vom 80. August 1989 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aulrechthaltung der Neutralität and vom 6. Dezember 1945 bis zum 31. Januar 1946 gestützt auf den Bundesbeschluss vom 6. Dezember 1945*) über den Abbau der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates ergriffen haben. Diesem Bericht folgt ein Exposé über die Übergangsordnung zur Alters- und Hinterlassenenversicherung.

Departemente.

A. Politisches Departement.

Bundesratsbeschluss vom 80. November 1945 über die Er- 549 gänzung des Bundesratsbeschlusses über die Sperre des Vermögens ausgewiesener Personen (A. S. 61, 1080).

Bei der Durchführung der Untersuchungen auf Grund des Bundesratsbeschlusses vom 18. Juli 1945 über die Sperre des Vermögens ausgewiesener Personen hat sich gezeigt, dass eine Erweiterung der Befugnisse der Schweizerischen Verrechnungsstelle unumgänglich war, und zwar im Sinne einer ausdrücklichen Ermächtigung zur Öffnung und Untersuchung der von ausgewiesenen Personen gemieteten Schrankfächer und der zugunsten solcher Personen *) Die auf Grund dieses zweiten Bundessbeschlusses erlassenen Beschlüsse sind mit einem nach der Ordnungsnummer angebrachten A bezeichnet.

Bundesblatt. 98. Jahrg. Bd. I.

22

318

errichteten geschlossenen Depots. Nur durch diese zusätzlichen Kompetenzen des untersuchenden Organs konnten die letzten Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Massnahm.en zur "Verhinderung unerwünschter Vermögensverschiebungen, zur Aufdeckung von Tarnungsverhältnissen usw. rasch und zuverlässig getroffen werden können. Die Aufhebung dieses Erlasses wird erst dann möglich sein, wenn der grundlegende Bundesratsbeschluss vom 18. Juli 1945 aufgehoben werden kann.

551A

Bundesratsbeschluss vom 10. D e z e m b e r 1945 b e t r e f f e n d die Klagen auf Bückgabe in kriegs.besetzten Gebieten weggenommener Vermögenswerte (A. S. 61, 1052).

Im Abkommen vom S.März 1945 ha-t die Schweiz zugesichert, dass sie im Bahmen der bestehenden schweizerischen Gesetzgebung oder allfälliger Ergänzungen zu letzterer die Bückforderung von Vermögenswerten erleichtern werde, die den Besitzern in widerrechtlicher Weise oder unter dem Einfluss von Zwang weggenommen wurden. Die Eidgenossenschaft hatte damit gewissermassen ihre Bereitschaft erklärt, gegebenenfalls auch ihre Gesetzgebung abzuändern, wenn diese sich als ungeeignet erweisen sollte, um die während des zweiten Weltkrieges beraubten Besitzer wirksam zu schützen. Nach schweizerischem Becht kann die Bückforderung von beweglichen Sachen und von Inhaberpapieren, die dem früheren Besitzer abhanden gekommen sind, gestützt auf Art. 934 und ff. des ZG-B und ausnahmsweise gestützt auf Art. 641, Abs. 2, erfolgen. Diese den gutgläubigen Drittcrwerber begünstigende Eegelung erlaubt in zahlreichen Fällen nicht, denjenigen zu schützen, der während der Feindseligkeiten im besetzten Gebiet in widerrechtlicher Weise um seinen Besitz gebracht worden ist, "Um diesen Verhältnissen Bechnung zu tragen, war es notwendig, ein besonderes Verfahren zu schaffen, das es dem beraubten Besitzer ermöglicht, sein Gut von jedermann und ohne Biicksicht auf die seit der Besitzesentziehung verstrichene Zeit zurückverlangen. Die aul den Beschluss vom 10. Dezember 1945 gestützte Klage muss bis zum 31. Dezember 1947 beim Bundesgericht eingereicht werden. Dem zur Bückgabe verpflichteten gutgläubigen Erwerber steht, ein Bückgrifferecht gegen jeden vorangehenden Veräussercr zu. Wenn der bösgläubige Veräusserer nicht belangt werden kann oder wenn er zahlungsunfähig ist, so kann dem geschädigten gutgläubigen Erwerber durch den Bichter eine Entschädigung auf Koston der Eidgenossenschaft zugesprochen werden. Im allgemeinen wird das Bundesgericht gleichzeitig über das Begehren auf Bückgabe und über den Bückgriff gegenüber den vorangehenden Veräusserern entscheiden. Der Prozess wickelt sich nach einem einfachen und raschen Verfahren ab, und die Entscheide des Bundesgerichts sind endgültig. Nach dem 31. Dezember 1947 kann die Bückforderung nur noch vor den ordentlichen Gerichten
und gemäss den Bestimmungen des ZGB geltend gemacht werden. Der Beschluss vom 10. Dezember 1945 wird solange in Kraft bleiben müssen, als vor dein 31. Dezember 1947 angehobene Bückforderungsklagen vor dem Bundesgericht hängig sein werden.

319 D. Militärdepartemeut.

. Bundesratsbeschluss vom 10. November 1945 b e t r e f f e n d 546 Teuerungszulagen zu den Militärpensionen (A. S. 61, 965).

Der Bundesratsbeschluss vom 18. Dezember 1944 hatte die Ausrichtung von Teuerungszulagen zu den Militärponsionen für das Jahr 1945 in der Weise geregelt, dass im allgemeinen für alte Pensionen eine Teuerungszulage von 25 % auszuzahlen war, die aber im Einzelfall Fr. 550 nicht übersteigen durfte. Für neue Pensionsfälle war auf den tatsächlichen Erwerb, inbegriffen die teuerungsbedingten Zulagen, abzustellen und die entsprechende Pension ohne Teuerungszulage auszurichten. Einzig für die zeitlich nicht befristeten Invalidenpensionen der 4. bis 16. Verdienstklasse und seit 15. Mai 1945 bis der 21. Verdienstklasse (Invalidität wenigstens ein Drittel) und für die Hinterlassenenpensionen hatte eine Rückversetzung um eine oder zwei Klassen zu erfolgen, und zu diesen Pensionen wurde für das Jahr 1945 eine Teuerungszulage von 25 %, höchstens aber Fr. 550, gewährt.

Bei der Festsetzung der Teuerungszulagen zu den Militärpensionen ab 1. Januar 1946 stellten sich folgende Fragen: 1. Sind für das Jahr 1946 überhaupt wieder Teuerungszulagen auszurichten und, wenn ja, wie hoch sind sie zu bemessen? Dabei war festzuhalten, dass sich die Lebensverhältnisse gegenüber dem Vorjahr awar nicht gebessert, aber auch nicht wesentlich verschlimmert haben (Teuerung Ende 1944 = 52,2 % und Ende August 1945 = 58,1 %). Wenn auch angenommen werden darf, dass der Höhepunkt der Krise überschritten sein dürfte, so kann doch nicht vorausgesagt werden, ob bereits im kommenden Jähr eine wesentliche rückläufige Bewegung in der Teuerungsfrage einsetzen wird. Dies führte zum Schluss, für das Jahr 1946 die Teuerungszulagen noch auf der bisherigen Höhe von 25 % zu belassen.

2. Ist auch das Maximum der Teuerungszulage, das pro 1945 Fr. 550 betrug, beizubehalten oder abzuändern? Dieses Maximum bewegte sich bisher stets in dem für die andern Sozialversicherungskassen (Versicherungskasse des eidgenössischen Personals, Schweizerische Unfallversicherungsanstalt) aufgestellten Eahmen. Für die Versichcrungskasse des eidgenössischen Personals war die Frage für das Jahr 1946 bereits entschieden. In der Form einer sogenannten Kopf quote und einem prozentualen Zuschlag zur Rente soll die Teuerungszulage
für Verheiratete wenigstens Fr. 660 und für Ledige wenigstens Fr. 480 betragen. Es ist also gegenüber 1945 eine Erhöhung eingetreten. Dabei handelt es sich bei den Renten der eidgenössischen Versicherungskasse um Minimalansätze, während bei den Militärpensionen der Maximalansatz festzulegen ist. Bedenkt man, dass bei einer vollen Militärpension der 10. Verdienstklasse die 25 %ige Teuerungszulage Fr. 525 beträgt, während bei einer Pension der 11. Verdienstklasse 25% Fr. 577.50 ausmachen, so ergibt sich

320

daraus, dass also schon von der 11, Verdienstklasse bei insgesamt 21 Verdienstklassen ein Maximalansatz von Fr. 550 die volle 25 %ige Teuerungszulage nicht mehr zur Auswirkung kommt. Es schien daher wohl berechtigt, den Pensionsbezügern der mittlern und höheren Verdienstklassen etwas entgegenzukommen und das Maximum der Teuerungszulage auf Fr. 600 festzusetzen.

3. Soll das seit 1. Januar 1943 zur Anwendung gelangende Eückversetzungsverfahren bei Dauerpensionen beibehalten werden? Diesem Verfahren liegen folgende Erwägungen zugrunde : Seit l. Januar 1943 wird zu den neu gesprochenen Militärpensionen keine Teuerungszulage ausgerichtet, dagegen wird der Pension das tatsächliche Erwerbseinkommen des Versicherten inklusive Teuerungszulagen zum Lohn oder das sonstwie der Teuerung angepasste erhöhte Erwerbseinkommen zugrunde gelegt. Das fuhrt zwangsläufig zur Einreihung in eine höhere Verdienstklasse und damit auch zu einer Erhöhung der Pension.

Nach Art. 30, Abs. l, letzter Satz, des Militärversicherungsgesetzes bleibt bei Dauerpensionen der bei der erstmaligen Festsetzung ermittelte Jahresverdienst massgebend, d. h. die Verdienstklasse darf nicht mehr geändert werden. Es schien daher nicht gerechtfertigt, die durch die Teuerung bedingten erhöhten Löhne als Grundlage für Dauerpensionen anzuerkennen und sie für alle Zukunft auch bei Nachlassen der Teuerung in gleicher Höhe auszurichten. Daher wurde in diesen Fällen eine Grundpension gesprochen, die auf einer um eine oder zwei Klassen tieferen Verdienstklasse basierte, als das tatsächliche Einkommen ergeben hat. Zu dieser Grundpension wird eine Teuerungszulage ausgerichtet, die jährlich festzusetzen ist und die bisher gleich hoch war wie die Teuerungszulage zu den alten Pensionen. Für das Nähere sei auf die Ausführungen im 8. VoUmachtenbericht des Bundesrates vom 7. Mai 1948 (Bundesbl.

1943, 390) verwiesen. Dieses Eückversetzungsverfahren, auch wenn es keine ideale Lösung darstellt und in weiten Kreisen nicht verstanden werden wollte, hat sich nun aber doch eingelebt. Auch aus administrativen Gründen sollte an diesem System nichts geändert werden. Eine Änderung kommt unseres Erachtens erst dann in Frage, wenn die Teuerung definitiv eine rückläufige Tendenz annimmt. Damit ist für das Jahr 1946 wohl kaum schon zu rechnen.

Wir haben es daher auch in diesem
Punkte bei der Eegelung belassen, wie sie für das Jahr 1945 galt, allerdings auch mit der Erhöhung des Maximums der Teuerungszulage von Fr. 550 auf Fr, 600.

Nach Art. l des Bundesratsbeschlusses vom 10. November 1945 sind daher die Teuerungszulagen zu den Militärpensionen für das Jahr 1946 grundsätzlich die nämlichen wie für das Jahr 1945, mit der einzigen Ausnahme, dass das Maximum von Fr. 550 auf Fr. 600 erhöht wurde.

Da mit ca. 2000 Fällen zu rechnen ist, in denen sich die Erhöhung auswirken wird, betragen die Mehrauslagen pro 1946 gegenüber den Auslagen pro 1945 rund Fr. 100 000.

Eine besondere Eegelung war noch zu treffen für die alten Dauerpensionen der 13. und 16. Verdienstklasse, die gemäss Art. 9, lit. b, des Bundesrats-

321

beschlusses vom 27. April 1945 betreffend die Teilrevision des Militärversicherungsrechtes in bezug auf die Verdienstklasse auf 1. Januar 1946 zu revidieren waren. Diese ht. b. lautet : Die vor dem 1. Januar 1948 auf Grund der 13. Verdienstklasse und die seither auf Grund der 16. Verdienstklasse zugesprochenen Dauerpensionen sind auf 1. Januar 1946 zu revidieren und von diesem Zeitpunkt hinweg die entsprechende Verdienstklasse dieses Beschlusses zur Anwendung zu bringen, sofern der zur Zeit ihrer Pestsetzung massgebende Jahresverdienst die damals geltenden Höchstansätze überstieg.

Bei der Durchführung dieser Eevision war von nachfolgenden Erwägungen auszugehen: Bis zum 1. Januar 1943 wurde ein Jahresverdienst von mehr als Fr. 4500 (13. Verdienstklasse) bei der Berechnung der Militärpension nicht mehr berücksichtigt. Durch den Bundesratsbeschluss vom 14. Dezember 1942 wurde ab 1. Januar 1948 der anrechenbare Jahresverdienst durch die Einführung von 3 neuen Verdienstklassen auf Fr. 5400 (16. Verdienstklasse) erhöht. Seit 15. Mai 1945 ist gemäss Art. 4 des schon zitierten Bundesratsbeschlusses vom 27. April 1945 das Maximum des anrechenbaren Jahresverdienstes durch die Einführung · von 5 weiteren Verdienstklassen auf Fr. 6900 (21. Verdienstklasse) festgesetzt.

Den Dauerpensionen der 13. Verdienstklasse, zugesprochen vor dem 1. Januar 1943, liegt zur Hauptsache noch ein Jahresverdienst zugrunde, der nicht teuerungsbedingt ist. Es handelt sich hier um Pensionen, die zu einem sehr grossen Teil schon vor Jahren zugesprochen wurden und zu denen seit 1. Dezember 1941 Teuerungszulagen ausgerichtet werden, wie sie der Bundesrat von Jahr zu Jahr festsetzte. Bei den ab 1. Januar 1948 gesprochenen Dauerpensionen mit einem Jahresverdienst der 16. Verdienstklasse erfolgte gemäss den geltenden Bestimmungen die Berechnung der Pensionen nicht auf Grund der 16., sondern zufolge Bückversetzung um 2 Klassen, nur der 14. Verdienstklasse, plus die jährlich festgesetzte Teuerungszulage. Wir haben also bei den alten Pensionen der 13. Verdienstklasse kerne Bückversetzung sondern nur Teuerungszulagen, bei den Pensionsbezügern der 16. Verdieristklasse dagegen Eückversetzung in die 14. Verdienstklasse und Teuerungszulage. An diesem Unterschied musste auch bei der Bevision dieser Pensionen auf 1. Januar 1946 festgehalten werden, weil bei dieser Eevision auf den Jahresverdienst ini Zeitpunkt der Festsetzung der Pensionen abgestellt wird. Bei. uneingeschränkter Anwendung dieser Bestimmung hätte der Bezüger einer Dauerrente der alten 13. Verdienstklasse in die heute höchste 21. Verdienstklasse gelangen können und dazu die Teuerungszlage bezogen, während ein in die 14. Verdienstklasse rückversetzter Pensionsbezüger maximal nur in die 19. Verdienstklasse plus Teuerungszulage aufrücken kann. Um diese Ungleichheit zu vermeiden, war es notwendig, für die Pensionsbezüger der alten 13. Verdienstklasse bei der
Bevision die 19. Verdienstklasse als oberste Grenze festzusetzen. Mit der Ausrichtung der Teuerungszulage an beide Kategorien ist die Gleichstellung für die 18. und 16. Klasse bei der Eevision erreicht worden.

322

E. Finanz- und Zolldepartement.

I. Steuerverwaltung.

548

553A

:

Bundesratsbeschluss vom 27. November 1945 über die Abänderung des Warenumsatzsteuerbeschlusses (A. S. 61, 1708).

In Abänderung von Art. 14, Abs. 3, seines Beschlusses vom 29. Juli 1941 (A. S. 57, 793) hat der Bundesrat die für Grossistenerklärungen geltenden Vorschriften, einem aus Kreisen des Handels und der Industrie.geäusserten Wunsche entsprechend, vereinfacht. Die bis dahin nur für ein Kalenderjahr gültigen Erklärungen können inskünftig mit der Wirkung abgegeben werden, dass sie bis za ihrem Widerruf durch den Aussteller oder bis zur Anordnung ihrer Erneuerung durch Verfügung der eidgenössischen Steuerverwaltung für alle künftigen Engroslieferungen des Lieferers an den Aussteller gelten.

Ferner wurden die Strafbestimmungen in Art. 86 des Warenumsatzsteuerbeschlusses nach den Erfahrungen der Praxis für die Fälle der Nichtentrichtung der Steuer trotz fehlender Grossistenerklärung bei Engroslieferungen unter Grossisten gemildert.

II, Verwaltung der zentralen Ausgleichsfonds.

Bundesratsbeschluss vom 11, Januar 1946 über die Abänderung der Verdienstersatzordnung (A. S. 62, 154).

In Ausführung von Art. 7 der Finanzordnung für Arbeit und Lohnersatz fasste der Bundesra.t am 11. Januar 1946 einen Beschluss über den Verteilungsschlüssel für die Beiträge der Kantone an die Lohnausfallentschädigungen.

Es erwies sich als notwendig, die Verdienstersatzordnung diesem Beschluss anzupassen, weshalb.der Bundearat am gleichen Tag gestützt auf die ausserordenth'chen Vollmachten einen Beschluss fasste über die Abänderung des Art. 9, Abs. 2, des Eundesratsbeschlusses vom 14. Juli 1940 über eine provisorische Begelung der Verdienstausfallentschädigungen an militärdienstleistende Selbständigerwerbende (Verdienstersatzordnung) -- A. S. 56, 917 --. Demnach ist der Verteilungsschlüssel auch auf die Beiträge der Kantone an die Verdienstausfallentschädigungen anwendbar.

Aus diesem. Beschluss ergeben sich für die Bundeskasse keine finanziellen Auswirkungen, da es sich lediglich um die Umlage unter die Kantone handelt.

F. Volkswirtschaftsdepartement.

544

l: Bundesratsbeschluss vom 5. Oktober 1945 über den Arbeitseinsatz zur Sicherung der Versorgung mit Lebensmitteln und Brennstoffen (A. S. 61, 836).

Der Bundesratsbeschluss vom 17. August 1945 über die Abänderung der Vorschriften über die Arbeitsdienstpflicht verwirklichte bereits einen Teil

323

der -von der nationalrätlichcn Vollmachtenkommission angebrachten Wünsche: die Beschränkung der Arbeitsdienstpflicht auf Dienstleistungen, die der Versorgung des Landes mit Lebensrnitteln und Brennstoffen dienen, die Gewährung des Mitspracherechts der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerverbände und die Milderung der Strafandrohung bei Zuwiderhandlungen.

Um auch den übrigen Anregungen der nationalrätlichen Vollmachtenkommission Folge geben zu können, war es notwendig, die die einzelnen Anwendungsgebiete der Arbeitsdienstpflicht regelnden Erlasse abzuändern. Aus gesetzestechnischen Gründen wurde dies nicht bereits durch den Bundesratsbeschluss vom 17. August 1945 vorgenommen,. sondern. einem Spezialeiiass, dein Bundesratsbeschluss vom 5. Oktober 1945, vorbehalten. Bei dieser Gelegenheit wurden die bisher in verschiedenen Erlassen enthaltenen Vorschriften über die einzelnen Anwendungsgebiete der Arbeitsdienstpflicht in einen Beschluss zusammengefasst.

- .

Die wesentliche Neuerung des Bundesratsbeschlusses vom 5. Oktober 1945 besteht darin, dass er die Grundlage schafft für die Gewährung des grundsätzlich vollen Ausgleichs der Mehrauslagen und des Minderverdienstes, die infolge der Leistung von Arbeitsdienst entstehen können.

2. Bundesratsbeschluss vom 9. Oktober 1945 über die pro- 545 visorische Ausrichtung von Alters- und Hinterlassenenrenten (Übergangsordnung) (A. S. 61, 884).

Auf Ende des Jahres 1945 trat der Bundesratsbeschluss vom 24. Dezember 1941 über die Alters- und Hinterlassenenfürsorge àusser Kraft. Da die Voraussetzungen, die zum Erlass des genannten Bundesratsbeschlusses geführt hatten, noch vorhanden sind, sahen wir uns veranlasst, eine Übergangsordnung bis zur Einführung der Alters- und Hinterlassenenversicherung zu schaffen, die sich an die Lösung anlehnt, wie sie die eidgenössische Expertenkommission für die Alters- und Hinterlassenenversicherung in ihrem Bericht vom 16. März 1945 vorsah. Um die Annahme der Versicherungsvorlage nicht zu gefährden, sind die in der Übergangsordnung festgelegten Bentenleistungen um rund zwanzig Prozent niedriger festgesetzt als die im Versicherungsprojekt vorgesehenen Leistungen. Für alle Einzelheiten der Übergangsordnung verweisen wir auf unsern Sonderbericht.

3. Bundesratsbeschluss vom 23. November 1945 über die Er- 547 gänzung des Bundesratsbescblusses
über die provisorische Ausrichtung von Alters- und Hinterlassenenrenten (Übergangsordnung) (A. S. 61, 1001).

Die Einführung der Ubergangsordnung in den Kantonen erfordert kantonale Gesetzeserlasse. Da zu befürchten war, dass nicht alle Kantone in der Lage sein würden, bis zum 1. Januar 1946 auf dem verfassungsmässigen Wege die Gesetze beschliessen zu lassen, mussten wir ihnen eine besondere Ermächtigung erteilen.

324

550

4. Bundesratsbeschluss vom 80. November 1945 b e t r e f f e n d die Verlängerung des Bundesratsbeschlusses über Fürsorge für ältere Arbeitslose (A. S. 61, 1035).

Auf Ende des Jahres 1945 erlosch die Gültigkeit des Bundesratsbeschlusses vom 24. Dezember 1941 über Fürsorge für ältere Arbeitslose. Diese Hilfe war zweifellos notwendig und sollte aucb nach dem 81. Dezember 1945 noch weitergeführt werden. Materielle Änderungen wurden nicht vorgenommen.

Dagegen sahen wir uns aus grundsätzlichen Erwägungen und im Hinblick auf die Finanzlage des Bundes veranlasst, die Kostenverteilung zwischen dem Bund und den Kantonen zu ändern. Während bisher der Bund achtzig Prozent der Fürsorgeleistungen getragen hatte, wurde sein Anteil auf fünfzig Prozent herabgesetzt. Von den Kantonen, gegebenenfalls unter Heranziehung der Gemeinden, sind die restlichen fünfzig Prozent aufzubringen. Die Gültigkeit des Beschlusses wurde auf zwei Jahre beschränkt in der Annahme, dass bei Inkrafttreten der eidgenössischen Alters- und Hmterlassenenversicherung eine Anpassung an diese vorgenommen werde. Die Vollmachtenkommissionen beider Eäte haben dem Erlass dieses Beschlusses zugestimmt.

552A

5. Bundesratsbeschluss vom 28. Dezember 1945 über die Organisation des Solidaritätsfonds der Schweizerischen Schifflistickerei (A. S. 62, 1).

In unserem Bericht vom 10. Dezember 1945 wurde dargetan, dass der Solidaritätsfonds im Hinblick auf künftige Krisen beibehalten und finanziell gestärkt werden müsse.

Der Fonds geht auf einen Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1932 über die Hilfeleistung für die Schweizerische Schifflilohnstickerei zurück. Somit hat lediglich eine Anpassung der Organisation des Fonds an die veränderten Verhältnisse stattgefunden. Auch der neue Bundesratsbeschluss vom 28. Dezember 1945, der bis Ende 1948 befristet ist, bedeutet nur eine solche Anpassung im Sinne einer Übergangslösung, die der heute noch wenig geklärten Lage der Stickereiindustrie Eechnung trägt. An der Regelung des Solidaritätsfonds sind Bund, Kantone und Industrie (Stickerei-Exporteure und StickereiFabrikanten) beteiligt, und es galt, die verschiedenartigen Interessen zu berücksichtigen, ohne deshalb den Sohdaritätsgedanken und schliesslich den Bestand des Fonds selbst zu gefährden. Die neue Regelung lehnt sich weitgehend an die bisherige Ordnung des Fonds an. Die wichtigste Neuerung besteht in der Finanzierung des Fonds (Art. 9 des Beschlusses).

Man sollte nun der Neuregelung Zeit lassen, sich auszuwirken, damit die notwendigen weiteren Erfahrungen gesammelt werden können, bevor die Organisation des Solidaritätsfonds in der ordenthchen Gesetzgebung verankert wird.

325 6. Bundesratsbeschluss vom 25. Januar 1946 über Massnah- 554A men zur Verwertung der Kernobsternten und zur Versorgung des Landes mit Kernobst und Kernobsterzeugnissen (Aufhebung der kriegswirtschaftlichen Vorschriften) (A. S. 62, 194).

Mit der fortschreitenden Besserung der Landesversorgung hielten wir den Zeitpunkt für gekommen, die kriegswirtschaftlichen Vorschriften über die Kernobstbewirtschaftung aufzuheben und diese in den Rahmen der Alkoholgesetzgebung zurückzufuhren. Zu diesem Zwecke mussten die Befugnisse über die Verwertung der Obstpflichtlager aus der Ernte 1945, die bisher der Sektion für Obst und Obstprodukte des Kriegs-Ernährungs-Amtes zustanden, durch einen besondern Erlass der Alkoholverwaltung übertragen werden.

Gestützt auf unsere Ausführungen beantragen wir Ihnen, Sie möchten von den getroffenen Massnahmen in zustimmendem Sinne Kenntnis nehmen und beschliessen, dass sie weiter in Kraft bleiben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 19. Februar 1946.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident:

Etter.

6422

Der Bundeskanzler:

Leimgruber.

Beilagen: Die in diesem Bericht aufgeführten Beschlüsse.

Exposé über die Übergangsordnung zur Alters- und Hinterlassenenversicherung.

326 Beilage la.

549 Bundesratsfoeschluss ftber

die Ergänzung des Bundesratsbeschlusses über die Sperre des Vermögens ausgewiesener Personen.

(Vom 80. November 1945.)

Der schweizerische Bundesrat beschliesst:

Art. 1.

Der auf Grund des Bundesbeschlusses vom 30. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität erlassene Bundesratsbeschluss vom 13. Juli 1945*) über die Sperre des Vermögens ausgewiesener Personen wird durch folgenden Artikel 9bl3 ergänzt: Art. Skis.. j)ie Schweizerische Verrechnungsstelle ist ermächtigt, die Öffnung von Schrankfächern und geschlossenen Depots zu verlangen, sofern die Schrankfächer von einer in Art. l genannten natürlichen oder juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personengemeinschaft gemietet sind oder eine solche darüber verfügungsberechtigt ist, oder sofern die geschlossenen Depots zugunsten einer solchen errichtet worden sind. Dasselbe gilt für andere Schrankfächer und geschlossene Depots, wenn der Verdacht besteht, dass darin zugunsten einer in Art. l genannten natürlichen oder juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personengemeinschaft Vermögenswerte verwahrt werden.

Wo die Öffnung eines Schrankfaches oder eines geschlossenen Depots auf andere Weise nicht möglich ist, kann die Schweizerische Verrechnungsstelle die gewaltsame Öffnung anordnen. Diese bedarf dann der Zustimmung des eidgenössischen Politischen Departements, wenn sie lediglich auf Grund des Verdachtes erfolgt, dass im betreffenden Schrankfach oder Depot zugunsten einer in Art. l genannten natürlichen oder juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personengemeinschaft Vermögenswerte verwahrt werden.

*) A. S. 61, 475.

327 Die Schweizerische Verrechnungsstelle wird den Inhalt der Schrankfächer und Depots prüfen, darüber Verzeichnisse aufnehmen und ihn durch -Versiegelung oder auf andere Weise sicherstellen.

Die Öffnung der Schrankfächer und geschlossenen Depots und die Bestandesaufnahme des Inhaltes sollen in der Eegel in Gegenwart des Mieters, eines Verfügungsberechtigten oder des Vermieters erfolgen.

Art. 2.

Dieser Beschluss tritt am 8. Dezember 1945 in Kraft.

6231

328 Beilage lì).

551 A ßundesratstoeschluss betreffend

die Klagen auf Rückgabe in kriegsbesetzten Gebieten weggenommener Vermögenswerte.

(Vom 10. Dezember 1945.)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf Art. 2 des Bundesbeschlusses vom G.Dezember 1945 über den Abbau der Vollmachten des Bundesrates, beschliesst : Art. 1.

Wer in einem kriegsbesetzten Gebiet in völkerrechtswidriger Weise beraubt oder durch Gewalt, Beschlagnahme, Eequisition oder andere ähnliche Handlungen seitens der militärischen oder zivilen Organe oder der bewaffneten Streitkräfte einer Besetzungsmacht um Besitz oder Eigentum von beweglichen Sachen oder Wertpapieren gebracht worden ist, kann vom gegenwärtigen gutöder bösgläubigen Besitzer deren Rückgabe nach Massgabe der in diesem Beschluss vorgesehenen Bestimmungen und Verfahrensregeln verlangen, wenn sie sich in der Schweiz befinden.

Das gleiche Becht steht demjenigen zu, der sich freiwillig des Eigentums oder des Besitzes an beweglichen Sachen oder Wertpapieren begeben hat, die sich in der Schweiz befinden, wenn er sich hiezu unter dem Einfluss einer Täuschung oder gegründeter Furcht, wofür die Besatzungsmacht oder ihre militärischen oder zivilen Organe verantwortlich zu machen sind, bestimmen liess.

Art. 2.

Die Klage auf Eückgabe kann für alle beweglichen Sachen und Wertpapiere angestellt werden, die zwischen dem 1. September 1939 und dem 8. Mai 1945 Gegenstand einer Enteignung, Besitzesentziehung oder Eigentums- oder Besitzesaufgabe in den während des letzten Krieges besetzten Gebieten gewesen sind.

329 Ait.'à.

Der auf Täuschung beruhende oder unter gegründeter Furcht abgeschlossene Vertrag, durch welchen der Eigentümer oder Besitzer über bewegliche Sachejî oder Wertpapiere verfügt hat, gilt nicht als genehmigt, wenn die aus dem Vertrag nicht verpflichtete Partei infolge der Kriegsbesetzung die durch die anwendbare Gesetzgebung vorgesehene Frist verstreichen liess, binnen derer der anderen Partei der Entschluss auf Nichteinhaltung des Vertrages hätte eröffnet werden müssen.

Art. 4.

Wenn die Bückgabe von beweglichen Sachen oder Wertpapieren verfügt wird, hat deren gutgläubiger Erwerber das Eecht, die Bückerstattung des von ihm bezahlten Kaufpreises vom Veräusserer, von dem er die zurückzugebenden Sachen oder Wertpapiere erhalten hat, zu verlangen; bei Gütern oder Werten, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, ist höchstens der gegenwärtige Preis der zurückzugebenden Sachen zu erstatten.

Ist der Veräusserer selbst gutgläubig, so kann er gegen jeden vorangehenden Verkäufer nach Massgabe des Abs. l Bückgriff nehmen.

Ist der bösgläubige Veräuseerer zahlungsunfähig oder kann er in der Schweiz nicht belangt werden, so kann der Bichter dem gutgläubigen Erwerber für den Ausfall auf Kosten der Eidgenossenschaft eine billige Entschädigung zusprechen.

Die Eidgenossenschaft tritt bis zur Höhe der von ihr an den gutgläubigen Erwerber geleisteten Entschädigung in seine Bechte gegenüber dem bösgläubigen Veräusserer ein.

Der gutgläubige Erwerber, der nach Massgabe des schweizerischen Zivilgesetzbuches oder eines anwendbar befundenen ausländischen Bechts zur Bückgabe ohne Bückerstattung des bezahlten Kaufpreises verpflichtet wäre, hat keinen Anspruch auf Entschädigung.

Die Bechte, die der bösgläubige Erwerber auf Grund der Bestimmungen des auf den Vertrag anwendbaren Bechts gegenüber dem Veräusserer geltend zu machen hat, bleiben vorbehalten.

:

Art. 5.

Wenn der Geschädigte bei der Enteignung, der Besitzesentziehung oder der Entäusserung unter irgendeinem Kechtstitel eine Vergütung erhalten hat, kann die Rückgabe von dei Zurückzahlung eines Betrages abhängig gemacht werden, der die ihm geleistete Vergütung nicht übersteigt. Dieser Betrag wird dem gutgläubigen, zur Bückgabe verpflichteten Erwerber zugesprochen und von der ibm von der Eidgenossenschaft gegebenenfalls geleisteten Entschädigung in Abzug gebracht; bei bösgläubigem Erwerb fällt er in vollem -Umfang an die Eidgenossenschaft. Aus Billigkeitsgründen kann die Bück-

330

gäbe einer beweglichen Sache oder eines Wertpapiers auch dann verfügt werden, wenn .der Geschädigte nicht in der Lage ist, die von ihm bezogene Vergütung ganz oder teilweise zurückzuzahlen.

Art. 6.

Die Bestimmungen dieses Beschlusses sind nicht anwendbar auf Güter, die in Erfüllung von Handels- oder Zahlungsabkommen nach der Schweiz geliefert worden sind, sofern die Einfuhr dieser Güter im Hinblick auf den dafür ausgerichteten Gegenwert oder auf Grund besonderer Abmachungen zwischen den Vertragsparteien als im Eahmen normaler Handelsbeziehungen erfolgt gelten kann.

Art. 7.

Die Eechte Dritter an den zurückgegebenen Gütern erlöschen. Diese Dritten erhalten, sofern es sich um dingliche Eechte handelt, an der in Art. 4 vorgesehenen Bückerstattung- oder Entschädigung die entsprechenden Eechte, die ihnen an den zurückgegebenen Gütern zustanden.

Der Gläubiger, der gutgläubig eine der Eückgabe an den rechtmässigen Eigentümer oder Besitzer unterliegende bewegliehe Sache oder ein solches Wertpapier zu Pfand erhalten hat, kann verlangen, dass ihm die Eückerstattung oder Entschädigung gemäss Art. 4 bis zur Höhe seiner Forderung zugesprochen werde, selbst wenn der Verpfänder bösgläubig ist.

Diese Bestimmung gilt auch dann, wenn die durch das Pfand gesicherte Forderung nicht fällig ist.

Werden in einer Betreibung Güter gepfändet, die der Eückgabe unterliegen, so wird der dem gutgläubigen Eigentümer oder Besitzer anstehende Buckerstattungs- oder Entschädigungsbetrag auf Begehren eines Pfändungsgläubigers dem Betreibungsamt ausbezahlt. Im Falle der Konkursbetreibung fällt der Betrag in die Masse.

Art. 8, Die klägerische Partei hat üur Begründung der Klage auf Eückgabe glaubhaft zu machen, dass sie in einem gemäss Art. l besetzten Gebiet und in der Zeit vom 1. September 1939 bis zum 8. Mai 1945: a, an den beweglichen Sachen oder Wertpapieren, deren Eückgabe sie verlangt, das Eigentum oder früheren Besitz hatte; fr. durch Gewalt, Beschlagnahme, Bequisition oder ähnliche völkerrechtswidrige Handlungen unfreiwillig enteignet wurde oder sich auf Grund eines Veräusserungsvertrages, .dessen Nichtigkeit sie behauptet, freiwillig ihres Eigentums begeben hat..

Die Klage auf Eückgabe wird abgewiesen, wenn der Beklagte darzutun vermag, dass der die Eückgabe verlangende Kläger selbst bösgläubiger Besitzer war.

331

Art. 9.

Die Klagen auf Bückgabe der in Art. l bezeichneten beweglichen Sachen oder Wertpapiere, die Festsetzung der Höhe der gegebenenfalls dem gutgläubigen Erwerber zuzuerkennenden Entschädigung und die Entscheidung über den Eückgriff gegen jeden vorangehenden Veräusserer fallen in die ausschliessliche Zuständigkeit des Schweizerischen Bundesgerichts. Sie werden von einer aus drei Mitgliedern gebildeten Kammer beurteilt.

Art. 10.

Das Bundesgericht bestimmt das Verfahren im Eahmen dieses Beschlusses.

Zur Sicherung des Eückgabeansprachs kann das Bundesgericht jederzeit in Anwendung des Bundesratsbeschlusses vom 20. August 1945 über vor. sorgliche Massnahmen boi Eigentums- und Besitzesrechtsklagen betreffend in Kriegsgebieten abhanden gekommene Sachen vorsorgliche Massnahmen anordnen. "Während der Geltungsdauer dieses Beschlusses ist Art. 5, Abs. l, des Bundesratsbèschlusses vom 20. August 1945 nicht anwendbar.

Das Bundesgericht kann die Kosten des in Art. 4 vorgesehenen Eückgriffverfahrens der Eidgenossenschaft aiü'erlegen, sofern es die Billigkeit erfordert.

Art. 11.

Eückforderungsbegehren auf Grund von Art. l dieses Beschlusses können durch den geschädigten Eigentümer oder Besitzer bis zum 81. Dezember 1947 beim Bundesgericht eingereicht werden. Der Eigentümer oder Besitzer kann sich dabei durch Organe des Staates, dem er angehört, vertreten lassen. In diesem Falle wird das Begehren auf diplomatischem Wege dem eidgenössischen politischen Departement eingereicht, welches das Bundesgericht damit befassen wird.

Das Begehren ist in doppelter Ausfertigung einzureichen. Es muss in einer der schweizerischen Amtssprachen abgefasst sein. Falls es in einer andern Sprache vorgebracht wird, rnuss es von einer Übersetzung begleitet sein, die der Beglaubigung durch einen, in der Schweiz akkreditierten diplomatischen oder konsularischen Vertreter oder durch eine öffentliche Urkuridsperson in der Schweiz bedarf.

Der geschädigten Person bleibt das Becht vorbehalten, nach dem 31. Dezember 1947 vor den ordentlichen schweizerischen Gerichten alle diejenigen Klagen auf Eückgabe anzubringen, die nicht Gegenstand einer Entscheidung des Bundesgerichts oder eines gütlichen Vergleiches gebildet haben. Für diese Fälle finden die Art. 982 und folgende des Schweizerischen Zivilgesetzbuches Anwendung.

Art, 12.

Die Gesuche um Eückerstattung des ausgelegten Kaufpreises müssen durch die beklagte Partei im Verlaufe des Eückgabeverfahrens beim Bundesgericht eingereicht werden.

332

In keinem Palle kann ein Entschädigungsbegehren durch den gutgläubigen Erwerber gegenüber der Eidgenossenschaft nach Ablauf von 6 Monaten, vom Tage des Entstehens der Entschädigungsforderung an gerechnet geltend gemacht werden,

Art. 18.

Gemäss dem Zollunionsvertrag vom 29. März 1923 zwischen der schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein findet dieser Beschluss auch Anwendung auf das Gebiet des Fürstentums Liechtenstein.

Art. 14.

Dieser Beschluss tritt am 13. Dezember 1945 in Kraft.

6257

333

Beilage lo,

Bundesratsfoeschluss

54ß

betreffend

Teuerungszulagen zu den Militärpensionen.

(Vom 10. November 1945.)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf Art. 8 des Bundesbeschlusses vom 30. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität, - beschliesst :

Art. 1.

a. Zu den Pensionen, die vor dem 1. Dezember 1941 zugesprochen wurden, zahlt die Militärversicherung, wenn der Pensionsbezüger in der Schweiz wohnt, für das Jahr 1946 eine Teuerungszulage von 25 %, die aber im. Einzelfall Fr. 600 nicht übersteigen darf und auf Invalidenpensionen nur gewährt wird, wenn die Invalidität wenigstens ein Drittel (SS1^ %) beträgt.

b. Für die in der Zeit vom l, Dezember 1941 bis 31. Dezember 1945 zugesprochenen Pensionen, bei deren Gewährung der Teuerung durch Einreihung des Versicherten in eine höhere Verdienstklasse Eechnung getragen wurde (Art. l, lit. b, Satz l, des Bundesratsbeschlusses vom 14. Dezember 1942 betreffend die Teuerungszulagen zu den Militärpensionen), findet auch für das Jahr 1946 diese höhere Verdienstklasse Anwendung ohne weitergehende Berücksichtigung der Teuerung. Wurde der Teuerung statt durch Einreihung in eine höhere Verdienstklasse durch Gewährung einer Teuerungszulage von 20 %, maximal Fr. 500, Eechnung getragen (Art. l, lit. b, Satz 2, des Bundesratsbesohlusses vom 14. Dezember 1942) oder handelt es sich urn eine im Jahre 1943, 1944 und 1945 gesprochene Pension, zu der eine Teuerungszulage von 20 % bzw. 25 %, maximal Fr. 500 bzw. Fr. 550, bewilligt worden ist (Art. l, ht. c, letzter Absatz, der Bundesratsbeschlüsse vom 14. Dezember 1942, 29. Dezember 1943 und 18. Dezember 1944), so wird diese Teuerungszulage für das Jahr 1946 auf 25 %, maximal Fr. 600, erhöht.

c. Für Pensionen, die vom 1. Januar 1946 hinweg zugesprochen werden, ist bei Festsetzung des gemäss Art. 4 des Bundesratsbeschlusses vom 27. April 1945 betreffend die Teilrevision des Militärversioherungsrechtes anrechenbaren Jahresverdienstes der tatsächliche Erwerb, inbegriffen die teuerungsbedingten .Zulagen, zu berücksichtigen.

Bundeeblatt. 98. Jahrg. Bd. I.

23

334

Auf Grund der so ermittelten Verdienstklasse werden festgesetzt die zeitlich begrenzten Pensionen (Zeitpensionen), die Invalidenpensionen (Dauerpensionen) mit Invalidität unter einem Drittel sowie die zeitlich nicht begrenzten Pensionen der 1. bis 3. Verdienstklasse.

Für die Festsetzung der zeitlich nicht begrenzten Invalidenpensionen der übrigen Verdienstklassen (Invalidität wenigstens ein Drittel) und für die Hinterlassenenpensionen gilt folgende Eegelung: Bei einem anrechenbaren Jahresverdienst der 4. bis 9. Verdienstklasse ist die Pension auf Grund der nächsttieferen, bei einem anrechenbaren Jahresverdienst der 10. bis 21. Verdienstklasse auf Grund der um 2 Klassen tieferen Verdienstklasse festzusetzen und zu dieser Pension für das Jahr 1946 eine Teuerungszulage von 25 %, höchstens aber Fr. 600, zu gewähren.

Art. 2.

Nach Art. 9, lit. b, des Bundesratsbeschlusses vom 27. April 1945 betreffend die Teilrevision des Militärversicherungsrechtes sind die Dauerpensionen der bisher geltenden höchsten 18. und 16. Verdienstklassen unter Berücksichtigung des effektiven Jahresverdienstes zur Zeit ihrer Zusprechung und der neu geschaffenen 5 Verdienstklassen auf 1. Januar 1946 zu revidieren. Dabei sind die vor dem 1. Januar 1948 gesprochenen Dauerpensionen der 13. Verdienstklasse ohne Eückverset-zung, aber mit der 19. Verdienstklasse als Maximum, die im Zeitraum vom 1. Januar 1943 bis 15. Mai 1945 gesprochenen Dauerpensionen der 16. Verdienstklasse indessen unter Anwendung der Bückversetzung im Sinne des Art. l, lit. c, letztes Alinea hievor, zu berechnen. In allen Fällen tritt zu der so festgesetzten Pension die im Art. l dieses Beschlusses pro 1946 bewilligte Teuerungszulage.

Art. 3.

Der Beschhiss tritt am 1. Januar 1946 in Kraft.

Als Tag des Zuspruches einer Pension ini Sinne des Art. l hievor gilt das Datum des Entscheides der eidgenössischen Pensionskommission, und zwar auch dann, wenn deren Entscheid vom eidgenössischen Versicherungsgericht bestätigt oder abgeändert worden ist.

Das eidgenössische Militärdepartement wird ermächtigt, allfällig erforderliche weitere "Übergangs- und Ausführungsbestimmungen zu erlassen.

Bern, den 10. November 1945.

6147

335 Beilage Id.

548 Bimdesratsfoeschluss über

die Abänderung des Warenumsatzsteuerbeschlusses.

(Vom 27. November 1945.)

Der schweizerische Bundesrat beschliesst:

Art. 1.

Art. 14, Abs. 8, des auf Grund des Bundesbeschlusses vorn 30. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität gefassten Bundesratsbeschlusses vom 29. Juli 1941 *) über die Warenumsatzsteuer wird aufgehoben und durch folgende Bestimmungen ersetzt : Art. 14, Abs. 3 lis 5. 3 Die Erklärung kann, sofern voraussichtlich nur steuerfreie Lieferungen nach Abs. l, lit. a, in Frage kommen, auf einem von der eidgenössischen Steuerverwaltung aufgestellten Formular mit der Wirkung abgegeben werden, dass sie bis zu ihrem Widerruf durch den Aussteller oder bis zur Anordnung ihrer Erneuerung durch Verfügung der eidgenössischen Steuerverwaltung für alle künftigen Engroslieferungen des Lieferers an den Aussteller gilt. Der Grossist, der von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, hat a. solche Erklärungen fortlaufend zu numerieren und über sie ein Verzeichnis anzulegen, das zur Verfügung der eidgenössischen Steuerverwaltung zu halten ist; b. dem Lieferer bis zum Zeitpunkt der Steuerfälligkeit schriftlich Anzeige zu erstatten, wenn er ausnahmsweise Waren bezieht, um sie anders als für den Wiederverkauf oder als Werkstoff für die gewerbsmässige Herstellung von Waren oder Bauwerken zu verwenden.

4 Der Aussteller hat die nach Abs. 2 oder 3 ausgestellten Erklärungen schriftlich zu widerrufen, sobald er nach Art. 32 gehalten ist, sich als Grossist bei der eidgenössischen Steuerverwaltung abzumelden.

*) A. S. 57, 793.

336 8

.

Muse der Lieferer nach den Umständen annehmen, dass die Voraussetzungen einer steuerfreien Engroslieferung nicht zutreffen, so hofreit ihn der Besitz der Erklärung nach Abs. 2 oder 8 nicht von der Pflicht zur Steuerentrichtung.

Art. 2.

Art. 36 des vorgenannten Beschlusses wird durch folgenden Abs. 5 ergänzt: Art. 36, Abs. 5. Besteht die Widerhandlung darin, dass ein Grossist für eine Engrosk'eferung an einen andern Grossisten die Steuer nicht entrichtet hat, obwohl er im Zeitpunkt der Steuerfälligkeit nicht im Besitze einer gültigen Grossistenerklärung (Art. 14, Abs. 2 und 8) des Abnehmers war, so kann, wenn es die Umstände rechtfertigen, an Stelle der Hinterziehungsstrafe und des Nachbezuges der Steuer eine Busse nach Art. 88 verfügt werden.

Art. 3.

Dieser Beschluss tritt am 1. Januar 1946 in Kraft.

Die vor dem 1. Januar 1946 gemass Art. 14, Abs. 3, des Bundesratsbeschlusses vom 29. Juli 1941 über die Warenumsatzsteuer ausgestellten Grossistenerklärungen sind unter Verwendung von Formularen nach neuem amtlichem Muster zu ersetzen. Sie verlieren ihre Gültigkeit am 8l. Dezember 1946.

6103

337 Beilage le.

Bundesratsbeschluss

553A

über

die Abänderung der Verdienstersatzordnung.

(Vom-11. Januar 1946.)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 6. Dezember 1945 über den Abbau der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, beschliesst : Art. 1.

Art. 9, Abs. 2, des auf Grund des Bundesbeschlusses vom 80. August 1939 betreff end Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität gefassten Bundesratsbeschlusses vom 14. Juni 1940 über eine provisorische Regelung der Verdienstausfallentschädigungen an militärdienstleistende Selbstständigerwerbende (Verdienstersatzordnung) *) wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt: Art. 9, Abs. 2. Für die Beiträge aus off entheben Mitteln haftet der Bund.

Für einen Drittel seiner daherigen Leistungen sind ihm die Kantone rückerstattungspflichtig. Diese Rückerstattungsquote wird auf die einzelnen Kantone für die Zeit nach dem 1. Januar 1942 gemäss dem Bundesratsbeschluss vom 11. Januar 1946 über die Beiträge der Kantone an die Lohnausfallentschädigungen verteilt.

Art. 2.

Für die Zeit bis zum 31. Dezember 1941 wird die Rückerstattungsquote auf die einzelnen Kantone nach der Zahl der im Kanton wohnhaften Kassenmitglieder verteilt. Als solche gelten die Selbständigerwerbenden nach Massgabe der Volkszählung 1941.

Art. 3.

Dieser Beschluss tritt am 1. Januar 1946 in Kraft.

6336

*) A. S. 56, 917.

338

Beilage 1f.

Bundesratsbeschluss

544

über

den Arbeitseinsatz zur Sicherung der Versorgung mit Lebensmitteln und Brennstoffen (Vom 5. Oktober 1945.)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf Art, 8 des Bundesbeschlusses vom 80. August 1989 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität, beschliesst: I. Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft.

Arbeitsdienstplicht1. Studenten und Schüler.

2. Lehrlinge.

Art. 1.

Studenten und Schüler über 16 Jahren sind während der Anbauund Erntezeiten der Arbeitsdienstpflicht für die Landwirtschaft unterstellt und können nach Fühlungnahme mit der zuständigen Schulbehörde aufgeboten werden.

2 Das Aufgebot ist möglichst auf die Ferien zu verlegen und hat allfälligen Examenterminen Rechnung zu tragen.

3 Bei Studenten ist die bisherige Militärdienstleistung zu berücksichtigen.

Art. 2.

1

1 Personen über 16 Jahren, die in einem Lehrverhältnis stehen, sind der Arbeitsdienstpflicht für die Landwirtschaft unterstellt.

2 Die Lehrzeit darf infolge des Arbeitsdienstes nicht verlängert werden. Die Dauer des Einsatzes während der ganzen Lehre beträgt höchstens zwei Monate. Das eidgenössische Volkswirtschaf tsdepartemen setzt die Dauer des Einsatzes innerhalb jedes Jahres sowie die Entlohnung während des Einsatzes fest.

3 Der Ferienanspruch gemäss den Bundes- und kantonalen Vorschriften bleibt gewahrt.

4 Lehrlinge werden in dem Jahr, in welchem sie Militärdienst zu leisten haben, vom Einsatz zum Arbeitsdienst befreit.

339

Art. 8, Für den Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft können von den zuständigen Arbeitseinsatzstellen auch Personen aufgeboten werden, die bisher nicht im Berufsleben standen.

3. Personen, die nicht im Erwerbsleben stehen.

Art. 4, 1

Zusätzlich in der Landwirtschaft eingesetzte Arbeitskräfte erhalten ausser dem landwirtschaftlichen Arbeitslohn eine Versetzungsentschädigung zum Ausgleich für Minderverdienst und Mehrauslagen unter den gleichen Voraussetzungen, die für den Bezug der Lohn- und Verdienstausfallentschädigung für Wehrmänner gelten.

a Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement ist ermächtigt, über die Höhe und die Bemessung der Versetzungsentschädigung die erforderlichen Ausführungsbestimmungen zu erlassen.

3 Die Versetzungsentschädigungen werden von der kantonalen Wehrmannsausgleichskasse am Wohnort der eingesetzten Arbeitskräfte ausbezahlt. Für die Mehrauslagen an Verwaltungskosten, die ihnen aus dem Vollzug dieses Buiidesratsbeschlusses erwachsen, erhalten sie eine Vergütung nach Massgabe der für die Lohn- und Verdienstersatzordnung geltenden Vorschriften.

Versctzungsentschädigung.

Art. 5.

1

Auf die zusätzlich in die Landwirtschaft eingesetzten Arbeitskräfte, auch auf freiwillige, findet der Grundsatz der obligatorischen Versicherung der Betriebsunfälle Anwendung.

2 Die Kosten werden vom Bund getragen, soweit sie nicht durch die Prämien der Arbeitgeber gedeckt werden.

Unfallversicherung.

Art. 6.

Für den Einsatz in der Landwirtschaft können Arbeitsgruppen gebildet werden, sofern die notwendige Hilfeleistung in landwirtschaftlichen Betrieben auf andere Weise nicht möglich ist.

Landwirtschaftliche Arbeitsgruppen, 1. Zweck.

Art. 7.

Der Bund unterstützt die Kantone und Gemeinden bei der Errichtung von Arbeitsgruppen. Er kann die Bildung von Arbeitsgruppen selbst an die Hand nehmen und gegebenenfalls private Institutionen zur Mithilfe heranziehen.

Axt. 8.

2. Mitwirkung des Bundes.

Dem Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt obliegt die Ausbildung von Gruppenleitern.

3. Ausbildung der Gruppenleiter.

340

4. Entlohnung.

5. Leistungen ilei Gemeinde..

Aufbringung der Mittel.

.. Ifüi die Versetzungaentaehädigung im zusätzliche Arbeitskräfte.

2. Mr die Arbeitsgruppen,

Art, 9.

Die Gruppenleiter und die übrigen Arbeitskräfte einer Arbeitsgruppe erhalten ausser Unterkunft und Verpflegung ein Taggeld, das durch die G-ruppenleitung ausbezahlt wird.

2 Der Arbeitgeber hat der Gruppenleitung für die bei ihm eingesetzten Gruppenteilnehmer den für die Arbeit ortsüblichen Lohn zu bezahlen.

1

Art. 10.

Die Gemeinde hat geeignete Unterkunft und Kochgelegenheit, einschliesslich Brennstoff, unentgeltlich zuz Verfügung zu stellen oder für die entsprechende Gegenleistung aufzukommen.

Art. 11.

Die Aufwendungen für die Versetzungsentschädigungen sowie für die Vergütungen an die Ausgleichskassen für ihre Mehrauslageti an Verwaltungskosten gehen zu Lasten des zentralen Ausgleichsfonds der Lohnersatzordnung. Der Bund vergütet dein zentralen Ausgleichsfonds die Hälfte dieser Auslagen. Für die Hälfte seiner Leistungen sind die Kantone dem Bund rückerstattungspflichtig. Diese Bückerstattungsquote wird auf die einzelnen Kantone nach Massgabe der auf Grund der letzten Volkszählung ermittelten Wohnbevölkerung verteilt.

2 Für den Eückerstattungsanspruch stellt der Bund den Kantonen periodisch Kechnung. Das eidgenössische Finanz- und Zolldepartement ist berechtigt, den Eückerstattungsanspruch gegenüber den Kantonen mit Bundesleistungen anderer Art zu verrechnen.

3 Die Kantonsregierungen sind befugt, für einen Teil der auf den Kanton entfallenden Bückerstattungsquote die Gemeinden in Anspruch zu nehmen, Art. 12.

Die durch den Einsatz von landwirtschaftlichen Arbeitsgruppen entstehenden Kosten (Auslagen nach Abzug der Einnahmen) werden zu zwei Dritteln vom Bund und zu einem Drittel von den Kantonen getragen nach Massgabe der Wohnbevölkerung auf Grund der letzten eidgenössischen Volkszählung.

1

II. Arbeitseinsatz bei Bodenverbesserungsarbeiten und Arbeiten zur Sicherung der Brennstoffversorgung.

Geltungsbereich.

Art. 18.

Das Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt bezeichnet die Bodenverbesserungsarbeiten, die Kohlenbergwerke und die Torfausbeutungsstätten, auf welche die Arbeitsdienstpflicht angewendet wird.

341

Art. 14.

Wo bei den nach Art. 13 bezeichneten Arbeiten infolge der geographischen und klimatischen Verhältnisse ein überdurchschnittlicher Ausfall an Arbeitszeit auftritt, wird den Arbeitskräften für den durch die Witterung verursachten Lohnausfall eine Entschädigung nach besonderen Grundsätzen ausgerichtet, 2 Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement kann verfügen, dass eine solche Entschädigung auch in der Forstwirtschaft ausgerichtet wird.

3 Es legt die Grundsätze für die Ausrichtung der Entschädigung fest und bezeichnet die Arbeitsplätze, auf welche diese Eegelung Anwendung findet.

4 Die Entschädigungen treten an die Stelle der Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Sie werden durch die Arbeitslosenkassen ausgezahlt und wie die ordentlichen Arbeitslosenunterstützungen finanziert.

s Arbeitskräfte, die keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung haben, erhalten Entschädigungen nach den angeführten besonderen Grundsätzen.

6 Die Bezüge im Sinne von Abs. 3 und 4 werden auf die jährliche Höchstdauer der gesetzlichen und statutarischen Bezugsberechtigung gemäss den Vorschriften der Arbeitslosenversicherung nicht angerechnet.

1

Art. 15.

Erleidet eine Arbeitskraft, die bei einer nach Art. 18 bezeichneten Arbeit beschäftigt ist, oder eine zusätzlich durch die zuständige Arbeitsemsatzstelle in die Porstwirtschaft eingesetzte Arbeitskraft einen Unfall, so wird ihr die zum Ausgleich für Minderverdienst zustehende Versetzungsentschädigung zu 80 % weitergewährt, solange ihr die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gemäss Art. 74 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung ein Krankengeld ausrichtet.

Art. 16.

1

Die Kosten werden getragen: a. für die Entschädigung für Arbeitsausfall nach Art. 14, Abs. 5, an Arbeitskräfte, die keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung haben, zu zwei Dritteln vom Bund und zu einem Drittel von den Kantonen nach Massgabe der Wohnbevölkerung auf Grund der letzten Volkszählung; b. für die Versetzungsentschädigung gänzlich versetzter Arbeitskräfte zu zwei Dritteln vom Bund und zu einem Drittel von den

Entschädigung für Arbeitsausfall.

Versctzuügsentschädigung bei Unfall.

Aufbringung der Mittel.

342 Kantonen nach Massgabe der Wohnbevölkerung auf Grund der letzten Volkszählung; c. für die Versetzungsentschädigung tagsüber versetzter Arbeitkräfte zur Hälfte vom Band und zur Hälfte vom Kanton, auf dessen Gebiet die Arbeitskraft eingesetzt ist.

2 Die Kantonsregierungen können für einen Teil der dem Kanton verbleibenden Kosten die Gemeinden in Anspruch nehmen.

3 Die Auszahlung der Entschädigungen erfolgt durch die für den Arbeitseinsatz zuständige Amtsstelle des Wohnsitzes der bezugsberechtigten Arbeitskräfte oder, wenn ein solcher nicht nachweisbar ist, durch diejenige des Aufenthaltsortes.

Art. 17.

Schutzbestimmungen

1

Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement kann Vorschriften aufstellen und Anordnungen treffen über die Arbeitsbedingungen, über Unterkunft, Verpflegung, Sanitäts und Fürsorgedienst sowie über weitere Schutzmassnahmen für die Arbeitskräfte, die bei Arbeiten beschäftigt sind, auf welche die Arbeitsdienstpflicht angewendet wird (Art. 13).

2 Es hat das Recht, an Ort und Stelle durch seine Organe nachprüfen zu lassen, ob den gemäss Absatz l aufgestellten Vorschriften nachgelebt wird.

3 Es ist ermächtigt, Verbesserungen vorzuschreiben oder im Einvernehmen mit der Bauleitung oder dem Arbeitgeber Unterkunfts-, Verpflegungs- Sanitäts- und Fürsorgeeinrichtungen selbst zu beschaffen und diesen gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen.

m. Fahrvergünstigungen.

Art. 18.

Der Bund kann den Arbeitseinsatz für Wirtschafts- und Tätigkeitszweige, auf welche die Arbeitsdienstpflicht angewendet wird, durch gänzliche oder teilweise "Übernähme der Kosten für Transportgutscheine oder andere Fahrausweise erleichtern, die auf Grund besonderer Vereinbarungen mit den schweizerischen Transportunternehmungen abgegeben werden.

2 Das Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt bestimmt, für welche Arbeiten und unter welchen Bedingungen Fahrvergünstigungen zu gewähren sind.

3 Missbräuchliches Ausstellen oder Verwenden von Ausweisen für sich oder andere wird gemäss Art. 21 bestraft.

1

343

IV. Befreiung von Auienthaltsgebühren.

Art. 19.

1

Arbeitsdienstpflichtige, die sich zur Erfüllung ihrer Dienstpflicht an eine Arbeitsstelle begeben, die ausserhalb ihres Wohnsitzes liegt, verlieren diesen nicht.

2 Halten sich solche Arbeitsdienstpflichtige ausserhalb ihres Wohnsitzes auf, so dürfen ihnen am Arbeitsort weder Aufenthaltsgebühren noch ähnliche Abgaben auferlegt werden.

3 Es dürfen ihnen bei Lohnzahlungen durch den Arbeitgeber auch keinerlei Beträge zur Sicherung von Steueransprüchen des Kantons oder der Gemeinde des Arbeitsortes zurückbehalten werden.

4 Die aufgebotenen Arbeitsdienstpflichtigen können von den zuständigen Behörden des Aufenthaltsortes lediglich dazu verhalten werden, einen Ausweis über ihren Wohnsitz beizubringen. Dieser Ausweis ist ihnen von den Behörden des Wohnsitzes gebührenfrei auszustellen.

V. Auskunftspfficht.

Art. 20.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind gehalten, in allen die Arbeitsdienstpflicht und den Arbeitseinsatz betreffenden Fragen den zuständigen Behörden wahrheitsgetreu und vollständig Auskunft zu erteilen und auf Verlangen die notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

VI. Straîbestimmungen.

Art. 21.

Widerhandlungen gegen die Vorschriften über die Arbeitsdienstpflicht und den Arbeitseinsatz werden gemäss dem Bundesratsbeschluss vom 17. Oktober 1944 über das kriegswirtschaftliche Strafrecht und die kriegswirtschaftliche Strafrechtspflege bestraft. Vorbehalten bleibt Absatz 3.

2 Gefängnisstrafen sollen nur in besonders schweren Fällen ausgesprochen werden.

3 Bei Widerhandlungen gegen Vorschriften über die Versetzungsentschädigungen für zusätzlich in die Landwirtschaft eingesetzte Arbeitskräfte sind die Strafbestimmungen der Ausführungsverordnung zur Lohnersatzordnung bzw. zur Verdienstersatzordnung anwendbar. Die Verfolgung und Beurteilung obliegt den Kantonen.

4 Absatz 8 findet auch Anwendung auf Widerhandlungen, die bei Inkrafttreten dieses Bundesratsbeschlusses noch nicht rechtskräftig beurteilt sind.

1

344

VII. Wirksamkeit und Vollzug.

Art. 22.

Wirksamkeit.

1

Dieser Bundesratsbeschluss tritt am 5. Oktober 1945 in Kraft und gilt bis zum 30. September 1946.

2

Auf den 5. Oktober 1945 werden aufgehoben: der Bundesratsbeschluss vom 11. Februar 1941/28. Mai 1942/9. Juni 1944 über den Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft; der Bundesratsbeschluss vom 28. November 1941 über Befreiung der aufgebotenen Arbeitsdienstpflichtigen von Aufenthaltsgebühren; der Bundesratsbeschluss vom 7. Juli 1942 über die Gewährung von Fahrvergünstigungen für den Arbeitseinsatz; der Bundesratsbeschluss vom 81. März 1942/29. September 1944 über den Arbeitseinsatz bei Bauarbeiten von nationalem Interesse; der Bundesratsbeschluss vom 26. Januar 1948 über den Einsatz von landwirtschaftlichen Arbeitsgruppen und Arbeitslagern; Art. 7 der Verordnung vom 28. Juni 1939 über die Organisation des Arbeitseinsatzes für den Fall einer Mobilmachung; Art. 9 des Bundesratsbeschlusses vom 18. September -1942 betreffend Abänderung und Ergänzung der Verordnung vom 17. Mai 1940 über die Arbeitsdienstpflicht; Art. 4 und 5 des Bundesratsbeschlusses vom 17. August 1945 über die Abänderung der Vorschriften über die Arbeitsdienstpflicht.

3

Im Bundesratsbeschluss vom 9. Juni 1944 über die Ausrichtung finanzieller Beihilfen an landwirtschaftliche Arbeitnehmer und Gebirgsbauern werden die Worte «Bundesratsbeschluss vom 11. Februar 1941 über den Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft» ersetzt durch «Bundesratsbeschluss über den Arbeitseinsatz zur Sicherung der Versorgung mit Lebensmitteln und Brennstoffen».

4

Nach den aufgehobenen Bestimmungen werden noch die während ihrer Gültigkeitsdauer eingetretenen Tatsachen beurteilt.

6

Die Arbeitskräfte, die gemäss Art. llbls der Verordnung vom 17, Mai 1940/17. August 1945 über die Arbeitsdienstpflicht einen Anspruch auf eine Versetzungsentschädigung zum Ausgleich von Minderverdienst und Mehrauslagen haben, sind vom 21. August 1945 an zum Bezug der Versetzungsentschädigung nach den Vorschriften dieses Beschlusses berechtigt.

6 Das Kriegs-industrie- und -Arbeits-Amt ist ermächtigt, die Weiterführung der nach dem Bundesratsbeschluss vom 26. Januar 1943 über

345 den Einsatz von landwirtschaftlichen Arbeitsgruppen und Arbeitslagern errichteten Arbeitslager zu bewilligen, solange es zu deren ordnungsgemässen Liquidation noch nötig ist.

Art. 23.

Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement ist mit dem Vollzug dieses Bundesratsbeschlusses beauftragt, Es erlässt die notwendigen Ausführungsvorschriften.

6042

Vollzug.

346

Beilage 1g.

545 Bundesratsbeschluss über

die provisorische Ausrichtung von Alters- und Hinterlassenenrenten.

(Übergangsordnung.)

(Tom 9. Oktober 1945.)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf Art. 8 des Bundesbeschlusses vom 30. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität, beschliesst:

Rentenberechtigte Personen.

Anspruch auf Altersrenten.

I. Der Rentenanspruch.

Art. 1.

1 Anspruch auf eine Alters- oder Hinterlassenenrente gemäss den nachstehenden Bestimmungen haben die über 65jährigen Personen, die Witwen und die Waisen schweizerischer Nationalität, welche in der Schweiz wohnen.

2 Keinen Anspruch haben Personen, die in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit eingestellt sind.

Art. 2.

Anspruch auf eine einfache Altersrente haben ledige, verwitwete und geschiedene Personen sowie Ehemänner, denen gemäss Abs. 2 kein Anspruch auf eine Ehepaar-Altersrente zusteht, sofern sie vor dem 1. Januar 1946 das 65. Altersjahr zurückgelegt haben.

2 Anspruch auf eine Ehepaar-Altersrente haben Ehemänner, sofern vor dem 1. Januar 1946 a. sie das 65. Altersjahr zurückgelegt haben; b. ihre Ehefrau das 60. Altersjahr zurückgelegt hat; c. die Ehe mindestens fünf Jahre gedauert hat.

1

347

Ist die Ehe gerichtlich getrennt oder ist eine Scheidungs- beziehungsweise Trennungsklage anhängig, so kann die Ehefrau die Hälfte der Ehepaar-Altersrente beanspruchen.

3 Werden die in Abs. l oder 2, lit. a--c, genannten Voraussetzungen nach dem 31. Dezember 1945 erfüllt, so entsteht der Anspruch am 1. Januar des der Erfüllung dieser Voraussetzungen folgenden Jahres.

4 Der Anspruch auf eine einfache Altersrente erlischt mit dem Tode des Berechtigten, der Anspruch auf eine Ehepaar-Altersrente mit dem Tode eines Ehegatten. Nach dem Wegfall der Ehepaar-Altersrente hat der überlebende Ehegatte, sofern er das 65. Altersjahr zurückgelegt hat, Anspruch auf eine einfache Altersrente.

Art. 8.

Anspruch auf eine Witwenrente haben Witwen, welche vor dem I.Januar 1946 das 50. Altersjahr zurückgelegt, sowie jüngere Witwen, die für rentenberechtigte Kinder zu sorgen haben.

2 Für Witwen ohne rentenberechtigte Kinder, die nach dem 81. Dezember 1945 das 50. Altersjahr zurücklegen, entsteht der Anspruch am 1. Januar des der Vollendung des 50. Altersjahres folgenden Jahres.

3 Pur Frauen, die nach dem 31. Dezember 1945 verwitwen, entsteht der Anspruch mit der Verwitwuhg.

* Der Anspruch auf eine Witwenrente erlischt mit der Wiederverheiratung, mit der Entstehung des Anspruches auf eine einfache Altersrente, mit dem Tode und für Witwen, welche das 50. Altersjahr noch nicht zurückgelegt haben, auf jeden Fall mit dem Tage, an welchem geinäss Art. 4, Abs. l, der Eentenanspruch des jüngsten berechtigten Kindes erlischt.

1

Art. 4.

.

Anspruch auf eine Waisenrente haben Waisen bis zum Tage, an welchem sie das 18. Altersjahr zurücklegen. Für Lehrlinge, Mittelschüler und Hochschüler dauert der Anspruch bis zum Abschluss der Ausbildung, längstens jedoch bis zum vollendeten 20. Altersjahr.

? Für Kinder, die nach dem 31. Dezember 1945 verwaisen, entsteht der Anspruch mit der Verwaisung.

3 Waisen, deren Vater verstorben ist, haben Anspruch auf eine . einfache Waisenrente, Waisen, deren beide Elternteile verstorben sind, Anspruch auf eine Vollwaisenrente.

* Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement erlässt besondere Vorschriften über die Eentenbereehtigung verwaister Kinder aus geschiedener oder gerichtlich getrennter Ehe und verwaister ausserehelicher Kinder.

1

Anspruch auf Witwenrenten.

Ausjmicli auf Wiiisenreiitei).

348

Art. 5.

1

Einkommensund Vermögensgrenzen.

Ein Rentenanspruch besteht nur, soweit das Jahreseinkommen, unter Hinzurechnung eines angemessenen Teiles des Vermögens, folgende Grenzen nicht überschreitet: Für Bezüger von Ortsverhältnisse

einfachen Altersrenten Fr.

städtisch . . . .

halbstädtisch. . .

ländlich

EhepaarAltersrenten

Fr.

1750 1500 1250

Witwenrenten 1

2800 2400 2000

Vollwaisenrenten'

einfachen Waisenrenten

Fr.

Fr.

Fr.

1400 1200 1000

900

450 400 350

800 700

2

Pur die Fälle, in welchen rentenberechtigte erwachsene Blutsverwandte in auf- oder absteigender Linie oder erwachsene Geschwister in Hausgemeinschaft leben, bestimmt das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement besondere Einkommensgrenzen.

3 Über die Anrechnung von Einkommen und Vermögen erlässt das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement nähere Vorschriften.

Art. 6.

Rechtliche

Natur des Renten-

anspruches.

1

Der Rentenanspruch ist unabtretbar, unverpfändbar und der Zwangsvollstreckung entzogen. Jede Abtretung oder Verpfändung ist nichtig.

2 Die Eenten dürfen weder mit öffentlichen Abgaben belegt noch mit geschuldeten öffentlichen Abgaben verrechnet werden.

II. Die Renten.

Art. 7.

Die Alters- und Hinterlassenenrenten sind auf Grund des für die Lohn- und Verdienstersatzordnung massgebenden Ortschaftenverzeich nisse nach städtischen, halbstädtischen und ländlichen Verhältnissen abgestuft und dürfen zusammen mit dem Jahreseinkommen und dem anrechenbaren Vermögen die Grenzen gemäss Art. 5 nicht übersteigen.

2 Massgebend für die Bemessung der Eente ist in der Regel der Wohnsitz.

1

Beutenbemessung.

349

1

Art. 8.

Die Renten betragen unter Vorbehalt des Abs. 2 jährlich: EhepaarAltersrente

Ortsverhaltnisse

Einfache Altersrente Fr.

Fr.

städtisch . . . .

halbstädtisch . . .

ländlich

600 480 860

1000

800 600

Betrag der Renten.

Einfache Waisenrente

Witwenrente

Vollwaisenrente

Er.

500 400 800

Fr.

Fr.

320 260 200

160

130 100

2

Die Eente wird gekürzt, soweit sie zusammen mit dem Jahreseinkommen einschliesslich des anzurechnenden Vermögensteiles die in Art. 5 festgesetzte Grenze übersteigt.

lu. Aufbringung der Mittel.

Art, 9.

1 Die Mittel für die Alters- und Hinterlassenenrenten gemäss diesem Bundesratsbeschluss werden aufgebracht: a. zu 60 Prozent aus den zentralen Ausgleichsfonds für die Lohnund Verdienstersatzordnung, fe. zu 40 Prozent von Bund und Kantonen.

2 Die Leistungen von Bund und Kantonen werden zu 75 Prozent vom Bund und zu 25 Prozent von den Kantonen aufgebracht.

Art. 10.

Von den Leistungen der zentralen Ausgleichsfonds für die Lohnund Verdienstersatzordnung gehen 80 Prozent zu Lasten des zentralen Ausgleichsfonds für die Lohnersatzordnung, 12 Prozent zu Lasten des zentralen Ausgleichsfonds für die Verdienstersatzordnung, Gruppe Gewerbe, 8 Prozent zu Lasten des zentralen Ausgleichsfonds für die Verdienstersatzordnung, Gruppe Landwirtschaft.

Art. 11.

Der Bund verwendet zur Deckung seiner Aufwendungen: a. den Bundesanteil am Beinertrag der Alkoholverwaltung; b. die Zinsen seines Ponds für die Alters- und Hinterlassenenver sicherung; c. allgemeine Bundesmittel.

1

Bundesblatt. 98. Jahrg. Bd. I,

24

Grundzüge der Mittelbeschaffung.

Leistungen der zentralen Ausgleichsfonds.

Leistungen de« Bundes

350 2

Leistungen der Kantone.

Zuständige Stellen.

A. Kantonale Ausgleichskassen.

B. Yerbandsausgleichskasnen.

Geltendmachung des Anspruchs.

Prüfung der Gesuche und ïeetaetzïmg der Renten.

Während der Geltungsdauer dieses Beschlusses fliegst der Ertrag der fiskalischen Belastung des Tabaks in die Bundeskasse und wird das Guthaben des Ponds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung bei der eidgenössischen Staatskasse zum Diskontsatz der Schweizerischen Nationalbank verzinst.

Art. 12.

1 Über die Verteilung der Aufwendungen auf die einzelnen Kantone erlässt der Bundesrat besondere Bestimmungen.

2 Die Kantonsregierungen können für einen Teil des kantonalen Betreffnisses die Gemeinden in Anspruch nehmen.

IV. Ausrichtung der Renten.

Art. 13.

1 Die Alters- und Hinterlassenenrenten werden von den kantonalen Lohnausgleichskassen (im folgenden Ausgleichskassen genannt) ausgerichtet. Vorbehalten bleibt Art. 14.

2 An die Verwaltungskosten, die den Ausgleichskassen durch die Ausrichtung der Alters- und Hinterlassenenrenten und durch die Besorgung der damit zusammenhängenden Aufgaben erwachsen, wird ein Beitrag aus den zentralen Ausgleichsfonds gewährt.

3 Hinsichtlich der Haftung der Ausgleichskassen beziehungsweise deren Träger gegenüber dem Bunde finden die entsprechenden Bestimmungen der Lohnersatzordnung Anwendung.

Art. 14.

Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement kann die Verbandsausgleichskassen im Sinne von Art. 9 beziehungsweise Art. 11Abs. 3, der Lohnersatzordnung mit der Festsetzung und Auszahlung der Benten an bestimmte Bezügerkreise beauftragen, wobei die Vorschriften des vorliegenden Bundesratsbeschlusses über die kantonalen Lohnausgleichskassen Anwendung finden.

Art. 15.

Wer eine Alters- oder Hinterlassenenrente beansprucht, hat ein Gesuch einzureichen,'welches die für die Festsetzung der Bente notwendigen Angaben enthält.

2 Macht eine Person einen ihr zustehenden Anspruch nicht geltend, so können Angehörige, die ihr gegenüber eine rechtliche oder sittliche Unterstützungspflicht erfüllen, sowie die zuständige Gemeindebehörde den Anspruch für sie geltend machen.

1

Art. 16.

Die Gesuche um Ausrichtung einer Bente sind von den kantonalen Zentralstellen für Alters- und Hinterlassenenfürsorge zu prüfen. Die Kantone können diese Aufgabe mit Genehmigung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements andern Amtsstellen übertragen.

1

351 2

Die kantonalen Zentralstellen nehmen die zur Prüfung der Gesuche notwendigen Erhebungen vor und überweisen die Gesuche, mit Bericht und Antrag versehen, der zuständigen Ausgleichskasse.

3 Die Ausgleichskasse kann die Akten zur Ergänzung zurückweisen oder selbst weitere Erhebungen vornehmen. Nach Abklärung des Sachverhaltes durch die in Abs. l genannten Amtsstellen entscheidet die Ausgleichskasse mit schriftlicher Verfügung über die Rentenberechtigung und setzt den Rentenbetrag nach Massgabe dieses Bundesratsbeschlusses fest.

4 Die Verwaltungs- und Rechtspflegebehörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden haben die zur Prüfung der Gesuche erforderlichen Auskünfte unentgeltlich zu erteilen.

Art. 17.

Die Eenten werden ausgerichtet vom ersten Tag des Monats, in welchem der Anspruch entsteht, bis zum letzten Tag des Monats, in welchem er erlischt.

2 Die Eenten werden monatlich ausgerichtet.

1

Art. 18.

Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement sorgt durch Erlass entsprechender Vorschriften dafür, dass die Eenten zum Unterhalt des Bezugsberechtigten und der Personen, für die er zu sorgen hat, verwendet werden.

Art. 19.

1 Verfügungen der Ausgleichskassen gemäss Art. 16, Abs. 3, können vom Gesuchsteller innert 30 Tagen nach der Zustellung mit Beschwerde angefochten werden.

2 Für die Beurteilung der Beschwerden wird in jedem Kanton eine Rekurskommission eingesetzt, die von der Kantonsregierung aus Mitgliedern der kantonalen Schiedskommissionen für die Lohn- und Verdienstersatzordnung zu bestellen ist.

3 Die Entscheide der Rekurskommissionen können innert 30 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung vom Gesuchsteller sowie von der Ausgleichskasse und vom eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement an die eidgenössische Oberrekurskommission weitergezogen werden. Die Oberrekurskommission wird vom eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement aus Mitgliedern der eidgenössischen Aufsichtekommissionen für die Lohn- und Verdienstersatzordnung gebildet. Sie entscheidet endgültig.

4 Die Vorschriften der Lohnersatzordnung über das Verfahren vor den kantonalen Schiedskommissionen und der eidgenössischen Aufsichtskommission finden sinngemäss Anwendung.

A uszahlung der Renten.

Mitnahmen zur Gewährleistung zweckmässiger Rentenverwendung.

Beschwerderecht; Beschwerdeinstanzen und Verfahren.

352

Rückerstattung und Nachforderung.

Art. 20.

Für die Bückerstattung und die Nachforderimg von Renten finden die entsprechenden Bestimmungen der Lohnersatzordnung sinngemäss Anwendung. Die strafrechtliche Verfolgung bleibt vorbehalten.

Art. 21.

Schweigepflicht.

Die Vorschriften der Lohnersatzordnung über die Schweigepflicht sind anwendbar auf die Organe, die an der Durchführung dieses Bundesratsbeschlusses beteiligt sind.

V. Abrechnungs- und Zahlungsverkehr.

Art. 22.

Zentrale Verred rechnungsstelle ; Rechnungsführung.

Ergänzende Vorschriften.

1

Die Abrechnung mit dem Bund, den Kantonen und den zentralen Ausgleichsfonds für die Lohn- und Verdienstersatzordnung einerseits und den Ausgleichskassen anderseits wird durch die Verwaltung der zentralen Ausgleichsfonds besorgt.

2 Die. Ausgleichskassen haben über die von ihnen ausbezahlten Alters- und Hinterlassenenrenten eine besondere Rechnung zu führen und darüber periodisch mit der Verwaltung der zentralen Ausgleichsfonds abzurechnen.

Art. 28.

Die Bestimmungen der Lohnersatzordnung über den Abrechnungsund Zahlungsverkehr, die Buchführung und die Kassenrevisionen finden sinngemäss Anwendung. Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement erlässt im Einvernehmen mit dem eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement die nötigen ergänzenden Vorschriften.

VI. Stafbestimmungen.

Art. 24.

1

Rechtswidrige Erwirkung einer Rente.

Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben für sich oder einen andern eine Alters- oder Hinterlassenenrente erwirkt oder zu erwirken versucht, die ihm nicht zukommt, wird mit Gefängnis bis zu G Monaten oder mit Busse bis zu 5000 Franken bestraft. Beide Strafen können verbunden werden.

Art. 25.

Verfolgung und Beurteilung.

1

Die Verfolgung und die Beurteilung obliegen den Kantonen.

Alle rechtskräftigen Urteile und Einstellungsbeschlüsse sind in vollständiger Ausfertigung unverzüglich der Bundesanwaltschaft zuhanden des Bundesrates kostenlos zuzustellen.

2

353 VII. Gewährung eines Beitrages an die schweizerischen Stiftungen für das Alter und für die Jugend.

Art. 26.

Der Bund leistet jährlich ' a. drei Millionen Franken an die schweizerische Stiftung für das Alter; b. eine Million Franken an die schweizerische Stiftung für die Jugend.

Art. 27.

Der Beitrag ist zu verwenden für die Ausrichtung von Fürsorgobeiträgen an a. bedürftige Greise, Witwen und Waisen, denen kein Anspruch auf Alters- oder Hinterlassenenrenteii gemäss de,m vorliegenden Beschluss zusteht, sofern sie durch die Gewährung eines Fürsorgebeitrages vor der Armenpflege bewahrt werden können; b. Greise, Witwen und Waisen, für welche die in Art. 8 vorgesehenen Alters- und Hinterlassenenrenten wegen besonderer Umstände (Krankheit, Unglücksfälle, Überschuldüng usw.) nicht zum Lebensunterhalt ausreichen.

1

Höhe des Beitrages.

Verwendimg des Beitrages.

2

Fürsorgebeiträge gemäss Abs. l dürfen nur an Personen schweizerischer Nationalität ausgerichtet werden.

3

Über die Verteilung und Verwendung der den beiden Stiftungen zukommenden Beiträge erlässt das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement nähere Vorschriften.

VIII. Vollzugs- und Schlussbestimmungen.

Art. 28.

1 Der Bundesrat übt die Aufsicht über die Durchführung dieses Bundesratsbeschlusses aus.

Aufsicht des Bandes.

2

Der Bundesrat entscheidet endgültig über Streitigkeiten zwischen Bund und Kantonen sowie zwischen Kantonen, die aus der Durchführung dieses Bundesratsbeschlusses entstehen. Vorbehalten bleibt Art. 13, Abs. 3.

Art. 29, 1

Das eidgenössische Volkswirtsehaftsdepartement wird mit dem Vollzug beauftragt. Es erlässt die nötigen ergänzenden Ausführungsbestimmungen. Es ist befugt, den Ausgleichskassen Weisungen über den Vollzug der Bestimmungen dieses Bundesratsbeschlusses im allgemeinen und über ihre Anwendung im einzelnen Fall zu erteilen.

Vollzug.

354 2

Die auf Grund dieses Bundesratsbeschlusses notwendigen Ergänzungen der Eeglemente der Ausgleichskassen bedürfen der Genehmigung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements.

3 Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement ist befugt, den ihm unterstellten Abteilungen bestimmte Aufgaben zur selbständigen Durchführung zu überweisen.

Art. 30.

Inkrafttreten.

Dieser Bundesratsbeschluss tritt am 1. Januar 1946 in Kraft und gilt bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, längstens aber bis zum 31. Dezember 1947.

0077

355 Beilage 1h.

547 Bundesratsbeschluss über

die Ergänzung des Bundesratsbeschlusses über die provisorische Ausrichtung von Alters- und Hinferlassenenrenten (Übergangsordnung).

(Vom 23. November 1945.)

Der schweizerische Bundesrat beschliesst: Einziger Artikel.

Der auf Grund des Bundesbeschlusses vom 30. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität gefasste Bunesratsbeschluss vom 9. Oktober 1945*) über die provisorische Ausrichtung von Alters- und Hinterlassenenrenten wird durch einen Art. 29bis folgenden Wortlautes ergänzt :.

Art. 29bis. In Kantonen, in denen eine Anpassung . der kantonalen Gesetzgebung über die Alters- und Hinterlassenenfürsorge an diesen Beschluss auf dem verfassungsmässigen Wege bis zum 1. Januar 1946 nicht vorgenommen werden kann, ist die Kantonsregierung befugt, für die Zeit bis zum Inkrafttreten der auf dem verfassungsmässigen Weg ergehenden Abänderungsbestimmungen die für die Anpassung erforderliche Regelung zu treffen.

*) A. S. 61, 884.

6199

Anpassung der kantonalen Gesetzgebung.

356 Beilage li.

550 Bundesratsbeschluss betreffend

die Verlängerung des Bundesratsbeschlusses über Fürsorge für ältere Arbeitslose.

(Vom 80. November 1945.)

Der schweizerische Bundesrat beschliesst: Art. 1.

Die Gültigkeit des auf Grund des Bundesratsbeschlusses vom 80. August 1939 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität gefassten Bundesratsbeschlusses vom 24. Dezember 1941*) über Fürsorge für ältere Arbeitslose sowie der gestützt darauf erlassenen Ausführungsvorschriften des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements wird bis zum 81. Dezember 1947 verlängert.

Art. 2.

Die Art. 2, Abs. l, und Art. 3 des vorgenannten Bundesratsbeschlusses werden durch folgende Bestimmungen ersetzt: Art. Z, Abs. 1. Der Bundesbeitrag an die Kantone beträgt 50 % der entsprechend den Bundesvorschriften ausgerichteten Fürsorgeleistungen.

Art. 3. Auf Gesuch werden den Kantonen periodisch Vorschüsse an erfolgte Fürsorgeleistungen ausgerichtet.

Art. 8.

Dieser Bundesratsbeschluss tritt am 1. Januar 1946 in Kraft.

*) A. S. 57, 1537.

357 Beilage l k.

- 552 A Bundesratsbeschluss über

die Organisation des Solidaritätsfonds der schweizerischen Sch i ff l i Stickerei.

(Vom 28. Dezember 1945.)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf den. Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1932 über die Hilfeleistung für die schweizerische SreichifMohnstickerei sowie auf Art. 2, Abs. l, des Bundesbeschlusses vom 6. Dezember 1945 über den Abbau der ausserordentlichen Vollmachten des Bundegrates, beschliesst:

Art. 1.

1

Der auf Grund des Bundesratsbeschlusses vom 11. Mai 1943/ 24. November 1944 errichtete « Solidaritätsfonds der schweizerischen Schifflistickerei» (Solidaritätsfonds) besteht unter der gleichen Bezeichnung weiter. Er ist eine Genossenschaft des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 829 OR mit Sitz in St. Gallen.

2 Organisation und Geschäftsführung des Solidaritätsfonds werden im einzelnen durch Statuten und Geschäftsreglemente geregelt. Diese sind vom eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement unter Wahrung des Mitspracherechtes der beteiligten Kantone zu genehmigen. Ergänzungen oder Abänderungen bedürfen ebenfalls der Zustimmung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes.

3 Soweit dieser Bundesratsbeschluss oder die -Statuten nicht etwas anderes verfügen, finden die Bestimmungen des Obligationenrechtes über die Genossenschaft privaten Rechtes Anwendung.

Rechtliche Form.

Organistion.

Art. 2.

1

Der Solidaritätsfonds dient hauptsächlich dem Zwecke, Eigentümern oder Mietern und Pächtern von Schifflistickmaschinen welche Stickereiaufträge ausführen, Entschädigungen für infolge Arbeitsmangels

Zweck.

358 stillstehende Schifflistickmaschinen auszurichten. Ausgenommen davon sind Exporteure, welche Stickereiaufträge auf eigenen Maschinen erstellen.

2 Der Solidaritätsfonds kann ferner die Ausschaltung von Maschinen durch Beiträge fördern.

Obligatorium.

Art. 3.

Statuten und Geschäftsrcglement des Solidaritätsfonds sind, unter Vorbehalt von Art. 7 des vorliegenden Beschlusses, für sämtliche Schrfflistickereifabrikanten verbindlich. . (Bundesbeschluss vom 9. April 1940 über Massnahmen zugunsten des Krisenfonds der schweizerischen Schifflilohnstickerei, Art. 2.)

Art.

Mittel des Solidaritätsfonds.

Beteiligte.

Der Solidaritätsfonds wird durch Beiträge der an der Schifflistickerei -beteiligten "Warenübernehmer und Warenausgeber sowie durch Subventionen des Bundes und der an der Stickereiindustrie interessierten Kantone gespiesen.

2 Beteiligt im Sinne von Abs. l sind: a. als Warenübernehmer alle Schiffhstickereifabrikanten, gleichviel, ob sie Stickereiaufträge für eigene oder fremde Bechniing ausführen, und 1). als Warenausgeber alle Exporteure und auf eigene Bechnung arbeitende Fabrikanten, welche Stickereiaufträge auf Maschinen erstellen lassen, die nicht ihr Eigentum sind.

Art.

1

Beiträge der Betemgten.

Ausknnftäpflfrht.

4.

1

5.

Die beteiligten Warenübernehmer un.d Warenausgeber haben folgende Beiträge zu leisten: a. jeder Warenübernehmer pro Arbeitstag iür jede beschäftigte und nicht plombierte Automat- und Pantographmaschine 75 Happen, &. jeder Warenausgeber 3 % auf den Stickfakturen (unter Einrechnung des Stickmaterials, jedoch ohne Stoff).

2 Für Beiträge, die der Warenausgeber schuldet, die aber aus technischen Gründen nicht bei diesem eingezogen werden können, ist der Warenübernehmer abgabepflichtig.

3 Aus den Beiträgen der Warenausgeber wird für die Jahre 1946, 1947 und 194S zu Zwecken des Solidaritätsfonds eine Summe ausgeschieden, die jährlich mindestens Er. 160 000, keinesfalls aber weniger beträgt als die Beitragsleistung der Warenübernehmer.

4 Erreichen die jährlichen Beiträge der Warenausgeber die in Abs. 3 genannte Leistung nicht, so übernimmt die Vereinigung schweizerischer

359 Stickereiexporteure die Haftung für die Zahlung der Differenz. Übersteigen die jährlichen Beiträge der Warenausgeber die dort festgesetzte Leistung, so wird der Mehrertrag in den Exportförderungsfonds der Vereinigung schweizerischer Stickereiexporteure gelegt.

6 Die Vereinigung schweizerischer Stickereiexporteure ist ermächtigt eine Herabsetzung des Warenausgeberbeitrages zu beschhessen, sofern angenommen werden kann, dass trotz dieser Herabsetzung die in Abs. 3 festgesetzte jährliche Leistung erzielt wird.

6 Die Beitragspflichtigen haben gemäss den Weisungen der Verwaltung des Solidaritätsfonds die für die Abrechnung erforderlichen Aufstellungen zu machen und diese monatlich der Geschäftsstelle des Fonds einzureichen. Sie sind verpflichtet, dieser auch alle sonstigen Auskünfte zu geben, die sie für die Durchführung ihrer Aufgabe benötigt.

Art: 6.

1

Beitragspflichtig und bezugsberechtigt sind sämtliche Warenübernehmer, die Eigentümer, Mieter oder Pächter von Schifflistickraaschinen sind, soweit ihre Maschinen sich in gebrauchsfähigem Zustande befinden und ihr Betrieb wirtschaftlich lebensfähig ist.

2 Beitragspflichtig, aber nicht bezugsberechtigt, sind sämtliche Warenausgeber, somit alle Exporteure und auf eigene Rechnung liefernde Fabrikanten.für Stickereiaufträge auf Maschinen, die nicht ihr Eigentum sind.

Art. 7.

1 Warenübernehmer mit ·wirtschaftlich nicht lebensfähigen Fabrikationsbetrieben sind von .Beitragspflicht und Bezugsberechtigung ausgeschlossen. Sie können auch nicht Mitglieder der Genossenschaft sein.

Der Ausschluss kann für den ganzen Betrieb oder einen Teil desselben erfolgen.

2 .Als wirtschaftlich nicht lebensfähig gilt ein Betrieb insbesondere dann, wenn a. der Betriebsinhaber dauernd zu einer andern Beschäftigung übergegangen ist; 1). das Unternehmen seit längerer Zeit stillsteht und keine oder nur geringe Aussichton auf Wiederaufnahme des Betriebes bestehen; c. das notwendige Personal für die Inbetriebsetzung der Maschinen fehlt und auch nicht innerhalb nützlicher Frist erhältlich ist.

Beitragspflichtige lind Beiiugsberechtiirte.

Wirtschaftliche Lebensfähigkeit.

Art. 8.

1

Über Beitragspflicht und Bezugsberechtigung, insbesondere auch über die grundsätzliche Frage der Unterstellung eines Betriebes, entscheidet in Zweifelsfällen die Verwaltung des Solidaritätsfonds.

Zwelfetofälle.

Veränderte Yerhnltni^e.

360 2

Bei wesentlicher Veränderung der Verhältnisse eines Betriebes kann die Verwaltung des Solidaritätsfonds einen in die Beitragspflicht und Bezugsberechtigung bisher nicht aufgenommenen oder einen davon ausgeschlossenen Betriebsinhaber nachträglich aufnehmen oder erneut unterstellen. Dies kann für den ganzen Betrieb oder einen Teil desselben geschehen. Ein Gesuch um Aufnahme kann in diesem Falle auch vom Warenübernehmer gestellt werden, 3 Gegen Entscheide der Verwaltung im Sinne von Abs. l und 2 kann binnen zehn Tagen an das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit rekurriert werden. Dieses entscheidet endgültig.

Art. 9.

Beiträge des, Bundes und der Kantone.

1

Der Bund bewilligt für die Jahre 1946, 1947 und 1948 einen jährlichen Beitrag von Fr. 80 000 an den Solidaritätsfonds unter der Voraussetzung, dass die an der Stickereiindustrie interessierten Kantone gemeinsam einen jährlichen Beitrag in gleicher Höhe leisten.

2 Die Beiträge, die von den. einzelnen Kantonen aufzubringen sind, richten sich nach der Zahl der im Kantonsgebiet stehenden, dem Solidaritätsfonds angeschlossenen Schifflistickniaschinen. Stichtag ist jeweils der 1. Januar der in Abs. l genannten Jahre.

3 Schliesst die jährliche Betriebsrechnung mit einem. Defizit ab, so leistet der Bund hieran einen Beitrag von 331/-! %, höchstens jedoch Fr. 80 000, unter der Voraussetzung, dass die an der Stickereiindustrie interessierten Kantone gemeinsam einen jährlichen Beitrag in gleicher Höhe leisten.

4 Die von den Kantonen aufzubringenden Beiträge an das Defizit werden nach Massgabe der Entschädigung berechnet, die der Fonds im vorangegangenen Jahr den Schifflistickereifabrikanten in den betreffenden Kantonsgebieten ausbezahlt hat.

Art. 10.

Höhe der StillBtandsentBchädigungen.

1

Die im Sinne von Art. 2, Abs. l, ausgerichtete Entschädigung für stillstehende Schifflistickmaschinen beträgt für Automaten und Pantographen Fr. 4 pro Arbeitstag und plombierte Maschine. Keine Entschädigung wird ausgerichtet für den Tag, an dem die Plombe angebracht.

und den Tag, an dem sie entfernt wird.

2 In Einzelfällen kann die Verwaltung ausnahmsweise eine den wirtschaftlichen Verhältnissen angepasste herabgesetzte Stillstandsentschädigung verfügen.

361 3 Die Stillstandsentschädigung darf an einen einzelnen Betrieb ausgerichtet werden:

bei Besitz oder Pacht von l Maschine 2 Maschinen

fUr höchstens 240 Tage pro Kalenderjahr 460

» 3 660 » 4 840 » 5 1000 » 6 1170 » 7 1330 » 8 1480 » 9 1620 » 10 1750 11 » 1870 » 12 1980 » 13 2080 » 14 2170 » 15 2250 » 16 2320 » 17 2380 » 18 2430 » 19 2470 » 20 2500 Bei Besitz oder Pacht von mehr als 20 Maschinen erhöht sich die Zahl der Tage, für die eine Entschädigung ausgerichtet werden darf, mit jeder weiteren Maschine um 100 pro Kalenderjahr.

Art. 11.

Über eine allfällige Verlängerung der Dauer der Bezugsberechtigung in Zeiten grosser Arbeitslosigkeit und über die gegebenenfalls hieran zu knüpfenden besondern Bedingungen entscheidet auf Antrag der Verwaltung des Solidaritätsfonds das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement. Das Mitspracherecht der beteiligten Kantone und Verbände bleibt vorbehalten.

Art. 12.

1 Die Berechtigimg eines Betriebsinhabers zum Bezüge der Stillstandsentschädigung beginnt erstmals, nachdem dieser seine Beiträge während drei Monaten ordnungsgemäss entrichtet hat.

2 Die Stillstandsentschädigung darf nur Betriebsinhabern ausgerichtet werden, die den Beitrag regelmässig bezahlt und sich allen Vorschriften des Solidaritätsfonds unterzogen haben. " 3 Die Stillstandsentschädigung darf nur ausgerichtet werden, wenn der Betriebsinhaber trotz allen Bemühungen zu den jeweils geltenden

Verlängerung der Bezugsti auer.

Bedingungen für die Ausrichtung der Stillstands entschädi gungen

362

Nichtgewährung der Stülstanilsentschädigung.

Verweigerung und Entzug der StiUstandsentschädigung.

Ausschluß aus der Genossenschaft.

Stichpreisen keine Arbeit findet, wenn er allfällige Bestimmungen über Personallöhne einhält und -wenn die stillstehenden Maschinen vollständig gebrauchsfähig sind und innert nützlicher Frist in Betrieb gesetzt werden können.

Art. 13.

Die Gewährung der Stillstandsentschädigung ist ausgeschlossen für die Zeit, während der die Maschine wegen Eeparatur oder wegen Krankheit oder Unfalles des Betriebsinhabers stillgelegt ist, sowie während eines Streikes.

Art. 14.

1 Die Leistung einer Entschädigung wird zeitweilig oder dauernd entzogen, wenn der Betriebsinhaber die Auskunft für Kontrollzwecke verweigert oder der Verwaltung des Solidaritätsfonds unrichtige Angaben gemacht hat. In schweren Fällen kann der Fehlbare aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden. Vorbehalten bleiben die Strafbestimmungen nach Art. 19. Zu Unrecht bezogene Leistungen sind zurückzuerstatten und geschuldete Beiträge nachzuzahlen, 2 Über Massnabmen gemäss Abs. l und deren Ausmass entscheidet die Verwaltung des Solidaritätsfonds. Gegen deren Entscheid kann binnen zehn Tagen an das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit rekurriert werden: dieses entscheidet endgültig.

Art. 15.

Verwaltung.

Organisation der Geschäftsführung.

1

An der Spitze des Solidaritätsfonds steht eine Verwaltung von dreizehn Mitgliedern. Diese setzt sich wie folgt zusammen: a, vier Vertreter des Bundes, darunter der Präsident des Solidaritätsfonds ; fc. drei Vertreter der beteiligten Kantone; c. drei Vertreter der Warenübernehmer (Art. 4, Abs. 2); d. drei Vertreter der Warenausgeber (Art. 4, Abs. 2).

Bei Stimmengleichheit der anwesenden Vertreter entscheidet der Präsident.

a Die Vertreter des Bundes werden durch das eidgenössische Volks Wirtschaftsdepartement gewählt, ebenso der Präsident, die Vertreter der Kantone durch die beteiligten Kantone.

3 Die Vertreter der Stickereiexporteure und diejenigen der Schiffhstickereifabrikanten werden durch ihre repräsentativen Organisationen gewählt.

Art. 16.

1

Die Verwaltung besorgt die Geschäfte nach Massgabe eines Beglementes (Art. l, Abs. 2)..

363 2

Die Verwaltung kann einzelne ihrer Befugnisse an einen Ausschuss delegieren.

3 Geschäftsstelle der Verwaltung ist die Stickerei-Treuhand-Genossenschaft, St. Gallen.

Art. 17.

Zivilrechtliche Streitigkeiten zwischen Bezugsberechtigten oder Beitragspflichtigen und dem Solidaritätsfonds werden endgültig durch das Handelsgericht des Kantons St. Gallen entschieden,

Streitigkeiten.

Art. 18.

1

Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder auf ähnliche Weise für sich oder andere eine Zuwendung aus dem Solidaritätsfonds erwirkt, die ihm nicht zukommt, wird mit Busse bis zu Fr. 10 000 oder mit Haft bestraft. Strengere Bestimmungen des schweizerischen Strafgesetzbuches bleiben vorbehalten.

2 Wer sich durch unwahre oder unvollständige Angaben der Beitragspflicht ganz oder teilweise entzieht, wird mit Busse bis zu Fr. 10 000 bestraft.

3 Wer ohne Bereicherungsabsicht unwahre Auskünfte über die Anstellungsverhältnisse und die Beschäftigung bei Dritten erteilt, oder die Auskunft verweigert oder sich einer von den zuständigen Stellen angeordneten Kontrolle widersetzt oder diese auf andere Weise verunmöghcht, wird mit Busse bis zu Fr. 500 bestraft,

Art, 19.

Werden die Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person oder einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft begangen, so finden die Strafbestimmungen auf die Personen Anwendung, die für sie gehandelt haben oder hätten handeln sollen, jedoch unter solidarischer Mithaftung der juristischen Person oder Gesellschaft für die Bussen und Kosten.

Art. 20.

Die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen ist Sache der Kantone.

Art. 21.

1 Ein Beschluss auf Auflösung des Solidaritätsfonds bedarf der Zustimmung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes.

2 Tritt der Solidaritätsfonds in Liquidation, und wird der Fonds durch eine andere auf solidarischer Grundlage beruhende und demselben Zwecke dienende Institution ersetzt, so erhält diese das noch vorhandene

Strafliestliimmngen.

Widerhundlungen im Geschäftsbetrieb von GeseHäcuuften.

Verfolgung lind Beurteilung.

Auflösung der Genossenschaft Solidaritätsfonds, jjj

364

Vermögen des Solidaritätsfonds. Andernfalls ist das Restvermögen für sonstige Hilfsmassnahmen zugunsten der Stickereiindustrie zu verwenden. In beiden Fällen trifft das eidgenössische Volkswirtschafts departement im Einvernehmen mit den beteiligten Kantonen und Verbänden die erforderlichen Verfügungen hierüber.

Inkrafttreten.

Vollzug.

Art. 22.

Dieser Bundesratsbeschluss tritt auf 1. Januar 1946 in Kraft und gilt bis 31. Dezember 1948.

2 Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement wird mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

1

6295

365

Bundesratsbeschluss

Beilage 11.

A

554

über

Massnahmen zur Verwertung der Kernobsternten und zur Versorgung des Landes mit Kernobst und Kernobsterzeugnissen.

(Aufhebung von kriegswirtschaftlichen Vorschriften.)

(Vom 25. Januar 1946.)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 6. Dezember 1945 über den Abbau der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates, beschliesst: Art. 1.

Art. 5 des auf Grund des Bundesbeschlusses vom 30. August 1989 über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechthaltung der Neutralität gefassten Bundesratsbeschlusses vom 28. August 1945*) über Massnahmen zur Verwertung der Kernobsternten und zur Versorgung des Landes mit Kernobst und Kernobsterzeugnissen und die gestützt darauf erlassenen Ausführungsvorschriften werden aufgehoben.

Nach den aufgehobenen Bestimmungen werden noch die während ihrer Gültigkeitsdauer eingetretenen Tatsachen beurteilt.

Art. 2.

Die eidgenössische Alkoholverwaltung ißt beauftragt, Massnahmen über die Lagerung, Auslagerung und. Verteilung der gemäss den Verfügungen und Weisungen der Sektion für Obst und Obstprodukte des eidgenössischen KriegsErnährungs-Amtes aus der Ernte 1945 angelegten Obstpflichtlager zu treffen.

Art. 3.

Widerhandlungen gegen Massnahmen im Sinne von Art. 2 werden gemäss Bundesratsbeschlus vom 17. Oktober 1944 über das kriegswirtschaftliche Strafrecht und die kriegswirtschaftliche Strafrechtspflege bestraft.

Art. 4.

Dieser Beschluss tritt am 1. Februar 1946 in Kraft.

*) A. S. «l, 667.

6354

Bundesblatt.

98. Jahrg.

Bd. I.

25

366 Beilage 2.

Exposé über die tìbergangsordntmg zur Alters- und Hmterlassenenversiclierung.

A. Die Entwicklung der Altersfürsorge bis Ende 1945.

1. Die Altersfürsorge des Bundes nahm ihren Anfang im Jahre 1929 mit einer bescheidenen Unterstützung der Schweizerischen Stiftung für das Alter.

Am 13. Oktober 1933 erging ein Bundesbeschluss, wonach "den Kantonen jährlich sieben Millionen Franken und der Stiftung für das Alter jährlich eine Million Franken zur Unterstützung bedürftiger Greise, Witwen und Waisen zur Verfügung gestellt wurde. Erst mit der verfassungsmässigen Übergangsordnung des Finanzhaushaltes vom 30. September 1938 wurde die Altersfürsorgo auf eine breitere Basis gestellt. Die Übergangsbestimmung zu Art. 34iuater verpflichtete den Bund, von 1939--1941 Beiträge in der Höhe von jährlich 18 Millionen Franken an die Kantone und an gemeinnützige Fürsorgeeinrichtungen zu leisten, und zwar zugunsten bedürftiger Greise, Witwen und Waisen und älterer Arbeitsloser schweizerischer Nationalität. Ein Bundesbeschluss vom 21. Juni 1989 verteilte die 18 Millionen wie folgt: 11 Millionen für die Unterstützung bedürftiger Greise, Witwen und Waisen, 4 Millionen für die Fürsorge für ältere Arbeitslose.

1,5 Millionen an die Schweizerische Stiftung für das Alter, 0,5 Million an die Schweizerische Stiftung für die Jugend, l Million zur Unterstützung von Alters- und Hinterlassenenversicherungen.

Die verfassungsmääsige transitorische Ordnung dauerte von 1939--1941.

2. Die verfassungsmässige Grundlage für die Alters- und Hinterlassenenfürsor-ge fiel am 31. Dezember 1941 infolge Ablaufes der Gültigkeitsdauer des Bundes beschlusses vom 21. Juni 1939 dahin. Inzwischen war der Krieg ausgebrochen. Mit Beschluss vom 24. Dezember 19el ordnete der Bundesrat, weil eine normale verfassungsmässige Grundlage nunmehr fehlte, die Altersun.d Hinterlassenenfürsorge erstmals auf dem Vollmachtenwege. Diese Ordnung brachte eine wesentliche Ausdehnung der Fürsorge, und zwar auf 19 Millionen Franken zugunsten der Altersfürsorge der Kantone, 2,5 Millionen zugunsten der Schweizerischen Stiftung für das Alter und 750 000 Franken zugunsten der Schweizerischen Stiftung für die Jugend. Die Fürsorge für ältere Arbeitslose wurde von diesem Jahre ab separat organisiert und finanziert, und zwar ebenfalls durch Vollmachtenbeschluss.

3. Die Durchführung der Alters- und Hinterlassenenfürsorge des Bundes war in weitgehendem Umfange Sache der Kantone. Der Bund beschränkte sich darauf,
die Ausführungsverordnungen der Kantone zu genehmigen und die Fürsorgetätigkeit derselben zu überwachen. Der Umstand, dass die Kantone in der Handhabung der Fürsorge weitgehend selbständig waren, bewirkte eine grosse Mannigfaltigkeit in der Durchführung der Fürsorge und eine ziemliche

367 Vielgestaltigkeit in der Unterstützungspraxis. Die Statistik für das Jahr 1944 (vgl. Anhang) zeigt, wie starke Unterschiede die Unterstützungsansätze von Kanton zu Kanton aufweisen.

4. Seit dem Jahre 1942 gewährte der Bund den Kantonen und den beiden Stiftungen zusätzliche Beiträge, und zwar während zwei Jahren je total 1,172 Millionen Franken, sodann während den Jaliren 1944 und 1945 total 4,65 Millionen Franken. Der zusätzliche Betrag an die Kantone in der Höhe von 4 Millionen Franken wurde jedoch nur ausbezahlt unter der Voraussetzung, dass die Kantone selbst einen gleich hohen Beitrag aufbringen. Die Aufwendungen des Bundes und der Kantone betrugen somit in den letzten zwei Jahren auf Grund bundesrechtlicher Vorschriften jährlich total rund 30 Millionen Franken.

B. Der Werdegang der Übergangsordnung.

1. Da einerseits die Wirksamkeit des Bundesratsbeschlusses vom 24. Dezember 1941 auf Ende des Jahres 1945 zu Ende ging und anderseits bereits feststand, dass die Alters- und Hinterlassenenversicherung wegen der Schwierigkeit und Mannigfaltigkeit der zu lösenden Probleme nicht vor dem 1. Januar 1948 würde verwirklicht werden können, erhob sich zu Beginn des letzten Jahres die Frage der besten und zweckmässigsten Uberbrückung der Jahre 1946 und 1947. Durch eine Motion Miville vom 20. September 1944, eine Interpellation Buoss vom 20. Dezember 1944, eine Interpellation. Studer-Burgdorf vom 19. März 1945, ein Postulat Bratschi vom 13. Juni 1945 und eine Kleine Anfrage Perréard vom 19. September 1945 wurde der Bundesrat ersucht, die nötigen Hassnahmen zu ergreifen, um die Alten und Hinterlasseneu in dieser Übergangsperiode vor Not und Armut zu bewahren. Das gleiche Begehren wurde dem Bundesrat in einer Eingabe, des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes vom 29..Dezember 1944 unterbreitet..

2. Für die Ausgestaltung dieser Zwischenlösung standen grundsätzlich zwei Wege offen: Die Fortführung der Fürsorge .in der bisherigen Art unter angemessener Erhöhung der Leistungen und die grundsätzliche Neuordnung der Alters- und Hinterlassenenfürsorge durch eine teilweise Vorwegnahme der von der eidgenössischen Expertenkommission für die Einführung der Altersund Hinterlassenenversicherung vorgeschlagenen Lösung für die- Angehörigen der Übergangsgeneration ohne Beitragsleistung. Die zweite Lösung war vom
Schweizerischen Gewerkschaftsbund in seiner bereits erwähnten Eingabe vorgeschlagen und von der eidgenössischen Expertenkommission für die Einführung der Alters- und Hinterlassenenversicherung grundsätzlich befürwortet worden.

Für die erste Möglichkeit.sprach sich u. a. die Konferenz der kantonalen Armendirektoren aus.

3. Nach reiflicher Überlegung hat sich der Bundesrat am 3. Juli 1945 für die grundsätzliche Neuordnung der Alters- und Hinterlassenenfürsorge nach den Grundsätzen der eidgenössischen Expertenkommission entschieden. Dies in erster Linie deshalb, weil eine blosse Fortsetzung und Verstärkung der Für-

368

sorge auf der bisherigen Grundlage sozial nicht zu befriedigen vermocht hätte.

Auf der andern Seite war es wünschbar, eine zweckmässige Überleitung in daa kommende Versicherungssystem vorzubereiten. Des weitem wäre es nicht zu verantworten gewesen, die rund 100 Millionen Franken, die der Bundesrat für die Übergangszeit jährlich in Aussicht genommen hatte, nach dem reinen Fürsorgeprinzip zu verteilen. Schliesslich kam nocb. dazu, dass eine Fortführung der Beitragsleistungen zugunsten des Lohn- und Verdienstersatees nur vertretbar erschien, wenn deren Mittel gleichzeitig für die lebende Witwen- und Greisengénération Verwendung finden würden.

4. Gestützt auf den Beschluss des Bundesrates vom 8. Juli 1945 wurde vom Bundesamt für Sozialversicherung ein Entwurf ausgearbeitet, der am 9. Juli 1945 den Vollmachtenkommissionen der eidgenössischen Eäte zur gutachtlichen Meinungsäusserung sowie den Kantonen und Spitzenverbänden der Wirtschaft zur Vernehmlassung unterbreitet worden ist.

Die Vollmachtenkommission des Nationalstes hat am 17. Juli, die Vollmachtenkommission des Ständerates am 26. Juli 1945 zum Entwurf Stellung genommen. Beide Vollmachtenkommissionen haben dem Entwurf in der Hauptsache zugestimmt. Eine wesentliche Änderung wurde von der ständeräthchen Vollmachtenkommission in dem Sinne gewünscht, dass die finanziellen Aufwendungen der öffentlichen Hand gegenüber jenen der zentralen Ausgleichsfonds für die Lohn- und Verdienstersatzordnung und die Aufwendungen der Kantone gegenüber jenen des Bundes herabgesetzt werden. Diesem Begehren ist m der Folge weitgehend entsprochen worden.

Auch von den Kantonen und Spitzenverbänden, welche eine Vernehmlassung eingereicht haben, hat sich die Mehrzahl (14 Kantone und 7 Spitzenverbände) für die geplante Neuordnung ausgesprochen. Wo eine Ablehnung der Vorlage zum Ausdruck kam (6 Kantone und 2 Spitzenverbände), wurde diese, vor allem damit begründet, dass eine Ausrichtung der Übergangsordnung auf das Expertenprojekt für die Alters- und Hinterlassenenversicherung Gefahren in sich schliesse, da über letzteres zuerst das Volk entscheiden müsse. Es wurde von dieser Seite vorgeschlagen, für die beiden Jahre 1946 und 1947 eine Verstärkung der bisherigen Fürsorge ins Auge zu fassen.

5. Bei den Beratungen des Entwurfes in den Vollmachtenkommissionen stand insbesondere
die Frage im Vordergrund, ob die Übergangslösung auf dem Vollmachtenweg oder dem ordentlichen Gesetzgebungsweg verwirklicht werden solle. Die Volhnachtenkommissionen beider. Eäte haben sich schliesslich mit grossen Mehrheiten (10: 8 Stimmen in der ständerätlichen Vollmachtenkommission und 18 : 7 Stimmen in der nationalrätlichen Vollmachtenkommission) für den Erlass eines Vollmachtenbeschlusses ausgesprochen. Entscheidend dafür ·war vor allem die Überlegung, dass nur auf diese Weise der rechtzeitige Erlass der Übergangsordnung gewährleistet werden könnte, und die Tatsache, dass eine verfassungsmässige Grundlage ohnehin fehlte. Dazu kam noch, dass es nicht angängig erschien, die Übergangsordnung, die zum grossen Teil aus Mitteln

369 der auf Vollmachtenbeschlüssen beruhenden Lohn- und Verdienstersatzordnung finanziert werden sollte, und die sich auch in manch anderer Beziehung, zum Beispiel hinsichtlich der Organisation, eng an die Lohn- und Verdienstersatzordnung anlehnen musste, auf dem ordentlichen Gesetzgebungsweg zu verwirklichen.

Mit der Beschreibung des VoUmachtenweges haben sich ausser den Vollmachtenkommissionen 11 Kantone und 7 Spitzenverbände einverstanden erklärt, während sich 8 Kantone und 3 Spitzenverbände dagegen aussprachen.

6. Gestützt auf die Zustimmung der Vollmachtenkommissionen der eidgenössischen Eäte sowie der Mehrzahl der Kantone und Spitzenverbände der Wirtschaft hat der Bundesrat am 9. Oktober 1945 den Beschluss über die provisorische Ausrichtung von Alters- und Hinterlassenenrenten (Ubergangsordnung) gefasst. Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement erliess dazu am 9. November 1945 eine Ausführungsverordnung, die durch bisher insgesamt 10 Kreisschreiben des Bundesamtes für Sozialversicherung erläutert und ergänzt wurde. Eine eingehende Darstellung der Ubergangsordnung findet sich in dem grundlegenden Kreisschreiben Nr. 8 des Bundesamtes für Sozialversicherung vom 19. November 1945.

C. Die Übergangsordnung zur Alters- and Hinterlassenenversichenmg.

/. Allgemeines.

1. Die Ubergangsordnung bedeutet in Tat und Wahrheit eigentlich eine vorzeitige Inkraftsetzung eines Teiles des Expertenprojektes für die Altersund Hinterlassenenversicherung. Deshalb war es notwendig, die Übergangsordnung auf die geplante Alters- und Hinterlassenenversicherung auszurichten, was in zweifacher Hinsicht berücksichtigt werden musste: a. In erster Linie war darauf zu achten, dass die Bestimmungen der Übergangsordnung in der Alters- und Hinterlassenenversicherung ohne grosse Abänderung beibehalten werden können. Die Bestimmungen der Übergangsordnung mussten daher auf die allgemeinen Grundsätze der eidgenössischen Expertenkommission für die Ausgestaltung der Alters- und Hinterlassenenversicherung abgestimmt werden. Deshalb sind in der Übergangsordnung zum Teil Bestimmungen enthalten, die in diesem Bahmen vielleicht nicht unbedingt notwendig wären, im Rahmen der Altersund Hinterlassenenversicherung aber unerlässlich sein werden, fe. Die Alters- und Hinterlassenenversicherung wird nur dann Aussicht auf endgültige
Verwirklichung haben, wenn sie gegenüber der Übergangsordnung wesentliche Verbesserungen mit sich bringt. Deshalb war es notwendig, im Eahmen der Übergangsordnung etwas weniger weit zu gehen, als es für die Versicherung vorgesehen ist und möglich erscheint.

So mussten beispielsweise die Eenten und die Einkommensgrenzen so angesetzt werden, dass sie in der Alters- und Hinterlassenenversicherung auf jeden Fall noch erhöht werden können.

370

2. Die Übergangsordnung ist nun zwar, wie wir gesehen haben, eine Vor· stufe zur Alters- und Hinterlassenenversicherung, aber sie ist selbst noch keine Versicherung. Sie steht strukturell zwischen Fürsorge und Versicherung, sie weist typische Merkmale der Fürsorge und typische Merkmale der Versicherung auf. Daher auch der Name «Übergangsordnung», Übergang von der Altersund Hinterlassenenfürsorge zur Alters- und Hinterlassenenversicherung. In der Übergangsordnung überwiegen noch die Merkmale der Fürsorge. An typischen Versicherungsmerkmalen weist die Übergangsodnung ein ausserordentlich bedeutsames auf: den Rechtsanspruch auf die Eenten. Wer die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, hat einen fest umrissenen Anspruch auf die Eenten, den er nötigenfalls mit Hilfe der rechtsprechenden Organe durchsetzen kann. In dei Fürsorge ist es mehr oder weniger in das freie Ermessen der ausführenden Organe gestellt, ob und in welcher Höhe sie im Einzelfalle eine E ente gewähren wollen.. Der Eechtsanspruch in der Übergangsordnung ist nun aber ein bedingter, d. h. es haben nur jene Personen Anspruch auf die Beuten, deren Einkommen unter Einschluss eines angemessenen Teiles ihres Vermögens gewisse Grenzen nicht übersteigen. Und in dieser Hinsicht enthält die Ubergangsordnung typische Merkmale der Fürsorge.

Der Übergang von der Fürsorge zur Versicherung kommt aber auch bezüglich der Rentenansätze, des Bezügerkreises sowie der Gesamtaufwendungen zum Ausdruck. Hinsichtlich der Eentenansätze wurde bereits ausgeführt, dass diese niedriger sind als die für die Versicherung vorgesehenen. Auf der andern Seite stellen sie aber im Durchschnitt eine wesentliche Verbesserung gegenüber den bisherigen Ansätzen (vgl. Anhang) dar, worauf im einzelnen später noch näher eingegangen werden soll.

Der Bezügerkreis -wird durch die Übergangsordnung, wie die nachfolgende Übersicht zeigt, gegenüber dem bisherigen Zustand wesentlich erweitert, ohne jedoch den Umfang des Bezügerkreises in der Alters- und Hinterlassenenversicherung zu erreichen.

Bezügerkategorie

Bezüger van Beiträgen aus der Bundesfürsorge im Jahre 1944

Voraussichtliche Bezüger von Renten gemäss Übergangsordnung

.

Voraussichtliche Bezüger von Renten im 1 . Versicherungsjahr *)

.

Alte: Einzelpersonen . . . .

Ehepaare

52961 7579

125 000 83500

210 053 55904

Hinterlassene : Witwen Waisen

13952 14471

42000 35000

60375 52500

*) Vgl. S. 285 des Berichtes der eidgenössischen Expertenkommission für die Einführung der Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 16. März 1945.

371 Die jährlichen Aufwendungen für die Alters- und Hinterlassenenfürsorge heliefen sich, -wie bereits ausgeführt, in den Jahren 1944 und-1945 auf je rund 30 Millionen Franken. Auf Grund der Übergangsordnung werden Alters- und Hinterlassenenrenten im Gesamtbetrage von rund 100 Millionen Franken zur Ausrichtung gelangen, während die Alters- und Hinterlassenenversicherung nach den Berechnungen der Expertenkommission im ersten Jahr schätzungsweise 180 Millionen Franken kosten wird, sofern die Variante I verwirklicht wird, 3. Die Überwachung der Alters- und Hinterlassenenfürsorge der letzten Jahre durch das Bundesamt für Sozialversicherung hat gezeigt, dass die Durchführung in den einzelnen Kantonen sehr verschieden ist. Nicht nur in der Höhe der gewährten Beiträge zeigen sich grosso Unterschiede, sondern vor allem auch hinsichtlich der Grundsätze, nach denen die Beiträge zugesprochen werden.

Auch hier bringt die Übergangsordnung eine grundlegende Änderung.

Die Voraussetzungen für die Anspruchsberechtigung in persönlicher Hinsicht, die Grundsätze für die Anrechnung der vorhandenen Einkünfte und des allfälligen Vermögens und endlich die Höhe der Eenten sind durch die Ubergangsordnung und ihre Vollziehungsbestimmungen für das ganze Gebiet der Schweiz einheitlich geregelt, wobei dem Unterschied der Lebenskosten in.

Stadt und Land in den Bestimmungen selbst gebührend Rechnung getragen worden ist. Der Herbeiführung einer einheitlichen Praxis und rechtsgleichen Behandlung aller Gesuchsteller dienen auch die organisatorischen Bestimmungen der Übergangsordnung sowie die Einsetzung einer eidgenössischen Oberrekurskommission als oberste rechtsprechende Instanz.

II. Der Rentenanspruoh.

1. Anspruch auf Alters- und Hinterlassenenrenten haben Schweizerbürger, die in der Schweiz wohnhaft sind. Der Ausschluss der Ausländer und der Auslandschweizer rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass es sich bei der Übergangsordnung um eine Fürsorgemassnahine handelt, die auf das eigene Land beschränkt werden soll. Von der Bezugsberechtigung sind ferner diejenigen Personen ausgeschlossen, welche durch ein strafgerichtliches Urteil in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit eingestellt worden sind.

2. Bei den Altersrenten wird zwischen einfachen Altersrenten und Ehepaaraltersrenten unterschieden. Die einfache Altersrente ist für
alleinstehende Personen, also für Ledige, Verwitwete und Geschiedene bestimmt. Ausnahmsweise erhalten aber auch Ehemänner die einfache Altersrente, und zwar dann, wenn die Ehefrau das 60. Altersjahr noch nicht zurückgelegt oder wenn die Ehe weniger als 5 Jahre gedauert hat.

Der Anspruch auf eine Ehepaaraltersrente steht grundsätzlich dem Ehemann zu, weshalb für die Entstehung des Rentenanspruches in erster Linie auf sein Alter abgestellt wird. Diese Eegelung wurde im Hinblick auf die ge-

372 plante Alters- und Hinterlassenenversicherung getroffen, da dort die Ehefrau, die keine eigenen Beiträge leisten musa, keinen selbständigen, sondern einen von den Beitragsleistungen des Ehemannes abgeleiteten Bentenanspruch hat.

Sie rechtfertigt sich aber auch insofern, als der Ehemann gesetzlich verpflichtet ist, für den Unterhalt der Ehefrau aufzukommen, und dem noch nicht 65jährigen Ehemann die Erfüllung dieser Pflicht zugemutet werden kann, gleichgültig, in welchem Alter die Ehefrau steht.

Der Anspruch auf eine Altersrente entsteht am 1. Januar des der Vollendung des 65, Altersjahres folgenden Kalenderjahres. Diese Begelung hat gewisse Härten zur Folge, da in Grenzfällen die Altersrente erst dann zur Auszahlung gelangt, wenn der Rentenberechtigte beinahe dass 66. Altersjahr erreicht hat, während in andern Fällen die Eentenberechtigung schon unmittelbar nach Erreichung des 65. Altersjahres eintritt. Die Expertenkommission hatte diese Lösung für die Alters- und Hinterlassenenversicherung gewählt, weil dort vorgesehen ist, auch die Beitragspflicht immer mit Beginn eines Jahres einsetzen zu lassen, so dass jedermann nach der gleichen Anzahl voller Beitragsjahre rentenberechtigt wird. Der Bundesrat hat zwar beschlossen, im Gesetzesentwurf für die Alters- und Hinterlassenenversicherung die Bestimmung aufzunehmen, wonach der Kentenanspruch am l. Tag des der Vollendung des 65. Altersjahres folgenden Quartals beginnt. Da eine solche Abänderung des Expertenprojektes aber eine finanzielle Mehrbelastung von rund 15 Millionen Franken im Jahr zur Folge hätte, wollte der Bundesrat die Entscheidung dieser Frage nicht durch die Ubergangsordnung präjudizieren.

3. Die Vorschriften über die Eentenberechtigung der Witwen beruhen auf der Überlegung, dass grundsätzlich nur jene Witwen eine Rente erhalten sollen, denen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht, oder nicht in vollem Umfange, zugemutet werden kann. Dies sind die Witwen über 50 Jahren sowie die jüngeren Witwen mit Kindern. Deshalb sind nur diese Witwen auf Grund der Übergangsordnung rentenberechtigt.

4. Waisenrenten werden bis zum 18. Altersjahr, bei längerer Berufsausbildung bis zum vollendeten 20. Altersjahr ausgerichtet an Vollwaisen und in geringerer Höhe an Vaterwaisen. Grundsätzlich begründet der Tod des Vaters den Anspruch auf eine einfache
Waisenrente und der Tod beider Elternteile den Anspruch auf eine Vollwaisenrente. Die Eentenberechtigung der Voll- und Halbwaisen aus geschiedenen und gerichtlich getrennten Ehen sowie der ausserehelichen Kinder ist in besondern, angesichts der vielgestaltigen Verhältnisse ziemlich komplizierten Bestimmungen der Ausführungsverordnung geregelt.

ZII. Die Einkommensgrenzen.

1. Allgemeines.

Die Festsetzung der Einkommensgrenzen war eine der schwierigsten Aufgaben, die sich bei der Ausarbeitung der Übergangsordnung stellten. Die Einkommensgrenzen sind nach den drei Kategorien der städtischen, halb-

373

städtischen und ländlichen Verhältnissen abgestuft. In den Vernehmlassungen der Kantone und Verbände zuiii ersten Entwurf der Übergangsordnung fanden sich sehr viele Anträge bezüglich der Einkommensgrenzen, die sich zum Teil diametral gegenüberstanden. Bald wurden die gewählten Ansätze zu hoch, bald zu niedrig bezeichnet, bald wurden die Unterschiede zwischen Land und Stadt beanstandet, bald wurde eine Heraufsetzung der Ansätze für städtische Einkommensgrenzen bei gleichbleibenden Ansätzen in ländlichen Verhältnissen gefordert.

Die endgültig gewählten Ansätze für die Einkommensgrenzen entsprechen ungefähr jenen des zürcherischen Altersbeihilfegesetzes, welche zu den höchsten im ganzen Lande gehören. Die Ansätze mussten aber im einzelnen dem vorgesehenen Versicherungssystem angepasst werden, wobei wiederum darauf zu achten war, dass eine Erhöhung der Ansätze in der Versicherung noch möglich ist. Die Einkommensgrenzen betragen in Pranken: Für Bezüger von

Ortsverhältnisse

Städtisch Halbstädtisch . . .

Ländlich

Ehepaareinfachen Altersrenten altersrenten

Witwenrenten

Vollwaiseneinfachen Waisenrenten renten

1750

2800

1400

900

450

1500

2400

1200

800

400

1250

2000

1000

700

350

Anspruch auf eine volle Eente haben diejenigen Personen, deren Einkommen unter Einschluss des anrechenbaren Vermögensteiles (vgl. Ziff. 3 unten) und der Renten diese Grenzbeträge nicht übersteigen. Wenn das Einkommen unter Einschluss des anrechenbaren Vermögensteiles und der vollen Rente die Grenzbeträge übersteigt, so wird die Rente um den den Grenzbetrag übersteigenden Betrag gekürzt. Erreicht oder übersteigt das Einkommen einer Person einsohliesslich des anrechenbaren Vermögensteiles die oben stehenden Grenzbeträge, so fällt der Eentenanspruch dahin.

2. Das anrechenbare Einkommen.

a. Der Art. 4 der Ausführungsverordnung regelt die für die Pestsetzung des Rentenanspruches und der Rentenhöhe höchst bedeutsame Frage, was als Einkommen im Sinne von Art. 5 des Bundesratsbeschlusses zu gelten hat.

Dass das Einkommen aus Erwerbstätigkeit und das Ersatzeinkommen sowie das Einkommen aus Vermögen angerechnet werden müssen, bedarf keiner näheren Begründung. Gegeben war auch die Anrechnung von Leistungen aus Verpfründungsvertrag und ähnlichen Vereinbarungen sowie des Bürgernutzens.

Die Anrechnung der Fürsorgeleistungen für ältere Arbeitslose drängte sich auf, da es sich dabei um Leistungen, handelt, die von Bund und Kantonen

374

aufgebracht werden und die bestimmt sind, fehlendes Einkommen zu ersetzen. Die Anrechnung der Nothilfe für Arbeitslose und der Beihilfen für landwirtschaftliche Arbeitnehmer und Gebirgsbauern war notwendig, weil diese Leistungen zum grosscn Teil aus Bundesgeldern finanziert werden.

b. Umstritten war die Frage der Anrechnung der Eenten und Pensionen aller Art. Von Afkertgeberseite wurde geltend gemacht, dass die Anrechnung der Eenten und Pensionen, die von Arbeitgebern oder von Personalfürsorgeeinrichtungen bezahlt werden, zur Folge habe, dass der Bund in vielen Fällen entlastet wird. Tatsächlich sind ja die Leistungen vieler Personalfürsorgeeinrichtungen so hoch, dass sie im Fall der Anrechnung zu einer Kürzung der eidgenössischen Eenten führen müssen. Aus dem gleichen Grunde haben auch diejenigen Kantone, die eine.eigene Alters- und Hinterlassenenversicherung besitzen, die Nichtanrechnung ihrer Eenten verlangt. Des weiteren wurde geltend gemacht, dass die Arbeitgeber in vielen Fällen gar kein Interesse daran hätten, freiwillige Leistungen an ehemalige Arbeitnehmer und deren Hinterlassene auszurichten, wenn diese Leistungen angerechnet würden. Es .sei sogar zu befürchten, dass viele Arbeitgeber ihre bisherigen freiwilligen .Leistungen herabsetzen oder ganz einstellen. Trotz dieser an sich begründeten Einwände mussten die Eenten und Pensionen angerechnet werden, da die Bezüger von Eenten und Pensionen nicht als bedürftig im Sinne des Bundesratsbeschlusses gelten können. Hätte man von einer Anrechnung absehen wollen, so hätte man logischerweise auch Eenten aus Einzellebensversicherungen, ja sogar die Erträgnisse aus erspartem Vermögen von der Anrechnung ausnehmen müssen, was nicht nur im Widerspruch zum Prinzip der Bedarfsrenten stehen würde, sondern auch eine wesentliche finanzielle Mehrbelastung zur Folge gehabt hätte. Fraglich war, ob vielleicht Leistungen der Arbeitgeber, auf die kein Eechtsanspruch besteht, von der Anrechnung ausgenommen werden könnten. Aber auch diese Leistungen mussten angerechnet werden, ansonst diejenigen Arbeitgeber, die aus anerkennenswerten sozialen Erwägungen Personalfürsorgeeinrichtungen mit einem Eechtsanspruch geschaffen haben, benachteiligt worden wären.

Für die Anrechnung der freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers sprach aber auch der umstand, dass es im Einzelfall
vielfach ausserordeiitlich schwierig, wenn nicht unmöglich wäre, festzustellen, ob eine Leistung als freiwillig betrachtet werden kann oder nicht. Die Arten der Fürsorgeleistungen der Arbeitgeber sind derart mannigfach, dass befriedigende Abgrenzungsmerkmale gar nicht gefunden werden können. Auf den Eechtsanspruch abstellen, geht nicht an, da einerseits die Frage, ob im Einzelfalle ein Eechtsanspruch besteht, sehr schwer zu entscheiden ist (diese Frage hat das Bundesgericht wiederholt beschäftigt) und weil es andererseits in vielen Fällen möglich wäre, die Leistungen, auf die ein Eechtsanspruch besteht, in Leistungen ohne Eechtsanspruch abzuändern, zumal die Arbeitnehmer zu einer solchen Änderung wohl Hand reichen würden, um auf diese Weise, zu einer höheren Gesamtrente zu gelangen.

Es ging auch nicht an, darauf abzustellen, ob der Arbeitnehmer selbst Bei-

375 träge geleistet hat oder ob die Fürsorgeleistungen ausschliesslich vom Arbeitgeber finanziert werden, weil sonst diejenigen Arbeitnehmer, die selbst Beiträge geleistet haben, benachteiligt würden. Es wäre auch kaum möglich gewesen, die Füi Sorgeleistungen des Arbeitgebers nur soweit anzurechnen, als sie vom Arbeitnehmer selbst durch Beitragsleistungen finanziert worden sind, weil die Feststellung des vom Arbeitnehmer selbst finanzierten Bententeiles schwierigster versicherungstechnischer Berechnungen in jedem einzelnen Fall bedürfen würde.

Aus all diesen Gründen mussten die Schwierigkeiten und die teils unerwünschten Folgen, die aus der Anrechnung aller Leistungen des Arbeitgebers an ehemalige Arbeitnehmer entstehen, in Kauf genommen werden. Jede andere Lösung hätte noch schwerwiegendere Folgen. Nach Einführung der Altersund Hinterlassenenversicherung werden alle diese Schwierigkeiten nur noch für die Angehörigen der Übcrgangsgeneration ohne Beitragsleistung bestehen, aber nur noch in geringem : Masse, weil ja die Einkoinmensgrenzen noch erhöht werden. Für die Versicherten, welche Beiträge entrichten, werden diese Schwierigkeiten gänzlich wegfallen.

c. Umstritten war ferner die Frage, ob die öffentlichen Unterstützungen (Armenunterstützungen, Altersbeihilfen der Gemeinden und Kantone usw.) als Einkommen angerechnet werden sollen. Die öffentlichen Unterstützungen dürfen deshalb nicht als Einkommen angerechnet werden, da nach einem bewährten sozialpolitischen Prinzip primär die Benten, auf die ein Bechtsanspruch besteht, zur Ausrichtung gelangen sollen, während die öffentlichen Unterstützungen nur dort aushelfen sollen, wo das eigene Einkommen, einschliesslich des Ersatzeinkommens, und die Leistungen, auf die ein Bechtsanspruch besteht, nicht ausreichen. Wollte man die öffentlichen Unterstützungen anrechnen, so würde es auch den Kantonen und Gemeinden verunmöglicht, in jenen Fällen, in denen die Bedürfnisse grösser sind als die festgesetzten Einkommensgrenzen, zusätzliche Leistungen zu erbringen. Dies wird aber namentlich in den Städtekantonen notwendig sein, weil dort zum Teil schon jetzt Armenunterstützungen ausgerichtet werden, welche die in der Übergangsordnung angesetzten Einkommensgrenzen übersteigen. Durch die Nichtanrechnung entsteht allerdings die Möglichkeit, dass die eidgenössischen
Benten mit zusätzlichen kantonalen und kommunalen Leistungen kumuliert werden und dass im Einzelfalle vielleicht sogar Gesamtleistungen zur Ausrichtung gelangen, die höher sind als die für die Alters- und Hinterlassenenversicherung vorgesehenen Benten. Diese Konsequenz, die übrigens in beschränkterem Masse auch bei Anrechnung der öffentlichen Unterstützungen bestände, kann in Kauf genommen werden, da in jenen Kantonen, in denen eine Kumulation in Frage kommt, wohl auch nach Einführung der Alters- und Hinterlassenenversicherung zusätzliche Leistungen ausgerichtet werden.

ä. Von verschiedenen Seiten ist verlangt worden, dass auch die Verwandtenunterstützungen als Einkommen angerechnet werden. Die gleichen

376

Gründe, die gegen die Anrechnung der öffentlichen Unterstützungen angeführt wurden, sprechen auch gegen die Anrechnung der Verwandtenunterstützungen. Die Eenten, auf die ein Eechtsanspruch besteht, müssen auch den Verwandtenunterstützungen vorgehen und nicht umgekehrt.

e. Die Anrechnung von Einkommensbestandteilen ist bewusst im obigen Sinne beschränkt worden. Es liegt darin ein ganz bedeutendes soziales Entgegenkommen. Praktisch sind dadurch Kantone und Gemeinden sowie Private in die Lage versetzt, dort, wo es nötig wird, helfend und ergänzend einzuspringen.

8. Das anrechenbare Vermögen.

Hinsichtlich der Anrechnung des Vermögens wurde vom Gedanken ausgegangen, dass es etwas Stossendes hätte, einer Person Bedarfsrenten, auszurichten, die zwar über kein oder nur ein geringes Einkommen, wohl aber über ein grösseres Vermögen verfügt. Deshalb sollen nicht nur die Einkünfte aus Vermögen, sondern auch ein Teil des Vermögens selbst angerechnet werden.

Es wird somit den Bentnern zugemutet, dass sie einen Teil ihres Vermögens verbrauchen, wobei sich der zugemutete Vermögensverbrauch mit zunehmendem Alter, d. h. mit abnehmender Lebenserwartung, erhöht. Keinem Rentner wird aber der Verbrauch des ganzen Vermögens zugemutet, indem gemäss Art. 6 der Ausführungsverordnung ein nicht unbeträchtlicher Notpfennig von vorneherein von der Anrechnung ausgeschlossen wird. Ehepaare, deren Vermögen weniger als 5000 Franken und einfache Altersrentner, deren Vermögen weniger als 8000 Franken beträgt, brauchen sich von ihrem Vermögen nichts anrechnen zu lassen.

Diese Lösung kann als weitherzig bezeichnet werden. So kann zum Beispiel einem Ehepaar in städtischen Verhältnissen, bei welchem der Ehemann 65- und die Ehefrau 60jährig ist, noch die volle Eente ausbezahlt werden, wenn es über ein zu 2% % verzinsliches Vermögen von 18 700 Franken verfügt und kein anderweitiges Einkommen hat. Das gleiche Ehepaar erhält noch eine gekürzte Eente bis zu einem Vermögen von fast 19 000 Franken.

IV. Die Renten.

1. Die Eenten sind so festgesetzt worden, dass sie für die Angehörigen der Übergangsgeneration ohne Beitragsleistung in der Alters- und Hinterlassenenversicherung noch um 20--25 % erhöht werden können.

Die Eenten der Übergangsordnung betragen in Franken: Ortsverhältnisse

Einfache Altersrente

Städtisch Halbstädtisch . . .

Ländlich

600 480 360

Ehepaaraltersrente

1000 800 600

Witwenrente

Vollwaisenrente

Einfache Waisenrente

500 400 800

320 260 200

160 130 100

377

2, Anlass zu Kritik gab die Abstufung der Eenten nach ländlichen, halbstädtischen und städtischen Verhältnissen, weshalb auf diesen Punkt im folgenden näher eingegangen werden soll.

a. Die Expertenkommission hatte vorgeschlagen, die Benten für die Übergangsgeneration ohne Beitragsleistung nach dem Schlüssel 2 : 3 : 4 zu staffeln, da nur auf diese Weise der Anschluss an die Beuten der Dauerlösung gefunden werden könne. Diese Zusammenhänge sind-im Expertenbericht eingehend dargelegt. Hätte man also die Übergangsordnung nach den Grundsätzen der Expertenkommission ausgestaltet und die Variante HI zugrunde gelegt, so betrügen die einfachen Altersrenten in städtischen Verhältnissen 600 Franken und in ländlichen Verhältnissen 800 Franken.

b. Der Bundesrat war jedoch der Auffassung, dass die von der Expertenkommission vorgesehene Spanne zwischen den Renten für ländliche, für halbstädtische und für städtische Verhältnisse zu gross sei. Eine Verminderung dieser Spanne war aber nur möglich durch eine Heraufsetzung der Ansätze für ländliche und halbstädtische Verhältnisse, da eine Herabsetzung der Benten für städtische Verhältnisse aus sozialen Gründen nicht in Präge kommen konnte.

Deshalb wurden die Benten für ländliche Verhältnisse von 800 auf 860 Franken, für halbstädtische Verhältnisse von 450 auf 480 Franken heraufgesetzt. Dies macht nun aber bereits eine Erhöhung der Minimalrenten in der Alters- und Hinterlassenenversicherung notwendig, und zwar hat der Bundesrat eine Erhöhung der Mindestrenten von 872 Franken auf 450 Pranken (Variante I) vorgesehen. Nur so ist es möglich, dass die Versicherung noch eine Verbesserung gegenüber der Übergangsordnung bedeutet. Würde man nun die Benten der Übergangsordnung für ländliche und halbstädtische Verhältnisse noch mehr erhöhen, so würde dies zwangsläufig eine weitere Erhöhung der Minimalrenten in der Alters- und Hinterlassenenversicherung bedingen, die angesichts ihrer finanziellen und sozialen Auswirkungen kaum mehr verantwortet werden könnte.

c. Die vorgenommene Bentenstaffelung nach Ortsklassen ist jedoch nicht nur im Hinblick auf die Alters- und Hinterlassenenversicherung notwendig, sondern kann auch aus sozialen Gründen durchaus verantwortet werden, da die Unterschiede in den Lebenshaltungskosten zwischen Land und Stadt erheblich sind. Dies geht zwar aus
den offiziellen Statistiken über die Lebenshaltungskosten nicht ohne weiteres hervor. Tatsächlich lässt sich aber auf dem Land wesentlich billiger leben als in der Stadt, was u. a. darauf zurückzuführen ist, dass wichtige Bedarfsartikel, die in der Stadt teuer bezahlt werden müssen, wie zum Beispiel Brennholz, Kartoffeln, Gemüse, Obst usw., auf dem Land zu erhebliche niedrigeren Preisen bezogen werden können. Auch die Wohnungsmieten sind im Durchschnitt auf dem Land wesentlich niedriger als in den Städten.

Die Unterschiede in den Lebenshaltungskosten zwischen Land und Stadt sind namentlich für alte Leute bedeutend, weil die Lebensbedingungen der alten Leute in der Stadt wesentlich schwerer sind als auf dem Land. Dies kann anhand

378 vieler Tatsachen, die an sich belanglos erscheinen mögen, gesamthaft aber von erheblicher Bedeutung sind, nachgewiesen werden. So kann es beispielsweise den alten Leuten in der Stadt, im Gegensatz zu jenen auf dem Land, nicht zugemutet werden, das Brennholz selbst im Walde zu holen, weil der Wald vielfach weit entfernt und bereits abgelesen ist. Sie können, wenn sie in städtischenMietskasernen wohnen, nicht damit rechnen, dass sich die Nachbarn ihrer hie und da annehmen, wie dies auf dem Lande der Brauch ist. Insbesondere ist daran zu erinnern, dass auf dem Land, nicht aber in der Stadt, sehr oft die Möglichkeit besteht, dass alte Leute von Verwandten oder Nachbarn gegen ein kleines Entgelt und gelegentliche Mithilfe im Haushalt oder Hof Kost und Logis erhalten.

Diese Tatsachen -- es könnten ihrer noch viele angeführt werden --· verteuern das Leben der alten Personen in der Stadt sehr wesentlich, ohne dass dies in einer Statistik zum Ausdruck gebracht werden könnte. So kommt es denn auch nicht von ungefähr, dass das Bundesamt für Sozialversicherung immer wieder feststellen konnte, dass mit Fürsorgebeiträgen, die in der Stadt einen Tropfen auf den heissen Stein bedeuten würden, auf dem Land wirksam geholfen werden kann. Das Bundesamt hat auch wiederholt die Erfahrung gemacht, dass die Gewährung eines Fürsorgebeitrages von nur 20 Eranken im Monat zur Eolge hatte, dass der Empfänger mit Freuden von Verwandten aufgenommen worden ist, die vor der Gewährung dieses Beitrages nichts von ihm wissen wollten.

d. Die Eenten der Übergangsordnung sind auf dem Land durchschnittlieh fast doppelt so hoch als die bisherigen durchschnittlichen Ansätze der Fürsorge, während die Benten der Übergangsordnung in der Stadt ungefähr gleich hoch sind oder, wenig höher wie die bisherigen Fürsorgeleistungen (vgl. Anhang).

Die Ubergangsordnung bringt somit für das Land fast durchwegs eine Verbesserung, zum Teil sogar eine ganz bedeutende, während sie für die Städte in der Eegel nur eine Stabilisierung der bisherigen Höchstansätze zur Folge hat.

In einigen Städten waren die Fürsorgeleistungen sogar höher als die Eenten der Übergangsordnung, so dass es dort notwendig wurde, dass noch zusätzliche kantonale und kommunale Leistungen ausgerichtet werden.

e. In diesem .Zusammenhang seien noch einige Bemerkungen angebracht in
bezug auf die Verteilung der Einnahmen und Ausgaben der Übergangsordnung gemäss den drei verschiedenen Eegionen: Stadt, Halbstadt, Land.

Auf der Ausgabenseite sind vor allem die Eentenansätze zu betrachten, die in städtischen Verhältnissen um 67 % höher sind als in ländlichen Verhältnissen. Ausgehend von der bekannten Verteilung der Bevölkerung nach den drei Eegionen würde sich die jährlich auszuzahlende Eentensumme wie folgt auf die drei Eegionen verteilen: 47 % der auszuzahlenden Eentensumme fliessen in städtische Verhältnisse ; 20 % der auszuzahlenden Eentensumme fliessen in halbstädtische Verhältnisse;

379 60 % der auszuzahlenden Eenten werden äug den Beiträgen der Lormund Verdienstersatzordnung finanziert. Anhand einer Spezialauszählung ist es möglich, eine ziemlich zuverlässige Schätzung über die Beteiligung der drei Eegionen an den Gesamtbeiträgen anzustellen. Dabei ergibt sich, dass der durchschnittliche Beitrag in städtischen Verhältnissen ca. 70 % mehr beträgt als in ländlichen Verhältnissen. Die Totaleinnahmen des Lohn- und Verdienstersatzes verteilen sich etwa wie folgt über die drei Eegionen: 48 % der einbezahlten Beiträge werden in städtischen Verhältnissen aufgebracht ; 20 % der einbezahlten Beiträge werden in halbstädtischen Verhältnissen aufgebracht; 32 % der einbezahlten Beiträge werden in ländlichen Verhältnissen aufgebracht.

Würde man die Eenten genau proportional den Beiträgen festsetzen, so ergäbe sich eine einfache Altersrente von 600 Franken in städtischen Verhältnissen, 350 Franken in ländlichen Verhältnissen, wogegen die Übergangsordnung als Eentenansätze 600 bzw. 360 Franken vorsieht. Die getroffene Abstufung der Eenten erscheint also, von der Beitragsseite her gesehen, als durchaus zweckmässig und begünstigt eher etwas die ländlichen Verhältnisse.

/. Angesichts aller dieser Urnstände ist die Behauptung, dass die Übergangsordnung die Städte gegenüber dem Land bevorzuge, nicht richtig. Beizufügen wäre noch, dass in der bescheidenen Anrechnung des Naturaleinkommens ein weiteres Entgegenkommen an die ländlichen Gebiete liegt. Durch die niedrig angesetzten Beträge für die Anrechnung des Nationaleinkommens wird ein grosser Teil der Ecntner auf dem Lande die ungekürzte Vollrente beziehen können. Eine andere Frage betrifft die zurzeit gültige Ortsklassifikation.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass- von einer Anzahl Kantone beim eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement Gesuche eingereicht wurden, die dahin tendieren, die Ortsklassifikation die für den betreffenden Kanton Gültigkeit hat, abzuändern. Diese Gesuche werden zurzeit vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement einlässlich "geprüft. Einzelnen ist inzwischen bereits entsprochen worden.

V. Die Organisation.

1. Ursprünglich war beabsichtigt, mit der Durchführung der Ubergangsordnung ausschhesslich die. kantonalen Wehrmannsausgleichskassen zu betrauen. Gegen diese Lösung wurden von verschiedenen
Seiten Bedenken erhoben.

Zuerst verlangten verschiedene Kantone, es seien nicht generell die kantonalen Ausgleichskassen als zuständig zu erklären für die Durchführ\mg der

380

Übergangsordnung, sondern es sollte den Kantonen anheimgestellt -werden, welche Amtsstellen sie mit diesen Aufgaben betrauen wollen. Zur Begründung wurden vor allem föderalistische Momente angeführt. Der Bundesrat gelangte zur Auffassung, dass unbedingt eine einheitliche Lösung getroffen werden müsse, da es zu administrativen Komplikationen führen würde, wenn in einem Kanton die Ausgleichskasse, im andern Kanton eine andere Amtsstelle die Übergangsordnung durchzuführen hätte.

Die wesentlichsten Gründe, die den Bundesrat zu dieser Auffassung bewogen haben, sind folgende: a. Die Ausgleichskassen werden die Alters- und Hinterlassenenversicherung durchzuführen haben. Deshalb ist es gegeben, sie bereits mit der Durchführung der nach den Grundsätzen der Versicherung für die Übergangsgeneration ohne Beitragsleistung ausgestalteten Übergangsordnung zu betrauen.

fe. Die Ausgleichskassen haben weiterhin die Beiträge gemäss Lohn- und Verdienstersatzordnung einzuziehen, die in erster Linie für die Finanzierung der Übergangsordnung herangezogen werden. Werden die Ausgleichskassen auch mit der Auszahlung der Eenten betraut, so wird die Zweckbestimmung dieser Beiträge, gegen deren Weitererhebung sich Widerstände bemerkbar machen, weitesten Kreisen des Volkes vor Augen geführt.

c. Die Ausgleichskassen sind in jeder Beziehung befähigt, die Übergangsordnung durchzuführen, haben sie doch in bezug auf die Ermittlung der Bedürftigkeit alter und hinterlassener Personen auf Grund einer mehrjährigen Praxis auf dem Gebiete der individuell zu bestimmenden zusätzlichen Lohn- und Verdienstausfallentschädigung für Personen, die für ihren Unterhalt nicht selbst aufzukommen vermögen, eine sehr reiche Erfahrung.

d. Die Auszahlung durch die Ausgleichskassen bietet Gewähr dafür, dass die Benten nicht als Armenunterstützungen betrachtet werden, da alle bisherigen Leistungen der Ausgleichskassen auf einem Eechtsanspruch beruhen.

2. Dem Bundesrat schien eä aber angebracht, die kantonalen Zentralstellen für Alters- und Hinterlassenenfürsorge, die bisher eine segensreiche Tätigkeit entfaltet haben und grosse Erfahrungen sammeln konnten, mit der Prüfung der Eentengesuche zu beauftragen. Auf diese Weise werden sich die Behörden, die sich bisher mit dem wirtschaftlichen Schutz der Alten und Hinterlassenen befassten, und jene, denen
die Durchführung der künftigen Alters- und Hinterlassenenversicherung zufallen wird, in die Durchführung der Übergangsordnung teilen, wobei jede Stelle diejenigen Aufgaben durchzuführen hat, zu denen sie besonders befähigt erscheint. Den Kantonen wird in Art. 16 der Übergangsordnung die Möglichkeit eingeräumt, eine andere Stelle als die Zentralstelle für Alters- und Hinterlassenenfürsorge mit der Prüfung der Eentengesuche zu

381 beauftragen. Von dieser Möglichkeit haben 12 Kantone Gebrauch gemacht, indem sie mit der Prüfung der Bentengesuche ebenfalls die Ausgleichskassen beauftragt haben.

3. Von den Spitzenverbänden der Arbeitgeber ist sodann verlangt worden, dass auch die Verbandsausgleichskassen zur Mitarbeit ira Bahmen der Übergangsordnung herangezogen werden. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass die Übertragung der Eentenauszahlong ausschliesslich an die kantonalen Kassen ein Präjudiz schüfe für die B-cgelung der Bentenauszahlung in der Altersund Hinterlassenenversicherung. Der Bundesrat war der Auffassung, dass diesen Argumenten Bechnung getragen werden müsse und dass sich die Beiziehung der Verbandsausgleichskassen namentlich aus psychologischen Gründen aufdränge. Dementsprechend wurde in die Übergangsordnung der Art. 14 aufgenommen, wonach das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement die Verbandsausgleichskassen mit der Festsetzung and Auszahlung der Benten an bestimmte Bezügerkreise beauftragen kann.

Bei der Festsetzung des von den Verbandsausgleichskassen zu übernehmenden Bezügerkreises musste sich das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement davon Rechenschaft geben, dass von Seiten der Arbeitnehmer die Einschaltung der Verbandsausgleichskassen in die Übergangsordnung kritisch betrachtet wird, weil die Arbeitnehmer noch kern Mitspracherecht bei der Kassenführung haben. Des weitern musste der Tatsache Bechnung getragen werden, dass die Einschaltung der Verbandsausgleichskassen die Durchführimg der Übergangsordnung und insbesondere die Koordination der Beuten mit zusätzlichen Leistungen der Kantone erschwert.

Aus diesen Gründen wurde die Betrauung der Verbandsausgleichskassen mit der Bentenauszahlung in der -Hauptsache auf jene Fälle beschränkt, in denen ein Bentenberechtigter Mitglied der Kasse oder des Trägerverbandes ist oder als ehemaliger Arbeitnehmer eines Kassenmitgliedes von diesen periodische Fürsorgeleistungen bezieht.

4. In diesem Zusammenhange sei noch darauf hingewiesen, dass einzelnen Kantonen durch die rasche Einführung der Übergangsordnuug gewisse gesetzgebungstechnische Schwierigkeiten erwachsen. Die Zeitspanne, innert welcher die .neue Ordnung einzuführen war, ermöglichte namentlich den Kantonen mit eigener Altersfürsorge die rechtzeitige gesetzmässige Anpassung nicht. Der
Bundesrat sah sich deshalb veranlagst, am 23. November 1945 einen Beschluss zu fassen, der diesen Schwierigkeiten Bechnung trägt. Durch diesen Beschluss wurde den Begierungen von Kantonen, in denen eine Anpassung der kantonalen Gesetzgebung über die Alters- und Hinterlassenenfürsorge an die Übergangsordnung auf dem verfassungsmässigen Wege bis zum 1. Januar 1946 nicht vorgenommen werden kann, die Ermächtigung erteilt, für die Zeit bis zum Inkrafttreten der auf dem verfassungsmässigen Wege sich ergebenden. Abänderungsbestimmungen die für die Anpassung erforderliche Begelung zu treffen.

Buodesblatt.

98. Jahrg.

Bd. I.

26

382 VI. Die Rechtspflege.

Eine der wichtigsten Neuerungen der Übergangsordnung gegenüber der bisherigen Alters- und Hinterlassenenfürsorge ist das Bestehen eines Kechtsanspruches auf die Eente. Dieser wäre unvollständig, wenn es einfach beim Entscheid der Ausgleichskasse sein Bewenden hätte. Zu seiner Durchsetzung gehört vielmehr die Möglichkeit, gegen den Kassenentscheid eine aussenstehende, unabhängige Instanz anrufen zu können. Im Anschluss an die Eegelung in der Lohn- und Verdienstersatzordnung ist hierfür ein besonderes Verwaltungsgerichtsverfahren geschaffen worden mit einer ersten Instanz in Form von kantonalen, aus Mitgliedern der kantonalen Schiedskommissionen für die Lohnund Verdienstersatzordnung zusammengesetzten Eekurskommissionen. Die Entscheide dieser ersten Instanz können an eine eidgenössische Oberrekurskommission weitergezogen werden, welche aus Mitgliedern der eidgenössischen Aufsichtskoramissionen für die Lohn- und Verdienstersatzordnung gebildet wird und die endgültig entscheidet. Für das Verfahren bei diesen Instanzen sind die entsprechenden Begelungen der Lohn- und Verdienstersatzordnung sinngemäss anzuwenden.

VII. Die Finanzierung.

1. Nach den Grundsätzen der eidgenössischen Expertenkommission für die Einführung der Alters- und Hinterlassenenversicherung soll die Versicherung, sofern die Variante I verwirklicht -wird, zur Hälfte durch die Wirtschaft, d. h. durch die Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber, und zur andern Hälfte durch die öffentliche Hand finanziert werden, wobei nach dem Finanzierungsplan der Expertenkommission des eidgenössischen Finanzund Zolldepartementes für die Finanzierung der Alters- und Hintorlassenenversicherung den Kantonen die Tragung eines Drittels der Aufwendungen 'der öffentlichen Hand zugemutet wird. Der Bundesrat hatte zuerst die Absicht, die Aufwendungen für die Übergangsordnung sinngemäss nach diesem Schlüssel umzulegen, wobei dann von den vorgesehenen jährlichen Gesamtaufwendungen von 100 Millionen Franken die zentralen Ausgleichsfonds für die Lohn- und Verdienstersatzordnung 50 Millionen Franken, der Bund 33,33 Millionen Franken und die Kantone 16,67 Millionen Franken im Jahr hätten leisten müssen. Auf Grund der Beratungen in der ständerätlichen Vollmachtenkommission und in Berücksichtigung des Umstandes, dass die. Übergangsordnung
in sehr kurzer Zeit in Kraft gesetzt werden musste, wodurch es vielen Kantonen nicht möglich gewesen wäre, rechtzeitig die nötigen Kredite zur Verfügung zu stellen, hat der Bundesrat den Anteil der zentralen Ausgleichsfonds an den Gesamtaufwendungen von. 50 auf 60 % erhöht und gleichzeitigden Anteil der Kantone an den Leistungen der öffentlichen Hand von einem.

Drittel auf einen Viertel herabgesetzt. Von den Gesamtaufwendungen gehen somit 60 % zu Lasten der zentralen Ausgleichsfonds für die Lohn- und Verdienstersatzordnung, 30% zu Lasten des Bundes und 10% zu Lasten der Kantone»

383

2. Diese gegenüber den Kantonen sehr entgegenkommende Lösung hai zur Folge, dass die kantonale Belastung die Entlastung, die die Kantone im Armenwesen durch die Übergangsordnung erfahren, nicht erreicht. Aus diesem Grunde müssen in bezug auf das Verhältnis der Belastung von Bund und Kantonen in der Alters- und Hinterlassenenversicherung alle Vorbehalte angebracht werden. Im Rahmen des Versicherungssystems werden die Kantone ihrer anderweitigen Entlastung entsprechend an die Finanzierung beizutragen haben.

3. Der Schlüssel für die Beteiligung der zentralen Ausgleichsfonds für die Lohnersatzordnung (80 %), für die Verdienstersatzordnung, Gruppe Gewerbe (12 %), und für die Verdienstersatzordnung, Gruppe Landwirtschaft (8 %), wurde nach dem Verhältnis der bisher gesamthaft aus den einzelnen Fonds geflossenen Lohn- und Verdienstausfallentschädigungen aufgestellt, da Schätzungen ergeben hatten, dass die Alters- und Hinterlassenenrenten ungefähr im gleichen Verhältnis an die Angehörigen der drei Wirtschaftsgruppen fhessen werden wie die Lohn- und Verdienstausfallentschädigungen.

4. Der Bund hat neben den auf ihn entfallenden Leistungen an die Übergangsordnung noch 4 Millionen Franken an die beiden Stiftungen für das Alter und für die Jugend aufzubringen. Zur Deckung seiner Aufwendungen werden ihm der Bundesanteil am Eeinertrag der Alkoholverwaltung, die Zinsen seines Fonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie die allgemeinen Bundesmittel zur Verfügung gestellt, die gleichen Finanzquellen also, die schon bisher gemäss Art. 9 des Bundesratsbeschlusses vom 30. April 1940 über Massnahmen zur Tilgung der ausserordentlichen Wehraufwendungen und zur Ordnung des Finanzhaushaltes des Bundes der Altersund Hiriterlassenenfürsorge dienten. Da die jährlichen Gesamtaufwendungen des Bundes bisher aber nur 26,9 Millionen Pranken betrugen, die Übergangsordnung aber eine jährliche Gesamtleistung von rund 34 Millionen Franken erfordern wird, müssen die allgemeinen Bundesmittel in stärkerem Masse als bisher herangezogen werden.

5. Der Schlüssel für die Beteiligung der einzelnen Kantone an der den Kantonen überbundenen Gesamtleistung wird voraussichtlich in der ersten Hälfte des Jahres 1946 im Einvernehmen mit der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren festgelegt. Würde man beispielsweise die Quoten nach
der in den einzelnen Kantonen ausbezahlten Bentensumme festlegen, so hätten die einzelnen Kantone unter der Voraussetzung, dass in jedem Kanton ungefähr die Hälfte der über 65jährigen Personen, der Witwen und der Waisen rentenberechtigt sind, schätzungsweise folgende jährliche Beträge (in Millionen Franken) aufzubringen: Zürich: 1,780; Bern: 1,581; Luzern: 0,387; Uri: 0,037; Schwyz: 0,109: Obwalden: 0,036: Nidwaiden: 0,026; Glarus: 0,087; Zug: 0,071; Freiburg: 0,260; Solothurn: 0,294; Basel-Stadt: 0,505; Basel-Land: 0,214; Schaffhausen: 0,135; Appenzell A.-Bh.: 0,149; Appenzell I.-Bh.: 0,027; St. Gallen: 0,696: Graubünden: 0,277; Aargau: 0,540; Thurgau: 0,291 ; Tessin:

384 0,411; Waadt: 0,889; Wallis: 0,262; Neuenburg: 0,358; Genf: 0,583. Würde man die Aufwendungen nach der Wohnbevölkerung oder nach der Anzahl der Eentenberechtigten auf die einzelnen Kantone umlegen, so hätte dies im allgemeinen eine wesentlich stärkere Belastung der vorwiegend ländlichen Kantone zur Folge. Denkbar wäre natürlich auch die Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der .einzelnen Kantone (Steuerkraft) oder eine Kombination der verschiedenen Möglichkeiten.

D. Schlussbemerkungen, 1. Der Bundesrat ist sich wohl bewusst, dass die Übergangsordnung eine Beihe von neuen Fragen und Problemen aufwirft und dass gewisse Friktionen -nicht zu vermeiden sind. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass durch die grundsätzliche neue Ordnung, die die Übergangsordnung mit sieh bringt, in 25 kantonale Fürsorgesysteme eingegriffen werden musate. Um zu einem raschen Ziel zu kommen, war es notwendig, einen vernünftigen allgemein gangbaren Mittelweg einzuschlagen. Dem einen geht deshalb die Lösung der Übergangsordnung zu weit, dem andern ist sie zu schwach. Es war von Anfang an vorauszusehen, dass eine einheitliche eidgenössische Ordnung im Einzelfall gewisse Härten zur Folge haben werde. Deshalb hat der Bundesrat die Fortsetzung der Bundesleistungen an die beiden Stiftungen für das Alter und für die Jugend im Gesamtbeträge von 4 Millionen Franken vorgesehen.

Diese 4 Millionen sind in erster Linie dazu bestimmt, solche Härtefälle zu mildern. Die Stiftungen dürften, da sie durch die Einführung der Übergangsordnung weitgehend entlastet wurden, in der Lage sein, dort wirksam einzuspringen, wo die starren Ansätze der Einkonrniensgrenzen und der Eenten dem .Einzelfall nicht gerecht werden können. Im übrigen wird es Sache der Kantone sein, dort ausgleichend zu wirken, wo die Leistungen den bisherigen nicht entsprechen. Die Kantone sind angesichts der schwachen Belastung, die ihnen die Übergangsordnung finanziell bringt, durchaus in der Lage, wo dies nötig ist, zusätzliche kantonale Leistungen zu erbringen.

2. Im übrigen aber bedeutet die Übergangsordnung einen wertvollen sozialen Fortschritt und eine Grundlage für die Sammlung von Erfahrungen für die Behandlung der lebenden Greisen-, Witwen- und Waisengeneration im Eahmen des kommenden Versicherungssystems. Es wird im Bahmen des Bundesgesetzes
über die Alters- und Hinterlassenenversicherung möglich sein, gewisse Härten auszugleichen und zutage getretene Mängel zu beseitigen. Die zuständige Bundesstelle, das Bundesamt für Sozialversicherung, ist angewiesen, allen sich stellenden Fragen und Schwierigkeiten die grösste Aufmerksamkeit zu schenken und dafür besorgt zu sein, dass. sich die Reibungen auf ein Minimum beschränken werden.

Altersfürsorge 1944 Auszahlungen durch die Bundesfürsorge in den Kantonen, absolut und je Fall und Jahr. Beträge in Franken.

Männer je Fall

Kanton absolut M

in i m um

Ma xim u m

l

i

3

;'

Ehepaare

Fr » uec n

4

je Fall gewogenes Mittel 5

absolut 6

Maximum Minimum gewogenes Mittel 7

s

9

Zürich . , . , 430 251 1 299 515 411 640 160 405 640 160 Bern . . . . 1 080 866 790 140 361 2295812 790 140 413 Luzern. . . .

174733 214 360 100 450853 i 440 100 226 Uri 30177 248 50772 870 70 278 680 70 Schwyz . . .

68812 80 600 80 171 143 637 610 182 Obwalden . .

18640 51 285 610 100 292 600 100 288 Nidwaiden . .

16 830 44185 520 160 268 320 160 243 Glarus . . . .

7 225 1) 340 255 21 0691) 340 255 302 295 86 550 i 600 < 1 20 Zug 30 760 288 260 600 120 reiburg F . . , 167 279 173 21!) 470 360 120 199 360 120 Solothurn 2. , 168 575 780 110 : 340 529280 Ì 770 110 338 Basel-Stadt ) . 148 062 1200 135 44.1.

707 680 1200 100 471 Basel-Land . .

414 288 174 127 417 760 1.00 760 100 431 Schaffhausen .

45020 147 038 300 300 300 300 300 300 Appenzell A.-Rh 53 735 202 120 254 375 195 375 195 205 ' Appenaell I.-Rh.

23 077 360 36135 572 200 630 231 333 St. Gallen . .

278 335 859 1080 120 269 ' 779 580 ' 960 . 120 Graubünden .

310 165 675 800 175 295 270 330 800 175 Aargau . . . 293 372 312 741 800 · 600 132 302 800' 132 Thurgau . . .

144208 624 120 624 120 375 349 156 376 Tessin . . . .

207 078 566 421 312 104 225 312 104 213 Waadt. , . .

875 320 488 335 317 605 180' 321 605 180 231 307 070 226 Wallis . , . , 250 G75 335 185 315 185 373 116 2045 360 Kai, A 396 550 301 1805 360 KaU 407 Neuenburg . · 120 70 80

Kat, B 1425 582

312 *

Maximum 10

11

471 180 880 854 928 1190 148 766 600 8763 1200 41497 850 18440 680 96601 920 4 983 } 510 22 284 900 96 268 420 157 530 830 221 872 2400 86 798 990 33880 400 58100 660 12114 815 294 497 1800 113240 1200 241 460 ' 880 153737 1080 88 174 380 279 630 1150 97880 510 100 010 840

Minimum !

12

320 160 200 200 160 200 320 382 170 240 170 748 200 400 300 320 180 [ 300 253 120 140 340 330 720

660 1805 1296

120 70 80

608 331 *

gewogenes Mittel 13

590 562 342 467 325 437 474 407 413 261 474 907 586 · 400 325 478 508 495 427 634 369 694 419

14

2 200 946 4231 606 774 352 89712 253 940 88 365 70675 1 33 277 ) 139 594 483 017

855 385 1 078 214 502 389 225 938 232 089 71 326 1 409 936 549 245 1 278 632 647 101 861 673 1 643 285 661 625 Kat, A 810 1 023 427 Kat, B --

Kat, B 1217

358 833 11 290 520 8 782 733

(Kat. 2, E, 10)

157 094 3 772 785 2 984 769

1200 2400 1200

240 120 } 80

957 522 *

587406 19 993 161 15 623 092

!) Infolge der Umstellung des Rechnungsjahres auf des Kalenderjahr wurde für 1944 nur dun 4. Quartal verbucht. Die Auszahlungen je Fall sind ganzjährige.

2) Nicht inbegriffen sind Leistungen an gleichzeitig Armengenössige von Fr. 669.360

385

Genf . . . .

71479 660 Schweiz . . , 4 929 856 2045 Vorjahr . . , 3 855 590 2045

Total

je Fall absolut

Hinterlassenenfürsorge 1944 Maximale1) minimale1) und durchschnittliche1) Leistung je Fall und Jahr. Beträge in Franken.

Kanton Maximum l

Zürich2) Bern Luzern . . . .

Uri Schwyz . . . .

Obwalden . . .

Nidwaiden . . .

Glarus Zug , .

Zug Freiburg . . . .

Solothurn . . , Basel-Stadt . .

Basel -Land. . .

Schaffhausen . .

Appenzell A.-Rh.

Appenzell I.-Rh.

St. Gallen . . .

Graubünden . .

Aargau . . . .

Thurgau . . . .

Tessin Waadt Wallis Neuenburg . . .

Genf Schweiz Vorjahr . . . .

386

Witwen

ohne Kinder

Waisen

aulssereh eliche Kinder

Vollwaisen

Waisen (nicht In Kol. 1. 6, T)

mit Kindern lebend

gewogenes Maximum Minimum gewogenes Maximum Minimum gewogenes Maximum Minimum gewogenes Mittel Mittel . Maximum Minimum Mittel Mittel

2

3

4

450 790 240 576 400 690 320 420 440 240 440 560 600 240 380 490 840 47S 528 624 260 575 140 360 660 840 720

120 140 100 90 80 100 160 315 160 120 70 180 100 240 180 216 120 125 143 120 78 165 100 360 120 70 40

336 353 211 240 171 240 236 334 264 184 234 356 379 240 186 294 354 213 280 314 165 295 113 360 546 286 *

6

6

2160 240 3080 300 1300 150 725 110 905 . 90 850 200 1160 425 1260 630 1200 150 1140 300 1280 130 819 208 1075 100 *3) *3) 1180 380 1030 144 2750 240 1600 275 1716 300 2484 120 104 936 2735 315 950 250 840 480 1440 120 3080 90 2500 80

7

&

s

834 756 428 319 254 442 650 798 467 405 552 508 504 489 530 424 886 457 458 684 334 891 302 562 1023 589 *

1300 440 450 250 740 715 -- 840 580 240 655 240 440 480 1400 -- 1470 600 726 1242 520 540 -- 240 720 1470 1188

120 120 100 120 100 100 -- 210 1 70 120 80 180 100 160 200 -- 120 125 121 120 68 145 -- 120 120 68 40

10

389 185 261 185 274 304 -- 385 265 210 171 210 320 274 556 -- 640 238 234 334 236 283 -- 180 684 253 *

II

860 440 1000 420 420 350 700 315 200 240 385 240 340 320 550 340 2720 500 303 360 624 540 185 240 -- 2720 792

12

120 120 100 420 80 150 140 315 200 120 80 240 100 160 275 320 120 125 121 120 130 145 140 240 -- 80 40

13

383 173 262 420 238 250 318 315 200 169 191 240 225 240 309 330 600 250 142 252 237 272 156 240 -- 206 *

11

Minimum gewogenes Mittel 15

16

432 440 200 230 320 130 -- · 210

120 120 100 135 120 65 -- 210

305 188 192 159 192 92 -- 210

240 150 360 330 160 240 -- 720 -- 154 320 260 480 185 280 -- 720 792

120 80 360 100 160 120 -- 720 -- 121 307 130 125 85 280 -- 65 40

141 137 360 258 160 130 -- 720 -- 123 317 137 281 137 280 -- 174 *

1) Ganzjährige leistung.

2) Ab 1944 wurde über den von der Stiftung Pro Juventute dem Kanton Zürich zur Auszahlung überwiesenen Betrag von Fr. 101160 mit der Bundesfürsorge im Kanton zusammen abgerechnet.

3) Witwe Fr. 240; Waise Fr. 160

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Vierzehnter Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten ergriffenen Massnahmen. (Vom 19. Februar 1946)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1946

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

05

Cahier Numero Geschäftsnummer

4939

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.02.1946

Date Data Seite

317-386

Page Pagina Ref. No

10 035 481

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.